Gehirn, Kognition und Sprache

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Beteiligte Einrichtungen:
Medizinische Fakultät
• Paul-Flechsig-Institut für Hirnforschung
• Carl-Ludwig-Institut für Physiologie
• Rudolf-Boehm-Institut für Pharmakologie
und Toxikologie
• Institut für Biochemie
• Interdisziplinäres Zentrum für
Klinische Forschung (IZKF)
• Innovationszentrum für
Computerassistierte Chirurgie (ICCAS)
• Neurologisches Rehabilitationszentrum
Leipzig (NRZ)
Universitätsklinikum
• Klinik und Poliklinik für Neurologie
• Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie
• Tagesklinik für kognitive Neurologie
• Klinik und Poliklinik für Hals-,
Nasen-, Ohrenheilkunde
• Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde
• Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
Fakultät für Biowissenschaften,
Pharmazie und Psychologie
• Institut für Psychologie I
• Institut für Biologie II
Philologische Fakultät
• Institut für Linguistik
Fakultät für Physik und Geowissenschaften
• Institut für Experimentelle Physik I
Fakultät für Mathematik und Informatik
• Institut für Informatik
Max-Planck-Institute
• Max-Planck-Institut für Kognitions und Neurowissenschaften
• Max-Planck-Institut für
Evolutionäre Anthropologie
• Max-Planck-Institut für Mathematik
in den Naturwissenschaften
Impressum:
Kontakt:
Universität Leipzig
Prorektor für Forschung und
wissenschaftlichen Nachwuchs
Prof. Dr. M. Schlegel
Ritterstr. 26, 04109 Leipzig
E-Mail: [email protected]
www.uni-leipzig.de/profil
Sprecher PbF IV:
Prof. Dr. R. Rübsamen
Koordination und
Öffentlichkeitsarbeit PbF IV:
S. Hasse
Gestaltung & Satz:
simons & schreiber WA GmbH
10/2009
Herausgeber:
Universität Leipzig
Sprecher PbF IV: Prof. Dr. R. Rübsamen
Redaktion:
Koordination und
Öffentlichkeitsarbeit PbF IV:
S. Hasse
Bildnachweis:
Universität Leipzig
Max-Planck-Institut für
Kognitions- und Neurowissenschaften
Max-Planck-Institut für
Evolutionäre Anthropologie
Max-Planck-Institut für Mathematik
in den Naturwissenschaften
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Gehirn,
Kognition
und Sprache
Was unsere Persönlichkeit ausmacht, liegt
hier verborgen: im Gehirn, unserem wohl
interessantesten Organ. Seine erstaunlichen
kognitiven Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit,
Wahrnehmung, Lernen, Gedächtnis, Mo­
torik und Sprache untersuchen die Wissen­
schaftler des Profilbildenden Forschungsbe­
reichs „Gehirn, Kognition und Sprache“ der
Universität Leipzig. Ziel ist es, die hirnorga­
nischen Grundlagen geistiger Leistungen zu
entschlüsseln, zu ergründen wie Verhalten
gesteuert wird, Hirnerkrankungen zu verste­
hen und innovative Therapieansätze zu ent­
wickeln. Zahlreiche universitäre und außer­
Gehirn, Kognition
und Sprache
Fragen der Gegenwart
universitäre Forschungseinrichtungen
der Natur- und Geisteswissen­
schaften sowie der Medizin
arbeiten hierfür zusammen.
So kann ein sehr breites
Methodenspektrum ange­
wendet werden. Erst die­
ser multidimensionale For­
schungsansatz bildet die
Basis dafür, in fachübergrei­
fenden Forschungsprojekten
die komplizierte Arbeitsweise des
Gehirns weiter aufzuklären.
„Gehirn, Kognition und Sprache“ ist damit
einer der sechs Profilbildenden Forschungs­
bereiche der Universität Leipzig, der sich
durch forcierte interdisziplinäre Zusammen­
arbeit den immer komplexer werdenden Fra­
gen der Gegenwart stellt.
Profilbildender
Forschungsbereich IV
Von Molekülen und
Nanoobjekten zu
multifunktionalen
Materialien und
Prozessen
Mathematik und
ihre Anwendungen
in den Naturwissenschaften
Veränderte Umwelt
und Krankheit
Riskante
Ordnungen
Molekulare und zelluläre
Kommunikation:
Biotechnologie, Bioinformatik und Biomedizin in
Therapie und Diagnostik
Ontogenese und
Phylogenese
Wissenschaftler beobachten das Verhalten von
Menschenaffen im Wolfgang-Köhler-Zentrum
für Primatenforschung im Pongoland des
Leipziger Zoos.
Im Vergleich:
Menschen und Menschenaffen
Wo kommen wir her und
wo gehen wir hin? – Unter
diesem Thema arbeiten die Wis­
senschaftler des Teilbereichs
„Ontogenese und Phylogenese“.
