1999-35 Benigne Tumoren der Leber: Diagnostik und Therapie

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Schweiz Med Wochenschr 1999;129:1257–64
Peer reviewed article
M. Nufera, G. Stuckmannb, M. Decurtinsa
a
Chirurgische Klinik;
Institut für Radiologie;
Kantonsspital Winterthur
b
Fortbildung
Benigne Tumoren der Leber:
Diagnostik und Therapie –
eine Übersicht
Summary
Benign liver tumours: review of diagnosis
and therapy
Advances in abdominal imaging technology in
the past 20 years and their widespread application have improved the detection of benign
liver tumours. The three most common tumours of this type are hepatic adenoma, focal
nodular hyperplasia and haemangioma. Besides these three, other benign tumours of the
liver are less important because of their rarity.
Diversity of and technical advances in imaging
technology make the choice of diagnostic approach difficult. Ideally, a test should be noninvasive, low-risk and commonly available,
with high specificity and sensitivity. Therefore,
we use sonography as a screening method and
MRI as a secondary diagnostic procedure.
The value of diagnostic procedures is discussed. Therapy and outcome of each tumour
is outlined.
Keywords: benign liver tumours; sonography;
CT; MRI; nuclear medicine; therapy
Zusammenfassung
Der benigne Lebertumor wurde in den vergangenen 20 Jahren durch den zunehmenden Einsatz von bildgebenden diagnostischen Verfahren häufiger entdeckt. Dabei bilden das Leberhämangiom, die fokal-noduläre Hyperplasie
und das Leberzelladenom die Hauptgruppe,
neben der andere Vertreter von der Häufigkeit
her wenig Bedeutung besitzen.
Die Vielfalt und die rasche Entwicklung der radiologischen Möglichkeiten zur Diagnostik erschweren die Wahl des Abklärungsverfahrens.
Dieses sollte nicht invasiv, risikoarm und allgemein verfügbar sein und dabei eine hohe Spe-
zifität und Sensitivität besitzen. Diese Kriterien
erfüllen die Sonographie als primäres diagnostisches Verfahren und die MR-Tomographie
als Methode der Wahl bei der weiteren Abklärung eines Lebertumors.
In der Folge wird die Wertigkeit der einzelnen
diagnostischen Abklärungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der neuen Literatur erläutert. Zusätzlich werden die zu jedem Tumor
gehörende Therapie und Prognose angeführt.
Keywords: gutartige Lebertumoren; Ultraschall; CT; MRT; Nuklearmedizin; Therapie
Bei der Leber gilt es nebst den vor allem im Alter dominanten malignen Tumoren auch drei
benigne tumoröse Veränderungen zu beachten:
das Leberhämangiom, das Leberadenom und
die fokal-noduläre Hyperplasie.
Diese benignen Tumoren erhielten in den vergangenen 30 Jahren vermehrt Beachtung, da
sie als Resultat der weiten Verbreitung von modernen radiologisch-diagnostischen Verfahren
häufiger entdeckt wurden.
Zusätzlich stieg die Inzidenz der Leberadenome unter dem Einfluss der oralen Kontrazeptiva an.
Die sichere diagnostische Zuordnung dieser
Einleitung
Korrespondenz:
Dr. med. M. Nufer
Schwerzistrasse 4
CH-8708 Männedorf
1257
Fortbildung
Befunde ist wichtig, da das Gefahrenpotential
und damit das therapeutische Vorgehen sehr
unterschiedlich ist. Jedoch erschweren die Ausweitung und Weiterentwicklung der radiologisch-diagnostischen Möglichkeiten die Wahl
des korrekten Abklärungsgangs. Die Wertig-
Schweiz Med Wochenschr 1999;129: Nr 35
keit dieser Verfahren – alleine oder in Kombination – ist schwierig einzuschätzen.
Bei bildgebenden Verfahren interessiert nebst
der Diagnose des Tumors dessen Ausdehnung
und Lokalisation im Bezug zu chirurgisch bedeutenden Nachbarorganen.
