Tot oder Lebendig – Studien zum programmierten

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Tot oder Lebendig – Studien zum
programmierten Zelltod in C. elegans
Nicole Wittenburg und Barbara Conradt
Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Martinsried
Abb. 1: Darstellung der vier aufeinanderfolgenden Schritte des programmierten Zelltodprozesses und
der an den einzelnen Schritten beteiligten C. elegans Gene.
Während der Entwicklung, wie auch in
adulten Tieren, fallen in multizellulären
Organismen eine große Anzahl von „unerwünschten“ Zellen an. Unerwünschte
Zellen sind Zellen, die entweder in zu
großer Menge gebildet wurden, die ihre
Funktion erfüllt haben oder die beschädigt
und somit für den Organismus gefährlich
sind. Unerwünschte Zellen werden in multizellulären Tieren durch den physiologischen und konservierten Prozess des
programmierten Zelltods, auch Apoptose
genannt, eliminiert. Wird die Regulation
oder Durchführung des programmierten
Zelltods im Menschen gestört, so kann dies
Krankheiten zur Folge haben, wie z.B.
neurodegenerative Krankheiten, Krebs
oder Autoimmunkrankheiten. Dass Zellen
gezielt eliminiert werden, wurde schon im
19. Jh. beobachtet. Der Bedeutung dieses
Prozesses für die Entwicklung und die
Aufrechterhaltung des zellulären Gleichgewichts wurde man sich allerdings erst
Mitte des 20. Jh. bewusst. Und erst in den
letzten 20 Jahren hat man begonnen, die
molekularen Mechanismen dieses wichtigen Prozesses aufzudecken[1]. Von großer
Bedeutung waren dabei Studien an dem
Nematoden Caenorhabditis elegans.
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Der Prozess des programmierten Zelltods
kann in vier aufeinanderfolgende Schritte
aufgeteilt werden: die Zelltodspezifizierung,
die Zelltodexekution, die Phagocytose und
die Degradation der toten Zelle. Während
der Zelltodspezifizierung wird bestimmt,
welche Zellen überleben und welche sterben; während der Zelltodexekution findet
dann das eigentliche Töten der Zellen, die
sterben sollen, statt. Während der Phagocytose werden die absterbenden Zellen
durch andere Zellen phagocytiert und letztendlich von ihnen verdaut (Abbildung 1).
Ein Organismus, der bei der Identifizierung von am Zelltod beteiligter Moleküle eine bedeutende Rolle gespielt hat – und immer noch spielt – ist C. elegans. Aufgrund seines im wesentlichen konstanten Zellstammbaums, seines kompakten, seit 1998
sequenzierten Genoms und seiner pflegeleichten Aufzucht, hat sich dieser 1mm große
Fadenwurm als wichtiger genetischer Modelorganismus für die Analyse verschiedenster biologischer Prozesse etabliert[2]. Die
Tatsache, dass programmierter Zelltod für
das Überleben von C. elegans zumindest unter Laborbedingungen nicht lebensnotwendig ist, dass man sterbende Zellen im lebenden Tier mit Hilfe von Nomarski Optik
beobachten kann, und dass man während der
Entwicklung genau weiß, welche Zellen
sterben werden, machen C. elegans für genetische Studien des programmierten Zelltods
besonders geeignet. Das ermöglichte die
Identifizierung von Genen, die für die
Durchführung der verschiedenen Schritte
des programmierten Zelltods notwendig sind
(Abbildung 1).
Programmierter Zelltod in C. elegans
Programmierter Zelltod kommt in C. elegans
während der Entwicklung in somatischen
Geweben und im adulten Tier in der weiblichen Keimbahn vor[3, 4]. Der programmierte Tod von somatischen Zellen während der
Entwicklung ist durch den weitgehend invarianten Zellstammbaum bestimmt: von
den 1090 somatischen Zellen, die während
der Entwicklung eines Hermaphroditen gebildet werden, werden genau 131 wieder
durch programmierten Zelltod eliminiert. In
adulten Hermaphroditen werden ungefähr
50% der in der Gonade gebildeten Keimzellen durch programmierten Zelltod eliminiert (physiologischer Keimzelltod). Die
sterbenden Keimzellen dienen wahrscheinlich mit ihrem Cytoplasma als Nahrung für
überlebende, sich differenzierende Oocyten.
