Abstracts

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Neurobiologie von repetitiven und eingeschränkten Verhaltensweisen und Interessen
bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen
Gregor Kohls, Beate Herpertz-Dahlmann, Kerstin Konrad, Robert Schultz, Benjamin Yerys
Lehr- und Forschungsgebiet Klinische Neuropsychologie des Kindes- und Jugendalters,
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters,
Uniklinik RWTH Aachen
Während sich bisher die neurobiologische Forschung bei Autismus-Spektrum-Störungen
(ASS) vorwiegend auf die sozialen Defizite konzentriert, ist der Symptomkomplex der
repetitiven und eingeschränkten Verhaltensweisen und Interessen noch unzureichend
erforscht, für das Verständnis des Störungsbildes und die Entwicklung innovativer Therapien
aber gleichermaßen wichtig. Relevante Bildgebungsstudien haben sich insbesondere mit
Defiziten im kognitiven Kontrollsystem als vermeintliches neuronales Substrat von repetitiven
und eingeschränkten Verhaltensweisen und Interessen beschäftigt. Jüngste Forschung läßt
allerdings vermuten, dass dem frontostriatalen Belohnungssystem beim Herausbilden und
Aufrechterhalten von abnormen Verhaltensgewohnheiten und Interessen bei ASS eine
bedeutsame Rolle zukommen dürfte.
In dieser 3T fMRT Studie sind wir deshalb der Frage nachgegangen, inwieweit sich
eingeschränkte, repetitive Interessen bei Kindern mit ASS von Interessen typischer Kinder
neuronal unterscheiden. Insgesamt wurden 35 Patienten mit ASS und 19 gesunde
Kontrollprobanden im Alter von 9 - 18 J. untersucht. Zum Einsatz kam eine Belohnungsaufgabe, bei der korrekte Verhaltensantworten durch personalisierte Belohnungen basierend
auf individuellen Interessen verstärkt wurden oder unverstärkt blieben.
Es zeigten sich keine wesentlichen Gruppenunterschiede in Typ und Anzahl der
Interessensgebiete, aber Kinder mit ASS verfolgten ihre Interessen mit größerer Intensität
(Cohen’s d = 1.42). Die behavioralen Verhaltensmaße in der Belohnungsaufgabe
unterschieden sich nicht zwischen den beiden Gruppen. Es zeigten sich allerdings
Überaktivierungen in frontostriatalen Belohnungs- und Salienznetzwerken als neuronale
Antwort auf die individuellen Interessen bei Patienten mit ASS vs. Kontrollen (whole-brain
cluster-corrected mit p ? 0.05).
Diese Daten bestärken die Annahme, dass sowohl das Belohnungs- als auch das
Salienzsystem in die repetitiven und eingeschränkten Verhaltensweisen und Interessen bei
ASS involviert sind.
Volumenverlust des Gehirns bei Behandlungsbeginn prädiziert Gewichtsrehabilitation
bei Anorexia nervosa
Georg von Polier, Chuan Chih, Verena Mainz, Beate Herpertz-Dahlmann, Kerstin Konrad,
Jochen Seitz
Klinik für Kinder-und Jugendpsychiatrie, Uniklinik RWTH Aachen University
Ein gravierender Verlust an Hirnvolumina der grauen Substanz (GS) und weißen Substanz
(WS) wurde bei Patienten mit Anorexia nervosa (AN) in verschiedenen Studien
nachgewiesen. Ein Zusammenhang verminderter Hirnvolumina mit dem Gewichtsverlust bei
AN und eine mögliche klinische Bedeutung ist bisher unklar, ebenso wie mögliche lokale
Unterschiede der Volumenverminderung.
56 konsekutiv stationär behandelte weibliche jugendliche Patientinnen mit AN und 50
altersgleiche gesunde Kontrollprobandinnen wurden mittels struktureller MRT untersucht, die
bisher größte Studiengruppe zu dieser Fragestellung. Kortikale, subkortikale und zerebellare
Volumina der GS und WS wurden analysiert. Assoziationen dieser Volumina mit
alterskorrigierten, standardisierten Body-Maß-Indizes (BMI-SDS) bei Aufnahme sowie 1 Jahr
nach Behandlungsende wurden berechnet. Lokale Unterschiede der kortikalen GS wurden
mit Routinen in FreeSurfer analysiert.
Es zeigte sich eine globale Volumenminderung der GS und WS in der AN-Gruppe im
Vergleich zur Kontrollgruppe. Nach Kontrolle der globalen Reduktion von GS zeigten sich
keine signifikanten lokalen Volumenverluste. Kortikaler und subkortikaler Verlust von GS
sowie kortikaler WS war mit einem erniedrigten BMI-SDS bei Aufnahme assoziiert.
Reduzierte Volumina der kortikalen WS und der zerebellaren GS/WS prädizierten geringere
BMI-SDS-Werte 1 Jahr nach Behandlungsende.
Die Hirnatrophie bei der jugendlichen AN scheint ein überwiegend globaler Effekt zu sein.
Hinsichtlich des Erkrankungsverlaufes zeigten sich differentielle Effekte: Während
Veränderungen der GS den aktuellen Ernährungszustand (state) widerspiegeln könnten,
zeigten sich in unserer Untersuchung Hinweise auf ein längerfristiges Risiko bei verminderter
kortikaler WS und zerebellarer GS/WS (trait). Diese Marker waren mit einem geringeren
Gewicht 1 Jahr nach Entlassung verbunden, das mit höherer Chronifizierung einer AN
assoziiert ist.
Veränderungen von kortikaler Dicke und resting state connectivity bei Patientinnen
mit Anorexia Nervosa
Stefan Ehrlich, Ilka Böhm, Daniel Geisler, Joseph A. King, Franziska Ritschel, Maria Seidel,
Anne Schulze, Linda Berger, Richard Vettermann, Stefanie Huber, Johannes Zwipp, Gerit
Pfuhl, Michael Marxen, Eva Seeger, Jessika Weiss,Veit Rössner
Department of Child and Adolescent Psychiatry, Eating Disorder Services and Research
Center, Technische Universität Dresden, Faculty of Medicine, University Hospital C. G.
Carus, Dresden, Germany
Es bestehen schon länger Hinweise auf deutliche Veränderungen der strukturellen
Hirnarchitektur bei akuter Anorexia Nervosa (AN). Dabei blieb bislang unklar, ob die
Veränderungen regional spezifisch und reversibel sind. Auch was die funktionelle Architektur
– die Konnektivität der Hirnregionen bzw. Netzwerkeigenschaften des Gehirn bei AN angeht,
gibt es bisher nur wenige Daten.
Strukturelle MRT-Daten und Resting State fMRT-Daten wurden von ca. 105 Teilnehmern (35
akute Anorexia Nervosa Patienten (acAN), 35 gewichtsrehabilitierte AN Patientinnen (recAN)
und 35 nach Alter gematchten gesunde Probanden (HC)) erhoben. Die Analyse der
kortikalen Dicke (graue Substanz) erfolgte mittels FreeSurfer. Resting state connectivity
wurde mittels einer Independent Component Analyse mit Hilfe der Software GIFT und mit
graph-theoretischen Methoden untersucht.
Die Ergebnisse zeigen eine großflächige stark reduzierte kortikale Dicke in allen Hirnlappen
bei acAN und eine Restitution bei recAN. Subkortikal zeigte sich ein ähnliches Muster
hinsichtlich Volumina der grauen Substanz. Resting state connectivity Daten weisen auf eine
veränderte funktionelle Konnektivität insgesamt und von Teilen der Insel und des Thalamus
bei acAN im Vergleich zu HCW hin.
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass (pseudo)-atrophische Veränderungen der grauen
Substanz bei AN global und weitestgehend reversibel sind. Veränderungen der funktionellen
Hirnarchitektur lassen sich mit verschiedenen Methoden zeigen und deuten auf Insel und
Thalamus als zentrale Knotenpunkte einer veränderten funktionellen Konnektivität bei AN
hin.
Cognitive reappraisal of peer rejection in depressed versus non-depressed
adolescents: functional connectivity differences
Belinda Platt, Catherine Campbell, Anthony James, Susannah Murphy, Myra Cooper,
Jennifer Lau
Ludwig-Maximilians-Universität und University of Oxford (UK)
Depression is the most common psychiatric disorder in adolescence and is characterised by
an inability to down-regulate negative emotional responses to stress. Adult studies suggest
this may be associated with reduced functional connectivity between prefrontal and
subcortical regions, yet the neurological mechanisms in adolescence remain unclear.
We developed a novel, age-appropriate, reappraisal paradigm to investigate functional
connectivity during reappraisal of a real-life source of stress in 15 depressed and 15 nondepressed adolescents. During fMRI, participants i) attended to, and ii) implemented
reappraisal techniques (learnt prior to fMRI) in response to, rejection.
Reappraisal reduced negative mood and belief in negative thoughts in both groups alike,
however during reappraisal (versus attend) trials, depressed adolescents showed greater
connectivity between the right frontal pole and numerous subcortical and cortical regions
than non-depressed adolescents.
These findings tentatively suggest that, when instructed, depressed adolescents to have the
ability to engage neural networks involved in emotion regulation, possibly because
adolescence reflects a period of heightened plasticity. These data support the value of
cognitive reappraisal as a treatment tool, identify neural markers that could be used to
optimize current therapies, and lay the foundations for developing novel neuroscientific
techniques for the treatment of adolescent depression.
ADDUCE - Attention deficit/hyperactivity disorder drugs use chronic effects
Koordination und Rekrutierung in einer prospektiven, multizentrischen
Pharmakovigilanzstudie zum Wirkstoff Methylphenidat bei ADHS
Alexander Häge, Konstantin Mechler, Tobias Banaschewski, David Coghill, Ralf W. Dittmann
und das ADDUCE Konsortium
Arbeitsgruppe Klinische Psychopharmakologie des Kindes- und Jugendalters, Klinik für
Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Zentralinstitut für seelische
Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg.
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der häufigsten
neuropsychiatrischen Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Methylphenidat
(MPH) ist der in Europa am häufigsten verschriebene pharmakologische Wirkstoff zur
Behandlung von ADHS. Die Langzeiteffekte einer Behandlung mit MPH werden gegenwärtig
im Rahmen einer europäischen Langzeitbeobachtungsstudie untersucht, welche eine der
von der Europäischen Union geförderten internationalen Projekte ist.
Ziel ist die Durchführung einer prospektiven, 24-monatigen, multizentrischen
Pharmakovigilanzstudie zur Erfassung von Langzeiteffekten unter der Behandlung mit MPH
bei Patienten mit ADHS. Für Deutschland wurde die Untersuchung einer Population von
n=200 Patienten und n=100 Kontrollprobanden angestrebt. Zur Rekrutierung der Probanden
wurden sog. Satellitenzentren einbezogen, es erfolgten koordinierende Treffen und
regelmäßige Telefonkonferenzen. Zudem wurden Probandenaufrufe über verschiedene
Medien gestartet.
Vierzehn (von 25 eingeladenen) deutschsprachigen Zentren führten die Rekrutierung bis
Ende August 2014 durch. Insgesamt konnten n=184 Probanden rekrutiert werden (Mittelwert
pro Zentrum = 13,1; Range = 0 – 73). Im Vergleich wurden aus anderen europäischen
Ländern folgende Rekrutierungszahlen berichtet: Ungarn n=543 (1 Zentrum); Italien n=363
(5 Zentren); Großbritannien n=307 (7 Zentren).
Die Rekrutierung einer umfangreichen Studienpopulation für nicht-interventionelle,
multizentrische Studien im kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich erfordert intensive
Vorbereitung und Koordination. In dem vorgestellten Projekt konnte eine große Zahl an
Satellitenzentren im deutschsprachigen Raum einbezogen werden. Gleichwohl ergaben sich
Rekrutierungszahlen, die hinter denen europäischer Nachbarländer zurückblieben. Gründe
hierfür dürften insbesondere auf Unterschiede zwischen den beteiligten europäischen
Ländern im Gesundheitssystem, in personellen Ressourcen und dem finanziellen Aufwand
für die Durchführung, in Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit öffentlichen Institutionen
und der grundsätzlichen Bereitschaft in der Bevölkerung zur Teilnahme an klinischen Studien
zurückzuführen sein.
AIMAC–Studie: Sequentielle Behandlung von ADHS bei Mutter und Kind: Die
Bedeutung der Interventionsphasen für den Therapieerfolg – Befunde einer
Sekundäranalyse
Christopher Hautmann, Christian Jacob, Thomas Jans, Klaus Hennighausen, Michael
Rösler, Susann Hänig, Esther Sobanski, Luise Poustka, Michael Colla, Viola Kappel,
Alexandra Philipsen & Manfred Döpfner
Wenn nicht nur das Kind, sondern auch die Mutter unter einer Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leidet, scheint die Wirksamkeit von Elterntrainings häufig
reduziert. In der Kontrollgruppenstudie AIMAC (ADHD in mothers and children) wurde daher
versucht, für diese Familien den Therapieerfolg von Elterntrainings durch eine zusätzliche
Vorbehandlung der ADHS-Symptomatik der Mütter zu verbessern. Ziel der Sekundäranalyse
war es, für die beiden Behandlungsgruppen (mit bzw. ohne Vorbehandlung der Mutter) den
jeweiligen Stellenwert der Interventionsphasen herauszuarbeiten.
