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Karchedon 10 Wörter, 87 Zeichen
Karchedon (griech.), s. v. w. Karthago.
Karthago (bei den Griechen Karchedon, phönikisch Kartha-hadatha oder abgekürzt Karthada, »Neustadt«),
im Altertum berühmte Stadt in Zeugitana auf der Nordküste von Afrika, im Innern eines Meerbusens, war dem größten Teil nach
von dem Tunesischen See und dem Meer umflossen und hing mit dem Festland nur durch einen 25 Stadien breiten Isthmus
zusammen. Ihr ältester Teil war die 60 m hohe Burg, Byrsa genannt, um welche herum die Stadt allmählich erwuchs. Gegen die
Seeseite hin, wo das Ufer steil abfiel, ward letztere durch eine einfache, gegen die Landseite hin aber durch eine starke, 16 m hohe
und 9 m breite Mauer geschützt, welche mehrstöckig war und in ihrem Erdgeschoß Stallungen für 300 Kriegselefanten, im mittlern für
4000 Pferde enthielt.
Nach neuern Berechnungen betrug der Umfang der Stadt höchstens 58-60 Stadien (11 km), der Umfang der Byrsa aber 15
Stadien. Auf dem höchsten Punkte der letztern befand sich der vornehmste Tempel Karthagos, der des Esmun (Asklepios). Die Stadt
hatte zwei Seehäfen, welche an einer nur ungefähr 100 m breiten, von dem Isthmus östlich zwischen dem Meer und dem See
hinauslaufenden Landzunge lagen und durch einen 70 Fuß breiten Kanal miteinander verbunden waren. Der äußere war für
Kauffahrteischiffe bestimmt.
Der innere oder der Kriegshafen hieß nach einer inmitten desselben sich hoch erhebenden Insel Kothon. Aus letzterer lagen die
Zeughäuser, und rings um sie her war Platz für 220 Kriegsschiffe. In der Nähe des letztern Hafens lag der Marktplatz, von welchem
drei mit hohen Häusern besetzte Hauptstraßen nach der Byrsa führten. Nordwestlich von der Byrsa auf einer flachen Höhe lag ein
besonderer, neuerer Stadtteil, Magalia (»Höhe«) genannt, der mit einer eignen Mauer umgeben war und durch eine 75 km lange
Wasserleitung versehen wurde. Die Bevölkerung der Stadt soll sich beim Anfang des dritten Punischen Kriegs auf 700,000 Menschen
belaufen haben. Nach ihrer Zerstörung 146 v. Chr. (s. unten) vom Kaiser Augustus wieder aufgebaut, wurde sie bald wieder so
bedeutend, daß sie bis
^[Abb.: Situationsplan von Karthago.]
forlaufend zu ihrer Eroberung durch die Vandalen eine der ersten Stellen unter den Städten des römischen Reichs einnahm. Im
Mittelalter wurden die Marmortrümmer derselben nach allen Seiten hin, selbst nach Italien, verschleppt; daher zeigt die weite Strecke,
über welche sich die Stadt ausbreitete, nur noch einzelne, aber mitunter kolossale Bautrümmer; am besten erhalten sind die alten
Zisternen und die Reste einer großen Wasserleitung. Vgl. Falbe, Recherches sur l'emplacement de Carthage (Par. 1835);
Dureau de la Malle, Recherches sur la topographie de Carthage (das. 1835);
H. Barth, Wanderungen durch die Küstenländer des Mittelmeers (Berl. 1849);
Beulé, Nachgrabungen in Karthago (deutsch, Leipz. 1863);
Davis, Karthago und seine Überreste (a. d. Engl., das. 1863).
