Brennpunkt Bildgebung: Multiple Sklerose – Neue Erkenntnisse und

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Brennpunkt Bildgebung: Multiple Sklerose – Neue Erkenntnisse und Update
Wien, 27. Februar 2013. Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Entmarkungserkrankung
des Zentralnervensystems und ist neben der Epilepsie eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen
bei jungen Menschen. Die Methode der Wahl zur Diagnose von mit Multipler Sklerose assoziierten
Veränderungen im Gehirn ist die Magnetresonanztomographie (MRT), welche nicht nur für die
Erstdiagnose sondern auch für das Therapiemonitoring von entscheidender Bedeutung ist.
Bei der Multiplen Sklerose entzünden sich die Isolierschichten der Nervenfasern an einer oder mehreren
Stellen, was in weiterer Folge zu einem Anschwellen der Markscheiden führt und am Ende Narben
hinterlässt. Wenn dieser Vorgang, die sogenannte Sklerose, an mehreren Stellen im Zentralnervensystem
auftritt, spricht man von Multipler Sklerose. Wenn mehrere vernarbte Stellen größere Herde bilden
spricht man von Plaques.
Durch Multiple Sklerose bedingte Veränderungen lassen sich am MRT-Bild als Läsionen erkennen und
reagieren auf bestimmte MRT Sequenzen mit Signalalterationen. Diese Läsionen sind typischerweise rund
bis oval und vor allem in der periventrikulären weißen Gehirnsubstanz angesiedelt. Aktive Läsionen zeigen
zusätzlich eine noduläre oder ringförmige Anreicherung nach Verabreichung eines Kontrastmittels. Als
Differentialdiagnosen müssen hier unter anderem vaskuläre Läsionen und Vaskulitis ausgeschlossen
werden, bevor dies als Hinweis auf Multiple Sklerose gewertet werden kann.
Das Gehirn ist aber nicht der einzige Bereich in dem sich bei Multipler Sklerose klare Veränderungen
feststellen lassen, so Professor Majda M. Thurnher von der Klinischen Abteilung für Neuroradiologie und
Muskuloskeletale Radiologie am Wiener AKH: „Eine radiologische Untersuchung bei PatientInnen mit
Multipler Sklerose umfasst eine MRT-Untersuchung des Gehirnes sowie des gesamten Spinalkanals. Rund
ein Drittel aller MS PatientInnen zeigen spinale Symptome, und 30% habe eine isolierte rein spinale
Multiple Sklerose. Pathologische Studien zeigen jedoch bei 90% aller PatientInnen fokale MS Läsionen im
Rückenmark.“
Technische Fortschritte bringen neue Erkenntnisse
Jahrelang wurde davon ausgegangen, dass sich die Veränderungen im Gehirn rein auf die weiße
Gehirnsubstanz beschränken, eine Annahme, die durch Hochfeld-MRT Geräte später widerlegt wurde.
Hier zeigen sich eindeutig auch Läsionen in der grauen Hirnsubstanz und bereits mit Geräten ab einer
Feldstärke von 3 Tesla lassen sich Plaques im Kortex und im Hippocampus nachweisen.
„Die Venen-Multiple-Sklerose-Plaques Verbindung war aus post-mortem Studien bereits bekannt, es
konnte jedoch in der Bildgebung in vivo nicht dargestellt werden. Mit der Hilfe höherer Feldstärken und
neuen MRT Sequenzen, wie der suszeptibilitätsgewichteten Bildgebung (SWI) konnten zentrale venöse
Strukturen im Bereich der Multiplen Sklerose Plaques, sowie kleinere Eisenablagerungen gezeigt werden“,
so Prof. Thurnher.
Des Weiteren konnte mit Hilfe der Perfusionsbildgebung, welche die Darstellung und Quantifizierung der
Durchblutung von biologischem Gewebe ermöglicht, die Minderdurchblutung des Nervenmarklagers bei
PatientInnen mit Multipler Sklerose, auch wenn sich noch keine Plaques gebildet haben, nachgewiesen
werden. Mittels bestimmter MRT Protokolle ist es mittlerweile auch möglich, größere atypische Plaques
von neoplastischen oder entzündlichen Veränderungen zu unterscheiden.
