A. Definitionen und Sätze aus der Maßtheorie

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A. Definitionen und Sätze aus der
Maßtheorie
A.1. Mengensysteme
Definition A.1 (limsup, liminf ). Sei Ω eine beliebige Menge und (Aj )j≥1 eine Folge von
Teilmengen von Ω, dann ist
∞
∞ [
\
lim sup Aj :=
Aj ,
j→∞
lim inf Aj :=
j→∞
k=1 j=k
∞
∞ \
[
Aj .
k=1 j=k
Bemerkung. ω ∈ lim supj→∞ Aj bedeutet, daß ω in unendlich vielen Aj enthalten ist; ω ∈
lim inf j→∞ Aj bedeutet, daß ω in allen bis auf endlich vielen Aj enthalten ist.
Definition A.2 (σ-Algebra). Sei Ω eine beliebige nichtleere Menge und P(Ω) ihre Potenzmenge. Eine Mengensystem A ⊂ P(Ω) heißt σ-Algebra, wenn
(i) ∅ ∈ A
(ii) A ∈ A =⇒ Ac = Ω \ A ∈ A
(iii) Ist (Aj )j≥1 eine Folge von Mengen aus A, dann gilt
S∞
j=1 Aj
∈ A.
Insbesonders sind σ-Algebren abgeschlossen bezüglich der Bildung von abzählbaren Vereinigungen und Durchschnitten. Das Paar (Ω, A) heißt Meßraum, die Elemente A ∈ A meßbare
Mengen. Fordert man an Stelle von (iii), daß A nur abgeschlossen bezüglich endlicher Vereinigungen ist so spricht man von einer Algebra.
Bemerkung. Der Durchschnitt beliebig vieler σ-Algebren ist wieder eine σ-Algebra. Sei
Ω 6= ∅ eine Menge und E ⊂ P(Ω) ein beliebiges Mengensystem. Dann gibt es eine kleinste
σ-Algebra σ(E) die E enthält. σ(E) ist der Durchschnitt aller σ-Algebren die E umfassen.
σ(E) heißt die von E erzeugte σ-Algebra und E ein Erzeugendensystem von σ(E).
Definition A.3 (Borelmengen). (i) Die von dem System der Intervalle I1 := {(a, b] |
a, b ∈ R, a < b} erzeugte σ-Algebra B(R) := σ(I1 ), heißt σ-Algebra der (eindimensionalen) Borelmengen.
Q
(ii) Die von dem System der d-dimensionalen Intervalle Id := {(a, b] = di=1 (ai , bi ] :
ai , bi ∈ R, ai < bi } erzeugte σ-Algebra B(Rd ) := σ(Id ), heißt σ-Algebra der ddimensionalen Borelmengen. Es gilt B(Rd ) = σ(Od ), wobei Od das System der offenen
Teilmengen des Rd bezeichnet.
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(iii) Ist (Ω, O) ein topologischer Raum, wobei O das System der offenen Mengen in Ω
bezeichnet, dann heißt B(Ω) := σ(O) die σ-Algebra der Borelmengen auf Ω.
Definition A.4 (Dynkin-System). Ein Mengensysten D ⊂ P(Ω) heißt Dynkin-System,
wenn es folgende Eigenschaften besitzt
(i) Ω ∈ D
(ii) A ∈ D =⇒ Ac = Ω \ A ∈ D,
(iii) Ist (Aj )j≥1 eine Folge disjunkter Mengen aus D, dann gilt
S∞
j=1 Aj
∈ D.
Bemerkung. Der Durchschnitt beliebig vieler Dynkin-Systeme ist ein Dynkin-System. Sei
Ω 6= ∅ eine Menge und E ⊂ P(Ω) ein beliebiges Mengensystem. Dann gibt es ein kleinstes
Dynkin-System D(E) das E enthält. D(E) ist der Durchschnitt aller Dynkin-Systeme die E
umfassen.
Definition A.5 (durchschnittsstabil). Ein Mengensystem E ⊂ P(Ω) heißt durchschnittsstabil, wenn mit A, B ∈ E auch A ∩ B ∈ E gilt.
Satz A.6 (Dynkin-System). Ist E durchschnittsstabil, dann gilt D(E) = σ(E).
