"Volkskrankheit Schlaganfall".

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Nr.1/oktober 2011
Dies ist ein unabhängiges produkt von Mediaplanet
VoLKSKraNKHEit
SCHLaGaNFaLL
6
TIPPS FÜr
PräVEnTIOn &
THErAPIE
Prof. dr.
med. Jost
neue therapie für
den gelähmten
arm
stroke
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spezialisierte
versorgung in
deutschland
SCHNELLES HANDELN
RETTET LEBEN
Prävention
ermitteln
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risiko
Gaby Köster im Interview:
„Ich möchte einfach nach vorne gucken“
phOtO: Jahn teiGen/SCanpiX
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12.10.11 10:09
2 · oktober 2011
Ein unabhäniges Produkt von mediaplanet
Vorwort
Ein Schlaganfall verändert die Welt für die Betroffenen im
wahrsten Sinne des Wortes schlagartig. Die Patienten geraten körperlich, aber auch seelisch an Grenzen und stehen vor einem
beschwerlichen Weg zurück ins Leben. Verständnis und eine breite
Unterstützung können helfen, ihn zu meistern.
Ein Schlaganfall kann jeden
treffen, auch Sie und mich!
N
ach wie vor erleiden jedes Jahr über 250.000
Menschen in unserem
Land einen Schlaganfall. Eine erschreckende Zahl, hinter der
viele Einzelschicksale stehen. Bei meinen Besuchen in
den Schlaganfall-Selbsthilfegruppen
und Rehabilitationskliniken habe ich
erfahren, welche dramatischen Folgen ein Schlaganfall haben kann. Was
vorher selbstverständlich war – gehen,
sprechen, jede kleine Bewegung, jeder Handgriff ist weg und „vergessen“.
Diese Menschen auf ihrem Weg zurück
ins Leben zu unterstützen, ist eines der
wichtigen Anliegen der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.
Qualitätsmodell entwickelt
Was viele nicht wissen: Der
Schlaganfall betrifft nicht nur alte
Menschen. Auch immer mehr Jüngere
sogar Kinder, erleiden einen Schlaganfall. In Deutschland trifft es jährlich
über 300 Kinder, viele von ihnen schon
im Mutterleib. Die Dunkelziffer ist vermutlich weitaus höher. Diese Kinder
„Der
Schlaganfall
betrifft nicht
nur alte
Menschen.“
Liz Mohn,
Präsidentin der
Stiftung Deutsche
Schlaganfall-Hilfe
lernen früh,mit ihrer Behinderung umzugehen, sind aber oft in der Schule benachteiligt und haben es schwer,im Leben Fuß zu fassen. Aus diesem Grund
haben wir in der Stiftung Deutsche
Schlaganfall-Hilfe ein neues Qualitätsmodell entwickelt, das die Versorgung
auf einem hohen Niveau einheitlich regelt. Speziell für das Krankheitsbild
Schlaganfall ausgebildete Lotsen kommen hier zum Einsatz,begleiten betroffene Familien mit Rat und Tat und übernehmen die Koordination von Therapie-Schritten.
Demografie bedenken
Wir wissen, dass durch den demografischen Wandel der Bedarf an
Versorgung wächst. Vor allem Schlaganfall-Betroffene und ihre Angehörigen
brauchen Einrichtungen mit einem integrierten Betreuungs- und Rehabilitationsangebot. Unsere Schlaganfall-Lotsen sind wichtige Schnittstelle zwischen Arzt und Patient und sorgen dafür, dass Betroffene und Angehörige zur
richtigen Zeit die erforderlichen Informationen und notwendigen Hilfen erhalten. Die Schlaganfall-Hilfe plant, die
Lotsen bundesweit im Versorgungsangebot zu verankern. Wir – und damit
meine ich Politik,Verbände des Gesundheits- und Sozialwesens sowie die Wirtschaft – müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass es deutlich mehr werden.
Gemeinsam mehr erreichen
Lassen Sie uns gemeinsam darauf
hinwirken, die Betroffenen und
ihre Angehörigen zu stärken und zu unterstützen. Unsere Arbeit soll auch in
Zukunft ein Vorbild für den Dienst an
der Gemeinschaft sein. Nur Miteinander können wir als Einzelner und in der
Gemeinschaft die Krankheit Schlaganfall besiegen. Deshalb gilt mein herzlicher Dank allen, die es uns in der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ermöglichen, unsere Arbeit zum Wohle
aller Betroffenen und ihrer Angehörigen kontinuierlich auszubauen. Ein
Netzwerk der Menschlichkeit entsteht!
wir empfehlen
Kathrin W.
berichtet von ihrem
langen Weg zurück
ins Leben
Seite 14
„Mit dem Neuroimplantat fühle ich mich sicherer, weil ich nicht mehr
ständig Angst haben
muss, zu stolpern und
zu fallen.“
We make our readers succeed!
Volkskrankheit Schlaganfall
erste ausgabe, Oktober 2011
Verantwortlich für den Inhalt
dieser Ausgabe:
Project Manager:
Dominique Stoll
Tel: +49 (0)30 887 11 29 48
Fax: +49 (0)30 887 11 29 37
E-Mail: [email protected]
Business Development:
Kristina Schlüter
Layout & Design:
Sebastian Bensch
Text:
Miron Tenenberg, Dr. Oliver Opatz, Solveig
Schuster, Sebastian Schmid, Lukas Nikmann,
Dr. Gregor Richter
Lektorat:
Claudia Nichterlein
Editorial Manager:
Jennifer Pott
Managing Director & V.i.S.d.P:
Christian Züllig
Mediaplanet Verlag Deutschland GmbH
Münzstraße 15, 10178 Berlin Neuer Wall 80, 20354Hamburg
Königsallee 14, 40212 Düsseldorf
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Vertriebspartner: DIE WELT,
am 29. Oktober 2011
Print: Märkische Verlags- und Druck-Gesellschaft mbH Potsdam
Das Ziel von Mediaplanet ist, unseren Lesern
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oktober 2011 · 3
iNSpiratioN
nOtrUf
SYmptOme
Lähmungen
Halbseiten- oder einseitige Lähmungen von
Arm und/oder Bein, so dass
z.B. der Arm beim Versuch,
ihn nach vorne weg zu strecken, absinkt. Eine nicht
durch einen Unfall bedingte
Lähmung beider Beine und
beider Arme (sogenannte Tetraparese). Gesichtslähmungen, wie z.B. ein hängender
Mundwinkel oder Lähmungen einer halben Gesichtsseite.
Sehstörungen
InTErVIEW
wähle die 112
■■ Sehr geehrter Herr Prof.
Sefrin, Sie sind seit langer
Zeit im rettungsdienst als
notarzt tätig, was ist eigentlich ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall ist eine Erkrankung im Gehirn,wobei es
zu einer Verlegung oder Platzen eines Blutgefäßes kommt. Nachfolgende Bereiche bekommen keinen
Sauerstoff mehr und gehen zugrunde. Es ist ein absoluter Notfall
und bedarf schnellen Handelns.
!
meist halbseitig sind. Es kann auch
zu Sprach-,Wortfindungs- und Sehstörungen kommen.
■■ Kann es sich so äußern, als
wenn meine Brille nicht mehr
scharf ist?
Es kann zu Doppelbildern
oder Ausfall eines ganzen Sehbereiches kommen. Im Extremfall
wird der Betroffene bewusstlos.
!
Prof. Dr. med.
Peter Sefrin
ist im rettungsdienst der
„ agbn“ - arbeitsgemeinschaft der
in Bayern tätigen
notärzte
tätig
■■ Kann jeder Mensch einen
Schlaganfall bekommen?
Ja, jeder Mensch der eine entsprechende Veranlagung hat,
insbesondere einen Bluthochdruck
und eine Verkalkung der das Gehirn versorgenden Blutgefäße
kann einen Schlaganfall erleiden.
!
■■ In welcher Situation haben
Sie am häufigsten Menschen
mit einem Schlaganfall vorgefunden?
Als Notarzt kommen wir in
erster Linie zu Patienten, die
einen hohen Blutdruck haben. Dieser hat häufig schon seit längerem
bestanden und war nicht richtig
behandelt worden. Aber auch zu
Patienten, die nichts von ihrem
Bluthochdruck wussten.
!
■■ Wie erkenne ich den
Schlaganfall?
Es gibt eine Vielzahl von Symptomen, die man von außen
auch als Laie erkennen kann.
!
■■ Welche wären das?
Vordergründig kann es sein,
dass der Betreffende plötzlich
nicht mehr sprechen kann und ein
Mundwinkel “hängt“. Desweiteren
können Lähmungen auftreten, die
■■ Was sollte der
Ersthelfer tun?
Zunächst geht es um das Erkennen der Symptome. Er
sollte den Betroffenen fragen, ob er
Lähmungen spürt oder einen Gesichtsfeldausfall bemerkt. Bei Bewusstlosigkeit unbedingt die
Atemwege durch die stabile Seitenlage freihalten.Sobald der Verdacht
auf Schlaganfall besteht, dringend
den Rettungsdienst und - wegen
des Zeitverlustes - nicht den Hausarzt alarmieren. Hintergrund eines Notrufes ist, dass Betroffene
schnell an die geeignete Behandlungsstelle in einem Krankenhaus
gebracht werden. Auf dem Weg
dorthin kann der Notarzt mit der
Behandlung beginnen und die klinische Behandlung vorbereiten.
!
Doppelbilder bei beidseitigem Sehen (verschwindet meist bei Zuhalten eines Auges), einseitige
Blindheit oder der Ausfall eines gesamten Sichtfeldes
wie z.B. rechts oben.
Sprach- oder
Sprechstörungen
Zuvor selbstverständlich flüssig gesprochene Worte gelingen nicht
mehr, so entsteht eine „abgehackt“ wirkende Sprache.
Desweiteren Störungen des
Sprachverständnisses so
dass von anderen Personen
gesprochene Worte und Sätze inhaltlich nicht mehr in
ihrer Bedeutung verstanden
werden.
Gangstörungen
Neuauftretendes Hinken mit Nachziehen
des Beines,plötzliches Nachgeben der Beine beim Aufstehen mit eventuell nachfolgendem Sturz. Übersehen
von Gegenständen auf einer
Körperseite wie z.B. gegen
einen offensichtlich im Weg
stehenden Schrank laufen.
Plötzlich
einsetzende, starke
Kopfschmerzen
Die Person kann den Kopf
nur unter Schmerzen in den
Nacken oder das Kinn gar
nicht auf den Brustbereich
legen. Dies ist ein Hinweis
auf eine plötzlich eingesetzte Blutung (sogenannte SAB)
oder eine Hirnhautentzündung.
Gefühlsstörungen
Vorher nicht gekanntes
Taubheitsgefühl (halbseitig) eines Armes oder Beines oder „Einschlafen“ eines
Armes oder Beines und Anhalten dieses Gefühls. Missempfindungen wie Kribbeln
(halbseitig) oder seltener
auch Schmerzen.