Epidemiologie, Pathologie, Klinik
Das Hämangiom
Das kavernöse Hämangiom ist der häufigste
gutartige Lebertumor mit einer Prävalenz von
5–7% und einem deutlich häufigeren Auftreten bei Frauen (60–70%). Diese angeborenen
Veränderungen sind oft subkapsulär gelegen
und imponieren in situ als meist kleine, dunkelblaue, weiche, gut abgegrenzte Tumoren.
Symptomatisch werden diese Hämangiome
meist nur, wenn sie eine gewisse Grösse überschreiten. In der Literatur findet man oft die
Bezeichnung «Riesenhämangiom», wobei der
Durchmesser, ab dem ein Leberhämangiom für
diese Bezeichnung qualifiziert, nicht einheitlich
gebraucht wird. Einige Autoren sprechen
schon ab 4, andere erst ab 10 cm Durchmesser
vom «Riesenhämangiom». Diese uneinheitliche Bezeichnung widerspiegelt auch ein unklares Gefahrenpotential, das uns später bei der
Diskussion der Operationsindikationen erneut
beschäftigen wird.
Als Symptome zeigen sich oft unspezifische abdominelle Beschwerden, Völlegefühl oder epigastrisches Unwohlsein. Diese Beschwerden
können entweder durch eine Thrombose im
Hämangiom oder durch Kompression anliegender Organe erklärt werden.
Das Adenom
Die Prävalenz des Leberadenoms ist weit tiefer
als die des Leberhämangioms. Bedeutung erhält das Leberadenom einerseits dadurch, dass
es weit häufiger klinisch manifest wird als das
Leberhämangiom, und anderseits durch die
möglichen Komplikationen, auf die noch einzugehen sein wird.
Der Zusammenhang mit der Einnahme der
hormonellen Kontrazeptiva ist unbestritten
(abhängig von der Dosis und der Dauer der
Einnahme). Eine ältere Studie zeigte folgendes:
Während die Inzidenz in der Durchschnittsbevölkerung bei etwa einem Leberadenom auf
eine Million Einwohner liegt, steigt das Risiko
1258
bei Langzeitgebrauch auf 3 bis 4 auf 100 000.
Dagegen zeigt eine jüngere Studie nur noch eine
Erhöhung des Risikos auf das 3- bis 4fache.
Zusätzlich ist die Gefahr einer Ruptur mit Einblutung in den Tumor oder intraabdomineller
Blutung erhöht. Frauen sind in über 90% der
Fälle betroffen.
Ebenfalls eine erhöhte Inzidenz hat das Leberadenom bei Patienten mit der Glykogenspeicherkrankheit vom Typ Ia.
Beim Leberadenom handelt es sich um einen
echten benignen Tumor aus Hepatozyten mit
ziemlich gleichmässiger Gefässarchitektur, jedoch fehlen Gallengänge. Meist findet sich
auch eine Kapsel. Makroskopisch handelt es
sich um einen ebenfalls weichen, hellgelben
und meist scharf vom umgebenden Lebergewebe abgegrenzten Tumor.
Klinisch zeigt sich oft ein unspezifischer, chronischer Abdominalschmerz. Im Falle der akuten Blutung bei Ruptur kann sich aber auch ein
akutes Schmerzbild entwickeln.
Die fokal-noduläre Hyperplasie
Die Prävalenz der fokal-nodulären Hyperplasie liegt bei etwa 2%, und wie beim Leberadenom sind in der Mehrzahl Frauen betroffen
(etwa 70–90%). Der Zusammenhang mit hormonellen Kontrazeptiva wird als weniger
wichtig als beim Leberadenom angesehen. Die
hormonellen Kontrazeptiva scheinen weniger
eine ursächliche als mehr eine wachstumsbeschleunigende Wirkung zu haben.
Diese Läsion enthält typischerweise (aber nicht
obligat) zentral eine fibröse Narbe, wobei
histologisch neben den narbigen Septen normales Lebergewebe mit Hepatozyten, proliferierenden Gefässen und Gallengängen liegt.