A.2. Maße
Definition A.7 (Maß). Sei (Ω, A) ein Meßraum. Ein Maß ist eine Funktion µ : A →
[0, ∞] die µ(∅) = 0 erfüllt und σ-additiv ist, d.h. ist (Aj )j≥1 eine Folge von disjunkten
Mengen aus A, dann gilt
∞
∞
[
X
µ(
Aj ) =
µ(Aj ) .
j=1
j=1
Das Tripel (Ω, A, µ) heißt Maßraum. Gilt µ(Ω) < ∞, dann heißt µ endliches Maß. Ein
Wahrscheinlichkeitsmaß ist ein Maß mit µ(Ω) = 1; in diesem Fall heißt (Ω, A, µ) Wahrscheinlichkeitsraum.
Satz A.8 (Eigenschaften eines Maßes). Sei (Ω, A, µ) ein Maßraum und A, B, (Aj )j≥1
Elemente aus A. Dann gilt
(i) µ ist monoton, d.h. A ⊂ B =⇒ µ(A) ≤ µ(B)
(ii) 0 ≤ µ(A) ≤ µ(Ω), speziell gilt für Wahrscheinlichkeitsmaße 0 ≤ µ(A) ≤ 1 .
S
P∞
(iii) µ( ∞
(σ-Subadditivität)
j=1 Aj ) ≤
j=1 µ(Aj )
(iv) µ(A ∪ B) = µ(A) + µ(B) − µ(A ∩ B)
(falls µ(A ∩ B) < ∞)
(v) A ⊂ B mit µ(A) < ∞ =⇒ µ(B \ A) = µ(B) − µ(A)
S
(vi) Inklusions-Exklusions-Prinzip: Falls µ( nj=1 Aj ) < ∞ gilt
µ(
n
[
j=1
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Aj ) =
n
X
(−1)
k+1
X
1≤j1 <···<jk ≤n
k=1
2
µ(
k
\
l=1
Ajl )
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(vii) Ist A1 ⊂ A2 ⊂ . . . monoton wachsend, dann gilt
µ( lim Aj ) = µ(
j→∞
∞
[
Aj ) = lim µ(Aj ) .
j→∞
j=1
(viii) Ist µ ein endliches Maß und A1 ⊇ A2 ⊇ . . . monoton fallend, dann gilt
µ( lim Aj ) = µ(
j→∞
∞
\
Aj ) = lim µ(Aj ) .
j→∞
j=1
(ix) Es gilt stets
µ(lim inf Aj ) ≤ lim inf µ(Aj ),
j→∞
j→∞
und für endliche Maße auch
µ(lim sup Aj ) ≥ lim sup µ(Aj ) .
j→∞
j→∞
(x) Endliche Maße (insbesonders Wahrscheinlichkeitsmaße) sind stetig, d.h. existiert
limj→∞ Aj , dann gilt
µ( lim Aj ) = lim µ(Aj ) .
j→∞
j→∞
Satz A.9 (Eindeutigkeitssatz). Es sei E ⊂ P(Ω) ein durchschnittsstabiles Mengensystem
und µ1 , µ2 zwei endliche Maße auf σ(E), die auf E übereinstimmen. Dann stimmen die
Maße µ1 und µ2 auf der gesamten σ-Algebra σ(E) überein.
Satz A.10 (Maßfortsetzungssatz von Caratheodory). Ist E eine Algebra von Teilmengen aus Ω und µ : E → [0, ∞) eine Mengenfunktion mit folgenden Eigenschaften
(i) µ(∅) = 0,
µ(Ω) < ∞
(ii) A, B ∈ E, A ∩ B = ∅ =⇒ µ(A ∪ B) = µ(A) + µ(B)
(iii) An ∈ E mit An ↓ ∅ =⇒ limn→∞ µ(An ) = 0
(Additivität)
(Stetigkeit bei ∅) .
Dann gibt es eine eindeutig bestimmte Fortsetzung von µ zu einem Maß auf die von E
erzeugte σ-Algebra σ(E).