Schwindel
Dieser tritt relativ
plötzlich auf und ist
meist von einem oder mehreren der hier genannten
Symptome begleitet.
Anhaltende oder
zunehmende
Minderung der
Aufmerksamkeit
Übermäßige, zuvor
nicht gekannte Schläfrigkeit oder wiederholtes
„Wegdämmern“ nach dem
Aufwachen. Auch eine bewusstlos aufgefundene Person kann einen Schlaganfall
erlitten haben (Hirnstamminfarkt). Diese Personen benötigen am dringendsten
Hilfe. Bis zum Eintreffen des
Notarztes müssen sie unbedingt in die stabile Seitenlage gebracht werden, um eine
Blockade der Atemwege zu
verhindern und durchgehend Atmung und Kreislauf
(Heben des Brustkorbes und
Puls am Hals) überwachen
zu können.
Hierbei ist besonders
auf eine Nackensteifheit zu achten.
!
Dr. gregor richter
[email protected]
112 WäHLEn
Bei Verdacht auf eines der Symptome
sofort das Telefon in die Hand nehmen.
FotoS: StiFtUNg deUtSChe SChlagaNFall-hilFe
Dr. gregor richter
[email protected]
4 · oktober 2011
ein unabhäniges Produkt von mediaPlanet
NEwS
Gaby Köster, Schauspielerin, Kabarettistin und Kölner Urgestein, erleidet im Januar 2008
einen Schlaganfall. nach über drei Jahren konsequenter nachrichtensperre
tritt sie im September mit ihrem neuen Buch zurück an die Öffentlichkeit und berichtet
über ihre Zeit der Krankheit und der Genesung.
„ES DAUERT HALT SO
LANGE WIE ES DAUERT“
■■ Frau Köster, was antworten
Sie dreieinhalb Jahre nach ihrem
Schlaganfall auf die Frage, wie es
ihnen geht?
Inzwischen geht es mir gut. Ich hatte auch einige Zeit mich zu regenerieren.Von daher ist mein Zustand im Vergleich zu vorher natürlich bombig. Ich
habe aber die Zeit wirklich benötigt, in
der ich nicht da war. Es werden im Januar vier Jahre.
■■ Wie heilsam ist es darüber in der
Öffentlichkeit zu reden?
Das ist sehr wichtig und dient ebenfalls
der Verarbeitung. So kam ich ja auch zu
der Idee ein Buch zu schreiben. Ich habe im Krankenhaus Tagebuch geschrieben und hatte plötzlich eine Menge Material zusammen. Ich weiß aus eigener
Erfahrung wie das ist, wenn man plötzlich aus dem Leben geballert wird und
wollte den Leuten da draußen sagen,
dass sie nicht alleine sind.
■■ nach der nachrichtensperre
sind Sie plötzlich wieder in den Medien mit Ihrem Buch präsent. Das
hat Ihnen auch Kritik eingebracht,
wie gehen Sie damit um?
Ungerechtfertigte Kritik von anderen
geht da an mir vorbei. Hauptsache, dass
das Laufen funktioniert und mein Leben wieder zurück kommt. Wem das
nicht passt, der kann den Fernseher ja
auch ausstellen. Ich finde 50 als Eintritt
in die Rente noch zu früh. Ich möchte
einfach nach vorne gucken.
■■ Wie kam es dazu, dass Ihr Management eine rigide nachrichtensperre verhängte?
1
Weil die Leute ohne Ende spekulierten
und meine Manager den Standpunkt
vertraten, dass wenn überhaupt jemand dazu etwas sagen sollte, ich das
wäre, sobald es eben ginge. Es ist auch
nicht besonders schön lesen zu müssen, dass man tot wäre. Das ist der Oberhorror. Nun ist es soweit, dass ich selber
darüber reden kann und deshalb mache
ich das auch.
■■ Mussten sie das
reden neu erlernen?
Nein, sobald diese Kanüle raus war,
ging das wieder wie früher. Anders war
es mit dem Laufen. Zwei Jahre saß ich
im Rollstuhl und es war das tollste Gefühl, aus diesem wieder aussteigen zu
können; Ausflüge zu machen, ohne ihn
einpacken zu müssen. Das ist ein Stück
Freiheit,welches ich wiederbekommen
habe. Ähnlich war es mit dem Autofahren. Das erste Mal hinter dem Steuer
war wie Fliegen – ein ungeheures Freiheitsgefühl – ohne dass ich jetzt wie eine Irre durch die Gegend heize! Das erste Mal bin ich zum Test eine Stunde innerhalb der Stadt herumgefahren und
habe gemerkt, dass alles gut geht. Ich
freute mir ein Loch in den Bauch!
■■ Sie haben seit dem Schlaganfall
einseitige Lähmungserscheinungen. Welche Hilfsmittel benötigen
sie für die sichere Teilnahme am
motorisierten Straßenverkehr?
Ich brauche jetzt lediglich ein Automatikauto, mehr nicht. Ansonsten benutze
ich jetzt Kopfhörer zum Telefonieren. Es
ist einfach praktischer als mit einem Arm
herumzuhantieren. Das sind Sachen, die
mir früher gar nicht aufgefallen wären.
2
■■ Wurden sie bescheidener in der
Zeit der Genesung?
Unbedingt. Ich war vorher auch schon
ziemlich bodenständig und das hat
mir hierbei auch sehr gut geholfen. Ich
konnte mich sehr schnell an dem erfreuen, was ich plötzlich wieder tun
konnte und dadurch wird man ja auch
bescheidener.
”Zwei Jahre saß ich
im rollstuhl
und es war
das tollste gefühl,
aus diesem
wieder aussteigen zu
können.”
Gaby Köster
■■ Welchen unterschied in IhremGemüt erkennen Sie in sich, wenn
Sie die Zeit vor und nach demSchlaganfall vergleichen?
Vor der Krankheit war ich immer sehr
hibbelig und nervös und auch sehr
leicht aus der Ruhe zu bringen. Das ist
inzwischen nicht mehr so.Man lernt,es
mit sich alleine auszuhalten. Witzigerweise war früher mein Lampenfieber
sehr extrem, aber ich stelle fest, dass es
mittlerweile nicht mehr so ist. Ich bin
zwar noch aufgeregt bevor ich ins Studio gehe,aber es ist gar kein Vergleich zu
früher, da habe ich immer gedacht, dass
ich die Show nicht überleben würde.
■■ Haben Sie denn neue Bühnenprojekte in Arbeit?
Im Moment erstmal nicht. Ich war
doch auf der Bühne immer ein Flitzer:
ich musste irgendwie immer rennen
und das geht im Moment ja nicht. Deshalb stelle ich das vorerst zurück, weil
ich im Sitzen wahrscheinlich irre werden würde.
fen.Das war ja anfangs gar nicht klar,ob
das jemals wieder gehen würde. Das begann dann mit den Steh-Übungen: Eine
halbe Stunde am Stehpult stehen war
eine ganz schöne Herausforderung. Als
das wieder ging,habe ich mir einen Rollator gegönnt. Seine Eitelkeiten zu pflegen, finde ich völlig bescheuert. Es geht
doch letztlich darum, seine Eigenständigkeit wieder zu erlangen und wenn
ich das mit einem Rollator schaffe, was
zugegebenermaßen mit einem Arm
nicht immer einfach ist, dann ist das
viel wichtiger als der eigene Stolz.
■■ Haben Sie nie Wut oder Trauer
wegen des harten Wandels ihres
Lebens verspürt?
Ich bin auch manchmal traurig, dass
ich viele Dinge noch nicht alleine kann,
aber ich bin mir sicher, dass ich meine Ziele irgendwann alleine erreiche.
Ich war natürlich auch wütend, weil
die Heilung eben so lange dauert, aber
ich dachte mir, dass Aufgeben Quatsch
ist. Es dauert halt so lange wie es dauert und alles wäre umsonst, wenn man
mittendrin aufgibt. Es gibt das Sprichwort „Gras wächst nicht schneller,
wenn man daran zieht!“ - und so ist das
mit dem Genesungsprozess auch.
Mediaplanet bedankt sich für das Interview und wünscht Gaby Köster weiterhin alles Gute.
MiroN teNeNBerg
■■ Sind Sie denn momentan zufrieden mit ihren Fortschritten?
Ja,ich bin stolz auf mich,weil ich bisher
geschafft habe, was ich schaffen wollte. Ich kann zum Beispiel wieder lau-
3
[email protected]
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TIPP
oktober 2011 · 5
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kongresse
GABY KÖSTEr SCHAuSPIELErIn,
KOMIKErIn, 09.10.2011
1. Gaby Köster vor ihrem Schlaganfall
gestikulierend auf der Bühne.
UllSteiN Bild - Brill
2. Auch als Serien-Schauspielerin in
„ritas Welt“ kennt man die Komikerin.
UllSteiN Bild - BreUel Brill
3. Mehrfache Gewinnerin des Deutschen Comedypreises.
UllSteiN Bild - BreUel Brill
4.nach drei Jahren Pause der erste öffentliche Auftritt bei Stern TV.
4
FotoS: UllSteiN Bild - PUBliC addreSS
Auf den Tagesveranstaltungen
kommen Vertreter aus der Gesundheitsbranche zusammen, um eine
Agenda für eine umfassende Versorgung von Schlaganfall-Patienten aufzustellen. Im parallel dazu stattfindenden
Ratgeberforum haben Patienten die
Möglichkeit,sich in Vorträgen gegenseitig auszutauschen und sich über neuartige Produkte und Leistungen zu informieren.
6 · oktober 2011
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TIPP
2
NEwS
risikofaktoren
erkennen und vorbeugen
rISIKEn
KEnnEn
■■Frage: Welches risiko habe
ich persönlich, einen schlaganfall zu erleiden?
■■Antwort: erstellen sie ihr
persönliches risikoprofil auf der
seite der deutschen schlaganfallgesellschaft
VOrSOrGe
Warnsignale
Jedes Jahr sterben in Deutschland über 60.000 Menschen an
den Folgen eines Schlaganfalls.
Der Schlaganfall zählt damit zu
den häufigsten Todesursachen.
Bei den Überlebenden besteht das
hohe Risiko einer bleibenden Behinderung. Aber was können Sie
selbst tun, um einen Schlaganfall
zu verhindern?
„schlaganfall ist
keine reine alterskrankheit.
Übergewicht,
vorhofflimmern,
diabetes oder
rauchen kann
einen frühen
schlaganfall begünstigen.“
Die Risikofaktoren des Schlaganfalls ähneln denen anderer HerzKreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schaufensterkrankheit. Denn die Grunderkrankung
ist die Arteriosklerose, die Verkalkung und Verengung der Arterien
in Herz, Hirn und anderen Organen. Natürlich ist denjenigen Risikofaktoren, die den Lebenswandel
betreffen, am leichtesten beizukommen. Schon allein der Verzicht
auf Nikotin reduziert das statistische Risiko einen Schlaganfall zu
erleiden, um ca. 50 Prozent.