In die Studie wurden 144 Familien mit Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren eingeschlossen.
Die Familien wurden randomisiert einer von zwei Behandlungsbedingungen zugeordnet. In
Behandlungsphase 1 erhielten die Mütter der Experimentalgruppe eine spezifische
Behandlung der eigenen ADHS-Symptomatik (Gruppentherapie und Medikation), Mütter der
Kontrollgruppe hingegen bekamen lediglich stützende Gespräche. In Behandlungsphase 2
erhielten beide Behandlungsgruppen zusätzlich ein Elterntraining für Kinder mit ADHS.
Werden therapeutische Veränderungen in Behandlungsphase 1 und 2 miteinander
verglichen (separat für die beiden Behandlungsgruppen), können häufig keine signifikanten
Unterschiede ermittelt werden. Für die Experimentalgruppe zeigten sich allerdings stärkere
Veränderungen in Phase 1 (Vorbehandlung Mutter) bezogen auf die ADHS-Symptomatik der
Mutter und in der Kontrollgruppe in Phase 2 (Elterntraining) bezogen auf die
Verhaltensprobleme des Kindes.
Die stärkere Reduktion der Verhaltensprobleme des Kindes während des Elterntrainings in
der Kontrollgruppe spricht – im Sinne eines Eigenkontrollgruppenansatzes – für die
Wirksamkeit dieser Intervention auch für Mütter mit ADHS. Bezogen auf andere
Symptombereiche konnte für die Kontrollgruppe ein solcher Effekt sonst nicht nachgewiesen
werden (z. B. ADHS beim Kind). Die Befunde werden mit denen der Experimentalgruppe
kontrastiert und im Kontext der aktuellen empirischen Studien zu dem Thema diskutiert.
FEEDBACK II
Erwerb von Selbstkontrolle langsamer kortikaler Potentiale bei Kindern mit ADHS
Daniel Brandeis, Pascal Aggensteiner, Ute Strehl, Martin Holtmann, FEEDBACK consortium
Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Zentralinstitut für seelische Gesundheit
Mannheim/ Universität Heidelberg, und Kinder- und Jugendpsychiatrie, Universität Zürich
Neurofeedback zielt auf die Regulation neurophysiologischer Abweichungen bei Kindern mit
ADHS ab. Beim Training langsamer kortikaler Potentiale (LP) wird Kontrolle über die
langsamer Hirnaktivität, welche mit der Aufmerksamkeitsregulation zusammenhängt, geübt.
Trotz beachtlicher Evidenz für eine klinische Wirksamkeit berichten nur wenige Studien über
den Erwerb von Selbstkontrolle beim LP-Feedback. Hier werden dazu vorläufige Ergebnisse
aus einer multizentrischen, randomisierten klinischen Studie (ISRCTN761871859)
vorgestellt.
Kinder mit ADHS (n=144, Alter 8-12J) wurden in LP- und Elektromyogramm (EMG)Feedback Gruppen (jeweils 25 Trainingssitzungen) randomisiert. Die LP-Feedback Gruppe
regulierte langsame EEG Potentiale an Cz, die EMG-Biofeedback Kontrollgruppe
elektromyographische Aktivität des linken and rechten musculus supraspinatus. Jede
Trainingssitzung bestand aus drei Durchläufen mit visuellem Feedback plus einem ohne
(Transferbedingung). Die
LP Selbstregulationsleistung wurde anhand gemittelter
Amplitudenverschiebungen zwischen 4-8s berechnet (Mittelwert über Sitzungen, um
Differenzierung zwischen den Polaritäten, und Regression über Sitzungen, um Lernen zu
erfassen, separat für Positivierung/Negativierung/Feedback/Transfer).
Zum Gruppenvergleich waren vollständige Daten von 60 Neurofeedback und 57 EMG
Teilnehmern verfügbar. Die ANOVA der Feedback- LP- Amplituden ergab eine signifikante
Interaktion zwischen Verschiebungsrichtung (Polarität resp. Seite) und Gruppe. Nur die LPFeedback Gruppe differenzierte zwischen den Verschiebungsrichtungen und erzielte
negative Amplituden bei Negativierungs- und positive bei Positivierungstrials. Nur 40% der
LP- Gruppe verbesserten auch ihre Selbstregulationsleistung (Negativierung mit Feedback)
im Verlauf des Trainings (“Lernen”). Diese Teilgruppe zeigte auch eine geringere
Negativierung zum Zeitpunkt des Trainingsbeginns.
Diese Ergebnisse können mit unterschiedlichem Spielraum für Verbesserung interpretiert
werden. Sie weisen darauf hin, dass die initiale Fähigkeit, die Hirnzustände zu differenzieren,
die Möglichkeit zur weiteren Steigerung der Selbstregulationsleistung begrenzt.
Die Entwicklung von Waiting Impulsivity - erste Einblicke in eine translationale
Bildgebungsstudie
Dr. Susanne Neufang
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie,
Universitätsklinikum Würzburg
Waiting Impulsivity ist ein Unterbereich der Impulskontrolle und beschreibt ein voreiliges,
vorweggreifendes Antwortverhalten, d.h. die Tendenz zu antworten, bevor ein Startsignal
ertönt ist. Dieses Konzept wurde in vielzähligen präklinischen Tierstudien im Kontext von
Suchterkrankungen sowie Aufmerksamkeitsstörungen untersucht. Erste Verhaltensdaten aus
Humanstudien wurden im letzten Jahr veröffentlicht.
Als Untersuchungsparadigma dient dabei der Five-Choice Serial Reaction Time Task (5CSRTT). Es ist ein Model von visuell-räumlicher Aufmerksamkeit und motorischer
Impulsivität, in dem die Fähigkeit zur Inhibition anhand von visueller Distraktion und
Belohnung experimentell manipuliert wird.
In diesem Vortrag werden erste Ergebnisse einer Pilotstudie vorgestellt, in welcher der 5CSRTT erstmals als fMRT-Paradigma verwandt wurde. Die mit dem 5-CSRTT-assoziierten
Hirnnetzwerke werden weiterhin im Hinblick auf eine laufende, translationale
Entwicklungsstudie diskutiert.
Atopische Dermatitis (AD) und Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung
(ADHS): Methylphenidat (MP) moduliert atopie-typische pathophysiologische
Parameter
Glemnitz Martin (1), Wölfer Wiebke (1, 2), Krauel Kerstin (2), Bonnekoh Bernd (1), Röttger
Ulrike (2), Gollnick Harald (1), Flechtner Hans-Henning (2), Ambach Andreas (1)
(1) Klinik für Dermatologie und Venerologie. (2) Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg
Kürzlich konnten wir einen signifikanten Anstieg AD-typischer pathophysiologischer
Parameter bei ADHS-Kindern im Vergleich zu gesunden Kontrollen (GK) nachweisen. Diese
Datenbasis wurde erweitert und nach einem möglichen Einfluss einer MP-Therapie (Ritalin)
auf diese Parameter gefragt.
Gesamt-IgE-Spiegel, eosinophiles kationisches Protein (ECP) und Tryptase (PharmaciaCAP-System), Eosinophile (%) und der Anteil Perforin-haltiger CD8 stark positiver T-Zellen
(zTL) vor/nach Iomomycin/PMA-Stimulation (Durchflusszytometrie) wurde bei 21 MPbehandelten ADHS-Kindern, 12 AD-Kinder und 9 GK ohne atopischen/psychiatrischen
Hintergrund bestimmt. Eine Untergruppe von 14 ADHS-Patienten/innen wurden vor und nach
einer Therapiepause von 42±5 Tagen untersucht.
3/33 Kindern litten an AD und ADHS und wurden nicht weiter analysiert. Beide
Patientengruppen zeigten signifikant höhere (i) IgE-Serumspiegel (185±305 and 375±745;
GK: 33±51kU/l), (ii) Eosinophile (6.4±8% und 8.7±6%; GK: 1.9±1%) und (iii) ECP-Spiegel
(27±26 und 44±26; GK: 12±7 µg/l). ZTL von AD- und ADHS-Kindern setzten ihre PerforinGranula signifikant schneller frei als GK-zTL. Während der MP-Therapiepause kam es zu
folgenden signifikanten Veränderungen: Der Prozentsatz Perforin-positiver Lymphozyten und
der Serum-Tryptasespiegel stiegen an, die Ionomycin/PMA-stimulierte Perforin-Freisetzung
aus zTL verlangsamte sich. Beide letztgenannten Parameter korrelierten positiv (Pearson,
SPSS). Veränderungen von IgE- und ECP-Spiegel nach der Therapiepause korrelierten
ebenfalls positiv.
Unsere Daten erweitern und ergänzen eigene Ergebnisse und weisen auf eine unerwartet
enge pathophysiologische Verbindung zwischen AD und ADHS. Beide Entitäten zeigten eine
beschleunigte Freisetzung des Perforin-Granulasystems, welche als IgE-regulierendes
System zur erhöhten Disposition für IgE-mediierte atopische Erkrankungen beitragen könnte.
Überraschenderweise scheint eine MP-Behandlung granula-basierte Mechanismen
(Tryptase, Perforin) zu beeinflussen. Man könnte spekulieren, dass ein Teil des MP-Benefits
auch auf Beeinflussung von Granulatransportmechanismen im ZNS beruht.
Oligoantigene Diät bei ADHS – Durchführung und Wirksamkeit
Christian Fleischhaker, Nicola Blazynski, Christina Clement, Klaus Hennighausen, Katja
Schneider-Momm, Magdalena Weiblen, Hans-Willi Clement, Eberhard Schulz
Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im
Kindes- und Jugendalter
Ein möglicher Zusammenhang zwischen hyperkinetischem Verhalten und Nahrungsmitteln
wurde in der Literatur bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts erwähnt. Shannon
beschrieb 1922 vermehrte Unruhe und Schlafstörungen bei Kindern und beobachtete eine
Nahrungsmittelallergie.
Die Metaanalyse von Sonuga-Barke (2013) fasst alle nichtpharmakologischen Interventionen
bei ADHS sehr kritisch zusammen, darunter auch die oligoantigene Diät. Darunter sind
Arbeiten der Gruppe von Buitelaar aus den Niederlanden, die mit Effektstärken zwischen 3
und 6 herausstechen. Übliche Effektstärken liegen für Verhaltenstherapie bei etwa 1,5 und
für medikamentöse Behandlung mit Stimulantien zwischen 1 und 2.
Ziel der vorliegenden Studie ist zu evaluieren, ob unter einer standardisierten oligoantigenen
Diät bei Kindern mit ADHS, die Symptome reduziert werden können und ob die Etablierung
der Diät in Freiburg nach niederländischem Vorbild möglich ist.
In dieser Studie, die insgesamt über (ungefähr)16 Wochen laufen wird, möchten wir
herausfinden, ob die Symptomatik der ADHS eine Reaktion auf bestimmte Nahrungsmittel
ist. Zum Ende der Diät steht für jedes Kind eine eigene Ernährungsempfehlung, die im Alltag
leicht umzusetzen ist und die Symptomatik der ADHS im besten Fall völlig verschwinden
lässt.
Einbezogen werden 50 PatientInnen im Alter von 7-18 Jahren mit der Diagnose ADHS, die
mindestens in der 2. Klasse einer allgemeinbildenden Schule sind. Die Studie erfolgt in
ambulanter Form. Responder zeigen eine mindestens 30%ige Reduktion in der ADHDRating Scale (Eltern-Interview) im Vergleich vor- und nach der oligoantigenen Diät.
Es werden die Erfahrungen mit den ersten Patienten präsentiert und im Licht der
vorhandenen Literatur diskutiert.
Der Stellenwert der Diät im klinischen Alltag wird dargestellt.
Exekutive Funktionen von Kindern mit early-onset Anorexia Nervosa
Betteke van Noort, Ernst Pfeiffer, Ulrike Lehmkuhl, Viola Kappel
Charité-Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
des Kindes- und Jugendalters
Jugendliche und Erwachsene mit Anorexia nervosa (AN) zeigen leichte Beeinträchtigungen
der exekutiven Funktionen, die auch nach Gewichtsrehabilitation bestehen bleiben. Diese
Beeinträchtigungen werden als kognitive Endophänotypen für AN diskutiert; sie würden
demnach eine Rolle in der Entstehung der AN spielen. Da die späte Kindheit eine sensible
Entwicklungsphase darstellt, kann AN vor allem bei Kindern die unterhalb des 14.
Lebensjahres an einer AN erkranken (sogenanntes early-onset AN) ernsthafte Folgen für die
allgemeine und kognitive Hirnentwicklung haben. Ziel dieser Studie ist es daher, das
kognitive Profil von Kindern mit EO-AN im Vergleich zu gesunden Kontrollprobandinnen und
im Vergleich zu Jugendlichen mit AN zu untersuchen und mögliche Effekte der AN auf
kognitive Fähigkeiten zu evaluieren.
