Grundlagen der algebraischen Zahlentheorie

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Grundlagen der algebraischen Zahlentheorie
Philipp Habegger
30. Mai 2012
Inhaltsverzeichnis
-1 Vorwort
5
0 Einführung
7
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
1.1 Zahlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Mehr über Körpererweiterungen . . . . . . .
1.3 Ring der ganzen Zahlen in einem Zahlkörper
1.4 Diskriminante . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5 Dedekindsche Ringe . . . . . . . . . . . . . .
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11
11
12
14
18
22
2 Primidealfaktorisierung in ZK
33
2.1 Zerfällung von Primzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
2.2 Kreisteilungskörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3 Klassen- und Einheitengruppe
3.1 Geometrie der Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Einbettung von ZK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Dirichlets Einheitensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
49
52
58
4 Diophantische Anwendung
63
3
-1 Vorwort
Ich gehe davon aus, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis die gröbsten Fehler korrigiert sind. Sie lesen das Skript auf eigene Gefahr! Korrekturvorschläge nehme ich gerne
entgegen. Bitte teilen Sie mir solche per Email oder persönlich nach der Vorlesung mit.
Folgende zwei Bücher dienten als Grundstruktur für dieses Skript. Sie enthalten bei
auch viel weiterführendes Material, wobei [1] als Einführung in das Thema und [2] als
Vertiefung anzusehen ist.
1 Marcus, “Number Fields”, Springer Verlag
2 Neukirch, “Algebraische Zahlentheorie” Springer Verlag
5
0 Einführung
Der Ausgangspunkte der algebraischen Zahlentheorie ist im 19. Jahrhundert. Die vielleicht wichtigste Motivation war es, folgende Behauptung von Fermat zu beweisen, für
dessen Beweis ihm bekanntlich das nötige Papier fehlte.
Satz (Fermats “letzter Satz”). Sei n ≥ 3 eine ganze Zahl und x, y, z ∈ Z mit xn + y n =
z n . Dann gilt xyz = 0.
Obwohl er oft mit Fermats Satz bezeichnet wird, wurde dieses Resultat erst 1994 durch
Andrew Wiles, mit der Hilfe von Richard Taylor, bewiesen. Der Ansatz von Wiles wird
für diese Vorlesung keine Rolle spielen, da die von ihm verwendeten Methoden weit mehr
als algebraische Zahlentheorie benötigen.
Dennoch werden wir mit klassischen Methoden eine schwache Version von Fermats letzten Satz beweisen. Dazu können wir zuerst eine einfache Reduktion durchführen.
Seien x, y, z ∈ Z und n ≥ 3 mit
xn + y n = z n .
Ist p eine Primzahl, die n teilt, so können wir n = pm mit m ∈ N schreiben. Es gilt
(xm )p + (y m )p = (z m )p .
In anderen Worten erfüllen x0 = xm , y 0 = y m , z 0 = z m die Gleichung
x0p + y 0p = z 0p .
Natürlich ist xyz = 0 genau dann, wenn x0 y 0 z 0 = 0.
Um Fermats letzten Satz zu beweisen genügt es also, denn Fall n = p zu behandeln. Diese
Reduktion scheint zwar unspektakulär, führt aber zu einer wesentlichen Vereinfachung
des Problems.
Nachdem wir genügend Theorie im Laufe des Semesters aufgebaut haben, werden wir
folgende schwache Variante von Fermats Satz beweisen können.
Satz. Sei p ≥ 3 eine reguläre Primzahl. Falls
xp + y p = z p
mit
x, y, z ∈ Z
dann gilt
p|xyz.
Beachten Sie, dass diese Resultat in zweierlei Hinsicht schwächer als der Satz von Wiles
ist. Erstens ist die Schlußfolgerung p|xyz nicht die optimale, nämlich dass mindestens eines der drei Zahlen x, y, z gleich Null ist. Mit erheblich größerem Aufwand ist es übrigens
mit klassischen Methoden möglich, p|xyz durch xyz = 0 zu ersetzen.
7
0 Einführung
Zweitens müssen wir uns auf reguläre Primzahlen beschränken. Die Bedeutung des Adjektivs “regulär” wird erst im Laufe des Semester erläutert. Zuerst müssen wir Konzepte
wie ganze algebraische Zahlen und Klassengruppen einführen. Die drei kleinsten irregulären Primzahlen sind
37, 59 und 67
und das sind die einzigen unter 100.
Heuristische Überlegungen, auf die wir nicht weiter eingehen werden, legen nahe, dass
eine Primzahl mit “Wahrscheinlichkeit”
e−1/2 = 0.60653 . . .
regulär ist. Dennoch ist es bis heute ein offenes Problem zu beweisen, dass es unendlich
viele reguläre Primzahlen gibt!
Obwohl wir noch einiges an Theorie erarbeiten müssen, bevor wir die schwächere Version
von Fermats letzten Satz zeigen können, ist die dem Beweis zugrunde liegene Idee einfach.
Wir verdeutlichen diese Idee an einer einfacheren Gleichung, die den Zuhörer aus meiner
Algebra Vorlesung bekannt sein sollte. Das folgende Beispiel ist direkt aus dem Skript
jener Vorlesung entnommen.
Wir interessieren uns für ganzzahlige Lösungen (x, y) der Gleichung
y 2 = x3 + 1.
Satz. Die einzige Lösung mit x ungerade ist (−1, 0). (Über Lösungen mit x gerade
machen wir hier keine Aussage.)
Beweis. Wir schreiben die Gleichung um und faktorisieren
y 2 − 1 = x3
also
(y − 1)(y + 1) = x3 .
Behauptung: Die Zahlen y − 1 und y + 1 sind teilerfremd.
Ein gemeinsamer Teiler d ∈ Z von y−1 und y+1 ist auch ein Teiler von (y+1)−(y−1) = 2.
Also kommt nur d ∈ {±1, ±2} in Frage. Ist d = ±2, dann ist 2 ein Teiler von x3 und somit
auch ein Teiler von x. Dieser Widersprich zur Voraussetzung erledigt die Behauptung.
fm
Wir schreiben nun y − 1 = ±pe11 · · · penn und y + 1 = ±q1f1 · · · qm
mit Primzahlen pi , qi
und ei , fi ∈ N. Das Produkt (y − 1)(y + 1) ist eine dritte Potenz und y + 1, y − 1 haben
verschiedene Primteiler. Aus der Eindeutigkeit der Primfaktorisierung folgt, dass sowohl
die ei wie auch die fi Vielfache von 3 sind. Inbesondere ist y − 1 = ±z 3 und y + 1 = ±w3
mit z, w ∈ Z. Wegen (−1)3 = −1 verschluckt der Kubus ein negatives Vorzeichen. Wir
dürfen y − 1 = z 3 und y + 1 = w3 annehmen.
Wir nehmen wieder die Differenz und erhalten 2 = (y + 1) − (y − 1) = w3 − z 3 . Dass
zwei Kuben sich so nahe sind ist ungewöhnlich. Die Kuben ganzer Zahlen sind
. . . − 27, −8, −1, 1, 8, 28, . . . .
Differenz 2 tritt nur zwischen 1 und −1 auf. Es folgt also w = 1 und z = −1.
8
Das kann man formal wie folgt beweisen. Aus w3 −z 3 = 2 folgt w > z und (z+1)3 −z 3 ≤ 2.
Wir multiplizieren die linke Seite aus, dividieren durch 3 und erhalten z 2 + z − 1/3 ≤ 0.
Hieraus folgt z = 0 oder z = −1. Aber w3 = 2 is unlösbar in w ∈ Z. Also muss z = −1
und w = 1 gelten.
Es gilt y = 1 + z 3 = 0 und damit x = −1. Das ist also die einzige Lösung (für x
ungerade).
Der Grund wieso wir uns auf ungerade x einschränken mussten ist das Analogon zu
p - xyz in der vereinfachten Version von Fermats Satz.
Als nächstes wollen wir die eben beschrieben Method anwenden, um ganzzahlig Lösungen
x, y, z von xp + y p = z p zu untersuchen. Wir üblich ist p eine ungerade Primzahl. Unter
der Annahme, dass xp + y p = z p und dass xyz 6= 0 wollen wir einen Widerspruch
herleiten. Dazu formen wir um
xp = z p − y p = y p (tp − 1)
mit
t=
z
.
y
Nun betrachten wir den Ausdruck T p − 1 als Polynom P (T ) ∈ Q[T ]. Dieses Polynom
besitzt genau p verschiedene komplexe Nullstellen
1, e
2πi
p
,e
4πi
p
,...,e
2πi(p−1)
p
.
Wir kürzen ζp = e2πi/p ab. Unser Polynom faktorisiert wie folgt
P (T ) = (T − 1)(T − ζp ) · · · (T − ζpp−1 )
und daraus leiten wir
xp = (z − y)(z − ζp y) · · · (z − ζpp−1 y)
ab.
Die oben vorgelegt Strategie suggeriert nun folgendes Vorgehen.
(i) Zunächst sollten wir versuchen zu beweisen, dass z − y, z − ζp y, . . . , z − ζpp−1 y
paarweise teilerfremd sind.
(ii) Danach könnte man hoffe, dass jeder Faktor z − ζpi y (für 0 ≤ i ≤ p − 1) eine p-te
Potenz ist.
(iii) Schließlich sind wir versucht, aus (ii) einen Widerspruch herzuleiten.
Schon Schritt (i) führt zu einem Problem. Die Ausdrücke z − ζpi y sind für i 6= 0 keine
ganze Zahlen und lediglich komplexe Zahlen. Da der Ring der komplexen Zahlen ein
Körper ist, ist seine Teilbarkeitstheorie trivial. Wir können uns nicht erhoffen hieraus
Information zu gewinnen. Es bietet sich jedoch an, im Ring
Z[ζp ] = {a0 + a1 ζp + · · · + ap−1 ζ p−1 ; a0 , . . . , ap−1 ∈ Z}
9
0 Einführung
zu arbeiten. Dieser enthält die relevante Elemente z − ζ i y und ist den ganzen Zahlen
“näher” als den komplexen.
Um wie in (i) von Teilerfremdheit zu sprechen, setzt voraus, dass man es mit einem
faktoriellen Ring zu tun hat. Bekannterweise ist Z faktoriell, aber wie steht es mit Z[ζp ]?
Leider gilt folgender Satz, den wir nicht beweisen werden:
Satz. Der Ring Z[ζp ] ist faktoriell
⇐⇒
p ≤ 19.
Ein faktorieller Ring zu sein, ist also eine zu starke Einschränkung. Wir werden zwar
nicht direkt beweisen können, dass Z[ζ23 ] nicht faktoriell ist, aber folgendes Beispiel soll
verdeutlichen, dass es sich um ein grundsätzliches Phänomen handelt.
√
√
Beispiel. Man rechnet leicht nach, dass R = Z[ −5] = {a + b −5; a, b ∈ Z} ein
Unterring der komplexen Zahlen ist. Dieser Ring ist nicht faktoriell, da die zwei Faktorisierungen
√
√
6 = 2 ∗ 3 = (1 + −5)(1 − −5)
√
nicht äquivalent sind. Es lässt sich beweisen, dass 2, 3, 1 ± −5 irreduzible Element
von R sind. Weiterhin sind sie paarweise nicht assoziert. Folglich haben wir 6 auf zwei
verschiedene Arten faktorisiert.
Die Lösung dieses Problems liegt in Dedekinds Idealtheorie. Die Idee ist, kurz gesagt,
nicht Elemente zu faktoriseren, sondern Ideale. Das Wort Ideal stammt von der Ansicht,
dass Ideale in bestimmten Situationen bessere Faktorisierungseinschaften besitzen als
Element eines Rings. Wir werden in den ersten zwei Kapitel beweisen, dass sich in
für uns interessante Situationen, Ideale eindeutig als Produkt von Primideal schreiben
lassen. Dieser Faktorisierungssatz gilt natürlich nicht in jedem Ring, sondern in einem
sogenannten Dedekindschen Ring. Diese Klasse reicht für viele Anwendungen in der
Zahlentheorie aus.
Der grobe Plan der Vorlesung sieht wie folgt aus.
Kapitel 1. Wir führen Dedekindsche Ringe ein und liefern eine √
wichtige Klasse von Beispielen.
Darunter befinden sich die Ringe Z, Z[ζp ] sowie Z[ −5]. Sie verallgemeinert den
Ring der ganzen Zahl.
Kapitel 2. Hier beweisen wir den Faktorisierungssatz für Ideale in einem Dedekindschen Ring.
Kapitel 3. Wir studieren eine wichtige Invariante eines Dedekindschen Rings: die Klassengruppe. Es handelt sich um eine abelsche Gruppe welche “mißt”, wie weit ein
Dedekindscher Ring davon entfernt ist, faktoriell zu sein.
Kapitel 4. Zuletzt werden wir die erarbeitete Theorie verwenden, um eine schwache Version
von Fermats letzten Satz zu beweisen.
10
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
Ziel dieses Kapitels ist es, Ringe zu definieren welche in arithmetischen Anwendungen
auftreten. Diese sind die sogenannte Dedekindschen Ring.
1.1 Zahlkörper
Gegeben seien zwei Körper K und F mit K ⊃ F . Dann nennt man das Paar K/F eine
Körpererweiterung und K eine Körpererweiterung von F . Man kann K auf natürliche
Art als Vektorraum über F (oder F -Vektorraum) betrachten. Insbesondere besitzt K
eine Basis als F -Vektorraum. Wir werden uns hauptsächlich für den Fall interessieren
wo dieser Vektorraum endliche Dimension hat.
Definition. Seien K und F Körper mit K ⊃ F . Falls K ein endlich dimensionaler
F -Vektorraum ist so nennt man die Erweiterung K/F endlich und setzt
[K : F ] = dimF K.
Man sagt auch, dass K eine endliche Erweiterung von F ist. Die Dimension [K : F ]
heisst Grad der Erweiterung.
In der Zahlentheorie speilt der Körper Q der rationalen Zahlen eine besondere Rolle.
Deshalb kriegen die endlichen Erweiterungen von Q einen besonderen Namen.
Definition. Eine endliche Erweiterung von Q heisst Zahlkörper. Der Grad eines Zahlkörpers
ist [K : Q].
Es folgen ein paar Beispiele.
Beispiel.
(i) Natürlich ist Q selbst ein Zahlkörper.
√
(ii) Das Polynom X 2 + 1 is irreduzibel in Q[X]. Somit ist K = Q[X]/(P ) = Q( −1)
ein Zahlkörper und K/Q hat Grad 2.
(iii) Der Körper der reellen Zahlen R ist kein Zahlkörper. Wäre R/Q eine endliche
Erweiterung, so wäre R als Menge isomorph zu Qn mit n ∈ N und damit abzählbar
unendlich. Dies ist jedoch absurd.
(iv) Ein Zahlkörper K heißt quadratisch, falls [K : Q] = 2. Neben Q sind quadratische
Zahlkörper die einfachsten Beispiele.
Sei m ∈ Z r {0, 1} eine quadratfreie Zahl. D.h. es gibt keine Primzahl p mit p2 |m.
Das Polynom
P = X 2 − m ∈ Q[X]
11
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
ist irreduzibel wegen dem Kriterium von Eisenstein. Der Quotient Q[X]/(P ) ist
ein Körper K und es gilt
√
K = Q( m)
√
wobei m gleichbedeutend mit der Restklasse X + (P ) ∈ K ist.
Eine Basis von K als Q-Vektorraum ist durch
(1,
√
m)
gegeben. D.h. jedes Element aus x ∈ K lässt sich auf eindeutige Art als Linear√
kombination x = a + mb mit a, b ∈ Q schreiben.
√
Wir werden später sehen, dass jede quadratische Erweiterung von Form Q( m)
ist.
(v) Das Eisenstein Kriterium impliziert ebenfalls, dass X 3 −2 ein irreduzibles Polynom
in Q[X] ist. Der Körper Q(21/3 ) ist somit ein Zahlkörper vom Grad 3.
Zahlkörper haben Charakteristik 0. Es gibt auch ein natürlich Analogon in Charakteristik p > 0 und diese sind endliche Körpererweiterungen von Fp (X), dem Körper der
rationalen Funktionen mit Koeffizienten in Fp = Z/pZ. Solche Körper werden in dieser
Vorlesung keine Rolle spielen.
1.2 Mehr über Körpererweiterungen
In diesem Abschnitt sind K ⊃ F Körper so, dass K/F eine endliche Körpererweiterung
ist.
Schon im letzten Abschnitt haben wir gesehen, dass K ein endlich dimensionaler F Vektorraum ist. Jetzt werden wir Konzepte aus der linearen Algebra verwenden um
Element von K zu untersuchen.
Jedes x ∈ K induziert einen Endomorphismus ϕx von K (als F -Vektorraum) wie folgt:
ϕx : K → K
ist gegeben durch ϕx (y) = xy
für alle
y ∈ K.
Wir werden später ϕx mit der Hilfe einer F -Basis von K als Matrix ausdrücken. Die
folgenden zwei Definition sind natürlich basisunabhängig.
Definition. Die Notation sie wie oben.
(i) Die Spur T rK/F (x) von x (bezüglich K/F ) ist die Spur von ϕx betrachtet als
Endomorphism des F -Vektorraums K.
(ii) Die Norm NK/F (x) von x (bezüglich K/F ) ist die Determinante von ϕx betrachtet
als Endomorphism des F -Vektorraums K.
Die Notation T rK/F (x) kommt aus dem Englischen oder Französischen (“trace”).
12
1.2 Mehr über Körpererweiterungen
Beispiel. (i) Hier ist F = R und K√= C. Die Erweiterung C/R hat Grad 2. Eine RBasis von C is
√gegeben durch (1, −1) (die Wahl der Wurzel von −1 is irrelevant).
Sei x = a + b −1 mit x, y ∈ R. Dann wird ϕx bezüglich der eben erwähnten Basis
durch
a −b
b a
repräsentiert. Demnach ist T rC/R (z) = 2a und NC/R (z) = a2 + b2 .
(ii) Schauen wir uns eine endliche Erweiterung von Q an. √
Das Polynom X 2 − 5 is
irreduzibel in Q[X]. Deshalb ist K = Q[X]/P Q[X]
√ = Q( 5) eine endliche Erweiterung von Q; der Grad [K : Q] ist 2. Jetzt ist (1, 5) eine √
Q-Basis von K (wieder
ist die Wahl der Wurzeln von 5 irrelevant). Sei x = a + 5b. Bezüglich unserer
Basis wird ϕx durch
a 5b
b a
repräsentiert. Deshalb gilt T rK/Q (x) = 2a und NK/Q (x) = a2 − 5b2 .
Wir werden nun Spur und Norms eines Elements mit Hilfe von Körpereinbettungen
beschreiben.
Erinnerung. Aus der Algebra kennen wir den folgenden Satz.
(i) (Satz des primitiven Elements.) Sei K eine endliche Körpererweiterung von F
mit F von Charakteristik 0. Dann existiert ein x ∈ K mit K = F (x). In anderen Worten, es gibt ein irreduzibeles Polynom P ∈ F [X] so, dass K zum Körper
F [X]/P F [X] isomorph ist.
(ii) Seien F und K wie in (i) und L ein Körper mit L ⊃ K, so dass P in L[X] in Linearfaktoren zerfällt. Sei d = [K : F ]. Es gibt paarweise verschiedene Einbettungen
σ1 , . . . , σd : K → L mit σi |F die Identität auf F .
Beispiel. Das Resultat
√ (ii) von oben wird durch folgendes Beispiel illustriert. Man nehme F = Q, K = Q( 5) und√L = C.
√ Dann ist√[K : Q]√= 2 und die zwei Einbettungen
σ1,2 : K → C sind durch σ1 ( 5) = 5 und σ2 ( 5) = − 5 festgelegt.
Die Bedingung im Satz des primitiven Elements, dass F Charakteristik 0 haben soll
kann durch eine schwächere ersetzt werden: man muss nur annehmen, dass K/F eine
separabele Körpererweiterung ist. Dies gilt zum Beispiel wenn F ein endlicher Körper
ist.
Nun können wir Spur und Norm mit Hilfe der σi ausdrücken.
Lemma 1.1. Seien F, K, L, d und σ1 , . . . , σd wie oben in (ii). Für x ∈ K gilt
T rK/F (x) =
NK/F (x) =
d
X
i=1
d
Y
σi (x) = −a1 [K : F (x)]
(x)]
σi (x) = (−1)[K:F ] a[K:F
m
i=1
13
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
wobei X m + a1 X m−1 + · · · + am ∈ F [X] das F -Minimalpolynom von x ist.
Beweis. Wir werden annehmen, dass F (x) = K gilt. Der allgemeine Fall F (x) ⊂ K wird
in einer Übungsaufgabe behandelt.
Sei P das F -Minimalpolynom von x mit den Koeffizienten wie in der Behauptung. Wegen
unserer Annahmen gilt aber nun m = d.
Die Elements 1, x, x2 , . . . , xd−1 sind F -linear unabhängig. Deshalb ist (1, x, x2 , . . . , xd−1 )
eine F -Basis von K. Bezüglich dieser Basis wird ϕx durch


0 0 · · · 0 −ad
 1 0
0 −ad−1 




.
.
.
.
 0 1

.
.


 .. .. . .

..
..
 . .

