Das Pfadintegral - Gymnasium Zwettl

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Wenn aus einer Summe plötzlich Physik wird...
Das Pfadintegral!
Gernot Pfanner
Das Leben ist ein Pfadintegral:
Nur Anfang und Ende sind fix
G. Pfanner
Inhaltsverzeichnis
1 Prolog:
1.1 Was soll das alles? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
6
2 Das Pfadintegral!
2.1 Der Zusammenhang zwischen klass. und Quanten-Mechanik . . . . . . .
2.1.1 Die Hamilton-Jacobi Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Die Wirkung in der klassischen Mechanik . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Der Pfadintegral-Formalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Das Doppelspaltexperiment und seine Verallgemeinerung . . . . .
2.2.2 Die allgemeine Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.3 Die Greensche-Funktion in der Quantenmechanik . . . . . . . . .
2.2.4 Zur Pfadintegraldarstellung der Greenschen-Funktion . . . . . . .
2.2.5 Das Pfadintegral im Hamilton-Formalismus . . . . . . . . . . . .
2.2.6 Die Aufspaltung des Pfadintegrals . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.7 Die Ableitung der Schrödinger-Gleichung aus der Pfadintegraldarstellung der Greenschen-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Einfache Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.1 Die klassische Wirkung für den harmonischen Oszillator bzw. das
freie Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.2 Das freie Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.3 Der harmonische Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.4 Der Aharonov-Bohm-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
7
7
8
10
10
13
16
18
20
21
21
24
24
26
27
32
3 Epilog:
34
3.1 Vom Vergnügen Dinge zu entdecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.2 Mail to author . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.3 Ehrentafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
5
Das Pfadintegral!
1 Prolog:
1.1 Was soll das alles?
Die Quantenmechanik besitzt ein umfangreiches Spektrum an Zugängen. So gibt es die
Matrizenmechanik und es gibt die Wellenmechanik. Physikerherz, was willst du mehr!
Es gibt aber noch mehr. Der dritte1 Weg zur Beschreibung der QM wird durch die
Pfadintegral-Methode beschritten. ”Schritt” hat hierbei eine sehr wörtliche Bedeutung.
Bei den Pfadintegralen geht es um Pfade. Bevor wir jedoch den Pfad der Pfade betreten,
wollen wir uns kurz überlegen, wozu wir eigentlich eine weitere Darstellung gebrauchen
könnten? Warum sollen zwei nicht ausreichen? Noch dazu, wo man deren Zusammenhang kennt2 .
Die Antwort ist: Ja, eine weitere, alternative Beschreibungsmöglichkeit macht Sinn. Sogar dann, wenn es sich dabei um die 100. handeln sollte. Schließlich könnte gerade
DIESER Zugang alle anderen widerlegen. Ein Komma, ein Minuszeichen unterschiedlich
zu allen anderen (aber in Übereinstimmung mit dem Experiment) und aus!
Sie sehen schon, als Wissenschaftler lebt man ganz schön gefährlich. Denn jedes kleinstes
Detail, jedes neuerworbenes ”piece of information” kann Lebenswerke zerstören! Beispielsweise gelang dies der Quantenmechanik oder der speziellen Relativitätstheorie. Es
ist dabei erstaunlich wie aus so wenig wie ”die Maxwellgleichungen gelten unabhängig
vom Bezugssystem” oder ”physikalische Größen sind im mikroskopischen Bereich gequantelt” so viel Neues entsteht bzw. wie viel Altes geändert werden muss. Das ist
durchaus bemerkenswert.
Abseits der kurz skizzierten Möglichkeit der Falsifikation gibt es noch weitere Vorteile,
die ein alternativer Zugang haben kann; in unserem Fall:
• Die verwendeten zeitgegitterten Integrale sind von Natur aus diskret und eignen
sich daher besonders gut für eine numerische Auswertung.
• Eine Integralformulierung der Quantenmechanik ermöglicht ein tieferes Verständnis durch eine globale Beschreibungweise. Insbesondere ist die Quantisierung von
Theorien (im Sinne von Eichtheorien, also z.B. Elektrodynamik) im Operatorformalismus nicht so einfach zu bewerkstelligen.
Wieso? Nun, Operatoren betonen zwar die Unitarität der Zeitentwicklung, aber sie
orientieren sich an den Poissonklammern der Hamiltonschen Mechanik. Die sind im
relativistischen Falle unbequem, da man die Zeitvariable anders behandeln muss
als die Ortsvariable. Der kanonische Formalismus versteckt die relativistische Invarianz und führt zu nicht kovarianten Regeln bei den Zwischenschritten.
• Integrale lassen sich besser approximieren, abschätzen und umformen (im Vergleich
zu Operatoren).
1
2
eigentlich vierte (vgl. Transformationstheorie)
Schrödinger’s Differentialgleichung und Heisenberg’s Matrixgleichung sind ja verschiedene, aber äquivalente Darstellungen desselben Eigenwertproblems.
6
G. Pfanner
2 Das Pfadintegral!
2.1 Der Zusammenhang zwischen klass. und Quanten-Mechanik
2.1.1 Die Hamilton-Jacobi Gleichung
In seiner Nobelpreisrede ”Fundamental Idea of wave mechanics”, welche man über das
Nobel e-Museum3 beziehen kann, betont Schrödinger den Zusammenhang zwischen
Hamiltonscher Mechanik und geometrischer Optik. Der springende Punkt ist dabei, dass
man aus der Hamilton-Jacobi-Gleichung eine Gleichung für die sogenannten Wirkungswellen ableiten kann. In der geometrischen Optik stößt man auf eine Gleichung selbiger
Struktur, die Eikonalgleichung. Wenn man dieser Analogie eine physikalische Bedeutung zukommen lässt, so steht man bereits an der Schwelle zur Quantenmechanik bzw.
konkreter zum Teilchen-Welle Dualismus. Die Hamilton-Jacobi-Gleichung gilt ja für das
Teilchen in gleichem Maße wie die Eikonalgleichung Bezug auf den Wellencharakter
nimmt. Durch eine einfache Überlegung kommt man dann zur berühmten SchrödingerGleichung. Eine genauere Illustrierung dieser Zusammenhänge findet man z.B in Quantenmechanik (Soff)4 .
In diesem Rahmen wollen wir uns mit einer etwas ”trickreichen” Argumentation begnügen.
Die Hamilton-Funktion repräsentiere ein Teilchen in einem konservativen Kraftfeld. Das
Teilchen soll nur einen Freiheitsgrad haben. Damit ist die Funktion von der Form
H (q, p) =
p2
+ V (q) = E
2m
(1)
so dass die Hamilton-Jacobi-Gleichung zu
1 ∂S0 2
(
) + V (q) = E
2m ∂q
wird.
(S0 = S0 (~q, P~ )...verkürzte Wirkungsfunktion)
Die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung hingegen wird als
−
h̄2 ∂ 2 ψ
+ V (q)ψ = Eψ
2m ∂ 2 q
angeschrieben.
Setzt man in diese Gleichung die Wellenfunktion5 ψ = e(i/h̄)S0 ein, so folgt
1 ∂S0 2
ih̄ ∂S02
(
) −
+ V (q) = E
2m ∂q
2m ∂ 2 q
3
4
5
http://www.nobel.se/
http://www.physik.tu-dresden.de/studdocs.htm
√
h̄
alternative Schreibweisen: ψ = lim (1 + h̄i Sn0 )n bzw. ψ = eiS0
n→∞
7
Das Pfadintegral!
Bildet man nun dem Limes h̄ → 0, so erhält man die eindimensionale Hamilton-JacobiGleichung. Die formale Verwandtschaft zwischen beiden Konzepte ist also unmittelbar
einsichtig.
Wie kommt man aber eigentlich zur Hamilton-Jacobi-Gleichung? Nun, diese entsteht
durch eine kanonische Transformation der Variablen, so dass die neuen verallgemeinerten
Koordinaten und Impulse konstant werden; in einem gewissen Sinne erreicht man somit die ”maximalste” Vereinfachung. Hat man es jetzt mit einem holonom-skleronomen
System zu tun, so gilt für die Erzeugende der Transformation
F2 (~q, P~ , t) = S0 (~q, P~ ) − Et
sowie für die totale Zeitableitung
dF2 (~q, P~ , t) X
=
pk q̇k − H = L
dt
k
woraus unmittelbar
Z
F2 = L dt
folgt.
F2 entspricht also genau der vom Hamilton-Prinzip bekannten Wirkungsfunktion L , der
Lagrange-Funktion.
