Mathematik IV für Maschinenbau und Informatik (Stochastik) Universität Rostock, Institut für Mathematik Sommersemester 2007 Prof. Dr. F. Liese Dipl.-Math. M. Helwich Serie 7 Termin: Achtung! 24. Mai 2007 in der Vorlesung Aufgabe 1 (4 Punkte) Unter dem Median einer stetigen Zufallsvariablen X mit der Verteilungsfunktion FX versteht man jeden Wert m , der Lösung der Gleichung FX (m) = 1/2 ist. Die Wahrscheinlichkeit diesen Wert zu unterschreiten und zu überschreiten ist also gleich groß. Die Zufallsvariable X möge die Dichte ½ 3 c t (1 − t)2 , 0 ≤ t ≤ 1 fX (t) = 0, sonst ¡ ¢ besitzen. Bestimmen Sie den Wert von c . Ermitteln Sie weiter die Wahrscheinlichkeit P 14 ≤ X < 34 und den Median von X. Lösung: Zunächst ermitteln wir den Wert von c so, dass fX (t) auch wirklich eine Wahrscheinlichkeitsdichte ist. Dazu muss das Integral über die Dichte den Wert 1 ergeben: Z ∞ Z 1 fX (t) dt = fX (t) dt −∞ 0 Z 1 = c t3 (1 − t)2 dt 0 Z 1 = c t3 (1 − 2t + t2 ) dt 0 Z = c 1 t3 − 2t4 + t5 dt µ0 ¶ 1 4 2 5 1 6 ¯¯1 = c t − t + t ¯ 4 5 6 0 ¶ µ 1 2 1 − + = c 4 5 6 c . = 60 Demnach muss für c gelten c = 60. Für die Verteilungsfunktion der Zufallsgröße X erhalten wir Z t FX (t) = fX (x) dx −∞ t Z c x3 (1 − x)2 dx 0 ¶ µ 1 4 2 5 1 6 ¯¯t x − x + x ¯ = 60 4 5 6 0 µ ¶ 1 4 2 5 1 6 = 60 t − t + t 4 5 6 = = 15 t4 − 24 t5 + 10 t6 . Damit lässt sich µ 1 ≤X< P 4 (1.1) die gesuchte Wahrscheinlichkeit wie folgt berechnen: ¶ µ ¶ µ ¶ 3 3 1 = P X< −P X < 4 4 4 µ ¶4 µ ¶5 µ ¶6 à µ ¶4 µ ¶5 µ ¶6 ! 3 3 3 1 1 1 = 15 − 24 + 10 − 15 − 24 + 10 4 4 4 4 4 4 = 1701 1701 203 − = ≈ 0.7930. 2048 77 256 Für den Median ist die folgende Gleichung nach t aufzulösen: 1 FX (t) = 15 t4 − 24 t5 + 10 t6 = . 2 Die Lösung ist Nullstelle des Polynoms 15 t4 − 24 t5 + 10 t6 − 12 , welche sich analytisch schwer, aber numerisch mit Excel oder Maple schnell angeben lässt. So gibt gibt Maple als reelle Nullstelle die Näherungslösung 0.5786 aus. Siehe auch nachfolgende Grafik. 0.5 0.25 0.0 0.0 0.5 0.25 0.75 1.0 t −0.25 −0.5 Somit erhalten wir als Median m ≈ 0.5786. Aufgabe 2 (4 Punkte) Für eine stetige Zufallsvariable gilt Z FX (t) = t −∞ fX (s) ds. Hieraus ergibt sich, daß FX eine stetige Funktion ist. Zeigen Sie, dass dann für jedes a ∈ R gilt: P (X = a) = 0 . ¡ ¢ Hinweis: Betrachten Sie P a ≤ X < a + n1 für n → ∞. Lösung: Es gilt für alle a ∈ R : µ ¶ 1 P (X = a) ≤ P a ≤ X < a + n µ ¶ 1 = P X <a+ − P (X < a) n µ ¶ 1 = FX a + − FX (a). n ¡ ¢ Aus der Stetigkeit von FX folgt limn→∞ FX a + n1 = FX (a) . Damit ergibt sich aus obiger Argumentation P (X = a) = lim P (X = a) µ ¶ 1 ≤ lim FX a + − lim FX (a) n→∞ n→∞ n = FX (a) − FX (a) n→∞ = 0. Da aber auch P (X = a) ≥ 0 gelten muss, ergibt sich P (X = a) = 0. Aufgabe 3 (4 Punkte) Verwenden Sie das Ergebnis aus Aufgabe 2 um für eine stetige Zufallsvariable folgende Beziehung für alle reellen a, b nachzuweisen: P (a ≤ X < b) = P (a ≤ X ≤ b) = P (a < X ≤ b) = P (a < X < b). Ist diese Beziehung auch für diskrete Zufallsvariable richtig? Betrachten Sie hierzu X als Augenzahl beim einmaligen Würfeln und untersuchen Sie obige Wahrscheinlichkeiten für verschiedene a und b . Lösung: Wir betrachten repräsentativ eine dieser vier Wahrscheinlichkeiten, nämlich P (a ≤ X ≤ b). Für die anderen gilt eine analoge Überlegung. Betrachte also P (a ≤ X ≤ b). Durch Zerlegung in disjunkte Ereignisse und die entsprechende Bildung der Summen der Wahrscheinlichkeiten erhalten wir P (a ≤ X ≤ b) = P (a < X < b ∨ X = a ∨ X = b) = P (a < X < b) + P (X = a) + P (X = b). Aus Aufgabe 2 wissen wir, dass für Zufallsgrößen mit stetigen Verteilungsfunktionen, Wahrscheinlichkeiten der Art P (X = a), a ∈ R, gleich Null sind. Von daher gilt die behauptete Gleichheit. Verteilungen von diskrete Zufallsgrößen hingegen sind sozusagen durch Einzelwahrscheinlickeiten der Art pi = P (X = xi ), i = 1, 2, ... definiert, so dass obige Gleichheit oft nicht gilt. Ein Gegenbeispiel: Experiment Einmaliges Werfen eines Würfels mit der Augenzahl X als Zufallsgröße. Dann gilt 1 P (X = 1) = P (X = 2) = P (X = 3) = P (X = 4) = P (X = 5) = P (X = 6) = . 6 Betrachten wir dann zum Beispiel a = 1 und b = 3 so erhalten wir einerseits 3 P (1 ≤ X ≤ 3) = P (X = 1) + P (X = 2) + P (X = 3) = , 6 aber andererseits P (1 < X ≤ 3) = P (X = 2) + P (X = 3) = beziehungsweise 2 = P (X = 1) + P (X = 2) = P (1 ≤ X < 3) 6 1 P (1 < X < 3) = P (X = 2) = . 6 Aufgabe 4 (4 Punkte) Die Zufallsvariable X möge eine Exponentialverteilung mit dem Parameter λ = 3 besitzen. Ermitteln Sie den Median und folgende Wahrscheinlichkeiten: a) P (X ≥ 1.5) b) P (X < 2). Lösung: Die Verteilungsfunktion einer exponentialverteilten Zufallsgröße X mit Parameter λ = 3 ist gegeben durch FX (t) = 1 − e−3t . Damit erhalten wir die folgenden Wahrscheinlichkeiten: a) P (X ≥ 1, 5) = 1 − P (X < 1.5) = 1 − FX (1.5) = 1 − 1 + e−3·1.5 = e−4.5 = 0.0111. b) P (X < 2) = FX (2) = 1 − e−3·2 = 1 − e−6 = 0.998. Für den Median muss die folgende Gleichung nach t aufgelöst werden: 1 FX (t) = 1 − e−3t = . 2 Dabei ergibt sich t = − 13 ln(0.5) = 1 3 ln(2) ≈ 0.231. Aufgabe 5 (4 Punkte) Die Ausfallzeiten von unabhängig arbeitenden Maschinen seien exponentiell verteilt mit dem Parameter λ = 0.5. Insgesamt arbeiten 10 Maschinen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass vor dem Zeitpunkt t0 = 1.5 wenigstens zwei Maschinen ausgefallen sind? Hinweis: Berechnen Sie zunächst die Wahrscheinlichkeit p = P (Xi < 1.5) und verwenden Sie dann die Binomialverteilung! Lösung: Dem Hinweis nachgehend berechnen wir zunächst p = P (Xi < 1.5) = P (X < 1.5) für eine Zufallsgröße X mit Verteilungsfunktion FX (t) = 1 − e−0.5t . Diese ist gegeben durch P (X < 1.5) = FX (1.5) = 1 − e−0.5·1.5 = 1 − e−0.75 ≈ 0.528. Von den zehn unabhängig laufenden Maschinen mit Ausfallwahrscheinlichkeit bis zum betrachteten Zeitpunkt p ≈ 0.528 sollen für das betrachtete Ereignis wenigstens zwei Maschinen ausgefallen sein. Wir betrachten ein Binomialmodell wobei die Anzahl der Erfolge K interpretiert wird als Anzahl der ausgefallenen Maschinen bis zum bestimmten Pk Zeitpunkt t0 . Es sei also n = 10 und p = 0.528 sowie P (K = k) = b10,0.528 (k) und P (K ≤ k) = i=0 b10,0.528 (i). Die Wahrscheinlichkeit wenigstens zwei Maschinenausfälle zu verzeichen, berechnet sich dann als P (K ≥ 2) = 1 − P (K < 2) = 1 − P (K ≤ 1) = 1 − 0.00669 = 0.99331. Übungsaufgaben sind verfügbar unter: http://www.math.uni-rostock.de/ ∼ helwich/Uebungen.html