. .
.
0 0 · · · 1 −a1
repräsentiert. Spur und Determinante dieser Matrix sind −a1 und (−1)d ad . Somit gilt
T rK/F (x) = −a1 und NK/F (x) = (−1)d ad und die Hälfte des Lemmas ist bewiesen.
Über L faktorisiert P vollständig in Linearfaktoren
d
P = X + a1 X
d−1
d
Y
+ · · · + ad =
(X − σi (x)).
i=1
Ein Koeffizientenvergleich liefert
−a1 =
d
X
σi (x)
i=1
und
d
(−1) ad =
d
Y
σi (x)
i=1
und damit ist der Beweis vollständig.
Wir werden uns später mit Spur und Norm auf K beschäftigen. Zunächst konzentrieren
wir uns aber auf Ringe.
1.3 Ring der ganzen Zahlen in einem Zahlkörper
Das Ziel dieses Abschnitts ist es die “korrekte” Verallgemeinerung
ZK für Z in einem
√
Zahlkörper
K
zu
konstruieren.
Zum
Beispiel
im
Fall
K
=
Q(
−1)
werden wir ZK =
√
Z[ −1] erhalten.
Die Konstruktion ist aber ein ganz allgemeines Konzept aus der kommutativen Algebra.
Definition. Sei K ein Körper und A ein Unterring von K. Dann heisst
AK = {x ∈ K; es existieren a1 , . . . , ad ∈ A mit xd + a1 xd−1 + · · · + ad = 0}
der ganze Abschluss von A in K. Elemente von AK heissen ganz über A.
14
1.3 Ring der ganzen Zahlen in einem Zahlkörper
Diese Definition macht auch Sinn, wenn der Körper K durch einen Ring ersetzt wird.
Bemerkung. (i) Es ist a priori nicht klar, dass AK ein Unterring von K ist. Wir
werden aber genau dies weiter unten beweisen.
(ii) Auf jeden Fall gilt A ⊂ AK denn jedes a ∈ A ist Nullstelle von X − a.
Bevor wir zu weiteren Eigenschaften von AK kommen werden wir uns ein wichtiges
Beispiel anschauen: A = Z und K = Q.
Lemma 1.2. Es gilt ZQ = Z.
Beweis. Die Inklusion Z ⊂ ZQ wurde schon erwähnt. Es reicht also zu zeigen, dass x ∈ Z
aus x ∈ ZQ folgt. Da x ∈ Q gibt es teilerfremd p, q ∈ Z mit q 6= 0 so, dass x = p/q. Nun
ist x auch ganz über Z. Somit existieren a1 , . . . , ad ∈ Z mit xd + a1 xd−1 + · · · + ad = 0.
Oder
pd + a1 pd−1 q + · · · + ad q d = 0.
(1.1)
Sei nun l eine Primzahl welche q teilt. Aus (1.1) schliessen wir, dass l auch p teilen muss.
Dies widersprich aber der Annahme, dass p und q teilerfremd sind. Somit hat q keine
Primteiler. Also q = ±1 und x ∈ Z.
Wir zeigen weiter unten, dass AK ein Ring ist. Dafür brauchen wir eine alternative aber
äquivalente Definition.
Lemma 1.3. Sei K ein Körper und A ⊂ K ein Unterring mit x1 , . . . , xn ∈ K. Die
folgenden zwei Aussagen sind äquivalent.
(i) Wir haben x1 , . . . , xn ∈ AK .
(ii) Der Ring A[x1 , . . . , xn ] is ein endlich erzeugter A-Modul. (Das heisst, es gibt
y1 , . . . , ym ∈ A[x1 , . . . , xn ] mit A[x1 , . . . , xn ] = y1 A + · · · + ym A.)
Beweis. Wir zeigen zunächst (i)⇒(ii) über Induktion auf n. Sei n = 1 und x = x1 . Es
existieren a1 , . . . , an ∈ A mit xd + a1 xd−1 + · · · + ad = 0. Somit haben wir xd ∈ xd−1 A +
0
· · · + A. Induktion auf d0 zeigt nun, dass für d0 ≥ d die Beziehung xd ∈ xd−1 A + · · · + A
gilt. Daraus folgt, dass A[x] als A-Modul von xd−1 , . . . , x, 1 erzeugt wird.
Sei also n > 1. Aus der Induktionsvoraussetzung folgt A[x1 , . . . , xn−1 ] = y1 A + · · · + ym A
für geeignet yi . Deshalb ist A[x1 , . . . , xn ] = y1 A[xn ] + · · · ym A[xn ]. Aus dem Fall n = 1
folgt, dass A[xn ] ein endlich erzeugter A-Modul ist. Somit ist die Implikation (i)⇒(ii)
bewiesen.
Nun zu (ii)⇒(i). Aus Symmetriegründen reicht es zu zeigen, dass x = x1 ganz über A
ist. Sei also A[x1 , . . . , xn ] = y1 A + · · · + ym A. Für jedes 1 ≤ i ≤ m haben wir
xyi =
m
X
αij yj
j=1
15
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
für geeignete αij ∈ A. Die Matrix M = [αij ]1≤i,j≤m hat Koeffizienten in A und erfüllt
Av = xv
mit v = (y1 , . . . , ym )t ∈ K m ,
wobei t transponieren bedeutet. Es gilt v 6= 0, also is v ein Eigenvektor von A mit
Eigenwert x. Da sich alles im Körper K abspielt ist x Nullstelle des charakteristischen
Polynoms von A. Dieses ist aber normiert mit Koeffizienten in A. Deshalb ist x ganz
über A.
Die Tatsache, dass AK ein Ring ist folgt nun leicht.
Proposition 1.4. Sei K ein Körper und A ein Unterring von K. Dann ist AK ein
Unterring von K.
Beweis. Es reicht zu zeigen, dass mit x, y ∈ AK auch x − y und xy in AK liegen (die
restlichen Ringaxiome sind trivialerweise erfüllt). Aus Lemma 1.3 (i)⇒(ii) folgt, dass
A[x, y] = A[x, y, x − y, xy] ein endlich erzeugter A-Modul ist. Die Umkehrung (ii)⇒(i)
zeigt aber, dass x, y, x − y, xy alle in AK liegen.
Jetzt kommen wir zu einer wichtigen Definition, die der ganzen algebraischen Zahlen in
einem Zahlkörper.
Definition. Sei K ein Zahlkörper. Dann heisst ZK der Ring der ganzen Zahlen in K.
Element von ZK heissen ganze Zahlen von K.
Algebraische Zahlentheorie ist zu einem grossen Teil das Studium von Eigenschaften
dieser Ringe.
Beispiel. Wir haben schon gesehen, dass ZQ = Z gilt. (Das gleiche Argument zeigt
übrigens, dass ZK ∩ Q = Z für jeden Körper K ⊃ Q gilt.) Man erhält also nichts neues
im Falle K = Q, was natürlich zu erwarten war. Auf der anderen Seite ist ZK ) Z für
jeden Zahlkörper K mit K 6= Q.
Bemerkung. Der Ring ZC is auch wohldefiniert. Er heißt Ring der ganzen algebraischen
Zahlen, wird jedoch in der Vorlesung keine besondere Rolle spielen.
Das nächste Lemma ist oftmals nützlich um ZK zu bestimmen.
Lemma 1.5. Sei K ein Zahlkörper und x ∈ K mit Q-Minimalpolynom P ∈ Q[X]. Dann
gilt x ∈ ZK genau dann, wenn P ∈ Z[X].
Beweis. Die Richtung ⇐ folgt aus der Definition. Sei also x ∈ ZK . Es existiert R =
X d + a1 X d−1 + · · · + ad ∈ Z[X] mit R(x) = 0. Somit teilt P das Polynom R im Ring
Q[X]. In anderen Worten, es gilt R = P Q mit Q ∈ Q[X]. Da P und Q normiert sind gibt
es p, q ∈ Z positiv mit pP, qQ ∈ Z[X] primitiv (d.h. ihre Koeffizienten sind teilerfremd).
Das Gauss’sche Lemma impliziert, dass das Produkt (pP )(qQ) = pqR primitiv ist. Das
ist aber nur möglich falls pq = 1 = p = q. Also hat P Koeffizienten in Z.
16
1.3 Ring der ganzen Zahlen in einem Zahlkörper
Wir bestimmen nun ZK für die einfachsten nichttrivialen Zahlkörper, den quadratischen
Erweiterungen von Q.
Beispiel. Sei m ∈ Z r {0, 1} quadratfrei. Insbesondere gilt m 6≡ 0 mod 4. Aus dem
Eisensteinschen Kriterium folgt, dass X 2 − m in Q[X] irreduzibel ist für m 6= −1. Im
Fall m = −1 ist dieses Polynom natürlich auch irreduzibel. Deshalb ist K = Q[X]/(X 2 −
√
m)Q[X] = Q( m) eine quadratische Erweiterung von Q, d.h. [K : Q] = 2. Aus der
Algebra sollte bekannt sein, dass jede quadratische Erweiterung von Q von dieser Form
ist.
√
Wir berechnen ZK . Zunächst bemerken wir, dass m ∈ ZK . Weil ZK ein Ring ist folgt
√
√
daraus sofort, dass Z[ m] = Z + mZ ⊂ ZK .
√
Jedes Element x ∈ ZK hat die Form a + mb mit a, b ∈ Q. Wir werden nun weitere
Bedingungen an a, b finden. Falls b = 0, dann ist x = a ∈ ZK ∩ Q = Z (siehe Bemerkung
im Beispiel oben). Nehmen wir von nun an also b 6= 0 an. Es gilt m = ((x − a)/b)2 und
eine kurze Rechnung zeigt, dass
P = X 2 − 2aX + (a2 − b2 m) ∈ Q[X]
bei x verschwindet. Somit ist P das Q-Minimalpolynom von x. Aus der ⇒ Richtung von
Lemma 1.5 wissen wir, dass P ∈ Z[X]. In anderen Worten, a0 = 2a, a2 − b2 m ∈ Z.
Somit ist a02 − 4b2 m ∈ 4Z und deshalb 4b2 m ∈ Z. Weil m quadratfrei ist, folgt hieraus
b0 = 2b ∈ Z (nutze die Primfaktorisierung in Z). Wir haben also a02 − b02 m ∈ 4Z oder
a02 ≡ b02 m
mod 4.
Falls a0 ungerade ist, so gilt a02 ≡ 1 mod 4 und deshalb b02 m ≡ 1 mod 4. Das kann
aber nur sein falls b0 auch ungerade ist und m ≡ 1 mod 4.
Diese Argument zeigt, dass im Falle m ≡ 2, 3 mod 4 beide a0 , b0 gerade sind. Dann sind
√
√
a und b in Z und wir folgern x ∈ Z + Z m = Z[ m]. Zusammenfassend,
√
(1.2)
ZK = Z[ m] falls m ≡ 2, 3 mod 4.
Es bleibt den Fall m ≡ 1 mod 4 zu betrachten ( m ≡ 0 mod 4 ist unmöglich). Hier
wissen wir, dass a02 ≡ b02 mod 4. Also teilt 4 das Produkt (a0 − b0 )(a0 + b0 ). Das ist aber
nur möglich, falls a0 − b0 gerade ist. Aber a − b = (a0 − b0 )/2 ∈ Z und somit ist x von der
√
Form a00 + b0 (1 + m)/2 mit a00 = (a0 − b0 )/2 ∈ Z. Andererseits ist einfach zu zeigen,
√
dass (1 + m)/2 ganz über Z ist mit Q-Minimalpolynom X 2 − X + (1 − m)/4 ∈ Z[X].
Zusammenfassend,
√ 1+ m
ZK = Z
falls m ≡ 1 mod 4.
(1.3)
2
Bemerkung. Ist K ein Zahlkörper, so gibt es im Allgemeinen kein x ∈ ZK mit ZK =
Z[x].
Lemma 1.6. Sei K ein Zahlkörper und x ∈ ZK . Dann sind T rK/Q (x) und NK/Q (x) in
Z.
Beweis. Wegen Lemma 1.5 liegt das Q-Minimalpolynom X m + a1 X m−1 + · · · + am von
x in Z[X]. Spur und Norm von x sind also in Z wegen (1.1).
17
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
1.4 Diskriminante
Die primitivste Invariante eines Zahlkörpers ist sein Grad. Die Diskriminante eines
Zahlkörpers ist eine Invariant die sich nicht so einfach definieren oder bestimmen lässt.
Sie ist jedoch aus zweierlei Hinsicht von grundlegender Bedeutung. Erstens ist sie ein
wichtiges technisches Hilfsmittel; auf diesen Aspekt werden wir uns im aktuellen Abschnitt konzentrieren. Zweitens verschlüsselt die Diskriminante “fast” alle Information
eines Zahlkörpers. Wir werden erst später diese Information extrahieren können.
Wir beginnen mit der Definition der Diskriminante eines Tupels.
Definition. Sei F ein Körper und K eine endliche Erweiterung von Grad d. Die Diskriminante eines Tupels (x1 , . . . , xd ) ∈ K d ist

T rK/F (x1 x1 ) · · ·

..
∆K/F (x1 , . . . , xd ) = det 
.
T rK/F (xd x1 ) · · ·

T rK/F (x1 xd )

..
.
.
T rK/F (xd xd )
Sie ist ein Element von F da alle Spuren schon in F liegen.
Sie F ein Körper der Charakteristik 0, wir werden den Satz des primitiven Elements
anwenden um die Diskriminante auf alternative Weise zu berechnen.
Für die nächsten zwei Lemmas brauchen wir die folgende Notation. Gegeben sei ein
Körper F der Charakteristik 0 und eine endliche Erweiterung K von Grad d. Es existiert
ein Körper L welcher F enthält und d paarweise verschiedene Einbettungen σ1 , . . . , σd :
K → L mit σi |F = idF for 1 ≤ i ≤ d. Diese Existenzaussage ist eine Konsequenz vom
Satz des primitiven Elements.
Lemma 1.7. Sei (x1 , . . . , xd ) ∈ K d .
(i) Es gilt

σ1 (x1 ) · · ·

..
∆K/F (x1 , . . . , xd ) = det 
.
σd (x1 ) · · ·
(ii) Falls yi =
Pd
j=1 αij xj
2
σ1 (xd )

..
 .
.
σd (xd )
mit αij ∈ F , dann gilt
∆K/F (y1 , . . . , yd ) = det(A)2 ∆K/F (x1 , . . . , xd )
wobei

α11 · · ·
 ..
A= .
αd1 · · ·
die entsprechende Übergangsmatrix ist.
18

α1d
.. 
. 
αdd
(1.4)
1.4 Diskriminante
Beweis. Um das Lemma zu beweisen definieren wir M als die Matrix auf der rechten
Seite von (1.4). Es gilt


σ1 (x1 x1 ) + · · · + σd (x1 x1 ) · · · σ1 (x1 xd ) + · · · + σd (x1 xd )


..
..
det M 2 = det M t M = det 
.
.
.
σ1 (xd x1 ) + · · · + σd (xd x1 ) · · · σ1 (xd xd ) + · · · + σd (xd xd )
Diese Determinante ist nun gerade ∆K/F (x1 , . . . , xd ) wegen Lemma 1.1.Also folgt Teil
(i).
Teil (ii) folgt aus
∆K/F (y1 , . . . , yd ) = (det M At )2 = det(A)2 ∆K/F (x1 , . . . , xd );
die zweite Gleichheit ist eine Konsequenz von (i).
Die Tatsache dass wir eine F -Basis (x1 , . . . , xd ) durch eine beliebe ersetzen können um
die Diskriminante zu berechnen (wenn man die ensprechende Übergangsmatrix kennt)
ist entscheidend im nächsten Lemma.
Lemma 1.8. Sei (x1 , . . . , xd ) ∈ K d eine F -Basis von K. Dann ist ∆K/F (x1 , . . . , xd ) 6=
0.
Beweis. Weil F Charakteristik 0 hat gibt es x ∈ K mit K = F (x). In anderen Worten,
(1, x, . . . , xd−1 ) ist eine F -Basis von K. Wegen Teil (ii) des vorhergehenenden Lemmas
genügt es das aktuelle Lemma für diese Basis zu zeigen; die Übergangsmatrix ist natürlich
nicht-singulär.
Aus Lemma 1.7(ii) erhalten wir

2
1 σ1 (x) σ1 (x)2 · · · σ1 (x)d−1


..
∆K/F (1, x, . . . , xd−1 ) = det  ...
 .
.
1 σd (x) σd (x)2 · · ·
σd (x)d−1
Diese Determinante ist von Vandermondeschen Typ. Es gilt
Y
∆K/F (1, x, . . . , xd−1 ) =
(σi (x) − σj (x))2 .
1≤i<j≤d
Da die σi paarweise verscheiden sind und weil K = F (x) gilt folgern wir, dass σ1 (x), . . . , σd (x)
paarweise verschieden sind. Die Diskriminante ist also nicht 0.
Ab jetzt ist K ein Zahlkörper und F = Q. Zur Erinnerung, ZK bezeichnet den Ring der
ganzen algebraischen Zahlen in K. Wir werden jetzt die Diskriminante benutzen um die
Struktur vom ZK als Z-Modul zu untersuchen.
Lemma 1.9. Sei K ein Zahlkörper von Grad d über Q. Des weiteren sei (x1 , . . . , xd ) ∈
K d eine Q-Basis von K wobei wir x1 , . . . , xd ∈ ZK annehmen. Dann gilt
∆K/Q (x1 , . . . , xd )ZK ⊂ x1 Z + · · · + xd Z.
19
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
Beweis. Da (x1 , . . . , xd ) eine Basis von K als Q-Vektorraum ist, können wir jedes x ∈ ZK
als Linearkombination x = α1 x1 + · · · + αd xd mit α1 , . . . , αd ∈ Q schreiben.
Nun berechnen wir die Spur von xi x für die möglichen i in dem wir ihre Q-Linearität
ausnützen
T rK/Q (xi x) = α1 T rK/Q (xi x1 ) + · · · + αd T rK/Q (xi xd ).
Fassen wir alle d Gleichung in eine Matrizengleichung zusammen so erhalten wir

 