MRT auch entscheidend bei der Kontrolle von medikamentösen Nebenwirkungen
Bestes Beispiel ist hierfür der Arzneistoff Natalizumab, der wirksame Bestandteil des Medikaments
Tysarbi, der 2004 für die Therapie der schubförmig verlaufenden Multiplen Sklerose vorgestellt wurde.
Der Wirkstoff verhindert das Einwandern von Immunzellen in den Blutkreislauf über die Blut-HirnSchranke in das Gehirn und das Rückenmark. Neben einer Reduktion der Schubzahl wird hierdurch auch
eine Progression der Krankheit verhindert.
Aufgrund eines Berichtes im New England Journal of Medicine (NEJM) ein Jahr später über zwei Multiple
Sklerose PatientInnen, sowie einen Patienten mit Morbus Crohn, bei denen es unter natalizumab Therapie
zum Ausbruch der progressiven multifokalen Leukoenzephalopathie (PML) gekommen war, wurde das
Medikament vom Markt genommen.
Bei der PML handelt es sich um eine schwerwiegende, potentiell fatale virale Infektion, die häufig bei
immunsupprimierten Patienten auftritt.
Nach einer Infektion in der Kindheit oder Jugend befindet sich der JC-Polyomavirus in mehreren Organen
(Niere, Lymphknoten) des Körpers, ohne eine manifeste Infektion zu verursachen. Eine
immunoregulatorische Therapie, in diesem Fall mit natalizumab, weckt den „schlafenden“ Virus, der im
Gehirn zu einer Schädigung des Nervensystems führt.
Nach einer neuerlichen Prüfung im Jahr 2006 ist der Wirkstoff mittlerweile mit kontrollierter Abgabe
wieder auf dem Markt.
„Weltweit wurden über 96.000 MS Patienten mit natalizumab behandelt, in 242 Fällen wurde PML
diagnostiziert. Die Symptome einer PML sind ähnlich wie bei einem Multiplen Sklerose Schub, somit bleibt
die MRT die Methode der Wahl in der Früherkennung der PML. Aufgrund bestimmter Kriterien ist es
möglich, mittels MRT PML Läsionen von typischen fokalen Multiple Sklerose Läsionen zu unterscheiden“,
sieht Prof. Thurnher hier eine entscheidende Rolle der MRT.
Multiple Sklerose Update am European Congress of Radiology 2013
Dem Thema Multiple Sklerose und dem aktuellen Stand der Forschung wird am Europäischen
Radiologenkongress, der von 07. bis 11. März wie jedes Jahr in Wien stattfindet, eine eigene Vortragsreihe
gewidmet sein. Entscheidend ist vor allem, dass nach einem jahrelangen rein „Plaque-zentrierten“ Blick
und reiner Konzentration auf die Gehirnläsionen, diese Sichtweise durch Erkenntnisse aus MRT Methoden
und Hochfeldtechnik stark angezweifelt wird.
„Es ist mehr als klar, dass Multiple Sklerose eine diffuse Erkrankung des Zentralnervensystems ist und die
Schädigung viel weitgreifender ist als ursprünglich gedacht“, so Prof. Thurnher abschließend.
Ab 07. März tagen in Wien über 20.000 Radiologen
Beim 25. Europäischen Radiologenkongress (European Congress of Radiology/ECR) vom 07. bis 11. März
2013 im Austria Center in Wien werden auch heuer wieder Spezialisten aus dem Bereich der
medizinischen Bildgebung ihr Fachwissen auf den verschiedensten Gebieten austauschen, und die
neuesten Erkenntnisse der Forschung präsentieren.
Der ECR ist die Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Radiologie (European Society of
Radiology/ESR), welche weltweit über 56.000 Radiologen vertritt. Mit mehr als 20.000 Teilnehmern aus
der ganzen Welt ist der ECR einer der größten medizinischen Kongresse weltweit; zusätzlich bietet er die
größte Industrieausstellung in Europa, bei der auf über 26.000 m² mehr als 300 internationale Firmen die
neuesten Produkte der Medizintechnik anbieten.
Bildmaterial unter www.myESR.org/press
Rückfragehinweis:
Julia Patuzzi, David Zizka
Press Office – European Society of Radiology
Neutorgasse 9, 1010 Wien
Tel.: +43-1-533 40 64-545 | Fax: +43-1-533 40 64-441
[email protected] | www.myESR.org/press
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