Die Beschädigung der DNS durch genotoxische Reagenzien oder verschiedene
Formen von Stress, wie z.B. bakterielle
Infektionen, können den programmierten
Zelltod von zusätzlichen Keimzellen induzieren (nicht-physiologischer Keimzelltod)[5, 6].
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Abb: 2: Der genetische Zelltodexekutionsweg in C. elegans mit seinen konservierten Komponenten. Die aus ced-9, ced-4 und ced-3 bestehende zentrale
Exekutionsmaschinerie wird in der weiblichen Keimbahn und im Soma von C. elegans auf verschiedene Weisen aktiviert.
Die zentrale Zelltodexekutionsmaschinerie
ist konserviert
Die genetischen Untersuchungen in C. elegans führten zur Identifizierung von drei Genen, ced-3, ced-4 und ced-9 (ced, „cell death
abnormal“), die, wenn mutiert, den programmierten Zelltod während der Entwicklung in somatischen Geweben, wie auch in
der Keimbahn von adulten Hermaphroditen,
generell blockieren können, und die somit
in diesem Organismus Komponenten der
zentralen Zelltodexekutionsmaschinerie
darstellen (3). Im Fall von ced-3 und ced-4
sind es Mutationen, die zum Funktionsverlust des Gens führen, welche den programmierten Zelltod blockieren. ced-3 und ced-4
kodieren somit für Zelltodaktivatoren, die
für programmierten Zelltod notwendig sind.
Im Fall von ced-9 blockiert eine Mutation,
die zur Überaktivität des Gens führt, den
programmierten Zelltod. Dies bedeutet, dass
ced-9 für einen Zelltodinhibitor kodiert. Mutationen, die das ced-9 Gen inaktivieren,
führen zum gegensätzlichen Phänotyp und
zwar zu ektopischem programmierten Zelltod. Dieser ektopische Zelltod ist von funktionalen ced-3 und ced-4 Genen abhängig, was
darauf hindeutet, dass diese beiden Gene
nach ced-9 während der Zelltodexekution
wirken (Abbildung 2). Die Überexpression
der Zelltodaktivatorgene ced-3 und ced-4
kann ebenfalls zu ektopischem Zelltod
führen. Während dies im Fall von ced-3 unabhängig von einem funktionalen ced-4 Gen
ist, hängt es im Fall von ced-4 von ced-3 ab,
was daraus schließen lässt, dass ced-3 im Zelltodexekutionsschritt nach ced-4 wirkt (Abbildung 2).
Die Klonierung und molekulare Charakterisierung von ced-9, ced-4, und ced-3 bestätigte, dass die molekularen Mechanismen
der programmierten Zelltodexekution von
C. elegans bis zum Menschen konserviert sind
(2). ced-9 kodiert für ein strukturelles und
funktionales Homolog des menschlichen
Proto-Onkoproteins und Zelltodinhibitors
Bcl-2. ced-3 kodiert für eine Cysteinprotease und ist der Prototyp der Familie der Zelltodproteasen genannt Caspasen. ced-4 kodiert für ein Homolog des menschlichen
Adaptorproteins und Caspaseaktivators
Apaf-1. Die Aktivierung von Pro-Caspasen
durch Apaf-1-ähnliche Proteine ist ein wichtiges Ereignis während der Zelltodexekution
und stellt oft den „point of no return“ dar.
Während der frühen embryonalen Entwicklung von C. elegans, der Phase während
der die meisten der 131 somatischen Zelltodereignisse stattfinden, scheinen die drei
Komponenten der zentralen Zelltodexekutionsmaschinerie, die Proteine CED-9,
CED-4, und pro-CED-3, in den meisten,
wenn nicht sogar allen Zellen vorhanden zu
sein. Die meisten Zellen haben somit das
Potential, durch programmierten Zelltod zu
Abb 3: Model für die Aktivierung der zentralen Zelltodexekutionsmaschinerie. Durch die Bindung von EGL-1 an CED-9, transloziert CED-4 an die
perinuklearen Membranen und kann dann proCED-3 in aktives CED-3 überführen.
