1 Grundbegriffe der Logik K

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Seminar: Einführung in die Modallogik (WS 15/16)
Lehrender: Daniel Milne-Plückebaum, M.A.
E-Mail: [email protected]
Handout: Grundbegriffe und Wahrheitsbaumverfahren der Logik K
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Grundbegriffe der Logik K
Wie für die Aussagenlogik können wir auch für die Modallogik K einen (semantischen)
Konsequenzbegriff definieren:
Sei P = {P1 , . . . , Pn } eine Menge von K-Formeln (die Prämissen). Dann ist eine KFormel C (die Konklusion) genau dann eine K-Konsequenz aus P (wir schreiben:
P ⊧K C), wenn für alle K-Modelle ⟨W, R, IW,R ⟩ gilt: Für alle w ∈ W : Falls I W,R (P, w) =
t für alle P ∈ P, so auch I W,R (C, w) = t.
Mit anderen Worten: Eine K-Formel C ist genau dann eine K-Konsequenz aus einer KFormelmenge P, wenn es kein K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ gibt, sodass für ein w ∈ W gilt:
I W,R (P, w) = t für alle P ∈ P, aber I W,R (C, w) = f. Die Idee ist also, dass eine Konklusion
C genau dann eine K-Konsequenz aus einer Prämissenmenge P ist, wenn C in allen Welten wahr sein muss, in denen auch alle Prämissen wahr sind, und zwar egal um welche
Weltenmenge es geht und wie diese Welten miteinander in Beziehung stehen. Falls C
keine K-Konsequenz aus P ist, so schreiben wir: P ⊭K C.
Ebenso können wir den Begriff der K-Tautologie definieren:
Eine K-Formel A ist genau dann eine K-Tautologie (wir schreiben: ⊧K A), wenn für
alle K-Modelle ⟨W, R, IW,R ⟩ gilt: Für alle w ∈ W : I W,R (A, w) = t.
Mit anderen Worten: Eine K-Formel A ist genau dann eine K-Tautologie, wenn es kein
K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ gibt, sodass für ein w ∈ W gilt: I W,R (A, w) = f. Die Idee ist also,
dass eine K-Formel A genau dann eine K-Tautologie ist, wenn A in allen Welten wahr sein
muss, und zwar egal um welche Weltenmenge es geht und wie diese Welten miteinander
in Beziehung stehen. Falls A keine K-Tautologie ist, so schreiben wir: ⊭K A.
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2
Das Wahrheitsbaumverfahren für die Logik K
Mithilfe des Wahrheitsbaumverfahrens für die Logik K können wir schnell überprüfen,
ob eine gegebene K-Formel C eine K-Konsequenz aus einer gegebenen K-Formelmenge P
ist, oder ob es sich bei einer gegebenen K-Formel A um eine K-Tautologie handelt.
2.1
Funktionsweise
Eine K-Formel C ist genau dann eine K-Konsequenz aus einer K-Formelmenge P, wenn es
kein K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ gibt, sodass für ein w ∈ W gilt: I W,R (P, w) = t für alle P ∈ P,
aber I W,R (C, w) = f. Also ist C genau dann eine K-Konsequenz aus einer K-Formelmenge
P, wenn es kein K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ gibt, sodass für ein w ∈ W gilt: I W,R (P, w) = t für
alle P ∈ P und I W,R (¬C, w) = t. Falls sich so ein K-Modell also doch finden lässt, dann
ist C keine K-Konsequenz aus P. Das Wahrheitsbaumverfahren für die Logik K erlaubt
es uns, systematisch nach K-Modellen ⟨W, R, IW,R ⟩ mit I W,R (P, w) = t für alle P ∈ P und
I W,R (¬C, w) = t für ein w ∈ W zu suchen.
Schauen wir uns die allgemeine Funktionsweise des Wahrheitsbaumverfahrens für behautete K-Konsequenzbeziehungen anhand eines Beispiels an. Wir wollen überprüfen, ob die
K-Formel ¬◻p7 eine K-Konsequenz aus der K-Formelmenge {◇¬p7 } ist. Wenn ¬◻p7 eine
K-Konsequenz aus {◇¬p7 } ist, dann gibt es kein K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩, sodass für ein
w ∈ W gilt: I W,R (◇¬p7 , w) = t und I W,R (¬¬◻p7 , w) = t. Die Grundidee des Wahrheitsbaumverfahrens ist nun, einfach anzunehmen, dass es ein solches K-Modell doch gibt, und
zu schauen, wohin diese Annahme führt. Führt sie in jedem Fall zu einem Widerspruch,
dann ist die Annahme falsch (d.h., es gibt ein solches K-Modell doch nicht), wodurch die
behauptete K-Konsequenzbeziehung besteht; führt die Annahme jedoch nicht in jedem
Fall zu einem Widerspruch, dann ist die Annahme richtig (d.h., es gibt ein solches KModell tatsächlich), wodurch die behauptete K-Konsequenzbeziehung nicht besteht. Die
Methode liefert uns dann sogar direkt ein K-Modell, das dies zeigt.
Nehmen wir also an, dass es ein K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ gibt, sodass für ein w ∈ W gilt:
I W,R (◇¬p7 , w) = t und I W,R (¬¬◻p7 , w) = t. Sei w0 so ein w.1 Also nehmen wir insbesondere an: I W,R (◇¬p7 , w0 ) = t und I W,R (¬¬◻p7 , w0 ) = t. Da nun I W,R (◇¬p7 , w0 ) = t, gibt
es ein w′ ∈ W mit ⟨w0 , w′ ⟩ ∈ R und I W,R (¬p7 , w′ ) = t. Sei w1 so ein w′ . Also haben wir:
⟨w0 , w1 ⟩ ∈ R und I W,R (¬p7 , w1 ) = t. Da I W,R (¬¬◻p7 , w0 ) = t, haben wir: I W,R (◻p7 , w0 ) = t.