2.1.2 Die Wirkung in der klassischen Mechanik
In der klassischen Mechanik ist die Wirkung eben durch
Ztb
S=
L (q̇(t), q(t), t)dt
(2)
ta
definiert.
Diese Größe ist abstrakt; ihr kommt keine unmittelbare physikalische Bedeutung zu.
Trotzdem kann man aus ihr die Bewegung (z.B. eines Teilchens) bestimmen. Dazu
benötigt man das bereits erwähnte Wirkungsprinzip. Es besagt: die Bewegung verläuft
so, so dass die Bahnkurve die Wirkung stationär macht. Formal drückt sich dies durch
δS[q] = S[q + δq] − S[q] = 0
(3)
aus, wobei die Endpunkte für alle infinitesimalen Variationen δq(t) = 0 festgehalten
werden, d.h.
δq(ta ) = 0 mit q(ta ) = qa
δq(tb ) = 0 mit q(tb ) = qb
8
G. Pfanner
Abbildung 1: Mögliche Pfade zwischen qa und qb
Die Bedeutung dieser Forderung skizzieren wir jetzt anhand von Abbildung (1). Man
denke sich viele verschiedene Wege, die nur an die Auflage gebunden sind, dass sie
durch qa und qb gehen müssen. Für jeden dieser Wege kann man nun den Zahlenwert S
berechnen. Die wirkliche Bahn entspricht dann genau jenem Wege, dessen S-Wert am
kleinsten ist.
Ist dies seltsam oder gar paradox? Weiß das Teilchen welchen Weg es nehmen soll? Die
Antwort ist: Nein. Zumindest im Rahmen der klassischen Mechanik. Setzt man nämlich
in das Hamiltonsche Prinzip die Wirkung ein, so folgt nach partieller Integration
d ∂L
∂L
(
)−
=0
dt ∂ q̇
∂q
Das ist die sogenannte Euler-Lagrange-Gleichung, die den Lagrange-Formalismus 2. Art
definiert. Die Lösung dieser Differentialgleichung bestimmt dabei den klassischen Pfad.
Der Lagrange-Formalismus ist jedoch nichts anderes als einer der möglichen Zugänge
zur Beschreibung physikalischer Bewegungsvorgänge. Völlig gleichwertig zu den Newtonschen Axiomen. Die Beziehung des Extremalprinzipes zur Euler-Lagrange-Gleichung
(die ihrerseits mit dem Newtonschen Kraftgesetz in Verwandtschaft steht) ist somit nur
Ausdruck der inneren Konsistenz des Beschreibungsrahmen. In anderen Worten: die Extremalität ist nichts, was das Teilchen bei seiner Bewegung zu ”erfüllen” hat, sondern es
ist genau das, was die Natur dem Teilchen auferlegt. Aus welchen Gründen auch immer.
Der Kreis zur Hamilton-Jacobi Gleichung schließt sich durch den sogenannten HamiltonFormalismus. Zur Hamilton-Funktion bzw. zu den verallgemeinerten Koordinaten ge-
9
Das Pfadintegral!
Wahrscheinlichkeit
Spalt 1 offen Spalt 2 offen beide Spalte offen
|φ1 |2
P
|φ2 |2
|φ1 + φ2 |2
Tabelle 1: Mögliche Resultate (φi ...Wahrscheinlichkeitsamplitude)
langt man nämlich, wenn man auf die Lagrange-Funktion eine Legendre-Transformation
ausführt. Das ist gewissermaßen ein mathematischer Trick um aus der Euler-LagrangeGleichung (eine DG 2. Ordnung) zwei DG’s 1. Ordnung zu machen, und zwar
q̇(t) =
∂H
∂H
und ṗ(t) = −
∂p
∂q
Wie schaut es mit der Definition der Wirkung aus? Da die Hamilton-Funktion durch
H (p, q) = pq̇ − L (q, q̇, t) (p = ∂L /∂ q̇)
festgelegt ist, erhält man durch Einsetzen in (2)
Ztb
S[q(t), p(t)] =
{p(t)q̇(t) − H (p(t), q(t), t)} dt
(4)
ta
Die generalisierten Koordinaten und Impulse sind dabei unabhängig voneinander zu
variieren.
Was haben wir jetzt eigentlich herausgefunden? Nun wir haben den Zusammenhang
zwischen Quantenmechanik und klassischer Mechanik illustriert. Zudem haben wir uns
die wesentliche Struktur der Mechanik vor Augen geführt. Jetzt wird es aber ernst. Wir
begeben uns ins Reich der Pfadintegrale...
2.2 Der Pfadintegral-Formalismus
2.2.1 Das Doppelspaltexperiment und seine Verallgemeinerung
Das Doppelspaltexperiment (vgl. Abbildung (2)). Grundlegend für das Verständnis der
Quantenmechanik. Wir betrachten jedoch gleich das Ergebnis, welches in Tabelle (1)
angeben wird.
Die Amplituden sind dabei natürlich proportional zum Schirmabstand, d.h.
φ1 ∼ eikl1
(φ2 : analog mit l2 )
Augenfällig ist an dem Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit (d.h. das ”Orientierungsmaß dafür, dass das Objekt am Orte x am Schirm auftrifft) nicht zu P = P1 + P2 wird,
10
G. Pfanner
Abbildung 2: Skizze zum Doppelspaltexperiment
wenn beide Spalte offen sind. Warum das so ist? Nun, fragen Sie die Natur!
Die Gesamtamplitude ergibt sich also, indem man den Wegen durch die Öffnungen i die
Amplitude eikli zuordnet und dann über die beiden Möglichkeiten aufsummiert. Durch
Bildung des Betragsquadrates ergibt sich dann die Wahrscheinlichkeit. Das kann man
auch verallgemeinern. Statt zwei Spalte nimmt man 100 oder 200, statt 1 Meter Abstand
zwischen Wand und Schirm nur 1 cm oder noch viel weniger. Für das, was jetzt aus der
Quelle herauskommt, z.B. ein Elektron, bedeutet dies, dass es dadurch mehr und mehr
Möglichkeiten hat, den Schirm zu erreichen. Die Gesamtwahrscheinlichkeit wird somit
zur Summation über all diese Wege, im Sinne von
X 2
P (x) = φi = |φ|2
i
φ=
wobei
X
φEinzel (x)
alle Pfade x
Somit frägt sich nur mehr wie man die Einzelamplituden festlegen soll. Die Proportionalität zum Aufpunkt am Schirm ist etwas unpraktisch. Aber es geht ja schließlich auch
wesentlich ”sauberer”. Wie? Nun ganz einfach! Man erinnert sich an die ”klassische”
Herangehensweise und landet somit wieder beim Wirkungsfunktional (siehe Gleichung
11
Das Pfadintegral!
(2)). Wir rufen uns also ins Gedächtnis, dass wir einen Zusammenhang zwischen der
Hamilton-Jacobi-Gleichung und der Schrödinger-Gleichung gefunden haben, und zwar
für ψ = e(i/h̄)S0 . Dies legt folgende Definition nahe
φEinzel (x) = conste(i/h̄)S[x]
bzw. insgesamt
K(b, a) = φ = const
X
e(i/h̄)S[x]
(5)
alle Pfade x
Die Wirkung stellt somit (zusammen mit dem Faktor h̄)6 einen Phasenwinkel dar. Ihre
Dimension ist Energie mal Zeit. So gesehen hat die Division durch die Plancksche Konstante offenbar den Sinn die Phase dimensionslos zu machen und sie prägt zudem die
Lösung. Die Frage, die sich nämlich stellt, lautet: ”Tragen alle Wege in gleichem Maße
zu der Gesamtamplitude bei?”
Die Antwort ist erstaunlich: Nein! Denn S wird ja in Einheiten von h̄ gemessen, so dass
die klassische Näherung dem Fall S >> h̄ entspricht. Okay, das kann man sich ja halbwegs vorstellen. Eine große Wirkung führt jedoch auch zu einem großen Phasenwinkel,
wobei jede Verrückung δx (eine kleine Änderung auf der klassischen Skala) zu einer
großen Verschiebung der Phase führt. In anderen Worten: kleine Änderungen des Pfades
führen zu großen Veränderungen der Phase.
Die Exponentialfunktion kann aber bekanntlich in Ausdrücke von Cosinus und Sinus
geschrieben werden7 . Daraus erkennt man, dass die großen Unterschiede im Winkel (für
die infinitesimalen Abweichungen) zu einer starken Oszillation des Vorzeichens führen.
Die Konsequenz: Die Gesamtbeiträge heben sich in diesem Bereich auf und man hat
destruktive Interferenz.