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Abb. 4: In den sexuell dimorphen HSNs wird die egl-1 Transkription direkt durch den Zelltyp-spezifischen Regulator TRA-1 reguliert.
sterben. Das Zelltodinhibitorprotein CED-9
befindet sich an Mitochondrien und bildet
einen Komplex mit dem CED-4 Protein (Abbildung 3). Die Interaktion zwischen CED-9
und CED-4 blockiert die Fähigkeit von
CED-4, pro-CED-3 zu aktivieren und den
Zelltod auszulösen. Zellen überleben demnach so lange die Interaktion zwischen
CED-9 und CED-4 aufrechterhalten wird[7].
Initiierung der Zelltodexekution:
egl-1 – der zentrale Regulator im Soma
Wie die Interaktion zwischen CED-9 und
CED-4 aufgehoben und somit die Exekution einer Zelle besiegelt wird, konnte durch
die Charakterisierung eines weiteren Zelltodaktivators aufgeklärt werden. Mutationen, die zum Funktionsverlust des Gens
egl-1 führen (egl, „egg laying defective“),
blockieren programmierten Zelltod in somatischen Geweben. Der durch das Fehlen
eines funktionalen ced-9 Gens ausgelöste ektopische Zelltod ist allerdings nicht von egl-1
abhängig, was bedeutet, dass das egl-1 Gen
während der Zelltodexekution vor ced-9
wirkt (Abbildung 2). egl-1 kodiert ein Protein,
welches zu einer Unterfamilie der Bcl-2-ähnlichen Zelltodregulatoren gehört, und zwar
den „BH3-only“ Zelltodaktivatoren. „BH3only“ Proteine fungieren als wichtige Auslöser der Zelltodexekution, indem sie mit
Bcl-2-ähnlichen Zelltodinhibitoren interagieren und diese negativ regulieren. Dementsprechend bindet das EGL-1 Protein von
C. elegans an den Zelltodinhibitor CED-9,
was dazu führt, dass die Interaktion zwischen
CED-9 und CED-4 aufgehoben wird,
CED-4 von Mitochondrien zu peri-nuklearen Membranen relokalisiert und den
CED-3-abhängigen Zelltod induziert (Abbildung 3)[7].
Im Gegensatz zu Mutationen in ced-9,
ced-4 und ced-3, die alle Formen von programmiertem Zelltod in C. elegans blockieren, blockieren Mutationen, die zum Funktionsverlust von egl-1 führen, den programmierten Zelltod in somatischen Geweben
während der Entwicklung, nicht aber den
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physiologischen Keimzelltod in der Gonade
von Hermaphroditen (4, 8). Nicht-physiologischer Keimzelltod wird durch egl-1 Mutationen zu einem bestimmten Grad beeinträchtigt, was darauf hindeutet, dass es neben egl-1 einen weiteren Faktor gibt, der bei
der Initiierung der Zelltodexekution nach
Induktionen eine Rolle spielt (Abbildung 2)
(5, 6). Es existieren somit in C. elegans mindestens drei Wege, auf denen die zentrale
Exekutionsmaschinerie aktiviert werden
kann. Die Faktoren, die neben egl-1 dafür in
der Keimbahn notwendig sind, sind momentan noch nicht bekannt.
