Ausgewählte Probleme der Quantentheorie Heisenbergs Unschärferelation in der Hochenergiephysik Christopher Hilweg 15.06.2010 Universität Fakultät für Physik 1 Inhaltsverzeichnis 1 Heisenbergs Unschärferelation in der Hochenergiephysik 1.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Neutrale Kaonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Welche Observable sind prinzipiell überhaupt messbar? . . 1.4 Die Dynamik neutraler Kaonen . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Effektive Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Welche Observable sind einem Zerfallssystem zugänglich? . 1.7 CP-Verletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.8 Die Entropie-Unschärfe-Relation . . . . . . . . . . . . . . . 1.9 Messergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.10 Quellenangabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 3 5 6 9 9 10 12 13 17 1 1.1 Heisenbergs Unschärferelation in der Hochenergiephysik Einleitung In dieser Zusammenfassung betrachten wir Systeme in der Hochenergiepyhsik, genauer gesagt oszillierende Meson-Antimeson Systeme. Um diese Systeme untersuchen zu können, muss ein effektiver Formalismus entwickelt werden, was uns schlussendlich zu Operatoren im Heisenbergbild führen wird. Im Heisenbergbild wird die Wellenfunktion |ψi als zeitunabhängig angesehen, die Operatoren und damit die Observablen aber als zeitabhängig. Dieser Formalismus erlaubt es uns damit auch, Vergleiche mit Systemen anzustellen, in denen nichts zerfällt bzw. in denen es keine Zeitentwicklung gibt. Weiters wird speziell auf die Heisenbergsche Unschärferelation, genauer gesagt, ihrer Formulierung über die Entropie, eingegangen werden. Diese Unschärferelation stellt eine untere Schranke zur Verfügung (welche nicht vom speziell gewählten Zustand abhängt), die zwei Messungen von beliebigen Messgrößen (interessant sind komplementäre Messgrößen) miteinander verbindet. In unserem Fall geht es um Systeme neutraler Kaonen, wobei die Messungen zu verschiedenen Zeiten durchgeführt und miteinander in Beziehung gesetzt werden. 1.2 Neutrale Kaonen Zu beginnt stellt sich natürlich die Frage, was Kaonen genau sind. Kaonen gehören zur Gruppe der Hadronen, da sie der starken Wechselwirkung unterliegen und sind die leichtesten Mesonen mit Starngeness (d.h. genau einem Strang- oder Antistrange-Quark). Grundsätzlich unterscheidet man zwischen vier unterschiedlichen Kaonen, wir betrachten hier aber nur das neutrale Kaon und das neutrale Antikaon: K 0 (ds) (1) K 0 (ds) (2) Wie sich experimentell herausstellt, können die beiden Zustände K 0 (Teilchenzustand) und K 0 (Antiteilchenzustand) in denselben Endzustand zerfallen. Damit kann man das System ähnlich jenem des Spin 21 Systems, also eines "two-state-Systems", behandeln. K 0 −K 0 - Systeme zeigen darüber hinaus das Phänomen der sogenannten "flavour Oszillation (hier: Strangeness Oszillation, es können Oszillationen zwischen Materie und Antimaterie vorkommen), d.h. wenn zur Zeit t=0 ein neutrales Meson erzeugt wird, ist die 3 Wahrscheinlichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt ein Antimeson zu finden nicht 0) Man könnte nun naiverweise annehmen, dass die Kaon- und Antikaonzustände die physikalische Wirklichkeit wiederspiegeln. Das würden sie auch machen, wenn man nur Reaktionen mit Materie, also starker Wechselwirkung, betrachten würde. Dies ist jedoch bei unseren Betrachtungen nicht der Fall, es kommt aufgrund der schwachen Wechselwirkung zu einer sogenannten "flavour