Vorbeugen, wenn ein
Schlaganfall wahrscheinlich wird
Wenn der Vorhof flimmert,
gerinnt das Blut
Diese Blutgerinnsel entstehen in
erster Linie durch das sogenannte Vorhofflimmern. Wie der Name
schon sagt, kontrahiert sich der
Vorhof hierbei nicht, sondern er
flimmert nur noch mit einer Frequenz von 300-600 pro Minute.
Um das Blut zu verdünnen, also eine Gerinnung zu verhindern, wurden in der Vergangenheit vor allem Medikamente aus der Gruppe der Thrombozytenfunktionshemmer eingesetzt. Doch diese
Therapie ist ein zweischneidiges
Schwert, denn diese Blutgerinnungshemmung wird durch eine
erhöhte Blutungsneigung erkauft
– Patienten sind bei scheinbar banalen Verletzungen oder Stürzen
immer der Gefahr ausgesetzt, eine
schwere Blutung zu erleiden.
eventuell neue, bisher unbekannte Nebenwirkungen auftreten,
müssen die Erfahrungen über die
Angeborene
risikofaktoren
Erworbene
risikofaktoren
neue Medikamente gegen
Vorhofflimmern
■■ Hohes Alter: ab ca. 50 Jahren
steigt das Schlaganfallrisiko steil an.
■■ Ethnische Zugehörigkeit: afrikaner sind häufiger betroffen als kaukasier.
■■ Genetische Veranlagung: mit einem Schlaganfall in der nahen Verwandtschaft verdoppelt sich das risiko.
■■ Fettstoffwechselstörungen:
Wer unter einer angeborenen oder
erworbenen fettstoffwechselstörung leidet bekommt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch arteriosklerose.
■■ Diabetes mellitus: ein erhöhter
Blutzuckerspiegel schädigt Gefäße.
■■ Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern): hierbei entstehen
Blutpfropfen, die Gefäße verstopfen
können.
■■ Bluthochdruck: Der arterielle
Bluthochdruck führt zur Verengung
der Gefäße.
■■ rauchen: Zigarettenrauch löst
herz-kreislauferkrankungen aus.
■■ Alkoholkrankheit: ein Glas rotwein hilft gegen arteriosklerose, zuviel ist schlecht.
■■ Mangelnde Bewegung: Sport
hält die Gefäße in Schuss.
■■ Adipositas: Übergewicht wirkt
sehr negativ auf das herz-kreislaufSystem
Hoffnung geben in letzter Zeit die
neu entwickelten Gerinnungshemmer (Thrombininhibitoren
oder Faktor Xa-Inhibitoren). Diese scheinen weniger der gefürchteten Blutungen auszulösen und
sind darüber hinaus für Patienten und Ärzte einfacher zu handhaben. Denn aufwendige Kontrollen des Blutgerinnungsstatus
entfallen hier bei einer ebenso guten Wirksamkeit. Unternehmen
wie Boehringer Ingelheim, Pfizer,
Bristol-Myers Squibb und Daiichi
Sankyo forschen derzeit in diesem
Bereich (Quelle: vfa). Auskunft darüber, wie die neuen Medikamente auf längere Zeit wirken oder ob
Schlaganfall im
Schlaf - was
ist passiert?
Einer von vier Schlaganfall
Patienten erleidet diesen
erstmals im Schlaf. In Europa 120.000 Menschen/
Jahr. Meist schlafen die
Patienten weiter, bemerken erst am morgen Symptome des Schlaganfalles
(„wake-up stroke“). Manche stürzen beim Aufstehen, können nur mit Mühe
Hilfe holen und verstehen
gar nicht, was eigentlich
mit ihnen passiert ist.
Auslöser des Schlaganfalles sind
nachts dieselben wie tagsüber.
Unterschied zum Schlaganfall
am Tag ist,dass die Patienten keine Erinnerung zum Beginn der
Symptomatik haben. Wertvolle
Zeit verstreicht im Bett, eine effektive Therapie wird ihnen so
vorenthalten.Die häufigste Form
(80%), der „ischämische Schlaganfall“ entsteht durch Verschluss
eines atherosklerotisch (siehe
Risikofaktoren) vorgeschädigten Gefäßes im Gehirn durch ein
sich plötzlich bildendes Gerinnsel. Meist platzt eine verkalkte Fetteinlagerung („Plaque“)
im Gefäß und aktiviert die Blutgerinnung. Das Gerinnsel kann
aber auch bei Vorhofflimmern
im Herz entstehen und in den
Kopf geschwemmt werden.
rauchen verstopft
die Gefäße
Schwieriger wird es, wenn bereits
Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestehen. Denn diese begünstigen
die Entstehung eines Schlaganfalles. Hier ist häufig eine medikamentöse Prophylaxe erforderlich.
Dabei steht neben der Behandlung
von Diabetes, Bluthochdruck und
hohen Blutfettwerten insbesondere die Therapie der Blutgerinnung im Vordergrund. Denn der
den Schlaganfall auslösende Gefäßverschluss wird sowohl durch
die Arterienverkalkung, als auch
durch die Bildung von Blutgerinnseln im Herzen verursacht.
notfall
nächsten Jahre geben.
Dr. oliver oPAtZ
[email protected]
fakten
Weitere Informationen
finden Sie unter:
www.medworld.de/bihmw/html/php_
schlaganfall/index.html
!
Nachfolgende Hirnzellen können ohne Zucker und Sauerstoff
nur kurz überleben, werden vorübergehend funktionslos und
sterben dann mit Verlust entsprechender Hirnfunktionen ab.
Der Zeitpunkt des Symptom Beginns ist für den behandelnden
Arzt Therapie entscheidend.
Denn bis zu viereinhalb Stunden nach Infarktbeginn ist ein
Wiedereröffnen des Gefäßes mit
einem Medikament erfolgsversprechend. Danach haben im Gewebe nicht mehr rückgängig zu
machende Veränderungen stattgefunden. Die Erfolgschancen
sinken, Komplikationen (wie
Blutungen) häufen sich. In der
CT („Röhre“) grenzt sich ein Infarkt frühestens nach zwei Stunden vom gesunden Gewebe ab. Es
kann auch sicher bestimmt werden wenn ein Infarkt älter als
sechs Stunden ist. Mit speziellen MRT Untersuchungsmethoden kann ein Infarkt noch früher
festgestellt und auch die Erfolgsaussicht der Therapie bestimmt
werden. Kommt allerdings ein
Patient mit seit ungewisser Zeit
bestehenden Symptomen, ist es
für den Arzt schwierig in Stunden zu sagen,wann er begann.
Ist der Infarkt nicht zu alt und
bestehen keine gegenteiligen
Gründe, wird ein Medikament
gegeben und der Rückgang der
Symptome kontrolliert.
Dr. gregor richter
[email protected]
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Oktober 2011 · 7
news
Beweglicher durch
Botulinumtoxin-Therapie
Zukunftsweisende Therapie
Professor Dr. med. Wolfgang Jost in der
Botulinumtoxin-Sprechstunde
Fotograf: Uwe Aufderheide
■■Frage: Nicht selten hat ein
Schlaganfall eine spastische
Bewegungsstörung der oberen Extremitäten zur Folge. Wie
lässt sie sich wirksam behandeln?
■■Antwort: Das Mittel der Wahl
ist eine Injektionstherapie mit Botulinumtoxin Typ A. Da sich die
Präparate trotz gleicher Wirksubstanz unterscheiden, lohnt sich
ein genauerer Blick.
therapie
Spastik
Bei etwa 20 bis 40 Prozent der Patienten führt ein Schlaganfall
nach einiger Zeit zu verkrampften Muskeln und damit zu einer
schmerzhaften Bewegungseinschränkung, die oft dauerhaft bestehen bleibt. Diese Spastik tritt
nach einem Hirninfarkt häufiger
im Arm als im Bein auf. Sie äußert
sich z.B. in einem dauerhaft angewinkelten Ellenbogen oder auch
einer zusammengeballten Faust,
so dass selbst An- und Auskleiden,
Essen und Trinken oder der Toilettengang nur mit fremder Hilfe möglich sind. Neben der Physiotherapie werden spastische Bewegungsstörungen heute je nach
Schweregrad mit verschiedenen
antispastischen Medikamenten
behandelt. Mittel der Wahl bei
starker Beugespastik der Handund den Armmuskeln ist die Botulinumtoxin- oder auch BoNT-Injektionstherapie.
„Das Botulinumtoxin blockiert
die Übertragung vom Nerven auf
den Muskel. Dementsprechend
können Signale nicht übermittelt
werden und es resultiert eine Lähmung.Wir wandeln also eine spastische in eine schlaffe Lähmung
um“,beschreibt Prof.Dr.med.Wolfgang Jost, Leiter der Neurologie an
der Deutschen Klinik für Diagnostik in Wiesbaden, die Wirkung des
Medikaments. Was einige an eine
faltenfreie Stirn denken lässt, löst
bei anderen Unbehagen aus. Botulinumtoxin ist ein in der Medizin
schon vielfach verwendetes Bakteriengift. Doch die Sorgen sind
bei sachgerechter Anwendung unbegründet, weiß der Mediziner:
„Die Behandlung mit dem Nervengift ist in der Hand des erfahrenen
Anwenders gut verträglich. Für die
medizinische Anwendung wird
der Stoff um das Milliardenfache
verdünnt. Bei zu hoher Dosierung
im Rahmen einer Behandlung
könnte schlimmstenfalls eine zu
starke Lähmung der betroffenen
Muskulatur resultieren, aber auf
keinen Fall auf Dauer.“
Individuelle Therapie
Wichtig für den Therapieerfolg ist
es, keine falschen Erwartungen zu
wecken. Nach einer gründlichen
Untersuchung werden in einem
gemeinsamen Gespräch zwischen
Arzt, Patient und betreuenden Angehörigen realistische Therapieziele gesteckt und anschließend
eine ganz individuelle Injektionstherapie vorgenommen. Oberstes
Ziel der Botulinumtoxin-Behandlung ist es, die spastischen Verkrampfungen und ungewollten
Bewegungen sowie begleitenden
Schmerzen zu lindern und somit
die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern.
Gegenwärtig sind für die Behandlung einer Spastik nach einem
Schlaganfall in Deutschland drei
zugelassene Botulinumtoxin-Präparate, die Botulinumtoxin vom
Typ A beinhalten, auf dem Markt.
„Doch Botulinumtoxin-Präparat
ist nicht gleich BotulinumtoxinPräparat“, so Prof. Jost. „So ist eines
von ihnen beispielsweise befreit
von sogenannten Komplexproteinen“.Natürlich vorkommendes Botulinumtoxin besitzt Hüllproteine,
also ein Eiweiß, welches das Toxin
vor äußeren Einflüssen schützt. In
der therapeutischen Anwendung
ist es jedoch nicht notwendig.
Botulinumtoxin
ohne Hüllproteine
Ein möglicher Vorteil. Denn die
Menge an bakteriellem Fremdeiweiß steht im Verdacht, ein Faktor
für die Entwicklung eines sekundären Therapieversagens zu sein.