Staatsverfassung, Handel, Religion. Das wenige, was über die Verfassung des altkarthagischen Staats bekannt ist, verdanken
wir hauptsächlich Aristoteles, der in seinem Werk über die Politik die karthagische Verfassung den besten Verfassungen der alten
Staaten an die Seite stellt. Die Verfassung Karthagos war ursprünglich ihrem vorherrschenden Charakter nach aristokratisch. An der
Spitze des Staats standen zwei Suffeten (die Schophthim der Hebräer), welche bald mit den spartanischen Königen, bald mit den
römischen Konsuln verglichen und daher von den Römern Reges, Consules, Dictatores genannt wurden.
Sie hatten den Vorsitz und Vortrag im Senat, den Vorsitz im Gericht und nicht selten auch den Oberbefehl im Krieg. Wie lange
sie ihr Amt verwalteten, ist ungewiß. Wie die Suffeten, so wurden auch die Feldherren gewählt. In rein militärischen Sachen war die
Gewalt der Feldherren in der Regel unbeschränkt; beim Abschluß von Bündnissen, Verträgen etc. aber waren sie an die Einwilligung
von Senatoren gebunden, deren in der Regel eine Anzahl mit ins Feld ging. Charakteristisch ist die rücksichtslose Härte, mit welcher
öfters gegen Feldherren, welche unglücklich gewesen waren, verfahren ward, wenn sie es nicht vorzogen, freiwillig zu sterben.
Nächst den Suffeten und Feldherren genossen die Priester des höchsten Ansehens; doch gab es keinen eigentlichen
abgesonderten Priesterstand, wie sich auch keine Spuren davon vorfinden, daß gewisse Priesterämter in einzelnen Familien erblich
gewesen seien. Das höchste beratende und vollziehende Kollegium war der Senat, der in einen Großen und in einen Kleinen Rat
zerfiel. Er hatte die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten, die Oberaufsicht über das Kriegs-, Finanz- und Polizeiwesen sowie die
gesetzgebende Gewalt; nur wenn Senat und Suffeten nicht einerlei Meinung waren, mußten die Gesetzvorschläge zur letzten
Entscheidung an das Volk gebracht werden.
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Später (die Zeit ist nicht genau zu bestimmen) wurde dem Geschlechtersenat ein zweiter, der der Hundertmänner (die genauere
Zahl war 104), an die Seite gesetzt, welchen Aristoteles mit dem Ephorat der Spartaner vergleicht, welcher wohl ein kontrollierender
Gerichtshof war, und welcher demnach, obwohl er, wie ebenfalls von Aristoteles bezeugt wird, aus den reichsten Bürgern bestand,
einen demokratischen Charakter gehabt zu haben scheint, was im Lauf der Zeit zu innern, den Staat zerrüttenden Parteikämpfen
führte.
Die Einkünfte Karthagos bestanden in den Tributen, welche die andern Handelsstädte in Geld, die Ackerbau treibenden
Bewohner des flachen Landes in Naturalien entrichten mußten, in den Zöllen, welche sowohl in dem Hafen der Hauptstadt als auch in
andern Hafenplätzen erhoben wurden, vornehmlich aber in dem Ertrag der Bergwerke, namentlich der spanischen seit Hamilkars
Eroberungen in diesem Lande. Die vornehmsten Ausgaben wurden durch die Flotte und die Mietstruppen veranlaßt; die
Magistratspersonen erhielten gesetzlich keine Besoldung.
Die Kriegsmacht war vornehmlich Seemacht. Am stärksten war dieselbe während des ersten Punischen Kriegs; dann sank sie
unter der Herrschaft der Barkiden, da diese zur Ausführung ihrer Eroberungspläne einer Seemacht weniger bedurften als einer
tüchtigen Landmacht. Zur Zeit der Kriege mit Syrakus hatte Karthago eine Flotte von 150-200 Kriegsschiffen, im ersten Krieg mit Rom
aber auf 350 Kriegsschiffen 150,000 Bewaffnete. Die trefflich eingeübten Ruderknechte waren gewöhnlich afrikanische Sklaven.