Es findet sich keine Kapsel.
Die Symptomatik ist ähnlich derjenigen der
Leberadenome: Der unspezifische Abdominalschmerz steht im Vordergrund, scheint jedoch
seltener als beim Leberadenom zu sein.
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Fortbildung
Abklärung
Der rasche Fortschritt in der Entwicklung der
modernen Schnittbildverfahren bringt es in
Verbindung mit der zunehmenden Erweiterung
der therapeutischen Möglichkeiten bei Lebertumoren mit sich, dass die Anforderungen an
die bildgebende Diagnostik ständig ausgeweitet werden. Verlangt werden diagnostische Verfahren, die nicht invasiv und daher risikoarm
sind, deren Durchführung einen geringen Zeitaufwand erfordert, die allgemein verfügbar
sind und eine hohe Sensitivität aufweisen. Untersuchungstechniken, die diesen Voraussetzungen nahe kommen, sind
– die Sonographie,
– die farbkodierte Duplex-Sonographie,
– die Computertomographie,
– die Magnetresonanz-Tomographie,
– die Szintigraphie.
Demgegenüber haben konventionell-radiologische Verfahren wie die Abdomen-Leeraufnahme, i.v.-Cholangiographie und ERCP in der
Abklärung gutartiger Lebertumoren keine Bedeutung. Die Indikation zur Arteriographie der
A. hepatica beschränkt sich auf seltene differentialdiagnostische Probleme und bleibt im
wesentlichen auf die präoperative Darstellung
der anatomischen Gefässverhältnisse beschränkt.
In den Punkten Nicht-Invasivität, RisikoarAbbildung 1
Riesenhämangiom der Leber.
Sonographisch echoreicher
Tumor mit zentral echoarmen Arealen.
Abbildung 2
Fokal-noduläre Hyperplasie.
Sonographisch im Vergleich
zum übrigen Lebergewebe
etwas echoärmere Raumforderung im Segment 4 der
Leber (Pfeil). GB = Gallenblase.
mut, Verfügbarkeit und geringer Zeitaufwand
der Untersuchung kommt der Sonographie
überragende Bedeutung zu. Kritischer ist die
Sensitivität des Verfahrens zu beurteilen. Geht
man von einer Mindestgrösse der nachzuweisenden Läsion von ein bis zwei Zentimetern
aus, so lässt sich in Studien belegen, dass die
Sensitivität lediglich etwas mehr als 50% beträgt [1]. Was in der Arbeit von Zocholl für
Metastasen nachgewiesen wurde, dürfte analog auch für benigne Lebertumoren zutreffen,
zumal deren Echostruktur sich im Fall von
Leberadenomen und fokal-nodulärer Hyperplasie aufgrund des geringen Impedanzunterschieds nur geringgradig von normalem Lebergewebe unterscheidet. Auch Leberhämangiome, die unter Berücksichtigung auch kleiner
Läsionen pathologisch-anatomisch in bis zu
20% der Bevölkerung gefunden werden, werden sonographisch viel seltener diagnostiziert,
besonders da sie in bis zu 20% der Fälle multipel auftreten [2]. Hämangiome bieten in 60
bis 80% ein typisches sonographisches Bild: Es
handelt sich um homogen echoreiche, scharf
begrenzte Läsionen ohne Halo, die häufig eine
diskrete dorsale Schallverstärkung zeigen. In
über 20% liegen jedoch atypische Leberhämangiome vor. In der Regel handelt es sich
dabei um Riesenhämangiome von über 10 cm
Durchmesser, die aufgrund von Fibrose und
Thrombose eine gemischte Echogenität mit
echoarmen und zystischen Arealen aufweisen
(Abb. 1). Solche Tumoren erfordern die definitive Abklärung mit weiteren bildgebenden Verfahren.