T rK/Q (x1 x)
T rK/Q (x1 x1 ) · · · T rK/Q (x1 xd )
α1

 
  .. 
..
..
..
v=
=
 . .
.
.
.
T rK/Q (xd x)
T rK/Q (xd x1 ) · · · T rK/Q (xd xd )
αd
|
{z
} | {z }
M
α
Aus Lemma 1.6 und xi x ∈ ZK folgern wir v ∈ Zd . Lineare Algebra impliziert
Zd 3 M # v = M # M α = det(M )α.
Unsere Definition der Diskriminante ergibt nun ∆K/Q (x1 , . . . , xd )αi ∈ Z für 1 ≤ i ≤ d
und somit ∆K/Q (x1 , . . . , xd )x ∈ x1 Z + · · · + xd Z. Das Lemma folgt da x ∈ ZK beliebig
war.
Beachte, dass das vorhergehende Lemma trivial ist wenn die Diskriminante verschwindet.
Um diesen Fall auszuschliessen brauchen wir also Lemma 1.8. Als Konsequenz erhalten
wir die folgende Proposition welches die Z-Modulstruktur ZK aufklärt..
Proposition 1.10. Sei K ein Zahlkörper von Grad d und sei M 6= 0 ein endlich erzeugter ZK Untermodul von K (als Beispiel ist M = ZK möglich). Dann ist M frei von
Rang d als Z-Modul. In anderen Worten: es gibt Z-linear unabhängige x1 , . . . , xd ∈ M
so dass sich jedes element von M in der Form α1 x1 + · · · + αd αd mit α1 , . . . , αd ∈ Z
schreiben lässt.
Beweis. Sei (x1 , . . . , xd ) eine beliebige Q-Basis von K.
Wir zeigen zuerst, dass wir x1 , . . . , xd ∈ ZK annehmen können. Seien dazu a0 , . . . , ad ∈ Z
mit a0 6= 0 und a0 xd1 + · · · + ad = 0. Dann gilt nach Multiplikation mit ad−1
0
(a0 x1 )d + a1 (a0 x1 )d−1 + · · · + ad−1
0 ad = 0.
Also ist a0 x1 Nullstelle eines normierten Polynoms mit ganzzahligen Koeffizienten und
somit a0 x1 ∈ ZK . Analog können wir x2 , . . . , xd durch positiv ganzzahlige Vielfache
ersetzen die in ZK liegen. Das neue Tupel bleibt eine Q-Basis von K. Also können wir
x1 , . . . , xd ∈ ZK annehmen.
Nun sei
∆ = ∆K/Q (x1 , . . . , xd ) ∈ Q.
Wegen Lemma 1.8 haben wir ∆ 6= 0. Lemma 1.9 zeigt
ZK ⊂
20
x1
xd
Z + · · · + Z.
∆
∆
1.4 Diskriminante
Der Struktursatz über endlich erzeugte Z-Moduln impliziert nun, dass ZK ein freier,
endlich erzeugter Z-Modul von Rang höchstens d ist. Andererseits gilt x1 , . . . , xd ∈ ZK
und diese sind Z-linear unabhängig da sie schon Q-linear unabhängig sind. Also ist der
Rang von ZK als Z-Modul mindestens d.
Wir haben gezeigt, dass ZK ein freier Z-Modul von Rang d ist. Nun wollen wir dasselbe
für M tun. Nach Voraussetzung ist M = y1 ZK + · · · + yn ZK für ein Erzeugersystem
y1 , . . . , yn ∈ M .
Mit dem gleichen Argument wie oben finden wir ein ganzzahliges a ≥ 1 mit ay1 , . . . , ayn ∈
ZK . Also gilt aM ⊂ ZK . Der Struktursatz über endliche erzeugte Z-Moduln impliziert,
dass aM endlich erzeugt und frei von Rang höchstens d ist. Andererseits ist M 6= 0, also
gibt es m ∈ M r {0} und mZK ⊂ M . Daraus folgt, dass M frei von Rang genau d is als
Z-Modul.
Bemerkung. Diese Proposition gilt sogar in folgender Allgemeinheit. Sei K eine endliche Körpererweiterung von F mit [K : F ] = d und F der Charakteristik 0. Weiterhin
sei A ein Unterring von F der ein Hauptidealring ist. Dann ist der ganze Abschluss AK
von A in K ein Ring; dies folgt aus Proposition 1.4. Für ein endlich erzeugter A-Modul
gibt es auch einen Struktursatz Analog zum Fall A = Z; das entscheidende ist, dass A
ein Hauptidealring ist. Mit dem selben Argument wie oben zeigt man, dass jedes endlich
erzeugter AK -Untermodul 0 6= M ⊂ K ein freier A-Modul von Rang d ist. Wir werden
später vielleicht auf diese Verallgemeinerung zurückgreifen. Das nächste Korollar lässt
sich auch in dieser Allgemeinheit formulieren.
Korollar 1.11. Sei K ein Zahlkörper.
(i) Jedes Ideal von ZK is endlich erzeugt. In anderen Worten ist ZK ein noetherscher
Ring.
(ii) Ist I 6= 0 ein Ideal von ZK dann ist I ein freier Z-Modul von Rang [K : Q].
(iii) Der Quotientenkörper Quot(ZK ) von ZK ist K.
Beweis. Sei I ⊂ ZK ein Ideal. Da ZK ein freier Z-Modul von Rang [K : Q] ist gemäßProposition
1.10, impliziert der Struktursatz über endlich erzeugte Z-Moduln dass I frei von Rang
höchstens [K : Q] ist. Insbesondere ist I endlich erzeugt als Z-Modul. Eine Erzeugendersystem als Z-Modul erzeugt auch I als Ideal. Teil (i) folgt.
Um Teil (ii) zu zeigen nimmt man M = I in Proposition 1.10 denn wir wissen jetzt, dass
I ein endliche erzeugtes Ideal ist.
Schliesslich folgt Teil (iii) aus dem Argument welches wir am Anfang des Beweises von
Proposition 1.10 benutzt haben.
Achtung. Sei K ein Zahlkörper und I 6= 0 ein Ideal von ZK . Im Allgemeinen ist I kein
freier ZK -Modul.
Beispiel. Wir Überprüfen direkt dass ZK ein freier Z-Modul von Rang 2 ist falls K ein
√
Zahlkörper von Grad 2 ist. Wir wissen bereits, dass K = Q( m) für ein quadratfreies
21
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
m ∈ Z r {0, 1}. Weiterhin haben wir in der letzten Vorlesung gesehen, dass
(
√
: falls m ≡ 2, 3 mod 4,
Z+Z m
√
ZK =
1+ m
Z+Z 2
: falls m ≡ 1 mod 4.
√
√
Im ersten Fall ist (1, m) eine Z-Basis von ZK und im zweiten Fall ist (1, (1 + m)/2)
eine Z-Basis. In beiden Fällen sehen wir also direkt, dass ZK ein freier Z-Modul von
Rang 2 ist.
Jetzt können wir die Diskriminante eines Zahlkörpers definieren.
Definition. Sei K ein Zahlkörper von Grad d. Wegen Korollar 1.11 gibt es x1 , . . . , xd ∈
ZK so, dass (x1 , . . . , xd ) eine Z-Basis von ZK ist. Wir definieren die Diskriminante von
K als
∆K = ∆K/Q (x1 , . . . , xd ).
Die Diskriminante ist unabhängig von der Wahl der Z-Basis (x1 , . . . , xd ): ist (y1 , . . . , yd )
eine weiter Z-Basis so ist die entsprechende Übergangsmatrix in Gld (Z). Diese muss
Determinante ±1 haben. Es folgt nun ∆K/Q (x1 , . . . , xd ) = ∆K/Q (y1 , . . . , yd ) aus Lemma
1.7(ii).
Die Definition der Diskriminante und Lemma 1.6 implizieren, dass ∆K ∈ Z für jeden
Zahlkörper. Des weiteren ist ∆K 6= 0 wegen Lemma 1.8.
Für kleine Zahlkörper können wir die Diskriminante schon berechnen.
Beispiel.
(i) Es gilt ∆Q = 1.
√
(ii) Sei K = Q( m) mit m ∈ Z r {0, 1} quadratfrei. Wir haben schon eine Z-Basis
von ZK kennengelernt. Mit Hilfe dieser lässt sich
4m : falls m ≡ 2, 3 mod 4,
∆K =
m : falls m ≡ 1 mod 4
zeigen.
Definition. Sei K ein Zahlkörper und I 6= 0 ein Ideal von ZK . Dann haben I und ZK
denselben endlichen Rang als Z-Moduln wegen Korollar 1.11. Deshalb ist der Ring ZK /I
endlich. Wir definieren die Norm von I als dessen Kardinalität
N (I) = #ZK /I < ∞.
Wir setzen auch N (0) = 0 für das Nullideal.
1.5 Dedekindsche Ringe
Nachdem wir die Z-Modulstruktur von ZK aufgeklärt haben untersuchen wir jetzt die
Struktur als Ring.
22
1.5 Dedekindsche Ringe
Bemerkung. Ist K ein Zahlkörper √
dann ist im Allgemeinen ZK kein Hauptidealring.
Dies haben wir am Beispielt K = Q( −5) schon gesehen.
Das Ziel diese Abschnitts ist es, diesen Defizit wett zumachen. Wir werden uns nicht
gar nicht erst darum bemühen Element von ZK in Primfaktoren zu faktoriseren. Die
zentrale Idee wir sein ganze Ideale von ZK als Produkte von Primideale zu schreiben.
Wir beginnen mit einem klassischen Begriff.
Definition. Einen Integritätsbereich R nennt man ganz abgeschlossen falls RQuot(R) =
R; zur Erinnerung, Quot(R) ist der Quotientenkörper von R.
Die nächste Proposition fasst schon bekannte Eigenschaften von ZK mit neuer Information zusammen. Sie ist das Produkt unsere Arbeit bis hierhin.
Proposition 1.12. Sei K ein Zahlkörper. Dann ist R = ZK ein Integritätsbereich und
es gilt:
(D1) R ist noethersch,
(D2) R ist ganz abgeschlossen,
(D3) jedes Primideal von R ungleich 0 ist ein maximales Ideal.
Beweis. Eigenschaft (D1) ist Korollar 1.11(i).
Wir zeigen nun (D2). Das eben erwähnte Korollar impliziert auch Quot(ZK ) = K. Also
müssen wir (ZK )K = ZK zeigen. Hierbei ist die Inklusion “⊃” klar. Sei also x ∈ (ZK )K .
Lemma 1.3 zeigt, dass ZK [x] ein endlich erzeugter ZK -Modul ist. Wegen Proposition
1.10(ii) ist ZK [x] ein endlich erzeugter Z-Modul. Diese enthält Z[x] welches deshalb
selbst ein endliche erzeugter Z-Modul ist. Aus Lemma 1.3 (umgekehrte Richtung) folgt
nun, dass x ganz über Z ist. Also x ∈ ZK . Da x beliebig war folgt (ZK )K ⊂ ZK und
somit (D2).
Um (D3) zu zeigen sei P 6= 0 ein Primideal von ZK . Aus Algebra ist bekannt, dass
ZK /P ein Integritätsbereich ist. Dieser Ring ist endlich mit Kardinalität N (P ). Die
Proposition folgt nun aus folgender Tatsache: jeder endlicher Integritätsbereich R ist ein
Körper. Um das zu zeigen, sei x ∈ R r {0}. Dann ist y 7→ xy ein Ringhomomorphismus
R → R. Dieser ist injektiv da xy = 0 nur sein kann, falls y = 0. Da R endlich ist muss
jede injektive Selbstabbildung R → R auch surjektiv sein. Insbesondere gibt es y ∈ R
mit xy = 1. Also ist R ein Körper.
Wir werden nur die drei Eigenschaften (D1), (D2) und (D3) von ZK brauchen um die
schon angedeutete Faktorisierungstheorie zu entwickeln. Ring die ihnen genügen tragen
einen besonderen Namen.
Definition. Ein Integritätsbereich R der (D1), (D2) und (D3) erfüllt, heißt Dedekindsch.
Beispiel.
(i) Jeder Hauptidealring ist ein Dedekindscher Ring.
23
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
(ii) Der Polynomring K[X, Y ] über einem Körper K mit zwei Unbekannte X und Y
ist kein Dedekindscher Ring. Obwohl man beweisen kann, dass (D1) und (D2)
erfüllt sind, gibt es Primideale wie XK[X, Y ] die nicht maximal sind: XK[X, Y ] ⊂
(X, Y ).
(iii) Gemäß unserer Definition ist ein Körper ein Dedekindscher Ring. Einige Authoren
schließen diesen Fall jedoch explizit aus.
Proposition 1.12 zeigt uns, dass ZK Dedekindsch ist für jeden Zahlkörper K.
Definition. Sei R ein beliebiger Ring (wie immer kommutativ mit 1). Seien I und J
zwei Ideale. Wir definieren ihre Summe als
I + J = {a + b; a ∈ I und b ∈ J}.
Dann ist I + J wieder ein Ideal von R. Wir können auch deren Produkt definieren
( n
)
X
IJ =
ai bi ; a1 , . . . , an ∈ I und b1 , . . . , bn ∈ I .
i=1
Auch IJ ist ein Ideal von R.
Bemerkung. (i) Einzeln sind diese zwei Operationen assoziativ und kommutativ. Zusammen erfüllen sie das Distributivitätsgesetzt.
(ii) Das Nullideal {0} ist ein neutrales Element bezüglich der Addition und das Einsideal R ist ein neutrales Element bezüglich der Multiplikation.
(iii) Im Allgemeinen ist die Menge der Ideale von R zusammen mit eben definierten
Addition (oder der Multiplikation) keine Gruppe: das Inverse fehlen.
Wir kommen zum Hauptsatz über Dedekindsche Ring.
Satz 1. Sei R ein Dedekindscher Ring und sei I 6= 0 ein Ideal von R. Dann lässt sich I
bis auf Permutation auf eindeutige Art als Produkt von endlich vielen Primideale von R
schreiben. In anderen Worten, es existieren paarweise verschieden Primideale P1 , . . . , Pg
e
ungleich 0 und positive ganze Zahlen e1 , . . . , eg mit I = P1e1 · · · Pg g . Weiterhin seien
Q1 , . . . , Qh paarweise verschieden Primideale und f1 , . . . , fh positive ganze Zahlen mit
I = Qf11 · · · Qfhh . Dann ist g = h und nach Permutation der Qi gilt Pi = Qi und ei = fi
für 1 ≤ i ≤ g.
Wir illustrieren die Aussage des Satzes zuerst an einem Beispiel. Der Beweis folgt später.
√
√
Beispiel. Sei K = Q( −5). Wir wissen aus Abschnitt 1.3, dass ZK = Z[ −5]. Es gilt
√
√
6 = 2 · 3 = (1 + −5)(1 − −5).
√
und 2, 3, 1 ± −5 sind irreduzibel aber nicht prim. Diese Gleichheit gilt auch für Ideale
√
√
6ZK = 2ZK 3ZK = (1 + −5)ZK (1 − −5)ZK .
24
1.5 Dedekindsche Ringe
√
Diese Faktorisierung widerspricht unserem Satz nicht, da 2ZK , 3ZK , (1 ± −5)ZK keine
Primideale sind. Sie lassen sich weiter faktoriseren:
2ZK = P 2
und
3ZK = Q1 Q2
wobei
√
P = 2ZK +(1+ −5)ZK ,
√
Q1 = 3ZK +(1+ −5)ZK
und
√
Q2 = 3ZK +(1− −5)ZK .
Man kann leicht nachrechnen, dass P, Q1 und Q2 Ideale sind und, dass die Gleichungen
oben gelten. Es lässt sich auch beweisen, dass P, Q1 und Q2 sogar Primideale sind. Sie
sind aber keine Hauptideale. Es gilt ebenfalls
√
√
(1 + −5)ZK = P Q1 und (1 − −5)ZK = P Q2 .
Später werden wir Techniken kennenlernen um Ideale systematisch in Primideale zu
faktorisieren.
Wir beweisen nun Satz 1 mit der Hilfe von zwei Lemmas.
Lemma 1.13. Sei R ein Dedekindscher Ring und I ein Ideal von R mit I 6= 0. Dann
gibt es g ≥ 0 und Primideale P1 , . . . , Pg ungleich Null so dass I ⊃ P1 · · · Pg .
Beweis. Es ist zu zeigen, dass die Menge
M = {I ein Ideal von R; I 6= 0 und I 6⊃ P1 · · · Pg für alle g ≥ 0 und alle
Primideale P1 , . . . , Pg von R ungleich Null}.
leer ist. Wir beweisen die Aussage, in dem wir ein I ∈ M wählen, und einen Widerspruch
herleiten.
Wegen (D1) ist R noethersch. Ist I ⊂ I 0 ⊂ I 00 ⊂ · · · mit I, I 0 , I 00 , . . . ∈ M so muss
diese Idealfolge irgendwann stabilisieren. Deshalb dürfen wir ohne Beschränkung der
Allgemeinheit annehmen, dass I folgende Eigenschaft erfüllt. Falls J ∈ M und J ⊃ I
dann ist J = I.
Es gilt I 6= R da wir g = 0 in der Definition von M zugelassen haben. Das Ideal I kann
auch kein Primideal sein, denn sonst wäre es nicht in M. Es gibt also a, b ∈ R r I mit
ab ∈ I.
Wir setzen
A = I + aR und B = I + bR.
Das sind Ideale von R und es gilt A ) I und B ) I wegen der Wahl von a und b. Deren
Produkt AB = I + abR ist aber genau I.
Da I maximal mit der Eigenschaft I ∈ M ist, gilt A 6∈ M. Analog haben wir B 6∈ M.
Da A 6= 0 und B 6= 0 gibt es Primideale P1 , . . . , Pg , Q1 , . . . , Qh , allesamt ungleich Null,
mit A ⊃ P1 · · · Pg und B ⊃ Q1 · · · Qh . Wir nehmen Produkte und folgern
I = AB ⊃ P1 · · · Qh .
Also liegt I doch nicht in M. Ein Widerspruch.
25
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
Das zweite Lemma bedarf einer Definition.
Definition. Sei R ein Dedekindscher Ring und P ⊂ R ein Primideal. Wir definieren
das R-Untermodul von Quot(R)
P −1 = {x ∈ Quot(R); für alle a ∈ P gilt xa ∈ R}
= {x ∈ Quot(R); xP ⊂ R}.
Es gilt P −1 ⊃ R da P ein Ideal von R ist.
Die Tatsache, dass R Dedekindsch ist, ist irrelevant für diese Definition. Wir können I −1
für ein beliebiges Ideal in einem Integritätsbereich definieren.
Achtung. Im Allgemeinen ist P −1 nicht in R enthalten und deshalb kein Ideal von R.
Falls jedoch P −1 eine Teilmenge von R ist, so ist es automatisch ein Ideal von R.
Definition. Sei R Dedekindsch, P 6= 0 ein Primideal von R, und I ⊂ R ein Ideal. Wir
definieren das Produkt aus I und P −1 als
IP −1 = {a1 x1 + · · · + ar xr ; a1 , . . . , ar ∈ I und x1 , . . . , xr ∈ P −1 }.
Lemma 1.14. Sei R ein Dedekindscher Ring, P 6= 0 ein Primideal von R, und I ein
Ideal von R mit I 6= 0. Dann gilt IP −1 ) I.
Beweis. Unter diesen Voraussetzungen gilt sicher IP −1 ⊃ I da P −1 ⊃ R. Die Aussage
des Lemmas ist also, dass man keine Gleichheit hat.
Wir zeigen die Aussage zunächst für I = R. Also müssen wir P −1 ) R beweisen. Weiter
unten behandeln wir den allgemeinen Fall.
Wir wählen irgendein a ∈ P r {0}. Das Hauptideal aR ist ungleich Null. Wegen Lemma
1.13 gibt es Primideal P1 , . . . , Pg ungleich Null mit P1 · · · Pg ⊂ aR. Wir haben sicher
g ≥ 1 da aR ⊂ P ( R. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit können wir annehmen,
dass g minimal ist mit der Eigenschaft P1 · · · Pg ⊂ aR.
Wir zeigen zuerst, dass es ein i ∈ {1, . . . , g} gibt mit Pi ⊂ P . Falls nicht gibt es für jedes
solche i ein ai ∈ Pi r P . Das Produkt a1 · · · ag liegt in P1 · · · Pg ⊂ aR ⊂ P . Weil P ein
Primideal ist, liegt schon ein ai in P . Widerspruch!
Nach Permutation der Pi können wir P1 ⊂ P annehmen. Aus (D3) folgt, dass P1 ein
maximales Ideal ist. Deshalb muss P1 = P gelten.
Aus der Minimalität von g folgt P2 · · · Pg 6⊂ aR. Wir können also b ∈ P2 · · · Pg wählen
mit b 6∈ aR. Das heisst, b/a 6∈ R.
Andererseits gilt bP = bP1 wegen P = P1 . Somit bP ⊂ P1 · · · Pg ⊂ aR. Aus der Definition
von P −1 folgt b/a ∈ P −1 .
Der Quotient b/a liegt also in P −1 r R. Insbesondere ist P −1 ) R, was zu zeigen war.
Nun behandeln wir den Fall wo I 6= 0 ein Ideal von R ist. Wir nehmen IP −1 = I an und
werden einen Widerspruch folgern.
Wegen (D1) gibt es n ≥ 1 und α1 , . . . , αn ∈ I r {0} mit I = α1 R + · · · + αn R.
26
1.5 Dedekindsche Ringe
Sei x ∈ P −1 beliebig. Dann ist αi x ∈ IP −1 = I, also können wir aij ∈ R (1 ≤ i, j ≤ n)
finden mit
n
X
αi x =
aij αj für 1 ≤ i ≤ n.
j=1
Die n×n Matrix A = [aij ] hat Koeffizienten in R. Die Gleichung oben und (α1 , . . . , αn ) 6=
0 implizieren, dass x ein Eigenwert von A ist. Somit ist x Nullstelle des charakteristischen
Polynoms von A. Dieses Polynom ist normiert und hat Koeffizienten in R. Deshalb ist x
ganz über R. Dass heisst, x ∈ RQuot(R) da x ∈ Quot(R). Wegen (D2) gilt RQuot(R) = R
und somit ist x ∈ R.
Da x ∈ P −1 beliebig war folgt P −1 = R. Dies widerspricht dem ersten Teil des Beweises.
Bemerkung. Das letzte Lemma hat eine einleuchtende Konsequenz. Ist P ⊂ R ein
Primideal P 6= 0, so folgt P P −1 ) P . Aber aus der Definition von P −1 folgt, dass
P P −1 ⊂ R ein Ideal von R ist. Wegen (D3) ist das Primideal P maximal. Somit folgt
aus P ( P P −1 ⊂ R die Gleichheit
P P −1 = R.
Sie verleiht der Notation P −1 Bedeutung.
Nun können wir Satz 1 beweisen.
Beweis von Satz 1. Wir beweisen zuerst die Existenz der Primfaktorisierung. Weiter unten zeigen wir die Eindeutigkeit.
Ähnlich wie in Lemma 1.13 definieren wir eine Ausnahmemenge
M = {I ein Ideal von R; I 6= 0 und I lässt sich nicht als Produkt endlich vieler
Primideale ungleich Null schreiben}
die, falls sie nicht leer ist, zu einem Widerspruch führt.
Nehmen wir also an, dass I ∈ M. Mit einem ähnlichen Argument wie im Beweis von
Lemma 1.13 nutzen wir (D1) um I in M maximal bezüglich der Inklusion zu wählen.
In anderen Worten, falls J ∈ M mit J ⊃ I, dann gilt J = I.
Wir haben I 6= R denn das Ideal R ist das leere Produkt. Somit ist I in einem maximalen
Ideal P von R enthalten. Zur Erinnerung, ein maximales Ideal in einem beliebigen Ring
ist ein Primideal. Sicher gilt auch I ( P da andererseits I schon prim wäre und deshalb
nicht in M liegen würde.
Aus Lemma 1.14 schliessen wir I ( IP −1 . Da I ⊂ P gilt IP −1 ⊂ P P −1 ⊂ R. Die letzte
Inklusion folgt aus der Definition von P −1 . Somit ist IP −1 ein Ideal von R welches I
strikt enthält. Weil I maximal mit der Eigenschaft I ∈ M ist, muss IP −1 6∈ M gelten.
Da IP −1 6= 0 gilt
e
IP −1 = P1e1 · · · Pg g
wobei P1 , . . . , Pg Primideale von R ungleich Null sind.
27
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
Um den Widerspruch zu erlangen müssen wir die Gleichheit oben mit P multiplizieren.
Dabei erinnern wir uns, dass P −1 P = R gilt.
Nun beweisen wir die Eindeutigkeit der Primidealzerlegung. Nehmen wir also an, dass
e
I = P1e1 · · · Pg g = Qf11 · · · Qfhh
mit Pi , Qi , ei , fh wie in der Formulierung des Satzes.
Wir werden Eindeutigkeit mittels Induktion auf e1 + · · · + eg ≥ 0 zeigen.
Ist der Induktionsparameter Null, oder äquivalent g = 0, so muss I = R sein. Daraus
folgt h = 0.
e
Sei nun g ≥ 1. Es gilt P1e1 · · · Pg g ⊂ P1 . Da Qf11 · · · Qfhh ⊂ P1 argumentieren wir wie im
Beweis von Lemma 1.14 um zu zeigen, dass es ein i ∈ {1, . . . , h} mit Qi ⊂ P1 und fi ≥ 1
geben muss.
Da wir die Qi permutieren dürfen nehmen wir i = 1 an. Wegen (D3) ist Q1 ein maximales
Ideal und somit Q1 = P1 .
Wie oben zeigt man, dass P1 P1−1 = R. Multiplizieren wir also
e
P1e1 · · · Pg g = P1f1 Qf22 . . . Qfhh
mit P1−1 so folgt
e
P1e1 −1 · · · Pg g = P1f1 −1 Qf22 . . . Qfhh .
Die Summe (e1 − 1) + e2 + · · · + eg ist nun kleiner wie der Induktionsparameter. Aus
Induktion folgt nun die Eindeutigkeit.
Motiviert durch Satz führen wir Notation ein um Teilbarkeit von Ideale auszudrücken.
Definition. Sei R ein Dedekindscher Ring und I, J Ideale von R. Wir schreiben I|J
falls es ein Ideal I 0 von R gibt mit II 0 = J.
Natürlich lässt sich Teilbarkeit von Ideale in einem beliebigen Ring definieren.
Korollar 1.15. Sei R ein Dedekindscher Ring und I, J Ideale von R. Es gilt
I|J ⇐⇒ J ⊂ I.
Beweis. Die Richtung “=⇒” ist einfach: falls J = II 0 so gilt sicherlich J ⊂ I.
Die Umkehrung ist klar falls J = 0. Ansonsten brauchen wir Satz 1. Sei also
e
I = P1e1 · · · Pg g
f
und J = P1f1 · · · Pg g
mit P1 , . . . , Pg paarweise verschiedene Primideal ungleich Null und ei , fi ≥ 0 (wir erlauben ei = 0 oder fi = 0).
Wir zeigen über Induktion auf e1 +· · ·+eg , dass ei ≤ fi gelten muss. Der Fall e1 +· · ·+eg =
0 ist trivial.
Nehmen wir also ohne Einschränkung an, dass e1 ≥ 1. Dann ist I ⊂ P1 . Das schon oft
benutzte Argument zeigt, dass ein Teiler von J in P1 liegt. Dies impliziert aber f1 ≥ 1.
28
1.5 Dedekindsche Ringe
Ein zweites Argument welches wir schon einige Male gesehen haben zeigt P1−1 P1 = R.
Falls wir also
e
f
P1f1 · · · Pg g ⊂ P1e1 · · · Pg g
mit P1−1 multiplizieren folgt
f
e
P1f1 −1 · · · Pg g ⊂ P1e1 −1 · · · Pg g .
Induktion impliziert nun ei ≤ fi .
Deswegen ist
f −eg
I 0 = P1f1 −e1 · · · Pg g
ein wohldefiniertes Ideal von R. Es gilt II 0 = J, wie gewünscht.
Bemerkung. Elemente aus Q r {0} lassen sich auch in Primfaktoren zerlegen: für
e
x ∈ Q r {0} gilt x = ±pe11 · · · pgg mit p1 , . . . , pg ∈ Z Primzahlen und e1 , . . . , eg ∈ Z. Der
Punkt ist natürlich, dass wir negative ei zulassen.
Man kann sich nun fragen ob es ein Analogon für Ideale gibt. Oder in anderen Worten,
was sind die Produkt aus Primideale mit Exponenten die möglicherweise negativ sind?
Definition. Sei R Dedekindsch und K = Quot(R).
(i) Ein gebrochenes Ideal (von R) ist ein endlich erzeugter R-Untermodul von K ungleich Null.
(ii) Die Menge aller gebrochener Ideale von R wird mit JR bezeichnet.
(iii) Sind M und N zwei gebrochene Ideale dann ist ihr Produkt durch
M N = {m1 n1 + · · · + mr nr ; m1 , . . . , mr ∈ M und n1 , · · · , nr ∈ N }
gegeben. Das Produkt M N liegt wieder in JJ . Wir erhalten dadurch eine assoziative
und kommutative Verknüpfung JR × JR → JR . Bezüglich dieser Verknüpfung ist
das gebrochene Ideal R ein Einselement.
(iv) Ist M ein gebrochenes Ideal so definieren wir
M −1 = {x ∈ K; xM ⊂ R}.
Dann ist M −1 wieder ein gebrochenes Ideal. Wir erhalten also eine Selbstabbildung
JJ → JJ gegeben durch M 7→ M −1 .
Jedes Ideal ungleich Null eines Dedekindschen Rings R ist ein gebrochenes Ideal da
Dedekindsche Ringe noethersch sind. Falls P 6= 0 ein Primideal von R ist, so stimmt die
Definitionen für P −1 aus (iv) oben mit der Definition auf Seite 26 überein.