Durch die Bildung von Antikörpern gegen das wirksame Botulinum Neurotoxin kann die Wirkung der Therapie komplett aufgehoben werden. Ist das der Fall,
so verlieren behandelnde Ärzte
und die Patienten eine wichtige
Therapieoption.
Solveig Schuster
[email protected]
fakten
Was ist Botulinumtoxin?
Botulinumtoxin ist ein natürlich vorkommendes Neurotoxin (Nervengift), das von dem Bakterium Clostridium botulinum gebildet wird. Es ist seit langem als
Verursacher von Nahrungsmittelvergiftungen bekannt. Sehr stark
verdünnt kann dieses Gift als Arzneimittel jedoch sehr wirksam bei
Erkrankungen eingesetzt werden,
die mit einer Spastik (griechisch:
Spasmus – Krampf) einhergehen.
Hierzu zählen insbesondere die
schmerzhaften Muskelkrämpfe an
Armen und Händen nach einem
Schlaganfall.Um diese muskulären
Verspannungen zu lösen, kann eine Therapie mit speziell gereinigtem Botulinumtoxin,ohne bakteri-
elle Komplexproteine hilfreich
sein. Das Arzneimittel wird vom erfahrenen Anwender gezielt in den
betroffenen Muskel gespritzt.Eine
einzelne Injektion kann die Muskeln für drei bis sechs Monate lockern,bevor der Effekt abklingt.Die
Behandlung der Armspastik nach
dem Schlaganfall wird von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.Interessierte können unter www.botulinumtoxin.de Rubrik „Zertifizierte Mitglieder“ nach
Ärzten suchen, die diese Botulinumtoxin-Therapie anbieten.
Weitere Informationen
finden Sie beim Arbeitskreis
Botulinumtoxin e. V.:
www.botulinumtoxin.de
!
8 · oktober 2011
ein unabhäniges Produkt von mediaPlanet
TIPP
3
NEwS
Frage: Was passiert, wenn man einen Schlaganfall erleidet?
Antwort: Patienten werden sofort in das nächst gelegene Krankenhaus mit Stroke Unit gebracht, um die richtige Intensivversorgung sicher zu stellen.
SOFOrT
HAnDELn
SCHNELLE HILFE
RETTET HIRN UND LEBEN
■■Reinhard P. erzählt noch bei der
Tagesschau, dass er das Fernsehbild heute besonders schlecht erkennen könne. Darüber hinaus sei
in den letzten Wochen immer wieder sein linker Arm taub gewesen.
Er geht früh zu Bett, da ihm schon
den ganzen Tag über schwindelig
ist, schiebt dies auf eine beginnende Erkältung. Am nächsten Morgen
wird er von seiner Ehefrau bewußtlos im gemeinsamen Bett vorgefunden. Sie alarmiert den Notarzt,
der Herrn P. sofort in die Notaufnahme der Uniklinik bringt. Verdachtsdiagnose: Schlaganfall.
Jetzt muss alles sehr
schnell gehen
Herr P. erhält bei Ankunft sofort
eine Computertomographie des
Kopfes, sowie eine Röntgen-Dar-
stellung der Gefäße in seinem Kopf.
Hier bestätigt sich die Diagnose.
Denn es zeigt sich der Verschluss
der mittleren rechten Hirnarterie.
Herr P. schwebt in Lebensgefahr
und muss sofort auf die Intensivstation.Aber was sollte dort geschehen,was Herrn P. helfen könnte?
ses geschieht auf der Intensivstation oder ihrer kleinen Schwester,
der Stroke Unit.Denn hier sind Ärzte und Schwestern darauf spezialisiert, eben diese Probleme vorherzusehen und zu behandeln,also Organsysteme ganz oder teilweise zu
ersetzen.
Wenn die Steuerzentrale des
Körpers versagt
nervenverbindungen werden neu geknüpft
Unser Gehirn ist Steuerzentrum
für den gesamten Körper. Fällt es
ganz oder zum Teil aus, können
wir nicht mehr atmen, verlieren
das Bewußtsein oder erleiden einen Kreislaufkollaps. Jeder vom
Schlaganfall betroffene Teil führt
somit zum Ausfall einer wichtigen Körperfunktion. Diese muss
ersetzt, unterstützt oder zumindest überwacht werden. Eben die-
Auch Ergo- und Physiotherapeuten sowie Logopäden zählen zu
den Berufsgruppen, die bereits im
Rahmen der Intensivtherapie an
der Genesung der Schlaganfallpatienten beteiligt sind. Mit ihrer
Hilfe wird so früh wie möglich die
gelähmte Körperhälfte trainiert.
Massagen und Bewegungstherapie
beugen Muskelverkürzungen vor,
Schlucken und Sprechen werden
neu erlernt. Zerstörte Nervenverschaltungen können so durch die
ungeheuere Anpassungsfähigkeit
des Gehirns neu gebildet werden.
Die Weichen werden
früh gestellt
So wird nicht nur durch neue Medikamente oder Operationsmethoden, sondern auch durch eine
konsequente Frühtherapie auf allen Ebenen erreicht, dass Patienten wie Herr P. nun eine gute Chance haben, auch nach dem schweren
Schlaganfall noch ein lebenswertes
Leben gemeinsam mit seiner Frau
zu verbringen.
Dr. oliver oPAtZ
[email protected]
Mit einem Schlag sieht alles anders aus …
anZeige
Durch einen Gesichtsfeldausfall z.B. Hemianopsie fehlt plötzlich die Hälfte der gesehenen Welt.
Eine Einschränkung des Sehens nach Schlaganfall oder anderen Kopfverletzungen
bereitet meist große Probleme im Alltag. Teile des verlorengegangenen
Sehvermögens können aber mit Hilfe der Visuellen RestitutionsTherapie (VRT)
wieder zurück gewonnen werden.
Diese non-invasive, klinisch geprüfte Sehtherapie arbeitet mit
gezielter Lichtstimulation und wird mehrfach täglich für drei bis
sechs Monate zu Hause am eigenen Computer durchgeführt.
Unsere Therapeuten erstellen jedes Programm individuell für die
persönliche Seh-Situation, überprüfen regelmäßig die Ergebnisse
und passen an die jeweiligen Fortschritte an. Durchgehende
Betreuung und Unterstützung während der Therapie sind wichtig
und selbstverständlich.
Eine Verbesserung des Sehens nach VRT äußert sich im Alltag
vielfältig: Der Betroffene kann wieder besser lesen, kann sich
wieder sicher und unabhängig in der Umwelt bewegen, stößt nicht
mehr gegen Hindernisse. Ein Hobby, z.B. eine sportliche oder
handwerkliche Aktivität kann wieder aufgenommen werden. Die
Lebensqualität ist insgesamt gestiegen.
VORHER linksseitiger Gesichtsfeldausfall
(Hemianopsie) vor Aufnahme der Visuellen
RestitutionsTherapie (VRT)
NACHHER vergrößertes Gesichtsfeld nach
einer Behandlung mit der Visuellen
RestitutionsTherapie (VRT)
Die Sehtherapie von NovaVision kann helfen.
Beratung: (03 91) 6 36 00 55
[email protected]  www.sehtherapie-vrt.de
ein unabhängiges Produkt von mediaPlanet
InTErVIEW
erste hilfe
Die Schlaganfall-intensivstation –
Stroke Unit
innovative therapie
mit Hypothermie
Das Herunterkühlen des
menschlichen Körper soll
helfen, den Tod von Gehirnzellen zu verhindern wie er
zum Beispiel beim Herzstillstand, einem schweren
Schädel-Hirn-Trauma oder
beim Schlaganfall passiert;
also immer dann, wenn
das Gehirn oder einer seiner Teile für eine Zeit nicht
mehr mit Sauerstoff oder
nährstoffen versorgt wird.
Herr Prof. Schwab, ärztlicher Direktor der neurologischen universitätsklinik Erlangen, untersucht
mit seinen Mitarbeitern
neue Methoden in der Behandlung des Schlaganfalls durch die so genannte
Hypothermiebehandlung.
Hierbei wird der Körper
nach einem Schlaganfall
von außen durch Kühlelemente oder, wie in der neuen Studie von Prof. Schwab,
durch in den Venen liegende Systeme gekühlt.
■■ Herr Prof. Schwab, Sie beschäftigen sich mit der Behandlung des akuten Schlaganfalls durch ein Absenken der
Hirntemperatur. Was ist der
Effekt der Kühlung? Kann ich
mir das vorstellen, wie bei
Speisen im Kühlschrank, bei
denen die Geschwindigkeit der
Verderbensprozesse reduziert
wird?
Ja, das ist ein ganz guter Vergleich. Direkt nach einem
Schlaganfall, also dem Nervenzelltod im Gehirn durch einen Gefäßverschluss, wird eine so genannte
zytotoxische Kaskade ausgelöst.
Das heisst, die sterbenden Gehirnzellen produzieren Giftstoffe, die
umliegende Nervenzellen ebenfalls
schädigen oder töten können.Diese
Kaskade kann durch die Hypothermiebehandlung unterbrochen oder
abgeschwächt werden.
!
■■ Wie tief und wie lange wird
da gekühlt?
Nach dem Schlaganfall wird
auf minimal 33-34°C Körpertemperatur gekühlt. Das ist tief genug, um die zuvor genannte zytotoxische Kaskade zu bremsen.Auf der
anderen Seite wird der Körper nicht
so kalt, dass gefährliche Herzrhythmusstörungen auftreten. Die Behandlung erfolgt für maximal 24
Stunden. Danach wird der Patient
langsam wieder auf normale Körpertemperatur erwärmt.
!
oktober 2011 · 9
■■ Wie lange nach einem
Schlaganfall ergibt es denn
überhaupt Sinn, zu kühlen?
Eine sehr wichtige Frage, die
Hypothermiebehandlung
sollte spätestens 4-5 Stunden nach
dem Schlaganfall begonnen werden. Eine längere Verzögerung ist
also nicht sinnvoll.
!
■■ Das klingt ja eigentlich sehr
Erfolg versprechend. Aber bekommt der Patient keine Erkältung, wenn er so lange gekühlt
wird. Wo sehen Sie die wichtigsten nebenwirkungen dieser Methode?
In der Tat gibt es Studien, die
eine erhöhte Rate an Lungenentzündungen nach Hypothermie
zeigen konnten. Daneben ist das
Kältezittern ein bedeutendes Problem beim hypothermen wachen
Patienten. Dieses muss mit Medikamenten behandelt werden. Dennoch ist die Hypothermie auch
nach 25 Jahren Medikamentenforschung die einzige nachweislich
erfolgreiche neuroprotektive Therapie, d. h. eine Methode mit der
der Zelltod nach einer Minderdurchblutung verhindert werden
kann.
!
Dr. oliver oPAtZ
[email protected]
Die Versorgungsqualität in
Deutschland wird immer
besser. Immer mehr Kliniken lassen sich mit Stroke
units zertifizieren.
