Schilddrüse Mehr wissen - besser verstehen Der Weg zur sicheren Diagnose und den besten Therapien von Anneli Hainel, Marcel Ermer, Lothar-Andreas Hotze 1. Auflage Enke 2008 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 8304 3427 6 Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG Symptome Die Wirkung der Schilddrüsenhormone Alle unsere Zellen haben einen gewissen »Grundumsatz«, der zur Aufrechterhaltung der normalen Zellfunktion notwendig ist. Das heißt, die Zellen produzieren Energie, die sie wiederum für andere Aufgaben benötigen. Die Zellen innerer Drüsen haben die »Aufgabe«, Hormone zu produzieren, die Herzmuskelzellen müssen sich für den Herzschlag rhythmisch zusammenziehen, und die Nieren scheiden giftige Stoffe aus. Jede Zelle, jedes Organ hat seine eigene Funktion und diese wird durch den Grundumsatz gewährleistet. Wird der Grundumsatz erhöht, dann steigert sich auch die Produktivität der einzelnen Zellen, wird er erniedrigt, dann geht alles etwas langsamer. Die Schilddrüsenhormone steuern unseren Grundumsatz. Und genau hier setzt die Wirkung der Schilddrüsenhormone an: Sie steuern den Grundumsatz. Mehr Schilddrüsenhormone bedeuten dabei einen gesteigerten Grundumsatz, weniger Schilddrüsenhormone dämpfen den Grundumsatz. Mit dem Grundumsatz geht auch der Energieverbrauch der Zellen einher. Je höher der Grundumsatz, desto höher ist auch der Energie- und Sauerstoffverbrauch der Zellen (desto mehr Kalorien brauchen sie, was dann durch eine erhöhte Nahrungsaufnahme gedeckt werden muss – so kommt es, dass Patienten mit einer starken Schilddrüsenüberfunktion häufiger an Gewicht verlieren). Außerdem hat das Schilddrüsenhormon während der Entwicklung vom Fetus bis zum Übergang der Pubertät/Erwachsenenalter einen direkten positiven Einfluss auf das Wachstum und die Entwicklung der Knochen und des Gehirns. Wirkung auf alle Organe Alle Zellen des Körpers und alle Organe werden direkt durch die Schilddrüsenhormone beeinflusst (siehe Abb.). Sowohl unsere Herzfunktion als auch die Muskel- und Nervenfunktionen, das Gehirn und die Knochen bis hin zu Haut und Haaren stehen direkt unter dem stimulierenden Einfluss der Schilddrüse. 22 aus: Hotze, Schilddrüse. Mehr wissen – besser verstehen (ISBN 9783830434276) © 2008 Trias Verlag Wie die Schilddrüse arbeitet [FOUSBMFT /FSWFOTZTUFN 1TZDIF )BBS "VHFO "VHFOMJEFS 왗 Schilddrüsenhormone wirken auf alle Körperzellen und auf alle Organe. MPLBMF#FTDIXFSEFO &OHF,MPHFGIM )BVU )FS[ .VTLFM &OFSHJF TUPGGXFDITFM /JFSFO .BHFO ,OPDIFO ,OPDIFONBSL %BSN 1FSJPEF 'SVDIUCBSLFJU 4DIXBOHFSTDIBGU 'JOHFSOjHFM QFSJQIFSF /FSWFO Am Beispiel Herz: Bei einer Überfunktion leiden die Betroffenen unter einem zu schnellen Herzschlag bis hin zu Herzrasen und auch Rhythmusstörungen, bei einer Unterfunktion 23 aus: Hotze, Schilddrüse. Mehr wissen – besser verstehen (ISBN 9783830434276) © 2008 Trias Verlag 왘 Symptome schlägt das Herz langsamer. Ein weiteres Beispiel sind unsere Reflexe. Bei Unterfunktion sind sie verlangsamt, bei Überfunktion zu schnell. Die Schilddrüsenhormone beeinflussen nämlich die sogenannte neuromuskuläre Übertragung, d. h. die Geschwindigkeit der Übertragung der Signale vom Nerv auf den Muskel. INFO Wirkung der Schilddrüsenhormone auf einen Blick Kohlenhydratstoffwechsel Schilddrüsenhormone beeinflussen den Kohlenhydratstoffwechsel: Kohlenhydrate (wie etwa Glucose) sind die zentralen Energielieferanten für unsere Körperzellen. Unsere