Substitutionstreffen 2012 Update Suchtmedizin Kongress zur Suchtmedizin 2012 in Berlin Dr. med. Joachim Selle Facharzt Innere Medizin Suchtmedizin Kindeswohlgefährdung? Alltag in einer Fachambulanz (Kiel: HiKiDra) • Erfahrungen im Zusammenhang von suchtbelasteten Familien und beteiligten Institutionen, wie z.B. substituierenden Ärzten, Schulen und Jugendämtern zeigen deutlich, in welchem Spannungsfeld sich die Eltern und Kinder bewegen. • Die eklatanten Folgen von unvernetzten Hilfen und verzögerter Unterstützung seitens öffentlicher Jugend- und Eingliederungshilfe, Sucht- und Sozialberatung sowie medizinischer Betreuung sind für die Kinder und Jugendlichen gefährdende Entwicklungsverzögerungen. Medikamentengestützte Behandlung Opiatabhängiger nach dem Fall Kevin in Bremen • Es fielen in den Jahren 2010 und 2011 in einem Problem-Stadtteil Bremens bei 19 Haaranalysen von Kindern drogenabhängiger bzw. substituierter Eltern in 17 Fällen positive Befunde auf verschiedene Suchtstoffen in unterschiedlichen Kombinationen auf. • In Bremen wurden bei 118 Kindern drogenabhängiger Eltern in 85 Fällen positive Befunde auf Suchtstoffe gefunden, in Bremerhaven wurden in 25 Fällen 20 positive Fälle entdeckt. • Nicht nur die Betreuung der Familien und der Kinder, sondern auch der Umgang mit Drogenabhängigkeit und Substitution gerieten ins Kreuzfeuer der Kritik, bis hin zu Forderungen nach Abschaffung der Substitution insgesamt („Ziel verfehlt...“). Die wichtigsten Empfehlungen • Psychosoziale Betreuung (100% Regelung) • Alkohol-Beigebrauch (0,00 Promille bei Substitutvergabe) • Take-home-Vergabe (keine Kinder im Haushalt; Ausnahme: Positive Bestätigung der Jugendhilfe • Eine „Substitution“ mit Benzodiazepinen gibt es nicht! • Keine Verordnung von Benzodiazepinen auf Privatrezept, insbesondere dann nicht, wenn es sich um einen Kassenpatienten handelt! • Die Beigebrauchskontrollen werden qualitätsmäßig verbessert und künftig von den Krankenkassen bezahlt. • Entlassungsmanagement bei Entzugs- und Entwöhnungsbehandlungen • Leitfaden für Apotheken, um Arzneimittelmissbrauch bei Substitutionspatienten zu erkennen. Neurobiologische Grundlagen von Abhängigkeitsentwicklung und Drogenmissbrauch - neue Erkenntnisse aus der Forschung • Beteiligte Neurotransmittersysteme sind das dopaminerge, das endogene opioide, das glutamaterge und das endocannabinoide System, welche die positive Verhaltensverstärkung in definierten neuronalen Schaltkreisen des Gehirns, dem sogenannten Belohnungssystem, fördern. Vulnerabiltätsfaktoren • Insbesondere Jugendliche zeigen eine starke Anfälligkeit für die Entwicklung von Substanzmissbrauch. • Die Pubertät stellt eine äußerst sensible Entwicklungsphase dar und ist neben einer Vielzahl von drastischen neurobiologischen und hormonellen Veränderungen gekennzeichnet durch höchst impulsives und risikoreiches Verhalten. Fit für den Alltag • Obwohl sich seit Jahren abzeichnet, dass Medikamente den Verlauf einer Alkoholabhängigkeit dramatisch verbessern können, wird ihre Erforschung nicht vorangetrieben. • Stattdessen sehen wir bei tausenden von Entzugsbehandlungen und „Therapien“ pro Jahr zu, wie Patienten völlig von dieser schweren Krankheit geprägt und zerbrochen werden - weil wir sie nicht adäquat behandeln. Quo vadis abstinenzorientierte Suchtrehabilitation? • Die meisten Reha-Einrichtungen haben aktuell (wie viele andere Leistungserbringer im Gesundheits- und Sozialwesen auch) erhebliche Probleme, ausreichend qualifiziertes medizinisches und therapeutisches Personal auf dem Arbeitsmarkt zu finden. • Prof. Bonnet ADHS im Erwachsenenalter und PTBS bei Menschen mit Suchterkrankungen • Wie können wir ein Behandlungssetting gestalten, damit sich Suchterkrankung und komorbide Störungen gleichermaßen bessern. • Diese Überlegungen stellen sich in der Suchttherapie besonders bei der Behandlung der Traumafolgestörungen und des ADHS im Erwachsenenalter. • Während die negativen Auswirkungen von Traumafolgestörungen auf den Verlauf von Suchterkrankungen bekannt sind, wird die Diagnose eines ADHS bei Suchtkranken noch wenig gestellt. Sucht in der Gesellschaft • Suchtkrankheiten sind Misstrauenskrankheiten. Kein Weg der Heilung oder eines wirklich gelingenden Lebens, ohne dass dies klar und eindeutig überwunden wird. • Das ist fraglos im Gros der Behandlungen möglich, aber nicht so, wie Suchtmedizin bisher angeboten wird. • Suchtmedizin hat die meisten Aufgaben noch vor sich. Die Tore zu ganz anderen Möglichkeiten stehen weit offen. BTMG • Der Tenor, z.B. im §29: „Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer Betäubungsmittel … abgibt, sonst in den Verkehr bringt ….“ Und: „In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter… durch eine der in Absatz1 Satz1 Nr.1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.“, Was ist Recht? • Landshut/Passau • Mediziner fordern mehr Rechtssicherheit • Nach Approbationsentzug erklären sich Substitutionsärzte in Südbayern solidarisch • Die Ärztin hatte 33 Mal Substitutionsmittel verschrieben, obwohl die Patienten weitere Arznei- und Betäubungsmittel nahmen. Das ist gesetzlich verboten. • Der langjährigen Medizinerin flatterte nach einem Urteil des Amtsgerichts Viechtach ein Strafbefehl in Höhe von 15 000 Euro ins Haus. Aufgrund eines "falschen juristischen Rats", sagt ein Kollege von ihr, habe sie den Strafbefehl akzeptiert. • Das wiederum brachte die Regierung von Niederbayern auf den Plan, die ihr die Approbation entzog. Hepatitis C • • • • Therapien laufen gut Es kommt die Interferonfreie Therapie Es gibt schon die Dreifach Therapie bei Nichtansprechen auf die Doppeltherapie Was war nun neu? • • • • • • Kindergruppen von Substitutions Patienten Kindergefährdung Eltern- und Angehörigengruppen Änderung des BTMG Beikonsum / keine Benzodiazepine Hepatitis C Therapie So nicht…