Oszillation zwischen Kaon und Antikaon. Das heißt es kommt zur Mischung ihrer Zustände. Geht man von CP-Erhaltung aus ergeben sich folgende Eigenzustände: 1 (3) |K10 i = √ (|K 0 i − |K 0 i) 2 1 (4) |K20 i = √ (|K 0 i + |K 0 i) 2 Diese beiden Zustände unterscheiden sich durch die Art ihrer Zerfälle. Der erste Zustand zerfällt in 2 Pionen (2π), der zweite vorwiegend in 3 Pionen (3π). Das Wort vorwiegend wird hier dafür verwendet, dass es aufgrund der nachgewiesen CP-Verletzung auch |K20 i Zustände gibt, die in 2 Pionen zerfallen. Tatsächlich konnten Experimente zeigen, dass es zwei Arten neutraler Kaonen mit unterschiedlichen Lebensdauern gibt. Einem langlebigen |KL i und einem kurzlebigen Zustand |KS i mit unterschiedlichen Lebensdauern und Massen. Es ist naheliegen, die experimentell bestimmten |KL i und |KS i mit den |K10 i und |K20 i zu identifizieren. Dies würde bedeuten, dass der |KL i- Zustand stets in drei Pionen zerfallen würde. Cronin und Fitch zeigten jedoch, dass dieser Zustand zu einer kleinen Wahrscheinlichkeit auch in zwei Pionen zerfallen kann. Die tatsächlichen Zustände sind also keine reinen CP-Eigenzustände, sondern jeweils zu einem kleinen Anteil ? auch in den anderen Zuständen enthalten. Die Masseneigenzustände und StrangenessEigenzustände werden verknüpft durch: |KS i = 1 {pK 0 − qK 0 } N (5) 1 (6) {pK 0 + qK 0 } N die Gewichtungen p = 1 + , q = 1 − mit der Bedingung N 2 = |p|2 + |q|2 enthalten dabei den komplexen CP-Symmetrie-Verletzungsparameter , || ≈ 10−3 . |KL i = 4 1.3 Welche Observable sind prinzipiell überhaupt messbar? Nun muss man natürlich wissen, was man an Beschleunigungsanlagen überhaupt messen kann. Grundsätzlich geht es um die Frage, ob das KaonAntikaon- System zu einer bestimmten Zeit t in einem bestimmten Quasispin (Superposition der Masseneigenzustände |KS i, |KL i ist oder nicht. Es existieren 2 Basen in denen mit unterschiedlichen Messmethoden gemessen werden kann. Die erste Basis ist die Strangeness-Eigenzustandsbasis {K 0 , K 0 }. Das heißt ich messe ob es sich um ein Kaon oder ein Antikaon handelt. Will ich in dieser Basis eine aktive Messung durchführen, so kann ich einfach ein Stück gewöhnlicher Materie in ihre Trajektorie geben, und je nachdem wie das Kaon-Antikaon- System dann mit der Materie reagiert, kann ich den einfallenden Zustand auf die entsprechende Basis projizieren. K 0p → K +n (7) K 0 p → Λπ + K 0 n → Λπ 0 K 0 n → K − p (8) Alternativ dazu kann der Strangeness-Gehalt neutraler Kaonen auch über ihre semileptonischen Zerfallsmoden bestimmt werden, eine passive Messung. Hier am Beispiel des Zerfalls eines |KL i- Zustandes K 0 (ds) → π − (du)l+ νl (9) K 0 (ds) → π + (du)l− νl (10) Ein Kaon zerfällt dabei immer in ein Positron, ein Antikaon stets in ein Elektron. Da es sich um einen spontanen Zerfallsprozess handelt, kann der Experimentator natürlich keinen Einfluss auf den Zerfallskanal, in welchen die neutralen Kaonen zerfallen, nehmen. Es handelt sich um eine passive Messung. Die zweite Basis ist die "Lebenszeitbasis"{|KS i , |KL i}. Bei einer aktiven Messung in dieser Basis interessiere ich mich zur Zeit t dafür, ob es ein langlebiger oder kurzlebiger Zustand ist. Um das herauszufinden, bestimme ich einfach den Zeitpunkt, zu dem es zerfällt. Alles was vor einer Zeit von ≈ t+4.8τs (τs ≈ 0.89∗10− 3) zerfällt wird als kurzlebiger Zustand identifiziert. Alles was danach zerfällt wird als langlebiger Zustand identifiziert. Aufgrund der CP-Verletzung kann es zu Fehlzuweisungen kommen. Dies ist eine aktive