© 2011 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Therapeutische Umschau 2011; 68 (4): DOI 10.1024/0040-5930/a000147 Übersichtsarbeit Service de Gastroentérologie et d’Hépatologie, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois, Lausanne Abteilung Innere Medizin II, Medizinische Universitätsklinik, Freiburg i. Br. 1 2 Darius Moradpour1 und Hubert E. Blum2 Virushepatitis Die Virushepatitis ist weltweit mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziiert. Die Hepatitisviren A und E werden enteral übertragen und führen zu einer meist selbstlimitierten akuten Hepatitis. Die Hepatitisviren B, C und D werden parenteral übertragen und können zu einer chronischen Hepatitis führen, mit potenzieller Progression zu einer Leberzirrhose und Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms. In diesem Beitrag werden der aktuelle Stand und neue Entwicklungen in der Virologie und Epidemiologie, Diagnostik, Klinik, Therapie und Prävention der Virushepatitis A – E zusammenfassend dargestellt. Bis heute sind 5 verschiedene primär hepatotrope Erreger der Virushepatitis identifiziert (Abb. 1 und Tab. 1). Das Hepatitis A Virus (HAV) und das Hepatitis E Virus (HEV) werden enteral übertragen und führen zu einer meist selbstlimitierten akuten Hepatitis. Die Hepatitisviren B, C und D (HBV, HCV und HDV) werden parenteral übertragen und können zu einer chronischen Hepatitis führen, mit potenzieller Progression zu einer Leberzirrhose und Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC). HAV IgM. Mit Ausheilung der Hepatitis A verschwinden anti-HAV IgM bei gleichzeitigem Anstieg von antiHAV IgG, welche in der Regel lebenslang persistieren und vor einer Reinfektion schützen (Abb. 2). Klinik Die Hepatitis A ist eine akut verlaufende Erkrankung, wobei der Schweregrad der klinischen Präsentation altersabhängig ist. Bei Kindern verläuft die HAV-Infektion meist asymptomatisch oder mild. Beim Erwachsenen hingegen kommt es nach einer Inkubationszeit von durchschnittlich 4 Wochen zu einer meist klinisch symptomatischen akuten Hepatitis. Gelegentlich werden cholestatische, protrahierte oder rezidivierende Verläufe beobachtet; diese heilen jedoch immer aus. Fulminante Verläufe der Hepatitis A sind insgesamt selten. Da aufgrund der fehlenden erworbenen Immunität in westlichen Ländern heute jedoch zunehmend Erwachsene infiziert werden, werden hier vermehrt schwere Verläufe beobachtet [2]. Therapie und Prävention Die Therapie der Hepatitis A ist supportiv. Seit 1992 stehen auf inaktiviertem HAV basierende, sehr effektive und gut tolerierte Impfstoffe zur Verfügung. Die Impfung ist für bestimmte Risikogruppen indiziert (Reisende in Endemiegebiete, berufliche Exposition, Homosexuelle, intravenös Drogenabhängige, Patienten mit vorbestehender chronischer Hepatopathie etc.), wobei eine generelle Impfung heute diskutiert und in einigen Ländern schon umgesetzt ist. Die Impfung ist auch im Post-Expositions-Setting wirksam [3], sodass heute nur noch in Ausnahme- Hepatitis A Virologie und Epidemiologie Das HAV ist ein kleines RNA-Virus, das zur Familie der Picornaviren gehört [1]. Die HAV-Infektion wird meist enteral (fäkal-oral) durch kontaminiertes Wasser, verunreinigte Nahrungsmittel oder Kontakt mit HAV-Infizierten übertragen. Die Hepatitis A ist heute besonders in Ländern mit niedrigem sozioökonomischem Standard endemisch. Dort werden vor allem Kinder infiziert. Für die Bevölkerung westlicher Länder ist die Hepatitis A zunehmend eine Erkrankung des Erwachsenenalters und eine typische Reisekrankheit. Diagnostik Die