Es wurden 30 Kinder mit EO-AN im Alter von 9 bis 14 Jahren und 30 Jugendliche mit AN im
Alter von 15 bis 18 Jahren in die Untersuchung eingeschlossen. Zusätzlich wurden 60
gesunde altersparallelisierte Kontrollprobandinnen rekrutiert. Alle Probandinnen wurden mit
dem „Ravello Profil“ (van Noort et al., 2013) untersucht. Dieses beinhaltet
neuropsychologische Tests um folgende kognitive Fähigkeiten zu erfassen: Flexibilität,
zentrale Kohärenz, Planung, Inhibition und visuell-räumliches Langzeitgedächtnis. Zusätzlich
wurden ein Fragebogen zur Erfassung der exekutiven Funktionen im Alltag (BRIEF) und
psychometrische Fragebögen zur Erfassung der Psychopathologie (STAI-T, ChOCI, DIKJ)
eingesetzt. Zur statistischen Auswertung wurden einfaktorielle ANOVAs mit Kontrasten
herangezogen.
In diesem Beitrag werden die Ergebnisse der endgültigen Analysen dargestellt. Vorläufige
Auswertungen deuten darauf hin, dass Kinder mit AN ein altersentsprechendes kognitives
Profil zeigen.
Beeinträchtigungen der exekutiven Funktionen bei Patientinnen mit AN entwickeln sich
möglicherweise erst nach längerem Krankheitsverlauf.
Sättigungsfaktoren des Lipidstoffwechsels bei Anorexia Nervosa
Hans-Willi Clement, Eva Marie Lüttgen, Bettina Lange, Christian Fleischhaker, Shulman
Gerald, Eberhard Schulz
Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im
Kindes- und Jugendalter
Die Wahrnehmung von Hunger und Sattheit im Gehirn dient der kurzfristigen Kontrolle der
Nahrungsaufnahme
und
der
langfristigen
Regulation
von
Energiereserven.
Sättigungsfaktoren wie das Leptin, das bei Anorexia nervosa (AN) pathologisch verändert ist,
spielen dabei eine wesentliche Rolle. In dieser Untersuchung werden erste Ergebnisse zu
den Sättigungsfaktoren Phosphatidylethanolamin (PE), N-Acylphosphatidylethanolamin
(NAPE) und N-Acylethanolamin (NAE) bei AN vorgestellt.
Bei 20 jugendlichen Anorexiepatientinnen im Vergleich zu 20 gesunden jungen Frauen
wurden Sättigungsfaktoren in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme untersucht. Die
genannten Substanzen wurden neben den bereits häufig beschriebenen Peptidhormonen
Leptin und Ghrelin vor sowie eine Stunde nach Einnahme eines Testfrühstücks im Plasma
gemessen. Die Analyse der Plasmaspiegel erfolgte für die Phospholipidderivate über eine
kombinierte Flüssigkeitschromatographie und Tandem-Massenspektrometrie, für Leptin und
Ghrelin mittels enzymgekoppeltem Immunoassay.
Die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigen die vorbeschriebenen erniedrigten Leptin- sowie
erhöhten Ghrelinspiegel bei Anorexiepatientinnen gegenüber gesunden Frauen. Die
Gesamtkonzentration von NAPE und NAE lag bei den Anorexiepatientinnen prä- sowie
postprandial signifikant niedriger als bei den Gesunden. Postprandial kam es zu
unterschiedlichen Veränderungen. Im Rahmen dieser Arbeit werden erstmals signifikant
erhöhte PE-Plasmaspiegel bei 11 jugendlichen Anorexiepatientinnen gegenüber gesunden
jungen Frauen aufgezeigt. Zudem ließ sich in der Anorexiegruppe eine signifikante Zunahme
der PE-Gesamtkonzentration und einiger PE-Spezies nach der Nahrungsaufnahme
feststellen, welche bei den gesunden Probandinnen nicht auftrat.
Die Beobachtungen lassen annehmen, dass sich die Plasmaspiegel der bei jugendlichen
Patientinnen mit Anorexia nervosa von denen gesunder junger Frauen signifikant
unterscheiden und dass PE, NAPE und NAE als Signalmoleküle womöglich eine Rolle bei
der Regulation der Nahrungsaufnahme beim Menschen spielen.
Die erhöhte Vigilanz bei Kindern mit Atopischer Dermatitis (AD) und/ oder
Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) basiert auf Alterationen
intrazellulärer Granula
Wölfer Wiebke, Krauel Kerstin, Bonnekoh Bernd, Röttger Ulrike, Gollnick Harald, Flechtner
Hans-Henning, Ambach Andreas
Klinik für Dermatologie und Venerologie, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Otto-vonGuericke-Universität, Magdeburg
Die AD gilt als unabhängiger Risikofaktor für das ADHS. Beziehungen beider Entitäten auf
zellbiologischer Ebene sind nicht bekannt. Bei Atopikern führen übersteigerte
Vigilanzmechanismen des Haut- und Immunsystems zu überschießenden Reaktionen auf
externe Reize. Zellbiologisches Korrelat sind alterierte Granulafreisetzungsprozesse. Bei
ADHS können externe Reize zu übersteigerten ZNS-Reaktionen führen.
18 stationäre ADHS-Patienten/innen, 14 AD-Kinder und 8 Normalpersonen (NP) ohne
atopischen/psychiatrischen Hintergrund; drei Untersuchungsmodule: A) Dermatoallergologisch: Erlanger Atopie Score (EAS), SCORAD, Pricktest; B) Kinderpsychiatrisch:
Alertness/Vigilanz (Psytest-TAP2.3), Fragebögen(CBCL, DISYPSII-ADHS, JTCI); C)
Laborchemisch: Gesamt-IgE, Eosinophiles Kationisches Protein (ECP), Tryptase,
Differentialblutbild, Freisetzungsgeschwindigkeit perforinhaltiger Granula CD8pos T-Zellen
mittels Durchflusszytometrie.
Modul A) 3/18 ADHS-Kinder litten an AD und wurden ausgeschlossen. 14/15 zeigten einen
weißen Dermographismus, der EAS betrug 9±3 (atopische Hautdiathese: unklar). 9/14 ADKindern litten unter ausgeprägten Krankheitssymptomen (SCORAD > 10, EAS 15±5). Modul
B) Alertness: AD- und ADHS-Kinder reagierten signifikant langsamer und fehlerhafter als NP.
Vigilanz: Atopiker zeigten eine verlängerte Reaktionszeit im NP-Vergleich mit weniger Fehler
als ADHS-Kinder. Modul C) ADHS- und AD-Kinder hatten gegenüber NP erhöhte (i) IgEWerte (250±360kU/l, 560±850kU/l), (ii) Eosinophile (8.7±9%, 8,9±6%), (iii) ECP-Level
(30±29ng/ml, 48±47ng/ml), ADHS-Patienten/innen erhöhte Tryptase-Werte (7,4±5,5mg/l).
AD- und ADHS-Kinder setzten Perforin-Granula signifikant schneller frei als NP (p< 0,05).
Unsere Daten zeigen erstmals zellbiologische Gemeinsamkeiten von AD/ADHS und
unterstützen damit genannte epidemiologische Arbeiten. Die TAP-Ergebnisse sind vereinbar
mit der Hypothese zelltyp-übergreifender Granula-Alterationen bei AD als Ursache der
Vigilanzsteigerung von Haut, Immun- und Nervensystem. Die erstmals nachgewiesenen
gestörten Granulatransportmechanismen bei ADHS-Kindern eröffnen neue Blickwinkel auf
deren Pathophysiologie. Da Perforin IgE mitreguliert, könnte der Perforindefekt zur
gesteigerten Empfänglichkeit der ADHS-Kinder für Atopie beitragen.
Impulsivität und Körpergewicht bei jugendlichen, psychiatrischen Patienten
Natalie Deux, Adrian Meule, Franziska Martin, Anna-Maria Kuhlwilm, Johannes Hebebrand,
Martin Holtmann, Tanja Legenbauer
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, LWLUniversitätsklinik Hamm der Ruhr-Universität Bochum, Hamm
Eine erhöhte Impulsivität gilt als ein Risikofaktor für eine Vielzahl von psychischen
Erkrankungen wie z.B. Substanzgebrauchsstörungen, ADHS oder Persönlichkeitsstörungen.
Ebenso werden Gewichts- und Essstörungen wie Adipositas oder die Binge Eating Störung
mit Impulsivität in Verbindung gebracht. Neben dem Einfluss einer generellen Impulsivität auf
den Gewichtsstatus scheint auch eine speziell nahrungsspezifische Impulsivität einen
Einfluss aufzuweisen. Ziel der aktuellen Studie ist es impulsivitätsbezogene Variablen zu
identifizieren, die eine Vorhersage des Gewichtsstatus bei Jugendlichen erlauben. Zudem
interessiert ein möglicher moderierender Einfluss des Essverhaltens auf diese
Zusammenhänge.
Bisher wurden 53 stationäre Patienten (n = 31 (45%) Mädchen, n = 22 (32%) Jungen; Alter
M = 15.3 Jahre, SD = 1.7; BMI Perzentil M = 69.3, SD = 28.5) einer kinder- und
jugendpsychiatrischen Klinik untersucht. Diese bearbeiteten zur Erfassung der generellen
Impulsivität die Barratt Impulsiveness Scale, zur Erhebung des Essverhaltens die Skala
Störbarkeit des Essverhaltens und den Food Cravings Questionnaire – Trait sowie weitere
Fragebögen. Zur Messung der nahrungsspezifischen Impulsivität führten die Patienten eine
computergestützte Go/no-go Aufgabe durch, in der je nach Bedingung eine Reaktion auf
neutrale vs. nahrungsbezogene und niedrig- vs. hochkalorische Bilder gefordert war. Ferner
wurde das Körpergewicht und die Größe der Patienten zur Berechnung des BMI gemessen
und eine bioelektrische Impedanzanalyse zur Messung des Körperfettanteiles durchgeführt.
Eine Zwischenauswertung der laufenden Studie zeigte bisher keine vermuteten signifikanten
positiven Zusammenhänge zwischen dem Gewichtsstatus und der generellen sowie
nahrungsspezifischen Impulsivität. Auch wurde bisher kein moderierender Einfluss des
Essverhaltens festgestellt.
Nach Abschluss der Datenerhebung werden auf dem Poster die Daten der Endstichprobe
präsentiert.
Selbstkontrolle bei adoleszenten Patientinnen mit Anorexia nervosa
Franziska Ritschel, Daniel Geisler, Joseph King, Ilka Boehm, Maria Seidel, Anne Schulze,
Fabio Bernadoni, Stephan Ripke, Michael Smolka, Veit Rössner, Stefan Ehrlich
Kinder- und Jugendpsychiatrie, Medizinische Fakultät der TU Dresden
Patienten mit Anorexia nervosa (AN) werden durch sehr niedriges Körpergewicht
charakterisiert. Trotzdem sind sie in der Lage unmittelbare Belohnungen (Essen) für
langfristige Ziele (dünne Figur) aufzugeben. Das erfordert ein ungewöhnlich hohes Maß an
Selbstkontrolle. Diese Beobachtung des klinischen Alltags kann im Rahmen des delaydiscounting-Dilemmas untersucht werden.
Das Ziel der Studie ist ein Vergleich von discounting Verhalten bei jungen, gesunden
Kontrollprobanden mit jungen AN-Patientinnen sowie mit gewichtsrehabilitierten ANProbandinnen (Querschnittsdesign). Zusätzlich wurden AN-Patientinnen nach kurzzeitiger
Gewichtsrehabilitation erneut untersucht (Längsschnittdesign).
Wir nutzten eine monetäre Aufgabe zum Belohnungsaufschub (delayed reward choice task),
um den temporalen discounting Faktor (k) zu ermitteln. Dieser zeigt an, ob ein Individuum
einen festgelegten, sofortigen Betrag gegenüber einem relativ höheren, späteren Betrag
bevorzugt. Die Fläche unter der Kurve (AUC) wurde als Konsistenzmaß genutzt.
Individuelle k- und AUC-Werte wurden anhand einer ANOVA verglichen. Bei der Analyse der
kompletten Stichprobe (mit Alter als Kovariate) wurden keine Gruppenunterschiede
hinsichtlich k und AUC gefunden. Auch in einer altersangepassten Stichprobe und in der
Längsschnittanalyse ergaben sich keine Unterschiede. Der discounting Paramter k
korrelierte jedoch mit selbst berichteter Impulsivität.
Die Annahme, dass es Unterschiede im delay discounting zwischen Patientinnen mit AN und
Kontrollprobandinnen gibt, wird durch unsere Studie nicht gestützt. Eine frühere Studie fand
verringertes delay discounting bei erwachsenen Patientinnen mit AN (Steinglass et al.,
2012). Unterschiede zwischen unserer und der vorherigen Studie könnten durch die
unterschiedliche Altersspanne und die Chronizität der Patientenstichprobe erklärt werden.
Nachfolgende Studien sollten störungsspezifische Stimuli nutzen, um die Rolle von delay
discounting bei AN weiter aufklären zu können.