Lebenszeitmessung. Ich interessiere mich dabei nicht für die Zerfallsmoden, sondern nur für den Zeitpunkt wann es zerfällt. Im Gegensatz dazu kann ich mir auch ansehen, in welchen Endzustand er zerfällt. Lasse ich die CPVerletzung außer Acht zerfällt ein kurzlebiger Zustand immer in 2 Pionen, 5 ein langlebiger immer in 3 Pionen. Wichtig ist, dass ich jeder Zerfallsmode einen bestimmten Quasispin zuordnen kann. 1.4 Die Dynamik neutraler Kaonen Nun komme ich aber zum Formalismus. Um das System Kaon-Antikaon beschreiben zu können, muss ein effektiver Formalismus entwickelt werden. Ich gehe von einem allgemeinen Zustand aus, welcher alle Zerfallsprodukte beinhaltet: (11) |ψ̃i = a(t) |K 0 i + b(t) |K 0 i + c(t) |f1 i + c(t) |f2 i Die die |f1 i´s stehen für alle Zerfallsprodukte. a(t) und b(t) sind dabei die Entwicklungskoeffizienten, a(t)projiziert den Zustand |K 0 i (also den Teilchenzustand) aus |ψ̃i heraus. Ihre Betragsquadrate geben die Wahrscheinlichkeit an, ein Meson bzw. Antimeson aus dem Zustand |ψ̃i zu erhalten, wobei |ψi eine Lösung der Schrödingergleichung ist. d |ψ̃i = −iĤ |ψ̃i dt (12) Ĥ entspricht einem unendlich-dimensionalen Hamiltonian. Nun kommt es aber zu einem Problem. Bis heute ist kein Verfahren bekannt diese unendliche Anzahl von gekoppelten Differentialgleichungen zu lösen. Ein Ausweg aus dieser Miesere ist, sich nur auf die Komponenten der flavour -Eigenzustände, a(t) und b(t) zu beschränken. Ich führe die Wigner- Weisskopf Approximation durch und erhalte eine effektive Schrödingergleichung mit einem nichthermiteschen Hamiltonian: d |ψi = −iH |ψi (13) dt Nun ist der Zustand nur mehr in 2 Dimensionen und H ist ein nicht-hermitescher Hamiltonian. Jeder nicht-hermitesche Operator kann auf einfache Weise zu einem hermiteschen gemacht werden. Man kann ihn nämlich einfach als Summe zweier hermitescher Operatoren anschreiben. In unserem Fall sieht dies nun so aus: i H =m+ Γ (14) 2 M bezeichnet hierbei den Massenoperator(dieser bezieht sich auf den erhaltenen Teil), Γ bezeichnet eine Zerfallsbreite. Ich habe damit folgende Eigenwertgleichung erhalten: H |Mi i = λ |Mi i (15) 6 Die |Mi i sind dabei die Eigenvektoren zu den zugehörigen Eigenwerten λi = mi + 2i Γi Da ich mich in 2 Dimensionen befinde erhalte ich zwei Eigenwerte. Der erste Eigenwert bezieht sich auf einen Zustand mit geringerer Masse,{|KS i, einem kurzlebigen Zustand, der zweite Eigenwert bezieht sich auf einen Zustand mit größerer Masse {|KL i, einem langlebigen Zustand. Diese beiden Zustände unterscheiden sich durch ihre Zerfallsbreiten,ΓS ≈ 600ΓL , wie bereits oben erwähnt. Da der Zustandsvektor für alle Zeiten t>0 nicht normiert ist (Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen zu detektieren ist nicht erhalten) mussten verschiedene Strategien entwickelt werden, um damit umzugehen. Die hier gezeigte beruht auf dem Formalismus offener Quantensysteme (also wird der Zerfall hier als eine Art Dekohärenz angesehen). Bei praktisch jedem Experiment kommt es zur Wechselwirkung eines Systems mit seiner Umgebung. Dadurch entwickelt sich nur das Gesamtsystem wie es die Schrödingergleichung beschreibt. Die Dynamik des uns interessierenden Systems erhält man durch ausspuren der Umgebung (alle Freiheitsgrade des Systems werden ignoriert). Diese Systeme kennt man unter dem Namen offene Quantensysteme. Solche Systeme können meistens (unter bestimmten Vorraussetzungen) durch eine Mastergleichung beschrieben werden. Mastergleichungen sind, etwas salopp gesprochen, Bilanzierungen. Ich