Wo die Wirkung jedoch stationär ist, sind alle Beiträge der Pfade in Phase. Sie löschen
sich somit nicht aus und es kommt zu konstruktiver Interferenz. Das ist eine direkte
Folgerung aus dem Hamiltonschen Prinzip! (siehe Gleichung (3)) Im Gegensatz zum
klassischen Fall muss man aber eben auch die Umgebung des (hinsichtlich der Wirkung)
minimalsten Pfades miteinbeziehen. Nichtsdestoweniger können wir in unserer Theorie
das klassische Verhalten wiedererkennen. Wenngleich nur als Näherung.
Im atomaren Bereich ist S vergleichbar mit h̄. In diesem Fall muss man über alle Möglichkeiten aufsummieren und kein einziger Weg ist von besonderer Bedeutung. Gleichung
(5) muss dann keine gute Näherung mehr sein.
Wir haben jetzt eine halbwegs formale Darstellung des Doppelspaltexperiments. Das ist
schön. Schließlich ist es ja grundlegend für das Verständnis der Quantenmechanik. Eine
Anmerkung sei gestattet. Man kann das Experiment nämlich noch sinnvoll erweitern.
Dazu tut man einen isolierenden Behälter zwischen die beiden Spalte und in diesem lässt
man ein Magnetfeld8 fließen. Da das Feld im Außenraum nicht existiert, hat es keine
6
7
8
6.6263 ∗ 10− 34/(2π) J*s
eiz = cos z + i sin z
Der Vektor der magnetischen Feldstärke stehe normal zur Ebene Quelle-Spalte-Schirm.
12
G. Pfanner
Auswirkungen auf den Verlauf des Versuchs. Auf das was aus der Quelle herauskommt,
wirkt keine Kraft. Na schön. Leider bzw. gottseidank (wie auch immer) sagt das reale
Experiment etwas anderes. Die Teilchen verspüren das Magnetfeld sehr wohl, sofern sie
geladen sind. Man nennt dass den Aharonov-Bohm-Effekt, aber den heben wir uns für
später auf.
2.2.2 Die allgemeine Definition
Wir verallgemeinern jetzt unsere Definition der Gesamtamplitude (5). Dazu machen wir
das Gitter feiner, und zwar genauso lange, als dass sich die einzelnen Wege nur mehr um
infinitesimale Stückchen unterscheiden. Aus der Summe wird folglich ein Integral und
über dessen Form wollen wir uns nun den Kopf zerbrechen.
Was ist zu tun? Wir müssen die Analogie zur mathematischen Definition des Integrals
herstellen. Zur Riemannschen Definition (vgl. Abbildung (6). Die Fläche A unter einer
Kurve ist proportional zu der Summe der Ordinaten. Konkret betrachtet man nun eine
Teilmenge der Ordinaten, und zwar diejenigen, die einen fixen Abstand h zueinander
aufweisen. Formal schreibt sich dies folgendermaßen
X
A∝
f (xi )
(6)
i
Salopp formuliert folgt die genaue Definition der Fläche jetzt einfach aus einer Grenzwertbildung, d.h. der Abstand zwischen den Linien soll unendlich klein werden. Dazu
müssen wir aber noch eine von h abhängige Normalisierungskonstante einführen. Im
Falle des Riemann-Integrals ist dies h selber
X
A = lim [h
f (xi )]
h→0
i
Damit ist der Bezug zwischen der von der Funktion f(x) eingeschlossenen Fläche und der
Variable x hergestellt. Bei kinematischen Betrachtungen ist es gebräuchlich, dass f (x)
dem x(t) entspricht. t ist also der Parameter bzw. Variable und der Ort hängt von ihr
ab. Sodann zerlegen wir (im Unterschied zum Doppelspalt) die Zeit in kleine Stücke .
Wir erhalten dadurch ti Werte zwischen dem Zeitpunkt ta und dem Zeitpunkt tb . Zudem
ordnen wir jedem ti einen Raumpunkt xi zu (vgl. Abbildung (4)). Diese verbinden wir
und erhalten einen Polygonzug bzw. unseren Pfad. Die Summe über alle Pfade wird
dadurch zu einem vielfachen Integral über alle Werte xi mit
(N + 1)
t0
tN +1
x0
xN +1
=
=
=
=
=
=
ta − tb
ti+1 − ti
ta
tb
xa
xb
13
Das Pfadintegral!
Abbildung 3: Zur Definition des Riemannschen Integrals.
Es wird eine Reihe von Ordinaten von der Abszisse zur Kurve gezeichnet.
Im Abstand h. Dann wird das Integral (Fläche zwischen Kurve und Abszisse) durch h-mal die Summe der Ordinaten approximiert.
Eine analoge Definition kann für die Pfadintegrale verwendet werden. Das
Maß (welches im Grenzübergang Null wird) ist das Zeitintervall zwischen
den Punkten des Pfades.
14
G. Pfanner
Abbildung 4: Die Unterteilung des Zeitintervalls zwischen ta und tb .
Gedanklich setzen wir an den N Zeitpunkten ∞ feine Gitter ein. Dementsprechend ergeben sich mögliche Pfade, die sich nur um dxi unterscheiden.
Das Ergebnis für die Gesamtamplitude lautet dann
Z Z
Z
K(b, a) ∝
... φ[x(t)]dx1 dx2 ...dxN
(7)
Wir integrieren nicht über x0 oder xN +1 da diese Punkte den (fixen) Endpunkten xa ,
xb entsprechen. Aufgrund der formalen Ähnlichkeit zwischen dieser Gleichung und Gleichung (6), ist der nächste Schritt offensichtlich. Man muss einen geeigneten Normalisierungsfaktor einführen, welcher von abhängt!
Für das Teilchen der Masse m, das sich im Potential V(x,t) 9 bewegt, ist diese Konstante
gleich:
r
2πih̄ε
A=
(8)
m
Der Faktor ergibt sich z.B. bei der Herleitung der Schrödinger-Gleichung mit Hilfe des
Pfadintegrals10
Wenn wir jedoch eine Normierungskonstante finden können, so existiert auch der Grenzwert...
Z Z
Z
1
dx1 dx2 dxN
... e(i/h̄)S[b,a]
K(xb , tb ; xa , ta ) = K(b, a) = lim
...
(9)
ε→0 A
A A
A
9
10
L=
mẋ2
2
− V (x, t)
Vgl. 2.2.7.
15
Das Pfadintegral!
wobei
Rtb
S[b, a] = L (ẋ, x, t)dt
ta
Es gibt aber viele Wege eine Teilmenge aller Pfade zwischen A und B zu definieren. Die
hier verwendete Möglichkeit muss nicht immer die Günstigste sein. Hängt die LagrangeFunktion zum Beispiel von der Beschleunigung ab, so ist (für die hier benützte Konstruktion des Pfades) die Geschwindigkeit unstetig an den verschiedenen Punkten (xi , ti ); die
Beschleunigung wäre somit unendlich.11 Es ist deswegen besser eine allgemeinere Notation zu verwenden...
Zb
K(b, a) = e(i/h̄)S[b,a] D x(t)
(10)
a
Schaut doch ziemlich wie ein ”normales” Integral aus, oder? Naja, zumindest die Dimension ist anders. Die Dimension des Differentials dx ist ”Länge”; die von D x ist
”1/[Länge]”. K[b, a] hat somit im n-dimensionalen Konfigurationsraum die Dimension
”1/[Länge]n ”.
Hinsichtlich der Interpretation wollen wir uns von unseren Überlegungen zum Doppelspaltexperiment geleiten lassen. K(b, a)2 ergibt irgendeine Wahrscheinlichkeit, deren
konkrete physikalische Bedeutung aus unserer Gitterung der Zeit folgen wird. Um diese
wage Aussage zu konkretisieren, schauen wir uns jetzt die quantenmechanische Zeitentwicklung an.
2.2.3 Die Greensche-Funktion in der Quantenmechanik
Die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung eines Teilchens lautet
Ĥψ(x, t) = −
h̄2 ∂ 2 ψ(x, t)
∂ψ(x, t)
+ V (x)ψ(x, t) = ih̄
2
2m ∂ x
∂t
oder
(ih̄
∂
− Ĥ)ψ(x, t) = 0.
∂t
Die Schrödinger-Gleichung ist eine lineare Differentialgleichung erster Ordnung in der
Zeit. Offensichtlich ist sie nur für den nichtrelativistischen Fall gültig. Schließlich weist
sie eine Asymmetrie zwischen der Orts- und der Zeitvariable auf. Die Gleichung ist eine
Art (komplexe) Diffusionsgleichung und es gibt (reelle) Pendants für den Wärmestrom,
die Diffusion oder die Viskosität. In der Tat werden wir noch sehen, dass gerade der
Pfadintegral-Formalismus den komplexen mit dem reellen Fall sehr elegant miteinander
verknüpft.