Definition A.11 (fast sicher, fast überall). Man sagt, eine Eigenschaft gilt in einem
Maßraum (Ω, A, µ) µ-fast sicher (µ-f.s.) oder µ-fast überall, wenn sie nur auf einer Menge
mit µ-Maß null verletzt ist, z.B.
lim fn = f
n→∞
W. Müller
(µ − f.s.)
⇐⇒
∃N ∈ A mit µ(N ) = 0 und lim fn (Ω) = f (Ω)
n→∞
3
∀Ω ∈ N c .
A. Definitionen und Sätze aus der Maßtheorie
A.3. Meßbare Funktionen
Definition A.12. Seien (Ω, A) und (Ω′ , A′ ) zwei Meßräume. Eine Funktion f : Ω → Ω′
heißt (A, A′ )-meßbar (oder kurz meßbar), wenn das Urbild einer meßbaren Menge stets
wieder meßbar ist, d.h.
f −1 (A′ ) ∈ A
für alle
A′ ∈ A′ .
Bezeichnung: f : (Ω, A) → (Ω′ , A′ ).
Satz A.13 (Eigenschaften meßbarer Funktionen). (i) Ist E ′ ein Erzeugendensystem
von A′ , dann ist f : Ω → Ω′ genau dann (A, A′ )-meßbar, wenn f −1 (A′ ) ∈ A für alle
A′ ∈ E ′ .
(ii) Eine Funktion f : Ω → Rd ist genau dann (A, B(Rd ))-meßbar, wenn f −1 ((−∞, a]) ∈
A für alle a ∈ Rd .
(iii) Die Komposition meßbarer Funktionen ist meßbar, d.h. ist f : (Ω, A) → (Ω′ , A′ ) und
g : (Ω′ , A′ ) → (Ω′′ , A′′ ), so ist h = g ◦ f : (Ω, A) → (Ω′′ , A′′ ).
Korollar A.14. Es seien (Ω1 , O1 ) und (Ω2 , O2 ) topologische Räume. Jede stetige Abbildung
f : Ω1 → Ω2 ist Borel-meßbar (d.h. (B(O1 ), B(O2 ))-meßbar).
Satz A.15 (Bildmaß). Sei f : (Ω, A) → (Ω′ , A′ ) meßbar und µ eine Maß auf (Ω, A), dann
wird durch
µf (A′ ) := µ(f −1 (A′ ))
(A′ ∈ A′ )
ein Maß auf (Ω′ , A′ ) festgelegt. Es gilt µf (Ω′ ) = µ(Ω). Das Maß µf heißt das durch f
induzierte Maß oder das Bildmaß von µ unter der Abbildung f .
Definition A.16 (numerische Funktion). Sei R := R ∪ {∞, −∞} und B := σ(I), wobei
I := {(a, b] : a, b ∈ R}. Eine Funktion f : Ω → R heißt numerische Funktion, sie heißt
A-meßbar (kurz meßbar), wenn sie (A, B)-meßbar ist.
Bemerkung. Nach Satz A.13 ist eine numerische Funktion genau dann meßbar, wenn
f −1 ((−∞, a]) ∈ A
für alle
a ∈ R.
Satz A.17 (Grenzwerte messbarer Funktionen). Sind fn : Ω → R, n ∈ N, meßbare
numerische Funktionen, dann sind auch lim inf n→∞ fn und lim supn→∞ fn meßbare numerische Funktionen. Existiert insbesonders limn→∞ fn , dann ist limn→∞ fn eine meßbare
numerische Funktion.
Satz A.18 (Faktorisierungslemma). Es sei X : (Ω, A) → (Ω′ , A′ ) eine messbare Abbildung. Eine numerische Funktion f : Ω → R ist genau dann meßbar bezüglich der von X
erzeugten σ-Algebra σ(X) := X −1 (A′ ), wenn es eine meßbare numerische Funktion h auf
(Ω′ , A′ ) gibt mit
f =h◦X.
Dabei kann im Fall f ≥ 0 auch h ≥ 0 und für reelles f auch h reell gewählt werden.