sehe mir an, was ich in einem System an Wahrscheinlichkeit,es zu einer gewissen Zeit in einem gewissen Zustand zu finden verliere bzw. gewinne (Gewinn-Verlust- Gleichung) Je mehr Zeit vergeht, desto wahrscheinlicher werden Wechselwirkungen des Kaons mit seiner Umgebung, es beginnt zu zerfallen. Die Zeitentwicklung neutraler Kaonen kann durch die von Lindblad gefundene Master-Gleichung: d ρ = −i[Hρ] − D[ρ] dt (16) beschrieben werden. Mit D wird der Dissipator bezeichnet, steht also für den Zerfall (Energieaustausch mit der Umgebung). (D ≥ 0) D hat folgende Form: D[ρ] = 1X † (Aj Aj ρ + ρA†j Aj − 2Aj ρA†j ) 2 j (17) Wobei die Aj die sogenannten Lindblad- Operatoren sind. Diese sind unabhängig davon, wie genau das Experiment durchgeführt wird. Nun muss ich den Hilbertraum der "überlebenden"Bestandteile,Ht exts, um den Hilbertraum der Zerfallsprodukte Hf erweitern. Dies wird einfach durch Bildung einer direkten Summe realisiert. M Htot = Hs Hf (18) 7 Wobei die Indizes s,f die überlebenden (surviving) bzw. die zerfallenden (decaying oder final) Bestandteile bezeichen. Die Dichtematrix ρ lebt im totalen Hilbertraum und hat folgende Form: ρss ρsf ρ= (19) ρ†sf ρff Die ρij mit i,j = s,f bezeichnen dabei 2x2 Matrizen. Der Hamiltonian H ist dabei die Massenmatrix M des effektiven Hamiltonian H erweitert auf den totalen Hilbertraum Htot und Γ von H definiert einen Lindblad Operator durch Γ = A† A. Der Hamiltonoperator H und der Lindbladoperator A werden damit zu H 0 0 0 H= , A= (20) 0 0 A 0 Dabei gilt: A : Hs → Hf Nun muss eine neue Mastergleichung für die Zeitentwicklung der Dichtematrix in Htot formuliert werden: 1 ρ˙ss = −i[Hρss ] − {A† A, ρss } 2 1 ρ˙ss = −iHρsf − A† Aρsf 2 ρ˙ff = Aρss A† (21) Diese Mastergleichung beschreibt nun die ursprüngliche Schrödingergleichung, aber mit den richtig normierten Zuständen. Wie man sieht ist die Zeitentwicklung von ρss unabhängig von ρsf , ρfs und ρff . Darüber hinaus können ρsf und fs ohne Verlust an Allgemeinheit null gesetzt werden, da sie nicht gemessen werden können. Mit der Anfangsbedingung ρff (0) = 0 , d.h. am Anfang ist nichts zerfallen, erkennt man, dass die Zeitentwicklung des Systems nur durch ?ss bestimmt wird (wie man von einem spontanen Zerfallsprozess auch erwartet). Durch Integration über ρ˙ff kann man die Zeitentwicklung des Systems bestimmen (Sie ist außerdem vollständig positiv). Die Zeitentwicklung eines neutralen Kaons ist in der "Lebenszeit Basis {|KS i , |KS i} gegeben durch −Γ t e S ρSS e−i∆mt−Γt ρSL 0 0 ei∆mt−Γ ρ∗SL e−ΓL t ρLL 0 0 (22) ρ(t) = −Γ t L 0 0 (1 − e )ρLL 0 −ΓS t 0 0 0 (1 − e )ρSS (ρij = hKi | ρ |Kj i , ρss + ρff = 1) Bemerkung: Es ergeben sich rein formell auch nichtdiagonale Beiträge in der ρff ? Komponente, diese sind aber nicht messbar und können damit null gesetzt werden. 8 1.5 Effektive Operatoren Wir haben gesagt wir wollen von einem System wissen, ob es zu einem bestimmten Zeitpunkt tn im Quasispinzustand |K0 i ist. Um einen Erwartungswert für diese Frage zu bekommen E(kn , tn ) = P (Y es : kn , tn ) − P (N o : kn , tn ) = 2P (Y es : kn , tn ) − 1 (23) müssen wir die Wahrscheinlichkeit, ausgehen von einem Anfangszustand ρ, diesen Quasizustand zur Zeit tn zu finden bestimmen |kn i hkn | 0 P (Y es : kn ) = T r( ρ(tn ) (24) 0 0 es wurde dabei die Parametriesierung |kn i = cos α2n |KS i + sin α2n eiφn |kn i ρ (t) erhält man aus der Mastergleichung. Nach einigen Skalierungen erhält man einen zeitabhängigen effektiven Operator in 2x2 Dimensionen: E(kn , tn ) = T r(Oe f f (αn , φn , tn )ρ) (25) ρ ist dabei ein frei wählbarer Anfangszustand (Dimension 2x2) da zur Zeit t = 0 die Zerfallsprodukte noch nicht berücksichtigt werden. Damit wurde ein effektiver Operator für ein allgemeines Zerfallssystem im Heisenbergbild gewonnen. 