Diagnostik der akuten Hepatitis A basiert auf dem Nachweis von anti- Abbildung 1 Schematische Darstellung der Hepatitisviren A-E 175 Darius Moradpour, Hubert E. Blum Virushepatitis 176 Übersichtsarbeit fällen (z. B. Exposition bei Risikopatienten, Schwangerschaft) Immunglobuline gegen HAV verabreicht werden. Hepatitis B Virologie und Epidemiologie Das HBV ist ein kleines DNA-Virus, das zur Familie der Hepadnaviren gehört. Weltweit sind ca. 400 Millionen Personen chronisch HBV-infiziert, wobei die Prävalenz deutliche geographische Unterschiede zeigt. Die HBV-Infektion wird in Regionen mit hoher Prävalenz (China, Südostasien und SubsaharaAfrika) meistens perinatal oder frühkindlich übertragen. In Westeuropa und Nordamerika, wo die Prävalenzrate relativ niedrig ist (< 1 %), erfolgt die Ansteckung überwiegend im Erwachsenenalter durch parenterale oder sexuelle Transmission. Diagnostik Der wichtigste serologische Marker der akuten und chronischen HBV-Infektion ist das HBsAg (Abb. 2). Bei der akuten Hepatitis B ist HBsAg kurz vor, während und noch kurz nach der klinischen Krankheitsphase und Erhöhung der Transaminasen nachweisbar bei gleichzeitig frühem Auftreten von anti-HBc IgM und nachfolgend IgG. HBeAg als Hinweis auf hohe Virusreplikation und Infektiosität findet sich meist in der Frühphase der Erkrankung. Mit Abklingen der klinischen Symptome und Normalisierungstendenz der Transaminasen kommt es zunächst zum Verschwinden von HBeAg und dann von HBsAg mit Serokonversion zu anti-HBe bzw. anti-HBs. Eine anhaltende Hepatitisaktivität mit nachweisbarer HBV DNA trotz Verlust von HBeAg bzw. Serokonversion zu antiHBe ist Ausdruck einer Infektion mit einer HBV-Mutante, die kein HBeAg mehr produziert (sog. „pre-core stop codon“- oder „core promotor“-Mutante). Die HBeAg-negative/anti-HBe-positive Form der chronischen Hepatitis B wird bei uns heute deutlich häufiger beobachtet als die HBeAg-positive Form. Die serologische Konstellation mit anti-HBc, anti-HBe und anti-HBs ist charakteristisch für eine ausgeheilte Hepatitis B und zeigt Immunität gegen eine HBV-Reinfektion an, wobei auch hier Spuren potenziell replikationskompetenter HBV DNA in den Hepatozyten persistieren und bei schwerer Immunsuppression Jahre oder Jahrzehnte später zu einer Reaktivierung der Infektion führen können. Als Impfantwort nach Hepatitis B Vakzinierung findet sich als einziger serologischer Marker anti-HBs. Personen mit persistierender HBsAgPositivität, aber niedriger HBV DNA und normalen Transaminasen sowie normaler Histologie bezeichnet man als inaktive HBsAg-Carrier (Tab. 2). Personen mit chronischer HBV-Infektion, hoher HBV DNA und in der Regel positivem HBeAg, aber dennoch normalen Transaminasen und normaler Histologie bezeichnet man als immuntolerant. Hier handelt es sich meistens um Personen mit perinatal oder frühkindlich erworbener HBV-Infektion, bei der es nach der Adoleszenz häufig zur Aktivierung einer chronischen Hepatitis B kommt. Der HBV DNA-Nachweis im Serum mittels quantitativer „real-time PCR“ (Polymerasekettenreaktion) ist heute gut standardisiert und spielt eine wichtige Rolle beim Therapiemonitoring der chronischen Hepatitis B. Vielversprechende Ansätze sind zudem die Quantifizierung von HBsAg im Serum oder von cccDNA (covalently closed circular DNA) in der Leber. Die Bestimmung der HBV-Genotypen (A – H) hat hinsichtlich natürlichem Verlauf und Therapie der Hepatitis B bisher keinen gesicherten klinischen Stellenwert. Klinik Der klinische Verlauf der HBV-Infektion ist unter anderem abhängig vom Alter zum Zeitpunkt der