Wir können einfach eine bestimmte Welt wählen. Wenn es ein K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ gibt, sodass
für ein w ∈ W gilt: I W,R (◇¬p7 , w) = t und I W,R (¬¬◻p7 , w) = t, dann gibt es insbesondere ein K-Modell
⟨W, R, IW,R ⟩, sodass für w0 gilt: I W,R (◇¬p7 , w0 ) = t und I W,R (¬¬◻p7 , w0 ) = t. Wir müssen lediglich die
Interpretationsfunktion entsprechend konstruieren.
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2
Und da I W,R (◻p7 , w0 ) = t, gilt für alle w′ ∈ W mit ⟨w0 , w′ ⟩ ∈ R: I W,R (p7 , w′ ) = t. Da insbesondere ⟨w0 , w1 ⟩ ∈ R, haben wir also: I W,R (p7 , w1 ) = t. Und damit muss für I W,R gelten:
I W,R (¬p7 , w1 ) = t und I W,R (p7 , w1 ) = t. Also ist jedes K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ mit
• {w0 , w1 } ⊆ W ,
• {⟨w0 , w1 ⟩} ⊆ R,
• I W,R (¬p7 , w1 ) = t [IW,R (p7 , w1 ) = f] und
• I W,R (p7 , w1 ) = t [IW,R (p7 , w1 ) = t]
derart, dass I W,R (◇¬p7 , w) = t und I W,R (¬¬◻p7 , w) = t für ein w ∈ W . Eine solche [basale] Interpretationsfunktion I W,R [IW,R ] gibt es aber nicht. Und da w0 und w1 beliebig
gewählt wurden, gibt es auch kein anderes K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩, sodass für ein w ∈ W
gilt: I W,R (◇¬p7 , w) = t und I W,R (¬¬◻p7 , w) = t. Also ist ¬◻p7 eine K-Konsequenz aus
{◇¬p7 } (d.h., {◇¬p7 } ⊧K ¬◻p7 ).
Natürlich gibt es auch häufig K-Modelle, die zeigen, dass eine K-Formel C keine KKonsequenz aus einer K-Formelmenge P ist. Das sind dann K-Modelle ⟨W, R, IW,R ⟩ derart, dass für ein w ∈ W gilt: I W,R (P, w) = t für alle P ∈ P und I W,R (¬C, w) = t. Schauen
wir uns auch hierfür ein Beispiel an.
Wir wollen überprüfen, ob die K-Formel ◇(p0 ∧p1 ) eine K-Konsequenz aus der K-Formelmenge {◇p0 , ◇p1 } ist. Nehmen wir dafür an, dass es ein K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ gibt,
sodass I W,R (◇p0 , w) = t, I W,R (◇p1 , w) = t und I W,R (¬◇(p0 ∧ p1 ), w) = t für ein w ∈ W
gilt. Sei w0 so ein w. Da also I W,R (◇p0 , w0 ) = t, gibt es ein w′ ∈ W mit ⟨w0 , w′ ⟩ ∈ R und
I W,R (p0 , w′ ) = t. Sei w1 so ein w′ . Da außerdem I W,R (◇p1 , w0 ) = t, gibt es ein w′ ∈ W
mit ⟨w0 , w′ ⟩ ∈ R und I W,R (p1 , w′ ) = t. Da wir nicht davon ausgehen können, dass w1 auch
ein solches w′ ist,2 sei stattdessen w2 so ein w′ . Da weiterhin I W,R (¬◇(p0 ∧ p1 ), w0 ) = t,
gilt für alle w′ ∈ W mit ⟨w0 , w′ ⟩ ∈ R: I W,R (¬(p0 ∧ p1 ), w′ ) = t.3 Da nun insbesondere
⟨w0 , w1 ⟩ ∈ R, gilt: I W,R (¬(p0 ∧p1 ), w1 ) = t. Und damit gilt: (Fall 1:) I W,R (¬p0 , w1 ) = t oder
(Fall 2:) I W,R (¬p1 , w1 ) = t. Aber Teil unserer Annahme war bereits: I W,R (p0 , w1 ) = t.
Fall 1 führt damit zu einem Widerspruch. Es kann also nur Fall 2 zutreffen. Da nun
weiterhin ⟨w0 , w2 ⟩ ∈ R, gilt auch: I W,R (¬(p0 ∧ p1 ), w2 ) = t. Und damit gilt: (Fall 2.1:)
I W,R (¬p0 , w2 ) = t oder (Fall 2.2:) I W,R (¬p1 , w2 ) = t. Aber Teil unserer Annahme war
Von einer Welt w′ wird in diesem Fall nur verlangt, dass sie (i) von w0 aus zugänglich ist und (ii)
p1 in ihr wahr ist. Über den Wahrheitswert von p0 in w′ wird keine Aussage getroffen, also insbesondere
nicht die Aussage, dass auch p0 in w′ wahr ist.
3
Da I W,R (¬◇(p0 ∧ p1 ), w0 ) = t, gilt: I W,R (◇(p0 ∧ p1 ), w0 ) = f. Die Falschheitsbedingung für DiamantFormeln liefert dann: für alle w′ ∈ W mit ⟨w0 , w′ ⟩ ∈ R: I W,R (p0 ∧ p1 , w′ ) = f, also I W,R (¬(p0 ∧ p1 ), w′ ) = t.