Die zweithäufigste benigne Leberläsion, die fokal-noduläre Hyperplasie, tritt oft solitär auf
und zeigt sonographisch eine variable Echotextur. Meistens ist sie etwas echoärmer als
normales Lebergewebe und ist an ihrem geringgradig raumfordernden Effekt zu erkennen
(Abb. 2). Die charakteristische zentrale Fibrosezone stellt sich sonographisch oft gar nicht
dar.
Der dritthäufigste benigne Lebertumor, das Leberadenom, wird sonographisch in der Regel
erst dann entdeckt, wenn es zur Ruptur gekommen ist. Sonographisch liegt ein gut abgrenzbarer, inhomogener Tumor mit echoarmen Arealen vor. Die Artdiagnose eines
Leberadenoms ist sonographisch in der Regel
nicht möglich.
In der Duplex-Sonographie ohne und mit Farbkodierung lassen sich einige für die jeweilige
benigne Läsion typische Kriterien für Gefässarchitektur und Strömungsmuster identifizieren.
1259
Fortbildung
Abbildung 3
Riesenhämangiom der Leber
(gleicher Fall wie Abb. 1).
Computertomographie nach
i.v.-KM-Gabe. Hypodenser
Tumor im rechten Leberlappen mit nodulärer KM-Anreicherung in der Peripherie
(Pfeil).
Abbildung 4
Fokal-noduläre Hyperplasie.
Computertomographie nach
i.v.-KM, arterielle Frühphase:
stark anreichernde, scharf
begrenzte Läsion im linken
Leberlappen (Pfeil). Pfeilspitze: Hauptstamm der
Vena portae.
Leberhämangiome weisen aufgrund des sehr
langsamen Blutflusses in den kavernösen Räumen kein oder allenfalls ein sehr diskretes und
nur im Power-Doppler erkennbares Flusssignal
auf [3].
Bei der fokal-nodulären Hyperplasie handelt es
sich um farbdopplersonographisch hypervaskularisierte Tumoren mit einem typischen
arteriellen Flussmuster im Zentrum des Tumors [4, 5].
Im Gegensatz dazu findet sich bei Leberadenomen ein zentralvenöser Fluss [6].
In einer grösseren Studie konnte demonstriert
werden, dass die Unterscheidung von benignen
und malignen Läsionen der Leber aufgrund duplexsonographischer Kriterien mit einer Spezifität von 94% und einem positiven Vorhersagewert von 96% gelang. Die Sensitivität betrug
allerdings nur 68% [7]. Somit ist die farbkodierte Duplex-Sonographie als isoliertes
Verfahren nicht genau genug, um zuverlässige
Aussagen z.B. zur Differentialdiagnose zwischen fokal-nodulärer Hyperplasie und einem
hypervaskularisierten malignen Tumor wie
dem hepatozellulären Karzinom oder Metastasen neuroendokriner Tumoren treffen zu
können.
1260
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Durch die intravenöse Applikation von Echosignalverstärkern kommt es intravaskulär zu
einer vermehrten Reflexion der Ultraschallsignale und durch Resonanzeffekte zu einer Verstärkung der Dopplersignale um mehr als das
10fache. Somit lässt sich durch UltraschallKontrastmittel die Sensitivität für den Flussnachweis in umschriebenen Leberläsionen gegenüber der nativen Doppler- oder Powerdopplersonographie steigern.
Es konnte nachgewiesen werden, dass deutliche Flusssignale in einem Tumor für Malignität
sprechen, ein fehlender Flussnachweis jedoch
Malignität keineswegs ausschliesst [8]; dies gilt
insbesondere für das hepatozelluläre Karzinom
sowie für Metastasen einiger neuroendokriner
Tumoren, allerdings auch für die fokalnoduläre Hyperplasie.
Die Sensitivität der Computertomographie
wird in der Literatur durchwegs günstiger beurteilt als die der Sonographie. Obwohl die statistischen Angaben zur Leistungsfähigkeit des
Verfahrens schwanken, wird insbesondere bei
bolusförmiger Kontrastmittelapplikation eine
Sensitivität von bis zu 90% genannt [9, 10].