Infektion. Bei Neugeborenen oder Kindern verläuft die HBV-Infektion meist asymptomatisch, geht jedoch in über 90 % in eine chronische Infektion über. Bei Erwachsenen hingegen verläuft die Infektion häufig symptomatisch als akute Hepatitis B und heilt in über 90 % aus. Die akute Hepatitis B kann in seltenen Fällen (ca. 1 %) einen fulminanten Verlauf nehmen. Bei Übergang in eine chronische Hepatitis B entwickelt sich häufig eine Leberzirrhose, die mit einem hohen HCC-Risiko assoziiert ist. Therapie und Prävention Bei inaktiven HBsAg-Carriern und immuntoleranten Personen sollten die Transaminasen alle 6 Monate bestimmt werden. Abhängig vom individuellem Risikoprofil sollte auch eine HCC-Surveillance mittels Abdomen-Sonographie und Į-Foetoprotein (AFP)-Bestimmung erfolgen [4] (Abb. 3). Transaminasenerhöhung, HBV DNA sowie Entzündungsaktivität („grading“) und Fibrosegrad („staging“) in der Leberbiopsie erlauben die Indikationsstellung zur antiviralen Therapie [5, 6]. Auch bei Patienten mit Transaminasen im oberen Normbereich kann histologisch eine Entzündungsaktivität/Fibrose vorliegen, die Indikation zu einer antiviralen Therapie sein kann. Im Einzelfall sollten Therapieindikation und -modalität mit einem Spezialisten abgesprochen werden. Prinzipiell stehen zum einen pegyliertes Interferon-Į (PEG-IFN-Į) und zum anderen Nukleosid- (Lamivudin, Telbivudin, Entecavir) bzw. Nukleotidanaloga (Adefovir, Tenofovir) zur Verfügung. Beide Therapiemodalitäten haben Vor- und Nachteile, die im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden sollten. Eine besondere Herausforderung stellt heute die antivirale Resistenzentwicklung bei der Therapie mit Nukleos(t)idanaloga dar [7]. Eine genotypische Resistenzbestimmung wird in Lausanne angeboten (www.chuv.ch/ imul/imu-collaborations-hbv_resistance_testing.html). Die auf rekombinantem HBsAg basierende, sehr effektive und gut tolerierte Impfung wird heute generell empfohlen. Weitere Präventionsmaßnahmen + selten (0.1 – 2 %) – – – – + (inaktiviertes Virus) Akute Hepatitis Fulminante Hepatitis Chronische Hepatitis Zirrhose bei chron. Hepatitis HCC Therapie Vakzine – PEG-IFN-Į plus Ribavirin* + + (Hepatitis BVakzine) PEG-IFN-Į + 30 – 80 % < 10 % bei HBV-HDVKoinfektion ~ 90 % bei HDVSuperinfektion 50 – 80 % 2 – 20 % nach 20 Jahren gelegentlich + 30 – 90 HDV RNA anti-HDV parenteral extrem selten + 21 – 84 HCV RNA, Genotyp anti-HCV parenteral *Die Markteinführung einer ersten Generation spezifischer Inhibitoren der HCV-Serinprotease wird für 2011/2012 erwartet. ALT, Alanin-Aminotransferase; HCC, hepatozelluläres Karzinom; PEG-IFN-Į, pegyliertes Interferon-Į. + (rekombinantes HBsAg) PEG-IFN-Į oder Nukleos(t)idanaloga + 20 – 30 % > 90 % beim Neugeborenen < 10 % beim Erwachsenen selten (ca. 1 %) + 30 – 180 15 – 50 HBsAg od. anti-HBc Inkubationszeit (Tage) anti-HAV IgM Suchtest parenteral, sexuell, perinatal – – – nur bei Immunsuppression nur bei Immunsuppression selten (bis 20 % in Schwangerschaft) + 15 – 60 HEV RNA anti-HEV enteral HEV ([+]-Strang-RNA, Hepeviridae) HDV (zirkuläre RNA, subvirales Agens) HCV ([+]-Strang-RNA, Flaviviridae) HBV (partiell doppelsträngige DNA, Hepadnaviridae) HBeAg/anti-HBe, HBV DNA enteral Übertragung Hepatitis E Hepatitis D Hepatitis C Hepatitis B Weiterführende Tests HAV ([+]-Strang-RNA, Picornaviridae) Virus (Genom, Familie) Hepatitis A Tabelle 1 Übersicht über die Virushepatitis A-E Therapeutische Umschau 2011; 68 (4): 175 – 181 Übersichtsarbeit 177 Darius Moradpour, Hubert E. Blum Virushepatitis 178 Übersichtsarbeit Abbildung 2 Verlauf der