Zur besseren Versorgung werden
Patienten mit einem Schlaganfall in Deutschland zunehmend
auf spezialisierten Schlaganfallstationen behandelt. Die so genannten Stroke Units sind nach
einem gemeinsamen Verfahren
der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft und der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe zertifiziert und müssen bestimmte
Kriterien erfüllen. So muss den
Stroke Units täglich eine neurologische Fachkraft mit Schlaganfallexpertise zur Verfügung stehen und der permanente Zugriff
auf eine computertomographische Diagnostik und intensivmedizinische Versorgung möglich sein.
Die Akutstation besteht zumeist aus vier bis acht Betten,
das Team aus unterschiedlichen
Spezialisten, dem neben Neurologen und Internisten auch
Neuroradiologen und erfahrene
Pflegekräfte angehören. Auf den
Stroke Units werden die Patienten intensiv überwacht, Blutdruck, Puls, Temperatur und Atmung werden kontinuierlich
kontrolliert. Damit steigt die
Überlebenschance, Spätfolgen
können reduziert werden.
Solveig SchuSter
[email protected]
anZeige
Schlaganfall – ein Notfall!
Unsere innovativen Therapien unterstützen seit mehr als 10 Jahren
Intensivmediziner weltweit im Kampf um ein besseres neurologisches
Überleben bei Notfallpatienten.
Fortschritt bedeutet: Regulation des Körperkerns
Das intravaskuläre Temperaturmanagement von ZOLL reguliert die
Körperkerntemperatur von innen heraus und sorgt so für bessere
klinische Effizienz zum Erreichen, zur präzisen Kontrolle und Konstanz
der Zieltemperatur im Vergleich zu externen Methoden.
Durch die Kühlung des Körpers wird der Hirnstoffwechsel herabgesetzt,
die Durchblutung des Gehirns mitreguliert und Fieber vorgebeugt.
Therapeutische Hypothermie – auf uns können Sie zählen!
Informieren auch Sie sich unter www.zoll-tms.de
ZOLL Medical Deutschland GmbH, Emil-Hoffmann-Straße 13, 50996 Köln
10 · oktober 2011
ein unabhäniges Produkt von mediaPlanet
TIPP
4
NEwS
Gemeinsam
gegen die Spätfolgen
nACHSOrGE
ErnST nEHMEn
■■Frage: Wie werden die spätfolgen eines schlaganfalls behandelt?
■■Antwort: die rehabilitation
erfolgt interdisziplinär und umfasst verschiedenste bereiche
von der ergo- bis zur verhaltenstherapie.
Ein Schlaganfall verändert das ganze Leben: Er ist nicht nur im akuten Stadium ein lebensgefährlicher
Notfall, sondern kann auch darüber hinaus verschiedenste geistige
und körperliche Funktionsstörungen nach sich ziehen. Zur Behandlung der einzelnen Symptome erfordert die Schlaganfall-Rehabilitation die Zusammenarbeit eines
interdisziplinären Teams. Dieses
setzt sich, neben ärztlicher Grundversorgung und pflegerischer Betreuung, aus den Bereichen Ergo-,
und Physiotherapie, Logopädie, Sozialpädagogik und Psychotherapie
zusammen.
Spannungen vermindern,
Muskeln stimulieren
Im Bereich motorischer Funktionsstörungen wie Lähmungen oder
Defiziten im Bewegungsablauf
wird meist auf Krankengymnastik und Ergotherapie gesetzt. Ziel
ist es dabei zunächst, die Muskelspannung in den betroffenen Körperteilen zu vermindern. Die angespannten Muskelgruppen werden
gedehnt und gezielte Bewegungen
trainiert.Dazu zählen auch spezielle Formen wie das so genannte „repetitive Training“, bei dem regelmäßig immer wieder die gleichen
Bewegungsabläufe wiederholt
werden. Darüber hinaus wird auch
die Elektrotherapie zur Behandlung von Lähmungen eingesetzt.
Elektrische Impulse, die sonst das
Gehirn an bestimmte Muskelgruppen sendet, werden zusätzlich von
außen verstärkt. Vorraussetzung
hierfür ist jedoch, dass die Muskulatur nicht vollständig gelähmt ist.
Die Worte wieder finden
Störungen in der Kommunikationsfähigkeit unterscheidet man in
Störungen der Sprache und denen
des Sprechens. Bei Sprachstörungen weiß der Patient zwar,was er sa-
gen möchte, ihm fehlen jedoch die
Wörter, er verdreht Satzstrukturen
oder hat Probleme beim Verständnis. Sprechstörungen umfassen
Probleme bei der Aussprache. Mit
der Therapie derartiger Beeinträchtigungen befasst sich ein Logopäde.
Die logopädischen Übungen erstrecken sich über verschiedene Methoden in den Bereichen Reaktivierung
und Reorganisation sprachlicher
Kompetenzen und umfassen alle
Modalitäten der Sprache wie Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben. Eine logopädische Therapie
kann sich über zwei bis drei Jahre
hinziehen. Ebenfalls vorwiegend in
den Bereich der Logopädie fallend
ist die Behandlung von Schluckstörungen. Hier finden einerseits wiederherstellende Verfahren durch
fakten
Spätfolgen im Überblick:
■■ Die in der rehabilitation behandelten Symptome nach einem
Schlaganfall umfassen verschiedenste körperliche und geistige funktionsbereiche.
■■ Typisch ist die so genannte hemiparese, also lähmungserscheinungen in einer körperhälfte. Damit einher gehen weitere Störungen im Bewegungsablauf, Verkrampfungen in
der muskulatur (Spasmen) und probleme beim Schlucken.
■■ Im Bereich der Wahrnehmung
treten oftmals Gefühlsstörungen
oder Beeinträchtigungen des Sichtfeldes und der räumlichen Orientierung auf. ebenfalls charakteristisch
sind Gedächtnis- und konzentrationsstörungen. hinzu kommen Störungen der kommunikation, sowohl
beim Sprechen als auch beim Verstehen.
■■ Ebenfalls einen wichtigen Faktor der zu behandelnden Spätfolgen
eines Schlaganfalls machen
psychische probleme bei der persönlichen Verarbeitung der krankheit aus.
Dehnung oder manuelle Berührungen,andererseits kompensatorische
Maßnahmen wie Veränderungen in
der Körperhaltung oder das Erlernen besonderer Schlucktechniken
ihre Anwendung.
Wahrnehmung schärfen
und Erlebtes verstehen
Die neuropsychologischen Therapieformen behandeln sämtliche
Wahrnehmungsstörungen durch
verschieden strukturierte Übungsaufgaben und einen hohen Alltagsbezug. Zu den Problemfeldern zählen bspw. die Wiederherstellung
der räumlich-visuellen Orientierung oder die Minimierung von Defiziten in der Gesichts- und Objektwahrnehmung. Komplettiert wird
das Therapiespektrum meist durch
eine begleitende Psychotherapie.
Ein akuter Schlaganfall verändert
das Leben des Patienten und seiner Angehörigen grundlegend. In
psychologischen Gruppen-, Verhaltens,- und Gesprächstherapien lernen die Betroffenen nach und nach,
das, was ihnen widerfahren ist, zu
verstehen und dementsprechende
Verarbeitungsstrategien zu entwickeln. Dadurch kann auch eine gute
Perspektive für das erfolgreiche Zusammenwirken aller unterschiedlichen Rehabilitationsbereiche geschaffen werden.
SeBAStiAN SchMiD
[email protected]
Bildgebende Verfahren in der Schlaganfall-Diagnostik
Wird ein Patient mit Verdacht auf Schlaganfall in ein
Krankenhaus eingeliefert,
zählt jede Sekunde. In dieser notfallsituation muss
der Arzt auf bildgebende
Verfahren, Computer- oder
Magnetresonanztomographie (CT, MrT) vertrauen.
Mit diesen kann sicher unterschieden werden, ob ein verschlossenes
Hirngefäß (ischämischer Schlaganfall) oder eine Blutung im Kopf die
Ursache von Symptomen wie Lähmungen oder Sprachstörungen ist.
„Dank fortschreitender technischer
Entwicklungen lässt sich diese Frage
mittels CT oder MRT heutzutage binnen weniger Minuten beantworten“,
erklärt dazu Dr. Ebinger, vom Centrum für Schlaganfallforschung Berlin an der Charité.
Mobile Anwendung
Als Weiterentwicklung der klassischen Röntgenuntersuchung
zählt die CT zu den meistverbreiteten Methoden. Dabei wird ein
Röntgenstrahl durch Gewebe abgeschwächt und es entsteht ein Grau-
Dr. Martin
Ebinger
Zentrum für
Schlaganfallforschung Berlin an
der Charité
stufenbild. Nach Ausschluss einer
Hirnblutung per CT kann bis zu 4.5
Stunden nach Symptombeginn ein
gerinnselauflösendes Medikament
(Thrombolyse) verabreicht werden.
Da die CT-Geräte immer leistungsstärker und gleichzeitig kleiner
werden, ist es mittlerweile möglich, sie in spezielle Notarztwagen
einzubauen. Diesbezüglich läuft
im Saarland seit 2007 ein Projekt.
In Berlin ist seit Februar 2011 das
„Stroke-Einsatz-Mobil“ (STEMO)
unterwegs. Dr. Ebinger fasst das
Ziel des Berliner Projektes zusammen: „Wir wollen beweisen, dass so
die Zeit zwischen Alarm und Therapiebeginn wesentlich verkürzt
werden kann.Das kann für den einzelnen Patienten den Unterschied
zwischen bleibender Behinderung
und vollkommener Genesung ausmachen.“
Permanente
Weiterentwicklung
Im Gegensatz zur CT kann die MRT
nicht nur die Blutung ausschließen, sondern bereits in den ersten Minuten den ischämischen
Schlaganfall zuverlässig nachweisen. Bei der MRT werden mit
Priv.-Doz. Dr.
med. Alexander
Huppertz
facharzt für Diagnostische radiologie Geschäftsführer imaging
Science institute
Charité
Hilfe eines starken Magnetfeldes
Schnittbilder vom Gehirn erstellt.
„In Zusammenarbeit von Industrie und universitärer Forschung
werden die bildgebenden Verfahren ständig weiterentwickelt“, bemerkt Dr. Huppertz vom Imaging
Science Institute an der Charité.
Doch selbst das Potenzial der bereits vorhandenen MRT-Geräte
ist noch nicht ausgeschöpft. Zusammen mit Kollegen der Hamburger Universitätsklinik möch-
ten die Neurologen der Charité
überprüfen, ob nicht auch Patienten, die mit einem Schlaganfall erwacht sind, von einer Thrombolyse profitieren können. Bisher wurde bei solchen „Wake-Up Strokes“
die Therapie nicht verabreicht; bei
ungewissem Zeitpunkt des Symptombeginns wurde ein Überwiegen der Risiken gegenüber dem
Nutzen befürchtet. Mittlerweile
kann aber im MRT der Zeitpunkt
des Beginns relativ zuverlässig bestimmt werden. „Die MRT-Bilder
bei Schlaganfällen, die vor weniger
als 4,5 Stunden aufgetreten sind,
unterscheiden sich von denen, die
länger zurückliegen“, erläutert Dr.