Inwieweit moderne CT-Techniken wie die Spiral-Computertomographie zur Verbesserung
der Aussage beizutragen vermögen, bleibt abzuwarten.
Computertomographisch sind Leberhämangiome hypodense, scharf begrenzte Läsionen,
die gelegentlich kleine Verkalkungen enthalten.
Nach Gabe eines Kontrastmittelbolus zeigen
sie eine noduläre, von der Peripherie zum Zentrum hin fortschreitende Anreicherung (sogenanntes Irisblendenphänomen oder Filling-in),
die nach etwa 10 bis 20 Minuten abgeschlossen ist und über längere Zeit persistiert (Abb.
3). Thrombosierte und fibrosierte Riesenhämangiome können allerdings ein irreguläres,
uncharakteristisches Enhancement zeigen und
damit zu differentialdiagnostischen Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen Lebertumoren führen. Ausserdem können bei einer Computertomographie, die nicht in der Spiraltechnik durchgeführt wird, kleine Läsionen unter
2 cm Durchmesser aufgrund respiratorischer Variation des Patienten dem Nachweis entgehen.
Die fokal-noduläre Hyperplasie, die in der
nativen Computertomographie ebenfalls als
diskret hypodense Läsion imponiert, zeigt im
Gegensatz zum Leberhämangiom ein frühes
arterielles Enhancement, so dass sie sich als
hyperdenses Areal gegenüber dem normalen
Lebergewebe abhebt (Abb. 4). Der zentrale fibrotische Bezirk ist häufig, jedoch durchaus
nicht immer computertomographisch zu identifizieren.
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Fortbildung
Abbildung 5
Leberhämangiom.
T2-gewichtetes MRI. Stark
hyperintense Raumforderung
im Segment 6 des rechten
Leberlappens (Pfeil).
Abbildung 6
Fokal-noduläre Hyperplasie.
T2-gewichtetes MRI mit Fettunterdrückung. Im Vergleich
zum normalen Lebergewebe
leicht hyperintense Raumforderung im linken Leberlappen mit zentraler, stark
hyperintenser Narbe
(Pfeilspitze).
Das Leberadenom ist in der nativen Computertomographie hypodens und gut abgrenzbar.
Liegen innerhalb des Leberadenoms hyperdense Areale vor, handelt es sich um eine Einblutung. Das Kontrastmittelverhalten des Leberadenoms in der Computertomographie ist
uncharakteristisch.
Die MR-Tomographie hat sich inzwischen als
Methode der Wahl zur Identifizierung und
Klassifizierung mit topographischer Zuordnung primärer Lebertumoren entwickelt [11,
12]. Dies liegt an der gegenüber der Computertomographie noch einmal erhöhten Sensitivität, die in einzelnen Arbeiten bis zu 96% beträgt [9]. Die Methode ist in der Lage, mittels
standardisierter T1- und T2-Spinechosequenzen hervorragende Aussagen über Gewebseigenschaften und Ausdehnung eines Lebertumors zu machen. Die diagnostische Treffsicherheit wird durch den Einsatz zusätzlicher
moderner Sequenzen wie Fast-spin-Echosequenzen, Gradientenechosequenzen und Techniken mit Fettunterdrückung weiter erhöht.