Virushepatitiden. (A) Akute Hepatitis A. (B) Akute Hepatitis B. (C) Akute Hepatitis B mit Übergang in chronische Hepatitis B. (D) Akute Hepatitis C mit Übergang in chronische Hepatitis C. (E) HBV-HDV-Koinfektion. (F) HDV-Superinfektion. Die Hepatitis E verläuft sehr ähnlich wie die Hepatitis A. Therapeutische Umschau 2011; 68 (4): 175 – 181 Übersichtsarbeit Tabelle 2 Klassifikation der HBV-Infektion HBsAg HBeAg HBV DNA ALT HBeAg-pos. CHB + + 105 – 109 IU/ml Ĺ HBeAg-neg. CHB + – 103 – 107 IU/ml Ĺ Inaktiver HBsAg Carrier + – < 2 × 103 IU/ml normal Immuntolerant + + 107 – 1010 IU/ml normal Ausgeheilte Hepatitis B – (anti-HBs) – – normal ALT, Alanin-Aminotransferase; CHB, chronische Hepatitis B. umfassen das Screening von Blut und Blutprodukten, HBsAg-Screening in der Schwangerschaft, „safer sex“ etc. Hepatitis C Virologie und Epidemiologie Das HCV ist ein umhülltes RNA-Virus, das zur Familie der Flaviviren gehört. Es wird parenteral übertragen, vor Einführung effizienter Screening-Verfahren am häufigsten durch Blut und Blutprodukte, heute am häufigsten durch intravenösen Drogenabusus und seltener sexuell, perinatal, durch Nadelstichverletzungen sowie iatrogene oder andere Routen. In Westeuropa und in den USA sind ca. 1 – 2 % der Allgemeinbevölkerung und weltweit 120 – 180 Millionen Personen chronisch HCVinfiziert. Die HCV-Infektion stellt heute in vielen westlichen Ländern die häufigste Ursache der chronischen Hepatitis, Leberzirrhose und des HCC dar und ist die führende Indikation zur Lebertransplantation. Trotz einem Rückgang der Inzidenz von Neuinfektionen seit Anfang der 1990er-Jahre muss für die nächsten 10 – 20 Jahre mit einer weiteren Zunahme von Patienten mit den Spätfolgen der chronischen Hepatitis C gerechnet werden. Diagnostik Zur Diagnostik der Hepatitis C stehen sensitive und spezifische Enzymimmunoassays zur Verfügung (Abb. 2). Zur Therapieplanung und -überwachung sind die Analyse des HCV-Genotyps und die Quantifizierung der HCV RNA im Serum mittels „real-time PCR“ wichtig. Eine Leberbiopsie wird empfohlen, um den Grad der entzündlichen Aktivität und das Fibrosestadium zu objektivieren sowie um gegebenenfalls vorliegende Kofaktoren (z. B. Alkohol, Eisenüberladung, „nonalcoholic fatty liver disease“ [NAFLD]) zu dokumentieren. Nicht-invasive Methoden der Fibrosebestimmung werden heute aktiv exploriert und teilweise kommerziell angeboten, sind aber, insbesondere im Hinblick auf die Differenzierung intermediärer Fibrosestadien, einer Leberbiopsie noch nicht gleichwertig [8]. Klinik Die akute Hepatitis C verläuft in der Regel asymptomatisch und geht in 50 – 80 % der Fälle in eine chronische Infektion über. Auch die chronische Hepatitis C verläuft meist klinisch wenig apparent. Sie kann jedoch über viele Jahre progredient sein und innerhalb von 20 Jahren in 2 – 20 % zu einer Leberzirrhose führen. Das Risiko, auf dem Boden einer HCV-assoziierten Leberzirrhose ein HCC zu entwickeln, beträgt 1 – 6 % pro Jahr. Der natürliche Verlauf der chronischen Hepatitis C wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Mit einer häufigeren und rascheren Zirrhoseentwicklung assoziiert sind ein höheres Alter zum Zeitpunkt der Infektion, männliches Geschlecht, Alkoholkonsum, Rauchen, Koinfektionen mit HBV, HIV oder Schistosoma, NAFLD, Eisenüberladung und Immunsuppression. Ein umfassendes Management der chronischen Hepatitis C sollte diese Faktoren (Alkohol- und Nikotinkarenz, Impfung gegen Hepatitis A und B, Reduktion von Übergewicht) berücksichtigen. Therapie und Prävention Eine eindeutige Therapieindikation ist gegeben bei