Prof. Dr. med. Claudia Trenkwalder PARKINSON Die Krankheit verstehen und bewältigen Unter Mitarbeit von Dr. med. Manfred Georg Krukemeyer, Priv.-Doz. Dr. med. Gunnar Möllenhoff und Dipl.-Psych. Dr. Ellen Trautmann Frühe Anzeichen eines Parkinson-Syndroms Patienten, die vermehrt an einer derartigen Störung leiden, oft Jahre später ein Parkinson-Syndrom entwickeln. Die REM-Schlafverhaltensstörung ist gekennzeichnet durch ein vermehrtes Sprechen, Schreien oder Lachen im Traumschlaf, verbunden mit Gestikulieren, heftigen Bewegungen oder auch Selbstverletzungen. Da der Traumschlaf meist in der zweiten Nachthälfte auftritt, werden diese Störungen vor allem gegen Morgen beobachtet. Der Patient selbst bemerkt davon oft nichts; nur wenige Patienten wachen durch diese Bewegungen oder durch das Sprechen auf. Umso mehr fällt diese Störung jedoch dem Bettpartner oder auch dem Betreuenden des Patienten auf, wenn er durch die lebhaften nächtlichen Bewegungen geweckt wird. Einige Patienten verletzen sich dabei sogar selbst, fallen aus dem Bett oder verletzen ihren Bettpartner. Diese Störung kann bereits Jahre vor dem Beginn von Bewegungsstörungen und der Diagnosestellung von Parkinson auftreten. Blutdruckregulationsstörungen Zu den sogenannten Störungen des „autonomen oder vegetativen Nervensystems“ gehören die Störungen der Blutdruckregulation. So kann es z. B. bei Patienten, die bisher einen normalen oder vielleicht sogar erhöhten Blutdruck zeigten, plötzlich zu sehr niedrigen Blutdruckwerten vor allem morgens beim Aufstehen kommen, sodass ihnen schwindelig oder schwarz vor den Augen wird. Dieses Phänomen nennt man „orthostatische Reaktion“. Hierbei versackt das Blut vor allem in den Beinen, sodass eine vorübergehende Blutleere im Kopf entsteht, die Schwindel und Unsicherheitsgefühl verursacht. Diese Beschwerden können bis zu Kollapsneigungen und Ohnmachten führen. Es ist deshalb wichtig, den Blutdruck nicht nur im Liegen oder Sitzen zu messen, sondern auch einmal nach einigen Minuten im Stehen (Schellong-Test). 7 Die Parkinson-Krankheit Verdauung (Verstopfung, Obstipation) Bereits zu Beginn der Erkrankung, bei vielen Patienten auch schon Jahre vorher, kann es zu einer Verminderung der Magenentleerung in den Darm und damit zu einem längeren Verweilen von Speisen oder auch Medikamenten im Magen kommen. Auch hierbei spielt das autonome oder vegetative Nervensystem eine entscheidende Rolle. Da dieses bei der Parkinson-Erkrankung typischerweise ebenfalls gestört ist, sind die Funktionen der Magen-Darm-Tätigkeit verlangsamt und vermindert. So kann es zu Verstopfung (Obstipation) kommen, obwohl sich die Ernährungsgewohnheiten nicht geändert haben. Viele Parkinson-Patienten klagen bereits vor der Diagnosestellung über Verdauungsstörungen, meistens im Sinne von Verstopfung, oder über Völlegefühl als Zeichen der verzögerten Magenentleerung. 8 Woran erkennt man Parkinson? Woran erkennt man Parkinson? Neben den oben geschilderten Frühsymptomen leiden Parkinson-Patienten unter vier Hauptgruppen von Beschwerden, die jeweils die Bewegung betreffen. Diese Symptome sind jedoch nicht bei allen Betroffenen in gleicher Weise und im gleichen Ausmaß vorhanden. Nach den klinischen Kriterien, den sogenannten „United-Kingdom-BrainBank-Criteria“ – so benannt nach einem englischen Zeitschriftenartikel über eine Studie, in der die Diagnose Parkinson-Erkrankung nach Untersuchungen der Gehirne von Parkinson-Patienten gestellt wurde – gelten die folgenden Definitionen: • Zittern (Tremor) • Verlangsamung der Bewegungsabläufe (Bradykinese oder Akinese) • Muskelsteifheit (Rigor) • Geh- und Haltungsstörungen (posturale Reflexe, Stellreflexe) Von diesen Symptomen sollten mindestens zwei sowie ein gutes Ansprechen auf die Therapie mit Dopamin vorliegen, um die Diagnose einer Parkinson-Erkrankung zu stellen. Die Diagnose wird in erster Linie durch eine sorgfältige ärztliche Untersuchung, Beobachtung und Befragung gestellt. Zusätzliche technische Untersuchungen ergänzen die Diagnose nur, sind jedoch nicht ausschlaggebend. 