Schilddrüsenhormone führen zu einer gesteigerten Kohlenhydrataufnahme aus dem Darm und zu einer stärkeren Nutzung des Energieträgers Glucose. Fettstoffwechsel Schilddrüsenhormone wirken auf unsere Körperfette: Auch Fette dienen als Energielieferanten (gespeicherte Energie) und als Ausgangssubstanzen für viele andere Körperbausteine (z. B. für Hormone) – wichtig also für die Steigerung des Grundumsatzes. Schilddrüsenhormone mobilisieren das Fett aus unseren Fettdepots: Es wird abgebaut und ins Blut abgegeben. Außerdem werden weitere Fette hergestellt. Da auch Cholesterin zu diesen Körperfetten zählt, lässt sich die Schilddrüsenfunktion auch an unseren Cholesterinwerten ablesen: eine Schilddrüsenüberfunktion führt zu niedrigen, eine Unterfunktion zu hohen Cholesterinwerten. Regulation der Knochen- und Muskelmasse Schilddrüsenhormone wirken positiv auf den Aufbau von Knochen- und Muskelmasse. Hiermit lässt sich auch ihre Bedeutung für das menschliche Wachstum erklären: Liegt eine Unterfunktion vor, kommt es zu Minderwuchs. Bei Überfunktion kommt es zu einem zu schnellen Wachstum mit einer vorzeitigen Beendigung der Knochenentwicklung. Eine Überfunktion bei Erwachsenen kann zu einem Abbau der Knochenmasse und so zu einer erhöhten Anfälligkeit des Knochens für Brüche führen (Osteoporose). Regulation der Nervenfunktion Schilddrüsenhormone beeinflussen unsere Nervenfunktion. Sie sind für die Reifung des Gehirns und der Nerven im Kindesalter unbedingt erforderlich. Bei Schilddrüsenunterfunktion kann es deshalb in frühen Jahren zum Zurückbleiben der geistigen Entwicklung kommen. Im Erwachsenenalter führt ein Mangel an Schilddrüsenhormonen zu einer verlangsamten und gehemmten Nervenfunktion. 24 aus: Hotze, Schilddrüse. Mehr wissen – besser verstehen (ISBN 9783830434276) © 2008 Trias Verlag Wie die Schilddrüse arbeitet Wie wird die Schilddrüsenfunktion gesteuert? Die Schilddrüse unterliegt einer übergeordneten Steuerung durch unser Gehirn. Dabei wird die Hormonmenge immer den jeweiligen Bedingungen angepasst. Würde die Steuerung der Schilddrüsenfunktion ausfallen, dann könnte die Schilddrüse nur noch etwa 60 Prozent des normalen Bedarfs an T3 und T4 produzieren. Regulation von oben 4DIJMEESTFO [FMMF 54) 54)3F[FQUPS 54) ) 54 Die Regulationssysteme in unserem Körper sind hierarchisch funktionierende Organisationsstrukturen, bei denen verschiedene Gehirnbezirke die »Oberaufsicht« haben. Als übergeordnetes Zentrum bei der Steuerung der Schilddrüsenfunktion gilt der sogenannte Hypothalamus, der im Zwischenhirn liegt. Er produziert bei Bedarf das TRH, das Thyreotropin-Releasing-Hormon . Wie der Name schon sagt – denn releasing heißt Freisetzung – gibt das TRH den Befehl zur Freiset55 zung einer weiteren Substanz, des Thyreotropins. Dazu bindet TRH an Rezeptoren der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), die daraufhin das Schilddrüsensteuerhormon Thyreotropin (auch Thyreoidea stimulierendes Hormon – TSH) in die Blutbahn entlässt. Dieses gelangt über das Blut zu dem ausführenden Organ: zur Schilddrüse. Dort wird die Bildung und Freisetzung der Schilddrüsenhormone T3 und T4 angeregt. 왔 Bindung des TSH an den Schilddrüsenrezeptor. Durch diese Verbindung wird die Schilddrüsenzelle zur Produktion und Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen angeregt. 25 aus: Hotze, Schilddrüse. Mehr wissen – besser verstehen (ISBN 9783830434276) © 2008 Trias Verlag 왘