chronischer Hepatitis C mit einer signifikanten Fibrose in der Leberbiopsie (Metavir-Fibrosestadium F2). In anderen Fällen sollte die Indikation auf individueller Basis gestellt werden. Therapieziel ist eine anhaltende Viruselimination („sustained virological response“, SVR) am Ende einer 6-monatigen Nachbeobachtungsphase. Die Standardtherapie der chronischen Hepatitis C besteht nach wie vor in einer Kombination von PEGIFN-Į mit Ribavirin [9]. Die Therapiedauer richtet sich nach dem Genotyp (i. d. R. 48 Wochen für Genotyp 1 und 4 bzw. 24 Wochen für Genotyp 2 und 3), wobei heute eine zunehmende Individualisierung der Therapiedauer und -intensität aufgrund zusätzlicher Parameter, insbesondere dem Verlauf der Virämie unter Therapie, erfolgt („response-guided therapy“). So wird auch hier vor Therapieeinleitung eine Rücksprache mit einem Spezialisten empfohlen. Mit der PEG-IFN-Į- plus RibavirinKombinationstherapie kann eine SVR bei ca. 40 – 50 % der Genotyp 1- und bei ca. 80 % der Genotyp 2- oder 3-infi- 179 Darius Moradpour, Hubert E. Blum Virushepatitis 180 Übersichtsarbeit Klinik Abbildung 3 Natürlicher Verlauf und Management der chronischen Virushepatitis. Die Surveillance für das Auftreten eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) beginnt bei der chronischen Hepatitis B schon im Stadium der chronischen Hepatitis. Bei der Hepatitis C oder anderen chronischen Hepatitiden erfolgt sie erst im Stadium der Zirrhose. LT, Lebertransplantation. zierten Patienten erreicht werden. Genetische Polymorphismen im Bereich des IL28B-Gens korrelieren mit dem therapeutischen Ansprechen [10] und können bei schwierigen Therapieentscheiden im Einzelfall hilfreich sein. Aufbauend auf einem verbesserten Verständnis des viralen Lebenszyklus werden heute vielversprechende neue präventive und therapeutische Strategien exploriert [11]. So wird die Markteinführung der ersten Generation von spezifischen HCV-Proteaseinhibitoren für 2011/2012 erwartet [12 – 15]. Diese werden noch mit PEGIFN-Į und Ribavirin kombiniert, wobei die längerfristige Entwicklung zu IFNĮ-freien Kombinationstherapien geht. Bei Leberzirrhose im Child-Pugh Stadium B oder C ist eine Standardtherapie kontraindiziert. Für diese Patienten sollte eine Lebertransplantation erwogen werden. Bei Patienten mit Leberzirrhose sollten zur Früherkennung eines HCC alle 6 Monate eine Abdomen-Sonographie und eine AFP-Bestimmung erfolgen (Abb. 3). Hepatitis D Prinzipiell unterscheidet man die Koinfektion, bei der HBV und HDV gemeinsam übertragen werden, von der Superinfektion, bei der ein HBV-Träger mit HDV infiziert wird (Abb. 2). Die akute Hepatitis kann in beiden Fällen schwer verlaufen, mit einer Inzidenz fulminanter Verläufe von ca. 5 %, bei vorbestehender Leberschädigung bis zu 20 %. Während es bei der HBVHDV-Koinfektion im Erwachsenenalter meistens zur spontanen Elimination beider Viren kommt, geht die HDVSuperinfektion in ca. 90 % der Fälle in einen chronischen Verlauf über. Da das HDV dann in der Regel dominiert, spricht man von einer chronischen Hepatitis D. Die chronische Hepatitis D ist im Allgemeinen gekennzeichnet durch eine häufige und rasche Progression zur Leberzirrhose und ein hohes HCCRisiko. Virologie und Epidemiologie Das HDV ist ein subvirales Agens, das für die Bildung von Viruspartikeln auf das HBsAg angewiesen ist und sich deshalb nur in der Gegenwart einer HBV-Infektion propagieren kann. Die HDV-Infektion wird meist parenteral, seltener auch sexuell übertragen. Weltweit sind ca. 5 % der HBV-Träger auch mit dem HDV infiziert. Während die Prävalenz