Langzeitverlauf kindlicher nicht organischer Schlafstörungen
F. Al-Sulaihi, Dirk Alfer, Gerd Lehmkuhl
F. Al-Sulaihi
Ziel der Erhebung war die Erfassung des Verlaufs nicht organischer Schlafstörungen im
Kindes- und Jugendalter im Zusammenhang mit komorbiden Erkrankungen. Nicht
organische Schlafstörungen im Kindesalter sind häufig, das zeigten auch die ersten
Erhebungen der epidemiologischen Studie Gesunder Schlaf Kölner Kinder (GSKK). In Follow
Up Befragungen nach 1 bzw. 2 Jahren zeigte sich bei rund 2/3 der Fälle mit Ein/Durchschlafproblemen fortbestehende Probleme. Welche schlafbezogenen und
psychischen Auffälligkeiten im fortgeschrittenen Jugendalter (10 Jahre später) bestehen, war
Gegenstand der hier vorgestellten Untersuchung
Innerhalb der GSKK Studie konnte eine Teilstichprobe der ersten Kohorte (Erstklässler in
2002) 2003 mit strukturierten Telefoninterviews befragt werden. 10 Jahre später (2013)
führten wir erneute Telefoninterviews durch. Beschreibung der Probandengruppe:
Gesamtzahl n = 30, Alter zwischen 16 und 17 Jahren, gleichmäßige Geschlechtsverteilung,
2/3 wiesen 2003 Insomnie- oder Hypersomnie-Diagnosekriterien auf, 1/3 hatte Alpträume.
Hypothesen: a) Frühere Insomnien sind ein Risikofaktor für Insomnien im Jugendalter.
b) Insomnien im Kindesalter sind ein Risikofaktor für Verhaltensauffälligkeiten im
Jugendalter. Instrumente: Kölner Schlafinventar, Interviews und Fragebögen zur Selbst- und
Fremdbeurteilung
Zu Hypothese a): auffällig ist, dass 30% der Befragten weiterhin unter mindestens einer
Form von Schlafstörung leiden, zu Hypothese b): auffällig ist, dass 26,6% Diagnosekriterien
für eine Depression aufweisen.
Auch wenn in dieser Untersuchung nur ein kleiner Teil der ursprünglich befragten
repräsentativen Stichprobe erreicht werden konnte, unterstützen unsere Ergebnisse die
Hypothesen, dass bei nicht organischen Schlafstörungen im Kindesalter ein erhöhtes Risiko
für >10 Jahre fortbestehende Schlafstörungen und für weitere psychische insbesondere
depressive Auffälligkeiten in der Zukunft besteht.
Isonmie und Tagesmüdigkeit im Kindes- und Jugendalter, Zusammenhänge mit
psychosozialen Auffälligkeiten
A. Stadtbäumer, Dirk.Alfer, Leonie Fricke-Oerkermann, Alfred Wiater, Gerd Lehmkuhl
Gerd Lehmkuhl
In wie weit besteht eine Assoziation von Insomniebeschwerden und Tagesmüdigkeit mit
psychosozialen Auffälligkeiten bei präadoleszenten Kölner Schulkindern.
Im Rahmen der epidemiologischen Studie Gesunder Schlaf für Kölner Kinder wurde eine
Kohorte von Viertklässlern und ihren Eltern zwei Jahre nach der ersten Erhebung erneut
befragt. Die Kinder waren im Alter im Mittel 12 Jahre alt. Die Daten wurden anhand eines
selbst konzipierten Fragebogens erhoben
Bei einer Rücklaufquote von 36,2 % erhielten wir Fragebögen von 1340 Schülern.
Insomniebeschwerden und Tagesmüdigkeit
waren häufig. Bei Kindern
mit
Insomniebeschwerden deutlicher noch bei Kindern, die tagsüber müde waren, zeigte sich ein
erhöhtes Risiko für auffällige Werte im SDQ, d.h. für psychosoziale Auffälligkeiten
Bei präadoleszenten Kindern, welche über Beeinträchtigzungen von Schlaf- und
Tagesempfindlichkeit klagen, ist auf weitere psychosoziale Probleme und Störungen zu
achten. Umgekehrt ist auch beim Vorliegen psychischer Störungen zu ermitteln, ob und
welche schlafbezogenen Beeinträchtigungen vorliegen. Auffälligkeiten bedürfen ggf. der
weiteren Abklärung und Behandlung, wobei Behandlungsangebote abhängig von Bedarf und
verfügbaren Ressourcen auch stufenweise gegeben werden können, dazu sind klinische
Algorithmen, Einzelinstrumente/modale Manuale verfügbar.
Longitudinale Interaktion von BMI und Leptin bei Anorexia Nervosa - State, Trait und
Prädiktion.
Jochen Seitz, Katharina Bühren, Ronald Biemann, Nina Timmesfeld, Ernst Pfeiffer, Karin
Egberts, Christian Fleischhaker, Christoph Wewetzer, Johannes Hebebrand, Beate HerpertzDahlmann, Manuel Föcker
Universitätsklinikum RWTH Aachen, Klinik
Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters
für
Psychiatrie,
Psychotherapie
und
Bisherige Studien zu Leptin bei Anorexia Nervosa (AN) an kleinen Stichproben ließen
vermuten, dass eine schnelle Gewichtszunahme während der Behandlung zu einem
erhöhten Leptin bei Entlassung führen. Diese Leptin-Erhöhung könnte auf Grund von
erhöhtem Energiebedarf einen unabhängigen Risikofaktor für einen Gewichtsverlust nach
Entlassung darstellen.
Wir überprüften diese Hypothese an Hand von 150 adoleszenten Patientinnen mit Anorexia
Nervosa, deren Serum-Leptin longitudinal im Rahmen der multizentrischen ANDI-Studie
bestimmt wurde. Es liegen Werte von 150 Patientinnen bei Aufnahme, 130 bei Entlassung,
116 nach 1 Jahr und 81 nach 2.5 Jahren sowie einmalig von 50 gesunden Kontrollen vor.
Lineare Regression von Leptin bei Entlassung zeigte eine Abhängigkeit vom aktuellen BMI,
dem prämorbiden BMI sowie der Gewichtszunahme während der Therapie, nicht jedoch der
Zunahmegeschwindigkeit. Bei der linearen Regression des BMI bei 1 Jahr erklährte Leptin
nur 0.8% der Varianz, wenn für BMI bei Entlassung und Alter korrigiert wurde.
Leptin zeigte sich primär vom aktuellen BMI (statischer State-Effekt), von der jeweils
vorhergehenden BMI-Veränderung (dynamischer State-Effekt) sowie der Konstitution
(prämorbider BMI, trait) beeinflusst.
Einen unabhängigen Einfluss einer erhöhten
Geschwindigkeit bei der Gewichtszunahme auf Leptin konnten wir nicht nachweisen. Leptin
spielte in linearen Modellen keine signifikante Rolle bei der Prädiktion des weiteren BMIVerlaufes bei AN. Aktuell überprüfen wir zusätzlich nicht-lineare Interaktionen und
Moderator-Effekte von Untergruppen.
Intraindividuelle Schwankungen der ADHS-Symptomatik im Alltag von Jugendlichen:
Symptomstruktur und Zusammenhänge zum Affekt
Johanna Schmid, Gertraud Stadler, Judith Dirk, Christiane Fiege, Caterina Gawrilow
Eberhard Karls Universität Tübingen, IDeA-Zentrum Frankfurt/ Main, LEAD-Graduate School
Die bisherige Forschung zur Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und
komorbiden Schwierigkeiten beschränkt sich weitgehend darauf, Symptomausprägungen als
zeitlich relativ stabil zu betrachten. Allerdings zeigen ADHS-Symptomen zugrundeliegende
exekutive Dysfunktionen und im Klassenzimmer beobachtete Symptome starke
intraindividuelle Schwankungen (Helps et al., 2011; Imeraj et al., 2013). Aufbauend
untersucht die vorliegende Studie, inwiefern die von Jugendlichen selbst wahrgenommene
Symptomatik intraindividuelle Schwankungen von Tag zu Tag aufweist und in welchem
Zusammenhang diese Schwankungen auf Ebene innerhalb von Personen mit tagtäglich
berichtetem Affekt stehen.
Die Studie folgt einem intensiven längsschnittlichen Untersuchungsdesign. ADHSSymptomatik und Affekt von 166 teilnehmenden Jugendlichen (Alter M = 13.15 Jahre, SD =
1.93) mit und ohne ADHS-Diagnose wurden an neun aufeinander folgenden
Untersuchungstagen im Selbstbericht erfasst.
Die Ergebnisse bestätigen, dass die von Jugendlichen wahrgenommene ADHS-Symptomatik
substantielle intraindividuelle Schwankungen im Alltag aufweist (Intraklassenkorrelation
Einzelitems: .24 - .43). Mehrebenenfaktorenanalysen zeigen, das die Symptomstruktur
sowohl auf Ebene zwischen als auch innerhalb von Personen durch ein Bifaktorenmodell mit
einem allgemeinen Symptomfaktor sowie einem spezifischen Unaufmerksamkeitsfaktor
beschrieben werden kann (?² = 146.28*, CFI = .95, RMSEA = .03, SRMRw = .03, SRMRb =
.06). Mixed-Model Analysen belegen, dass insbesondere Jugendliche ohne ADHS-Diagnose
an jenen Tagen, an denen sie verstärkt spezifische Unaufmerksamkeitssymptome
wahrnahmen, stärker ausgeprägten negativen Affekt und geringer ausgeprägten positiven
Affekt berichteten als an solchen Tagen, an denen sie weniger spezifische
Unaufmerksamkeitssymptome wahrnahmen.
Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund aktueller Modellannahmen zur ADHS (StateRegulation Modell, Dynamic-Developmental Theory) diskutiert. Es werden Implikationen für
Diagnostik und Forschung im Alltag von ADHS-Betroffenen aufgezeigt.
Furchtgeneralisierung bei Kindern zwischen 8 und 12 Jahren – Einflussfaktoren auf
die Entwicklung von Furcht und Angst
Julia Reinhard, Paul Pauli, Jürgen Deckert, Andreas Reif, Marcel Romanos
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie,
Universitätsklinikum Würzburg
Angsterkrankungen weisen eine hohe Prävalenz bereits im Kinders- und Jugendalter auf und
persistieren häufig bis ins Erwachsenenalter. Die Annahme, dass Angsterkrankungen häufig
bereits in der Kindheit entstehen und zu weiteren Störungen, wie beispielsweise zu
Depressionen, führen können, macht ein besseres Verständnis der Pathophysiologie von
Angsterkrankungen unerlässlich. Die Annahme besteht, dass „Übergeneralisierung“ von
konditionierter Furcht einen Lernmechanismus darstellt, der in die Pathogenese von
Angsterkrankungen
involviert
ist.
Allerdings
sind
Entwicklungsaspekte
von
Furchtgeneralisierung bislang wenig erforscht.
235 gesunde Kinder zwischen 8 und 12 Jahren wurden nach psychologischen und
Umweltaspekten hin untersucht und nahmen an einem Furchtgeneralisierungsparadigma teil.
Hierbei waren die konditionierten Stimuli zwei ursprünglich neutrale weibliche Gesichter,
während eines von beiden (CS+) mit einem lauten, unangenehmen weiblichen Schrei +
einem ängstlichen Gesichtsausdruck (UCS) gepaart wurde. Vier Generalisierungsstimuli
(GS) wurden so erstellt, dass der CS+ in 20% Schritten in den CS- überging. Die Kinder
beurteilten die Bilder bezüglich Valenz und Arousal auf einer Likert-Skala von 1-9 und der
UCS Erwartung (0-100% in 10% Schritten).
Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass die Kinder zwischen dem CS+ und dem CSunterscheiden konnten. Der CS+ wurde unangenehmer eingeschätzt als der CS-. Je
ähnlicher die Generalisierungsstimuli dem CS+ waren, desto aversiver wurden sie beurteilt
und desto höher wurde die UCS – Wahrscheinlichkeit eingeschätzt, vor allem von Kindern,
die eher hohe Werte in einem Phobie-Fragebogen für Kinder hatten (PHOKI; Döpfner,
Schnabel, Goletz & Ollendick, 2006).
Als nächster Schritt soll nun der Zusammenhang zwischen psychometrischen Faktoren und
Furchtgeneralisierung
untersucht
werden,
um
Entwicklungsaspekte
von
Furchtgeneralisierung besser verstehen zu können.
Anorexia Nervosa: Neues zur Genetik und Epigenetik
Anke Hinney, Miriam Kesselmeier, Anna-Lena Volckmar, André Scherag, Johannes
Hebebrand
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters,
Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen
Genetische Mechanismen sind für die Regulation des Körpergewichtes und für Essstörungen
(z.B. Anorexia nervosa; AN) relevant. Gut 100 chromosomale Regionen die das
Körpergewicht beeinflussen, konnten durch Genom-weite Assoziationsstudien (GWAS)
identifiziert werden. Dennoch konnte nur ein kleiner Teil der Ausprägung des
Körpergewichtes mittels molekulargenetischer Faktoren aufgeklärt werden. Für AN konnten
GWAS bislang keine Genom-weit signifikanten Genloci ableiten. Es gibt erste Hinweise auf
epigenetische Mechanismen für die beschriebenen Phänotypen.