2
3
bereits I W,R (p1 , w2 ) = t. Fall 2.2 führt damit zu einem Widerspruch. Es kann also nur
Fall 2.1 zutreffen. Und damit gilt schließlich: Jedes K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ mit
• {w0 , w1 , w2 } ⊆ W ,
• {⟨w0 , w1 ⟩, ⟨w0 , w2 ⟩} ⊆ R,
• I W,R (p0 , w1 ) = t [IW,R (p0 , w1 ) = t],
• I W,R (¬p1 , w1 ) = t [IW,R (p1 , w1 ) = f],
• I W,R (¬p0 , w2 ) = t [IW,R (p0 , w2 ) = f] und
• I W,R (p1 , w2 ) = t [IW,R (p1 , w1 ) = t],
was zusammen widerspruchsfrei ist, ist derart, dass I W,R (◇p0 , w0 ) = t, I W,R (◇p1 , w0 ) = t
und I W,R (¬◇(p0 ∧p1 ), w0 ) = t.4 Also gibt es ein K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ mit I W,R (◇p0 , w) =
t, I W,R (◇p1 , w) = t und I W,R (¬◇(p0 ∧ p1 ), w) = t für ein w ∈ W . Also ist unsere Annahme erfüllt. Also ist ◇(p0 ∧ p1 ) keine K-Konsequenz aus {◇p0 , ◇p1 } (d.h., {◇p0 , ◇p1 } ⊧K
◇(p0 ∧ p1 )).
Mithilfe des Wahrheitsbaumverfahrens für die Logik K können wir derartige Argumentationen nicht nur erheblich abkürzen, sondern auch wesentlich übersichtlicher darstellen.5
2.2
Bäume
Zuerst wollen wir informell die allgemeine Struktur von Wahrheitsbäumen charakterisieren und dabei ein paar hilfreiche Begriffe einführen:6
4
Ein K-Modell dieser Art ist z.B. ⟨W, R, IW,R ⟩ mit W ∶= {w0 , w1 , w2 }, R ∶= {⟨w0 , w1 ⟩, ⟨w0 , w2 ⟩} und
IW,R (pi , w0 ) ∶= t für alle i
IW,R (pi , w1 ) ∶= t für alle i ≠ 1
IW,R (p1 , w1 ) ∶= f
IW,R (p0 , w2 ) ∶= f
IW,R (pi , w2 ) ∶= t für alle i ≠ 0.
Vgl. für die folgenden Erläuterungen Priest, G. (2008). Introduction to Non-Classical Logic: From If
to Is. Cambridge University Press, 24-27.
6
Mathematisch ist ein Baum eine partielle Ordnung ≤ ⊆ K × K mit einem eindeutigen maximalen
Element x0 ∈ K, sodass es für jedes xn ∈ K genau eine endliche Kette von Elementen xn ≤ xn−1 ≤ ⋅ ⋅ ⋅ ≤
x1 ≤ x0 gibt.
5
4
Wir nennen eine Struktur, die folgendermaßen oder ähnlich aussieht, einen Baum:
⋅
⋅
⋅
⋅
⋅
⋅
⋅
⋅
⋅
⋅
Die Punkte nennen wir Knoten. Den obersten Knoten eines Baumes nennen wir
Wurzel. Einen nach unten gerichteten Weg von der Wurzel bis zu einem Knoten,
nach dem kein weiterer Knoten folgt (einem Blatt), nennen wir Ast.
In Wahrheitsbäumen für die Logik K werden die Knoten mit Einträgen der Form A (w),
wobei A eine K-Formel ist und w für eine Welt steht, oder der Form wRw′ , wobei w und w′
für Welten stehen, versehen.7 Einträge der Form A (w) entsprechen dabei der Annahme,
dass A in w wahr ist;8 und Einträge der Form wRw′ entsprechen der Annahme, dass w
Zugang zu w′ hat.9
2.3
Die Ausgangsliste
Gegeben sei eine K-Formelmenge P und eine K-Formel C. Für die systematische Suche
nach einem K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ derart, dass für ein w ∈ W gilt: I W,R (P, w) = t für alle
P ∈ P und I W,R (¬C, w) = t, nehmen wir erst einmal für ein w ∈ W I W,R (P, w) = t für alle
P ∈ P und I W,R (¬C, w) = t an. Im Wahrheitsbaum kürzen wir diesen Schritt ab, indem
wir eine Welt wählen und alle P ∈ P sowie ¬C, jeweils zusammen mit der Angabe der
gewählten Welt, untereinander schreiben. So erhalten wir die sogenannte Ausgangsliste:
Sei P = {P1 , ..., Pn } eine K-Formelmenge und C eine K-Formel. In einer Ausgangsliste schreiben wir alle P ∈ P und ¬C, jeweils zusammen mit einer beliebig
ausgewählten Welt w, untereinander:
Im Folgenden wird nicht immer scharf zwischen Knoten und ihren Einträgen (labels) getrennt.
Genauer: Einträge der Form A (w) entsprechen der Annahme, dass das angenommene K-Modell
⟨W, R, IW,R ⟩ derart ist, dass w ∈ W und I W,R (A, w) = t.
9
Genauer: Einträge der Form wRw′ entsprechen der Annahme, dass das angenommene K-Modell
⟨W, R, IW,R ⟩ derart ist, dass ⟨w, w′ ⟩ ∈ R (und w, w′ ∈ W ).