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4
A. Definitionen und Sätze aus der Maßtheorie
A.4. Integration
Definition A.19 (Integral). Sei (Ω, A, µ) ein Maßraum. Das Integral einer meßbaren
numerischen Funktion f : Ω → R wird in drei Schritten definiert:
Pn
Sn
• Für positive einfache Treppenfunktionen: f =
i=1 αi IAi (Ω =
i=1 Ai ist eine
endliche disjunkte Zerlegung von Ω mit Ai ∈ A und αi ∈ [0, ∞])
Z
f dµ :=
n
X
αi µ(Ai ) .
i=1
Dabei ist die Konvention ±∞ · 0 = 0 zu beachten!
• Für positive meßbare numerische Funktionen: Ist f : Ω → [0, ∞] meßbar, dann gibt es
stets eine monoton wachsende Folge positiver einfacher Treppenfunktionen fn , sodaß
für alle ω ∈ Ω gilt fn (ω) ↑ f (ω). Man setzt
Z
Z
fn dµ .
f dµ := lim
n→∞
Beachte: für positive meßbare numerische Funktionen ist das Integral stets erklärt, es
kann aber den Wert ∞ annehmen.
• Für integrierbare Funktionen: Eine meßbare numerische Funktion f heißt integrierbar, wenn f + (x) := max{f (x), 0} und f − (x) := max{−f (x), 0} endliche Integrale
besitzen, man setzt
Z
Z
Z
+
f dµ := f dµ − f − dµ .
Beachte: f integrierbar ⇐⇒ |f | integrierbar.
Zusätzlich definiert man für beliebiges A ∈ A :
Z
Z
f dµ := f IA dµ .
A
und für komplexwertige meßbare Funktionen f : Ω → C
Z
Z
Z
f dµ := Re(f ) dµ + i Im(f ) dµ .
Satz A.20 (Eigenschaften des Integrals). Es seien f und g integrierbare numerische
Funktionen, dann gilt
R
R
R
(i) f + g dµ = f dµ + g dµ
R
R
(ii) cf dµ = c f dµ
(c ∈ R)
R
R
(iii) f ≤ g (µ − f.s.) =⇒
f dµ ≤ g dµ
R
R
(iv) f = g (µ − f.s.) =⇒
f dµ = g dµ
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5
A. Definitionen und Sätze aus der Maßtheorie
(v) f = 0 (µ − f.s.) ⇐⇒
R
R
(vi) | f dµ| ≤ |f | dµ
(vii) A ∈ A, µ(A) = 0
=⇒
R
R
|f | dµ = 0
Af
dµ = 0
Satz A.21 (monotonen Konvergenz). Ist fn ≥ 0 eine monoton wachsende Folge
meßbarer numerischer Funktionen und gilt limn→∞ fn = f , µ-f.s., dann ist f eine meßbare
numerische Funktion und
Z
Z
Z
fn dµ =
lim fn dµ = f dµ.
lim
n→∞
n→∞
Korollar A.22. Ist (gn )n≥1 eine Folge positiver numerischer Funktionen, dann gilt
Z X
∞ Z
∞
X
gn dµ =
gn dµ.
n=1
n=1
Lemma A.23 (Fatou). Ist (fn )n≥1 eine Folge positiver meßbarer numerischer Funktionen,
dann gilt
Z
Z
lim inf fn dµ ≤ lim inf fn dµ .
n→∞
n→∞
Satz A.24 (dominierte Konvergenz). Ist (fn )n≥1 eine Folge meßbarer numerischer
Funktionen die µ-f.s. gegen f konvergiert und besitzt
die Funktionenfolge eine integrierR
bare Majorante (d.h. |fn | ≤ g für alle n ≥ 1 und |g| dµ < ∞), dann ist f integrierbar und
es gilt
Z
Z
Z
fn dµ =
lim fn dµ = f dµ.
lim
n→∞
n→∞
Korollar A.25 (Differentiations-Lemma). Sei I ein Intervall in R und f : I × Ω → R
eine Funktion mit folgenden Eigenschaften:
(i) ω 7→ f (x, ω) ist integrierbar für alle x ∈ I
(ii) x 7→ f (x, ω) ist differenzierbar für alle ω ∈ Ω
∂
(iii) ∃ eine integrierbare Funktion g : Ω → R, sodaß | f (x, ω)| ≤ g(ω) für alle ω ∈ Ω und
∂x
x ∈ I,
R
dann ist die auf I definierte Funktion x 7→ f (x, ω) dµ(ω) differenzierbar und es gilt
Z
Z
∂
∂
f (x, ω) dµ(ω).