Die Landmacht war größtenteils ein buntes Gemisch der verschiedensten Nationalitäten. Nur wenige karthagische Bürger zogen
unter dem Namen der heiligen Schar teils als schwer bewaffnete Reiter, teils als Hopliten mit in den Krieg. Den Kern des Landheers
machten aber die Libyer als schwere Reiterei und Hopliten aus. Angeworbene Söldner, namentlich Spanier und Gallier, auch
Kampanier, Ligurier und Griechen, endlich die numidischen Reiter, bildeten die übrige Masse. Die Sitte, Elefanten zum Gebrauch im
Krieg abzurichten, scheint erst seit dem Krieg mit Pyrrhos in Karthago aufgekommen zu sein.
Das Hauptgebiet des karthagischen Handels war das westliche Mittelmeer, und hier bildeten besonders die sizilischen und
süditalischen Seestädte die Stapelplätze für denselben. Die Karthager holten hier Öl und Wein und versahen damit teils ihre
Hauptstadt, teils andre Gegenden; dagegen brachten sie schwarze Sklaven aus dem innern Afrika, Edelsteine, Gold, afrikanische
Früchte und karthagische Manufakturwaren, von denen besonders die Webereien sehr berühmt waren.
Malta lieferte den Karthagern baumwollene Gewänder für den Handel mit den afrikanischen Völkerschaften, die Liparischen
Inseln Alaun, Corsica Wachs und Honig und besonders geschätzte Sklaven, Äthalia (Elba) Eisen. Den Bewohnern der Balearischen
Inseln brachten sie gegen Lasttiere und Früchte Sklavinnen und Wein; zugleich dienten diese Inseln als Stationsplätze für den Handel
mit Spanien, von wo sie außer edlen Metallen auch Wein und Öl bezogen haben mögen.
Mit der ängstlichsten Sorgfalt wirkten sie jeder möglichen Konkurrenz mit andern Völkern entgegen und legten selbst ihren
Kolonien Beschränkungen in Bezug auf die Handelsfreiheit auf. Während daher der Hafen der Hauptstadt allen fremden Kaufleuten
offen stand, wurden die Häfen der Kolonien diesen, so lange es nur möglich war, verschlossen oder doch nur unter lästigen
Bedingungen geöffnet. Gleich den Phönikern, hatten die Karthager auch an der Westküste Europas Kolonien und besuchten, um Zinn
zu holen, die britischen Inseln (Kassiteriden). Es ist ferner wenigstens wahrscheinlich, daß sie des Bernsteins wegen auch den Kanal
und den Sund durchsegelten und die Küsten der Ostsee besuchten.
An der Westküste von Afrika, an der sie bis zum Grünen Vorgebirge vordrangen, tauschten sie gegen Putzsachen und allerlei
Gerätschaften sowie gegen Wein und ägyptische Leinwand Elfenbein und Felle ein; auch fingen sie hier den Thunfisch, der ihnen so
wertvoll erschien, daß sie die weitere Ausfuhr desselben verboten. Was den Landhandel anlangt, so hören wir von Herodot, daß sich
in dem ägyptischen Theben Libyer und Karthager, unzweifelhaft des Handels wegen, aufhielten, wohin
forlaufend sie über die Oasen Augila und Ammonion (Siwah) gehen mochten. Außerdem bezogen sie von den Garamanten, den
Bewohnern des heutigen Fezzan, Negersklaven und Edelsteine; wahrscheinlich gelangten sie dahin auf der Straße, die noch heute
von Tripolis nach Fezzan führt.
Die Religion der Karthager war im wesentlichen die phönikische, welche selbst wieder mit den Religionen Asiens, besonders
Vorderasiens, eng zusammenhängt. Als die Hauptgottheiten werden Baal, Moloch, Melkarth und die Göttin Astarte genannt; die
beiden ersten führen bei den Griechen den Namen Kronos, Melkarth ist der griechische Herakles (Herkules), Astarte die griechische
Aphrodite (Venus). Baal und Melkarth erscheinen beide meist als Sonnengott, Moloch als Feuergott, Astarte als die Mondgottheit,
und die Religion der Karthager gibt sich hierdurch als Natur- und überwiegend als Sternreligion zu erkennen, obwohl hiermit das (bei
unsern spärlichen Nachrichten schwer zu erkennende) Wesen derselben keineswegs erschöpft ist.