Sie wollen herausfinden, wie sich unser Ge­
hirn im Laufe des Lebens entwickelt und wie
es sich von dem der Menschenaffen unterschei­
det. Dafür wird zunächst analysiert, wie unsere
Kleinsten die Welt begreifen: Verhaltenstests
mit Kindern lassen darauf schließen, wie sie
kognitive Fähigkeiten – beispielsweise Erin­
nerungsvermögen – ausbilden, wie sie lernen
zu urteilen oder zu begreifen, was in anderen
Personen vorgeht. Was das ausgereifte Gehirn
eines Erwachsenen zu leisten vermag und in
welcher Weise sich diese Fähigkeiten im Alter
wieder verschlechtern, wird ebenfalls unter die
Lupe genommen. Verglichen werden die Resul­
tate mit denen, die die Verhaltensforschung an
Menschenaffen ans Licht bringt. So finden die
Forscher heraus, welche kognitiven Fähigkeiten
die Affen mit uns teilen und welche nicht. – Kön­
nen Menschenaffen beispielsweise auch kom­
plexe Probleme durchschauen, sie lösen und
Ich will etwas was du nicht willst! – Im Spiel erforschen die Wissenschaftler, ab welchem Alter Kinder
verstehen, dass verschiedene Personen unterschiedliche Wünsche und Ziele haben können.
somit an Futter gelangen? Kooperieren sie
miteinander? Wie verstehen sie ihre physische
und soziale Umwelt? Damit, und in Verbindung
mit Untersuchungen aus der Genetik und Lin­
guistik ist es schließlich möglich, Aussagen zur
menschlichen Vorgeschichte zu treffen.
Mit vereinten Kräften gegen
Schädigungen des Nervensystems
Wenn Körper und Geist uns nicht mehr rich­
tig gehorchen wollen, können Nervenschäden
die Ursache sein, die durch Vererbung, Unfälle
oder Krankheiten entstehen. So drohen heute
beispielsweise Schlaganfall und Alzheimer zu
Volksleiden zu werden. Die Grundlagen dieser
Erkrankungen zu begreifen und wirksame Ge­
genmaßnahmen zu entwickeln, ist das Anlie­
gen der medizinischen Forschungszweige die
im Bereich „Degeneration, Regeneration und
Therapie“ zusammenwirken. Die Wissenschaft­
ler erforschen u. a. die Mechanismen, die zur
Entstehung von Parkinson und Alzheimer füh­
Alzheimermodell der
Maus. Durch eine
Mutation im Genom
des Tieres entstehen
ß-Amyloidplaques.
Das sind die für Alzheimer so typischen
schädlichen Pro­tein­
ablagerungen im
Gehirn. Sie treten mit
fortschreitendem Alter
vermehrt auf.
Degeneration,
Regeneration
und Therapie
ren. Sie suchen nach innovativen Wegen, die­se
neuro­degenerativen Erkrankungen zuverlässig
zu diagnostizieren und zu behandeln. Sie verbes­
sern aber auch chirur­gische Methoden immer
weiter: Solche zum Beispiel, die beim Einsatz
von Hirnschrittmachern bei Parkinson und bei
der operativen Behandlung von Hirntumoren
verwendet werden. Was hier auch in hohem
Maße zählt, ist das Hinterher – die Genesung.
Dafür werden moderne Therapiemethoden ent­
wickelt und erweitert, die es einem Patienten
ermöglichen, sich wieder ins Alltagsleben zu
integrieren.
Implantation von Hirnschrittmachern bei Morbus
Parkinson. Eine auf dem
Kopf fixierte Navigationshilfe ermöglicht die exakte
Positionierung der Elektroden
im Gehirn.
Verständigung der Zellen
100.000.000.000 oder mehr – diese riesige
Menge Neuronen trägt jeder von uns im Gehirn.
Also mindestens 100 Milliarden aktive Zellen,
die Grundlage für all das sind, was wir denken
und fühlen. Die Neuronen kommunizieren mit­
einander und verarbeiten dabei auf­genommene
Sinneseindrücke und Informationen. Doch
was läuft beim Austausch zwischen zwei Zel­
len ab? Wie interagiert eine Nervenzelle mit
einer anderen oder auch mit Gliazellen? Das
erforschen die Wissenschaftler mit unter­
schiedlichsten Me­thoden: Mikroskopie,
Modell der Interaktionen zwischen Neuronen (blau)
und Gliazellen (gelb) in der Netzhaut des Auges.
Gliazellen leiten überschüssige Ionen und Wasser in
die Blutgefäße (rot). Außerdem recyceln sie neuronale
Botenstoffe: Sie überführen die Transmitter in eine
inaktive Form, die dann wieder in die Nervenzellen
aufgenommen werden kann.
Neuronale und
gliale Interaktion
Immunzytochemische
Dreifach-Färbung von Zellen
aus dem Hippocampus des
Mäusegehirns. Das Neuron
(blau) ist umgeben von
einem Geflecht aus Gliazellen (rot) und steht über
zahlreiche Synapsen (grün)
mit anderen Nervenzellen
in Verbindung.