In die zweite internationale GWAS zu AN sind auch 496 Proben von deutschen Patientinnen
eingeflossen. Wir haben die 1000 AN GWAS-Marker mit den kleinsten p-Werten in dem BMI
GWAS Datensatz (GIANT) analysiert (cross-disorder). Zudem haben wir Genom-weite Chipbasierte Analysen der Methylierungsmuster an 50 Patientinnen mit AN und 50 Kontrollen
durchgeführt.
Erste Ergebnisse der cross-disorder und epigenetischen Analysen lassen bislang
unbekannte chromosomale Regionen relevant erscheinen.
Epigenomik ist entscheidend für unser verbessertes Verständnis der Regulation des
Körpergewichts einschließlich Überernährung (Adipositas) und Hunger (AN). Da die
pränatale Phase durch dramatische epigenetische Veränderungen gekennzeichnet ist, kann
sie als vulnerable Phase für den Epigenotypen angenommen werden. Gesundheit und
Krankheit Erwachsener hängt teilweise von Entscheidungen während der prä- und frühen
postnatalen Entwicklung ab. Veränderte epigenetische Profile wurden bereits für adipöse
Personen beschrieben. Gemeinsame Analyse epigenomischer Daten in Kombination mit
GWAS Daten werden unser Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen der
Gewichtsregulation vertiefen.
Sind Jugendliche mit esssüchtigem Verhalten anfälliger für Stress?
Özgür Albayrak, Josephine Kliewer, Triinu Peters, Johannes Hebebrand
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters,
LVR Klinikum Essen, Universitätsklinikum Essen
Esssüchtiges Verhalten (Food Addiction) wird gegenwärtig unter Einsatz der Yale Food Addiction Scale in Anlehnung an die DSM-IV Kriterien der Substanzabhängigkeit diagnostiziert.
Bisherige Untersuchungen wurden ausschliesslich an Stichproben aus der Allgemeinbevölkerung und an klinisch-adipösen Teilnehmern von verschiedenen Gewichtsreduktionstherapien durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass Personen mit Food Addiction vermehrt
psychische Auffälligkeiten wie erhöhte Depressivität, Impulsivität und emotionaler Dysregulation aufwiesen. Bislang gibt es keine Untersuchungen an psychiatrischen Patienten.
Auch die Rolle des Stresssystems blieb bislang unerforscht. Die vorliegende Arbeit hat zum
Ziel Food Addiction bei jugendpsychiatrischen Patienten unter Einschluss von psychiatrischen Diagnosen, Essstörungspsychopathologie, wahrgenommenem Stress und den Kortisolwerten im Haar als Langzeitmarker für die Hypothalamus-HypophysenNebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) zu untersuchen.
Es wurden n=252 jugendpsychiatrische stationäre Patienten im Alter von 14-17 Jahren
(mean: 15.8; SD: 1,15) untersucht. Neben anthropometrischen Daten wie dem BMI und dem
prozentualen Anteil der Körperfettmasse kamen an psychologischen Instrumenten der
Perceived Stress Questionnaire (PSQ), der Eating Disorder Examination Questionnaire
(EDEQ), ein klinisch-psychiatrisches Interview (DIAX/M-CIDI) sowie die Bestimmung des
Haarkortisolwertes zum Einsatz.
Die Prävalenz von Food Addiction betrug 14,8%. Patienten mit Food Addiction hatten
signifikant höhere Scores im PSQ, sowie einen höheren Anteil an affektiven Störungen als
Patienten ohne Food Addiction. Die Haarkortisolwerte werden gegenwärtig noch
ausgewertet.
Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Jugendlichen mit psychiatrischen Störungen
die Diagnose Food Addiction möglicherweise vulnerabler für Stress sind und werfen die
Frage auf, ob dies in einer Beteiligung der HPA-Achse mit begründet sein könnte.
Does prenatal alcohol exposure affect cognitive development and ADHD-related
aspects at early primary school ages? An analysis based on meconium alcohol
metabolites
Anna Eichler, Juliane Grunitz, Jennifer Grimm, Yulia Golub, Eva Raabe, Peter Fasching,
FRAMES Gruppe, Oliver Kratz, Gunther Moll, Hartmut Heinrich
Kinder- u. Jugendabteilung für Psychische Gesundheit, Universitätsklinikum Erlangen
The serious impact of heavy alcohol intake during pregnancy (e.g., fetal alcohol spectrum
disorders, FASD) is well-known. However, knowledge about the effects of ‘subliminal’ alcohol
consumption is limited particularly taking the low reliability of mothers’ report into account.
In the present ongoing study, we investigate whether a meconium alcohol metabolite (ethyl
glucuronide, EtG) is associated with cognitive development and ADHD-related aspects
(including attentional, motivational and response control processes) at early primary school
ages.
Up to now, 150 children attending the first and second grade were assessed, whose mothers
had participated in FRAMES (Franconian Maternal Health Evaluation Studies). In 29 of these
children, a positive meconium result (EtG ? 10 ng/g) had been found but without showing
FASD symptoms after birth.
In two separate sessions, the Intelligence and Developmental Scales (IDS) were
administered to the children and event-related potentials were recorded during a cued
go/nogo task with different motivational conditions. Clinical rating scales were applied.
For children with an increased EtG value, a 5-point lower IQ (Cohen's d = 0.5) and a higher
probability for ADHD symptoms was found. They allocated less attentional resources as
reflected in a reduced event-related potential component P3 in go trials (Cohen's d = 0.7) but
showed no differences regarding measures reflecting state regulation.
Findings document the meaning of meconium alcohol metabolites as biomarkers for
maternal alcohol intake during pregnancy. They suggest an association between prenatal
alcohol exposure and ADHD-related behavior but with a different profile than typically
reported for ADHD.
Untersuchung
der
Emotionsregulation
Herzfrequenzvariabilität
durch
Musikhören
anhand
der
Gottfried Maria Barth, Anja-Maria Mack, Matthias Nickola, Gunther Klosinski, Tobias Renner
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Tübingen
Für Jugendliche stellt das Hören von Musik einen wichtigen Aspekt ihrer Emotionsregulation
dar. Es stellen sich dabei die Fragen, wie unterschiedliche Musikarten auf die Jugendlichen
wirken und ob es dabei einen Unterschied zwischen kinder- und jugendpsychiatrischen
Patienten und Kontrollpersonen gibt.
40 Jugendliche, je zur Hälfte kinder- und jugendpsychiatrische Patienten und
Kontrollpersonen, hörten 4 unterschiedliche Musiktitel und gaben jeweils anschießend ihr
subjektives Empfinden wieder, während die ganze Zeit über das EKG abgeleitet wurde und
die Herzfrequenzvariabilität als Maß für die psychovegetative Erregung und Stressbelastung
ermittelt wurde.
In der vorläufigen Auswertung zeigte sich kein allgemein gültiger Zusammenhang von
Musikstil und subjektivem Empfinden sowie psychovegetativer Erregung. Im Verlauf des
Musikhörens kam es zu einer deutlichen Verlagerung hin zu einem parasympathisch
betonten vegetativen Nervensystem.
Der Zusammenhang von subjektiver Bewertung und Vegetativum sowie der Vergleich
zwischen Patienten und anderen Jugendlichen werden derzeit ausgewertet und bei der
Tagung vorgestellt.
Es zeigte sich bisher, dass Musikhören bei Jugendlichen eine Selbstregulation innerer
Erregungszustände bewirken kann. Dabei verwenden sie ganz unterschiedliche Musikstile
und gerade auch jugendspezifische Richtungen wie Rock oder Hiphop helfen ihnen zu einer
solchen Regulation. Bezogen auf kinder- und jugendpsychiatrische Patienten stellt sich die
Frage, ob ihnen ähnlich wie die unterschiedlichen Musikstile möglicherweise individuell ganz
unterschiedliche Interventionen zur emotionalen Selbstregulation hilfreich sind.
Perioperativer Stress und Herzratenvariabilität bei Kindern
Gottfried Maria Barth, Sandra Gathmann, Jessica Geitel, Mathias Nickola, Michael Günter,
Tobias Renner
Kinder- und Jugendpsychiatrie, Tübingen
Mindestens die Hälfte von Kindern, denen eine Operation bevorsteht, erleben eine
erhebliche Stressbelastung. Durch eine videogestützte kognitive Intervention wurde
versucht, den perioperativen Stress bei diesen Kindern zu reduzieren. Das Video zeigt ein
Kind, das selbst mit perioperativen Ängsten zu kämpfen hat. Es soll dabei gelernt werden,
die bevorstehende Behandlung mit positiven Emotionen zu verknüpfen.
In der Pilotstudie wurden 31 Kinder im Alter von 6 bis 16 Jahren mit ausgeglichener
Geschlechtsverteilung aus den Bereichen Kinderchirurgie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und
Kieferorthopädie untersucht. 18 dieser Kinder erhielten vor der Operation die Intervention zur
Stressreduktion. Bei allen Kindern wurde vor dieser Intervention und unmittelbar vor der
Operation mit einer 15-minütigen EKG-Ableitung das Ausmaß des Stresses bestimmt.
Gleichzeitig wurde mittels psychometrischer Tests bei den Kindern und Befragung der Eltern
die Stressbelastung der Kinder ermittelt.
In der Auswertung wird der Verlauf der Stressbelastung der Kinder vor Operationen, ihre
Korrelation zur Psychometrie sowie der Effekt der stressreduzierenden Intervention anhand
der Herzfrequenzvariabilität bestimmt. Die Auswertung der Daten hat begonnen und die
Ergebnisse werden bei der Tagung präsentiert.
Diese Untersuchung gibt Hinweise darauf, ob durch die Ableitung der
Herzfrequenzvariabilität besonders belastete Kinder identifiziert werden können sowie
darauf, ob durch die Herzfrequenzvariabilität der Effekt stressreduzierender Interventionen
nachgewiesen werden kann.
Zebrafish - a powerful model organism in molecular psychiatry
Carsten Drepper, Isabel Reuter, Manfred Schartl, Marcel Romanos, Christina Lillesaar
Department of Child and Adolescent Psychiatry, Psychosomatics and Psychotherapy,
University Hospital of Wuerzburg, Fuechsleinstr. 15, 97080 Wuerzburg, Germany
Physiological Chemistry, Biocenter, University of Wuerzburg, Am Hubland, D-97074
Wuerzburg, Germany
Genetic mutations can trigger psychiatric diseases by altering gene expression and therefore
disrupting normal physiological functions of the brain. Many of the psychiatric disease
relevant genes identified so far affect early brain development, migration, axon path finding
and wiring of neural circuits. Understanding the molecular mechanisms behind mutations will
be crucial for the development of novel therapeutic interventions.
Several years ago zebrafish was established as a model in the developmental neuroscience
community. Now, this acquired knowledge is transformed to more complex questions
especially in molecular psychiatry. Zebrafish offers several advantages over other model
organisms: Easy to handle, short generation times, huge amount of offspring, external
fertilization, established techniques for genetic manipulation, high sequence conservation (up
to 70% compared to human), transparent larval stages, vertebrate structure of the brain,
complex behavioral repertoire, the possibility to use it in high-throughput screens and easy to
do central nervous imaging.
We have implemented a behavioral assay for zebrafish larvae in our laboratory. With that
commercial imaging box we are able to track up to 48 animals simultaneously and record
their behavior. As a proof of concept we reproduced the recent published findings of Lphn3.1
Morpholino-based knockdown in zebrafish (Lange et al., 2012, Mol Psychiatry). LPHN3 is an
ADHD candidate gene identified previously in a GWAS study. Zebrafish morphants showed
hyperactivity and less TH-positive cells in the CNS.
We are now able to investigate a wide range of mutations identified in human psychiatric
disease conditions in zebrafish and analyze its behavioral consequences. Furthermore,
developmental abnormalities of the nervous system and drug screening approaches will
complement our analytical pipeline. We plan to expand the experimental approach to
CRISPR-based genetic manipulation and analysis of adult zebrafish in the near future.
Die Transkranielle Sonographie als Methode zur Identifizierung von Biomarkern
psychiatrischer
Erkrankungen
Julia Geissler1, Su-Yin Dang1, Lisa Schneider1, Sulamith Schaeff1, Carsten Drepper1,Manfred
Gerlach1, Marcel Romanos1
1
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie,
Universitätsklinikum Würzburg, Füchleinstraße 15, 97080 Würzburg
Die transkranielle Sonographie (TCS) als nicht-invasives bildgebendes Verfahren ermöglicht
die Visualisierung tiefliegender Hirnstrukturen mittels Ultraschall. Die Methode wird bereits
auf dem Gebiet der neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt. Von
besonderem Interesse ist die mesenzephale Scanebene, welche unter anderem Hirnstamm,
Substantia nigra (SN), Nucleus ruber und Raphékerne enhält. Die Thalamusebene
ermöglicht die Quantifizierung verschiedener Parameter von Ventrikeln, Basalganglien und
Thalamus. Zu diskutieren ist die Etablierung einer zusätzlichen Ebene mit relevanten
parenchymen Strukturen.
