Mathematik IV für Maschinenbau und Informatik (Stochastik) Universität Rostock, Institut für Mathematik Sommersemester 2007 Prof. Dr. F. Liese Dipl.-Math. M. Helwich Übungsscheinklausur, 13.07.2007 Name: ......................................................... Matrikelnummer: .......................... E-Mail: ....................................................... Aufgabe 1 (3 Punkte) Bei einem Multiple-Choice-Test wird eine Frage gestellt, auf die es 4 mögliche Antworten gibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kandidat die richtige Antwort weiß, sei 0.2 . Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kandidat die richtige Antwort gibt, betrage 99% , wenn er die richtige Antwort weiß, und 1/4 , wenn er sie nicht weiß. Angenommen, ein Kandidat gibt die richtige Antwort; wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sie tatsächlich wusste? Lösung: Ω = W ∪ W mit W = Kandidat weiß die Antwort.“, P (W ) = 0.2 ” W = Kandidat weiß die Antwort nicht.“, P (W ) = 1 − P (W ) = 0.8 ” sowie R = Kandidat beantwortet die Frage richtig“ ” mit den bedingten Wahrscheinlichkeiten P (R | W ) = 0.99 und P (R | W ) = 0.25. Gesucht ist die bedingte Wahrscheinlichkeit P (W |R), welche sich nach dem Satz von Bayes wie folgt berechnet: P (W |R) = = = P (R | W ) P (W ) P (R | W ) P (W ) + P (R | W ) P (W ) 0.99 · 0.2 0.99 · 0.2 + 0.25 · 0.8 0.198 = 0.4975. 0.398 Die Wahrscheinlichkeit also, dass bei richtiger Antwort der Kandidat auch wirklich Bescheid wusste, beläuft sich auf 49.75%. 3 Punkte: jeweils einen Punkt für richtigen Ansatz, richtige Angabe der gegebenen Wahrscheinlichkeiten und für Endergebnis Aufgabe 2 (4 Punkte) Betrachtet wird der Versuch ,,Zweimaliges Werfen eines Würfels”. Stellen Sie folgende Ereignisse als Teilmengen von Ω = {(ε1 , ε2 ) : εi ∈ {1, ..., 6}}, dar. a) Die Summe der Augen ist größer als 10. b) Die minimale Augenzahl in beiden Würfen ist 4. c) Im ersten Wurf fällt eine gerade Zahl und beim zweiten Wurf ist die Augenzahl kleiner als 3. d) Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeiten dieser Ereignisse! 1 Lösung: Wir erhalten für die nachgefragten Ereignisse folgende Teilmengen von Ω : a) A = {(5, 6), (6, 5), (6, 6)} b) B = {(4, 4), (4, 5), (4, 6), (5, 4), (6, 4)} c) C = {(2, 1), (2, 2), (4, 1), (4, 2), (6, 1), (6, 2)}. d) Für die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten erhalten wir durch Abzählen P (A) = 5 6 P (B) = 36 und P (A) = 36 = 16 . 3 36 = 1 12 , 4 Punkte: jeweils einen Punkt für jede Teilaufgabe Aufgabe 3 (2 Punkte) Entscheiden Sie, ob folgende Aussagen richtig oder falsch sind. A, B, . . . bezeichnen Ereignisse und P (A), P (B), . . . die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten. wahr falsch wahr falsch P (A ∪ B) < P (A) P (A ∪ B) ≥ P (A ∩ B) A und B unabhängig falls A und B unabhängig P (A ∪ B) = P (A)P (B) falls 0 < P (A) < 1 Lösung: P (A ∪ B) < P (A) X P (A ∪ B) ≥ P (A ∩ B) A und B unabhängig falls A und B unabhängig P (A ∪ B) = P (A)P (B) falls 0 < P (A) < 1 X X X 2 Punkte: jedes richtige Kreuz ein halber Punkt Aufgabe 4 (4 Punkte) Die Dichtefunktion einer stetigen Zufallsvariablen X sei gegeben durch ½ c t (1 − t) für 0 < t < 1 fX (t) = , 0 sonst wobei c eine gewisse positive Konstante ist. Berechnen Sie den Erwartungswert und die Varianz von X! Lösung: Zunächst ermitteln wir den Wert von c so, dass fX (t) auch wirklich eine Wahrscheinlich- 2 keitsdichte ist. Dazu muss das Integral über die Dichte den Wert 1 ergeben: Z ∞ Z 1 fX (t) dt = fX (t) dt −∞ 0 Z 1 c t (1 − t) dt = 0 Z = c 1 t − t2 dt µ0 ¶ 1 2 1 3 ¯¯1 = c t − t ¯ 2 3 0 ¶ µ 1 1 = c − 2 3 c = . 