1.6 Welche Observable sind einem Zerfallssystem zugänglich? Der effektive Operator eines "two-state Zerfallssystems kann in Paulimatrizen zerlegt werden: Oe f f (αn , φn , tn ) = −n0 (αn , φn )1 + ~n(αn , φn , tn )~σ mit ∆Γ = ΓL −Γ2 2 (26) ergibt sich: cos tn + φn sin αn sin tn + φn sin αn ~n(αn , φn , tn ) = e−Γtn sinh ∆Γtn + cosh∆Γtn cos αn (27) dabei ist n0 (αn = 1 − |~n(αn , φn , tn )|. Für Spin 21 Systeme ist die allgemeinste Observable gegeben durch ~n~σ , wo jede normierte Qunatisierungsrichtung (|n| = 1) gewählt werden kann. Für Zerfallssysteme sind αn und φn frei wählbar, wobei für Zeiten tn > 0 die Quantisierungsrichtung nicht länger normiert ist, 9 da die Wahrscheinlichkeit es aufzuspüren nicht erhalten ist. Dies führt zu einem additiven Beitrag in Form von "white noise". Der Erwartungswert hat also einen Betrag unabhängig vom Anfangszustand. E(αn , φn , tn ) = T r(Oe f f (αn , φn , tn )ρ) = −n0 (αn , φn ) + T r(~n(αn , φn , tn )~σ ρ) (28) Man beachte die Rolle der Zeitentwicklung. Sie dämpft den Bloch- Vektor ~n durch e−Γtn und ist somit für die Rotationen und Oszillationen im System verantwortlich. Nun gehe ich auf die Eigenzustände des effektiven Operators ein. Wird der Operator spektral zerlegt erhält man Oe f f (αn , φn , tn ) = (2|~n(αn , φn , tn )| − 1) |χ(αn , φn , tn )i hχ(αn , φn , tn )| + (29) (−1) |χ(αn + π, φn + 2tn , −tn )i hχ(αn + π, φn − tn , −tn )| Der erste Eigenvektor kann als Quasispin |kn i aufgefasst werden, welcher sich zeitlich durch die Dynamik des nicht hermiteschen Hamiltonian entwickelt. Dieser Eigenvektor ist auf die überlebenden Kaonen normiert. |χn i ≡ |kn (tn )i αn ∗ αn 1 ∗ cos eiλS tn |KS i + sin eiφn eiλL tn |kL i =p 2 2 N (αn , φn ) (30) mit N (αn , φn ) = |~n(αn , φn , tn )|2 Der zweite Eigenvektor gehört zum zeitunabhängigen Eigenwert, welcher immer -1 ist, und kann als der Quasispin betrachtet werden, der sich zeitrückläufig entwickelt, aber ohne Änderung der Phase. Darüber hinaus ist er orthogonal zum normierten Quasispin |kn i. 1.7 CP-Verletzung Die CP- Verletzung bei der Mischung der Zustände kann man zum Beispiel durch die bereits erwähnte Messung der semileptonischen Zerfallskanäle (passive Messung in der Strangeness- Eigenzustandsbasis) beobachten. Hier ein Beispiel bei dem ein Strange-Quark schwach als Bestandteil eines Antikaons zerfällt. Aufgrund ihres Quarkgehalts zerfallen Kaonen und Antikaonen in definierten Zerfallskanälen (hier zerfällt ein |KL i-Zustand) K 0 (ds) → π − (du)l+ νl (31) K 0 (ds) → π + (du)l− νl (32) 10 l kann enweder ein Myon oder ein Elektron sein. Nun betrachte ich die semileptonische Ladungsassymetrie: δ= Γ(KL → π − l+ νl ) − (Γ(KL → π + l− νl ) (Γ(KL → π − l+ νl ) + (Γ(KL → π + l− νl ) (33) Das bedeutet, ich finde zu einem gewissen Zeitpunkt tn die semileptonischen Zerfallsprodukte, die aus einem zum Zeitpunkt tn = 0 erzeugten Zustand |KL i zerfallen sind. Wir erkennen, dass l+ bzw. l− repräsentativ für |K0 i bzw. |Ko i im |KL i Zustand steht.Ich kann die Zerfallsbreiten durch eine Wahrscheinlichkeit ausdrücken, ein Kaon (|p|2 ) bzw. ein Antikaon |q|2 ) im |KL i Zustand zu finden. |p|2 − |q|2 δ= 2 (34) |p| + |q|2 Ich kann also jedem Zerfallsprodukt einen bestimmten Quasispin zuordnen. Eigentlich sollte δ = 0 herauskommen. Da dies aber nicht