Dynamische gadoliniumunterstützte Untersuchungen erlauben eine Aussage über das Vaskularisationsmuster eines Lebertumors. Wird
ein eisenhaltiges superparamagnetisches Kontrastmittel appliziert, können Tumoren, die
über ein ausgeprägtes retikuloendotheliales System verfügen, wie die fokal-noduläre Hyperplasie, von solchen Raumforderungen unterschieden werden, die im wesentlichen nur aus
Lebergewebe bestehen (Leberadenom, hepatozelluläres Karzinom). Die Methode ist zweifellos das beste Verfahren zum Nachweis kleiner
Leberhämangiome unter 2 cm Durchmesser. In
T1-gewichteten Sequenzen imponieren Hämangiome als scharf begrenzte hypointense
Läsionen. Auf T2-gewichteten Bildern zeigen
sie sich als im Vergleich zum normalen Lebergewebe deutlich hyperintense Zonen, deren Intensität mit steigender TE-Zeit infolge des sehr
langsamen Blutflusses durch das Leberhämangiom zunimmt (Abb. 5). In dynamischen Gradientenechosequenzen nach Gabe von Gadolinium zeigen Leberhämangiome ähnlich wie im
CT das typische verzögerte Kontrastmittel-Enhancement von der Peripherie her. Die Synopsis aller MR-Befunde erlaubt eine zuverlässige
Unterscheidung zwischen Leberhämangiom
inklusive Riesenhämangiomen von einer fokalnodulären Hyperplasie oder einer hypervaskularisierten Metastase. Aufgrund seiner hohen
Sensitivität oder Spezifität hat das MR-Tomogramm die Computertomographie in der Abklärung hämangiomverdächtiger Befunde
weitgehend ersetzt.
Die MR-Tomographie der fokal-nodulären
Hyperplasie ist ebenfalls charakteristisch. Die
Läsion ist in T1-Gewichtung isointens zum
normalen Lebergewebe, in T2-Gewichtung
iso- bis leicht hyperintens. In 79% der fokalnodulären Hyperplasie, aber nur in 4% der
Metastasen lässt sich die charakteristische zentrale Narbe als in T2-Gewichtung hyperintenser Strukturdefekt erkennen (Abb. 6). 100%
der fokal-nodulären Hyperplasie, aber nur
27% der malignen Tumoren zeigen eine charakteristische, in T2-Gewichtung hyperintense
Narbe [13]. Somit zeigen maligne Tumoren
und die fokal-noduläre Hyperplasie ein überlappendes Enhancement-Muster, doch erlaubt
die Kombination der Befunde eine Unterscheidung der verschiedenen Läsionen. Leberadenome sind in der MR-Untersuchung in T1- und
T2-Gewichtung aufgrund ihres Gehalts an
Fett, Glykogen und Hämoglobin hyperintens
und inhomogen und zeigen einen einer Pseudokapsel entsprechenden Randsaum [14].
Die Szintigraphie hat als Blutpool-Szintigraphie mit 99mTc eine Sensitivität von 93% [9],
doch können ähnlich wie bei der Computertomographie Läsionen unterhalb von 2 cm
nicht hinreichend erfasst werden. Die Sensitivität der szintigraphischen Darstellung der fokal-nodulären Hyperplasie mittels Hepatobida
wird mit 60% angegeben [9].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass für die
Abklärung benigner Lebertumoren der Sonographie die Rolle einer Screening-Methode zu1261
Fortbildung
kommt, wobei es mit Hilfe der farbkodierten
Duplex-Sonographie gelingt, die Artdiagnose
eines Tumors aufgrund des charakteristischen
Vaskularisationsverhaltens bestimmter Raumforderungen weiter einzuengen. Zu fordern ist
dabei neben dem Nachweis eines Tumors insbesondere bei multiplen Läsionen die individuelle segmentbezogene Lokalisation und
pathologisch-anatomische Klassifizierung des
Tumors. Globale Aussagen wie «multiple echoarme Umbauherde» oder «Metastasenleber»
reichen heutzutage nicht mehr aus. Dazu ist die
Sonographie allein jedoch, wie oben ausgeführt, aufgrund ihrer nur mässigen Sensitivität
und der Schwierigkeit der anatomischen Zuordnung von Einzelbefunden nicht ausreichend in der Lage. Als Methode der Wahl für
die Abklärung von Lebertumoren muss daher
heute in Übereinstimmung mit den meisten Arbeitsgruppen die MR-Tomographie angesehen
werden [1, 4, 9–13]. So sollte bei einem Patienten mit bekanntem Primärtumor, bei dem
sonographisch echodichte Umbauherde in der
Leber nachgewiesen wurden und sich die Differentialdiagnose zwischen Leberhämangiom
und echoreichen Metastasen stellt, frühzeitig
die MR-Tomographie eingesetzt werden. Auch
wenn es sich dabei um eine primär teure Untersuchungstechnik handelt, ist dieses Verfahren in der Gesamtbetrachtung kostengünstiger,
als wenn erst andere, weniger sensitive und
weniger spezifische Untersuchungstechniken
wie die Szintigraphie oder die Computertomographie zur Anwendung gelangen.