Nun aber zu ihrer Lösbarkeit. Kennen wir die Wellenfunktion ψ(x, t) zum Zeitpunkt t
11
Bislang hat sich für diese Klasse von Problemen die Substitution ẍ =
zielführend erwiesen, aber wer weiß...
16
1
ε2 (xi+1
− 2xi + xi−1 ) als
G. Pfanner
und für alle x, so bestimmt dies eindeutig die Wellenfunktion zum Zeitpunkt t0 . Zwischen
ψ(x0 , t0 ) und ψ(x, t) besteht ein linearer Zusammenhang im Sinne von
0
Z
0
ψ(x , t ) =
K(x0 , t0 ; x, t)ψ(x, t)dx
(11)
K nennt man die zum Hamilton-Operator Ĥ korrespondierende Greensche-Funktion
bzw. Propagator. Mit Hilfe dieser Funktion und dem Anfangswert ist es uns möglich,
die Wellenfunktion an allen x0 und zu allen Zeiten t0 zu bestimmen. Dieses Vorgehen
entspricht einem rein mathematischen Verfahren zur Lösung von DG’s und es ist somit
nicht nur für die QM von Nutzen. Physikalisch betrachtet, drückt Gleichung (11) gerade
das Huygensche Prinzip aus.
Um physikalisch sinnvolle Ergebnisse zu erhalten, unterwirft man die Greensche-Funktion
noch der Bedingung
K(x0 , t0 , x, t) = 0 für t0 < t
Die Forderung garantiert ein kausale Entwicklung der Funktion und wir erhalten die
sogenannte retardierte Lösung.
Eine wichtige Relation für die Greensche-Funktion ist die Eigenfunktionsdarstellung.
Zur deren Ableitung betrachtet man zeitunabhängige Hamilton-Operatoren. Mit einem
Ansatz für die Wellenfunktion und der Darstellung von Funktionen im Eigensystem des
Operators folgt nach ein wenig Rechnerei
K(x0 , t0 ; x, t) =
∞
X
0
φn (x0 )φ∗n (x)e(−i/h̄)En (t −t) für t0 > t.
(12)
n=1
(φn (xi )...Basisfunktionen)
Wem das jetzt ein wenig zu schnell gegangen ist, der werfe einen Blick z.B. auf das
bereits erwähnte Skriptum Quantenfeldtheorie (Soff)12 . An dieser Stelle geben wir nur
noch die Darstellung im bra-ket-Formalismus an
X
0
K(x0 , t0 ; x, t) =
hn|x0 ie−(i/h̄)En (t −t) hx|ni
n
=
XD
−(i/h̄)Ĥt0
n|e
ED
E
+(i/h̄)Ĥt
|x
x|e
|n
0
n
0
K(x0 , t0 ; x, t) = hx0 | e−(i/h̄)Ĥ(t −t) |xi ≡ hx0 | Û (t0 , t) |xi
Offenbar ist der Propagator nichts anderes als der Zeitentwicklungsoperator
0
Û (t0 , t) = e−(i/h̄)Ĥ(t −t)
in der Ortsdarstellung. Keine allzu große Überraschung!
12
http://www.physik.tu-dresden.de/studdocs.htm
17
Das Pfadintegral!
2.2.4 Zur Pfadintegraldarstellung der Greenschen-Funktion
Aber wozu haben wir uns das angeschaut? Nun, man kann die Greensche-Funktion auch
als Pfadintegral darstellen. Anders formuliert: das Pfadintegral stellt einen Ausdruck für
den Propagator K dar, der als Operator formal auf den Ausgangszustand wirkt und die
zeitentwickelte Amplitude des Systems liefert.
Um diesen Zusammenhang zu sehen, gehen wir von der Eigenfunktionsdarstellung der
Greenschen-Funktion (12) aus. Wir haben das auch als
K(x0 , t0 ; x, 0) = hx0 | Û (t0 , 0) |xi
angeschrieben, wobei wir fortan t = 0 setzen.
Mit der Identität eĤ = (eĤ/(N +1) )N +1 und λ = it0 /h̄ ergibt sich
K(x0 , t0 ; x, 0) = hx0 | (e−λ(T̂ +V̂ )/(N +1) )N +1 |xi
Die Potenzreihendarstellung des Operators schaut so aus
−λ(T̂ +V̂ )/(N +1)
e
= 1−
∞
X
λ(T̂ + V̂ ) λ2 (T̂ + V̂ )2
[−λ(T̂ + V̂ )/(N + 1)]n
=
=1−
+
− ...
n!
N +1
(N + 1)2
n=0
λV̂
λ2 T̂ 2
λ2
λ2 V̂ 2
λT̂
−
+
+
(
T̂
V̂
+
V̂
T̂
)
+
− ...
N + 1 N + 1 2(N + 1)2 2(N + 1)2
(N + 1)2
= 1−
λT̂
λ2 T̂ 2
λV̂
λ2 V̂ 2
λ2
+
−
+
+
(T̂ V̂ + V̂ T̂ ) − ...
N + 1 2(N + 1)2 N + 1 2(N + 1)2 2(N + 1)2
λT̂
λ2 T̂ 2
λV̂
λ2 V̂ 2
+
+
...)(1
+
+
+ ...)
N + 1 2(N + 1)2
N + 1 2(N + 1)
= e−λT /(N +1) e−λV /(N +1) + O(1/(N + 1)2 )
= (1 −
Setzen wir dies in unser K(x0 , t0 ; x, 0) ein, so erhalten wir die Trotter-Produktformel
K(x0 , t0 ; x, 0) = lim hx0 | (e−λT̂ /(N +1) e−λV̂ /(N +1) )N +1 |xi
N →∞
Unser Operatorausdruck wirkt N +1-mal auf unseren Zustand |xi. Dieser ändert sich
somit zwischen x0 und x in diskreten Schritten xj . Es folgt daher
0
−λT̂ /(N +1) −λV̂ /(N +1) N +1
hx | (e
e
)
|xi =
N
Y
hxj+1 |e−λT̂ /(N +1) e−λV̂ /(N +1) |xj i
j=0
Fügen wir jetzt noch eine Vollständigkeitsrelation13 ein, so erhalten wir
Z Y
N
0 0
K(x , t ; x, 0) = lim
hxj+1 | e−λT̂ /(N +1) e−λV̂ /(N +1) |xj i dx1 ...dxN
N →∞
j=0
Wir betrachten nun die einzelnen Operatoren etwas genauer...
13
1 = |xj i hxj | dxj (j = 1, ..., N )
R
18
(13)
G. Pfanner
• e...V̂ : Der Multiplikationsoperator V̂ ist diagonal im Ortsraum, da V = f (x)
e−λV̂ /(N +1) |xj i = |xj i e−λV (xj )/(N +1) .
(14)
Zu beachten ist, dass V (xj ) nur mehr eine Zahl ist, nämlich der Eigenwert von V̂
an der Stelle xj .
• e...T̂ : Bei unserer kinetischen Energie haben wir nicht soviel Glück. Schließlich
hängt sie ja vom Impuls ab, und der vertauscht nicht mit der Ortsvariable. Deswegen fügen wir wiederum, an geeigneten Stellen, N -mal Einsen aus Eigenwerten
des T -Operators ein14 . Mit
r
1 −(i/h̄)pxj
hp | xj i =
e
2πh̄
ergibt sich...
−λT̂ /(N +1)
hxj+1 | e
Z
|xj i =
hxj+1 |e−λT̂ /(N +1) |pj i hpj | xj i dpi
1
=
2πh̄
Z∞
2
e−λpj /(2m(N +1)) eipj (xj+1 −xj )/h̄ dpi
−∞
Zu beachten ist, dass xj+1 ein positives Vorzeichen hat, da man das bra ja ”komplex
konjugiert” bedeutet.
Da für Gaußsche Integrale
Z∞
−ay 2 +by
e
r
dy =
π b2
e 4a
a
−∞
gilt, erhält man weiters (durch Integration)
r
m(N + 1) −m(N +1)(xj+1 −xj )2 /(2λh̄2 )
−λT̂ /(N +1)
hxj+1 | e
|xj i =
e
2πλh̄2
(15)
Setzen wir (14) und (15) in (13) ein!
Z r
N
j)
m(N + 1) N +1 Y − m(xj+1 −xj2)2 (N +1) − λVN(x
0 0
+1 dx ...dx
2λh̄
K(x , t ; x, 0) = lim
(
)
·
e
1
N
N →∞
2πλh̄2
j=0
Mit ε = t0 /(N + 1) = (h̄λ)/i(N + 1) und zusammenfassen...