der Fall ist (δ = 3.332 ∗ 10−3 ), gibt es ein Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie. Es ist Wahrscheinlicher ein Kaon zu detektieren, als ein Antikaon. Aufgrund der CP-Verletzung kommt es nun zu einer Änderung der effektiven Observable. Die Länge des Bloch-Vektors kann als Summe der beiden Wahrscheinlichkeiten |~n| = 1 − n0 = | hkn | |KL (tn )i |2 + | hkn | |KS (tn )i |2 (35) Aufgrund der CP-Verletzung kommt es zu einer nicht orthogonalität der Masseneigenzustände, jede Amplitude beinhaltet einen Interferenzterm: αn αn |KS i + δsin e−iφn |kn i |2 2 2 αn αn −iφn 2 ΓL tn | hkn | |KL (tn )i | = e |δ cos |KL i + sin e |kn i |2 2 2 | hkn | |KS (tn )i |2 = eΓS tn | cos (36) Dieser beschreibt eine Änderung des Oszillationsverhaltens des Systems. Der effektive Operator ändert sich komponentenweise. Die Spektralzerlegung zeigt, 11 dass sich der zeitabhängige Eigenwert durch CP-Verletzung ändert. Die Abhängigkeiten vom Bloch Vektor sind jedoch dieselben wie bei CP-Erhaltung. Die zwei Eigenvektoren der effektiven Observabelen ändern sich natürlich auch unter CP-Verletzung: 1 ∗ ∗ hKS |kn i eiλS tn |K1 i + hKL |kn i eiλL tn |K2 i |χCP,1 i= √ n N 1 |χCP,2 i= √ − hKL |kn i∗ eiλS tn |K1 i + hKS |kn i∗ eiλL tn |K2 i n −N (37) (38) mit N (t) = e−ΓS tn | hKS |kn i |2 + e−ΓL tn | hKL |kn i |2 1.8 Die Entropie-Unschärfe-Relation Das Unschärfeprinzip ist eine der fundamentalsten Ideen in der Quantenmechanik. Heutzutage wird die Unschärferelation meistens in der Form von Robertson (1929) angegeben. Robertson erweiterte Heisenbergs Resultate für Ort und Impuls auf zwei beliebige Observable A und B: 1 ∆A∆B ≥ | hψ|[A, B]|ψi | 2 (39) q ∆A, B = hψ|A(B)2 |ψi − hψ|A(B)|ψi2 bezeichnet dabei für die Standardabweichung, welche aus der Messung von A(B) im Zustand |ψi herrührt. Die Konsequenz dieser Ungleichung ist die Komplementarität in der Quantenmechanik: Es ist unmöglich zwei komplementäre Größen, z.B. Ort und Impuls, welche für denselben Zustand gemessen werden, beliebig genau zu bestimmen. Oder um es in Heisenberg´s Worten auszudrücken: ?The more accurately the position is known, the less accurately ist he momentum determined and vice versa.? Diese Unschärfe ist aber nicht auf die Unzulänglichkeiten der gewählten Messmethoden zurückzuführen, sondern ein fundamentales Prinzip der Quantenmechanik. Die in Gleichung beschriebene Unschärfe hat jedoch einige Schwächen. Zum einen führt, aufgrund der Standardabweichung, ein Messergebniss welches weit außerhalb der anderen Messergebnisse liegt, zu einer sehr großen Abweichung. Zum anderen hängt die Ungleichung vom speziell gewählten Zustand |ψi ab, in welchen sich das System befindet. Dies veranlasste Hirschmann (1957) erstmals, eine Entropie-Unschärferelation für Ort und Impuls einzuführen. Hirschmann´s Resultate wurden vielfach geprüft, unter anderem von Bialynicki-Birula und Mycielski (1975), welche zeigen konnten, dass diese neue Relation die Heisenbergsche Unschärfe beinhaltet, und uns somit ein viel allgemeineres Werkzeug zur Verfügung stellt, 12 um mit dem Begriff Unschärfe umzugehen. Dass diese Entropie-UnschärfeRelationen physikalische Probleme tatsächlich besser beschreiben, wurde in der Arbeit von Deutsch (1983) hervorgehoben. Er betonte dabei, dass die untere Schranke in Robertsons Gleichung vom Zustand abhänge. Diese Abhängigkeit kann problematisch werden, nämlich dann, wenn diese untere Schranke für bestimmte |ψi zu null wird, obwohl die beiden Observablen A und B nicht kommutieren. Shannon führte daraufhin eine