Beim idiopathischen Morbus Parkinson ist eine bereits in der Frühphase der Erkrankung bei
etwa 90% der Patienten messbare Hyperechogenität der SN im B-Bild-Ultraschall als Marker
Bestandteil der Routinediagnostik. Im Bereich der psychiatrischen Erkrankungen beschreibt
die Literatur unter anderem eine erhöhte Echogenität der SN beim Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS), Vergrößerungen des extrazerebellären Liquorraums bei
Autismusspektrumstörungen, Veränderungen der Raphekerne bei Depression und bipolarer
Störung sowie eine Flächenvergrößerung des Nucleus caudatus bei Zwangsstörungen.
Hinsichtlich der Faktoren, welche die Echogenität in verschiedenen Strukturen modifizieren,
konnten eine Rolle für Eisenablagerungen, den Gehalt an Kupfer und Mangan,
Kalkeinlagerungen im Gewebe sowie eine Mikroglia-Aktivierung nachgewiesen werden.
Die Literatur zu TCS bei psychiatrischen Erkrankungen bezieht sich vornehmlich auf
Patienten im Erwachsenenalter, während das Gebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie
bislang kaum vertreten ist. Ein aktuelles Forschungsprojekt unserer Klinik untersucht
potenzielle Pathomechanismen der Echogenitätsveränderung bei Kindern mit ADHS durch
Kombination von TCS mit Magnetresonanztomographie sowie peripheren Markern.
Bezugnehmend auf die neurobiologischen Grundlagen der jeweiligen Erkrankung soll
diskutiert werden, inwieweit TCS bei weiteren kinder- und jugendpsychiatrischen
Störungsbildern wie Autismusspektrumstörungen, Ticstörungen und Psychosen einen
Beitrag zu Diagnose und Differentialdiagnostik leisten kann.
Altered neural responses to anticipation and consumption of rewarding and aversive
tastes in those at risk of Anorexia Nervosa
Stefanie Horndasch, Sophie O’Keefe, Ewelina Rzepa, Ciara McCabe
Department of Psychology and Clinical Language Sciences, University of Reading, Reading,
UK; Department of Child and Adolescent Mental Health, University of Erlangen-Nuremberg,
Erlangen, Germany
Abnormal brain reward responses and increased cue reactivity towards food stimuli have
been shown in those suffering from eating disorders and those “at risk” by virtue of having
had anorexia nervosa in the past. However it is not yet known if these differences are trait
markers or simply scars from having had the illness. Thus our aim was to examine another
“at risk” group, sisters of anorexia nervosa patients.
We used a between subject design whereby healthy females (16 to 55 years old) who have a
sister with anorexia nervosa and age matched female control participants performed a
reward task. We used fMRI to measure the neural response to the anticipation and receipt of
chocolate reward, aversive picture and aversive taste.
Using SPM8 analyses we found a significantly increased activation in the sisters of anorexia
nervosa patients compared to the healthy controls for anticipation of chocolate in the
amygdala and for receipt of chocolate in the orbitofrontal cortex. We also observed
significantly increased activation to the aversive picture condition in the amygdala and
putamen in the sisters of anorexia nervosa patients.
Our preliminary findings suggest greater activation in key regions of the brain that are known
to process rewarding and aversive taste stimuli. The results are consistent with previous data
showing increased responses to food reward in recovered anorexia nervosa patients and
support the idea that neural responses to food stimuli might be a trait marker for anorexia
nervosa.
Olfaktorische Wahrnehmung bei Kindern mit uns ohne ADHS: eine fMRT-Studie zur
effektiven Konnektivität
Alexander Prehn-Kristensen, Anna Lorenzen, Deborah Scholtz-Hehn, Christian D. Wiesner,
Stephan Wolff, Thilo van Eimeren, Lioba Baving
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Zentrum für Integrative
Psychiatrie, UKSH, Kiel
Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung
(ADHS) zeigen
Abweichungen im dopaminergen System. Gleichzeitig weisen Kinder mit einer ADHS im
Vergleich zu Gesunden eine bessere Wahrnehmungsschwelle für Gerüche auf, welche mit
einer Vergrößerung des dopamin-sensitiven Bulbus olfactorius einhergeht. Es ist jedoch
unklar, ob der olfaktorische Wahrnehmungsvorteil alleinig auf Veränderungen der
Bulbusmorphologie zurückzuführen ist oder mit einer veränderten funktionellen Vernetzung
höherer olfaktorischer Kortexregionen einhergeht.
An dieser fMRT-Studie nahmen 15 Kinder (8-13 Jahre) mit einer ADHS und 16 (9-12 Jahre)
gesunde Kinder teil. Mittels eines MR-kompatiblen Olfaktometers wurde der olfaktorische
Reiz Phenylethylalkohol (PEA) sowie Reinluft als Kontrollreiz dargeboten. Die subjektiv
wahrgenommene Intensität des Duftreizes wurde für alle Teilnehmer konstant gehalten.
Während der aktiven Inhalation der Reize wurde das BOLD-Signal erfasst.
Über alle Teilnehmer konnten im Kontrast PEA>Reinluft valide Aktivierungsmuster in
geruchsverarbeitenden Hirnregionen wie beispielsweise im piriformen Kortex gefunden
werden. Die effektive Konnektivitätsanalyse (PPI) macht deutlich, dass in diesem Kontrast
insbesondere der piriforme Kortex bei ADHS-Patienten im Vergleich zu gesunden Kindern
funktionell positiver mit weiteren Strukturen des olfaktorischen Systems sowie mit
dopaminergen Mittelhirnstrukturen (Area tegmentalis ventralis, Substantia nigra) interagiert.
Wie die Gruppenunterschiede der Konnektivitätsmuster zeigen, kann die bei ADHS
beschriebene gesteigerte Geruchssensitivität nicht alleinig auf eine vergrößerte Struktur des
Bulbus olfactorius zurückgeführt werden, da bei konstanter subjektiver Reizintensität
differenzielle funktionelle Konnektivität zwischen dopaminergen und geruchsrelevanten
Hinrregionen beobachtet wurden. Zukünftige Studien müssen zeigen, ob durch eine stärkere
Konnektivität des pirifomen Kortex zum Bulbus olfactorius dieser zu einer verstärkten
Neurogenese angeregt.
Aufmerksamkeitsprozesse, Antwortkontrolle und motivationale Aspekte bei Kindern
im frühen Grundschulalter und Zusammenhänge mit ADHS
Juliane Grunitz, Anna Eichler, Jennifer Grimm, Petra Studer, Eva Raabe, Anne Engel, Peter
Fasching, Tamme Goecke, Matthias Beckmann, Johannes Kornhuber, Oliver Kratz, Gunther
Moll, Hartmut Heinrich
Universitätsklinikum Erlangen
Studien mit ereignisbezogenen Potentialen (EPs) leisten einen wichtigen Beitrag, die
neurobiologischen Grundlagen von ADHS besser zu verstehen. Allerdings wurde das frühe
Grundschulalter bislang nur unzureichend betrachtet, obwohl zum Beispiel nach den DSM-IV
Diagnosekriterien die Symptome bereits im Alter von sechs Jahren auftreten müssen. Ziel
der vorliegenden Studie ist daher, Aufmerksamkeitsprozesse, Antwortkontrolle und
motivationale Aspekte im genannten Altersbereich zu untersuchen.
Bei 151 Kindern im Alter von 6 - 8 Jahren (davon 76 Jungen), deren Mütter bei FRAMES
(Franconian Maternal Health Evaluation Studies) teilgenommen hatten, wurde während der
Bearbeitung einer Go/Nogo-Aufgabe mit Hinweisreizen hirnelektrische Aktivität abgeleitet.
Zwei von vier Aufgabenblöcken enthielten eine (monetäre) Belohnungskomponente.
Es wurden die EP-Komponenten P3 (für verschiedene Aufgabenbedingungen) und
kontingent negative Variation (CNV) sowie Performance-Daten (Reaktionszeitsmaße,
Trefferanzahl, Impulsivitätsfehler) betrachtet und hinsichtlich Geschlechtsunterschieden,
Entwicklungseffekten (Erstklässler vs. Zweitklässler) und ADHS (Unterteilung anhand von
FBB-ADHS Gesamtscore) analysiert.
Die bisherigen Auswertungen ergaben, dass Jungen signifikant mehr Impulsivitätsfehler
machen sowie höhere P3-Amplituden und größere Belohnungseffekte aufweisen als
Mädchen.
Bei Zweitklässlern fielen die mittlere Reaktionszeit und die Reaktionszeitvariabilität
signifikant geringer aus.
Bei Jungen mit höherer ADHS-Symptomatik wurden niedrigere P3-Amplituden nach
Hinweisreizen (Cue-P3) und in der Nogo-Bedingung (Nogo-P3) sowie eine höhere
Reaktionszeitvariabilität gefunden, die sich aber unter Belohnung an die Werte von Jungen
mit keiner/geringer Symptomatik angleicht.
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass bei Jungen eine ADHS-Symptomatik bereits im
frühen Grundschulalter mit abweichenden Aufmerksamkeits-, Antwortkontroll- und
motivationalen Prozessen assoziiert ist. Zudem können in diesem Altersbereich deutliche
Geschlechts-und Entwicklungsprozesse auf Performance- und EP-Ebene abgebildet werden.
Normalization of ADHD symptoms by motivation-induced increase of arousal levels in
children with ADHD
Annette Conzelmann, Matthias Wieser, Markus Nehfischer, Judith Overfeld, Nadine Hahn,
Lena Herrmann, Peter Lehmann, Andreas Warnke, Regina Taurines, Tobias Renner, Marcel
Romanos, Paul Pauli, and Andreas Mühlberger
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter mit Poliklinik,
Universitätsklinikum Tübingen
We investigated whether motivation can improve the symptom patterns inattentiveness,
impulsiveness and hyperactivity of ADHD children during a continuous performance test
(CBT). In addition, we assessed whether the underlying mechanism of this symptom
improvement is a normalization of the assumed hypoarousal of these children.
We examined 30 children with ADHD and 30 controls, half of them being motivated for their
performance in the CPT presented within a virtual classroom. Inattentiveness was
operationalized by errors of omission, impulsiveness by errors of commission and
hyperactivity by head-movements assessed with sensors at the children’s head. Cortical
arousal was measured by EEG frequency bands. Hyperactivity and EEG were measured
during resting periods (before the beginning of the study and 3 times after instructions, for
half of the children groups containing the information to win money). In addition, hyperactivity
and EEG were assessed during the CPT.
Analyses revealed more errors of commission and omission and a higher theta/beta ratio in
ADHD children compared to controls during rest and during the task. Additionally,
hyperactivity was increased in children with ADHD during the task. Motivation led to a
normalization of these parameters in ADHD children. The decrease of commission errors
and hyperactivity was associated with an increase in EEG arousal levels in children with
ADHD.
Results confirm the cognitive-energetic model of ADHD and indicate hypoarousal during rest
and activation in children with ADHD. In addition, results suggest that motivation can
decrease ADHD symptoms, presumably due to an elevation of the hypoarousal of these
children.
Auditorische selektive Aufmerksamkeit bei Jugendlichen mit Depression: eine ERPStudie
Ellen Greimel, Monika Trinkl, Jürgen Bartling, Sarolta Bakos, Nicola Grossheinrich, Gernd
Schulte-Körne
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
der Ludwig-Maximilians-Universität München
Depressive Störungen sind verbunden mit einem Defizit in der selektiven Aufmerksamkeit.
Studien bei Erwachsenen, in denen ereigniskorrelierte Potentiale (ERPs) abgeleitet wurden,
konnten bei depressiven Abweichungen in den neurophysiologischen Korrelaten der
auditorischen selektiven Aufmerksamkeit nachweisen. Allerdings ist bislang unklar, ob diese
Befunde auch für depressive Störungen in der Adoleszenz Geltung haben. In der Studie
sollten daher die neurophysiologischen Mechanismen der auditorischen selektiven
Aufmerksamkeit bei Jugendlichen mit Depression untersucht werden.
24 unmedizierte Jugendliche mit einer depressiven Störung sowie 21 gesunde Jugendliche
wurden in die Studie eingeschlossen. Während die Probanden ein auditorisches OddballParadigma bearbeiteten, wurden ERPs abgeleitet.
Depressive Jugendliche zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe eine marginal erhöhte
N100-Latenz auf Ziel- und Standardreize. Zudem wiesen Jugendliche mit Depression eine
höhere P200-Latenz auf Zielreize auf. Eine größere P200-Latenz auf Zielreize war über
beide Gruppen hinweg mit einem geringeren Ausmaß an desinhibiertem Verhalten
verbunden, welches mittels eines Fragebogens erfasst wurde.