7
8
5
P1 (w)
⋮
Pn (w)
¬C (w)
Für unser obiges Beispiel {◇p0 , ◇p1 }; ◇(p0 ∧ p1 ) sieht die Ausgangsliste (bei gewählter
Welt w0 ) so aus:
◇p0 (w0 )
◇p1 (w0 )
¬◇(p0 ∧ p1 ) (w0 )
Grundsätzlich gilt: Von jeder K-Formel A in einem Wahrheitsbaum wird angenommen,
dass eine Interpretationsfunktion auf einem K-Rahmen, die für alle Einträge des Wahrheitsbaums dieselbe ist, A den Wahrheitswert t in der jeweils angegebenen Welt zuordnet.
Die obige Ausgangsliste ist also bloß eine Kurzschreibweise für die Annahme, dass es ein
K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩ mit w0 ∈ W gibt, sodass I W,R (◇p0 , w0 ) = t, I W,R (◇p1 , w0 ) = t und
I W,R (¬◇(p0 ∧ p1 ), w0 ) = t.
Wenn wir eine Ausgangsliste betrachten, dann sehen wir normalerweise nicht sofort, ob
die gemachte Annahme widersprüchlich ist. Daher müssen wir die K-Formeln stückweise
wahrheitserhaltend abbauen. Das machen wir für jeden Ast so lange, bis sich ein expliziter
Widerspruch ergibt oder bis sich keine K-Formel weiter wahrheitserhaltend abbauen lässt.
Ein Ast enthält einen expliziten Widerspruch, wenn er einen Eintrag der Form A (w)
und einen Eintrag der Form ¬A (w) enthält. Wir schreiben × unter ein Blatt, wenn der
darüber liegende Ast einen expliziten Widerspruch enthält. Wir sagen, dass ein Ast,
unter dessen Blatt × steht, geschlossen ist; andernfalls ist der Ast offen. Wenn alle
Äste eines Wahrheitsbaums geschlossen sind, sagen wir, dass der ganze Wahrheitsbaum
geschlossen ist; andernfalls ist der Wahrheitsbaum offen.
2.4
Die Regeln
Es gibt 13 verschiedene K-Formeltypen, die sich wahrheitserhaltend abbauen lassen. Betrachten wir sie jeweils zusammen mit einem Beispiel.
6
Die Regel K: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel des
Typs A ∧ B zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder offene
Ast, der durch den Knoten führt, an seinem Blatt um zwei Knoten zu erweitern: einen
für die K-Formel A zusammen mit der Angabe der Welt w und einen für die K-Formel
B zusammen mit der Angabe der Welt w. Schematisch:
⋮
A ∧ B (w)
⋮
A (w)
B (w)
Beispiel:
⋮
(p3 ∧ p4 ) ∧ ¬p7 (w2 )
⋮
p3 ∧ p4 (w2 )
¬p7 (w2 )
Die Regel D: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel des
Typs A ∨ B zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder offene
Ast, der durch den Knoten führt, an seinem Blatt in zwei Äste zu zerlegen, wobei
jeder Ast um einen Knoten zu erweitern ist: links für die K-Formel A zusammen mit
der Angabe der Welt w und rechts für die K-Formel B zusammen mit der Angabe
der Welt w. Schematisch:
⋮
A ∨ B (w)
⋮
A (w) B (w)
7
Beispiel:
⋮
¬(p2 ∨ p3 ) ∨ (p2 ∨ p3 ) (w5 )
⋮
¬(p2 ∧ p3 ) (w5 )
p2 ∨ p3 (w5 )
Die Regel I: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel des
Typs A → B zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder offene
Ast, der durch den Knoten führt, an seinem Blatt in zwei Äste zu zerlegen, wobei
jeder Ast um einen Knoten zu erweitern ist: links für die K-Formel ¬A zusammen mit
der Angabe der Welt w und rechts für die K-Formel B zusammen mit der Angabe
der Welt w. Schematisch:
⋮
A → B (w)
⋮
¬A (w)
B (w)
Beispiel:
⋮
¬p4 → (¬p2 ∨ ¬p8 ) (w2 )
⋮
¬¬p4 (w2 ) ¬p2 ∨ ¬p8 (w2 )
Die Regel B: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel des
Typs A ↔ B zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder offene
Ast, der durch den Knoten führt, an seinem Blatt in zwei Äste zu zerlegen, wobei
jeder Ast um zwei Knoten zu erweitern ist: links für die K-Formeln A und B, jeweils
zusammen mit der Angabe der Welt w, und rechts für die K-Formeln ¬A und ¬B,
jeweils zusammen mit der Angabe der Welt w. Schematisch:
8
⋮
A ↔ B (w)
⋮
A (w)
¬A (w)
B (w)
¬B (w)
Beispiel:
⋮
(p3 → (p4 ∧ ¬p2 )) ↔ ¬(p3 ∧ p1 ) (w0 )
⋮
p3 → (p4 ∧ ¬p2 ) (w0 ) ¬(p3 → (p4 ∧ ¬p2 )) (w0 )
¬(p3 ∧ p1 ) (w0 )
¬¬(p3 ∧ p1 ) (w0 )
Die Regel NK: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel des
Typs ¬(A∧B) zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder offene
Ast, der durch den Knoten führt, an seinem Blatt in zwei Äste zu zerlegen, wobei
jeder Ast um einen Knoten zu erweitern ist: links für die K-Formel ¬A zusammen mit
der Angabe der Welt w und rechts für die K-Formel ¬B zusammen mit der Angabe
der Welt w. Schematisch:
⋮
¬(A ∧ B) (w)