N
P
xj+1 −xj
Z r
m N +1 iεh̄ j=0 12 m( ε )2 −V (xj )
K(x , t ; x, 0) = lim
(
)
·e
dx1 ...dxN
N →∞
2πih̄ε
0
14
0
(16)
1 = |pi i hpi |dpi
R
19
Das Pfadintegral!
Das ist schon der Pfadintegralausdruck für den Propagator! Die weitere Interpretation
kennen wir bereits. Die verschiedenen Punkte x, x1 ...,xN , x0 sind durch Geraden miteinander zu verbinden. Ein Polygonzug entsteht. Im Grenzübergang ε → 0 wird die
Summe in der Exponentialfunktion wieder zur Riemannschen Summe eines bestimmten
Integrals
Zt
N
X
1 dx
1 xj+1 − xj 2
) − V (xj )] → [ m( )2 − V (x)]dτ
ε[ m(
2
ε
2 dτ
j=0
0
Fällt Ihnen etwas auf? Richtig, ganz unbefangen sind wir zu unserem Vorfaktor A gekommen!
2.2.5 Das Pfadintegral im Hamilton-Formalismus
Da wir nun schon soviel mit dem Hamilton-Operator zu tun hatten, wollen wir das
Pfadintegral auch für die Hamilton-Funktion bzw. den Hamilton-Formalismus angeben.
Das geht aber ganz einfach! Gleichung (4) stellt die Wirkung im Hamilton-Formalismus
dar. Die Wirkung S wird halt zu einem S[q, p] anstatt des S[q]’s. Die Definition des
Pfadintegrals (siehe Gleichung (10)) ergibt sich deswegen zu
X
K(qb , tb ; qa , ta ) ≡
e(i/h̄)S[p,q] ⇒
alle Pfade von
qa nach qb
∞
∞
Z
Z iε NP+1 qn −qn−1 1
[pn
− 2 (H (pn ,qn ,tn )+H (pn ,qn−1 ,tn ))]
h̄
ε
K(qb, tb ; qa , ta ) = lim
...
e n=1
·
N →∞,→0
−∞
−∞
·
N
+1
Y
n=1
also
Z
K(qb, tb ; qa , ta ) = e(i/h̄)S[q,p] D pD q
N
dpn Y
dqn
2πh̄ n=1
(17)
Wir integrieren offensichtlich über alle Phasenraumvolumselemente dqn dpn (gemessen
in Einheiten des Planckschen Wirkumsquantum h = 2πh̄). Da unser Propagator jetzt
in Ausdrücken der verallgemeinerten Koordinaten und Geschwindigkeiten vorliegt, sehen wir noch etwas sehr deutlich. Da, gemäß Voraussetzung, Anfangs- und Endpunkt
vollkommen festgelegt sein müssen, sind die jeweiligen dazugehörigen Impulse komplett
unbestimmt. Es gilt ja ∆x∆p ∼ h.
Für die quadratische Hamilton-Funktion (vgl. Gleichung (1)) ist die Integration über
D p verhältnismäßig einfach. Mittels quadratischem Ergänzen kommen wir (bis auf eine
Normierungskonstante zu unserer ursprüngliche Form zurück
Z
K(b, a) = N
20
(i/h̄)
e
Rtb
ta
L (q̇,q)dt
Dq
G. Pfanner
2.2.6 Die Aufspaltung des Pfadintegrals
Jetzt wollen wir noch einen anderen grundlegenden Punkt behandeln. Was geschieht,
wenn man es mit zwei aufeinanderfolgende Ereignissen zu tun hat? Dazu gehen wir von
ta < tc < tb aus (vgl. Abbildung (5)). tc hat jedoch keinen ”exakten” Wert sondern ist
halt eine Variable. Die Wirkung kann man aufspalten in
S[b, a] = S[b, c] + S[c, a]
Setzt man dies in (10) ein, so folgt
Z
K(xb , tb ; xa , ta ) =
e(i/h̄)(S[b,c]+S[c,a]) D 0 x(t)
Man erkennt sofort, dass auf der rechten Seite das Produkt zwischen K(c, a) und K(b, c)
steht. Zu dem unbekannten tc gibt’s natürlich wieder einen ebenso unbestimmten Raumpunkt xc . Offenbar verbleibt genau die Integration über diese Variable, d.h.
Z
K(xb , tb ; xc , tc )K(xc , tc ; xa , ta )dxc
K(xb , tb ; xa , ta ) =
(18)
xc
Die Verallgemeinerung liegt auf der Hand und führt zu einer Aufspaltung in einzelne
Teilintervalle
Z Z
K(b, a) =
Z
...
x1 x2
K(b, N )K(N, N − 1)...K(i + 1, i)...K(1, a)dx1 dx2 ...dxN
xN
Für ein infinitesimales Zeitintervall zwischen zwei aufeinanderfolgenden Punkten können
wir schreiben
1 iε xi+1 −xi xi+1 +xi ti+1 +ti
K(i + 1, i) = e h̄ L ( ε , 2 , 2 )
(19)
A
Dieser Ausdruck gilt in erster Ordnung in . Die diskrete Darstellung der Gesamtamplitude lautet somit
N
Y
K(b, a) = lim
K(i + 1, i)
ε→0
i=0
2.2.7 Die Ableitung der Schrödinger-Gleichung aus der Pfadintegraldarstellung
der Greenschen-Funktion
Die Gültigkeit der Gleichung (11) kann als eine Konsequenz von (18) angesehen werden.
Sie lautete
Z∞
ψ(x0 , t0 ) =
K(x0 , t0 ; x, t)ψ(x, t)dx
(20)
−∞
21
Das Pfadintegral!
Abbildung 5: Um die Summe über alle Pfade zu erhalten, summiert man zuerst über
die Wege auf, welche durch den Raum-Zeitpunkt (xc , tc ) gehen. Darauf
folgt die Integration über die Punkte xc . Die Amplitude zu jedem Weg,
der von a über c nach b geht, ist ein Produkt zweier Faktoren: (1) einer
Amplitude die von a nach c, und (2) einer Amplitude die von c nach b geht.
Da dies somit auch für die Summe gilt, ergibt sich die Gesamtamplitude
zu K(b, c)K(c, a).
22
G. Pfanner
Man kann das übrigens auch als Definitionsgleichung für die Greensche-Funktion auffassen. Ihre Bedeutung reflektieren wir noch einmal: Kennen wir sie (sowie die Wellenfunktion zum Zeitpunkt t am Orte x), so können wir die Wellenfunktion am Punkt x0 zu t0
berechnen. Ihr Betragsquadrat ergibt somit die Übergangswahrscheinlichkeit an.
t2 möge sich jetzt nur um ein infinitesimales von t1 unterscheiden. Aus (20) folgt unter
Verwendung von (19)
Z∞
ψ(x, t + ε) =
1 iε L ( x−y , x+y ,t+ 1 ε)
ε
2
2 ψ(y, t)dy
e h̄
A
−∞
Dabei haben wir unser xi+1 , der Abwechslung halber, zu y umgetauft. Wieder betrachten
wir unser ”Lieblingsbeispiel”: die Bewegung eines Teilchens in einem Potential V (x, t).
Einsetzen der entsprechenden Lagrange-Funktion führt auf
Z∞
ψ(x, t + ε) =
1 im(x−y)2 − iε V ( x+y ,t+ 1 ε)
2
2 ψ(y, t)dy
e 2h̄ε e h̄
A
(21)
−∞
Der Exponent (x − y)2 /2 tritt im Argument der ersten Exponentialfunktion auf. Da
x und y sehr nahe beieinander liegen, können wir auch y = x + η schreiben. Durch
Einsetzen in (21) bekommt man
Z∞
ψ(x, t + ε) =
1 imη2 − iε V ( 2x+η ,t+ 1 ε)
2
2 ψ(x + η, t)dy
e 2h̄ε e h̄
A
−∞
Wir entwickeln nun ψ in eine Potenzreihe, wobei wir nur Terme der Ordnung 15 berücksichtigen wollen. Deswegen können wir zunächst einmal εV [(2x + η)/2, t + ε/2] durch
V (x, t) ersetzen. Unsere Gleichung nimmt, wegen der Reihendarstellung, die Gestalt
∂ψ
=
ψ(x, t) + ε
∂t
Z∞
iε
∂ψ 1 2 ∂ 2 ψ
1 imη2
e 2h̄ε [1 − V (x, t)] · [ψ(x, t) + η
+ η
]dη
A
h̄
∂x 2 ∂ 2 x
(22)
−∞
an.