Die Ergebnisse deuten auf Abweichungen der neurophysiologischen Korrelate der
auditorischen selektiven Aufmerksamkeit auf einer frühen Verarbeitungsstufe hin.
Im Unterschied zu bisherigen Ergebnissen bei Erwachsenen mit einer depressiven Störung
fanden sich keine Gruppenunterschiede in späteren ERP-Komponenten, welche mit
willentlichen Aufmerksamkeitsprozessen verbunden sind. Dieser Befund könnte darauf
hinweisen, dass Jugendliche mit Depression über Mechanismen verfügen, die es ihnen
ermöglicht, Abweichungen auf frühen Stufen der selektiven Aufmerksamkeit zu
kompensieren.
Motorisches System und Schizophrenie - Bereitschaftspotential und neurologische
soft signs
Ulf Thiemann, Matthias Weisbrod, Christine Freitag, Franz Resch, Stephan Bender
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters,
Universitätsklinikum Frankfurt
Neurologische soft signs (NSS) sind unspezifische, subtile Veränderungen im motorischen
und sensorischen System. Das Auftreten von NSS bei Schizophrenie, das auch bei
medikationsnaiven Betroffenen beschrieben wurde, zeigt im gesamten Krankheitsverlauf
eine erhöhte Prävalenz im Vergleich zu nicht betroffenen Gesunden. Der Schweregrad der
klinischen
NSS-Ausprägung
ist
mit
psychopathologischen
Dimensionen
wie
Negativsymptomen und formalen Denkstörungen assoziiert. Jedoch fehlen bisher
Untersuchungen, die den Einfluss des Vorkommens von NSS auf unterschiedliche
Komponenten bewegungskorrelierter Potentiale beschreiben. Für das Bereitschaftspotential
(BP), das in der prä-motorischen Planung von Willkürbewegungen eine wesentliche Rolle
spielt, wurden bei medizierten und medikationsnaiven Schizophrenie-Patienten reduzierte
Amplituden berichtet.
NSS wurden mit der Heidelberger NSS-Skala untersucht. Die Ausprägung der psychotischen
Symptomatik wurde mit der BPRS, der SAPS der SANS erfasst. In die Studie
eingeschlossen wurden 29 Patienten mit Diagnose Schizophrenie oder schizoaffektive
Störung nach DSM-IV-TR und 19 gesunde Kontrollprobanden. Hochauflösendes 64-KanalEEG wurde abgeleitet, während die Probanden je 40 spontane Oppositionsbewegungen mit
dem rechten und linken Daumen in zufälliger Abfolge durchführten.
Im Gruppenvergleich war die mittlere BP-Amplitude in der Patientengruppe signifikant
reduziert. Umgekehrt war der mittlere NSS-Score der Patientengruppe signifikant höher. Der
SANS-Score wurde hochsignifikant durch die BP-Amplitude vorhergesagt (r=0.79; t=6.57;
p=0.000001). Des Weiteren replizierten wir die bekannte Assoziation zwischen NSS und
SANS (r(NSS,SANS)=0.50; t=3.02; p=0.005) und fanden einen Zusammenhang zwischen
dem NSS-Score und dem Bereitschaftspotential (r(NSS,BP)=0.51; t=3.06; p=0.005).
Die Mediationsanalyse (Sobel-Test) ergab Hinweise dafür, dass die Korrelation zwischen
NSS und den Negativsymptomen durch das BP vermittelt wurde und von einer
Hypoaktivierung des supplementär motorischen Areals während des BP abhängig war.
RCT eines kognitiv-behavioralen Präventionsprogramms für Kinder und Jugendliche
mit einem depressiven Elternteil – die PRODO Studie
Dr. Belinda Platt, Johanna Löchner, Kornelija Starman, Prof. Gerd Schulte-Körne
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie,
Ludwig-Maximilians-Universität, Nußbaumstraße 5a, 80336 München, Germany
Hintergrund: Depression ist eine der häufigsten, aber auch präventablen psychischen
Krankheiten weltweit. Kinder von depressiven Eltern haben ein zwei bis dreifach erhöhtes
Risiko, selbst im Laufe ihres Lebens an einer Depression zu erkranken, weshalb
Präventionsprogramme für diese Population besonders bedeutsam sind. In diesem Zuge
evaluieren wir im Rahmen einer randomisierten und kontrollierten Studie die Wirksamkeit
eines gruppenbasierten Programms zur Prävention von Depression für Familien, bei denen i)
zumindest ein Eltern Teil an einer depressiven Störung erkrankt ist und ii) zumindest ein Kind
keine psychische Störung hat oder hatte. Die Studie Protokoll wurde kürzlich beim BMC
Psychiatry publiziert (Platt et al., 2014).
Methode: Geeignete Familien werden in Interventions- und Wartekontrollgruppe (je N = 50)
randomisiert. Die Interventionsgruppe durchläuft die deutsche Adaption des kognitivbehavioralen Programms Rasing Healthy Children („GuG auf – Gesund und Glücklich
aufwachsen!“) von 12 Sitzungen. Das primäre Outcome (depressive Episode des Kindes)
wird im 15-Monats Follow-up getestet. Das sekundäre Outcome (Psychopathologie des
Kindes) wird unterdessen direkt nach der Intervention, also auch im 9- und 15-Monats
Follow-up geprüft.
Ergebnisse: Ähnlich wie in vorausgegangenen Wirksamkeitsstudien vergleichbarer
Präventionsprogramme sind unsere Hypothesen, dass Kinder in der EG gegenüber Kindern
in der KG weniger psychopathologisch auffällig nach 9- und 15-Monaten sind und nach 15
Monaten seltener die Kriterien für eine depressive Episode erfüllen.
Diskussion: Trotz des vielfach zitierten erhöhten Risikos für Kinder depressiver Eltern eine
Depression zu entwickeln, gibt es für diese in Deutschland bisher kaum Unterstützung. Die
Evaluation eines Präventionsprogramms ist ein wichtiger Schritt um zukünftig die
persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen depressiver Störungen
einzudämmen.
Ist das „Stepping-Stones/Triple P“ - Elterntraining eine sinnvolle, ergänzende
Intervention in der Behandlung von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen?
Linda Sprenger, Katja Becker, Monika Heinzel-Gutenbrunner, Tanja Mingebach, Saskia
Otterbach, Mira Peters und Inge Kamp-Becker
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik
Universitätsklinikum Marburg und Philipps-Universität Marburg
und
Psychotherapie,
In der Behandlung von Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) haben sich früh beginnende
verhaltenstherapeutische Ansätze unter engem Einbezug der Eltern als Mediatoren etabliert
und gelten als Methode der Wahl. „Stepping Stones/Triple P“ ist ein Programm zur
Unterstützung von Eltern bei der Erziehung von Kindern mit einer Entwicklungsstörung oder
Behinderung im Alter von zwei bis zwölf Jahren, dessen Wirksamkeit empirisch bereits gut
belegt ist. Die Effektivität dieses Elterntrainings als ergänzende Behandlung von Kindern mit
einer ASS wurde untersucht.
Die Eltern von 13 Kindern mit ASS (neun Jungen, vier Mädchen) zwischen vier und zwölf
Jahren (M=6.7 Jahre, SD=2.61) nahmen an der Studie teil. Das Training fand über einen
Zeitraum von 14 Wochen mit acht Gruppensitzungen à zwei Stunden statt. Die Eltern wurden
zum Prä- und Postzeitpunkt, sowie sechs Monate später bezüglich komorbider
Verhaltensauffälligkeiten und dem Erziehungsverhalten befragt. Außerdem wurden die
autistische Kernsymptomatik sowie die elterliche Belastung zum Prä- und Postzeitpunkt
erhoben. Ein Teil der Eltern wurde zusätzlich als Eigenwarteliste-Kontrollgruppe erfasst
Durch das Elterntraining konnten die komorbiden Verhaltensauffälligkeiten der Kinder
reduziert werden (d=.65), außerdem verbesserten sich die Erziehungsfertigkeiten (d=.97).
Keine Veränderungen ergaben sich hinsichtlich der elterlichen Belastung und der
autistischen Kernsymptomatik.
Das Elterntraining scheint ein vielversprechender Ansatz zur begleitenden Therapie in der
Behandlung von Kindern mit ASS zu sein. Es ergeben sich deutliche Hinweise, dass sich
dadurch komorbide Verhaltensauffälligkeiten bei den betroffenen Kindern reduzieren und
sich das elterliche Erziehungsverhalten verbessert. Die erzielten Erfolge sind außerdem über
einen 6-Monatszeitraum stabil, der Personal- und Zeitaufwand hält sich in einem
überschaubaren Maß.
Subjektive Therapiebeurteilung ambulanter
Patientinnen mit einer Essstörung
Psychotherapie
bei
jugendlichen
Charlotte Jaite, Antje Pfeiffer, Claudia Thurn, Tobias Bierbaum, Ernst Pfeiffer, Ulrike
Lehmkuhl, Harriet Salbach-Andrae
Charité-Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
des Kindes- und Jugendalters
Im Rahmen der Qualitätssicherung psychotherapeutischer Versorgung rückt die
Patientenzufriedenheit zunehmend in das wissenschaftliche Interesse. Der Forschungsstand
zur Zufriedenheit mit Essstörungsbehandlungen im Kindes- und Jugendalter ist derzeit noch
begrenzt.
Ziel der Studie ist daher die Untersuchung der Behandlungszufriedenheit von Kindern und
Jugendlichen mit der Diagnose einer Anorexia nervosa (AN) oder Bulimia nervosa (BN). Die
Zufriedenheit wird aus Sicht der Patientinnen, Eltern und Therapeuten betrachtet und
hinsichtlich der Übereinstimmung überprüft.
An der Studie nahmen 70 jugendliche Patientinnen mit einer AN oder BN teil. Die
Patientinnen erhielten eine essstörungsspezifische, ambulante Behandlung mit CBT oder
DBT.
Eine ausführliche Testbatterie erfolgte als Eingangsdiagnostik (T1) und zum Ende der
Behandlung (T2). Diese umfasste das Strukturierte Inventar für anorektische und bulimische
Essstörungen für Experten (SIAB-EX), das Eating Disorder Inventory-2 (EDI-2), die
Symptom-Checkliste-90-R von Derogatis (SCL-90-R) sowie das Composite International
Diagnostic Interview (CIDI-DIA-X). Außerdem wurde zu T1 und T2 der Body-Mass-Index
(BMI) ermittelt. Die Erfassung der Behandlungszufriedenheit erfolgte anhand des
Fragebogens zur Beurteilung der Behandlung (FBB).
Die mittlere Behandlungszufriedenheit aus Sicht der Patientinnen und Eltern lässt sich nach
Mattejat und Remschmidt (1998) im überdurchschnittlichen, aus Sicht der Therapeuten im
durchschnittlichen Bereich einordnen.
Es ergaben sich geringe Übereinstimmungen zwischen Patientinnen und Therapeuten sowie
mäßige Übereinstimmungen zwischen Eltern und Therapeuten und zwischen Patientinnen
und Eltern.
In diesem Beitrag werden auch die Ergebnisse der Regressionsmodelle zur Vorhersage der
Gesamtzufriedenheit mit der Behandlung aus Sicht der drei Beurteiler vorgestellt.
Insgesamt war die Behandlungszufriedenheit entsprechend anderer Studien hoch
ausgeprägt. Weitere Untersuchungen sind zur Überprüfung der Behandlungszufriedenheit
von Patientinnen mit Essstörungen erforderlich.
Neurofeedback bei ADHS: Verschiedene Modelle, verschiedene Varianten der
Durchführung
Holger Gevensleben, Gunther H. Moll, Aribert Rothenberger, Hartmut Heinrich
Kinder- u. Jugendpsychiatrie, Universitätsmedizin Göttingen (UMG)
Bei Kindern mit ADHS kommen verschiedene Neurofeedback-Protokolle zum Einsatz, wobei
zwischen EEG-Frequenzband-Training (z.B. Theta/Beta) und Training langsamer kortikaler
Potentiale unterschieden wird. Über solche basalen Neurofeedback-Variablen hinaus gibt es
auch unterschiedliche Annahmen in Bezug auf die Wirkmechanismen: Adressiert das
Training einen 'EEG-Trait' oder einen 'EEG-State'? Stellt der Erwerb der Neuroregulation
einen impliziten und/oder expliziten Lernprozess dar? Erfolgt Generalisierung automatisch
oder bedarf diese expliziter Bemühungen? ...
Auf dem Poster stellen wir ein methodisches Gerüst für Neurofeedback-Modelle dar und
schlagen zwei hypothetische Modelle vor, die wir "conditioning-and-repairing"-Modell und
"skill-acquisition"-Modell nennen. Diese sind als extreme Pole innerhalb dieses Gerüsts zu
verstehen. Das zugrunde liegende Modell wirkt sich nicht nur auf die Art und Weise der
Durchführung, sondern auch auf die Wahl der Evaluationsstrategie aus. Hier schlagen wir
vor, ausgetretene Pfade der (pharmakologischen) Evaluationsforschung zu verlassen.