⋮
¬A (w) ¬B (w)
Beispiel:
9
⋮
¬(p4 ∧ ¬(p2 ↔ p4 )) (w1 )
⋮
¬p4 (w1 ) ¬¬(p2 ↔ p4 ) (w1 )
Die Regel ND: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel
des Typs ¬(A ∨ B) zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder
offene Ast, der durch den Knoten führt, an seinem Blatt um zwei Knoten zu erweitern:
einen für die K-Formel ¬A zusammen mit der Angabe der Welt w und einen für die
K-Formel ¬B zusammen mit der Angabe der Welt w. Schematisch:
⋮
¬(A ∨ B) (w)
⋮
¬A (w)
¬B (w)
Beispiel:
⋮
¬(¬p2 ∨ p5 ) (w4 )
⋮
¬¬p2 (w4 )
¬p5 (w4 )
Die Regel NI: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel des
Typs ¬(A → B) zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder offene
Ast, der durch den Knoten führt, an seinem Blatt um zwei Knoten zu erweitern: einen
für die K-Formel A zusammen mit der Angabe der Welt w und einen für die K-Formel
¬B zusammen mit der Angabe der Welt w. Schematisch:
10
⋮
¬(A → B) (w)
⋮
A (w)
¬B (w)
Beispiel:
⋮
¬((p2 ∧ ¬p5 ) → (p3 ∧ ¬(p3 → ¬p5 ))) (w0 )
⋮
¬((p2 ∧ ¬p5 ) (w0 )
¬(p3 ∧ ¬(p3 → ¬p5 )) (w0 )
Die Regel NB: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel des
Typs ¬(A ↔ B) zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder
offene Ast, der durch den Knoten führt, an seinem Blatt in zwei Äste zu zerlegen,
wobei jeder Ast um zwei Knoten zu erweitern ist: links für die K-Formeln A und ¬B,
jeweils zusammen mit der Angabe der Welt w, und rechts für die K-Formeln ¬A und
B, jeweils zusammen mit der Angabe der Welt w. Schematisch:
⋮
¬(A ↔ B) (w)
⋮
A (w)
¬A (w)
¬B (w)
B (w)
Beispiel:
11
⋮
¬(¬p7 ↔ ¬¬p4 ) (w3 )
⋮
¬p7 (w3 )
¬¬p7 (w3 )
¬¬¬p4 (w3 ) ¬¬p4 (w3 )
Die Regel NN: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel des
Typs ¬A zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder offene Ast,
der durch den Knoten führt, an seinem Blatt um einen Knoten für die K-Formel A
zusammen mit der Angabe der Welt w zu erweitern. Schematisch:
⋮
¬¬A (w)
⋮
A (w)
Beispiel:
⋮
¬¬(p2 ↔ ¬(p4 → ¬p5 )) (w8 )
⋮
p2 ↔ ¬(p4 → ¬p5 ) (w8 )
Nun wollen wir uns die Regeln für Diamant- und Box-Formeln ansehen, jeweils in nichtnegierter und in negierter Form. Beginnen wir mit der Regel für Diamant-Formeln. Für
alle K-Modelle ⟨W, R, IW,R ⟩ gilt: Für alle w ∈ W : I W,R (◇A, w) = t genau dann, wenn es
ein w′ ∈ W gibt mit ⟨w, w′ ⟩ ∈ R und I W,R (A, w′ ) = t. Daraus ergibt sich folgende Regel:
Die Regel DIA: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel
des Typs ◇A zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder offene
12
Ast, der durch diesen Knoten führt, an seinem Blatt um zwei Knoten zu erweitern:
einen für Angabe der Zugänglichkeit der Welt w zu einer Welt w′ , wobei w′ in dem
zu erweiternden Ast noch nicht vorkommt, und einen für die K-Formel A zusammen
mit der Angabe der neu eingeführten Welt w′ . Schematisch:
⋮
◇A (w)
⋮
wRw′
A (w′ )
Wenn eine Diamant-Formel ◇A in einer Welt w wahr ist, dann muss es eine von w aus
zugängliche Welt w′ geben, in der A wahr ist. Die von w aus zugängliche Welt w′ führen
wir mit dem Eintrag wRw′ ein und benutzen diese Welt anschließend im Eintrag für die
Formel A. Hier ist ein Beispiel:
⋮
◇(p2 → p5 ) (w2 )
⋮
w2 Rw3
p2 → p5 (w3 )
Als Nächstes betrachten wir die Regel für Box-Formeln. Für alle K-Modelle ⟨W, R, IW,R ⟩
gilt: Für alle w ∈ W : I W,R (◻A, w) = t genau dann, wenn für alle w′ ∈ W mit ⟨w, w′ ⟩ ∈ R
gilt: I W,R (A, w′ ) = t. Daraus ergibt sich folgende Regel.
Die Regel BOX: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel des
Typs ◻A zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, und sich im selben Ast
an einem anderen Knoten (darüber oder darunter) die Angabe der Zugänglichkeit
der Welt w zu einer Welt w′ befindet, dann ist jeder offene Ast, der durch beide
Knoten führt, an seinem Blatt um einen Knoten für die K-Formel A zusammen mit
der Angabe der Welt w′ zu erweitern. Schematisch:
13
⋮
◻A (w)
⋮
wRw′
⋮
A (w′ )
Wenn eine Box-Formel ◻A in einer Welt w wahr ist und w Zugang zu einer Welt w′
hat, dann ist A in der zugänglichen Welt w′ wahr. Eine Box-Formel ◻A darf in einem
Wahrheitsbaum damit nur dann abgebaut werden, wenn sich in dem Ast, in dem die
abzubauende Box-Formel steht, bereits ein passender Zugänglichkeits-Eintrag befindet.