Zur Differenzierung einer benignen von einer
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malignen Läsion hat die sonographisch oder
computergesteuerte Punktion eines Leberherds
weiterhin eine erhebliche Bedeutung. Zur Charakterisierung einer benignen Läsion erscheint
die Leberpunktion, und zwar sowohl die Feinnadelpunktion als auch die Leberbiopsie, wenig geeignet, da sich das gewonnene Material
zytologisch und oft auch histologisch gegenüber normalem Lebergewebe nicht hinreichend differenzieren lässt. Hinzu kommt insbesondere bei subkapsulär gelegenen Prozessen das Risiko der subkapsulären oder intraperitonealen Blutung. Zwar kann dieses Risiko
durch eine gute Punktionstechnik (Punktion
eines Leberherds durch eine Sicherheitsmanschette von normalem Lebergewebe hindurch)
erheblich verringert werden, doch bleibt die
Punktion stark vaskularisierter Tumoren wie
der Hämangiome, der Adenome und der fokalnodulären Hyperplasie mit einem gewissen
Risiko behaftet. Bei der heutzutage gegebenen
hohen Sensitivität insbesondere der MR-Untersuchung wird man daher auf die Leberbiopsie als Verfahren zur Charakterisierung benigner Raumforderungen der Leber im allgemeinen verzichten können.
Tumormarker der Wahl bei der Diagnose eines
primär malignen Prozesses der Leber ist das
AFP mit allerdings geringer Spezifität. Da das
hepatozelluläre Karzinom nicht selten mit
keinerlei Erhöhung des AFP einhergeht (etwa
30%), ist ein negatives Resultat jedoch ohne
sicheren Wert. Auf unspezifischere Tumormarker verzichten wir.
Therapie und Prognose
Die chirurgische Therapie richtet sich nach
Grösse, Lokalisation und Anzahl der Befunde.
Die der anatomischen Architektur entsprechende chirurgische Technik, technische Fortschritte bei der Parenchymdurchtrennung und
die verbesserten anästhesiologischen Verfahren (Hypotension) sind Hauptgründe für das
in heutiger Zeit tiefe Risiko bei elektiven Eingriffen mit einer Letalität von weniger als 1%
und einer Komplikationsrate von etwa 5%
(Nachblutung, Pleuraerguss, Infektion) [15,
16]. Bei der Notfalloperation des rupturierten
Leberadenoms steigt die Mortalität jedoch auf
5–7% an, bei jener des rupturierten Leberhämangioms gar auf gegen 50%. Ein weiterer
Grund für das geringe Risiko der elektiven
chirurgischen Therapie ist der meist gute Allgemeinzustand der oft jungen Patientinnen.
1262
Hämangiom
Die Hauptindikation zur chirurgischen Therapie ist der persistierende abdominelle Schmerz,
meist beim Riesenhämangiom. Jedoch muss
bei abdominellen Beschwerden und dem Vorliegen eines Leberhämangioms eine andere
Pathologie ausgeschlossen werden, bevor die
Operationsindikation gestellt wird.
Bei mässigen Beschwerden kann auch eine abwartende Strategie erfolgreich sein. Nicht selten verschwinden die Schmerzen nach einiger
Zeit wieder.
Ein Riesenhämangiom sollte heute nur dann
noch operiert werden, wenn zusätzlich Symptome oder Risikofaktoren bestehen. Auch
wenn die Operation von einem erfahrenen
Team mit einer geringen Letalität durchgeführt
wird, darf das Operationsrisiko bei grossen
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Fortbildung
Leberhämangiomen oder spezieller Lage nicht
unterschätzt werden. Wird bei entsprechender
Symptomatik das Leberhämangiom sonographisch kontrolliert, stellt eine rasche Grössenzunahme eine relative Operationsindikation
dar.