Ebinger und fügt hinzu: „Die von
Dr. Thomalla am Universitätsklinikum Eppendorf konzipierte europäische Wake-Up-Studie soll es
in Zukunft ermöglichen, Patienten zu therapieren, die heute noch
von der Thrombolyse ausgeschlossen werden.“
technische unterstÜZung
telemedizin
in der
SchlaganfallVersorgung
Die optimale Versorgung
bei einem Schlaganfall erhalten Patienten in so genannten Stroke units, also
speziell auf solche notfälle ausgerichtete Abteilungen in Krankenhäusern.
Prof.
Georg rose
lehrstuhl für medizinische telematik
von der Otto-vonGuericke-Universität magdeburg
Die Abdeckung des Bundesgebiets mit solchen Einrichtungen
ist - insbesondere in ländlichen
Gebieten - unzureichend.Um Lücken zu schließen,ist der Bereich
der Telemedizin ein essentieller
Bestandteil. Dabei kann die fehlende neurologische Expertise in
periphere Krankenhäuser mittels Telekommunikation transportiert werden.
Transport von Expertise
„Vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung, in der
Schlaganfälle immer häufiger
vorkommen,wird in Zukunft der
Einsatz von Telemedizin an Bedeutung gewinnen“, erklärt Prof.
Dr. Georg Rose vom Lehrstuhl
für Medizinische Telematik von
der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Er hat sich in einem Forschungsprojekt mit dem
Einsatz von Telemedizin bei der
Schlaganfallbehandlung auseinander gesetzt. Prof. Rose erklärt
zur Relevanz der Thematik: „In
ländlichen Regionen ist die Einhaltung des Vier-Stunden-Zeitfensters, innerhalb dessen eine
Akuttherapie durchgeführt werden kann, ohne den Einsatz von
Telemedizin fast unmöglich.“
Technikplattform und
Abrechnung
Zu den wichtigsten Ergebnissen
des Projekts zählt die Entwicklung einer Telemedizin-Technikplattform mit Hilfe derer der
Schlaganfallexperte über große
Entfernungen die Diagnose stellen und der behandelnde Arzt vor
Ort die Therapie einleiten kann.
Die telemedizinisch unterstützte
Schlaganfallbehandlung wurde
zum 1.1.2011 in den DRG-Katalog
aufgenommen. Kliniken können
daher bei Erfüllung bestimmter
Kriterien und unter Einsatz der
Technikplattform diese Leistungen bei den Krankenkassen abrechnen.
luKAS NiKMANN
SeBAStiAN SchMiD
[email protected]
[email protected]
ein unabhängiges Produkt von mediaPlanet
TIPP
5
NEwS
VOrBOTEn
ErKEnnEn
prävention heute:
iHrE Gesundheit von morgen
Vorbeugen ist besser als
heilen. Für die AssmannStiftung für Prävention ist
Vorsorge ein ganz besonderes Anliegen. Ein Schwerpunkt bildet die Herzinfarktund Schlaganfallprävention.
betroffen. „Es gibt aber auch sehr
viele Menschen, die Vorhofflimmern nicht bemerken, so dass bei
Risikopersonen EKG-Untersuchungen angezeigt sind“, empfiehlt Prof. Dr. med. Gerd Assmann,
Gründer der Assmann-Stiftung für
Prävention.
Die wichtigsten Risikofaktoren
eines Schlaganfalls sind hoher
Blutdruck, Übergewicht, Diabetes und Rauchen. Um das Risiko
für einen Schlaganfall zu senken,
ist somit ein gesunder Lebensstil
von grundlegender Bedeutung.
Gewichtsreduktion bei Übergewicht und Nikotinabstinenz stehen hierbei im Mittelpunkt.
Globalrisiko abschätzen
Prof. Dr. med.
Gerd Assmann
Gründer der
assmann-Stiftung
für prävention
Warnsignale erkennen
Ein großer Anteil aller Schlaganfälle ist auf Vorhofflimmern zurückzuführen, welches sich durch
Herzstolpern, Herzrasen und unregelmäßigen Puls bemerkbar
machen kann. Rund 800.000 Men-
rISIKO ErKEnnEn. nutzen Sie die modernen Möglichkeiten der Schlaganfallvorsorge.
Foto: aSSMaNN-StiFtUNg FÜr PrÄVeNtioN
schen in Deutschland sind von einer vorübergehenden oder dauerhaften Herzrhythmusstörung
Die Risikofaktoren können sich in
ihrer Wirkung potenzieren. Deswegen wird heute dem Globalrisiko für kardiovaskuläre Komplikationen eine wesentlich höhere
Bedeutung als der Existenz einzelner Risikofaktoren zugeordnet.
Schon 1978 wurde dazu am Institut für Arterioskleroseforschung
der Universität Münster von Prof.
Dr. med. Gerd Assmann eine Beobachtungsstudie namens PROCAM (Prospective Cardiovascular
Münster Study) initiiert. Bis Juli 2007 hatten 50.000 Personen im
Alter zwischen 16 und 78 Jahren
an der Untersuchung teilgenommen. Inzwischen sind beachtliche
Erfolge nachweisbar. Auf Grundlage ermittelter Risikofaktoren wurden die PROCAM-Tests entwickelt,
die es ermöglichen, das so genannte Globalrisiko einer Person abzuschätzen, einen Herzinfarkt oder
oktober 2011 · 11
fakten
frÜherkennung
Die AssmannStiftung für
Prävention
Schlaganfall innerhalb der nächsten 10 Jahre zu erleiden. „Diese
Risikobestimmung eröffnet damit Chancen für eine rechtzeitige Prävention, insbesondere bei
Hochrisikopersonen, die oft noch
klinisch beschwerdefrei sind“, so
Prof. Assmann über die Bedeutung
der PROCAM-Tests.
APP zum Arzt
Seit Kurzem gibt es die PROCAMTests jetzt auch als kostenlose App.
Im Rahmen einer Kooperation haben die Assmann-Stiftung für Prävention und die Felix Burda Stiftung die APPzumARZT entwickelt.
Via iPhone oder Android-Smartphone kann der Nutzer mit wenigen Klicks sein persönliches Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko
abschätzen und mit seinem Arzt
besprechen. Außerdem liefert die
APPzumARZT wichtige Informationen zu Präventionsmöglichkeiten, z.B. Darmkrebs-Check, gesetzlich empfohlene Vorsorgemaßnahmen und Impfungen.
foto: fotolia
■■Die Förderung der Forschung
und die Aufklärung der Öffentlichkeit im Bereich der Prävention haben sich die von
Prof. Assmann und seiner Frau
gegründete gemeinnützige
Assmann-Stiftung für Prävention zum Ziel gesetzt. Prävention und Gesundheitsförderung
verbessern Gesundheit, Lebensqualität, Mobilität und Leistungsfähigkeit der Menschen.
Die rechtzeitige Identifizierung
von Risikopersonen und die Entdeckung von Frühstadien einer
Erkrankung, z.B. durch Gesundheitstests, ermöglichen in vielen
Fällen,durch angepasste Lebensweise die Lebenserwartung erheblich zu verlängern.
Solverg SchuSter
[email protected]
Bei Schlaganfall Gendefekt ausschließen
Ein Schlaganfall in jungen
Jahren kann auf eine seltene Erkrankung hindeuten:
Morbus Fabry, eine angeborene Stoffwechselerkrankung mit so unterschiedlichen wie unspezifischen
Symptomen. Aus diesem
Grund kann Morbus Fabry
oft mit anderen Krankheitsbildern verwechselt werden, sollte aber vor allem
wegen der Möglichkeit der
gezielten Therapie frühzeitig diagnostiziert werden.
■■ Warum ist die Diagnose Morbus Fabry so schwierig?
Die Schwierigkeit besteht in
der Verdachtsdiagnose aufgrund der sehr unterschiedlichen
Symptome,die wiederum zu unterschiedlichen Zeiten auftreten, wie
beispielsweise brennende Schmer-
!
Prof. Dr.
Arndt rolfs
Universität rostock, Zentrum für
nervenheilkunde,
albrecht-kosselinstitut für neuroregeneration
zen, punktförmige rötlich-bräunliche Hauterscheinungen an Händen, Bauch und Gesäß, sowie Hornhauttrübungen. Symptome wie die
brennenden Schmerzen können
aber wieder verschwinden, so dass
auch schnell an Rheuma gedacht
wird oder Patienten an einer psychosomatischen Erkrankungn zu
leiden scheinen. Hier wird oftmals
die richtige Diagnose verpasst.
■■ Bei welchen Krankheitsbildern muss auch an Morbus Fabry gedacht werden?
Morbus Fabry ist eine angeborene Stoffwechselerkrankung,
die - verursacht durch einen Enzymmangel - viele Organe betreffen
!
kann, wie das Gehirn, das Herz oder
die Nieren. Deshalb sollte bei einem
Schlaganfall, besonders wenn er in
jungen Jahren auftritt (vor dem 60.
Lebensjahr),bei einer Herzinsuffizienz oder auch nachlassender Nierenfunktion immer auch an Morbus
Fabry gedacht und der Gendefekt
auch ausgeschlossen werden.
■■ Besonders gehäuft treten
bei Patienten mit Morbus Fabry
Schlaganfälle auf. Wie erklärt
sich das?
Als Folge des auftretenden Enzymmangels wird im Körper
das Molekül Gb3 (Globotriaosylceramid) nicht mehr richtig abgebaut. Es kommt zu einer Ansamm-
!
fakten
■■ Morbus Fabry ist eine seltene angeborene und vererbte Stoffwechselstörung.
■■ Bei betroffenen Patienten ist
durch eine mutation auf dem X-Chromosom die aktivität des enzyms alpha-Galaktosidase a stark reduziert.
■■ Als Folge wird das Stoffwechselprodukt Globotriaosylceramid (Gb3)
nicht mehr ausreichend abgebaut
und sammelt sich in den Zellen der
Blutgefäße, herzmuskel- und nervenzellen an.
■■ Im Verlauf der erkrankung werden die Gb3-ansammlungen pathologisch. es kann zu vielfältigen, voranschreitenden Organschädigungen
bis zum Organversagen kommen.
lung vor allem in den Zellen der Gefäßwände, die zu einem Verschluss
und somit einem Schlaganfall führen können. Deshalb ist es auch so
wichtig, dass wir in der Diagnostik
besser werden. Nach der gegenwärtigen Datenlage ist davon auszugehen, dass etwa 8000 Deutsche die
genetische Veranlagung zu Morbus
Fabry haben, derzeit sind aber nur
650 bis 700 Fälle bekannt.
■■ Wie lässt sich die Situation
verbessern und der Verdacht
auf Morbus Fabry bestätigen?