Grundsätzlich gilt, dass eine Box-Formel mehrmals abgebaut werden darf – einmal für
jeden passenden Zugänglichkeits-Eintrag. Hier ist ein Beispiel:
⋮
w9 Rw2
⋮
◻(¬p4 ∧ ◇p0 ) (w9 )
⋮
¬p4 ∧ ◇p0 (w3 )
Als Nächstes Betrachten wir die Regel für negierte Diamant-Formeln. Für alle K-Modelle
⟨W, R, IW,R ⟩ gilt: Für alle w ∈ W : I W,R (¬◇A, w) = t genau dann, wenn I W,R (◻¬A, w) = t.
Daraus ergibt sich folgende Regel:
Die Regel NDIA: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel
des Typs ¬◇A zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder Ast,
der durch den Knoten führt, an seinem Blatt um einen Knoten für die K-Formel ◻¬A
14
zusammen mit der Angabe der Welt w zu erweitern. Schematisch:
⋮
¬◇A (w)
⋮
◻¬A (w)
Beispiel:
⋮
¬◇¬p3 (w2 )
⋮
◻¬¬p2 (w2 )
Auf die resultierende Formel können wir dann einfach die Regel BOX anwenden.
Schließlich betrachten wir noch die Regel für negierte Box-Formeln. Für alle K-Modelle
⟨W, R, IW,R ⟩ gilt: Für alle w ∈ W : I W,R (¬◻A, w) = t genau dann, wenn I W,R (◇¬A, w) = t.
Daraus ergibt sich folgende Regel.
Die Regel NBOX: Falls sich in einem offenen Ast an einem Knoten eine K-Formel
des Typs ¬◻A zusammen mit der Angabe einer Welt w befindet, dann ist jeder Ast,
der durch den Knoten führt, an seinem Blatt um einen Knoten für die K-Formel ◇¬A
zusammen mit der Angabe der Welt w zu erweitern. Schematisch:
⋮
¬◻A (w)
⋮
◇¬A (w)
Beispiel:
15
⋮
¬◻(p5 ↔ ◻p4 ) (w1 )
⋮
◇¬(p5 ↔ ◻p4 ) (w1 )
Auf die resultierende Formel können wir dann einfach die Regel DIA anwenden.
Wir dürfen alle und nur diese 13 Regeln benutzen, um Wahrheitsbäume für die Logik K
zu entwickeln. Man kann einen K-Formel/Welt-Eintrag mit einem ✓ versehen, wenn die
K-Formel mithilfe einer der 13 Regeln abgebaut wurde. (Allerdings sollte man dies nicht
für Box-Formeln tun, da diese mehrmals abgebaut werden können.)
2.5
Beispiele
Betrachten wir einige Beispiele. Zuerst wollen wir überprüfen, ob ◻(p3 → p5 ) eine KKonsequenz aus {◻(p3 → p4 ), ◻(p4 → p5 )} ist. Dazu wählen wir erst einmal eine Welt und
schreiben die Ausgangsliste auf:
◻(p3 → p4 ) (w0 )
◻(p4 → p5 ) (w0 )
¬◻(p3 → p5 ) (w0 )
Bis jetzt gibt es in unserem Wahrheitsbaum nur eine abbaubare Formel: ¬◻(p3 → p5 ).
Box-Formeln können nämlich nur dann abgebaut werden, wenn sich im selben Ast bereits ein passender Zugänglichkeits-Eintrag befindet. Box-Formeln führen somit (anders
als Diamant-Formeln) keine neuen Welten und Zugänglichkeiten ein, sondern nutzen nur
bereits eingeführte Welten und Zugänglichkeiten aus. Wenden wir also die Regel NBOX
auf die abbaubare K-Formel samt Welt an, so erhalten wir:
16
◻(p3 → p4 ) (w0 )
◻(p4 → p5 ) (w0 )
¬◻(p3 → p5 ) (w0 ) ✓
◇¬(p3 → p5 ) (w0 )
Nun haben wir eine weitere abbaubare K-Formel: ◇¬(p3 → p5 ). Wenden wir die Regel
DIA auf diese K-Formel samt Welt an. Das erfordert unter anderem die Annahme einer
Zugänglichkeits-Beziehung. Dabei ist zu beachten, dass die zugängliche Welt in dem Ast,
dem der Eintrag hinzugefügt wird, noch nicht vorgekommen sein darf:
◻(p3 → p4 ) (w0 )
◻(p4 → p5 ) (w0 )
¬◻(p3 → p5 ) (w0 ) ✓
◇¬(p3 → p5 ) (w0 ) ✓
w0 Rw1
¬(p3 → p5 ) (w1 )
Nun können wir die Box-Formeln abbauen, weil im selben Ast eine passende Zugänglichkeits-Annahme vorhanden ist. Wenden wir BOX auf die Box-Formel ◻(p3 → p4 ) und w0
zusammen mit der Zugänglichkeits-Annahme w0 Rw1 an, so erhalten wir:
17
◻(p3 → p4 ) (w0 )
◻(p4 → p5 ) (w0 )
¬◻(p3 → p5 ) (w0 ) ✓
◇¬(p3 → p5 ) (w0 ) ✓
w0 Rw1
¬(p3 → p5 ) (w1 )
p3 → p4 (w1 )
Abgebaute Box-Formeln sollten nicht mit einem ✓ versehen werden, da Box-Formeln
prinzipiell mehrmals abgebaut werden können, nämlich einmal für jede zugängliche Welt.