erste Entropie Unschärferelation für nicht entartete Observablen ein, deren untere Schranke nicht vom Zustand abhängt. Obwohl Entropie-Unschärferelationen eine große Rolle in vielen Bereichen der Physik spielen (Quantenkryptographie), wissen wir ziemlich wenig über sie. Nur für den Fall dass wir zwei Messungen durchführen haben wir ein grundsätzliches konzeptuelles Verständnis. Die binäre Entropie- Unschärferelation für zwei nichtentartete Observable ist gegeben durch e H(One f f ) + H(Om f f ) ≥ −2 log2 max{| hχin |χjm i |} i,j (40) Dabei bezeichnet H(One f f ) = −p(n) log2 (p(n) − (1 − p(n)) log2 (1 − p(n)) die binäre Entropie für einen bestimmten reinen Zustand und die p(n)´s bezeichnen die Wahrscheinlichkeitsverteilung die mit der Messung der effektiven Observablen im Zustand |ψi verbunden ist, p(n) = | hχn |ψi |2 . Der Maximale Wert der unteren Schranke in der Entropieunschärferelation wird erreicht wenn 1 | hχn |χm i | = √ 2 In diesem Fall spricht man von Mutually Unbiased Bases. Diese können folgendermaßen erklärt werden: Wenn ein System in einem Zustand der zu einer Basis gehört präpariert ist, dann sind die möglichen Messergebnisse die in der anderen Basis gemessen werden gleichwahrscheinlich. In diesem Fall hat man natürlich maximale Unschärfe in der anderen Observable. 1.9 Messergebnisse In Beschleunigungsanlagen werden meist passive Messungen durchgeführt. Nun geht es hier darum ein System zu einem gewissen Zeitpunkt tn im Quasispin |kn i zu finden, was zu einem bestimmten Zerfallskanal gehört, verglichen mit der Situation es zu einem Zeitpunkt tm = 0 mit einem gewissen Quasispin |km i am Erzeugungsort zu finden. Oder anders ausgedrückt, zwei Experimentatoren, Alice und Bob, messen zu verschiedenen Zeiten zwei Observable, A 13 und B. Zu Beginn präpariert Alice einen Zustand der beiden bekannt ist. Nun wählt sich Bob eine der beiden Observablen aus und misst sie. Er teilt Alice mit welche der beiden er gemessen hat jedoch nicht den exakten Messwert. Alice möchte nun versuchen, ihre Unschärfe zu minimieren, sie ist aber an die Unschärferelation gebunden. Da Bob das Ergebnis kennt, kann Alice ihre Observable nicht mit beliebiger Genauigkeit bestimmen, sie kann auf keinen Fall besser messen als es die untere Schranke zulässt. Dies ist erstaunlich, da Alice den Zustand ja kennt (sie hat alle klassischen Informationen). In Falle von Zerfallssystemen wird die rechte Seite der Unschärferelation, die wir maximieren müssen, zu in der Unschärferelation. Im Falle instabiler Systeme wird die rechte Seite der Unschärferelation zu max{hχ1m |χ1n i , hχ1m |χ2n i , hχ2m |χ1n i , hχ2m |χ2n i} i,j (41) Wobei die |χ1n i = |χ(αn , φn , tn )i bzw. |χ2n i = |χ(αn + π, φn + 2tn , −tn )i die Eigenvektoren des effektiven Operators sind bzw. der sich zeitlich vorwärts oder rückwärts entwickelnde Quasispin. In Abb. 1 ist die Untere Schranke der Unschärferelation im Falle eines Strangenessevents aufgetragen. Die CP-Verletzung wird hier unterdrückt, bzw. führt zu vernachlässigbaren Korrekturen (10−6 ). Es geht hier um die Frage, "Bist du zur Zeit t=0 ein Kaon oder nicht?", verglichen mit der Frage, "Bist du zur Zeit t ein Kaon oder nicht?"vergleiche also die Komplementarität die aufgrund der Zeitentwicklung zustande kommt. In Abb.1 a) ist dieser Vergleich für neutrale Kaonen (große Unterschiede in den zerfallsbreiten) durchgeführt worden. Alice misst z.B. ein Strangenessevent zur Zeit t=0, Bob ein Strangenessevent zur Zeit t. Wenn Bob seine Messung durchführt ist Alice