Morbus Fabry sollte bei einem
Schlaganfall,Herz- und Nierenstörungen, insbesondere bei einer
positiven Familienanamnese für diese Erkrankungen, immer mit bedacht werden.Hier ist es wichtig,Ärzte und Patienten noch besser zu informieren und aufzuklären. Die Diagnose des Morbus Fabry ist recht
simpel und lässt sich in vielen Laboratorien in Deutschland durchführen.Dem Patienten müssen lediglich
etwa zwei Milliliter Blut entnommen werden. Dieses wird im Labor
auf die Enzymaktivität oder direkt
auf den Gendefekt, also das mutierte
X-Chromosom,hin untersucht.
!
■■ Welche therapeutischen
Möglichkeiten ergeben sich,
wenn Morbus Fabry identifiziert ist?
Morbus Fabry kann sehr gut
mit einer Enzymersatztherapie behandelt werden. Der Patient
bekommt alle 14 Tage eine entsprechende Infusion. Gegenwärtig sind
dafür zwei Präparate auf dem
Markt, die biochemisch unterschiedlicher Natur sind, aber wohl
gleich wirksam für den Patienten
sein dürften. Das verabreichte Enzym wird dabei durch die Zellen
aufgenommen, die sich ansammelnden Produkte werden verstoffwechselt und ausgeschieden.
Außerdem ist es durch die genetische Diagnostik möglich weitere
von der Krankheit betroffene Familienmitglieder zu identifizieren
und frühzeitig zu behandeln.
!
Solveig SchuSter
[email protected]
12 · oktober 2011
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TIPP
6
iNSpiratioN
MOBIL
BLEIBEn
TrAuEn SIE SICH!
Beweglichkeit ist insbesondere für Menschen mit Handicap sehr wichtig. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Fahrzeuge umzurüsten und Fahrtrainings zu absolvieren. Foto: Fotolia
Mobilität ist Lebensqualität
– autofahren nach dem Schlaganfall
■■Frage: bedeutet ein schlaganfall gleichzeitig, dass man
danach nicht mehr autofahren
kann?
■■Antwort: nein. es ist jedoch
im einzelfall genau zu prüfen, ob
und in welchem umfang ein betroffener weiterhin aktiv am straßenverkehr teilnehmen kann.
Autofahren ist der Inbegriff von
Mobilität und bedeutet damit für
viele Menschen ein wichtiges Element ihrer Lebensqualität. Bei
jährlich über 250.000 Schlaganfallpatienten in Deutschland trifft
dieser plötzlich das ganze Leben
verändernde Umstand dementsprechend auch viele Autofahrer.
Gerade die mit einem Schlaganfall
einhergehenden Beeinträchtigungen wie Bewegungs-, Gleichgewichts- oder Sehstörungen lassen
bei vielen Patienten die Frage aufkommen: „Kann ich wieder Autofahren?“ Eine Pauschalantwort
auf diese Frage gibt es nicht, doch
ein Schlaganfall muss nicht gleich
das Ende als Fahrer eines Pkws bedeuten.
Keine Meldepflicht,
aber Melderecht
Es besteht zwar keine Meldepflicht
eines Schlaganfalls gegenüber der
Führerscheinstelle, dafür aber ein
Melderecht. Die FahrerlaubnisVerordnung besagt, dass jeder Autofahrer für seine Teilnahme am
Straßenverkehr selbst die Verantwortung trägt und die richtige Vorsorge zu treffen hat. Deswegen sollte jeder, der einen Führer-
schein besitzt und einen Schlaganfall mit daraus resultierenden Beeinträchtigungen erleidet,
sich vergewissern, dass er weiterhin geeignet ist, ein Auto zu fahren. Wer sich wissentlich gehandicapt hinters Steuer setzt, kann
sich strafbar machen und gefährdet sich und andere Verkehrsteilnehmer. Daher muss auch der Weg
zurück hinter das Steuer nach einem Schlaganfall sorgfältig geprüft und vorbereitet werden.
Informieren und
Gutachten einholen
In einem ersten Schritt sollten
sich die Patienten umfassend zur
Thematik „Autofahren nach dem
Schlaganfall“ informieren. Dazu
gehört es z.B. zu erfahren, wie sich
bestimmte Beeinträchtigungen
auf die fahrerischen Kompetenzen auswirken. Des Weiteren soll-
„automatikgetriebe
und einstiegshilfen
unterstützen menschen mit einschränkungen im alltag“
te man wissen, wer ggf. ein Fahrzeug behindertengerecht umbauen kann und welche Kostenträger
dafür in Frage kommen. Das können Krankenkassen oder Wohlfahrtsverbände, bei Berufstätigen
auch die Bundesagentur für Arbeit
bzw. die Deutsche Rentenversicherung sein. Danach sollten sich
Betroffene ein ärztliches Fachgutachten einholen. Bei dem Krankheitsbild eines Schlaganfalls erfolgt dies meist durch einen Neurologen, der über eine zusätzliche
verkehrsmedizinische Qualifikation verfügt. Die neuropsycholo-
fakten
Die behindertengerechte Anpassung von
Kraftfahrzeugen umfasst verschiedene Teilbereiche:
■■ Zu den umbauten im Segment
der Fahrzeugsteuerung zählen
bspw. Verlegungen der pedale, modifikationen an Schalt- und Bremshebel und Veränderungen des lenkrads.
Dazu können Justierungen bezüglich
der position, aber auch der einbau einer fußlenkung oder eines Joysticks
zählen.
■■ Außerdem werden häufig Anpassungen bei den Signal- und Sicherheitseinrichtungen des fahrzeugs vorgenommen. Sonst schwer
erreichbare Schalter für Beleuchtung,
Scheibenwischer und Co. können
umgelegt, mit tastschaltern ausgestattet oder durch so genannte
Bedienungssatelliten ergänzt
werden.
■■ Weiterhin einen Großteil der
umbauten umfasst der einstieg
und die Sicherung des körpers. hier
können die fahrzeugfahrer dementsprechend auf spezielle einstellmöglichkeiten der Sitze, hub- oder
Schwenksitze mit erhöhten Seitenkanten, personenlifter, türöffner
oder Schiebetüren zurückgreifen.
gische Testung untersucht die Bereiche Konzentration, Reaktion,
Wahrnehmung, Einsichtsfähigkeit, Wachheit und Raumorientierung. Anhand des Gutachtens
kann die zuständige Behörde beurteilen, ob die Fahrtauglichkeit
weiterhin gegeben ist.
Fahrzeugumrüstung
und Fahrtraining
Sollte dies der Fall sein und aufgrund der Beeinträchtigungen
ein Fahrzeug mit behindertengerechten Umbauten – von der Einstieghilfe über verschiedenste
Fahrerassistenzsysteme bis hin
zur Schaltung am Lenkrad – notwendig werden, gilt es nach Abklärung der Finanzierung den passenden Fahrzeugumrüster zu finden. Meist halten diese Firmen
auch weitere Informationen in
Sachen Kostenträger bereit. Zudem besitzen Umrüster oftmals
Kooperationen mit Fahrschulen,
die auf das Fahrtraining in behindertengerecht umgebauten Fahrzeugen spezialisiert sind. So kann
der Schlaganfall-Patient direkt die
notwendigen Übungsstunden vereinbaren, um die neuen Funktionen und Eigenheiten seines Fahrzeugs kennen zu lernen und sich
so optimal auf den Wiedereinstieg
in den Straßenverkehr vorzubereiten.
gegen dePressionen
raus aus der
isolation
Ein Schlaganfall hinterlässt Spuren: körperlich,
seelisch und psychosozial.
Der Verlust körperlicher und
geistiger Fähigkeiten geht oft
mit Frustration einher. Neben
Panikattacken und Angststörungen, die nach einem Schlaganfall auftreten können, ist eine der schwersten Belastungen
für den Patienten nach einem
Hirn-Infarkt die Depression. Da
Isolation und Einsamkeit, den
Zustand oftmals verschlechtert,
sollten Schlaganfallpatienten
einige Tipps beachten:
■■Suchen Sie Ablenkung und
versuchen Sie sich von negativen Gedanken so weit möglich
zu befreien.
■■In zahlreichen Städten haben
sich Selbsthilfegruppen gegründet, in denen Patienten auf andere Betroffene treffen, die ihre
Sorgen und Nöte verstehen.
■■Sport im Rahmen der Möglichkeiten hält nicht nur fit und
fördert die Beweglichkeit, sondern setzt Dopamin frei.
■■Bleiben Sie in Kontakt mit
Freunden und Familie. Nicht zuletzt können sie in der schwierigen Situation Halt geben.
■■Da Antidepressiva nachweislich bei Menschen mit Schlaganfällen nicht so wirksam sind
und unerwünschte Nebenwirkungen haben können, sollten
sie mit Bedacht eingenommen
werden.
Solveig SchuSter
luKAS NiKMANN
[email protected]
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Oktober 2011 · 13
inspiration
Schlaganfall bei Kindern früh
erkennen und behandeln
■■Unvorstellbar und doch
nicht unmöglich: ein Schlaganfall bei Kindern. In
Deutschland wird er jährlich bei etwa 300 Kindern
diagnostiziert, jeder Dritte
ereignet sich vor oder während der Geburt. Trotz aller
Dramatik sind die Prognosen für die kleinen Patienten recht günstig.
Betroffene Eltern spüren häufig
schon sehr früh, dass ihr Kind „irgendwie anders“ ist. Die Diagnose Schlaganfall trifft sie dann dennoch zumeist wie ein Schock. Oft
liegt eine wahre Odyssee bei verschiedenen Ärzten hinter ihnen.
Weil durch einen Schlaganfall verursachte Schäden am Gehirn oftmals erst Monate oder Jahre später in Erscheinung treten können,
ist die Diagnose so schwierig, die
Dunkelziffer der Schlaganfall-Fälle vermutlich hoch. Plötzliche unerklärliche Sprachstörungen oder
Störungen im Bewegungsablauf
können entsprechende Symptome
sein. Einige wichtige Erkenntnisse über den kindlichen Schlaganfall liefert ein seit 1996 von Ärzten
der Universität Münster erfasstes
kindliches Schlaganfall-Register.
800 Daten von Kindern aus ganz
Europa wurden dort ausgewertet.
Danach sei vor allem eine schicksalhafte Verknüpfung unterschiedlicher Faktoren verantwortlich für
den Schlaganfall,der in rund einem
Drittel der Fälle unter der Geburt
stattfand. Aber auch Ungeborene
im Mutterleib können bereits von
einem Schlaganfall betroffen sein.
Risiko Stressfaktor
Besonders groß sei das Risiko aufgrund des Stressfaktors und der erhöhten Blutgerinnung, auf die der
kindliche Körper unter der Geburt
eingestellt sei. Auch ein vererbtes
Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln, die zur Verstopfung der
Blutgefäße im Gehirn führen können, eine Infektions- oder Herzerkrankung sowie angeborene Gefäßmissbildungen können mögliche Ursachen sein. Dabei sind Jungen, so eine weitere Erkenntnis der
Studie, häufiger betroffen als Mädchen. Kinder, die einen Schlaganfall im fortgeschrittenen Alter erleiden, haben ein deutlich höheres
Risiko für einen zweiten Schlaganfall. Andererseits, so eine weitere Untersuchung der Universi-
tät Bremen, haben Kinder nach einem Schlaganfall rund um die Geburt das Risiko, einen unterdurchschnittlicheren Intelligenzquotienten zu entwickeln als Kinder, die
das Ereignis erst später trifft. Kinder, die einen Schlaganfall erleiden, zeigen häufig körperliche Beschwerden und Verhaltensauffälligkeiten, die jedoch auch erst später zum Tragen kommen können.