f (x, ω) dµ(ω) =
∂x
∂x
Satz A.26 (Integration bezüglich des Bildmaßes). Sei (Ω, A, µ) ein Maßraum, X :
(Ω, A) → (Ω′ , A′ ) eine meßbare Abbildung und f : Ω′ → R eine meßbare numerische Funktion. f ist genau dann µX -integrierbar, wenn f ◦ X µ-integrierbar ist. Es gilt
Z
Z
f (X(ω)) dµ(ω) =
f (ω ′ ) dµX (ω ′ ) .
Ω
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Ω′
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A. Definitionen und Sätze aus der Maßtheorie
Satz A.27 (Transformationsformel für Lebesgue-Integrale). Für zwei offene Teilmengen G und G∗ des Rd sei φ : G → G∗ , φ = (φ1 , . . . , φd ), ein C 1 -Diffeomorphismus (d.h.
bijektiv und stetig differenzierbar) und
D(φ(x)) = (∂φi (x)/∂xj )1≤i,j≤d .
Eine auf G∗ definierte numerische Funktion f ist genau dann λd -integrierbar, wenn die
Funktion (f ◦ φ) · | det D(φ)| über G λd -integrierbar ist. Es gilt
Z
Z
f (y) dλd (y) =
f (φ(x))| det D(φ(x))| dλd (x) .
G∗
G
Beweis.
vgl. H. Bauer, Maß- und Integrationstheorie, de Gruyter 1990, Satz 19.4, und
W. Rudin, Real and Complex Analysis, McGraw-Hill, Theorem 8.26 und 8.27 . Bei Rudin
wird G als beschränkt vorausgesetzt. Von dieser Voraussetzung kann man sich befreien,
indem man zuerst das Integral über G ∩ B(n) betrachtet (B(n) bezeichnet dabei die ddimensionale Kugel mit Radius n deren Mittelpunkt im Ursprung liegt) und dann den
Grenzübergang n → ∞ durchführt.
Satz A.28 (Hauptsatz der Diff./Int.-Rechnung für Lebesgue-Integrale).
(i) Ist f : R → R eine Lebesgue-integrierbare numerische Funktion, dann ist die durch
Z
f (u) dλ(u)
F (x) =
(−∞,x]
definierte Funktion F λ-f.s. differenzierbar und es gilt
F ′ (x) = f (x)
(λ − f.s.) .
(ii) Ist F : [a, b] → R absolut stetig, dann ist F λ-f.s. differenzierbar und f = F ′ ist
Lebesgue-integrierbar auf [a, b], es gilt
Z
F (x) − F (a) =
f (u) dλ(u)
(a ≤ x ≤ b).
[a,x]
Beweis. vgl. E. Hewitt., K. Stromberg, Real and Abstract Analysis, Graduate Texts in
Math. 25, Springer, Theorem 18.3 und Theorem 18.16 .
Satz A.29 (Zusammenhang mit Riemann-Integral).
(i) Eine beschränkte Funktion f : [a, b] → R ist genau dann Riemann-integrierbar, wenn
sie λ-f.s. stetig ist (d.h. wenn sie stetig ist bis auf eine Menge mit Lebesgue-Maß null).
Ist sie Riemann-integrierbar, dann ist sie auch Lebesgue-integrierbar und die Werte
der Integrale stimmen überein.
(ii) Ist f : R → R Riemann-integrierbar und Lebesgue-integrierbar, dann stimmen die
Werte der Integrale überein, d.h.
Z
Z ∞
f (x) dx .
f (x) dλ(x) =
R
W. Müller
−∞
7
A. Definitionen und Sätze aus der Maßtheorie
A.5. Absolut stetige Maße
Definition A.30 (absolut stetig).
Sei (Ω, A, µ) ein Maßraum.
(i) Ein Maß ν auf (Ω, A) heißt absolut stetig bezüglich µ (in Zeichen ν ≪ µ), wenn aus
µ(A) = 0 stets ν(A) = 0 folgt (A ∈ A). Man sagt auch µ dominiert das Maß ν.