9 Die Parkinson-Krankheit Zittern (Tremor) Häufig ist das Zittern eines der ersten Krankheitszeichen. Es beginnt meist auf einer Körperseite und oft in der Hand oder im Arm. Es macht sich vor allem bemerkbar, wenn der betroffene Arm oder die betroffene Hand ruht. Da dieses Zittern zum Beispiel beim Sitzen mit im Schoß liegenden Händen oder beim Stehen und Gehen mit herabhängenden Armen auftritt, wird es medizinisch als Ruhetremor (Ruhezittern) bezeichnet. Aufregung, innere Unruhe und seelische Belastung können dieses Zittern erheblich verstärken. Obwohl dieses für Parkinson typische Ruhezittern für die Betroffenen sehr unangenehm ist, werden die körperliche Beweglichkeit und Funktionstüchtigkeit im Alltag nur selten beeinträchtigt. Trotzdem fühlen sich die betroffenen Patienten – und oftmals auch die Angehörigen – durch das Zittern peinlich berührt und vermeiden es, beispielsweise zum Essen auszugehen oder an Veranstaltungen teilzunehmen. Ja, in vielen Fällen beginnt mit diesem Symptom sogar der vollständige Rückzug aus fast allen sozialen Beziehungen. Diese falsche, übertriebene Scham und der Rückzug sind umso bedauerlicher, da sie das Krankheitsbild insgesamt verschlimmern können und der Besserung abträglich sind. Für Parkinson ist es nahezu typisch, dass bei Gebrauch der betroffenen Hand oder des Arms das Zittern für die Zeitdauer der Bewegung verschwindet. Im Gegensatz zu anderen Erkrankungen, bei denen der Patient an einem Zittern bei Bewegung leidet, tritt das ParkinsonZittern beim Halten einer Kaffeetasse oder beim Suppelöffeln kaum in Erscheinung. Bei einigen Patienten kann allerdings zu Beginn der Erkrankung zusätzlich ein sogenanntes Haltezittern, d. h. ein Zittern bei ausgestreckter Hand, auftreten. 10 Woran erkennt man Parkinson? Verlangsamung der Bewegungsabläufe und Unbeweglichkeit (Bradykinese oder Akinese) Das Unbeweglichwerden ist das wichtigste Symptom der Parkinson-Krankheit. Ohne Therapie setzt mit Beginn der Erkrankung eine zunehmende Bewegungsverarmung ein, die im Laufe der Erkrankung zunimmt, aber gut auf eine Behandlung anspricht. Anfangs bemerken Betroffene zumeist nur auf einer Körperseite, dass die Geschmeidigkeit der Bewegungen nachlässt. Rasche, flüssige Bewegungen, zum Beispiel beim Zähneputzen, bei der Hausarbeit oder bei handwerklichen Tätigkeiten, gelingen nicht mehr gut und erscheinen fremdartig gehemmt. Derartige Symptome können sich anfänglich auch als leichtes Nachziehen eines Beins beim Gehen, später als schlurfendes Gehen mit kleinen Schritten äußern. Typisch sind außerdem feinmotorische Beeinträchtigungen z. B. beim Zuknöpfen des Hemdes oder beim Sockenanziehen. Muskelsteifheit (Rigor) Das Symptom der Muskelsteifheit beginnt häufig als schmerzhafte Verspannung im Oberarm oder in der Schulter, und es wird deshalb häufig mit rheumatischen oder orthopädischen, von der Schulter ausgehenden Beschwerden verwechselt. Viele Betroffene berichten, ihre Muskeln seien zu „kurz“ oder „innerlich angespannt“. Die Steifheit wird vom Arzt dadurch festgestellt, dass er am Patienten den Arm im Ellenbogengelenk oder die Hand im Handgelenk bei lockerer Haltung passiv bewegt. Dabei wird deutlich, dass sich die Hand oder der Arm nur ruckartig bewegen lassen (Zahnradphänomen). 11