Der Term, der sich (bei einem ”normalen” Multiplikationsschema) als erstes ergibt, lautet
r
Z∞
1 imη2
1 2πih̄ε
e 2h̄ε dη =
A
A
m
−∞
Damit beide Seiten im Grenzübergang → 0 übereinstimmen16 , muss
r
2πih̄ε
A=
m
15
16
d.h. Terme die quadratisch in η sind
wobei nur dieser Term stehen bleibt
23
Das Pfadintegral!
sein.
Nanu! Das ist doch genau der Faktor, den wir aus (8) bereits kennen! Jetzt haben wir
also noch eine weitere Begründung für ihn gefunden! Auf diese Weise wird das auch bei
komplizierteren Problemen gemacht. A muss so gewählt sein, als dass die Gleichung für
→ 0 korrekt bleibt.
Für Gleichung (22) müssen wir noch folgende unbestimmte Integrale berechnen bzw. in
Integraltafeln nachschlagen
Z∞
Z∞
1 imη2
e 2h̄ε dη = 0 bzw.
A
−∞
1 imη2
ih̄ε
e 2h̄ε dη =
A
m
−∞
Setzen wir alles in (22) ein, so bekommen wir
∂ψ
iε
h̄ε ∂ 2 ψ
ψ+ε
=ψ− Vψ−
∂t
h̄
2im ∂ 2 x
Schauen wir uns das nur bis zur ersten Ordnung ( = 1) an...
h̄ ∂ψ
h̄2 ∂ 2 ψ
−
=−
+ V (x, t)ψ
i ∂t
2m ∂ 2 x
Das ist aber natürlich nix anderes als die entsprechende Schrödinger-Gleichung. Wem
das nicht genug sein sollte, der kann den Zusammenhang auf die gleiche Art und Weise für komplexere Probleme nachweisen. Wir wollen uns hier nur noch einmal vergegenwärtigen, dass wir uns jetzt die Gleichwertigkeit der Schrödinger-Theorie und der
Pfadintegral-Methode gut vorstellen können.
2.3 Einfache Beispiele
2.3.1 Die klassische Wirkung für den harmonischen Oszillator bzw. das freie
Teilchen
Unsere ersten beiden Beispiele sind das freie Teilchen und der harmonischer Oszillator.
Augenscheinlich ist natürlich, dass der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe mit der ”Art”
der Lagrange-Funktion zusammenhängt. Das ist aber auch in der klassischen Mechanik
so. Ein Mehrteilchenproblem ist halt schwieriger zu lösen als das freie Teilchen oder ein
Teilchen in einem Potential.
Zunächst einmal wollen wir unsere Beispiele klassisch behandeln. Für den harmonischen
Oszillator lautet die Lagrange-Funktion
L =
mẋ2 mω 2 2
−
x
2
2
(23)
Im Grenzübergang ω → 0 wird dies zur Lagrange-Funktion des freien Teilchens.
Um den klassischen Pfad xkl für den Fall ω 6= 0 zu erhalten, muss man die aus (23)
abgeleitete Bewegungsgleichung
ẍ + ωx = 0
(24)
24
G. Pfanner
(mit den Randwerten x(ta ) = xa und x(tb ) = xb ) integrieren. Es ergibt sich die Lösung
x(t) = c1 sin ωt + c2 cos ωt
wobei
c1 =
xb cos ωta − xa cos ωtb
xb sin ωtb − xb sin ωta
und c2 =
sin ωT
sin ωT
(T gibt die zeitliche Differenz an, also T = tb − ta )
Mit Hilfe von sin(α + β) = sin α cos β + cos α sin β erhält man
x(t) = [xb sin ω(t − ta ) + xa sin ω(t − tb )]/ sin ωT
(25)
Jetzt setzen wir in unsere Lagrange-Funktion (23) die Wirkung (2) ein
Ztb
Skl =
m
L dt =
2
ta
Ztb
Ztb
Ztb
m
dx
dx
(ẋ2 − ω 2 x2 )dt = [ ( )( )dt − ω 2 x2 dt
2
dt dt
ta
ta
ta
Partielle Integration ergibt...
t
Ztb
mxẋ b m
Skl =
−
x(ẍ + ω 2 x)dt
2 ta
2
ta
Im Vergleich mit (24) sieht man, dass der zweite Term verschwindet. Es folgt somit
Skl =
m
[x(tb )ẋ(tb ) − x(ta )ẋ(ta )]
2
Wenn wir nun (25) (sowie dessen Ableitung) einsetzen, kriegen wir
Skl =
m
[xb ω(xb cos ωT − xa ) − xa ω(xb − xa cos ωT )]/ sin ωT
2
also schlussendlich
Skl =
mω
[(x2 + x2b ) cos ωT − 2xa xb ]
2 sin ωT a
Der Grenzübergang ω → 0 führt zur Wirkung des freien Teilchens
Skl =
m (xb − xa )2
2
T
25
Das Pfadintegral!
2.3.2 Das freie Teilchen
Schauen wir uns nun das freie Teilchen im Pfadintegral-Formalismus an. Die LagrangeFunktion lautet ja
mẋ2
L =
2
Setzen wir dies in Gleichung (16) ein, so erhalten wir
Z∞ Z∞
K(xb , tb ; xa , ta ) = lim
ε→0
−∞ −∞
Z∞
...
im
m N +1 2h̄ε
) 2 e
(
2πih̄ε
NP
+1
(xi −xi−1 )2
i=1
dx1 ...dxN
−∞
Wie schon sooft haben wir es mit einem Satz von Gauß-Integralen zu tun. Das Integral
einer Gaußschen Funktion führt wieder auf eine Gaußsche Funktion. Damit können wir
ein Integral nach dem anderen sukzessive ausführen. Mit der Formel
Z∞
a(x1 −x)2 b(x2 −x)2
e
e
r
ab
π a+b
2
dx = −
e (x1 −x)
a+b
−∞
ergibt die Integration über dx1
Z∞
m 2/2 im [(x2 −x1 )2 +(x1 −x0 )2 ]
(
) e 2h̄ε
dx1 ... =
2πih̄ε
Z r
im
2
m
e 2h̄(2ε) (x2 −x0 ) dx2 ...
2πih̄ · 2ε
−∞
Multiplikation mit
r
im
m
2
e 2h̄ε (x3 −x2 )
2πih̄ε
und Integration über x2 führt auf
Z∞
Z r
...dx2 ... =
im
2
m
e 2h̄(3ε) (x3 −x0 ) dx3 ...
2πih̄ε · 3ε
−∞
Dieses Ergebnis folgt unmittelbar aus der ersten Integration, wenn man (x2 − x0 )2 →
(x3 − x0 )2 bzw. 2 → 3 substituiert. Machen wir das jetzt N -mal, so erhalten wir
Z∞
r
...dxN =
im
2
m
e 2h̄(N +1)ε (xN +1 −x0 )
2πih̄ · (N + 1)ε
−∞
Wir erinnern uns, dass (N + 1) = tb − ta ist. Somit bekommen wir für die Amplitude
r
im(xb −xa )2
m
K(xb , tb ; xa , ta ) =
e 2h̄(tb −ta )
(26)
2πih̄(tb − ta )
26
G. Pfanner
K(b, a) entspricht genau der Greenschen-Funktion für ein freies Teilchen, die auch im
Rahmen der Schrödinger-Theorie abgeleitet werden kann. Die Übergangswahrscheinlichkeit entspricht dem Absolutbetragsquadrat, also
P (ta , tb ) =
m
2πh̄(tb − ta )
Offenbar hängt sie nur invers von der Zeit ab. Wie schaut das daher graphisch aus?
Fassen wir unsere Rechnung noch einmal kurz zusammen! Wir haben die LagrangeFunktion für unser Problem gekannt. Daraus haben wir uns die Wirkung gebastelt.
Diese haben wir diskretisiert und in unsere Definition des Propagators eingesetzt. Die
Berechnung der N Integrale an den diskreten Stellen xi zwischen Anfangs- und Endpunkt ergab den Propagator und daraus folgte die Übergangswahrscheinlichkeit durch
Betragsquadratbildung
Rein des Juxes wegen geben wir noch die Greensche-Funktion für den 3d-Fall an
r
im(~
rb −~
ra ) 2
m
3
2h̄(tb −ta )
) ·e
K(~ra , ta ; ~rb , tb ) = (
2πih̄(tb − ta )
Übrigens, ist die Wirkung in (26) mit der klassischen Wirkung für das freie Teilchen
vergleichbar?