Von dem Kultus ist nur der in ähnlicher Weise auch anderwärts vorkommende Gebrauch zu bemerken, dem Moloch (statt dessen
aber auch oft Baal genannt wird) Menschenopfer darzubringen. Es war üblich, jedes Jahr ein Kind und zwar das einzige Kind
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vornehmer Eltern in die Arme des ehernen, über einem glühenden Ofen stehenden Standbildes des Gottes zu legen, von wo es in
den Ofen herabglitt. Außerdem geschah dies auch noch bei besondern Gelegenheiten, oft mit einer großen Menge von Kindern, wie
denn z. B., als Karthago durch Agathokles schwer bedroht war, deren 200 geopfert wurden. - Über die Litteratur ist nichts Näheres
bekannt. Es wird indes berichtet, daß bei der Zerstörung der Stadt mehrere Bibliotheken vorgefunden wurden, welche die Römer, mit
Ausnahme des Werkes eines Mago über den Ackerbau, verschenkten; dieses letztere eigneten sie sich an, und es wurde von D.
Silanus ins Lateinische übersetzt. Ferner ist zu bemerken, daß von einem Reisebericht (Periplus) Hannos, welcher eine
Entdeckungsreise an der Westküste von Afrika machte, noch eine griechische Bearbeitung erhalten ist. Die Sprache der Karthager
war die phönikische.
Geschichte. Wir kennen die Geschichte Karthagos nur aus fremden Schriftstellern und zwar solchen, die nicht zur Blütezeit des
Staats gelebt haben. Nach der Sage gründete Dido (s. d.) oder Elissa, eine tyrische Königstochter, die Stadt und zwar nach Angabe
der meisten alten Schriftsteller 814 (vielleicht auch 846) v. Chr. Als von den Phönikern abstammend, hießen die Bewohner der neuen
Stadt Pönier oder Punier, und immer herrschte zwischen ihnen und den Tyriern ein Gefühl der Verwandtschaft.
Die Karthager entrichteten anfangs an die Libyer, von denen sie die Erlaubnis zur Niederlassung erkauft hatten, einen Tribut und
traten mit den Eingebornen bald in lebhaften Verkehr, infolge dessen sich viele der letztern in Karthago niederließen, welchem
Beispiel auch benachbarte phönikische Kolonisten, durch Karthagos günstige Lage angelockt, gefolgt sein mögen. Bald fühlten sich
aber die Karthager stark genug, nicht nur den Libyern den Tribut zu verweigern, sondern sich dieselben durch Bekriegung auch
dienstbar zu machen. So wurde das Gebiet Karthagos südlich bis an den Tritonsee, die Grenzmarke zwischen dem fruchtbaren Land
und der Wüste, östlich bis zum Turris Euprantus und bis zu den Arae Philaenorum ausgedehnt, während es sich im W. bis in die
Gegend von Hippo Regius (Bona), der Residenz der numidischen Könige, erstreckte.
Die bis an den Tritonsee und bis an die numidische Grenze wohnenden Libyer oder Libyphöniker waren Unterthanen der
Karthager, mit Ausnahme der altphönikischen Städte Utica, Groß-Leptis, Hadrumetum, Klein-Leptis, Hippo Zarytos, welche in einem
(jedoch meist untergeordneten) Bundesgenossenverhältnis zu Karthago standen; das weiter östlich gelegene Land war von
nomadischen Völkerschaften bewohnt, weshalb daselbst keine feste Herrschaft der Karthager begründet werden konnte.