6 Demnach muss für c gelten c = 6. Als Erwartungswert der Zufallsgröße X erhalten wir Z ∞ E(X) = t fX (t) dt −∞ 1 Z 6 t2 (1 − t) dt = 0 Z 1 = 6 t2 − t3 dt ¶ µ0 1 3 1 4 ¯¯1 t − t ¯ = 6 3 4 0 µ ¶ 1 1 = 6 − 3 4 1 = . 2 Die Varianz berechnen wir mit der Formel V(X) = E(X 2 ) − E2 (X), wobei Z ∞ 2 E(X ) = t2 fX (t) dt −∞ 1 Z 6 t3 (1 − t) dt = 0 Z = 6 1 t3 − t4 dt 0 µ ¶ 1 4 1 5 ¯¯1 = 6 t − t ¯ 4 5 0 ¶ µ 1 1 − = 6 4 5 6 = . 20 Damit ergibt sich V(X) = 6 1 6 5 1 − 2 = − = . 20 2 20 20 20 4 Punkte: je einen Punkt für c und E(X) und zwei Punkte für V(X) 3 Aufgabe 5 (3 Punkte) X sei eine Zufallsvariable mit Verteilungsfunktion FX und der Lebesguedichte fX . möglich immer falsch möglich immer falsch Es gilt limt→−∞ FX (t) = 2. fX (t) = t für alle t fX (t) = 0 für t ≥ 0 FX (1) = FX (1, 5) FX (−x) = 1 − FX (x) für alle x ≥ 0 fX (t) ist streng monoton wachsend Lösung: Es gilt limt→−∞ FX (t) = 2. X fX (t) = t für alle t X fX (t) = 0 für t ≥ 0 X FX (1) = FX (1, 5) X FX (−x) = 1 − FX (x) für alle x ≥ 0 X fX (t) ist streng monoton wachsend X 3 Punkte: jedes richtige Kreuz ein halber Punkt Aufgabe 6 (4 Punkte) Eine technische Baugruppe hat eine exponentialverteilte Lebensdauer T . In Bezug auf einen Zeitraum der Länge 100 Stunden hat die Baugruppe eine Zuverlässigkeit (Überlebenswahrscheinlichkeit) von 0.96, d.h. P (T ≥ 100) = 0.96 a) Bestimmen Sie den Erwartungswert und die Varianz der Lebensdauer und geben Sie die Verteilungsfunktion an! b) Mit welcher Wahrscheinlichkeit fällt die Baugruppe schon vor Erreichen ihrer mittleren Lebensdauer aus? c) Sicherheitsanforderungen verlangen eine Zuverlässigkeit von mindestens 0.95 für den Zeitraum der Länge 300 Stunden. Sie ist erreichbar durch Parallelschalten von Baugruppen zu einem Aggregat. Wie viele Baugruppen muss das Aggregat mindestens enthalten, damit die geforderte Zuverlässigkeit erreicht wird? Lösung: Gegeben ist eine exponentialverteilte Zufallsgröße T mit P (T ≥ 100) = 0.96 . Demnach gilt P (T ≤ 100) = 1 − 0.96 = 0.04 = 1 − exp {−λ · 100}. Daraus ergibt sich für den Parameter λ = − ln(0.96) 100 ≈ 0.000408. a) Erwartungswert und Varianz einer exponentialverteilten Zufallsgröße mit Parameter λ sind gegeben als µ = λ1 und σ = λ12 . Demnach erhalten wir hier E(T ) = 1 1 = 2450.98 und V(T ) = = 6 007 305. 0.000408 0.0004082 Die Verteilungsfunktion ist für x ≥ 0 FT (x) = 1 − e−0.000408·x 4 und 0 sonst. b) Die Wahrscheinlichkeit, vor der mittleren Lebensdauer auszufallen beläuft sich auf P (T ≤ E(T )) = P (T ≤ 2450.98) = 1 − exp {−0.000408 · 2450.98} ≈ 0.6321, also rund 63%. c) Wir berechnen zunächst die Wahrscheinlichkeit, dass ein Bauteil vor den besagten 300 Stunden ausfällt. Diese beträgt P (T ≤ 300) = 1 − exp {−0.000408 · 300} ≈ 0.1152. Wegen 0.11522 = 0.013271 < 0.05 reichen schon zwei parallel geschaltete Bauteile aus. 4 Punkte: zwei Punkte für a) und jeweils einen Punkt für b) und c) Aufgabe 7 (4 Punkte) Bei 100 Personen einer bestimmten Gruppe wurde die Körperlänge gemessen. Diese Messungen ergaben das arithmetische Mittel x = 175 cm. Unter der Voraussetzung, dass die Körperlänge X eine normalverteilte Zufallsgröße mit σ = 6 cm ist, prüfe man die Hypothese H0 : µ0 = 177 cm mit der Fehlerwahrscheinlichkeit α = 0.05 ! Lösung: Für die Prüfgröße erhält man u= xn − µ0 √ 175 − 177 √ n= 100 = −3.3̄. σ 6 Verglichen mit dem Quantil z1− α2 einer Standardnormalverteilung, d.i. z0.975 = 1.95997, ergibt sich, dass die Nullhypothese abgelehnt werden muss. 4 Punkte: ein Punkt für den richtigen Test, einen für den Wert der Testgröße, einen Punkt für das richtige Quantil und schließlich einen für eine richtige Entscheidung) 5