Wenden wir nun noch die Regel BOX auf die Box-Formel ◻(p4 → p5 ) und w0 zusammen
mit der Zugänglichkeits-Annahme w0 Rw1 an, so erhalten wir:
◻(p3 → p4 ) (w0 )
◻(p4 → p5 ) (w0 )
¬◻(p3 → p5 ) (w0 ) ✓
◇¬(p3 → p5 ) (w0 ) ✓
w0 Rw1
¬(p3 → p5 ) (w1 )
p3 → p4 (w1 )
p4 → p5 (w1 )
Nun sollten wir ¬(p3 → p5 ) abbauen, da sich der Wahrheitsbaum sonst verzeigt, was wir
grundsätzlich immer aufschieben sollten – zumindest falls keine anderen Gründe, z.B.
dass ein Ast sofort geschlossen werden kann, für eine frühe Verzweigung sprechen. Wir
erhalten:
18
◻(p3 → p4 ) (w0 )
◻(p4 → p5 ) (w0 )
¬◻(p3 → p5 ) (w0 ) ✓
◇¬(p3 → p5 ) (w0 ) ✓
w0 Rw1
¬(p3 → p5 ) (w1 ) ✓
p3 → p4 (w1 )
p4 → p5 (w1 )
p3 (w1 )
¬p5 (w1 )
Bauen wir nun die beiden verbleibenden Implikationen ab, erhalten wir schließlich:
19
◻(p3 → p4 ) (w0 )
◻(p4 → p5 ) (w0 )
¬◻(p3 → p5 ) (w0 ) ✓
◇¬(p3 → p5 ) (w0 ) ✓
w0 Rw1
¬(p3 → p5 ) (w1 ) ✓
p3 → p4 (w1 ) ✓
p4 → p5 (w1 ) ✓
p3 (w1 )
¬p5 (w1 )
¬p3 (w1 )
×
p4 (w1 )
¬p4 (w1 )
×
p5 (w1 )
×
Der Wahrheitsbaum ist geschlossen, da alle Äste explizite Widersprüche enthalten und somit geschlossen sind. Der linke Ast ist geschlossen, da er die Einträge p3 (w1 ) und ¬p3 (w1 )
enthält. Der mittlere Ast ist geschlossen, da er die Einträge p4 (w1 ) und ¬p4 (w1 ) enthält.
Und der rechte Ast ist geschlossen, da er die Einträge p5 (w1 ) und ¬p5 (w1 ) enthält. Da der
Wahrheitsbaum geschlossen ist, gibt es kein K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩, sodass für ein w ∈ W
gilt: I W,R (◻(p3 → p4 ), w) = t, I W,R (◻(p4 → p5 ), w) = t, aber I I,W (◻(p3 → p5 ), w) = f. Also
handelt es sich bei {◻(p3 → p4 ), ◻(p4 → p5 )}; ◻(p3 → p5 ) um eine K-Konsequenzbeziehung
(d.h., {◻(p3 → p4 ), ◻(p4 → p5 )} ⊧K ◻(p3 → p5 )). (Da ein Wahrheitsbaum immer zu einem
bestimmten Zweck entwickelt wird, sollte auch das Ergebnis dieser Untersuchung formuliert werden.)
Betrachten wir noch ein weiteres Beispiel. Ist {◻(p3 ∨ p5 )}; ◻p3 ∨ ◻p5 eine K-Folgerungsbeziehung? Hier ist die Ausgangsliste:
20
◻(p3 ∨ p5 ) (w0 )
¬(◻p3 ∨ ◻p5 ) (w0 )
Die Box-Formel können wir nicht abbauen, also kümmern wir uns um die negierte Disjunktion:
◻(p3 ∨ p5 ) (w0 )
¬(◻p3 ∨ ◻p5 ) (w0 ) ✓
¬◻p3 (w0 )
¬◻p5 (w0 )
Nun können wir die Regel NBOX verwenden, um die negierten Box-Formeln abzubauen:
◻(p3 ∨ p5 ) (w0 )
¬(◻p3 ∨ ◻p5 ) (w0 ) ✓
¬◻p3 (w0 ) ✓
¬◻p5 (w0 ) ✓
◇¬p3 (w0 )
◇¬p5 (w0 )
Die beiden Diamant-Formeln liefern uns nun die benötigten Welten und Zugänglichkeiten. Beginnen wir mit ◇¬p3 :
21
◻(p3 ∨ p5 ) (w0 )
¬(◻p3 ∨ ◻p5 ) (w0 ) ✓
¬◻p3 (w0 ) ✓
¬◻p5 (w0 ) ✓
◇¬p3 (w0 ) ✓
◇¬p5 (w0 )
w0 Rw1
¬p3 (w1 )
Wenn wir nun die Diamant-Formel ◇¬p5 abbauen wollen, können wir dafür nicht die
Zugänglichkeits-Annahme w0 Rw1 verwenden, da die Regel DIA verlangt, dass für den
Abbau einer Diamant-Formel eine Zugänglichkeit zu einer im Ast neuen Welt angenommen werden muss. Wir erhalten also:
◻(p3 ∨ p5 ) (w0 )
¬(◻p3 ∨ ◻p5 ) (w0 ) ✓
¬◻p3 (w0 ) ✓
¬◻p5 (w0 ) ✓
◇¬p3 (w0 ) ✓
◇¬p5 (w0 ) ✓
w0 Rw1
¬p3 (w1 )
w0 Rw2
¬p5 (w2 )
22
Nun können wir die Box-Formel abbauen, und zwar einmal für jede zugängliche Welt.