an die Unschärferelation gebunden. Da diese Unschärfe zu einer Zeit t>0 niecht mehr verschwindet, kann Alice niemals die volle Information über das System haben, d.h. ihr Messergebnis wird nie besser sein als die Unschärfe es zulässt. In Abb.1 b) wird ein Vergleich für andere Mesonen (B,D) oder andere Zerfallssysteme, wo die Zerfallsbreiten gleich sind (∆Γ = 0) durch14 geführt. Da die Zerfallskonstanten gleich sind erreicht die Unschärfe wieder den Wert Null, also sämtliche Informationen über das System wären zu einem gewissen Zeitpunkt wieder verfügbar, so wie das bei nichtzerfallenden Systemen der Fall ist. Die blaue Linie zeigt, wenn sich beide Eigenvektoren bei maximaler Überlappung jeweils vorwärts oder rückwärts zeitentwickeln, die rotstrichlierte Linie zeigt, wenn sich vorwärts und rückwärts laufende Quasispins überlappen. Es zeigt sich, dass die Unschärfe in beiden Fällen maximal wird für Zeiten die ungerade Multiplikationen von π2 sind, während sie nur im Fall b) für gerade Multiplikationen von π2 minimal wird. Wenn wir die Masseneigenzustände betrachten finden wir zu keiner Zeit eine Komplementarität zwischen den beiden Observablen geben. Das ändert sich wenn man die CP- Verletzung berücksichtigt. Bei Messungen in dieser Basis geht es um die Frage: "Bist du z.B. kurzlebig zur Zeit t = 0 oder nicht?"verglichen mit der Frage "Bist du zur Zeit t kurzlebig oder nicht?"Die Unschärfe, z.B. zwischen der Überlagerung der Messungen eines kurzlebigen Zustandes zu einem späteren Zeitpunkt und jenem zum Zeitpunkt 0, wird durch δ moderiert. In Abb. 2 wird diesmal in der Lebensdauerbasis zu verschiedenen Zeiten gemessen, wieder t= 0 und t. In Bild a) vergleichen wir kurzlebigen Zustand(t=0) zu kurzlebigen Zustand (t). Die Maximale Unschärfe erhält man für eine Zeit tn = 11.4τS wenn die zwei Basen Mutually Unbiased sind. 1 | hχn |χm i | = √ 2 Das heißt, zu diesem Zeitpunkt sind alle Messresultateder anderen Observable gleich wahrscheinlich, was maximale Unschärfe zur Folge hat. Praktisch ist die Wahrscheinlichkeit einen kurzlebigen Zustand zu finden = 0. Wir haben ja eine aktive Messung dadurch definiert, Kaonen die vor 4.8τS sind kurzlebig, alles danach ist langlebig. Zu dieser Zeit ist also die Wahrscheinlichkeit, ein kurzlebiges als langlebiges zu identifizieren und vice versa gleich. 15 Die Komplementärzeit von 11.4τS ist aber mehr als doppelt so groß wie diese Zeit. In Bild b) vergleicht man einen langlebigen mit einem kurzlebigen. Hier ist es ähnlich Fall a) wenn Bob zur Komplementärzeit tn = 11.4τS wird die Unschärfe wieder maximal. Das Bild ist identisch, da man so unterschiedliche Zerfallsbreiten hat. In den Fällen c) kurzlebig verglichen mit langlebig, und d) langlebig mit langlebig, wird die CP- Verletzung sichtbar. Die maximale Unschärfe kann nie erreicht werden. In beiden Fällen ist die Unschärfe bei der Messung langlebiger Zustände zunächst 0, aber aufgrund von δ oszilliert sie und pendelt sich nach tn = 11.4τS auf einen konstanten Wert ein. Das heißt wenn das System anfänglich in einem langlebigen Zustand ist, geht es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einen kurzlebigen über (2π- Zerfall) 16 1.10 Quellenangabe [1]Beatrix.C.Hiesmayer, Heisenberg‘s Uncertainty and Bell Inequalities in High Energy Physics, arXiv:1101.4517v1 [2]Iwo Bialynicki-Birula and Lukasz Rudnicki, Entropic Uncertainty Relations in Quantum, Physics,arXiv:1001.4668v1 [3]Stephanie Wehner,Andreas Winter,Entropic uncertainty relations - A survey,arXiv:0907.3704v1 17