7.7 Überwachung des Intensivpatienten Hustenreflex, Würgereflex, Schluckreflex Diese Reflexe sind maßgeblich an die Funktionstüchtigkeit der Hirnnerven IX (Nervus glossopharyngeus), X (Nervus vagus) und XII (Nervus hypoglossus) gebunden. Okulozephaler Reflex (Abb. 7-10) Um den okulozephalen Reflex auszulösen, wird der Kopf des Patienten von einer Seite zur anderen gedreht sowie zurückgedreht. Ist bei einem komatösen Patienten der untere Hirnstamm noch intakt, dann bewegen sich die Augäpfel entgegen der Kopfbewegung (sog. Puppenkopfphänomen). Auch beim wachen Neugeborenen ist dieses Puppenkopfphänomen normalerweise auslösbar. Im späteren Lebensalter ist dieser Reflex beim wachen (oder somnolenten) Patienten durch entsprechende Willkürbewegungen der Augen unterdrückt. Ist der Hirnstamm geschädigt (oder der Patient wach), dann folgt die Blickrichtung der Kopfbewegung. (Bei Patienten mit Verdacht auf eine Verletzung der Halswirbelsäule darf der okulozephale Reflex nicht untersucht werden.) Abb. 7-10 Okulozephaler Reflex (Hirnstammreflex). a Geradeaus gerichtete Augäpfel. b Bei passiver Kopf­ drehung durch den Untersucher bewegen sich die Augen entgegen der Drehrichtung des Kopfes falls der Hirn­ 411 Okulovestibulärer Reflex (Abb. 7-11) Um den okulovestibulären Reflex auszulösen, werden mit einer 50-ml-Spritze (an die ein kurzes Schlauchstück konnektiert wurde) ca. 30 ml kalte Kochsalzlösung in den äußeren Gehörgang injiziert. Ist der Hirnstamm intakt, dann kommt es zur Blickwendung beider Augen zum gespülten Ohr hin. Bleibt diese Blickwendung aus, dann liegt eine Schädigung des Hirnstammes vor. Der okulovestibuläre Reflex darf nur ausgelöst werden, wenn das Trommelfell des Patienten intakt ist. Muskeleigenreflexe (Abb. 7-12) ● Bizepssehnenreflex (= BSR) ● Trizepssehnenreflex (= TSR) ● Radiusperiostreflex ● Knipsreflex und Trömmner-Reflex (= Handreflexe): Dies sind Eigenreflexe der Fingerbeuger. Bei seitengleicher Auslösung zeigen sie lediglich eine lebhafte Reflexaktivität an. Bei einseitiger Betonung stellen sie ein Pyramidenbahnzeichen dar. ● Patellarsehnenreflex (= PSR) ● Achillessehnenreflex (= ASR) stamm noch intakt ist (sog. Puppenkopfphänomen). c Hirnstammschädigung, die Augen bewegen sich bei Kopfdrehung nicht. 412 7 Intensivmedizin Abb. 7-11 Okulovestibulärer Reflex (Hirnstammreflex). a Bei intaktem Hirnstamm kommt es zur Blickwendung zum gespülten Ohr hin. b Bei einer Hirnstammschädigung kommt es zu keiner Abweichung der Augen durch die Spülung. Fremdreflexe Fremdreflexe können meist durch leichte Hautreizung ausgelöst werden. Oft muss jedoch wiederholt gereizt werden. Abgeschwächte, erloschene oder seitendifferente Fremdreflexe sind Hinweis auf eine Pyramidenbahnschädigung. ● Bauchhautreflex: Beim Bestreichen der Bauchhaut zum Nabel hin kommt es zur reflektorischen Anspannung der Bauchmuskeln mit Verziehung des Nabels zur Reizseite hin. ● Cremasterreflex: Beim Bestreichen der Haut im Bereich der Oberschenkelinnenseite kommt es zum gleichseitigen Hochziehen des Hodens. ● Analreflex: Reflektorische Kontraktion des Analsphinkters beim Einführen des Fingers in den After. Pathologische Reflexe (Abb. 7-13) ● Babinski-Reflex ● Oppenheim-Reflex ● Gordon-Reflex Typisch für ein positives Babinski-Zeichen ist eine Dorsalflexion der Großzehe. Die anderen Zehen verharren in der Ausgangsstellung oder können sich auch fächerförmig spreizen. Bei positivem Oppenheim-Reflex (kräftiges Bestreichen an der Tibiainnenkante) oder Gordon-Reflex (kräftiges Zusammendrücken der Wadenmuskulatur) tritt die gleiche Reizantwort auf. Eine positive Reizantwort ist Zeichen einer Pyramidenbahnschädigung.