Proposition 1.16. Sei R ein Dedekindscher Ring. Dann ist JR zusammen mit der
Verknüpfung aus (iii) und der Abbildung aus (iv) als Inverseabbildung eine abelsche
Gruppe mit Einselement R. Sie wird von den Primidealen ungleich Null aus R frei
erzeugt.
29
1 Ring der ganzen algebraischen Zahlen
Beweis. Um die Gruppeneigenschaft zu beweisen reicht es zu zeigen, dass M M −1 = R
gilt für alle M ∈ JR .
Wir machen dies zunächst falls M zusätzlich ein Ideal von R ist. Wegen Satz 1 können
wir M faktorisieren M = P1 · · · Pg mit Pi 6= 0 Primideale. Es reicht zu zeigen, dass
M −1 = P1−1 · · · Pg−1 . Die Definition impliziert die Inklusion “⊃”. Für die andere Richtung
sei x ∈ M −1 . Dann ist xM ⊂ R und deshalb xM P1−1 · · · Pg−1 ⊂ P1−1 · · · Pg−1 . Wir haben
aber schon oft bewiesen, dass Pi Pi−1 = R. Daraus folgt M P1−1 · · · Pg−1 = R und deshalb
x ∈ P1−1 · · · Pg−1 , wie erwünscht.
Ist M ∈ JR beliebig so gibt a ∈ R r {0} mit aM ⊂ R weil M ein endlich erzeugter RModul ist. Nun ist es einfach zu zeigen, dass (aM )−1 = a−1 M −1 . Da aM ein Ideal von R
ist wissen wir bereits, dass (aM )(aM )−1 = R. Somit folgt M M −1 = R, wie gewünscht.
Dass JR von Primideale in R ungleich Null erzeugt wird folgt aus obigem Argument.
Dass diese Ideale unabhängig sind folgt aus der Eindeutigkeitsaussage in Satz 1.
Bemerkung. Falls K ein Zahlkörper ist werden wir oft JK anstelle von JZK schreiben.
Beispiel. Die Gruppe JQ wird frei von 2Z, 3Z, 5Z, . . . erzeugt. Sie ist zu Q>0 isomorph.
Also ist schon die Gruppe JQ sehr “gross”. Sie hat unendlichen Rang. Es stellt sich
heraus, dass ein bestimmter Quotient von JR in vielen Situationen handlicher ist.
Definition. Sei R ein Dedekindscher Ring mit Quotientenkörper K.
(i) Jedes x ∈ K × erzeugt ein gebrochenes Ideal xR ∈ JR . Solche gebrochene Ideale
nennt man gebrochene Hauptideale. Die Menge PR = {xR; x ∈ K × } ist eine
Untergruppe von JR . Falls K ein Zahlkörper ist und R = ZK , so schreiben wir oft
PK für PR .
(ii) Der Quotient ClR = JR /PR nennt man die Klassengruppe von R. Ist I ∈ JR so
schreiben wir [I] für das Bild von I in ClR . Falls K ein Zahlkörper ist und R = ZK ,
so schreiben wir oft ClK = ClZK .
In dieser Notation gilt also [I] = 1 genau dann, wenn I ein gebrochenes Hauptideal ist.
Bemerkung. Sei R ein Dedekindscher Ring.
(i) Jede Klasse in ClR wird durch ein Ideal I ⊂ R mit I 6= 0 repräsentiert.
(ii) Die Klassengruppe ClR ist genau dann trivial, wenn jedes gebrochene Ideal ein
gebrochenes Hauptideal ist. Wegen (i) ist dies genau dann der Fall, wenn R ein
Hauptidealring ist.
(iii) Falls R = ZK für ein Zahlkörper K so findet man in der Literatur viele verschieden
Bezeichnung für ClK . Zum Beispiel G, HK oder H 1 (Spec ZK , Gm ).
√
Beispiel. Sei K = Q( −5). Wir wissen bereits, dass ZK kein Hauptidealring ist. Deshalb gilt ClK 6= {1}. Wir werden bald sehen, dass ClK zyklisch der Ordnung 2 ist.
30
1.5 Dedekindsche Ringe
Die Klassengruppe ClK ist eine subtile Invariante des Zahlkörpers K. Die zwei folgenden
Probleme sind schwierig.
√
Problem. Sei m ∈ Z quadratfrei mit m < 0 und K = Q( m). Falls ClK = {1}, so gilt
m ∈ {−1, −2, −3, −7, −11, −19, −43, −67, −163}.
Diese Vermutung von Gauss wurde im letzten Jahrhundert unabhängig von Baker, Heegner und Stark bewiesen.
Folgendes Problem, auch eine Vermutung von Gauss, ist jedoch offen.
Vermutung. Es gibt unendlich viele quadratfreie m ∈ Z mit m > 1 so, dass ClQ(√m) =
{1}.
Proposition 1.17 (Chinesischer Restsatz). Sei R ein Dedekindscher Ring und I, J ⊂ R
Ideale mit I + J = R.
(i) Es gilt I ∩ J = IJ.
(ii) Die Abbildung R/IJ → R/I × R/J gegeben durch r + IJ 7→ (r + I, r + J) für r ∈ R
ist wohldefiniert und ein Ringisomorphismus.
Beweis. Die Inklusion I ∩ J ⊃ IJ folgt aus der Definition und gilt sogar in einem
beliebigen Ring. Wir zeigen nun “⊂”. Sei also a ∈ I ∩ J. Dann ist aR ein Ideal von R
enthalten in I und J. Wegen Korollar 1.15 gilt I|aR und J|aR.
Sei P ⊂ R ein Primideal. Wegen I + J = R kann nicht I ⊂ P und J ⊂ P gleichzeitig
gelten. Aus Korollar 1.15 folgt P - I oder P - J.
Dieses Argument zeigt, dass die Primidealteiler von I und J paarweise verschieden sind.
Aus Satz 1 folgern wir, dass IJ|aR. Korollar 1.15 impliziert aR ⊂ IJ und daher a ∈ IJ.
Somit ist Teil (i) bewiesen.
Nun zu Teil (ii). Wegen I ∩ J ⊃ IJ ist unsere Abbildung, die wir hier mit ϕ bezeichnen,
ein wohldefinierter Ringhomomorphismus.
Dass diese Abbildung injektiv ist, folgt aus I ∩ J ⊂ IJ. Es reicht also die Surjektivität
zu zeigen. Das heisst, für beliebige r1 , r2 ∈ R müssen wir r ∈ R finden mit ϕ(r + IJ) =
(r1 + I, r2 + J).
Nach Voraussetzung gibt es a ∈ I und b ∈ J mit a+b = 1. Dann gilt br1 = r1 −ar1 ∈ r1 +I
und ar2 = r2 − br2 ∈ r2 + J. Wir wählen r = ar2 + br1 . Somit ist r + I = r1 + I und
r + J = r2 + J. Daraus folgt ϕ(r + IJ) = (r1 + I, r2 + J).
Bemerkung. (i) Falls R = Z impliziert diese Proposition die aus Algebra bekannte
Aussage, dass Z/abZ und Z/aZ × Z/bZ isomorph sind für a, b ∈ Z teilerfremd.
(ii) Für ein beliebiger Ring R kann man unter der Annahme I + J = R zeigen, dass
R/(I ∩ J) und R/I × R/J isomorph sind.
31
2 Primidealfaktorisierung in ZK
In diesem Kapitel werden wir uns verstärkt den ganzen algebraischen Zahlen eines
Zahlkörpers K zuwenden. Für jedes Ideal I ⊂ ZK hatten wir eine Norm N (I) ∈
{0, 1, 2, . . . } definiert. Mit Hilfe dieser können wir in gewissen Situationen entscheiden
ob ein Ideal ein Primideal ist.
Lemma 2.1. Sei K ein Zahlkörper und I ⊂ ZK ein Ideal.
(i) Es gilt N (I) ∈ I.
(ii) Falls N (I) eine Primzahl ist, so ist I ein Primideal.
Beweis. Für beide Teile können wir ohne Einschränkung I 6= 0 annehmen. Dann ist
ZK /I mit der Addition eine endliche abelsche Gruppe der Kardinalität N (I). Für jedes
a + I ∈ ZK /I gilt also N (I)(a + I) = I in ZK /I. Wir wählen a = 1 und folgern N (I) ∈ I
und deshalb Teil (i).
Für Teil (ii) reicht es zu zeigen, dass jeder endliche Ring R mit #R eine Primzahl ein
Körper ist. Denn dann muss I ein maximales Ideal, also insbesondere ein Primideal, sein.
Zum Beweis sei x ∈ R r {0}. Dann definiert y 7→ xy ein Homomorphismus R → R der
additiven Gruppe. Das Bild enthält 0 und x, ist also nicht trivial. Da #R eine Primzahl
ist, muss das Bild ganz R sein. Insbesondere liegt 1 im Bild. Deshalb gibt es y ∈ R mit
xy = 1. Also ist R ein Körper.
√
Beispiel. √Sei K = Q( −5). Aus Kapitel 1 wissen wir, dass 2ZK = P 2 mit P =
2ZK +(1+ −5)ZK . Wir wollen nun beweisen, dass P ein Primideal ist. Aus Übungsserie
3 wissen wir, dass N (2ZK ) = |NK/Q (2)| = 4. Da 2ZK ⊂ P definiert a + 2ZK 7→ a + P
für a ∈ ZK ein Ringhomomorphismus Z/2ZK → ZK /P . Dieser ist surjektiv. Es folgt
N (P )|N (2ZK ). Die Möglichkeiten für N (P ) beschränken sich also auf {1, 2, 4}.
Falls N (P ) = 1 so wäre P = ZK und somit 2ZK = P 2 = ZK . Dies ist unmöglich.
Falls N (P ) = 4 so wäre der Ringhomomorphismus oben ein Isomorphismus. Das heisst,
P = 2ZK . Dies widerspricht Satz 1 und 2ZK = P 2 .
Also kann nur N (P ) = 2 sein. Wegen Lemma 2.1(ii) ist P ein Primideal.
Ähnlich lässt sich zeigen, dass Q1 , Q2 in der Faktorisierung von 3ZK in Kapitel 1 Primideale sind.
Achtung. Die Umkehrung von Lemma 2.1(ii) ist falsch.
Wie der Name der Normabbildung suggeriert ist diese multiplikativ. Diese keineswegs
offensichtliche Aussage werden wir jetzt beweisen.
Proposition 2.2. Sei K ein Zahlkörper und I, J ⊂ ZK beliebige Ideale. Dann gilt
N (IJ) = N (I)N (J).
33
2 Primidealfaktorisierung in ZK
Beweis. Wir zeigen zuerst den folgenden Spezialfall.
Behauptung 1: Sei P ⊂ ZK ein Primideal P 6= 0 und e ∈ Z mit e ≥ 0. Dann gilt
N (P e ) = N (P )e .
Wir beweisen die Aussage mittels Induktion auf e. Der Fall e = 0 ist trivial. Wir nehmen
also e ≥ 1 an.
Der Quotient P e /P e−1 ist ein ZK -Modul und sogar ein ZK /P -Modul. Weil P 6= 0 ein
Primideal ist, ist wegen (D3) P ein maximales Ideal. Deshalb ist ZK /P ein Körper und
P e /P e−1 ein ZK /P -Vektorraum.
Es gilt P e−1 ) P e wegen Satz 1. Wählen wir also a ∈ P e−1 r P e . Dann ist I = aZK + P e
ein Ideal von ZK . Wir haben P e ( I ⊂ P e−1 . Wegen Korollar 1.15 gilt also I|P e und
P e−1 |I. Aus Satz 1 schliessen wir I = P e−1 . Daraus folgt, dass P e−1 /P e von a + P e
als ZK /P -Vektorraum erzeugt wird. In anderen Worten gilt dimZK /P P e−1 /P e = 1. Die
Kardinalität von P e−1 /P e ist also #ZK /P = N (P ).
Wir haben die Inklusionskette
P e ⊂ P e−1 ⊂ ZK .
Aus Induktion folgt N (P e−1 ) = N (P )e−1 . Obiges Argument zeigt, dass #P e−1 /P e =
N (P ). Deshalb gilt N (P e ) = #ZK /P e = #P e−1 /P e · #ZK /P e−1 = N (P )N (P )e−1 =
N (P )e . Die erste Behauptung ist bewiesen.
Behauptung 2: Seien P1 , . . . , Pg verschieden Primideale ungleich Null von ZK und
e
e1 , . . . , eg ∈ Z positiv. Dann gilt N (P1e1 · · · Pg g ) = N (P1 )e1 · · · N (Pg )eg .
Wir beweisen die Aussage mittels Induktion auf g. Der Fall g = 0 ist trivial. Sei also
e
g ≥ 1. Wir setzen P1e1 + P2e2 · · · Pg g = A, das ist ein Ideal von ZK . Dann gilt P1e1 ⊂ A
also A|P1e1 wegen Korollar 1.15. Somit A = P1e mit 0 ≤ e ≤ e1 wegen Satz 1. Aus der Dee
e
finition von A folgt P2e2 · · · Pg g ⊂ P1e . Wir nutzen wieder Korollar 1.15 um P1e |P2e2 · · · Pg g
zu sehen. Da P1 - P2 , . . . , P1 - Pg kann nur e = 0. Somit ist A = ZK .
e
Wir können nun Proposition 1.17 auf P1e1 und P2e2 · · · Pg g anwenden. Inbesondere sind
e
e
ZK /P1e1 · · · Pg g und ZK /P1e1 ×ZK /P2e2 · · · Pg g . Uns interessiert nur die Kardinalität, also
e
e
N (P1e1 · · · Pg g ) = N (P1e1 )N (P2e2 · · · Pg g ).
Aus Induktion folgt
e
N (P1e1 · · · Pg g ) = N (P1e1 )N (P2 )e2 · · · N (Pg )eg .
und aus Behauptung 1 schliesslich
e
N (P1e1 · · · Pg g ) = N (P1 )e1 N (P2 )e2 · · · N (Pg )eg .
Auch die zweite Behauptung ist nun bewiesen.
Die Proposition folgt aus Behauptung 2 und Satz 1.
Nun wird die Theorie auf die Gleichung y 2 = x3 − 5 angewandt.
Beispiel. Wir zeigen, dass es kein (x, y) ∈ Z2 gibt mit y 2 = x3 − 5.
Wir nehmen an, dass es ein solches Paar gibt und folgern ein Widerspruch.
34
√
√
√
Wir arbeiten im Ring ZK mit K = Q( −5). Darin gilt (y + −5)(y − −5) = x3 . Für
Ideale erhalten wir
√
√
(y + −5)ZK · (y − −5)ZK = x3 ZK .
√
√
Behauptung 1: Die Ideale (y + −5)ZK und (y − −5)ZK haben kein gemeinsamer
Primidealteiler.
√
Sei P√ ⊂ ZK ein Primideal P√6= 0 und P |(y ± −5)ZK . Wegen Korollar 1.15 gilt
(y ± −5)ZK ⊂ P und daher 2 −5ZK ⊂ P . Eine weiter Anwendung von Korollar 1.15
zeigt
√
√
√
P |2ZK · −5ZK = (2ZK + (1 + −5)ZK )2 · −5ZK .
|
{z
}
Primideal
√
Weiterhin
√ ist N ( −5ZK ) = 5 wegen Aufgabe 2, Serie 2. Lemma 2.1(ii) impliziert, dass
auch −5ZK ein Primideal ist.
√
√
Da P ein Primideal ist, gilt entweder P = 2ZK + (1 + −5)ZK oder P = −5ZK .
Im ersten Fall haben wir 2ZK = P 2 |x3 also 2|x in Z. Wir schliessen y 2 ≡ −5 ≡ 3
mod 8. Man überprüft aber leicht, dass 3 kein Quadrat modulo 8 ist. Dieser Fall ist also
unmöglich.
Im zweiten Fall gilt P 2 = 5ZK |x3 also 5|x in Z. Wegen y 2 − x3 = −5 folgt 5|y in Z.
Deshalb 25|y 2 − x3 = −5 in Z. Auch das ist unmöglich.
Somit ist Behauptung 1 bewiesen.
Wegen Satz 1 gilt
(y +
√
−5)ZK =
g
Y
i=1
Piei
und
(y −
√
−5)ZK =
h
Y
Qfi i
i=1
mit Pi , Qi Primideale ungleich Null, ei ≥ 1, fi ≥ 1, und {Qi } ∩ {Pi } = ∅. Das ProQ
Q
dukt gi=1 Piei hi=1 Qfi i = x3 ZK ist eine dritte Potenz. Wir folgern, dass 3|ei und 3|fi .
Insbesondere ist
√
(y + −5)ZK = I 3
eine dritte Potenz, hier ist I ein Ideal von ZK .
Wie weiter? Falls ZK ein Hauptidealring wäre könnten wir einen Erzeuger von I wählen
und hoffen einen Widerspruch abzuleiten. Leider ist ZK kein Hauptidealring.
Es gilt
[I]3 = [I 3 ] = 1
in der Klassengruppe ClK da I 3 ein Hauptideal ist. Weiter unten werden wir beweisen,
dass ClK zyklisch der Ordnung 2 ist. Insbesondere muss auch [I] trivial in ClK sein.
Also ist I ein Hauptideal, obwohl Z√
K kein Hauptidealring
√ ist.
√
Es gibt also a, b ∈ Z mit√I = (a + b −5)Z
und (a + b −5)3 das gleiche
√ K .3 Da y + −5
Ideal erzeugen, gilt y + −5 = u(a + b −5) mit u ∈ Z×
K . Aus den Übungen wissen wir
×
ZK = {±1}. Ohne Einschränkung können wir also u = 1 annehmen. Wir haben
√
√
y + −5 = a3 − 15ab2 + −5(3a2 b − 5b3 )
35
2 Primidealfaktorisierung in ZK
und somit
(3a2 − 5b2 )b = 1.
Es muss also b = ±1 sein. Daraus folgt 3a2 − 5 = ±1. Diese Gleichung impliziert a 6∈ Z.
Das ist der Widerspruch den wir gesucht haben. Also hat y 2 = x3 − 5 keine Lösung mit
x, y ∈ Z.
Jetzt müssen wir noch beweisen, dass ClK zyklisch der Ordnung 2 ist.
√
Lemma 2.3. Sei K = Q( −5), dann ist ClK ∼
= Z/2Z.
Beweis. Wir betrachten ZK als Unterring von C. Jedes Ideal I 6= 0 von ZK ist ein freier
Z-Modul von Rang 2 = [K : Q]. Deshalb gibt es Z-unabhängige a1 , a2 ∈ I ⊂ C so, dass
I = a1 Z + a2 Z.
Wir werden jetzt in drei Schritten die Basis (a1 , a2 ) “reduzieren”. D.h. wir werden sie
durch eine neue Basis ersetzen, die günstige Eigenschaften erfüllt.
Behauptung 1: Das Ideal I ist eine diskrete Teilmenge von C.
Um das zu zeigen, reicht es zu beweisen, dass 0 in I isoliert ist. Falls > 0 mit |a1 α +
a2 β| < und α, β ∈ Z dann ist |a1 α + a2 β| < . Aus Lemmas 1.7(i) und 1.8 folgt, dass
a1 a2
a1 a2
eine invertierbare Matrix ist. Falls also klein genug ist (in Funktion von a1 , a2 ) so muss
|α| < 1 und |β| < 1 gelten. Diskretheit folgt aus α, β ∈ Z.
Behauptung 2: Es gibt eine Z-Basis (a1 , a2 ) von I mit |a1 | = inf{|a|; a ∈ I r {0}}.
Aus Behauptung 1 folgt, dass das Infimum angenommen wird, i.e. es ist ein Minimum.
Wir wählen also a1 ∈ I r {0} mit minimalem Absolutbetrag.
Weiterhin existiert eine Z-Basis (a01 , a02 ) von I. Es gibt also α, β ∈ Z mit a1 = a01 α + a02 β.
Aus Minimalität von |a1 | folgern wir ggT(α, β) = 1. Es gibt deshalb γ, δ ∈ Z mit
αδ − βγ = 1. Dann ist aber (a1 , a01 γ + a02 δ) eine Z-Basis von I da
α β
γ δ
in Sl2 (Z) liegt.
Behauptung 3: Es gibt eine Z-Basis (a1 , a2 ) von I mit
a2 ≥ 1, Re a2 ≤ 1/2, und Im a2 ≥ 0.
a1 a1 a1
Wir nehmen a1 , a2 wie in Behauptung 2. Aus der Minimalität von |a1 | ergibt sich die erste
Ungleichung. Wir werden nun a2 so modifizieren, dass die Basiseigenschaft nicht verloren
geht und dass die zweite und dritte Ungleichung gelten. Die Minimalitätseigenschaft von
|a1 | bleibt hierdurch erhalten. Zum Beispiel können wir a2 durch a2 + ka1 mit k ∈ Z
ersetzen. Für k geeignet gilt die zweite Ungleichung. Falls nötig ersetzen wir a2 durch
−a2 um die Dritte zu erzwingen.
36
Eine Basis wie in Behauptung 3 nennt man reduziert. Ist (a1 , a2 ) eine reduzierte Basis
von I so setzen wir
a2
τ= .
a1
2
2
2
Es gilt also
√ |τ | ≥ 1, |Re(τ )| ≤ 1/2 und Im(τ ) ≥ 0. Aus |τ | = |Re(τ )| + |Im(τ )| folgt
Im(τ ) ≥ 3/2.
Einer Aufgabe in Serie 5 entnehmen wir ∆K/Q (a1 , a2 ) = N (I)2 ∆K/Q = −20N (I)2 .
Hierbei haben wir benutzt, dass die Diskriminante von K gleich −20 ist. Andererseits
können wir Lemma 1.7(i) nutzen um
∆K/Q (a1 , a2 ) = det
a1 a2
a1 a2
2
= (a1 a2 − a1 a2 )2 = |a1 |4 (τ − τ )2 = −4|a1 |4 Im(τ )2
zu berechnen. Für |a1 |2 ergibt sich also aus
p
|a1 |2 ≤ 2 5/3N (I).
Nun ist |a1 |2 = a1 a1 = NK/Q (a1 ). Weiterhin gilt a1 ∈ I, also a1 ZK ⊂ I. Aus Korollar
1.15 folgt I|a1 ZK . In anderen Worten, es gibt ein Ideal J ⊂ ZK mit IJ = a1 ZK . NB: in
der Klassengruppe ClK gilt [I][J] = [a1 ZK ] = 1. Das heisst, [J] ist das Inverse von [I].
Die Multiplikativität der Norm, siehe Proposition 2.2, und Aufgabe 3, Serie 2 ergeben
p
N (I)N (J) = N (IJ) = N (a1 ZK ) = |NK/Q (a1 )| = |a1 |2 ≤ 2 5/2N (I).
Die Norm N (I) kürzt sich also weg. Wir erhalten
p
N (J) ≤ 2 5/2 < 3.
Es gibt also zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist N (J) = 1. Dann ist J = ZK
und I = a1 ZK . In diesem Fall ist I ein Hauptideal und [I] = 1 in der Klassengruppe. Die
Zweite ist N (J) = 2. Aus Lemma 2.1(i) folgt 2 ∈ J und so 2ZK ⊂ J. Wegen Korollar 1.15
ist also J ein Idealteiler von 2ZK . Nun haben wir √
weiter oben schon 2ZK vollständing
faktorisiert. Es gilt 2ZK = P 2 mit P = 2ZK + (1 + −5)ZK . Wir haben auch N (P ) = 2
berechnet (obwohl das jetzt auch ganz leicht aus Proposition 2.2 folgt). Es muss also
J = P gelten. Insbesondere ist [I] = [P ]−1 in ClK .
Fazit: für ein beliebiges Ideal I 6= 0 von ZK gilt [I] = 1 oder [I] = [P ]−1 in der Klassengruppe. Wir wissen aber, dass solche I die Klassengruppe erzeugen. Somit ist #ClK ≤ 2.
Aber #ClK > 1 da ZK kein Hauptidealring ist. Das Lemma folgt aus der Tatsache, dass
es bis auf Isomorphie nur eine Gruppe der Ordnung 2 geben kann.
Diese Lemma ist ein Prototyp einer allgemeineren Aussage für die Klassengruppe eines
Zahlkörpers.
Satz. Sei K ein Zahlkörper. Dann ist ClK eine endliche abelsche Gruppe.
Insbesondere ist ZK nicht allzuweit davon entfernt, ein Hauptidealring zu sein. Wir
werden diesen Satz erst später beweisen.
37
2 Primidealfaktorisierung in ZK
2.1 Zerfällung von Primzahlen
Sei K ein Zahlkörper und I ⊂ ZK ein Ideal I 6= 0. Aus Lemma 2.1(i) und Korollar 1.15
e
folgt I|N (I)ZK . Die natürliche Zahl N (I) lässt sich als N (I) = pe11 · · · pgg schreiben mit
p1 , . . . , pg ≥ 2 paarweise verscheidene Primzahlen. Jeder Primidealteiler von I ist daher
ein Primidealteiler eines pi .
Bemerkung. Kennt man alle Primidealteiler von pZK für alle Primzahlen p ≥ 2, so
kennt man alle Ideale von ZK .
Diese einfache Bemerkung ist der Leitfaden des aktuellen Abschnitts. Wir führen ein
paar neue Begriffe ein.
Definition. Sei K ein Zahlkörper und P ⊂ ZK ein Primideal P 6= 0. Wegen N (P ) ∈ P
ist P ∩ Z ein Primideal ungleich Null von Z. Es halt deshalb die Form pZ mit p ≥ 2 eine
Primzahl. Diese Primzahl ist eindeutig bestimmt. Aus Satz 1 wissen wir, dass pZK =
e
P1e1 · · · Pg g mit P1 , . . . , Pg paarweise verschieden Primideale und ei ≥ 1. Es gilt P |pZK
wegen Korollar 1.15 und daher ist P ∈ {P1 , . . . , Pg }. Sei also P = Pi mit i ∈ {1, . . . , g}
(i) Der Exponenten von P in pZK , also ei , heisst Verzweigungsindex von P und wird
mit e(P ) bezeichnet.
(ii) Weil ZK /P ein endliche Körpererweiterung on Fp ist, gilt N (P ) = pf für ein f ≥
1. Dieser Exponent f heisst Restklassengrad von P und wird mit f (P ) bezeichnet.
e
Lemma 2.4. Sei K ein Zahlkörper und p ≥ 2 eine Primzahl. Sei P1e1 · · · Pg g die Primidealzerlegung von pZK . Es gilt
g
X
i=1
e(Pi )f (Pi ) =
X
e(P )f (P ) = [K : Q].
P |pZK
Beweis. Die erste Gleichheit ist einfach Notation. Wegen einer Aufgabe in Serie 3 gilt
p[K:Q] = |NK/Q (p)| = N (pZK ). Proposition 2.2 ergibt aber N (pZK ) = N (P1 )e(P1 ) · · · N (Pg )e(Pg ) .
Aus der Definition vom Restklassengrad haben wird p[K:Q] = N (P1 )e(P1 ) · · · N (Pg )e(Pg ) =
pe(P1 )f (P1 )+···+e(Pg )f (Pg ) und somit auch unser Lemma.
In einem festen Zahlkörper K werden wir nun für fast alle Primzahlen p die Verzweigungsindizes und Restklassengrade der Primidealteiler von pZK bestimmen.
Zuerst brauchen wir eine
Bemerkung. Sei K ein Zahlkörper und α ∈ ZK ein primitives Element der Erweiterung K/Q. Das heisst, K = Q(α). Dann ist der Index [ZK : Z[α]] < ∞. Um das zu
sehen bemerken wir, dass die abelsche Gruppe ZK /Z[α] endlich erzeugte ist und nur aus
Torsionselemente besteht. Sie ist deshalb endlich.
Sei eine Primzahl p fixiert. Im Folgenden wird die Reduktion eines Polynom A ∈ Z[T ]
modulo p mit A ∈ Fp [T ] bezeichnet.
38
2.1 Zerfällung von Primzahlen
Satz 2. Sei K ein Zahlkörper und α ∈ ZK ein primitives Element der Erweiterung K/Q
mit Q-Minimalpolynom A ∈ Q[T ]. Wegen Lemma 1.5 ist A ∈ Z[T ]. Weiterhin sei p ≥ 2
eine Primzahl mit
p - [ZK : Z[α]].
e
eg
Wir faktorisieren A = A1 1 · · · Ag mit e1 ≥ 1, . . . , eg ≥ 1 und A1 , . . . , Ag normierte,
irreduzible, paarweise teilerfremde Polynome in Fp [T ]. Jedes Ai ist die Reduktionen eines
normierten Ai ∈ Z[T ].
Dann sind
Pi = pZK + Ai (α)ZK 1 ≤ i ≤ g
paarweise verschieden Primideale ungleich Null von ZK . Desweiteren gilt
e
pZK = P1e1 · · · Pg g
und der Restklassengrad von Pi ist deg Ai = deg Ai .
Die Wahl des Lifts von Ai in Z[T ] wie im Satz 2 ist irrelevant. Wir bemerken jedoch,
dass Ai und jeder Lift wie im Satz den selben Grad haben.
Bevor wir Satz 2 beweisen, schauen wir uns ein Beispiel an. Wir faktorisieren Ideale pZK
falls K ein quadratischer Zahlkörper ist?
√
Beispiel. (i) Beginnen wir zuerst
√ mit dem uns bekannten Körper K = Q( −5). Es
gilt ZK = Z[α] wobei α = −5. Glücklicherweise haben wir [ZK : Z[α]] = 1, also
können wir Satz 2 auf jede Primzahl p anwenden.
Das Minimalpolynom A ∈ Q[T ] von α ist
A = T 2 − 5.
Wir brauchen eine Fallunterscheidung.
Sei zuerst p = 2, dann gilt
2
A = (T + 1) .
Also können wir hier A1 = T + 1 wählen und erhalten
√
2ZK = (2ZK + ( −5 + 1)ZK )2 .
Damit ist die uns schon lange bekannte Faktorisierung von 2ZK erneut bewiesen.
2
Für p = 5, gilt A = T . Hier ist A1 = T möglich und wir erhalten
√
5ZK = (5ZK + −5ZK )2 .
Dies läßt sich natürlich zu
√
5ZK = ( −5ZK )2
vereinfachen.
39
2 Primidealfaktorisierung in ZK
Machen wir noch p = 7. Es gilt 32 ≡ 2 ≡ −5 mod 7. Also faktorisiert A in zwei
verschieden Faktoren in F7 [T ]:
A = (T − 3) (T + 3) ∈ F7 [T ].
Wir wählen A1 = T − 3 und A2 = T + 3 und erhalten
√
√
7ZK = P1 P2 mit P1 = 7ZK + ( −5 − 3)ZK und P2 = 7ZK + ( −5 + 3)ZK
wobei P1 und P2 verschieden Primideale sind.
√
(ii) Sei m ∈ Z r {0, 1} quadratfrei und K = Q( m). Wir wissen bereits, dass
( √
Z[ √ m]
: m ≡ 2, 3 mod 4,
ZK =
m+1
Z[ 2 ] : m ≡ 1 mod 4.
√
√
Wir definieren entsprechen α = m oder α = ( m + 1)/2. Der Index [ZK : Z[α]]
ist somit 1. Satz 2 lässt sich somit auf jede Primzahl anwenden.
Das Q-Minimalpolynom A von α ist gegeben durch
2
T −m
: m ≡ 2, 3 mod 4,
A=
T 2 − T + 1−m
: m ≡ 1 mod 4.
4
und die Diskriminante ist natürlich
4m : m ≡ 2, 3 mod 4,
∆K = ∆K/Q =
m : m ≡ 1 mod 4.
Dann ist ∆K die Diskriminante des Polynoms A.
Sei nun p ≥ 2 eine Primzahl. Wir nutzen Satz 2 um pZK zu faktorisieren. Dazu
müssen wir die Reduktion A ∈ Fp [T ] von A modulo p faktorisieren.
Wir behandeln zuerst den Fall p 6= 2. Dabei ist zu beachten, dass ∆K ∈ Fp die
Diskriminante von A ist. Das Polynom A ist in Fp [T ] genau dann irreduzibel,
wenn es keine Nullstelle in Fp besitzt. Wir erhalten