Zell­färbung oder Elektro­
physiologie er­mög­lichen Ein­­
blicke in den Mikrokosmos der
Zelle. Dann zeigt sich, was an Neuronen pas­
siert, wenn wir lernen oder wie sich durch phar­
ma­kologische Be­ein­flussung die Zell­kom­mu­
nikation ver­ändern lässt. Die Forscher können
aber auch immer detaillierter beschreiben, wie
sich die Aktivität einer Zelle auf die der anderen
Zelle auswirkt – zum Beispiel in Hirnarealen,
die Hör­eindrücke verarbeiten oder in der Netz­
haut des Auges. Das sind die Grundlagen dafür,
größere Zu­sammenhänge zu verstehen. Mit
dem Wissen über die Interaktionen einzelner
Zellen des Nervensystems können dann andere
Wissenschaftler des Forschungsverbunds „Ge­
hirn, Kognition und Sprache“ erschließen, wie
größere Zellverbände und neuronale Netzwerke
arbeiten.
Sprache und nonverbale
Kommunikation
Der Sprachfähigkeit auf den Grund gehen
Sie ist die besondere kognitive Fähigkeit
die wir Menschen mit keiner anderen Spezi­
es teilen – die Sprache. Äußerst komplex, ist
sie die Grundlage, auf der unsere Gesellschaft
inter­agiert und funktioniert. Dieses Kommuni­
kationssystem zu ergründen, ist eines der An­
liegen des Profilbildenden Forschungsbereichs
„Gehirn, Kognition und Sprache“. Dafür wird
der formale Aufbau von Sprache, die
Sprachproduktion und Sprach­
verarbeitung erforscht: Wa­
rum beispielsweise ist ein
Satz grammatikalisch so
aufgebaut wie er auf­
gebaut ist, und gibt es
Analyse des Chinatang, einer vom Aussterben bedrohten sinotibetischen Sprache Nepals. Audiovisuelle Aufnahmen dieser Sprache werden übersetzt
und linguistisch untersucht. Im Vergleich mit anderen
Sprachen wird so die weltweite Verteilung grammatischer Strukturen erforscht.
Sprache verarbeitende Areale in der
linken Großhirnhälfte: der primäre
auditorische Kortex (blau), Hirnbereiche die den Satzbau verarbeiten
(rot), Hirnbereiche die Wortbedeutungen analysieren (gelb) und ein
Areal, das Satzbau und Wortbedeutung integriert (rot gestreift).
identische
Grundzüge
dieser Kon­­struktion in
verschiedenen Sprachen
der Welt? Auf welche Art
und Weise sind Wörter und
ihre Bedeutung im Kopf ver­
ankert? Wo und wie spielt sich die
Sprachverarbeitung ab? Wie ent­wickeln
sich die Strukturen im Gehirn eines Kindes,
das sprechen lernt? Aber nicht nur Menschen
kommunizieren. Menschenaffen beispielsweise
ver­ständigen sich durch Laute und Gesten. Sie
nutzen diese nonverbale Kommunikation, um
die Sozialstrukturen in ihrer Gruppe aufrecht­
zuerhalten. Wie dies funktioniert, wird an frei
lebenden Primaten untersucht.
Neuronale
Netzwerke
Antwortcharakteristik eines auditorischen Neurons aus dem Hirnstamm
der Wüstenrennmaus. Mit dem
mathematischen Modell lässt sich
vorhersagen, wann und wie stark
das Neuron auf eine bestimmte
Stimulusfrequenz reagiert.
Das Gehirn – ein Biocomputer?
Werden unsere Sinne gereizt, führt das im Ge­
hirn zu einem Feuerwerk neuronaler Erregung –
der Input wird verarbeitet. Dabei folgt einem
Reiz stets die Aktivität von unzähligen Nerven­
zellen in verschiedenen Bereichen des Gehirns.
So gibt es Hirnareale, die nacheinander, aber
auch solche, die zeitgleich aktiv sind: Die Neu­
ronen arbeiten in weit verzweigten Netzwerken
zusammen. Wie diese organisiert sind, wollen
die Wissenschaftler herausfinden und verfolgen
die Erregung im Gehirn mit Hilfe verschie­
dener bildgebender Verfahren, beispiels­weise
Magnet­­reso­nanz­tomographie (MRT) oder
Elektro­enze­phalographie (EEG). So erschlie­
ßen sie, zu wel­chem Zeitpunkt welche Teile des
Gehirns nach einem bestimmten Reiz aktiv sind.
Dabei können sie auch der Hemisphärenspezia­
lisierung auf den Grund gehen, dem Phänomen,
dass manche Dinge, die wir wahrnehmen, mehr
in der einen als in der anderen Hirnhälfte ver­
arbeitet werden. Doch abgesehen davon, ob et­
was links oder rechts im Kopf verarbeitet wird,
stellt sich die Frage, wie ein neuronales Netz­
werk überhaupt funktioniert. Darauf versuchen
Mathematiker eine Antwort zu finden, indem
sie die dynamischen Prozesse analysieren die
in neuronalen Strukturen ablaufen. Die resultie­
renden theoretischen Modelle sollen beschrei­
ben, wie die Aufnahme und Verarbeitung von
Informationen im Hirn funktioniert.
Auf der Kopfoberfläche gemessene
ereigniskorrelierte Potenziale und
Aktivierungskarte der Großhirnrinde
beim Hören von Tönen.
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