Wir erhalten:
◻(p3 ∨ p5 ) (w0 )
¬(◻p3 ∨ ◻p5 ) (w0 ) ✓
¬◻p3 (w0 ) ✓
¬◻p5 (w0 ) ✓
◇¬p3 (w0 ) ✓
◇¬p5 (w0 ) ✓
w0 Rw1
¬p3 (w1 )
w0 Rw2
¬p5 (w2 )
p3 ∨ p5 (w1 )
p3 ∨ p5 (w2 )
Zum Schluss bauen wir die beiden Disjunktionen ab:
23
◻(p3 ∨ p5 ) (w0 )
¬(◻p3 ∨ ◻p5 ) (w0 ) ✓
¬◻p3 (w0 ) ✓
¬◻p5 (w0 ) ✓
◇¬p3 (w0 ) ✓
◇¬p5 (w0 ) ✓
w0 Rw1
¬p3 (w1 )
w0 Rw2
¬p5 (w2 )
p3 ∨ p5 (w1 ) ✓
p3 ∨ p5 (w2 ) ✓
p3 (w1 )
×
p5 (w1 )
p3 (w2 )
p5 (w2 )
×
Wir sehen, dass der mittlere Ast offen bleibt. Damit bleibt der ganze Baum offen. Da
der Wahrheitsbaum offen bleibt, gibt es ein K-Modell ⟨W, R, IW,R ⟩, sodass für ein w ∈ W
gilt: I W,R (◻(p3 ∨ p5 )), w) = t, aber I I,W (◻p3 ∨ ◻p5 , w) = f. Also handelt es sich bei {◻(p3 ∨
p5 )}; ◻p3 ∨ ◻p5 nicht um eine K-Konsequenzbeziehung (d.h., {◻(p3 ∨ p5 )} ⊭K ◻p3 ∨ ◻p5 ).10
2.6
Gegenmodelle
Wenn ein Wahrheitsbaum für eine K-Formelmenge P und eine K-Formel C nicht geschlossen werden kann, dann handelt es sich bei P; C nicht um eine K-Konsequenzbeziehung
(d.h., P ⊭K C). In diesem Fall kann von jedem offenen Ast des Wahrheitsbaums ein
10
Die Wahrheitbsbäume für die Beispiele aus Abschnitt 2.1 sehen übrigens so aus: Für {◇¬p7 }; ¬◻p7 :
24
Gegenmodell für die behauptete K-Konsequenzbeziehung abgelesen werden. Ein Gegenmodell ist ein Modell ⟨W, R, IW,R ⟩, sodass für ein w ∈ W gilt: I W,R (P, w) = t für alle
P ∈ P, aber I W,R (C, w) = f. Betrachten wir noch einmal den letzten Wahrheitsbaum:
◇¬p7 (w0 )
¬¬◻p7 (w0 )
◻p7 (w0 )
w0 Rw1
¬p7 (w1 )
p7 (w1 )
×
und für {◇p0 , ◇p1 }; ◇(p0 ∧ p1 ):
◇p0 (w0 )
◇p1 (w0 )
¬◇(p0 ∧ p1 ) (w0 )
◻¬(p0 ∧ p1 ) (w0 )
w0 Rw1
p0 (w1 )
w0 Rw2
p1 (w2 )
¬(p0 ∧ p1 ) (w1 )
¬(p0 ∧ p1 ) (w2 )
¬p0 (w1 )
×
¬p1 (w1 )
¬p0 (w2 )
25
¬p1 (w2 )
×
◻(p3 ∨ p5 ) (w0 )
¬(◻p3 ∨ ◻p5 ) (w0 ) ✓
¬◻p3 (w0 ) ✓
¬◻p5 (w0 ) ✓
◇¬p3 (w0 ) ✓
◇¬p5 (w0 ) ✓
w0 Rw1
¬p3 (w1 )
w0 Rw2
¬p5 (w2 )
p3 ∨ p5 (w1 ) ✓
p3 ∨ p5 (w2 ) ✓
p3 (w1 )
×
p5 (w1 )
p3 (w2 )
p5 (w2 )
×
Dieser Wahrheitsbaum hat einen offenen Ast. In diesem Ast steht alles, was wir zur Konstruktion eines Gegenmodells benötigen. Ein Gegenmodell enthält, wie jedes K-Modell,
eine Weltenmenge W , eine Zugänglichkeitsrelation R ⊆ W × W und eine basale Interpretationsfunktion IW,R auf ⟨W, R⟩. In der Weltenmenge W befinden sich mindestens alle
Welten, die im gewählten offenen Ast repräsentiert werden. Also haben wir:
• {w0 , w1 , w2 } ⊆ W
In der Zugänglichkeitsrelation R befinden sich mindestens alle Paare ⟨w, w′ ⟩, sodass der
gewählte offene Ast den Eintrag wRw′ enthält. Als haben wir:
• {⟨w0 , w1 ⟩, ⟨w0 , w2 ⟩} ⊆ R
26
Schließlich ergibt sich ein Teil der basalen Interpretationsfunktion IW,R aus dem gewählten
offenen Ast, indem wir für jeden Eintrag p (w), wobei p ein Atom ist, IW,R (p, w) ∶= t
setzen, und für jeden Eintrag ¬p (w), wobei p ein Atom ist, IW,R (p, w) ∶= f setzen. Also
haben wir:
• IW,R (p3 , w1 ) = f
• IW,R (p5 , w1 ) = t
• IW,R (p3 , w2 ) = t
• IW,R (p5 , w2 ) = f
Damit haben wir eine Klasse von Gegenmodellen spezifiziert. Wir können den K-Rahmen
möglichst klein halten, indem wir sagen: {w0 , w1 , w2 } = W und {⟨w0 , w1 ⟩, ⟨w0 , w2 ⟩} = R.
Um ein spezifisches Gegenmodell zu erhalten, müssen wir natürlich zusätzlich IW,R vervollständigen.11
11
Z.B. so:
• IW,R (pi , w0 ) = t für alle i
• IW,R (pi , w1 ) = t für alle i ∉ {3, 5}
• IW,R (pi , w2 ) = t für alle i ∉ {3, 5}
27
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