Wir reflektieren bislang vorliegende Studien um darzustellen, inwiefern empirische Daten
unterschiedliche Sichtweisen stützen. Daraus leiten wir die Hypothese ab, dass
verschiedene Modelle gültig sind, abhängig von den Prozessen und Verhaltensaspekten, auf
die mit einem bestimmten Trainingsprotokoll abgezielt werden soll. Beispielsweise passen
die Befunde aus den jüngeren Studien zum Training langsamer Potentiale bei ADHS gut zu
dem skill-acquisition-Modell.
Die Beurteilung von Neurofeedback-Studien bei ADHS sollte basierend auf dem zugrunde
liegenden Modell und der Art der Durchführung erfolgen, was aber auch explizit in den
Arbeiten dargestellt werden sollte.
Referenz:
H Gevensleben, GH Moll, A Rothenberger, H Heinrich (2014) Neurofeedback in attentiondeficit/hyperactivity disorder - Different models, different ways of application. Front. Hum. Neurosci.
doi: 10.3389/fnhum.2014.00846
Effekte von Neurofeedback auf die Inhibitionskontrolle bei Kindern und Jugendlichen
mit ADHS
Sarah Hohmann, Sarah Baumeister, Isabella Wolf, Nathalie Holz, Regina Boecker, Michael
Plichta, Manfred Laucht, Martin Holtmann, Tobias Banaschewski, Daniel Brandeis
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Zentralinstitut für
Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim/Universität Heidelberg
Beeinträchtigungen der Inhibitionskontrolle finden sich bei vielen Patienten mit
Aufmerksamkeits-Defizit/Hyperaktivitäts Syndroms (ADHS). Zunehmend wird Neurofeedback
zur Behandlung von mit ADHS assoziierten Symptomen eingesetzt, auch wenn die
Wirksamkeit dieser Verfahren z.B. im Rahmen einer kürzlich veröffentlichten Metaanalyse
unter besonderer Berücksichtigung kontrollierter und verblindeter Studien nicht überzeugend
belegt werden konnte. Ziel der hier präsentierten Studie war es, mittels kombinierter EEGfMRT Untersuchung während einer Flanker Nogo Task die spezifischen Effekte von
Neurofeedback Training auf die Inhibitionskontrolle unserer Patienten zu überprüfen.
15 ADHS Patienten (10-14 Jahre) erhielten verblindet entweder Neurofeedback (NF) oder
Elektromyogramm-Feedback (EMG) Training über insgesamt 20 Sitzungen. Vor und nach
Abschluss des Trainings absolvierten alle Teilnehmer eine simultane EEG-fMRT
Untersuchung während des Bearbeitens einer Flanker/Nogo Task.
Die fMRT Analyse der korrekt inhibierten NoGo vs. neutralen Go trials bezüglich des
Trainings-Typ Haupteffektes ergab zwei kleine signifikante Cluster in der rechten posterioren
Insula und im linken inferior frontalen Gyrus (IFG). Die Interaktion Zeit*Trainings-Typ war
nicht signifikant. Eine post-hoc Analyse ergab jedoch nach Abschluss des Trainings eine
stärkere Aktivierung in Arealen wie dem linken MCC und dem rechten dorsolateralen
präfrontalen Kortex (DLPFC) in der Neurofeedback-Gruppe. Im Gegensatz dazu zeigten die
Patienten der EMG-Feedback Gruppe keine signifikante Erhöhung der Hirnaktivität.
Mittels unserer simultanen EEG-fMRT Untersuchung konnten wir zeigen, dass
Neurofeedback Training im Gegensatz zu unserer Kontrollbedingung (EMG-Feedback
Training) bei unseren Patienten mit ADHS zu einer stärkeren Aktivität in Hirnarealen führt,
die mit der Kontrolle von Inhibition und Motorik assoziiert sind.
Einsatz transkranieller Gleichstromstimulation
Inhibitionskontrolle bei Jugendlichen mit ADHS
(tDCS)
zur
Verbesserung
der
Carolin Breitling, Tino Zähle, Björn Bonath, Jana Tegelbeckers, Hans-Henning Flechtner,
Kerstin Krauel
Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie
Kindes- und Jugendalters, Universität Magdeburg
und Psychosomatische Medizin des
Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zeigen deutliche
Einschränkungen der Inhibitionskontrolle. Defizite der kognitiven Interferenzkontrolle sowie
der Verhaltensinhibition sind u.a. mit einer geringeren Aktivität des rechten inferioren
Präfrontalkortex assoziiert. In der vorliegenden Studie wurde bei Jugendlichen mit und ohne
ADHS überprüft, ob eine Stimulation dieses Areals durch transkraniellen Gleichstrom die
Inhibitionskontrolle verbessert. Transkranielle Gleichstromstimulation (transcranial direct
current stimulation, tDCS) ist ein nicht-invasives Verfahren, durch das reversible
Veränderungen der regionalen kortikalen Erregbarkeit, Plastizität und neuronalen Aktivität
sowie der funktionellen Konnektivität spezifischer Netzwerke für Minuten bis Stunden
induziert werden können.
15 ADHS-Patienten und 15 Kontrollprobanden im Alter von 13 bis 17 Jahren bearbeiteten an
drei Sitzungsterminen eine Flankeraufgabe unter anodaler, kathodaler oder shamStimulation. Die Stimulation wurde für 20 Minuten mit einer Stromstärke von 1 mA über dem
rechten inferioren Präfrontalcortex durchgeführt.
Die Gesamtanalyse ergab keinen Effekt der Stimulationsart, da sich die Fehlerrate
unabhängig von der Stimulation über den Verlauf der Sitzungen signifikant verringerte.
Betrachtete man nur die erste Sitzung, zeigte sich eine Tendenz zu geringeren Fehlerraten
und Reaktionszeiten bei anodaler tDCS in beiden Experimentalgruppen. Hervorzuheben ist,
dass es einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen der Fehlerrate während der
sham-Stimulation und der Verringerung der Fehlerrate durch Stimulation gab.
Insgesamt liefert die Studie erste Hinweise, dass anodale tDCS des rechten inferioren
Präfrontalcortex die Inhibitionskontrolle besonderes bei Probanden mit eingeschränkter
Inhibitionsleistung verbessern kann.
Transkranielle Gleichstromstimulation: Kognitives Enhancement für Jugendliche mit
ADHS?
Cornelia Soff, Anna Sotnikova, Monika Heinzel-Gutenbrunner, Michael Siniatchkin, Katja
Becker
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Universitätsklinikum Marburg
Psychosomatik
und
Psychotherapie,
In den letzten Jahren gab es in vielen Studien Hinweise darauf, dass die anodale
transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) die kortikale Erregbarkeit in verschiedenen
Hirnregionen erhöhen kann. Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) geht
u.a. mit einer Unteraktivierung des dorsolateralen präfrontalen Kortex (DLPC) einher. Bisher
liegen aber noch keine Studien vor, ob die anodale Gleichstrombehandlung die
Unteraktivierung im DLPC ausgeglichen werden kann und falls ja, welche Auswirkungen dies
auf die ADHS-Symptome hat.
An dieser randomisierten, doppelblinden, placebo-kontrollierten Crossover-Studie nahmen
15 Jugendliche im Alter von 12-16 Jahren (12 männlich) mit ADHS-Diagnose teil. Alle
Patienten erhielten sowohl die anodale Stimulation mit einer Stärke von 1mA als auch die
Placebo-Stimulation an fünf aufeinanderfolgenden Tagen. Während der Stimulation wurden
neuropsychologische Parameter (QbTest) und die klinische Symptomatik (Fremd- und
Selbstbeurteilungsbogen für ADHS; FBB/SBB-ADHS) erfasst.
Insgesamt zeigte sich, dass die anodale Gleichstromstimulation im Vergleich zur
Placebostimulation sowohl die neuropsychologischen Parameter, als auch die klinische
Symptomatik
bei
Jugendlichen
mit
ADHS
positiv
beeinflussen
kann.
Aufmerksamkeitsleistung und Hyperaktivität, die mittels QbTest erfasst wurden, verbesserten
sich signifikant (p <.05). Im Bereich der Impulsivität zeigte sich eine Tendenz zur
Verbesserung (p <.1). Die Eltern schätzten vor allem die Probleme im Bereich der
Aufmerksamkeit nach der Gleichstrombehandlung weniger ausgeprägt ein.
Die vorliegende Studie liefert Hinweise darauf, dass die transkranielle Gleichstromstimulation
ein vielversprechender Ansatz in der Behandlung von Jugendlichen mit ADHS sein kann.
Jedoch sollte das Studiendesign in weiteren Untersuchungen variiert werden, da sich im
vorliegenden Crossover-Design relevante Perioden- und Carryover-Effekte zeigten.
Von der Entwicklungspsychopathologie zur Frühintervention der Borderline-Störung
Michael Kaess, Gloria Fischer, Franz Resch, Romuald Brunner
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Universitätsklinikum Heidelberg
Lange Jahre wurde die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) in der Kinder- und
Jugendpsychiatrie wissenschaftlich kaum beachtet und im klinischen Setting nicht
diagnostiziert. Der Phänotyp dieser Störung ist allerdings lange bekannt. Aufgrund
ansteigender Evidenz hat die DSM-5 die Diagnose der BPS im Jugendalter bestätigt, die
ICD-11 wird dem folgen. Da die BPS zunehmend als Erkrankung der Lebensspanne
betrachtet wird, ist eine Auseinandersetzung mit den umweltbedingten und
neurobiologischen Entstehungsbedingungen immens wichtig. Jedoch muss auch hinterfragt
werden, inwiefern diese neuen Erkenntnisse unser klinisches Handeln im Umgang mit der
BPS verändern.
Vorgestellt werden eigene Daten aus epidemiologischen und klinischen Studien (Quer- und
Längsschnitt), die Aussagen über die Entwicklungspsychopathologie der BPS zulassen.
Diese beinhalten die Untersuchung umweltbedingter (z.B. Missbrauch und Vernachlässigung
oder Mobbing) sowie neurobiologischer (Funktion der HPA-Achse oder strukturelle
Veränderung von Hirnregionen) Faktoren sowie deren Interaktionen. Sie beinhalten auch die
längsschnittliche Untersuchung von sogenannten Vorläufersymptomen der BPS (z.B.
Selbstverletzung oder riskantes, impulsives Verhalten). Letztlich werden Daten ersten aus
Therapiestudien vorgestellt.
Die Ergebnisse illustrieren das Zusammenspiel von Umweltfaktoren (z.B. spezifischer
transgenerationaler Traumatisierung) und individueller Prädisposition (z.B. Temperament).
Sie zeigen die frühkindliche Beeinträchtigung der Eltern-Kind-Interaktion im Rahmen dieser
Faktoren und mögliche psychologische aber auch neurobiologische Veränderungen des
Stressantwortsystems.
Weiterhin
wird
illustriert
unter
welchen
Bedingungen
selbstschädigendes und riskantes Verhalten einer guten Vorhersage für die BPS im
Jugendalter hat und wie Früherkennung verbessert werden kann.
In einem integrierten Modell wird versucht, aus den jüngsten wissenschaftlichen
Erkenntnissen zur Entwicklungspsychopathologie der BPS relevante Schlussfolgerungen für
die Früherkennung und –intervention dieser Störung zu ziehen.
Frühintervention der Borderline-Störung: die Ambulanz für Risikoverhalten und
Selbstschädigung (AtR!Sk)
Michael Kaess, Gloria Fischer, Franz Resch, Romuald Brunner
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Universitätsklinikum Heidelberg
Lange Jahre wurde die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) in der Kinder- und
Jugendpsychiatrie wissenschaftlich kaum beachtet und im klinischen Setting nicht
diagnostiziert. Der Phänotyp dieser Störung ist allerdings lange bekannt. Aufgrund
ansteigender Evidenz hat die DSM-5 die Diagnose der BPS im Jugendalter bestätigt, die
ICD-11 wird dem folgen. Da die BPS zunehmend als Erkrankung der Lebensspanne
betrachtet wird, sind standardisierte und evidenzbasierte Verfahren zur Früherkennung und –
intervention der BPS immens wichtig und betreffen vor allem die Kinder- und
Jugendpsychiatrie.
Vorgestellt werden eigene Daten aus epidemiologischen und klinischen Studien (Quer- und
Längsschnitt), die Aussagen über den Verlauf von riskanten und selbstschädigenden
Verhaltensweisen im Jugendalter zulassen und den Zusammenhang dieser
Verhaltensweisen mit der BPS näher beleuchten. Die Ergebnisse illustrieren den Nutzen von
riskanten und selbstschädigenden Verhaltensweisen (abhängig von Frequenz, Schwere und
Verlauf des Verhaltens) als Marker für die Frühintervention der BPS. Dies macht sich die
2013 neu gegründete Ambulanz für Risikoverhalten und Selbstschädigung (AtR!Sk) zu
Nutze. Sie dient der Früherkennung und Frühbehandlung von Borderline-Störungen nach
dem Staging-Prinzip und zielt klinisch wie auch wissenschaftlich auf die Entwicklung von
standardisierten Behandlungsalgorithmen nach dem Prinzip der „personalisierten Medizin“
ab.
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