: falls ∆K ∈ F×
 irreduzibel
p kein Quadrat ist,
× ein Quadrat ist,
A
A
mit
A
irreduzibel
und
teilerfremd
:
falls
∆
∈
F
A=
1 2
1,2
K
p

2
A1
: falls ∆K = 0 in Fp .
Beachte, dass ∆K = 0 und p|∆K äquivalent sind. Aus Satz 2 folgt

: falls ∆K ∈ F×
 P rimideal
p kein Quadrat ist,
pZK =
P1 P2 mit P1,2 Primideale : falls ∆K ∈ F×
p ein Quadrat ist,
 2
P mit P ein Primdeal
: falls ∆K = 0 in Fp .
Der Fall p = 2 muss separat behandelt werden. Man wendet auch Satz 2 auf A an.
Falls m ≡ 2, 3 mod 4 so findet man schnell, dass A ein Quadrat in F2 [T ] ist. Für
40
2.1 Zerfällung von Primzahlen
m ≡ 1 mod 4 muss man noch unterscheiden ob (1−m)/4 gerade oder ungerade ist.
Im ersten Fall zerfällt A in F2 [T ] und im zweiten Fall ist das Polynom irreduzibel.
Man findet

: falls m ≡ 5 mod 8,
 P rimideal
P1 P2 mit P1,2 Primideale : falls m ≡ 1 mod 8,
2ZK =
 2
P mit P ein Primdeal
: falls m ≡ 2, 3 mod 4.
Folgende Regelmässigkeit findet man aus obiger Untersuchung. Das Ideal pZK ist
nicht quadratfrei genau dann, wenn p|∆K .
Das Legendre Symbol ist eine nützlich Notation um Ideal pZK in quadratischen Zahlkörper
zu faktorisieren.
Definition. Sei p ≥ 3 eine ungerade Primzahl und n ∈ Z. Unten bezeichnet n die
Reduktion von n modulo p. Das Legendre Symbol ist gegeben durch