Eine aus präventiven Gründen erwünschte,
verminderte Blutgerinnung ist nach unserem
Erachten eine zusätzliche relative Operationsindikation.
Diagnostische Laparotomien bei Verdacht auf
Leberhämangiom sind in der Zeit der MRTomographie obsolet.
Die Prognose nach Entfernung ist gut.
beobachtungen, die eine zuverlässige Aussage
über das Spontanverhalten bezüglich Transformation erlauben.
Die Art der Präsentation (Grösse, Anzahl, Lokalisation, Symptomatik) lässt keinen Rückschluss auf das Verhalten des Leberadenoms
zu.
Angesichts der vorhandenen Risiken (Notfalloperation bei Ruptur, maligne Transformation) erachten wir die elektive Resektion eines
Leberadenoms als notwendig, ein alleiniges
Absetzen der Kontrazeption genügt nicht.
Die Prognose nach der Radikaloperation ist
gut.
Leberadenom
Fokal-noduläre Hyperplasie
Eine der häufigsten Komplikationen des Leberadenoms ist die Ruptur mit Blutung intraabdominell oder in den Tumor, was zusammen in
bis zu 30% der Leberadenome auftritt.
Eine weitere Komplikation ist die mögliche
maligne Transformation in ein hepatozelluläres Karzinom und die mögliche diagnostische
Verwechslung mit demselben, wobei die Transformationsrate mit bis zu 10% angegeben
wird. Es fehlen jedoch kontrollierte Verlaufs-
Die fokal-noduläre Hyperplasie ist nicht Vorläufer eines malignen Geschehens, und Komplikationen wie die beim Leberadenom
(Ruptur mit Blutung) sind selten. Entsprechend
ist ein routinemässiges chirurgisches Vorgehen
nicht angezeigt.
Die symptomatische fokal-noduläre Hyperplasie ist eine relative Operationsindikation.
Die Prognose ist gut.
Die sichere diagnostische Zuordnung des
Lebertumors ist für die therapeutische Konsequenz von entscheidender Bedeutung.
Diese Sicherheit wurde in der vergangenen Zeit
durch die stark verbesserten Schnittbildverfahren deutlich erhöht. Die Sonographie hat eine
Screening-Funktion, die farbkodierte DuplexSonographie und die MR-Tomographie gelten
als Methoden der Wahl zur genauen diagnostischen Zuordnung der Lebertumoren.
Bleibt die Diagnose unklar, ist eine Leberpunktion durchzuführen. Ist auch danach
keine sichere Bestimmung möglich, ist ein operatives Vorgehen angezeigt.
Das persistierend symptomatische Hämangiom, seltener das rasch wachsende Hämangiom und das periphere Riesenhämangiom
sind relative Operationsindikationen nach
Ausschluss anderer, für die Symptomatik möglicherweise verantwortlicher Pathologie.
Das Leberadenom ist durch seine mögliche maligne Transformation und die möglichen Komplikationen eine absolute Operationsindikation.
Die fokal-noduläre Hyperplasie als eindeutig
benigne Leberveränderung ist nur bei der selten auftretenden Ruptur oder bei perisistierender Symptomatik eine relative Operationsindikation.
Eine sonographische Verlaufskontrolle ist bei
Leberhämangiomen von über 4 cm Grösse angebracht.
Hormonelle Kontrazeptiva sind beim Leberadenom lebenslänglich zu vermeiden. Bei der
nicht resezierten fokal-nodulären Hyperplasie
ist ein Benefit durch einen solchen Verzicht
nicht gesichert, die in der Literatur dazu gefundenen Empfehlungen sind unterschiedlich.
Der Entscheid gegen die Absetzung gibt der
Nachkontrolle entsprechend mehr Bedeutung.
Schlussfolgerung
1263
Fortbildung
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