2.3.3 Der harmonische Oszillator
Als ein weiteres Beispiel betrachten wir den harmonischen Oszillator. Dieser gehört zu
einer allgemeinen Klasse von Problemen, die auf Gaußsche Integrale führen. Die entsprechende Lagrange-Funktion lautet
L (ẋ, x, t) = a(t)ẋ2 + b(t)xẋ + c(t)x2 + e(t)x + f (t)
Unser freies Teilchen steckt da natürlich auch drinnen. Noch weitere Beispiele gefällig?
Der verschobene harmonische Oszillator (Doppelmuldenpotential) bzw. geschwindigkeitsabhängige Potentiale.
Der Propagator lautet (vgl. Gleichung (10))
Zb
K(b, a) =
(i/h̄)
e
Rtb
L (ẋ,x,t)dt
ta
D x(t)
(27)
a
Wir spalten jetzt jeden Weg in einen klassischen Anteil xkl 17 und in einen Anteil y auf.
x = xkl + y
Anders formuliert: x und y unterscheiden sich um xkl (vgl Abbildung (6)). Somit gilt
17
also jener Weg, der in der klassischen Berechnung a und b verbindet.
27
Das Pfadintegral!
Abbildung 6: Zur Seperation von x
Aufgetragen sind xkl und x(t) wobei die Differenz eben y(t) ist.
in der diskretisierten Version dxi = dyi bzw. allgemein D x(t) = D y(t). Für das Wirkungsfunktional folgt
Ztb
S[x(t)] = S[xkl (t)+y(t)] =
[a(t)(ẋ2kl + 2ẋkl ẏ + ẏ 2 ) + b(t)(ẋkl xkl + ẋkl y + ẏxkl + ẏy) + ...]dt
ta
Die Terme die keine y-Abhängigkeit aufweisen, ergeben in Summe die Wirkung des
klassischen Weges, also S[xkl (t)] = Skl . Terme die linear in y bzw. ẏ sind, verschwinden
nach Integration18 . Man bekommt...
Ztb
S[x(t)] = Skl +
[a(t)ẏ 2 + b(t)ẏy + c(t)y 2 ]dt
ta
Wir haben unsere Wirkung somit separiert. Einsetzen in (27) ergibt schlussendlich für
die Greensche-Funktion
(i/h̄)Skl
I
K(b, a) = e
e
i
h̄
Rtb
ta
[a(t)ẏ 2 +b(t)y ẏ+c(t)y 2 ]dt
D y(t)
(28)
yb =ya =0
18
Das kann anhand der Ableitung der Euler-Lagrange Gleichungen aus dem Wirkungsprinzip plausibel
gemacht werden, wo nach partieller Integration ein Term δq ∂∂L
q̇ auftritt der aufgrund von δq = 0 (für
die Endpunkte qa , qb ) verschwindet.
28
G. Pfanner
Dieses Ergebnis ist durchaus bemerkenswert. Klar ist vorerst nur, warum der klassische
Weg als Konstante auftritt. Aber wieso sollen wir, wie wir es angeschrieben haben, von
0 nach 0 integrieren? (Antwort siehe Fußnote19 )
Da das Integral nur von ta und tb abhängt, kann man den Propagator auch folgendermaßen anschreiben
K(b, a) = e(i/h̄)Skl F (ta , tb )
Wir wollen aber unsere Berechnung des harmonischen Oszillators fortsetzen. Dazu müssen
wir zunächst einmal die geeignete klassische Wirkung einsetzen
imω
2
2
K(b, a) = F (T )e 2h̄ sin ωT +[(xa +xb ) cos ωT −2xa xb ]
(29)
Nun gilt es die Funktion F(T) zu bestimmen , die ja durch
I
F (T ) =
e
i
h̄
RT
0
1
m(ẏ 2 −ω 2 y 2 )dt
2
D y(t)
(30)
0
gegeben ist.
Dabei verwenden wir ein sehr wichtiges Verfahren. Da alle Pfade y(t) von 0 bei t = 0
nach 0 bei t = T gehen, ist
X
nπt
y(t) =
an sin
T
n
(d.h. die Darstellung als Fourier-Sinusreihe) ein vernünftiger Ansatz. Die verschiedenen
Pfade können dabei als Funktion der Entwicklungskoeffizienten an aufgefasst werden.
Wir setzen unsere Reihe in das Wirkungsintegral ein. Für den ersten Term erhalten wir
offenbar
ZT
ZT
X X nπ mπ
nπt
mπt
2
an am cos(
) cos(
)dt
ẏ dt =
T
T
T
T
n
m
0
0
Mit
R2π
cos(mπ) cos(nπ)dx = πδmn (m, n 6= 0) folgt
0
ZT
ẏ 2 dt =
0
T X nπ 2 2
( ) an
2 n T
Auf ähnliche Weise ergibt sich
ZT
0
19
y 2 dt =
1X 2
a
2 n n
Das liegt an der Forderung, dass jeder Pfad durch die Endpunkte gehen muss. Dort kann deswegen auch
keine Abweichung y auftreten!
29
Das Pfadintegral!
Wieder haben wir unsere Zeit diskretisiert, und zwar in Schritte der Länge . Das entspricht der Berücksichtigung von (N + 1) Koeffizienten von an . Das zu lösende Pfadintegral (30) wird durch unsere Überlegungen zu
Z∞ Z∞
F (T ) = J
...
−∞ −∞
p
A = 2πih̄/m,
Z∞
NP
+1
e n=1
im nπ 2
[( T ) −ω 2 ]a2n
2h̄
da1 da2 daN +1
...
A A
A
−∞
wobei
J ...Jakobi-Determinante von den einzelnen yi auf die ai
Wir haben es wiederum mit Gauß-Integralen zu tun, und zwar
Z∞
im n2 π 2
−ω 2 )a2n
T2
e 2h̄ (
dan
n2 π 2
= ( 2 − ω 2 )−1/2
A
T
−∞
Das Pfadintegral ist somit proportional zu
N
+1
Y
n=1
(
N
+1
N +1
Y
n2 π 2 −1/2 Y
ω 2 T 2 −1/2
n2 π 2
2 −1/2
−
ω
)
=
[
(
)
][
(1
−
)
] = ab
2
2π2
T2
T
n
n=1
n=1
• a : a hängt nicht von ω ab. Wir fassen ihn deshalb mit der Jakobi-Determinante
sowie anderen Faktoren zu der Konstanten C zusammen.
• b : Der Grenzwert von b lautet
r
ωT
für N → ∞, d.h. → 0
sin ωT
Damit bekommen wir für F(T)
F (T ) = C
r
ωT
sin ωT
Im Grenzfall müssen wir wieder auf das freie Teilchen kommen, und zwar auf
r
m
F (T ) =
2πih̄T
C
ergibt sich deswegen zu
C
r
=
m
2πih̄T
so dass F (T ) zu
r
mω
F (T ) =
2πih̄ sin ωT
30
G. Pfanner
wird.
Setzen wir unser Ergebnis in Gleichung (29) ein, so erhalten wir insgesamt
r
imω
2
2
mω
· e 2h̄ sin(ωT ) [(xa +xb ) cos(ωT )−2xa xb ]
K(b, a) =
2πih̄ sin(ωT )
(31)
Die Übergangswahrscheinlichkeit schaut deswegen so aus
mω
P (ta , tb ) =
2πih̄ sin ωT
Wir haben daher einen 1/ sin ωT -Zusammenhang.
Man kann übrigens auch hier sehr schön die Gleichwertigkeit zum Schrödinger-Formalismus
sehen. Wir haben in 2.2.3 erwähnt, dass sich die Greensche-Funktion durch die Eigenfunktionen des Hamilton-Operators ausdrücken lässt, nämlich so
∞
X
K(x2 , T, x1 , 0) =
e−(i/h̄)En T φn (x2 )φ∗n (x1 )
n=0
Durch geschicktes Umformeln bzw. durch Reihenentwicklung von (31) und Koeffizientenvergleich folgt daher
r
2
4 πh̄ − mωx
e 2h̄
φ0 (x) =
r mω
2mω
xφ0 (x)
φ1 (x) =
h̄
1 2mω 2
φ2 (x) = √ (
x − 1)φ0 (x)
2 h̄
...
Die Beziehung ist also umkehrbar: Aus der Greenschen-Funktion lassen sich die Eigenfunktionen und Erwartungswerte ableiten. Sehr beruhigend!