Zelltyp-spezifische Regulation von egl-1
Die Aktivität von EGL-1 Homologen in
Säugetieren wird durch verschiedene Mechanismen reguliert wie z.B. transkriptionale Regulation, Phosphorylierung, Proteolyse oder Sequestrierung. Ein Mechanismus,
der bei der Regulation der Aktivität von
EGL-1 eine Rolle zu spielen scheint, ist die
transkriptionale Regulation. So konnte gezeigt werden, dass in den Hermaphroditenspezifischen Neuronen (HSNs), zwei serotonergen Neuronen, die in beiden Geschlechtern (Hermaphroditen und Männ-
chen) gebildet werden, in Männchen allerdings durch programmierten Zelltod wieder
eliminiert werden, das egl-1 Gen nur in
Männchen transkriptional aktiv ist[9]. In Hermaphroditen wird die Transkription des egl-1
Gens durch das Zink-Finger DNS-Bindeprotein TRA-1 (tra, „transformer“) reprimiert (Abbildung 4). TRA-1, das zur Familie
der Gli Transkriptionsfaktoren gehört, fungiert in C. elegans als terminaler Regulator des
Geschlechts in somatischen Geweben. In
Zellen, die durch programmierten Zelltod
sexuellen Dimorphismus aufweisen, wird
die zentrale Exekutionsmaschinerie somit
durch egl-1 direkt von der Regulationskette
kontrolliert, die das Geschlecht von somatischen Geweben determiniert.
Mutationen im tra-1 Gen interferieren nur
mit sexuell dimorphen Zelltodereignissen,
wie dem programmiertem Zelltod der
HSNs. Dies deutet darauf hin, dass der
Schritt der Zelltodspezifizierung in somatischen Geweben während der Entwicklung
von Zelltyp-spezifischen Faktoren bestimmt
wird. Kandidaten für weitere Zelltyp-spezifische Regulatoren der zentralen Exekutionsmaschinerie und der egl-1 Transkription
im speziellen, sind die Gene ces-1 und ces-2
(ces, „cell death selection abnormal“). Mu-
Abb. 5: Die Zelltodspezifikation in den NSM Schwesterzellen von C. elegans kann als Model für aktue
B-Zell Lymphomen dienen.
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tationen, die zum Funktionsverlust von ces-2
oder der Überaktivierung des ces-1 Gens
führen, blockieren den Zelltod einiger weniger Zellen, den NSM Schwesterzellen,
zwei Zellen neuronaler Abstammung, die
normalerweise durch programmierten Zelltod eliminiert werden[10, 11]. Der Phänotyp
von ces-2 Mutationen hängt von einem funktionalen ces-1 Gen ab, was bedeutet, dass
ces-1 nach ces-2 wirkt. Mutationen in beiden
Genen sind von einem funktionalen egl-1
Gen abhängig, was weiterhin darauf hindeutet, dass sie vor egl-1 fungieren (Abbildung
5). Beide Gene kodieren DNS-Bindeproteine und somit potentielle Transkriptionsfaktoren. ces-2 kodiert ein b-ZIP und ces-1 ein
Zink-Finger DNS-Bindeprotein. Ob CES-1
oder CES-2 wie TRA-1 direkte Regulatoren
der egl-1 Transkription sind, ist allerdings
noch nicht bekannt. Dass nicht nur die zentrale Zelltodexekutionsmaschinerie und
einer ihrer wichtigen Aktivatoren, egl-1, von
C. elegans bis zum Menschen konserviert ist,
wurde durch Arbeiten am menschlichen
Homolog von ces-2 demonstriert. Das
menschliche Homolog von ces-2 ist das Proto-Onkogen HLF (HLF, „hepatic leukemia
factor“), welches häufig die Ursache von
akuten B-Zellen Lymphomen darstellt[12].
Die onkogene Form des HLF Proteins, das
E2A-HLF Fusionsprotein, wirkt nicht wie
HLF als transkriptionaler Repressor, sondern als konstitutiv aktiver transkriptionaler
Aktivator. Die Expression dieses E2A-HLF
Fusionsproteins in B Zellen blockiert den
programmierten Zelltod von B Zellen, die
normalerweise sterben sollten, und ermöglicht damit deren Transformation zu Tumorzellen. Aufgrund der Homologie zu
CES-2 wurde postuliert, dass das E2A-HLF
Fusionsprotein Zelltod blockiert, indem es
die transkriptionale Aktivierung eines CES1-ähnlichen Zelltodinhibitors induziert (Abbildung 5). Die Suche nach Zielgenen von
E2A-HLF resultierte tatsächlich in der Identifizierung des SLUG Gens, welches ein Homolog des C. elegans Transkriptionsfaktors
CES-1 kodiert[13].