 −1 : falls n ∈ F× kein Quadrat ist,
n
+1 : falls n ∈ F× ein Quadrat ist,
=

p
0 : falls n = 0 oder äquivalent p|n.
Der Beweis geht über drei Lemmas. Wir halten die Notation fest wie in der Formulierung
des Satzes.
Lemma 2.5. Nach einer Permutation der A1 , . . . , Ag gibt es s ∈ Z mit 1 ≤ s ≤ g
so, dass P1 , . . . , Ps Primideale sind mit f (P1 ) = deg A1 , . . . , f (Ps ) = deg As . Für die
Übrigen gilt Ps+1 = · · · = Pg = ZK .
Beweis. Da Ai ∈ Fp [T ] irreduzibel ist, ist
Fi = Fp [T ]/Ai Fp [T ]
ein Körper. Aus der Vorlesung Algebra ist bekannt, dass Fi eine endliche Körpererweiterung
von Fp mit Grad deg Ai ist.
Um das Lemma zu beweisen reicht es zu zeigen, dass für i ∈ {1, . . . , g} entweder
ZK /Pi ∼
= Fi oder Pi = ZK gilt. Im ersten Fall muss dann Pi ein maximales Ideal,
also insbesondere ein Primideal sein. Wir haben dann auch N (Pi ) = pdeg Ai ; aus der
Definition des Restklassengrads folgt f (Pi ) = deg Ai = deg Ai .
Wir haben einen Ringhomomorphismus Φ gegeben durch das Kompositum
Φ : Z[T ] → Fp [T ] → Fp [T ]/Ai Fp [T ] = Fi .
Hierbei werden zuerst die Koeffizienten eines Polynoms in Z[T ] modulo p reduziert. Die
zweite Abbildung ist die kanonische. Da beide einzeln surjektiv sind, ist auch Φ surjective.
Weiterhin bemerkt man, dass Φ(p) = 0 und Φ(Ai ) = 0. Das Ideal ker Φ enthält somit
pZ[T ] + Ai Z[T ]. Andererseits findet man schnell, dass sogar ker Φ = pZ[T ] + Ai Z[T ] gilt.
Zusammengefasst haben wir gezeigt, dass Φ einen Isomorphismus
Z[T ]/(pZ[T ] + Ai Z[T ]) ∼
= Fi
(2.1)
41
2 Primidealfaktorisierung in ZK
induziert. Da Fi ein Körper ist, ist
pZ[T ] + Ai Z[T ] ein maximales Ideal von Z[T ].
(2.2)
Wir wollen schlussendlich Fi mit dem Quotienten ZK /Pi vergleichen. Deshalb führen
wir einen weiteren Ringhomomorphismus Ψ ein. Dieser ist das Kompositum
Ψ : Z[T ] → ZK → ZK /Pi
T 7→ α.
Der erste Faktor wertet also ein Polynom in Z[T ] an der Stelle α aus. Der zweite Faktor ist
die kanonische Abbildung. Auch Ψ ist surjektive. Dies folgt aber nicht unmittelbar und
?
hier brauchen wir die Bedingung p - [ZK : Z[α]]. Surjektivität folgt aus ZK = Pi + Z[α].
?
Wegen Pi ⊃ pZK folgt diese Gleichheit aus ZK = pZK + Z[α]. Sicher gilt die Inklusion
“⊃”. Um die andere Inkusion zu zeigen wählen wir r, s ∈ Z so, dass pr +[ZK : Z[α]]s = 1;
dies ist möglich wegen der Bedingung an p. Sei a ∈ ZK beliebig. Dann gilt pra + [ZK :
Z[α]]sa = a. Aber pra ∈ pZK und [ZK : Z[α]]sa ∈ Z[α], also a ∈ pZK + Z[α]. Deshalb
induziert Ψ einen Isomorphismus
Z[T ]/ ker Ψ ∼
= ZK /PI .
(2.3)
Wie für Φ werden wir nun den Kern von Ψ bestimmen. Sicherlich gilt Φ(Ai ) = 0 da
Ai (α) ∈ Pi . Weiterhin haben wir Φ(p) = 0 da auch p ∈ Pi . Somit ist
ker Ψ ⊃ pZ[T ] + Ai Z[T ]
bewiesen. Wir erinnern uns aber daran, dass die rechte Seite ein maximales Ideal ist, cf.
(2.2). Somit gibt es genau zwei Möglichkeiten für ker Ψ.
Die erste Möglichkeit ist ker Ψ = Z[T ]. Wegen (2.3) ist also ZK /PI = 0. In anderen
Worten Pi = ZK . In diesem Fall ist die Konklusion bewiesen.
Die zweite Möglichkeite ist ker Ψ = pZ[T ]+Ai Z[T ]. Aus (2.1) und (2.3) folgern wir daher
Fi ∼
= ZK /Pi . Auch in diesem Fall folgt das Lemma.
Ganz am Ende des Beweises werden wir zeigen, dass s = g. Also gibt es keine “Ausnahme
Pi ” wie im Lemma oben.
Lemma 2.6. Seien i, j ∈ {1, . . . , g} mit i 6= j. Dann gilt Pi + Pj = ZK .
Beweis. Da Fp [T ] ein Hauptidealring ist und weil Ai , Aj teilerfremd sind finden wir
B, C ∈ Z[T ] mit
Ai B + Aj C = 1 in Fp [T ].
Also gibt es D ∈ Z[T ] mit Ai B + Aj C = 1 + pD. Wir setzen α für T ein und erhalten
Ai (α)B(α) + Aj (α)C(α) = 1 + pD(α).
Aus der Definition von Pi und Pj erhalten wir p, Ai (α) ∈ Pi und Aj (α) ∈ Pj . Also
impliziert obige Gleichung 1 ∈ Pi + Pj . Deshalb ist Pi + Pj = ZK .
42
2.1 Zerfällung von Primzahlen
Dieses Lemma impliziert Pi 6= Pj falls i, j ∈ {1, . . . , s} verschieden sind.
e
Lemma 2.7. Es gilt pZK |P1e1 · · · Pg g .
e
eg
e
Beweis. In Fp [T ] gilt A1 1 · · · Ag = A. Deshalb gibt es D ∈ Z[T ] mit Ae11 · · · Agg =
A + pD. Wir setzen α ein, beachten dabei A(α) = 0 und erhalten A1 (α)e1 · · · Ag (α)eg =
pD(α). Daraus folgt
A1 (α)e1 · · · Ag (α)eg ∈ pZK .
(2.4)
e
Jedes Element aus P1e1 · · · Pg g is eine Summe über Produkte a1 · · · ag mit ai ∈ pZK +
Ai (α)ZK . In dieser Notation ist a1 · · · ag ∈ pZK + A1 (α)e1 · · · Ag (α)eg ZK . Wir erhalten
also
e
P1e1 · · · Pg g ⊂ pZK + A1 (α)e1 · · · Ag (α)eg ZK = pZK
wegen (2.4). Das Lemma folgt aus Korollar 1.15.
Beweis von Satz 2. Aus den drei Lemmas gilt
e
pZK |P1e1 · · · Pg g = P1e1 · · · Pses .
wobei P1 , . . . , Ps paarweise verschieden Primideale ungleich Null sind mit f (Pi ) = deg Ai .
Beachte, dass Pi |pZK für jedes i ∈ {1, . . . , s} gilt. Wegen Satz 1 und der Definition von
e(Pi ) gilt
e(P1 )
pZK = P1
· · · Pse(Ps )
mit
1 ≤ e(Pi ) ≤ ei
für i ∈ {1, . . . , s}.
Nun nutzen wir Lemma 2.4. Es impliziert die erste Gleichheit in
[K : Q] =
s
X
e
e(Pi ) deg(Ai ) ≤ deg(Ae11 · · · Aess ) ≤ deg(Ae11 · · · Agg ) = deg A = [K : Q];
i=1
die letzte Gleichheit folgt, da α primitiv ist.
Es muss also überall Gleichheit gelten oben. Zunächst folgt s = g, da ei deg Ai > 0 für
alle i ∈ {1, . . . , g}. Danach folgt auch ei = e(Pi ) für i ∈ {1, . . . , g}.
Im Allgemeinen ist nicht jeder Ring ZK von der Form Z[α].
Definition. Sei K ein Zahlkörper. Falls α ∈ ZK mit ZK = Z[α] existiert, dann nennt
man K monogensch.
Monogensche Zahlkörper haben den Vorteil, dass man Satz 2 für jede Primzahl anwenden
kann.
Beispiel. Wir haben schon einige monogensche Zahlkörper kennen gelernt.
√
(i) Für quadratfreies m ∈ Z r {0, 1} ist Q( m) monogensch.
(ii) Für quadratfreies m ∈ Zr{0, 1} mit m ≡ 2, 4, 5, 7 mod 9 ist Q(m1/3 ) monogensch.
Siehe dazu Serie 5.
43
2 Primidealfaktorisierung in ZK
(iii) Der Zahlkörper Q(α) von Grad 5 mit α5 − α + 1 = 0 ist monogensch. Dies werden
wir in Serie 5 bewiesen.
Achtung. Es gibt ein Zahlkörper welcher nicht monogensch ist. Es existiert sogar ein
Zahlkörper K so, dass [ZK : Z[α]] gerade ist für jedes primitive α ∈ ZK . Dies werden
wir in Serie 4 beweisen. Insbesondere lässt sich Satz 2 (für kein α) auf K mit p = 2
anwenden.
Definition. Sei K ein Zahlkörper und p ≥ 2 eine Primzahl. Man sagt, dass p (in K)
verzweigt falls es ein Primideal P von ZK gibt mit P 2 |pZK .
Die verzweigten Primzahlen p sind also diejenige für welche pZK nicht quadratfrei ist.
Falls K eine Grad 2 Erweiterung von Q ist, so haben wir gesehen, dass die Primteiler
der Diskriminante genau die verzweigten Primzahlen sind.
Diese Beobachtung lässt sich wie folgt verallgemeinern.
Proposition 2.8. Sei K ein Zahlkörper und α ∈ ZK primitiv, also K = Q(α). Sei
weiterhin p ≥ 2 eine Primzahl mit p - [ZK : Z[α]] Dann verzweigt p in K genau dann,
wenn p|∆K/Q .
Beweis. Das Q-Minimalpolynom A von α liegt in Z[T ]. Dann d = deg A = [K : Q]. Sei
A seine Reduktion modulo p. Also
2
Satz 2
verzweigt p in K ⇐⇒ es gibt B ∈ Z[T ] normiert mit deg B ≥ 1 und B |A.
Der Zerfällungskörper
von A ist ein Zahlkörper L. Wir können annehmen, dass L ⊃ K.
Q
Es gilt A = di=1 (T − yi ) mit yi ∈ ZL . Unser α ist unter den yi . Sei P ein Primideal von
ZL welches p enthält. Für a ∈ ZL schreiben wir a für sein Bild in ZK /P .
Nun ist A nicht quadratfrei genau dann, wenn A0 (yi ) = 0 für ein i ∈ {1, . . . , d}. Also
verzweigt p in K ⇐⇒ es gibt i ∈ {1, . . . , d} mit A0 (yi ) = 0
⇐⇒ es gilt
d
Y
A0 (y
i)
i=1
⇐⇒ ∆K/Q
=
d
Y
A0 (yi ) = 0
i=1
(1, α, . . . , αd−1 )
= 0;
die letzte Äquivalenz folgt aus Aufgabe 4, Serie 2. Aber ∆K/Q (1, α, . . . , αd−1 ) = 0 ist
äquivalent mit ∆K/Q (1, α, . . . , αd−1 ) ∈ P ∩ Z = pZ, also p|∆K/Q (1, α, . . . , αd−1 ).
Schliesslich gilt ∆K/Q (1, α, . . . , αd−1 ) = [ZK : Z[α]]2 ∆K/Q , siehe Lemma 1.7(ii). Wegen
Voraussetzung gilt p - [ZK : Z[α]] und daraus folgt die Proposition.
Bemerkung. Der Beweis der Proposition benutzt die Voraussetzung p - [ZK : Z[α]]
zweimal. Dennoch ist sie überflüssig. Das heisst, p verzweigt in K genau dann, wenn
p|∆K/Q . Dies werden wir erst später und mit mehr Theorie beweisen können.
Korollar 2.9. Sei K ein Zahlkörper. Es gibt höchstens endlich viele Primzahlen welche
in K verzweigen.
Beweis. Dies folgt aus Proposition 2.8 und ∆K/Q 6= 0.
44
2.2 Kreisteilungskörper
2.2 Kreisteilungskörper
Wir kommen nun zu einer wichtigen Klasse von Zahlkörpern.
Erinnerung. Sei p ≥ 2 eine Primzahl und ζ = ζp = e2πi/p ∈ C. Es gilt ζ p = 1. Also
ist ζ eine algebraische Zahl und K = Q(ζ) ist ein Zahlkörper. Das normierte Polynom
T p − 1 ∈ Z[T ] hat ζ als Nullstelle. Es folgt ζ ∈ ZK und [K : Q] ≤ p. Aber T p − 1 ist
nicht das Q-Minimalpolynom von ζ da es nie irreduzibel ist. Es gilt
T p − 1 = (T − 1) (T p−1 + T p−2 + · · · + T + 1) .
|
{z
}
=Φp
Wir haben Φp (ζ) = 0.
Behauptung: Das Polynom Φp (T ) ist irreduzibel in Q[T ].
Beweis: Das “verschobene” Polynom Φp (T +1) ist von besonders einfacher Form modulo
p. Es gilt
(T + 1)p − 1
Tp
Φp (T + 1) ≡
≡
≡ T p−1 mod p.
(T + 1) − 1
T
Andererseits ist der konstante Term von Φp (T + 1) gleich Φp (1) = 1| + ·{z
· · + 1} = p.
p-mal
Nach dem Eisensteinschen Kriterium ist Φp (T + 1) irreduzibel. Somit ist auch Φp (T )
irreduzibel.
Daher ist [K : Q] = p − 1.
Definition. Sei p ≥ 2 eine Primzahl. Der Zahlkörper K = Q[T ]/(T p−1 +· · ·+T +1)Q[T ]
heisst p-ter Kreisteilungskörper. Wir schreiben oft ζ oder ζp für das Bild von T in K.
Die Kreisteilungskörper treten im Zusammenhang mit Fermats letzten Satz auf.
Sei also K der p-te Kreisteilungskörper. Was können wir über ZK , ∆K , ClK und Z×
K
sagen? Der Ring der algebraischen Zahlen und die Diskriminante sind zugänglich. Wir
werden sie weiter unten bestimmen. Die Einheitengruppe und insbesondere die Klassengruppe sind aber schwierig festzulegen.
Lemma 2.10. Sei p ≥ 2 eine Primzahl und K = Q(ζ) der p-te Kreisteilungskörper.
(i) Es gilt pZK = (λZK )p−1 wobei λ = 1 − ζ.
(ii) Die Diskriminante des Tupels (1, ζ, . . . , ζ p−2 ) erfüllt ∆K/Q (1, ζ, . . . , ζ p−2 ) = ±pp−2 .
Beweis. Den Beweis von (i) beginnen wir mit der Beobachtung, dass Φp (ζ i ) = 0 für
1 ≤ i ≤ p − 1. Es gilt #{ζ, ζ 2 , . . . , ζ p−1 } = p − 1. Also haben wir alle Nullstellen von Φp
gefunden. Es gilt Φp (T ) = (T − ζ) · · · (T − ζ p−1 ) und somit
p = Φp (1) =
p−1
Y
(1 − ζ i ).
i=1
45
2 Primidealfaktorisierung in ZK
Wir zeigen weiter unten, dass (1 − ζ i )/(1 − ζ) ∈ Z×
K falls i ∈ {1, . . . , p − 1}. Ist dies
einmal bekannt so haben wir
p−1
p−1
Y
Y 1 − ζi
1 − ζi
= (1 − ζ)p
p=
(1 − ζ)
1−ζ
1−ζ
i=1
|i=1 {z }
∈Z×
K
und daraus folgt (i).
Wieso ist (1 − ζ i )/(1 − ζ) eine Einheit? Dass dieses Element überhaupt in ZK liegt folgt
aus
1 − ζi
= 1 + ζ + · · · + ζ i−1 ∈ ZK .
1−ζ
Um dasselbe für das Inverse zu zeigen wählen wir j ∈ Z mit ij ≡ 1 mod p. Es gilt
ζ ij = ζ und somit
1−ζ
1 − ζ ij
=
= 1 + ζ i + ζ 2i + · · · + ζ i(j−1) ∈ ZK .
1 − ζi
1 − ζi
Somit ist (1 − ζ i )/(1 − ζ) ∈ Z×
K.
Nun zu Teil (ii). Aufgabe 4, Serie 2 zeigt
∆K/Q (1, ζ, . . . , ζ p−2 ) = ±
p−1
Y
Φ0p (ζ i ).
i=1
Wie können wir Φ0p (ζ i ) bestimmen? Wir müssen einfach T p − 1 = (T − 1)Φp (T ) ableiten
und geeignet evaluieren. Es gilt
pT p−1 = Φp (T ) + (T − 1)Φ0p (T )
und evaluiert bei ζ i erhalten wir
pζ i(p−1) = 0 + (ζ i − 1)Φ0p (ζ i ).
Also Φ0p (ζ i ) = pζ i(p−1) (ζ i − 1)−1 . Wir haben also
∆K/Q (1, ζ, . . . , ζ p−2 ) = ±
p−1
Y
pζ i(p−1) (ζ i − 1)−1 = ±pp−1
i=1
=±
i=1
p−1
pp−1 Y
Φp (1)
! p−1
Y
ζ i(p−1)
(ζ i − 1)−1
i=1
ζ i(p−1) .
i=1
Wir wissen bereits, dass Φp (1) = p. Weiterhin ist
Also folgt Teil (ii).
46
p−1
Y
Qp−1
i=1
ζ i(p−1) = (±Φp (0))p−1 = ±1.
2.2 Kreisteilungskörper
Bemerkung. Seien p und K wie in Lemma 2.10.Falls p ≥ 5 so ist pp−2 nicht quadratfrei. Wir können also nicht den üblich “Trick” anwenden um ZK = Z[ζ] zu folgern. Dass
diese Gleichung aber trotzdem gilt zeigt uns folgendes Lemma.
Lemma 2.11. Sei p ≥ 2 eine Primzahl und K = Q(ζ) der p-te Kreisteilungskörper. Es
gilt ZK = Z[ζ].
Beweis. Wir wissen bereits, dass
±pp−2 = ∆K/Q (1, ζ, . . . , ζ p−2 ) = [ZK : Z[ζ]]2 ∆K/Q ,
siehe Lemma 1.7(ii). Also ist [ZK : Z[ζ]] ein Teiler von pp−2 . Dies impliziert
pp−2 ZK ⊂ Z[ζ].
(2.5)
Wir setzen λ = 1 − ζ wie in Lemma 2.10(i). Wir haben pZK = (λZK )p−1 . Da die Norm
multiplikativ ist, haben wir
pp−1 = p[K:Q] = |NK/Q (pZK )| = N (pZK ) = N (λZK )p−1 .
Also ist N (λZK ) = p. Lemma 2.1(ii) zeigt, dass λZK ein Primideal ist. Der Quotient
ZK /λZK ist also Z/pZ. Daraus folgern wir ZK = Z + λZK also insbesondere
ZK = Z[ζ] + λZK .
(2.6)
Behauptung: Für t ∈ Z mit t ≥ 1 gilt ZK = Z[ζ] + λt ZK .
Der Beweis ist Induktion auf t. Den Fall t = 1 haben wir schon erledigt. Gemäss Induktionsvoraussetzung haben wir ZK = Z[ζ] + λt ZK . Wir multiplizieren mit λ und erhalten
λZK = λZ[ζ] + λt+1 ZK . Insbesondere also
λZK ⊂ Z[ζ] + λt+1 ZK
da λ ∈ Z[ζ]. Wenn wir jetzt (2.6) heranziehen erhalten wir ZK ⊂ Z[ζ] + λt+1 ZK . Daraus
folgt unsere Behauptung.
Zurück zum Beweis von Lemma 2.11. Wir nehmen t = (p − 1)(p − 2) und erhalten
ZK = Z[ζ] + (λZK )(p−1)(p−2) = Z[ζ] + pp−2 ZK
wegen Lemma 2.10(i). Schliesslich impliziert (2.5) die Inklusion ZK ⊂ Z[ζ]. Die Umgekehrte Inklusion gilt trivialerweise also ist das Lemma bewiesen.
Korollar 2.12. Seine p und K wie in Lemma 2.11.
(i) Es gilt ∆K/Q = ±pp−2 .
(ii) Falls p ≥ 3 so ist p die einzige Primzahl welche in K verzweigt.
Beweis. Die Diskriminante ∆K/Q ist ∆K/Q (1, ζ, . . . , ζ p−2 ) = ±pp−2 wegen Lemma 2.10.
Der zweite Teil folgt direkt aus dem ersten und Satz 2.
Bemerkung. In einem Kreisteilungskörper K kann man lZK “explizit” faktorisieren
für eine beliebige Primzahl l. Siehe Serie 4.
47
3 Klassen- und Einheitengruppe
Wir haben schon erlebt wie die Struktur der Klassengruppe ClK hilfreich sein kann,
wenn es darum geht diophantische Gleichungen zu lösen.
Sei K ein Zahlkörper. Dann ist
x7→xZ
×
1 → Z×
−→K JK → CK → 0
K →K
eine exakte Sequenz. Die beiden Gruppe in der mitte, also K × und JK , sind “gross”:
wir haben z.B. gesehen, dass JK frei abelsch von unendlichem Rang ist.
Ziel dieses Kapitels ist es die Struktur von Z×
K und ClK aufzuklären.
Der erste Meilenstein ist der folgende Satz den wir erst weiter unten beweisen werden.
Satz 3. Sei K ein Zahlkörper, dann ist ClK endlich.
Bemerkung. Um Satz 3 zu beweisen folgen wir dem Beweis dass die Klassengruppe
von ZQ(√−5) zu Z/2Z isomorph ist. Konkret werden wir für einen Zahlkörper K eine
Konstante CK > 0 mit folgender Eigenschaft finden. Für jedes Ideal I ⊂ ZK ungleich
Null gibt es a ∈ I r {0} mit |NK/Q (a)| ≤ CK N (I).
In diesem Fall gilt aZK ⊂ I und wie üblich gibt es ein Ideal J ⊂ ZK mit IJ = aZK .
Die Norm erfüllt N (I)N (J) ≤ CK N (I), also N (J) ≤ CK . Es gibt aber nur endlich viele
Ideale beschränkter Norm, siehe Serie 3 Aufgabe 3(iv).
In der Klassengruppe gilt aber [I][J] = [aZK ] = 1. Und somit gibt es nur endlich viele
Möglichkeiten für [I]. Da jedes Element der Klassengruppe von der Form [I] ist, folgt
Satz 3.
3.1 Geometrie der Zahlen
Wir entwickeln die Grundlagen eine auf Minkowski zurückgehende Theorie. Sie ist ein
wichtiges Werkzeug in vielen Bereichen der Zahlentheorie.
Die allgemeine Frage in “Geometrie der Zahlen” lässt sich wie folgt formulieren. Sei
E ⊂ Rd eine Teilmenge. Unter welchen Bedingung an E enthält diese Menge ein Element
von Zd r {0}?
Ist E zum Beispiel der abgeschlossene euklidische Ball um den Nullpunkt mit Radius
ρ, so ist E ∩ (Zd r {0}) nicht leer für ρ genügend gross (z.B. ρ ≥ 1 reicht aus). Insbesondere enthalten solche E einen ganzzahligen Vektor ungleich Null falls deren Volumen
genügend gross ist.
Aber eine allgemeine Lebesgue messbare Menge E von beliebig grossem Volumen muss
nicht unbedingt ein Element von Zd r {0} enthalten. Die Menge E braucht zusätzliche
Eigenschaften. Wir werden diese weiter unten kennen lernen.
49
3 Klassen- und Einheitengruppe
Es wird sich als nützlich erweisen nicht nur mit Zd sondern mit allgemeineren Untergruppen von Rd zu arbeiten.
Definition. Ein Gitter in Rd ist ein freier Z-Untermodul von Rd mit Rang d welcher
eine R-Basis von Rd enthält.
Beispiel.
(i) Das offensichtlichste Beispiel eines Gitters in Rd ist Zd selbst.
(ii) Die Untergruppe
√
2)Z + (1, − 2)Z
√
ist ein Gitter in R2 . Die zwei Vektoren (1, ± 2) sind R-linear unabhängig. Es
folgt, dass Λ ein freier Z-Modul von Rang 2 ist, und dass Λ eine R-Basis von R2
enthält.
Λ = (1,
(ii) Die Untergruppe
√
√
Λ = (1, 0)Z + ( 2, 0)Z
ist kein Gitter in R2 . Obwohl Λ ein freier Z-Untermodul von R2 mit Rang 2 ist,
sind je zwei Element aus Λ stets R-linear abhängig.
Definition. Sei Λ ein Gitter in Rd und (v1 , . . . , vd ) eine Z-Basis von Λ. Aus der Definition folgt, dass (v1 , . . . , vd ) eine R-Basis von Rd ist. Der Wert | det[v1 · · · vd ]| ist
unabhängig von der Wahl der vi und heisst Determinante von Λ, oder det Λ als Symbol.
Die Determinante erfüllt det Λ > 0.
Gegeben v1 , . . . , vd wie oben, so nennt man
F = {λ1 v1 + · · · + λd vd ; λi ∈ [0, 1)}
eine Fundamentalmasche von Λ (bezüglich der Basis (v1 , . . . , vd )). Diese hängt von der
Basiswahl ab.
√
√
Beispiel.
Das Gitter (1, 2)Z + (1, − 2)Z aus dem Beispiel oben hat Determinante
√
2 2.
Bemerkung. (i) Aus der Tatsache, dass ein Gitter positive Determinante hat folgt,
dass es eine diskrete Teilmenge von Rd ist.
(ii) Sei µ das Lebesgue Mass auf Rd , Λ ein Gitter von Rd und F eine Fundamentalmasche von Λ (bezüglich einer beliebigen Z-Basis). Dann gilt µ(F ) = det Λ.
Wir werden Punkte ungleich Null in E finden welche Element eines Gitter sind.
Definition. Eine Teilmenge E ⊂ Rd heisst symmetrisch falls −x ∈ E aus x ∈ E folgt.
Wie oben wird µ das Lebesgue Mass auf Rd sein.
50
3.1 Geometrie der Zahlen
Lemma 3.1 (Minkowskis Gitterpunktsatz). Sei Λ ⊂ Rd ein Gitter und E eine symmetrisch, konvexe, Lebesgue messbare Teilmenge des Rd . Falls
µ(E) > 2d det Λ
dann existiert ein v ∈ E mit v ∈ Λr{0}. Falls wir zusätzlich annehmen, dass E kompakt
ist, so reicht die Voraussetzung µ(E) ≥ 2d det Λ.
Beweis. Wir zeigen weiter unten, dass es v, v 0 ∈ Λ gibt mit v 6= v 0 und
1
1
E+v ∩
E + v 0 6= ∅.
2
2
(3.1)
Daraus folgt die erste Behauptung des Gitterpunktsatzes wie folgt.
Wir wählen x, y ∈ E mit x/2 + v = y/2 + v 0 . Es gilt
v − v0 =
1
1
y x
− = y + (−x).
2 2
2
2
Aus der Symmetrie von E folgt −x ∈ E. Da E konvex ist, enthält sie den Mittelpunkt
der Strecke zwischen y und −x. In anderen Worten, y/2 − x/2 ∈ E. Also ist v − v 0 ∈ E.
Da v − v 0 ∈ Λ r {0} folgt die erste Behauptung des Lemmas.
Nun müssen wir noch (3.1) beweisen. Dazu nehmen wir an, dass die Mengen 12 E +v paarweise disjunkt sind wenn v die Element von Λ durchläuft. Daraus wird ein Widerspruch
folgen.
Wir wählen eine Z-Basis von Λ und nennen die sich daraus ergebende Fundamentalmasche F . Die Mengen ( 12 E + v) ∩ F , wobei v das Gitter Λ durchläuft, sind paarweise
disjunkt. Aus der σ-Additivität von µ ergibt sich die erste Gleichheit in
!
[ 1
X 1
E+v ∩F =µ
E + v ∩ F ≤ µ(F ) = det Λ.
(3.2)
µ
2
2
v∈Λ
v∈Λ
Für v ∈ Λ gilt (( 21 E + v) ∩ F ) = ( 12 E) ∩ (F − v) + v. Da µ translationsinvariant ist folgt
µ(( 12 E + v) ∩ F ) = µ(( 12 E) ∩ (F − v)). Wir schreiben (3.2) um und erhalten
X 1 det Λ ≥
E ∩ (F − v) .
µ
2
v∈Λ
Da F eine Fundamentalmasche ist, sind die F − v (wobei v das Gitter durchläuft)
paarweise verschieden. Wir erhalten
!
!
[
[ 1 1
det Λ ≥ µ
E ∩ (F − v) = µ
E ∩
F −v .
2
2
v∈Λ
v∈Λ
S
Aber jedes Element in Rd liegt in F modulo Λ. Daraus folgt v∈Λ F − v = Rd . Also
det Λ ≥ µ( 12 E) = 2−d µ(E). Diese Ungleichung widerspricht der Voraussetzung an das
Mass von E.
51
3 Klassen- und Einheitengruppe
Wir müssen noch beweisen, dass µ(E) ≥ 2d det Λ reicht, falls E kompakt ist. In diesem
Fall ist µ(E) < ∞ und wir haben auch µ((1 + )E) = (1 + )d µ(E) > 2d det Λ für
jedes > 0. Aus dem ersten Teil des Lemmas folgt, dass für jedes ∈ (0, 1] ein v ∈
(1 + )E ∩ (Λ r {0}) gibt.
Nun ist E symmetrisch konvex und nicht-leer. Also 0 ∈ E und sogar (1 + )E ⊂ 2E.
Aber 2E ist auch kompakt und Λ ist diskret. Deshalb ist (2E) ∩ (Λ r {0}) endlich. Es
gibt also eine Folge k ∈ (0, 1] mit k → 0 mit vk = v0 ∈ (1 + k )E ∩ (Λ r {0}), d.h. vk
ist unabhängig von k. Da E abgeschlossen ist gilt sogar v0 ∈ E. Also folgt der zweite
Teil der Behauptung.
Beispiel. Falls E wie im ersten Teil des Lemmas ist (d.h. nicht unbedingt kompakt), so
brauchen wir wirklich strikte Ungleichheit. Sei E = (−1, 1)d . Diese Menge ist konvex,
symmetrisch und Lebesgue messbar mit µ(E) = 2d . Aber E ∩ Zd = {0}.
3.2 Einbettung von ZK
Wir werden uns mit Gitter in Rd beschäftigen die von einem Zahlkörper K von Grad d
stammen.
Aus der Algebra ist bekannt, dass es d paarweise verschiedene Einbettungen
σ1 , . . . , σd : K → C
gibt. Es ist hilfreich diese wie folgt zu sortieren.
Zunächst gibt es r ∈ Z mit 0 ≤ r ≤ d so, dass (nach Umnummerierung der σi )
σi (K) ⊂ R
für
1≤i≤r
und σi (K) 6⊂ R
für r + 1 ≤ i ≤ n.
Die Einbettungen σ1 , . . . , σr heissen reellen Einbettungen. Ist i > r so nennt man σi
eine komplexe Einbettung. In diesem Fall gilt σi 6= σi ; hier ist σ(x) = σ(x) mit die ·
komplexe Konjugation. Nach einer weiteren Umnummerierung gilt
σr+1 = σr+s+1 , σr+2 = σr+s+2 , . . . , σr+s = σr+2s
für s = (d − r)/2.
Definition. Das Paar (r, s) welches wir dem Zahlkörper K zugeordnet haben, heisst
Signatur von K.
√
Beispiel. (i) Sei m ∈ Z r {0, 1} quadratfrei und K = Q( m). Falls m > 0 so hat K
Signatur (2, 0). Falls m < 0 so ist die Signatur (0, 1).
(ii) Sei p ≥ 3 eine Primzahl und K der p-te Kreisteilungskörper. Dann hat K keine
reelle Einbettungen da der Körper eine p-te Einheitswurzel enthält. Die Signatur
von K ist daher (0, (p − 1)/2).
52
3.2 Einbettung von ZK
Sei K wieder ein beliebiger Zahlkörper mit Signatur (r, s) und Grad d = r+2s. Weiterhin
seien Einbettungen σ1 , . . . , σd wie oben sortiert. Wir definieren eine Q-lineare Abbildung
Ψ : K → Rd
durch
x 7→ (σ1 (x), . . . , σr (x), Re σr+1 (x), Im σr+1 (x), . . . , Re σr+s (x), Im σr+s (x)),
hier sind Re und Im Real- beziehungsweise Imaginärteil. Die Abbildung Ψ ist injektiv.
√
√
Beispiel. Sei K = Q( m) wie im Beispiel zuvor. Falls mp> 0 so ist Ψ(a + mb) =
√
√
√
(a + mb, a − mb). Falls m < 0 so ist Ψ(a + mb) = (a, |m|b).
Wir werden jetzt u.a. zeigen, dass das Bild von ZK unter Ψ ein Gitter in Rd ist.
Lemma 3.2. Wir behalten die Notation von oben bei.
(i) Dann ist Ψ(ZK ) ein Gitter in Rd mit Determinante 2−s |∆K |1/2 .
(ii) Sei I ⊂ ZK ein Ideal I 6= 0 dann ist auch Ψ(I) ein Gitter und die Determinante
ist 2−s |∆K |1/2 N (I).
Beweis. Wir fangen mit Teil (i) an. Da Ψ injektiv ist und weil ZK ein freier Z-Modul
von Rang d ist, ist Ψ(ZK ) ein freier Z-Modul von Rang d. Wir müssen also nachweisen,
dass Ψ(ZK ) eine R-Basis von Rd enthält.
Dazu sei (a1 , . . . , ad ) eine Z-Basis von ZK . Es gilt


σ1 (aj )


..


.




σ
(a
)
r
j

[Ψ(a1 ) · · · Ψ(ad )] = 
∈ Matd (R).
 Re σr+1 (aj ) 




..


.
Im σr+s (aj )
Hieraus folgt

1

..

.


1


1 i


1 −i


..

.