(ii) Ist f : Ω → [0, ∞] eine positive µ-meßbare numerische Funktion, dann wird durch
Z
ν(A) :=
f (x) dµ(x)
(A ∈ A)
A
ein Maß auf (Ω, A) definiert das absolut stetig bezüglich µ ist. f heißt die Dichte von
ν bezüglich µ.
Satz A.31 (Radon, Nikodym).
Es sei µ ein σ-endliches Maß auf (Ω, A) (d.h. es existiert
S∞
eine Darstellung Ω = j=1 Ej mit µ(Ej ) < ∞). Jedes bezüglich µ absolut stetige Maß ν
besitzt eine Dichte bezüglich µ. Diese ist µ-fast sicher eindeutig bestimmt.
Satz A.32 (Integration bezüglich eines absolut stetigen Maßes).
Sei ν absolut
stetig bezüglich µ mit Dichte f . Ist gZ eine positive
meßbare
numerische
Funktion,
dann gilt
Z
g dν =
gf dµ .
(∗)
Eine meßbare numerische Funktion g ist genau dann ν-integrierbar, wenn gf µ-integrierbar
ist. In diesem Fall gilt (∗).
A.6. Produktmaße
Seien (Ω1 , A1 ), . . . , (Ωn , An ) Meßräume. Die Produkt-σ-Algebra
n
O
A i = A 1 ⊗ · · · ⊗ An
i=1
ist definiert als die kleinsteQσ-Algebra auf dem kartesischen Produkt
die alle Rechtecksmengen ni=1 Ai =A1 × · · · × An enthält.
Qn
i=1 Ωi
=Ω1 ×· · ·×Ωn ,
Satz A.33 (Produktmaß). Sind (Ω1 , A1N
, µ1 ), . . . , (Ωn , A
Maßräume, dann
Nn
Qnn, µn ) σ-endliche
n
existiert ein eindeutig bestimmtes Maß
i=1 Ai ), sodaß für alle
i=1 µi auf ( i=1 Ωi ,
Rechtecksmengen
gilt.
Nn
(µ1 ⊗ · · · ⊗ µn )(A1 × · · · × An ) = µ1 (A1 ) · · · · · µn (An )
i=1 µi
(Ai ∈ Ai )
heißt das Produktmaß.
Satz A.34 (Fubini). Es seien (Ω1 , A1 , µ1 ) und (Ω2 , A2 , µ2 ) σ-endliche Maßräume und
f : Ω1 × Ω2 → R eine A1 ⊗ A2 -meßbare numerische Funktion.
(i) Ist f ≥ 0, dann sind die Schnittintegrale
Z
S2 (ω1 ) =
f (ω1 , ω2 ) dµ2 (ω2 )
Ω2
S1 (ω2 ) =
Z
f (ω1 , ω2 ) dµ1 (ω1 )
Ω1
A1 - bzw. A2 -meßbare numerische Funktionen und es gilt
Z
Z
Z
f (ω1 , ω2 ) d(µ1 ⊗ µ2 )(ω1 , ω2 ) = S2 (ω1 ) dµ1 (ω1 ) = S1 (ω2 ) dµ2 (ω2 ).
Ω1×Ω2
W. Müller
Ω1
8
Ω2
(∗)
A. Definitionen und Sätze aus der Maßtheorie
(ii) Ist f eine µ1 ⊗ µ2 -integrierbare Funktion, dann ist die Funktion ω1 → f (ω1 , ω2 ) für
µ2 -fast alle ω2 µ1 -integrierbar und die Funktion ω2 → f (ω1 , ω2 ) für µ1 -fast alle ω1
µ2 -integrierbar; weiters sind die Schnittintegrale S1 und S2 µ1 - bzw. µ2 -integrierbar
und es gilt (∗).
R R
(iii) Ist f eine komplexwertige Funktion und gilt Ω1 ( Ω2 |f (ω1 , ω2 )| dµ2 (ω2 ) )dµ1 (ω1 ) < ∞,
dann ist f µ1 ⊗ µ2 -integrierbar und es gilt (∗).
W. Müller
9
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