Einführung in die Topologie (SS 14) Bernhard Hanke Universität Augsburg 21.05.2013 Bernhard Hanke 1/6 Es seien X , Y topologische Räume, A ⊂ X und f : A → Y eine stetige ˙ (mit Summentopologie) Abbildung. Auf der disjunkten Vereinigung X ∪Y sei ∼ die kleinste Äquivalenzrelation, sodass a ∼ f (a) für alle a ∈ A. Dann heißt ˙ /∼ Y ∪f X = X ∪Y die Anheftung von X entlang f . Proposition Ist Y ∪f X ein Anheftungsraum und A ⊂ X abgeschlossen, so ist Y ,→ Y ∪f X , y 7→ [y ] ein Homöomorphismus auf einen abgeschlossenen Teilraum und X \ A ,→ Y ∪f X , x 7→ [x] ist ein Homöomorphismus auf einen offenen Teilraum. Ist f : X → Y stetig und f0 : X × {0} = X → Y gleich f , so ist Zf = Y ∪f0 (X × [0, 1]) der Abbildungszylinder Zf von f . Wir identifizieren oft X mit X × {1} ⊂ Zf und Y mit Y ⊂ Zf . Der Abbildungskegel Cf ist der Quotientenraum Zf /(X × {1}). Bernhard Hanke Quotientenräume, Simplizialkomplexe 2/6 Definition Ein abstrakter Simplizialkomplex ist ein Paar (X , Σ) bestehend aus einer total geordneten Menge X und einer Teilmenge Σ ⊂ P(X ) von X (Menge der abstrakten Simplizes genannt) mit den folgenden Eigenschaften: I Jedes Simplex σ ∈ Σ ist nichtleer und endlich. I Ist ein Simplex σ ∈ Σ gegeben, so sind alle nichtleeren Teilmengen von σ ebenfalls Simplizes. I Jedes Element von X ist in mindestens einem Simplex enthalten. Ist σ ∈ Σ ein Simplex, so heißt die Zahl |σ| − 1 die Dimension von σ. Die Teilmengen von σ ∈ Σ heißen Seiten von σ. Die nulldimensionalen Simplizes heißen Ecken und die eindimensionalen Simplizes Kanten von (X , Σ). Die Ecken von Σ sind also genau die Elemente von X . Wir nennen einen Simplizialkomplex (X , Σ) endlich, falls die Menge X endlich ist. Dies ist gleichbedeutend damit, dass die Menge der Simplizes Σ endlich ist. Bernhard Hanke Quotientenräume, Simplizialkomplexe 3/6 Es sei [n] die total geordnete Menge {0, 1, . . . , n}. Das volle ” n-dimensionale Simplex“ ∆nabstr ist definiert als ([n], P([n])). Es seien v0 , . . . , vk ∈ Rn affin unabhängige Vektoren (d.h. v1 − v0 , . . . , vk − v0 sind linear unabhängig). Dann setzen wir k X X hv0 , . . . , vk i := { ti vi | 0 ≤ ti ≤ 1, ti = 1} ⊂ Rn . i=0 Dies ist das von den Vektoren v0 , . . . , vk aufgespannte (geometrische, affine) k-Simplex. Mit der Teilraumtopologie von Rn ist es ein kompakter topologischer Raum. Jeder Punkt in hv0 , . . . , vk i ist durch seine baryzentrischen Koordinaten t0 , . . . , tk eindeutig bestimmt. Wir bezeichnen mit ei ∈ Rn+1 (wobei 0 ≤ i ≤ n) den i-ten kanonischen Basisvektor und setzen ∆n := he0 , . . . , en i ⊂ Rn+1 Dies ist der Standard-n-Simplex. Bernhard Hanke Quotientenräume, Simplizialkomplexe 4/6 Ist k ≤ n, so induziert jede injektive ordnungserhaltende Abbildung φ : {0, 1, . . . , k} → {0, 1, . . . , n} eine Einbettung (d.h. Homöomorphismus auf das Bild) iφ : ∆k → ∆n , gegeben durch k X ti ei 7→ i=0 k X tφ(i) eφ(i) . i=0 Ist nun ein abstrakter Simplizialkomplex (X , Σ) gegeben, so setzen wir T := [ ˙ σ∈Σ ∆σ , wobei ∆σ das geometrische Standard-Simplex der Dimension dim σ ist. Der Raum T ist mit der Summentopologie versehen: Eine Teilmenge U ⊂ T ist genau dann offen, falls für alle σ ∈ Σ die Menge U ∩ ∆σ offen in ∆σ ist. Bernhard Hanke Quotientenräume, Simplizialkomplexe 5/6 Wir führen die Äquivalenzrelation ∼ auf T = [ ˙ σ∈Σ ∆σ , wie folgt ein: Seien σ, τ ∈ Σ mit τ ⊂ σ. Wir identifizieren σ und τ mit {0, . . . , dim(σ)} und {0, . . . , dim(τ )} mittels der eindeutig bestimmten ordnungserhaltenden Bijektionen und erhalten eine von τ ⊂ σ induzierte ordnungserhaltende Inklusion φ : {0, . . . , dim(τ )} → {0, . . . , dim(σ)} . Die Äquivalenzrelation ∼ identifiziere jedes x ∈ ∆τ mit iφ (x) ∈ ∆σ . Der Quotientenraum |Σ| := T / ∼ heißt die geometrische Realisierung von Σ oder auch der zu Σ gehörende geometrische Simplizialkomplex. Offensichtlich ist |Σ| ein normaler Raum und kompakt genau dann, wenn der abstrake Simplizialkomplex Σ endlich ist. Proposition |∆nabstr | ≈ ∆n . Bernhard Hanke Quotientenräume, Simplizialkomplexe 6/6