Phagocytose sterbender Zellen
Die rasche Beseitigung von sterbenden oder
toten Zellen und deren Phagocytose durch
Nachbarzellen oder phagocytotischen Zellen ist ein wichtiger Aspekt des programmierten Zelltods[14]. Der Prozess umfasst
spezifische Interaktionen zwischen zwei
Zellen, der sterbenden Zelle und der phagocytierenden Zelle, und kann in folgende
Schritte unterteilt werden: die Bildung eines „Fress mich“ Signals auf der Zelloberfläche der sterbenden Zelle, die Erkennung
dieses Signals durch die phagocytierende
Zelle und dessen Weiterleitung zur zel-
Abb. 6: Darstellung der an der Phagocytose
beteiligten Moleküle zur Ausbildung und
Transduktion des „Fress mich“ Signals.
lulären Maschinerie der phagocytierenden
Zelle. Zwei partiell redundante Genkaskaden, definiert durch die Gene ced-1, ced-6
und ced-7 einerseits und ced-2, ced-5, ced-10
und ced-12 andererseits, sind in C. elegans für
die Phagocytose sterbender oder toter Zellen notwendig (Abbildung 1)[15, 16]. Mutationen, die die Funktion einer Kaskade inaktivieren, blockieren den Prozess der Phagocytose nur im geringen Maße. Nur wenn
beide Kaskaden inaktiviert sind, wird die
Phagocytose der meisten sterbenden Zellen
blockiert.
ced-1, ced-6 und ced-7, wie auch ihre
menschlichen Homologe, spielen bei der
Bildung des „Fress mich“ Signals in der
sterbenden Zelle und bei der Erkennung
des Signals in der phagocytierenden Zelle
eine wichtige Rolle. ced-1 kodiert für einen
„Scavenger“ Rezeptor, der auf der Plasmamembran der phagocytierenden Zelle exprimiert wird. ced-6 kodiert für ein Adaptorprotein, das in der phagocytierenden Zelle
agiert. ced-7 kodiert für einen ABC-Transporter, der während der Phagocytose in beiden Zellen, der sterbenden wie auch der
phagocytierenden, notwendig ist (Abbildung
6). ced-2, ced-5, ced-10 und ced-12 sind an der
Weiterleitung des „Fress mich“ Signals zur
zellulären Maschinerie der phagocytierenden Zelle beteiligt (Abbildung 6). Alle vier
Gene fungieren in der phagocytierenden
Zelle und kodieren Komponenten einer
konservierten Rac GTPase Signaltransduktionskette. Sie sind somit an der Regulation
des Aktincytoskeletts und der Kontrolle von
Zellformveränderungen beteiligt, die für die
Phagocytose der sterbenden Zelle notwendig sind. ced-2 kodiert für ein Adaptorprotein,
welches dem menschlichen CrkII Protein
ähnelt. ced-5 kodiert für ein Mitglied der
Dock180 Familie von Proteinen. ced-12 kodiert ebenfalls für ein konserviertes Adaptorprotein, ein ELMO-ähnliches Protein,
und ced-10 kodiert für ein Rac-ähnliches Protein, das zur Familie der Rho/Rac/CDC42ähnlichen GTPasen gehört. Die Überexpression von ced-10 supprimiert den Phagocytosedefekt von Tieren mit Mutationen
in ced-2, ced-5 oder ced-12, was bedeutet, dass
diese drei Gene durch ced-10 und sein Genprodukt wirken. Das CED-2 Adaptorprotein
interagiert mit CED-5, welches wiederum
mit CED-12 interagiert. Es wurde postuliert,
dass dieser aus CED-2, CED-5 und CED12 bestehende tertiäre Komplex nach der
Aktivierung eines Rezeptors durch das
„Fress mich“ Signal an die Plasmamembran
der phagocytierenden Zelle rekrutiert wird
und die Aktivierung der membranständigen,
inaktiven CED-10 GTPase bewirkt. Aktives
CED-10 induziert daraufhin Veränderungen
im Aktincytoskelett, die für den Phagocytoseprozess und die Vereinleibung der sterbenden Zelle notwendig sind. Die Identität
des „Fress mich“ Signals und dessen Rezeptors, sowie die Identität der Substrate von
CED-10 sind bislang noch nicht bekannt.