So etwa, wenn die Anforderungen
an das Kind steigen, beispielswei-
se durch den Schuleintritt. Für die
meisten betroffenen Kinder sind
die Prognosen und Heilungschancen jedoch sehr gut. Nur bei etwa
10 Prozent bleibt ein größeres Handicap zurück.
Gute
Behandlungsmöglichkeiten
Für die Behandlung des kindlichen
Schlaganfalls gibt es unterschiedliche Rehabilitationsansätze, die in
der Regel darauf setzen, die Plastizität des Gehirns durch Übung zu
trainieren. Krankengymnastik, Logopädie oder Ergotherapie erhöhen die Heilungschancen,daneben
brauchen Kinder aber auch Zeit für
die soziale Entwicklung und unbedingt auch Therapiepausen. Eine Überforderung könne schnell
zu einem Therapie-Overkill führen und die Kinder ermüden lassen, sagen die Experten. Wichtig
für Eltern sind vor allem umfassende Informationen und kompetente Beratung, die nicht immer
leicht zu finden sind. Verschiedene
Organisationen, wie die Deutsche
Schlaganfall-Hilfe, können Ratgeber und Ansprechpartner sein. Sie
organisieren Elternsprechstunden
und bieten in Seminaren und Veranstaltungen die Möglichkeit, sich
mit anderen Eltern, Ärzten und
Fachleuten auszutauschen.
Neue Ansätze
Für die Behandlung des kindlichen Schlaganfalls
gibt es unterschiedliche Rehabilitationsansätze.
Foto: fotolia
Solveig Schuster
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14 · oktober 2011
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Allein in Deutschland erleiden jährlich rund 250.000 Menschen einen Schlaganfall. Kathrin W. war gerade 14 Jahre jung, als sich ihr Leben binnen Sekunden schlagartig
veränderte. Seit diesem Sommer besitzt die 25-Jährige Schlaganfallpatientin mit Fußheberschwäche ein Neuroimplantat und geht wieder selbstständiger durchs Leben.
Langer weg
zurück ins Leben
D
er 29. Januar 2000 begann für mich eigentlich als ein ganz normaler Tag. Ich war gerade
auf dem Weg zum Fußballtraining. Ich hatte
Kopfschmerzen, dachte mir aber nichts dabei. Kopfschmerzen
hat man eben hin und wieder.Doch nach
einer Weile wurde mir plötzlich schlecht,
ich spürte ein merkwürdiges Kribbeln in
meiner linken Körperhälfte.Mein Trainer
merkte sofort, dass mit mir etwas nicht
stimmte und rief den Notarzt. Ich wurde
sofort ins Uniklinikum nach Göttingen
gebracht, wo ich die unglaubliche Diagnose erhielt: Schlaganfall – mit 14. Meine
Halsschlagader war gerissen.
Probleme nach der reha
Für meine Familie und mich begann
nun eine denkbar schwere Zeit. In insgesamt drei Operationen wurden zwei
Drittel meiner rechten Gehirnhälfte entfernt. Dies war notwendig, da das Gewebe durch den Schlaganfall abgestorben
war. Nach der zweiten Operation lag ich
18 Tage lang im Koma. Meine Eltern lebten zu dieser Zeit praktisch im Klinikum. Nach einigen Wochen konnte ich
im März 2000 das Krankenhaus endlich
verlassen. Danach war ich noch über ein
Jahr in der Reha. Dort musste ich vieles von dem, was früher selbstverständlich war,mühsam wieder erlernen. Doch
trotz intensiver Reha,bekam ich vor etwa
einem Jahr plötzlich Probleme beim Ge-
hen. Mein Bein zitterte, ich konnte den
linken Fuß nicht mehr richtig anheben.
Bei jeder Unebenheit hatte ich Angst zu
stolpern. Heute weiß ich, dass Lähmungen oder Empfindungsstörungen sehr
häufig nach einem Schlaganfall als Spätfolgen auftreten.Bei mir war es eine Fußheberschwäche.
”beim 2.
rehaforum am
08.11.2011
in essen
möchte ich
auch anderen menschen persönlich mut
machen.”
Kathrin W.
Patientin
Über neuroimplantat informiert
Nach dem Schlaganfall hatte ich mich bereits intensiv mit verschiedenen Behandlungsmethoden beschäftigt. Ich wussProf. Dr. med.
David Liebetanz
versorgt als Oberarzt
für klinische neurophysiologie in Göttingen seit über vier
Jahren Betroffene
mit dem neuroimplantaten.
te auch schon einiges über die Fußheberschwäche und auch ein Neuroimplantat,
das bei einer solchen Erkrankung zum
Einsatz kommt. „Das Implantat wird unter der Haut eingesetzt. Während der
Schwungphase beim Gehen stimuliert es
die Fußhebermuskeln über den Nerv und
löst damit das kontrollierte Heben des Fußes aus“, erklärte mir Prof. Dr. med. David
Liebetanz, Oberarzt der Abteilung Klinische Neurophysiologie an der Universitätsmedizin Göttingen, zudem ich telefonisch Kontakt aufgenommen hatte. Im
Schuh befindet sich ein Fersenschalter.
Der gibt die Information,wann der Muskel
helfer fÜr Den alltaG
Ist die Akutphase eines Schlaganfalls
überwunden und der Patient kehrt wieder zurück nach Hause,gilt es diese häufig völlig neue Lebenssituation auch im
Alltag zu meistern. Für verschiedenste
Beeinträchtigungen stehen den Betroffenen zahlreiche Hilfsmittel für das tägliche Leben zur Verfügung.
Hilfen für die Motorik
stimuliert werden soll,an die externe Steuereinheit, die das Signal an das Implantat
weiterleitet.Dadurch wird ein sehr natürlicher Bewegungsablauf erreicht.
Wieder selbständig leben
Ich hoffte, dass dieses Implantat meine Situation verbessern kann. Gemeinsam klärten wir zunächst in einem Gespräch, ob es Gründe gibt, die vielleicht
gegen eine Implantation sprechen. Da
wir alle Zweifel ausräumen konnten,
vereinbarten wir einen persönlichen
Termin. In verschiedenen Tests musste nun noch geklärt werden, ob ich tatsächlich für eine Implantation in Frage
komme.Als ich das Ergebnis erfuhr, war
ich sehr erleichtert. Eine Implantation war möglich und ich bereitete mich
auf den Eingriff vor. Im Juli 2011, also vor
wenigen Monaten, fand die OP statt. Ich
war recht aufgeregt, aber auch gespannt
auf das Ergebnis. Während der Operation wurde mir das Implantat unter die
Haut des Oberschenkels gesetzt und die
Manschettenelektrode um den Wadenbeinnerv fixiert.Nach der Wundheilung
wurde das Implantat optimal auf meine Bedürfnisse eingestellt. Seit dem Eingriff hat sich meine Gehfähigkeit sichtbar verbessert. Ich fühle mich sicherer,
weil ich nicht mehr ständig Angst haben muss, zu stolpern und zu fallen und
ich fand schnell in den Lebensalltag zurück. Es war mir immer wichtig, selbstständig zu leben und ich bin stolz, dass
ich das nun wieder kann.
Bei motorischen Einschränkungen
gibt es bspw. Greif- oder Anziehhilfen. Für zahlreiche Gegenstände des
täglichen Gebrauchs gibt es zudem Griffadapter, die das Hantieren erleichtern.
Für einen sicheren Stand im Haushalt
sorgen zudem rutschfeste Unterlagen.
Mobilität steigern
Zum Erhalt der Mobilität können
Betroffene ebenfalls auf eine Vielzahl von Hilfsmitteln zurückgreifen.
Das Spektrum umfasst Gehhilfen (vom
Gehstock bis zum Rollator) Transferund Wendehilfen (vom Treppenlift bis
zur Badewannen-Einstiegshilfe),elektronische Spezialbetten oder spezielle
Kraftfahrzeuganpassungen.
Kommunikation sichern
Bei der Sicherstellung von Information und Kommunikation
helfen Schreib- und Lesehilfen – vom
Blattwender über die Buchauflage bis
hin zur Unterschriftenschablone
oder barrierefreier Textverarbeitungssoftware. Außerdem vereinfachen spezielle Fernbedienungen und
Telefone mit extragroßen Tasten den
Umgang mit elektronischen Geräten.
Für sportliche Betätigung
Auch für Sport und Freizeit stehen
gehandicapten Menschen zahlreiche auf ihre Bedürfnisse hin abgestimmte Hilfsmittel zur Verfügung.Dazu können Schwimmhilfen,Ergometer,
aber auch mit einer Hand bedienbare
Angeln,oder Ausrüstungen und Materialien für das Kunsthandwerk zählen.
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SChlaGanfall-SpÄtfOlGen
GEHIrn
Gedächtnisstörung:
Aufmerksamkeit, Gedächtnis- wie auch visuell-räumliche Leistungen sind nach einem
Schlaganfall oft gemindert. Insbesondere das Erlernen von Neuem fällt Betroffenen schwer.
SPrACHZEnTruM
Sprachstörung:
Sie tritt auf,wenn die linke Hirnhälfte geschädigt ist. Sie kann unterschiedlich stark ausfallen,von einfachen Wortfindungsstörungen bis
zum völligen Verlust der Sprache.
AuGEn
Sehstörung:
Eine Einschränkung des Gesichtsfeldes
schmälert den Blickwinkel. Ist der Teil des Gehirns geschädigt, der für die Augenmuskeln zuständig ist, treten Doppelbilder auf. Aber auch Flimmern und kurzzeitiges Erblinden sind möglich.
GEIST
Depressionen:
Bei Schlaganfallpatienten kommt es häufig zu
Persönlichkeits- und Verhaltensänderungen.
Sie sind antriebslos, unruhig, zum Teil aggressiv.
Auch seelische Probleme können auftreten, bis hin
zur Depression.
GESICHT & GLIEDMASSEn
Lähmungen:
In den meisten Fällen bleibt eine halbseitige
Lähmung von Gesicht,Arm und/oder Bein zurück. Häufig gehen sie mit einer Empfindungsstörung in diesem Bereich einher. Dies führt zu Problemen beim Kauen, Schlucken oder auch beim Gehen.
Flimmern und kurzzeitiges Erblinden sind möglich.
BLASE
inkontinenz:
foto: fotolia
Sie tritt ein,wenn das Hirnareal,von dem
Mastdarm und Harnröhre kontrolliert werden, betroffen ist. Blase und Darm können nicht
mehr kontrolliert entleert werden, oftmals ist das
Tragen von Windeln nötig.
oktober 2011 · 15
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