1 i
1 −i
1≤j≤d







 [Ψ(a1 ) . . . Ψ(ad )] = [σi (aj )]1≤i,j≤d






53
3 Klassen- und Einheitengruppe
1 i
die Anzahl Blocks
ist s. Die Determinante der Matrix ganz links ist (−2i)s .
1 −i
Die Determinante der Matrix ganz rechts zum Quadrat ist genau ∆K wegen Lemma 1.7(i). Wir erhalten | det[Ψ(a1 ) · · · Ψ(ad )]| = 2−s |∆K |1/2 6= 0. Insbesondere sind
Ψ(a1 ), . . . , Ψ(ad ) linear unabhängig über R. Also ist Ψ(ZK ) ein Gitter und ihre Determinante ist durch 2−s |∆K |1/2 gegeben. Daraus folgt Teil (i).
Teil (ii) folgt aus dem ersten Teil und #(ZK /I) = N (I).
Wir werden nun mit Hilfe des Gitterpunktsatzes von Minkowski ein Element von I mit
kleiner Norm bestimmen. Zuerst brauchen wir aber eine Teilmenge E in Rd . Leider ist
im allgemeinen der topologisch Abschluss der Menge Ψ({x ∈ K; |NK/Q (x)| ≤ 1}) ⊂ Rd
nicht konvex. Wir können aber mit einer ähnlichen Menge arbeiten.
Sei dazu λ ≥ 0 ein Parameter. Wir setzen
Eλ = {(x1 , . . . , xr , xr+1 , x0r+1 , . . . , xr+s , x0r+s ) ∈ Rd ;
2
2
|x1 | + · · · + |xr | + 2(x2r+1 + x0 r+1 )1/2 + · · · + 2(x2r+s + x0 r+s )1/2 ≤ λ}.
|
{z
}
Definiert eine Norm auf Rd .
Bezüglich dieser Norm ist also Eλ eine abgeschlossen Kugel um den Nullpunkt mit Radius
λ.
Bemerkung. Die Menge Eλ hat folgende Eigenschaften.
(i) Sie ist konvex, dies folgt aus der Dreiecksungleichung der Norm.
(ii) Sie ist symmetrisch.
(iii) Sie ist kompakt, also insbesondere Lebesgue messbar.
(iv) Es gilt µ(Eλ ) = λd µ(E1 ).
Wir werden (um den Gitterpunktsatz anwendenzukönnen) das Mass von Eλ bestimmen
müssen. Die vierte Eigenschaft sagt uns, dass es reicht das Mass von E1 zu kennen.
Der Zusammenhang zwischen Eλ und der Normabbildung auf K ist durch folgendes
Lemma gegeben.
Lemma 3.3. Wir behalten die Notation von oben bei. Sei a ∈ K und λ ≥ 0 mit Ψ(a) ∈
Eλ . Dann gilt
d
λ
.
|NK/Q (a)| ≤
d
Beweis. Sei Ψ(a) = (x1 , . . . , xr , xr+1 , x0r+1 , . . . , xr+s , x0r+s ). Lemma 1.1 besagt, dass
|NK/Q (a)| =
d
Y
i=1
54
2
2
2
2
|σi (a)| = |x1 | · · · |xr |(x2r+1 + x0 r+1 ) 2 · · · (x2r+s + x0 r+s ) 2 .
3.2 Einbettung von ZK
Wir können diese Produkt aus d = r +2s Faktoren gegen oben mit Hilfe der Ungleichung
zwischen dem arithmetischen und geometrischen Mittel abschätzen. Dazu betrachten wir
2
(x2r+i + x0 2r+i ) 2 als ein Quadrat für 1 ≤ i ≤ s. Wir erhalten
|NK/Q (a)|1/d ≤
1
2
2
|x1 | + · · · + |xr | + 2(x2r+1 + x0 r+1 )1/2 + · · · + 2(x2r+s + x0 r+s )1/2 .
d
Wegen Ψ(a) ∈ Eλ ist die rechte Seite höchstens λ/d. Es folgt |NK/Q (a)| ≤ (λ/d)d , wie
gewünscht.
Folgende Proposition ist der wichtigste Schritt im Beweis von Satz 3.
Proposition 3.4. Sei K ein Zahlkörper mit Signatur (r, s) und Grad d = r + 2s.
Weiterhin sei I ein Ideal von ZK mit I 6= 0. Es gibt a ∈ I r {0} mit
|NK/Q (a)| ≤ CK N (I)
wobei
CK
d!
= d
d
s
4
|∆K |1/2 .
π
Beweis. Weiter unten werden wir
µ(E1 ) =
2 r π s
d! 2
(3.3)
zeigen. Zunächst zeigen wir aber wie diese Ungleichung die Proposition impliziert.
Wir werden Lemma 3.1 auf das Gitter Φ(I) und der Menge Eλ mit
s 1/d
4
λ = d!
N (I)1/d |∆K |1/(2d)
π
anwenden. Wir wissen bereits, dass Eλ konvex, symmetrisch und kompakt ist (und daher
auch Lebesgue messbar). Es reicht also nachzuweisen, dass µ(Eλ ) ≥ 2d det Ψ(Λ). Nun
gilt
λd r π s
µ(Eλ ) = λd µ(E1 ) =
2
= 2d−s N (I)|∆K |1/2 = 2d det Ψ(I)
d!
2
wegen Lemma 3.2(ii). Also gibt es a ∈ I r {0} mit Ψ(a) ∈ Eλ . Wegen Lemma 3.3 und
der Definition von CK haben wir
|NK/Q (a)| ≤
λd
= CK N (I).
dd
Um die Proposition zu beweisen müssen wir noch (3.3) ziegen. Dazu definieren wir
Vr,s (λ) = µ(Eλ ).
Beachte, dass Eλ von der Signatur (r, s) abhängt.
55
3 Klassen- und Einheitengruppe
Es gilt V0,1 (λ) = πλ2 /4. Weiterhin berechnen wir
Z
V0,s−1 (1 − 2(x2 + x2 )1/2 )dxdy =
V0,s (1) =
0
π s−1
2π
=
(2s − 2)! 2
Z
1/2
(1 − 2ρ)2(s−1) ρdρ =
0
Daraus folgt (3.3) falls r = 0.
Analog zeigt man
Z 1
Ind.
Vr−1,s (1−x)dx = 2
Vr,s (1) = 2
0
π s
1
2r−1
(d − 1)!
2
Z
1/2
V0,s−1 (1 − 2ρ)ρdρdθ
x2 +y 2 ≤1/4
Ind.
2π
Z
0
1 π s
.
(2s)! 4
1
Z
(1−x)d−1 dx =
0
1 r π s
.
2
d!
2
Wir kommen nun zum Beweis von Satz 3.
Sei x ein beliebiges Element der Klassengruppe ClK . Wir wissen, dass x−1 von einem
Ideal I ⊂ ZK mit I 6= 0 repräsentiert wird.
Wegen Proposition 3.4 gibt es a ∈ I r {0} mit |NK/Q (a)| ≤ CK N (I). Also ist das
Hauptideal aZK in I enthalten. Wegen Korollar 1.15 gibt es ein Ideal 0 6= J ⊂ ZK mit
IJ = aZK . Da die Norm eines Ideals multiplikativ ist gilt
N (I)N (J) = N (IJ) = N (aZK ) = |NK/Q (a)| ≤ CK N (I).
Also haben wir
N (J) ≤ CK .
In der Klassengruppe gilt [I][J] = [aZK ] = 1. Also [J] = x. Aber wegen Serie 3 Aufgabe
3(iv) gibt es nur endlich viele Ideale in ZK mit Norm höchstens CK . Es gibt also nur
endlich viele Möglichkeiten für J und so für x.
Jetzt berechnen wir einige Klassengruppe. Dazu benutzen wir die Notation vom Beweis
von Satz 3.
Beispiel.
(i) Sei K der 5-te Kreisteilungskörper. Wir wissen,
d = 4,
(r, s) = (0, 2)
und erhalten
CK =
4!
44
und
∆K = ±53
2
4
53/2 < 2.
π
Sind x und J wie im Beweis von Satz 3 (also insbesondere x = [J]) dann gilt
N (J) ≤ CK . Also N (J) = 1 und somit J = ZK . Daher ist x das triviale Element
und wir folgern ClK = {1}. Folglich ist ZK ein Hauptidealring.
(ii) Sei nun K = Q(71/3 ). Aufgabe 5 der Serie 2 impliziert ZK = Z[71/3 ]. Weiterhin
haben wir
d = 3, (r, s) = (1, 1) und ∆K = −33 · 72 .
Wie vorhin können wir daraus CK bestimmen und erhalten CK < 11.
56
3.2 Einbettung von ZK
Falls also x und J wie im Beweis von Satz 3 sind, so gilt N (J) ≤ 10.
Wir bestimmen nun alle Ideale (ungleich Null) in ZK mit Norm höchstens 10.
Jedes solche Ideal ist ein Produkt von Primidealfaktoren von 2ZK , 3ZK , 5ZK und
7ZK . Wir wenden Satz 2 an um diese Hauptideal zu faktorisieren. Als α nehmen
wir 71/3 und A is somit T 3 − 7. Es folgt
2ZK = P2 Q2 ,
3ZK =
N (P2 ) = 2, N (Q2 ) = 4
P33 ,
N (P3 ) = 3
5ZK = P5 Q5 ,
1/3
7ZK = (7
N (P5 ) = 5, N (Q5 ) = 25
3
ZK ) ,
1/3
N (7
da
A ≡ (T + 1)(T 2 + T + 1)
da
3
da
A ≡ (T − 1)
mod 2,
mod 3,
2
A ≡ (T + 2)(T + 3T + 4)
mod 5,
ZK ) = 7.
Folgende Tabelle beschreibt die Ideal von ZK mit Norm höchstens 10.
Norm:
Ideal:
1
ZK
2
P2
3
P3
4
P22 ,
Q2
5
P5
6
P2 P3
7
71/3 ZK
P23 ,
8
2ZK
9
P32
10
P2 P5
Aber nicht alle repräsentieren paarweise verschieden Elemente der Klassengruppe.
Zum Beispiel sind ZK , 71/3 ZK und 2ZK trivial in ClK . Wir erhalten zunächst
#ClK ≤ 10 werden aber nun weitere Ideale eliminieren.
Nun gilt NK/Q (−1 + 71/3 ) = 6 wegen der Normformel in Serie 2, Aufgabe 5(iii).
Also hat (−1+71/3 )ZK Norm 6 als Ideal. Es gibt aber nur ein Ideal in ZK der Norm
6. Deshalb ist P2 P3 das Hauptideal (−1 + 71/3 )ZK und wir können es eliminieren.
Also #ClK ≤ 9.
In der Klassengruppe gilt [P2 ][P3 ] = 1 und [P2 ][Q2 ] = 1. Somit haben wir [Q2 ] =
[P3 ] also können wir zum Beispiel P3 eliminieren. Wir sind nun bei #ClK ≤ 8
angekommen.
Aber es gibt noch weitere Kollisionen denn [P2 ] = [P3 ]−1 = [P3 ]−1 [3ZK ] = [P3 ]−1 [P33 ] =
[P32 ]. Also ist P32 überflüssig und wir haben #ClK ≤ 7. Nun [P23 ] = [P3 ]6 =
[3ZK ]2 = 1. Somit können wir P23 eliminieren und erhalten #ClK ≤ 6. Schlussendlich ist [P22 ] = [P3 ]4 = [3ZK ][P3 ] = [P3 ] und P22 muss nicht berücksichtigt
werden. Daher #ClK ≤ 5.
Behauptung: Das Ideal P3 ist kein Hauptideal.
Falls P3 ein Hauptideal wäre, so gäbe es ein Element in ZK der Norm ±N (P3 ) =
±3. Ein solches Element hat die Form a + b71/3 + c(71/3 )2 mit a, b, c ∈ Z und Norm
a3 + 7b3 + 72 c3 − 21abc = ±3
wegen Serie 2 Aufgabe 5(iii). Reduziert man diese Gleichheit modulo 7 so erhält
man a3 = ±3 mod 7. Dies ist aber unmöglich. Also folgt unsere Behauptung.
Wir schliessen, dass ClK nicht trivial ist, also #ClK ≥ 2. Wegen [P3 ]3 = 1
muss [P3 ] Ordnung 3 haben. Deshalb gilt 3|#ClK . Da #ClK ≤ 5 gibt es nur die
Möglichkeit #ClK = 3. Wir folgern, dass ClK zu Z/3Z isomorph ist und von P3
erzeugt wird.
57
3 Klassen- und Einheitengruppe
Die Form der Konstante CK hat auch theoretische Konsequenzen.
Korollar 3.5. Sei K ein Zahlkörper mit d = [K : Q]. Es gilt |∆K | ≥ (π/2)2[d/2] wobei
[·] die Gaussklammer ist.
Beweis. Sei (r, s) die Signatur von K. Sicherlich haben wir s ≤ [d/2]. Wir wenden
Proposition 3.4 auf I = ZK an. Es gibt also a ∈ ZK r {0} mit |NK/Q (a)| ≤ CK . Da
a 6= 0 ist NK/Q (a) ∈ Z r {0}. Also haben wir die (triviale) untere Schranke
1 ≤ |NK/Q (a)| ≤ CK
d!
= d
d
s
4
|∆K |1/2 .
π
Daraus schliessen wir
|∆K |1/2 ≥
π [d/2] π [d/2]
d
d
d
d π [d/2]
· · · d d
···
≥ 2[d/2]
=
.
1
d
4
4
2
|{z}
|{z}
2
2 +1
|{z} | {z }
≥2
≥1
≥2
≥1
Die Diskriminante geht also gegen unendlich im Grad da π > 2.
Bemerkung. Für jeden Zahlkörper K und jede Primzahl p ≥ 2 gilt: p verzweigt in K
genau dann, wenn p|∆K . Wir haben dies nur für monogene Körper bewiesen, siehe Satz
2. Falls K 6= Q so gilt d ≥ 2 und |∆K | ≥ (π/2)2 > 2 wegen dem Korollar oben. Also
verzweigt in jedem Zahlkörper ungleich Q mindestens eine Primzahl.
3.3 Dirichlets Einheitensatz
Wir werden mit Geometrie der Zahlen auch die Einheitengruppe Z×
K eines Zahlkörpers
aufzuklären.
K untersuchen. Ziel dieses Abschnitts ist es, die Struktur von Z×
K
Satz 4. Sei K ein Zahlkörper der Signatur (r, s). Dann gibt es eine ganze Zahl w ≥ 1
r+s−1 . Insbesondere ist Z× endlich erzeugt.
∼
mit Z×
K = (Z/wZ) × Z
K
In diesem Abschnitt fixieren wir einen Zahlkörper K und (r, s) wie im Satz. Desweiteren
setzen wir d = r + 2s = [K : Q].
Definition. Seien σ1 , . . . , σr : K → R die reellen Einbettungen von K und σr+1 , . . . , σr+s :
K → C komplexe Einbettungen die paarweise nicht komplex konjugiert sind. Wie üblich
haben wir σr+s+i = σr+i für 1 ≤ i ≤ s. Für u ∈ Z×
K setzen wir
L(u) = (log |σ1 (u)|, . . . , log |σr (u)|, 2 log |σr+1 (u)|, . . . , 2 log |σr+s (u)|).
r+s .
Dies ist ein Gruppenhomomorphismus L : Z×
K →R
Unser erstes Lemma gibt erste Informationen über L.
Lemma 3.6. Wie verwenden die selbe Notation wie eben.
58
3.3 Dirichlets Einheitensatz
(i) Es gilt
r+s
L(Z×
; x1 + · · · + xr+s = 0}.
K ) ⊂ {(x1 , . . . , xr+s ) ∈ R
(ii) Der Kern ker L ist endlich.
r+s .
(iii) Das Bild L(Z×
K ) ist eine diskrete Untergruppe von R
Beweis. Sei u ∈ Z×
K . Wir wissen, dass NK/Q (u) = ±1 da u eine Einheit ist. Andererseits
impliziert Lemma 1.1
1 = |NK/Q (u)| = |σ1 (u)| · · · |σr+2s (u)| = |σ1 (u)| · · · |σr (u)||σr+1 (u)|2 · · · |σr+s (u)|2 .
Teil (i) folgt in dem man den Logarithmus nimmt.
Falls u in ker L liegt, so gilt |σi (u)| = 1 für 1 ≤Qi ≤ r + s und natürlich auch für
r + s + 1 ≤ i ≤ r + 2s = d. Wir betrachten P = di=1 (T − σi (u)) als Polynom in T .
Sicherlich gilt P ∈ Q[T ] und sogar P ∈ Z[T ]. Wir schreiben P = T d + a1 T d−1 + · · · + ad
mit ai ∈ Z. Es gilt zum Beispiel a1 = −(σ1 (u) + · · · + σd (u)) also |a1 | ≤ d. Ebenso haben
wir ad = ±σ1 (u) · · · σd (u) und somit |ad | = 1. Jedes ai ist eine symmetrische Funktion
in σ1 (u), . . . , σd (u). Es ist nun nicht schwierig zu zeigen, dass jedes |ai | nur in Funktion
von d beschränkt ist. Also gibt es nur endlich viele Möglichkeiten für die ai . Es gibt auch
nur endlich viele P . Da P (u) = 0 folgt Teil (ii).
Der Teil (iii) ist ganz ähnlich wie (ii). Es reicht zu zeigen, dass die Menge L(Z×
K) ∩
{(x1 , . . . , xr+s ); |xi | ≤ B für 1 ≤ i ≤ r + s} endlich ist für ein B > 0. Aber falls
L(u) = (x1 , . . . , xr+s ) und |xi | ≤ B dann gilt log |σi (u)| ≤ eB . Die ai aus Teil (ii) haben
Absolutbetrag welcher in Funktion von d und B beschränkt ist. Es gibt also wieder nur
endliche viele P wie in (ii). Daraus folgt (iii).
Wir haben eine kurze exakte Sequenz
1 → ker L → Z×
K → L(ZK ) → 0.
Als nächstes zeigen wir eine “Hälfte” von Satz 4.
Lemma 3.7. Die Gruppe Z×
K ist endliche erzeugt von Rang höchstens r + s − 1.
Beweis. Sei V ⊂ Rr+s der R-Vektorraum welcher von L(Z×
K ) erzeugt wird. Aus Lemma
3.6(i) folgt, dass m = dim V ≤ r + s − 1.
Wir wählen R-unabhängige Elemente v1 , . . . , vm ∈ L(Z×
K ). Die Gruppe Λ = v1 Z + · · · +
×
vm Z ⊂ L(ZK ) ist frei von Rang m.
Behauptung: Der Index [L(Z×
K ) : Λ] ist endlich.
(k)
(k)
×
Falls der Quotient L(ZK )/Λ unendlich wäre, gäbe es eine unendliche Folge (ξ1 , . . . , ξr+s ) ∈
(k)
(k)
[0, 1]r+s (mit k ≥ 1) paarweise verschiedener Vektoren mit v1 ξ1 + · · · + vr+s ξr+s ∈
×
×
L(ZK ). Das sind aber unendlich viele Vektoren in L(ZK ) mit beschränkter Norm. Dies
widerspricht (iii) von Lemma 3.6.
×
Sei N = [L(Z×
K ) : Λ]. Aus Gruppentheorie folgt N L(ZK ) ⊂ Λ. Also
L(Z×
K) ⊂
1
Λ.
N
59
3 Klassen- und Einheitengruppe
Da N1 Λ endlich erzeugt von Rang m ist, ist nach dem Struktursatz für endlich erzeugte
Z-Moduln L(Z×
K ) endlich erzeugt mit Rang höchstens m ≤ r + s − 1.
Wir müssen aber nun zeigen, dass der Rang von Z×
K mindestens r+s−1 ist. Insbesondere
müssen wir nicht-triviale Einheiten konstruieren falls r + s ≥ 2.
Lemma 3.8. Es gibt eine Konstante C > 0 mit folgender Eigenschaft. Sei k ∈ Z mit
1 ≤ k ≤ r + s. Für jedes a ∈ ZK r {0} gibt es ein b ∈ ZK r {0} so, dass
|NK/Q (b)| ≤ C
und
|σi (b)| < |σi (a)|
falls
i ∈ {1, . . . , r + s} r {k}.
Beweis. Sei Ψ : ZK → Rd die Abbildung von Abschnitt 3.2. Also
Ψ(a) = (σ1 (a), . . . , σr (a), Re σr+1 (a), Im σr+1 (a), . . . , Re σr+s (a), Im σr+s (a)) ∈ Rd .
Wir beweisen das Lemma im Fall k = 1 ≤ r. Der andere Fall folgt durch eine einfache
anpassen des Arguments.
Sei
s
2
|σ1 (a)|
|∆K |1/2
>0
C0 = 2
|NK/Q (a)|
π
Wir wenden Geometrie der Zahlen auf
E = {(x1 , . . . , xr , xr+1 , x0r+1 , . . . , xr+s , x0r+s ) ∈ Rd ; |x1 | < C 0 ,
|xi | < |σi (a)|
|x2i
+
2
x0 i |
2 ≤ i ≤ r,
für
2
< |σi (a)|
für r ≤ i ≤ s}.
an. Es ist eine konvexe symmetrische Teilmenge von Rd . Das Lebesgue Mass ist
µ(E) = 2r π s
|NK/Q (a)| 0
C = 2r+s+1 |∆K |1/2 .
|σ1 (a)|
Lemma 3.2(i) zeigt det Ψ(ZK ) = 2−s |∆K |1/2 . Wir haben also µ(E) = 2d+1 det Ψ(ZK ) >
2d det Ψ(ZK ). Nach Minkowskis Gitterpunktsatz, Lemma 3.1, gibt es also b ∈ ZK r {0}
mit Ψ(b) ∈ E.
Aus der Definition von E erhalten wir
|NK/Q (b)| ≤ C 0
|NK/Q (a)|
|σ1 (a)|
und |σi (b)| < |σi (a)| für i 6= 1, wie erwünscht.
Eigentlich haben wir noch keine Einheiten gefunden. Das wird sich nun ändern.
Lemma 3.9. Sei k ∈ Z mit 1 ≤ k ≤ r + s. Es existiert u ∈ Z×
K so, dass xi < 0 für
i ∈ {1, . . . , r + s} r {k} falls L(u) = (x1 , . . . , xr+s ).
60
3.3 Dirichlets Einheitensatz
Beweis. Wähle a1 ∈ ZK r {0} beliebig. Wir wenden Lemma 3.8 auf a1 an. Es gilt also
a2 ∈ ZK r {0} mit |NK/Q (a2 )| ≤ C und |σi (a2 )| < |σi (a1 )| für i 6= k. Nun wenden wir
Lemma 3.8 auf a2 an und erhalten a3 ∈ ZK r {0} mit den gewünschten Eigenschaften.
Dieser Schritt wird induktiv wiederholt. Wir erhalten eine Folge {aj ; j ≥ 1} ⊂ ZK r {0}
mit beschränkter Norm und |σi (ah )| < |σi (aj )| falls h > j und i 6= k. Die Idealfolge
aj ZK hat auch beschränkte Norm.
Nun gibt es nach Serie 3 Aufgabe 3 nur endlich viele Ideale in ZK mit beschränkter
Norm. Also gibt es j > h mit aj ZK = ah ZK . Daraus folgt, dass u = aj /ah ∈ Z×
K.
Weiterhin haben wir |σi (u)| < 1 für i 6= k.
Wir kommen nun zum Beweis von Satz 4. Wir wissen bereits von Lemma 3.7, dass
×
ρ
∼ ×
Z×
K = (ZK )tors × Z mit ρ ≤ r + s − 1 und dass (ZK )tors eine endliche Gruppe ist. Jede
endliche Untergruppe der multiplikativen Gruppe eines Körpers ist zyklisch. Deshalb
∼
haben wir (Z×
K )tors = Z/wZ für ein w ∈ N. Es reicht also zu zeigen, dass ρ ≥ r + s − 1.
Dazu wenden wir Lemma 3.9 auf k = 1, . . . , r + s an und erhalten u1 , . . . , ur+s ∈ Z×
K mit
|σi (uk )| < 1 falls i 6= k.
Um ρ ≥ r + s − 1 zu beweisen, reicht es zu zeigen, dass die Matrix