Studien in Säugetierzellen haben gezeigt,
dass der Schritt der Phagocytose ebenfalls
konserviert ist. Homologe der C. elegans Proteine CED-2, CED-5, CED-12 und CED10 sind auch in höheren Organismen an der
Phagocytose von sterbenden Zellen beteiligt.
Degradation von toten Zellen
Die Fragmentierung des Chromatins der
sterbenden Zelle zu einer typischen chromosomalen DNS Leiter ist ein Teil des Degradationsschritts und ein Charakteristikum
des programmierten Zelltods. Mindestens
zwei Nukleasen scheinen in C. elegans bei
diesem Prozess eine Rolle zu spielen: NUC1 (nuc, „abnormal nuclease“), ein Homolog
der DNase II von Säugern[17] und CPS-6
(cps, „CED-3 caspase suppressor“), ein Homolog der Endonuclease EndoG in Säugern[18]. Mutationen im nuc-1 oder cps-6 Gen
interferieren mit der Fragmentierung des
Chromatins. NUC-1 ist auch an der Fragmentierung von bakterieller DNS im Darm
von C. elegans beteiligt. CPS-6 dagegen
scheint speziell während der Degradation
der chromosomalen DNS in sterbenden Zellen eine Rolle zu spielen.
Offene Fragen
Obwohl wir durch die Studien in C. elegans
bereits viel über die einzelnen Schritte des
programmierten Zelltods gelernt haben,
bleiben noch eine Reihe von Fragen unbeantwortet.
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Wie bereits erwähnt, ist die Identität der
Signale, die an der Zelltodspezifizierung in
der weiblichen Keimbahn von C. elegans beteiligt sind, noch unbekannt. Des weiteren
ist unklar, wie die Phagocytosemaschinerie
aktiviert wird, d.h. wie die Aktivierung von
CED-3 zur Bildung des „Fress mich“ Signals führt. Unbeantwortet ist auch die Frage, wie die Nukleasen in den sterbenden
Zellen aktiviert werden.
Einige vor kurzem gemachte Beobachtungen deuten außerdem darauf hin, dass
der Schritt von Zelltodexekution und Phagocytose von sterbenden Zellen kein linearer Prozess ist. In Tieren, die homozygot für
Mutationen sind, die zu einem partiellen
Verlust von ced-3 oder ced-4 führen, ist der
Zelltod einiger weniger Zellen blockiert.
Tragen die Tiere allerdings zusätzlich eine
Mutation, die die Phagocytose blockiert,
überleben weit mehr Zellen als in den Einzelmutanten[19, 20]. Dies deutet darauf hin,
dass die an der Phagocytose beteiligten Gene ebenfalls an der terminalen Zelltodexekution beteiligt sind. Die Experimente zeigten auch, dass es einen „halbtoten“ Zustand
gibt, d.h. dass Zellen, die bereits die Charakteristika von sterbenden Zellen aufwiesen, sich von diesem Zustand erholen konnten und wieder funktional waren.
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Nicole Wittenburg
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1997 Diplomarbeit bei
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Max-Planck Institut für
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Martinsried
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Barbara Conradt
Jahrgang 1965, Studium der Agrar- und Molekularbiologie an der
Universität Hohenheim
und der University of
Massachusetts,
Amherst, USA, 1994
Promotion bei Prof. W.T.
Wickner an der University of California, Los
Angeles, USA,
1994–1999 Postdoktorandin bei Prof. H.R.
Horvitz am Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, USA,
seitdem Leiterin einer
selbständigen Nachwuchsgruppe am MaxPlanck Institut für Neurobiologie in Martinsried
Korrespondenzadresse:
Dr. Barbara Conradt
Max-Planck Institut für Neurobiologie
Am Klopferspitz 18a
82152 Martinsried
Tel.: 089-8578-3625
Fax: 089-8578-2411
e-mail: [email protected]
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