Eine weitere Bemerkung sei gestattet. Wir haben ja zunächst von einer allgemeinen
Klasse gesprochen, nämlich den quadratischen Lagrange-Funktionen. Es ist somit klar,
dass die von uns gefundene Lösung des harmonischen Oszillators auch in der allgemeinen
Lösung des Problems enthalten sein muss. Zwar ist Induktion, ohne weitere Überlegungen, nie sehr ratsam, aber in diesem Falle führt sie auf ein intuitiv nachvollziehbares
Ergebnis und zwar:
Die quadratische Lagrange-Funktion
L = a(t)ẋ2 + b(t)xẋ + c(t)x2 + e(t)x + f (t)
hat die Pfadintegraldarstellung
K(b, a) = e(i/h̄)Skl (b,a) F (tb , ta )
wobei
I
F (tb , ta ) =
e
i
h̄
Rtb
ta
2
( my
−
2
∞
P
n=2
1 ∂nV
|
y n )dt
n! ∂ n x x=xxl
Dy
0
31
Das Pfadintegral!
Abbildung 7: Skizze zum Aharonov-Bohm-Effekt
2.3.4 Der Aharonov-Bohm-Effekt
Wir haben beim Doppelspaltexperiment (vgl. Abschnitt 2.2.1) von einer interessanten
Erweiterung gesprochen, dem Aharonov-Bohm-Effekt. Wir wollen ihn noch einmal definieren: Er stellt die Beeinflussung des Interferenzmusters aufgrund eines Magnetfeldes
dar, wobei dieses eigentlich nicht auf die Teilchen wirkt. Aber schauen wir uns das doch
~ festgegenauer an (Abbildung (7)). Das Magnetfeld wird durch das Vektorpotential A
~ = ∇ × A.
~ Die Lagrange-Funktion verändert sich bei Anwesenheit des
legt bzw. durch B
Feldes folgendermaßen
~ x)
L (~x˙ , x) → L 0 (~x˙ , ~x) = L (~x˙ , ~x) − (e/c)~v A(~
Für die Wirkung bedeutet dies (c = 1
Z
Z
0
~
~ x(t)) d~x(t) dt
S → S = S − e ~v A(~x)dt → ∆S = −e A(~
dt
also z.B. für einen der beiden Wege
Z
0
~ x)d~x
S [~x1 ] = S[~x1 ] − e
A(~
~
x1 (t)
Unsere Gesamtamplitude ergibt sich aus der Interferenz beider Wege. Schauen wir uns
jetzt den Fall mit eingeschaltetem Magnetfeld an
0
0
0
0
0
0
0
K 0 (b, a) = e(i/h̄)S [~x1 ] + e(i/h̄)S [~x2 ] = e(i/h̄)S [~x1 ] (1 + e(i/h̄)(S [~x2 ]−S [~x1 ]) ) = e(i/h̄)S [~x1 ] (1 + eiϕ12 )
32
G. Pfanner
wobei
ϕ012
e
= ϕ12 − [
h̄
Z
Z
~ x)d~x−
A(~
~
x2 (t)
~ x)d~x]
A(~
(32)
~
x1 (t)
Die Differenz entspricht aber genau einem Umlaufintegral
Z
Z
I
~
~
~ x)d~x = Φ
A(~x)d~x −
A(~x)d~x = A(~
~
x2 (t)
~
x1 (t)
(Φ...magnetischer Fluss)
Wir können Gleichung (32) somit auch als
e
ϕ012 = ϕ12 − Φ
h̄
anschreiben.
Es ist dabei interessant, dass das Umlaufintegral unabhängig vom konkreten Weg ist, als
lange es eben existiert, was wiederum an die Forderung gebunden ist, dass beide Spalte
offen sind.
Die Gesamtamplitude bei ausgeschaltetem Magnetfeld bezeichnen wir als K(b, a) =
K1 + K2 . Die Ki ’s ergeben sich dabei durch
Z
Ki =
e(i/h̄)S[~x] D ~x
Spalt i
Wenn wir das Magnetfeld einschalten...
R
Z
~ x
R
(ie/h̄) Ad~
~ x)
0
(i/h̄)(S[~
x]−e Ad~
1
K1 =
e
D~x = e
K1
Spalt1
bzw. insgesamt
−(ie/h̄)
K(b, a) = e
R
1
~ x
Ad~
−(ie/h̄)
K1 + e
R
2
~ x
Ad~
−(ie/h̄)
K2 = e
−(ie/h̄)
K(b, a) = e
R
~ x
Ad~
1
R
1
~ x
Ad~
(K1 + e−(ie/h̄)
H
~ x
Ad~
K2 )
(K1 + e−(ie/h̄)Φ K2 )
Was lernen wir daraus? Das Interferenzmuster auf dem Schirm reagiert direkt auf den
magnetischen Fluss. Wenn wir ihn verändern, so verändert sich auch das Messergebnis.
Ist die Phase const.Φ z.B. gleich π, so bekommt man an den Punkten, wo man zuvor
konstruktive Interferenz gehabt hat, destruktive Interferenz und umgekehrt.
Das Magnetfeld muss nicht im Aussenraum existieren, da für die Beeinflussung das
Vektorpotential entscheidend ist, welches ja nirgendwo verschwindet.
33
Das Pfadintegral!
3 Epilog:
3.1 Vom Vergnügen Dinge zu entdecken
• Quantum mechanics und path integrals (Feynman, Hibbs), McGraw-Hill Book
Company, 1965
Das Standardwerk schlechthin. In wesentlicher Hinsicht basieren die meisten Ausarbeitungen auf den Konzepten dieses Buches. Leider scheint es nicht mehr neu
aufgelegt zu werden, aber dafür sollte man es in jeder Fachbibliothek finden. Übrigens eine ”List of errors” gibt’s hier:
List of Errors (Styer)
(http://www.oberlin.edu/physics/dstyer/TeachQM/Supplements.html)
• Quantenfeldtheorie (Soff)
(http://www.physik.tu-dresden.de/studdocs.htm)
Großartige Darstellung des Stoffes, die vor allem durch die sehr explizite Ausarbeitung der einzelnen Gedanken besticht.
• Path Integral Methods and Applications (MacKenzie)
(http://xxx.lanl.gov/abs/quant-ph/0004090)
Diese Schrift behandelt die Anwendungen der Pfadintegrale auf sehr ausführliche
Art und Weise. Unter anderem findet man eine Illustration der Anwendung in der
Streutheorie.
• Introduction To Relativistic Quantum Field Theory (van Hees)
(http://theory.gsi.de/ vanhees)
Nach einer kurzen Einführung der Pfadintegrale in der Bra-ket Schreibweise, wird
hier die Quantenfeldtheorie behandelt. Sicher eher etwas für den fortgeschrittenen
Leser.
• Path Integrals (Wipf)
(http://www.tpi.uni-jena.de/ wipf/lecturenotes.html)
Wiederum eher etwas für den Fortgeschrittenen. In diesem Text wird die Anwendung der Pfadintegral-Methode in der Statistischen Physik ausführlicher diskutiert.
• Feynman and the visualization of space-time processes (Schweber), Reviews of
Modern Physics, Vol. 58 S.449
(http://cornell.mirror.aps.org)
Eine wirklich tolle Arbeit, welche sich mit der historischen Entstehung der Pfadintegrale bzw. der Quantenelektrodynamik auseinandersetzt. Zumindest hinsichtlich
Feynman’s Formulierung. Ein imposantes Literaturverzeichnis sowie viele Bilder
runden das Werk ab.
• Space-Time Approach to Non-Relativistic Quantum Mechanics (Feynman), Reviews of Modern Physics, Vol. 20 S.367
34
G. Pfanner
(http://cornell.mirror.aps.org)
Die Originalarbeit von Feynman.
• Pfadintegrale zur Quantenmechanik (Amelunxen)
(http://www.physik.uni-mainz.de/lehramt/lehramt/Programme/welcome.html)
Wer ein wenig Entspannung sucht, sollte vielleicht hier vorbeischauen. Das kleine
Programm, welches man auf der Seite findet, basiert auf ”QED - The strange
theory of light and matter” von Feynman. Beides demonstriert, dass sich auch
moderne Physik in Worte kleiden lässt, die ein interessierter Laie verstehen kann.
• Homepage von Edwin F. Taylor
(http://www.eftaylor.com)
Auf dieser Homepage findet man ebenfalls ditaktisches Allerlei zum Pfadintegral
bzw. zum Hamilton-Prinzip.
3.2 Mail to author
Kennen Sie vielleicht bessere Darstellungen? Links? Haben Sie in diesem Dokument
einen Fehler entdeckt? Prima! Dann schreiben Sie mir doch sogleich! Bitte!
• e-m@il: [email protected]
• web: http://www-stud.uni-graz.at/∼pfannerg/
3.3 Ehrentafel
Für sachdienliche Hinweise bedanke ich mich recht herzlich bei
• Udo Schumann
35
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