in den klassischen Endemiegebieten, insbesondere im Mittelmeerraum, abgenommen hat, wird in Mittelund Nordeuropa im Zusammenhang mit der Immigration von Patienten, insbesondere aus Osteuropa und den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, eine erneute Zunahme beobachtet [16]. Diagnostik Die Diagnostik basiert auf dem Nachweis von anti-HDV bei gleichzeitiger Positivität für HBsAg (Abb. 2). Eine aktive HDV-Infektion wird durch den Nachweis von HDV RNA im Serum bestätigt. Eine quantitative „real-time PCR“ wird in Lausanne angeboten (www.chuv.ch/imul/imu-collaborations-hbv_resistance_testing.html). Therapie und Prävention Die aktuelle Therapie besteht aus PEGIFN-Į während mindestens einem Jahr. Diese ist aber nur bei ca. 20 % der Patienten erfolgreich. Für Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose und/ oder einem limitierten HCC sollte die Möglichkeit einer Lebertransplantion evaluiert werden. Da die Transmission von HDV wie diejenige von HBV erfolgt, decken sich die Präventionsmaßnahmen für beide Viren (s. oben). Hepatitis E Virologie und Epidemiologie Das HEV ist ein kleines RNA-Virus, das enteral übertragen wird. Es ist endemisch in Teilen Asiens, Zentralamerikas und Afrikas. Man unterscheidet verschiedene Genotypen, wobei die Genotypen 1 und 2 nur beim Menschen vorkommen und vor allem in den oben genannten Endemiegebieten verbreitet sind. Die Genotypen 3 und 4 können den Menschen sowie verschiedene Nutz- und Wildtiere (unter anderem Schwein, Wildschwein, Hirsch) infizie- Therapeutische Umschau 2011; 68 (4): 175 – 181 Übersichtsarbeit ren und durch den Konsum von unzureichend gegrilltem oder gekochtem Fleisch als Zoonose übertragen werden. So unterscheidet man in westlichen Ländern importierte (meistens Genotyp 1 oder 2) von autochthonen (meistens Genotyp 3) HEV-Infektionen [17, 18]. Diagnostik Die Diagnostik der HEV-Infektion basiert auf dem serologischen Nachweis von anti-HEV. Klinik Der klinische Verlauf der HEV-Infektion ist in der Regel akut und selbstlimitierend. Die HEV-Infektion kann jedoch insbesondere bei schwangeren Frauen im 3. Trimenon fulminant verlaufen und ist dann mit einer Mortalität bis zu 20 % assoziiert. Bei immunsupprimierten Patienten, insbesondere nach Organtransplantation, können chronische Verläufe beobachtet werden [19]. Da anti-HEV bei diesen Patienten häufig negativ sind, wird in dieser Situation eine PCR zum HEV RNA-Nachweis empfohlen. Therapie und Prävention Die Therapie der akuten Hepatitis E ist supportiv. Verschiedene Impfstoffe werden zur Zeit geprüft [20]. Viral hepatitis Viral hepatitis is associated with significant morbidity and mortality worldwide. Hepatitis A and E viruses are enterally transmitted and lead to usually self-limited acute hepatitis. Hepatitis B, C and D viruses are transmitted by parenteral routes and can lead to chronic hepatitis with progression to liver cirrhosis and hepatocellular carcinoma. Here, we briefly review current understanding and new developments in the virology and epidemiology, diagnosis, natural history, therapy and prevention of viral hepatitis. Literatur 1. Martin A, Lemon SM. Hepatitis A virus: from discovery to vaccines. Hepatology 2006; 43: S164 – 72. 2. Wheeler C, Vogt TM, Armstrong GL, et al. An outbreak of hepatitis A associated with green onions. 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Korrespondenzadresse Prof. Dr. Darius Moradpour Service de Gastroentérologie et d’Hépatologie Centre Hospitalier Universitaire Vadois BU44/07/2421 Rue du Bugnon 44 CH - 1011 Lausanne [email protected] 181