 

L(u1 )
∗
<0

 

..
..
[αij ]1≤i,j≤r+s = 
=
 ∈ Matr+s (R)
.
.
L(ur+s )
∗
<0
Rang mindestens r + s − 1 hat. Beachte, dass die Elemente ausserhalb der Diagonale
negative sind. Da die Norm einer Einheit ±1 ist, ist die Summe über eine Zeile gleich
Null. Also sind die Elemente auf der Diagonale nicht negative.
Wir zeigen, dass
die ersten r + s − 1 Spalten R-linear unabhängig sind. Wir nehmen
Pr+s−1
also an, dass j=1 αij λj = 0 für 1 ≤ i ≤ r + s mit (λ1 , . . . , λr+s−1 ) ∈ Rr+s−1 r {0}.
Daraus wird sich ein Widerspruch ergeben. Ohne Einschränkung können wir annehmen,
dass es k mit λk > 0 gibt. Weiterhin können wir annehmen, dass λk = 1 ≥ λj für
j ∈ {1, . . . , r + s − 1} r {k}. Wir erhalten
0=
r+s−1
X
j=1
αkj λj = αkk λk +
|{z} |{z}
≥0
=1
r+s−1
X
j=1, j6=k
αkj λj ≥
|{z} |{z}
<0
≤1
r+s−1
X
αkj = −αk,r+s
j=1
da die Summe über eine Zeile von [αij ] Null ergibt. Aber −αk,r+s > 0 und das ist ein
Widerspruch.
Korollar 3.10. Die einzigen Zahlkörper mit endlicher Einheitengruppe sind Q und
√
Q( m) mit m ∈ Z quadratfrei und m < 0.
Beweis. Sonst ist r + s − 1 ≥ 1.
√
Beispiel. Sei K = Q( m) mit m ∈ Z quadratfrei und m > 0. Satz 4 impliziert dass
×
∼
Z×
K = (Z/wZ) × Z mit w ∈ N. Da K eine reelle Einbettungen hat, muss (ZK )tors = {±1}
k
und w = 2 sein. In anderen Worten: es existiert η ∈ K mit Z×
K = {±η ; k ∈ Z}.
61
3 Klassen- und Einheitengruppe
√
√
√
(i) Falls m = 2 so√ist 1 + 2 ∈ Z×
K da (1 + 2)(1 − 2) = −1. In den Übungen wird
k
Z×
K = {±(1 + 2) ; k ∈ Z} bewiesen.
(ii) Ein Erzeuger √η wie oben kann schon für relative kleine m eher kompliziert sein.
k
Falls K = Q( 67) ist Z×
K = {±η ; k ∈ Z} mit
√
η = 48842 + 5967 67.
62
4 Diophantische Anwendung
Wir werden jetzt eine längere Anwendung der bisherigen Theorie anschauen. Es handelt
sich dabei um den ersten Fall von Fermats letztem Satz für “reguläre” Exponenten.
Definition. Eine Primzahl p ≥ 3 heisst regulär falls p - #ClK für den p-ten Kreisteilungskörper K.
Beachte, dass 2 nicht regulär ist obwohl 2 - #ClQ = 1.
Beispiel. (i) Wir wissen, dass #ClK = 1 falls K der 3-te, 5-te oder 7-te Kreisteilungskörper ist (siehe Übungen). Also sind 3, 5 und 7 reguläre Primzahlen.
(ii) Sei K der 37-te Kreisteilungskörper. Dann gilt ClK ∼
= Z/37Z (wir werden dies
nicht beweisen können). Also ist 37 keine reguläre Primzahl. Es ist die kleinste
nicht reguläre Primzahl.
(iii) Man kann zeigen, dass es unendlich viele Primzahlen gibt die nicht regulär sind.
(iv) Es ist ein offenes Problem ob es endlich oder unendlich viele reguläre Primzahlen
gibt. Die allgemein akzeptierte Vermutung besagt, dass es unendlich viele gibt.
Satz 5. Sei p ≥ 3 eine reguläre Primzahl. Falls
xp + y p = z p
mit
x, y, z ∈ Z
dann gilt
p|xyz.
Bemerkung. Dies ist der sogenannte erste Fall für reguläre Primzahlen. Der zweite
Fall besagt, dass falls
xp + y p = z p
mit
x, y, z ∈ Z
und
p|xyz
dann gilt
xyz = 0.
Der zweite Fall für reguläre Primzahlen ist einiges schwieriger zu beweisen. Wir werden
uns nur mit dem ersten Fall beschäftigen.
Wir werden im aktuellen Abschnitt die folgende Notation verwenden. Es sei p ≥ 3 eine
reguläre Primzahl und K der p-te Kreisteilungskörper. Zur Erinnerung, es gilt K =
Q[T ]/ (1 + T + · · · + T p−1 ) Q[T ]. Wir schreiben ζ für das Bild von T in K. Dann gilt
|
{z
}
=A
ζ p = 1 und K = Q(ζ). Wir haben schon einige Eigenschaften von K kennengelernt
und bewiesen. Es gilt [K : Q] = p − 1, ZK = Z[ζ], ∆K = ±pp−2 und K hat Signatur
(r, s) = (0, (p − 1)/2).
Wir werden nun ein wichtiger Unterkörper von K bestimmen.
63
4 Diophantische Anwendung
Definition. Betrachte den Ringhomomorphismus
Q[T ] −→Q[T ] −→Q[T ]/AQ[T ] = K
T 7→ T p−1 7→ T p−1 + AQ[T ].
Das Bild von A ist A(T p−1 ). Da ζ, . . . , ζ p−1 genau die Nullstellen von A sind, ist ζ
eine Nullstelle von A(T p−1 ). Wir schliessen, dass A|A(T p−1 ). Also erhalten wir einen
Ringhomomorphismus · : K → K. Da K ein Körper ist folgt, dass · injektiv und sogar
bijektiv ist. Deshalb ist es ein Körperautomorphismus. Wir haben ζ = ζ p−1 = ζ −1 .
Bemerkung. Man soll sich · wie komplex konjugieren vorstellen. Sei σ : K → C eine
Einbettung. Dann gilt σ(ζ) = e2πik/p für ein k ∈ Z. Wir berechnen σ(ζ) = e−2πik/p =
σ(ζ)−1 = σ(ζ). Beachte, dass im ersten Ausdruck · auf C komplex konjugieren ist. Im
letzten Ausdruck ist · der Automorphismus von K wie er oben definiert wurde. Das
Diagramm
·
K
−−−−→
K




σy
yσ
C −−−−−−−→ C.
kompl.Konj.
kommutiert.
Definition. Wir definieren K + = Q(ζ + ζ) = Q(ζ + ζ −1 ).
Bemerkung. Sicherlich ist K + ein Zahlkörper von Grad höchstens p − 1. Es gilt ζ 2 −
ζ(ζ + ζ −1 ) + 1 = 0. Deshalb haben wir [K : K + ] = [K + (ζ) : K + ] ≤ 2. Aber K = K + ist
| {z }
∈K +
unmöglich denn K + hat nur reelle Einbettung. Andererseits hat K genau (p − 1)/2 ≥ 1
Einbettungen die nicht reell sind. Also muss [K : K + ] = 2 gelten.
Die Signatur von K + ist also ((p − 1)/2, 0). Dirichlets Einheitensatz besagt, dass
(p−3)/2
∼ ×
Z×
K = (ZK )tors × Z
Z× + ∼
= (Z× + )tors × Z(p−3)/2 .
K
K
×
+
endlichen Index in Z×
Also hat Z×
K . Übrigens ist (ZK + )tors = {±1} da K eine reelle
K+
×
Einbettung hat. Wir werden jetzt (ZK )tors bestimmen.
k
Lemma 4.1. Es gilt (Z×
K )tors = {±ζ ; k ∈ Z mit 0 ≤ k ≤ p − 1}.
Beweis. Wir wissen, dass G = (Z×
K )tors eine zyklische Gruppe ist. Da diese die Untergruppe {±ζ k ; k ∈ Z mit 0 ≤ k ≤ p − 1} der Ordnung 2p enhält ist G zu Z/(2pw)Z
isomorph mit w ∈ N. Wir müssen w = 1 beweisen. Dazu nehmen wir w > 1 an und
folgern einen Widerspruch.
Sei l ein Primteiler von w. Es gibt drei Fälle.
Fall 1: Es gilt l = 2.
64
√
Dann haben
wir
4|#G.
Also
enthält
G
ein
Element
der
Ordnung
4.
Das
heisst,
−1 ∈ K
√
√
und so Q( −1) ⊂ K. Nun wissen wir, dass 2 in Q( −1) verzweigt: es gilt 2ZQ(√−1) =
√
P 2 wobei P = (1 + −1)ZQ(√−1) ein Primideal ist. Das Ideal P erzeugt ein Ideal
√
√
(1 + −1)ZK von ZK und wir haben 2ZK = ((1 + −1)ZK )2 . Deshalb ist 2 in K
verzweigt. Aber Korollar 2.12 besagt, dass p 6= 2 die einzige Primzahl ist, die in K
verzweigt. Wir haben den Widerspruch.
Fall 2: Es gilt l 6= 2 und l 6= p.
Dieser Fall ist ähnlich. Da l|#G gibt es ξ ∈ K mit ξ l = 1 und ξ 6= 1. Also enthält K den
l-ten Kreisteilungskörper. Wegen Korollar 2.12 und l ≥ 3 verzweigt l im l-ten Kreisteilungskörper. Mit dem selben Argument wie oben folgern wir dass l in K verzweigt. Dies
widerspricht nun wieder dem Korollar 2.12 da l 6= p.
Fall 3: Es gilt l = p 6= 2.
Dieser Fall muss auf andere Art und Weise behandelt werden. Wir wissen, dass p2 |#G.
2
Also gibt es ξ ∈ K mit ξ p = 1 aber ξ p 6= 1. Das heisst, ξ hat Ordnung p2 . Man rechnet
leicht nach, dass
2
p−1
p(p−1)
p
T p − 1 = (T − 1)(T
+ ·{z
· · + T + 1})(T
+ T p(p−2)
|
|
{z + · · · + T + 1}).
=A
=B=A(T p )
2
Da ξ p − 1 = 0 und ξ p 6= 1 folgt B(ξ) = A(ξ p ) = 0. Wir wissen, dass A(T + 1) ≡ T p−1
mod p, siehe dazu den Anfang von Kapitel 4. Also haben wir B(T + 1) ≡ A((T + 1)p ) ≡
A(T + 1)p ≡ T p(p−1) mod p. Weiterhin ist der konstante Term B(T + 1) gleich B(1) =
A(1) = p. Das Eisensteinsche Kriterium impliziert, dass B irreduzibel in Z[T ] ist. Wegen
dem Gauss Lemma ist es sogar in Q[T ] irreduzibel. Deshalb gilt [Q(ξ) : Q] = p(p − 1).
Aber dieser Grad ist höchstens [K : Q] = p − 1 da K ⊃ Q(ξ). Somit haben wir den
Widerspruch gefunden.
×
Nun können wir sogar die Gruppe Z×
K /ZK + bestimmen.
×
r
Lemma 4.2. Sei u ∈ Z×
K . Es gibt v ∈ ZK + und r ∈ Z mit u = ζ v.
Beweis. Sei · der Körperautomorphismus von K den wir oben definiert haben. Dieser
fixiert Q, das heisst es gilt x = x für x ∈ Q. Falls P ∈ Z[T ] das Q-Minimalpolynom von u
ist, so gilt 0 = P (u) = P (u). Daher ist P auch das Q-Minimalypolynom von u. Nun ist u
ein Einheit, deshalb ist ihre Norm ±1 = ±P (0), siehe Lemma 1.1. Folglich ist die Norm
von u auch ±1 und daher muss u eine Einheit sein. Insbesondere ist α = uu−1 ∈ Z×
K.
−1
Sei σ : K → C eine Einbettung. Dann ist σ(α) = σ(u)σ(u) und so |σ(α)| = 1.
(p−1)/2 der Gruppenhomomorphismus von Abschnitt 3.3. Dann ist L(α) =
Sei L : Z×
K →Z
0. Wir wissen aber, dass der Kern von L eine endliche Gruppe ist wegen Lemma 3.6(ii).
×
Somit hat α als Element der Gruppe Z×
K endliche Ordnung, d.h. α ∈ (ZK )tors .
Aus Lemma 4.1 folgt α = ±ζ k für ein k ∈ Z.
Wir nehmen zunächst an, dass α = −ζ k gilt. Da ZK = Z[ζ] gibt es b0 , . . . , bp−2 ∈ Z mit
u = b0 + b1 ζ + · · · + bp−2 ζ p−2 . Da (ζ i − 1)/(ζ − 1) eine Einheit ist für 0 ≤ i ≤ p − 1 (siehe
Beweis von Lemma 2.10(i)) haben wir
u − (b0 + · · · + bp−2 ) ≡ b1 (ζ − 1) + · · · + bp−2 (ζ p−2 − 1) ∈ (1 − ζ)ZK .
65
4 Diophantische Anwendung
Wir erhalten u ≡ b0 + · · · + bp−2 mod (1 − ζ)ZK und mit einer ähnlichen Rechnung
u ≡ b0 + · · · + bp−2 mod (1 − ζ)ZK . Somit ist u ≡ u mod (1 − ζ)ZK . Die Annahme
u = −uζ k impliziert 2u ≡ 0 mod (1 − ζ)ZK . Also teilt (1 − ζ)ZK das Hauptideal
2uZK = 2ZK . Insbesondere teilt N ((1 − ζ)ZK )) die Norm N (2ZK ) = 2p−1 . Wegen
Lemma 2.10(i) hat (1 − ζ)ZK Norm p. Das ist ein Widerspruch da p 6= 2.
Wir folgern, dass α = ζ k gilt. Also u = ζ k u.
Da p 6= 2 gibt es r ∈ Z mit 2r ≡ k mod p. Wir definieren v = ζ −r u und berechnen
v = ζ r u = ζ r−k u = ζ 2r−k v = v.
Natürlich gilt
u = ζ r v.
Da v eine Einheit in K ist reicht es zu zeigen, dass v ∈ K + .
Für eine beliebige Einbettung σ : K → C gilt σ(v) = σ(v) = σ(v). Deshalb ist σ(v) ∈
R oder anders formuliert: v ∈ σ −1 (R). Nun ist σ −1 (R) ein Unterkörper von K und
σ −1 (R) 6= K. Und σ −1 (R) enthält K + . Da [K : K + ] = 2 muss σ −1 (R) = K + gelten.
Wir schliessen v ∈ K + .
Nun können wir Satz 5 beweisen. Wir behalten dabei die Notation p, K, . . . bei. Weiterhin
seien x, y, z ∈ Z mit xp + y p = z p . Wir nehmen p - xyz an und werden ein Widerspruch
herleiten.
Wir werden nun einige Reduktionsschritte durchführen bevor wir zum Hauptargument
kommen.
(i) Ohne Einschränkung können wir p ≥ 5 annehmen. Denn falls p = 3 findet man
sofort, dass x3 , y 3 , z 3 ≡ ±1 mod 9. Also haben wir x3 + y 3 ≡ 0, ±2 mod 9. Ein
Widerspruch. [Bemerkung: Es gilt 17 + 307 ≡ 317 mod 49 also können wir Satz 5
nicht ohne weiteres mittels “modulo p2 ” beweisen.]
(ii) Ohne Einschränkung können wir ggT(x, y, z) = 1 annehmen. Denn wir können
sonst x, y, z durch einen gemeinsamen Teiler dividieren und erhalten eine neue
Gleichung x0p + y 0p = z 0p .
(iii) Ohne Einschränkung gilt x 6≡ y mod p. Um das zu sehen zeigen wir zuerst, dass
x ≡ y ≡ −z mod p unmöglich ist. Denn sonst würde
−2z p ≡ 2(−z)p ≡ 2xp ≡ xp + y p ≡ z p
mod p
und somit p|3z p gelten. Letztere Aussage ist unmöglich da p - z und p ≥ 5. Also
gilt entweder x 6≡ y mod p (und somit ist der Reduktionsschritt beweisen) oder
y 6≡ −z mod p. Im zweiten Fall ersetzen wir die ursprüngliche Gleichung durch
(−z)p + y p = (−x)p .
Q
i
Es gilt z p = p−1
i=0 (x + ζ y) und entsprechend für Hauptideale haben wir
(zZK )p =
p−1
Y
i=0
66
(x + ζ i y)ZK .
|
{z
}
=:Ii
Behauptung: Falls i, j ∈ {0, . . . , p − 1} mit i 6= j dann sind Ii und Ij teilerfremd.
Beweis: Wir nehmen an, dass ein Primideal P 6= 0 von ZK sowohl Ii wie auch Ij teilt.
Daraus wird sich ein Widerspruch ergeben.
Es gilt also x + ζ i y, x + ζ j y ∈ P und damit (x + ζ i y) − (x + ζ j y) = ζ i (1 − ζ i−j )y ∈ P .
Wir haben also P |(1 − ζ i−j )ZK yZK und da P ein Primideal ist gilt P |(1 − ζ i−j )ZK oder
P |yZK . Beachte, dass (1 − ζ i−j )ZK = (1 − ζ)ZK , dies folgt da (1 − ζ i−j )/(1 − ζ) ∈ Z×
K
(siehe den Beweis Lemma 2.10).
Analog haben wir ζ j (x + ζ i y) − ζ i (x + ζ j y) = ζ j (1 − ζ i−j )x ∈ P . Genauso wie vorhin
ergibt sich P |(1 − ζ)ZK oder P |xZK .
Was passiert falls P - (1 − ζ)ZK ? Dann muss P sowohl xZK wie auch yZK teilen. Die
Norm von P ist le mit l ≥ 2 eine Primzahl und e ≥ 1. Es folgt l|x und l|y und somit
auch l|z da z p = xp + y p . Dies widerspricht der Annahme, dass x, y, z teilerfremd sind.
Also muss P |(1 − ζ)ZK gelten. Aber (1 − ζ)ZK ist ein Primideal mit Norm p wegen
Lemma 2.10(i). Es gilt P = (1 − ζ)ZK und daher
x + y ≡ x + ζ iy ≡ 0
mod P.
Also x + y ∈ P ∩ Z = pZ und somit x + y ≡ 0 mod p. Wir erhalten z p ≡ xp + y p ≡
(x + y)p ≡ 0 mod p und somit ist z durch p teilbar. Das ist ein Widerspruch. Die
Behauptung dass I0 , . . . , Ip−1 paarweise teilerfremd sind ist bewiesen.
Nun ist I0 · · · Ip−1 gleich (zZK )p , eine p-te Potenz. Daher gibt es Ideale J0 , . . . , Jp−1 ⊂ ZK
mit Jip = Ii für jedes i ∈ {0, . . . , p − 1}.
Jetzt kommt der entscheidende Schritt. Jedes Ii ist ein Hauptideal (x + yζ i )ZK . Deshalb
gilt in der Klassengruppe [Ji ]p = [Jip ] = [Ii ] = 1. Also hat [Ji ] als Element von ClK
Ordnung entweder 1 oder p. Nun kann die Ordnung nicht p sein, da diese Primzahl die
Kardinalität von ClK nicht teilt. Also ist [Ji ] trivial und daher ist Ji ein Hauptideal
αi ZK mit αi ∈ ZK für jedes i.
Wir werden ab jetzt mit i = 1 weiterarbeiten. Wir schreiben α = α1 .
Es gilt αp ZK = (x + ζy)ZK . Leider folgt daraus nicht, dass αp und x + ζy gleich sind: die
p
zwei könnten bloss assoziiert sein. Auf jeden Fall gibt es ein u ∈ Z×
K mit x + ζy = uα .
×
r
Wegen Lemma 4.2 gibt es v ∈ ZK + und r ∈ Z mit u = ζ v.
Da ZK = Z[ζ] gibt es b0 , . . . , bp−2 mit α = b0 + b1 ζ + · · · + bp−2 ζ p−2 . Modulo pZK gilt
αp ≡ bp0 + · · · + bpp−2
|
{z
}
mod pZK .
=:a
Wir erhalten x + ζy ≡
aζ r v
mod pZK und so
ζ −r x + ζ 1−r y ≡ av
mod pZK .
(4.1)
Falls wir den Automorphismus · : K → K anwenden erhalten wir analog
r
x + ζy ≡ aζ v
mod pZK ;
hierzu verwenden wir a ∈ Z, also insbesondere a = a. Nun gilt ζ = ζ −1 und v = v da
v ∈ K + . Also
ζ r x + ζ r−1 y ≡ av mod pZK .
(4.2)
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4 Diophantische Anwendung
Gleichungen (4.1) und (4.2) zusammen ergeben
x + ζy − ζ 2r x − ζ 2r−1 y ≡ 0
Also folgt
mod pZK .
y
x
y
x
+ ζ − ζ 2r − ζ 2r−1 ∈ ZK .
p
p
p
p
(4.3)
Nehmen wir zunächst an, dass 1, ζ, ζ 2r , ζ 2r−1 paarweise verschieden sind. Dann sind diese
vier Elemente Teile einer Z-Basis von ZK = Z[ζ]. In diesem Fall impliziert (4.3) dass p|x
und p|y. Wie oben folgt p|z, also sind x, y, z nicht teilerfremd. Ein Widerspruch.
Aus dem Paragraph oben folgt, dass mindestens zwei unter 1, ζ, ζ 2r , ζ 2r−1 übereinstimmen.
Sicherlich gilt ζ 6= 1 und ζ 2r 6= ζ 2r−1 .
Aber was passiert falls ζ 2r = 1? Gleichung (4.3) impliziert (ζ − ζ −1 )y/p ∈ ZK . Da ζ 2 6= 1
sind ζ, ζ −1 = ζ p−1 Teile einer Z-Basis von ZK . Es folgt p|y, ein Widerspruch.
Beachte, dass 1 = ζ 2r−1 und ζ = ζ 2r äquivalent sind. Ist einer dieser Gleichungen erfüllt
so sagt uns (4.3) dass (x − y)/p − ζ(x − y)/p ∈ ZK . Wie oben folgt p|x − y oder x ≡ y
mod p. Dies widerspricht Reduktionsschritt (iii).
Der letzte Fall ist ζ = ζ 2r−1 . Aus (4.3) erhält man x(1 − ζ 2 )/p ∈ ZK . Wiederum folgt
p|x. Das ist ein Widerspruch.
Dies beendet alle sechs möglichen Fälle. Der Beweis von Satz 5 ist vollendet.
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