Von diesem ihrem Gebiet aus breiteten sie ihren Handel und ihre Herrschaft immer weiter aus. So war die Küste von Numidien
und Mauretanien bis zu den Säulen des Herakles (nach den Nachrichten der Alten) mit ihren Kolonien besetzt, desgleichen die
Westküste von Spanien; insbesondere aber war ihr Augenmerk schon sehr früh auf Sizilien und Sardinien gerichtet. Es wird berichtet,
daß zwischen 600 und 550 bereits ein Malchus und nach ihm, zwischen 550 und 500, Mago und seine Söhne und Enkel auf diesen
Inseln Eroberungen gemacht hätten.
Außerdem wird aus dieser frühsten Zeit noch einer Seeschlacht gedacht, welche die Karthager in Verbindung mit den Etruskern
544 den Phokäern lieferten, die sich auf Kyrnos (Corsica) niedergelassen hatten. Ferner berichtet Polybios von einem Handelsvertrag
mit Rom, durch welchen die Karthager 509 die Ausschließung der Römer von den fruchtbaren Gegenden südlich vom Schönen
Vorgebirge, wo die Hauptemporien der Karthager lagen, bezweckten. Um dieselbe Zeit beschiffte Hanno die westafrikanische Küste
und legte Kolonien daselbst an; dasselbe that Himilko an der Westküste Spaniens und Galliens.
Der Kampf um den ausschließlichen Besitz Siziliens nahm zwei Jahrhunderte lang die angestrengteste Thätigkeit des
Handelsstaats in Anspruch. Zuerst setzten sich die Karthager auf dem westlichen Teil der Insel fest, bemächtigten sich der
phönikischen Niederlassungen zu Motye und Panormos und dehnten sodann, die fortwährenden Streitigkeiten unter den griechischen
Städten ausbeutend, ihre Herrschaft weiter nach Osten aus. Nach Herodot rief der durch Theron von Agrigent vertriebene Tyrann
Terillos von Himera die Karthager zu Hilfe, und diese sollen 480 unter Hamilkars Anführung ein 300,000 Mann starkes Heer nach
Sizilien gesandt haben; Theron ward jedoch von Gelon von Syrakus unterstützt, und dieser brachte den Karthagern bei Himera eine
völlige Niederlage bei, in der ihr ganzes Heer vernichtet wurde.
Von nun an scheinen die Karthager den Krieg um Sizilien eine geraume Zeit ganz aufgegeben zu haben. Erst als die Segestäer,
nach dem unglücklichen Ausgang der sizilischen Expedition der Athener von den Selinuntiern hart bedrängt, bei ihnen um Hilfe baten,
schickten sie 408 Hannibal, den Enkel des bei Himera gefallenen Hamilkar, wieder mit einem großen Heer nach Sizilien. Dieser
eroberte Selinus, Himera, Agrigent (406), Gela (405), wurde aber durch eine Pest, welche in seinem Heer große Verheerungen
anrichtete, genötigt, mit Dionysios, dem Tyrannen von Syrakus (406-367), welcher die Verteidigung der griechischen Städte gegen
Karthago übernommen hatte, um sie sich selbst zu unterwerfen, einen Vertrag abzuschließen, durch welchen den Karthagern der
Besitz der gemachten Eroberungen zugestanden wurde. Dionysios erneuerte darauf den Krieg dreimal, um den Karthagern ihre
Besitzungen auf der Insel zu entreißen. Im ersten Krieg (398-392) drang Himilko, nachdem er die ganze Insel erobert, bis vor
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Syrakus, welches er hart bedrängte. Da aber sein Heer erst
forlaufend durch eine Pest und dann durch einen Überfall der Belagerten zum großen Teil vernichtet worden war, mußte er freien
Abzug von Dionysios mit Geld erkaufen, worauf der Krieg von Mago mit wechselndem Glück fortgeführt und 392 durch einen Frieden
beendet wurde, welcher die Karthager im Besitz wenigstens eines Teils ihrer Eroberungen ließ. Ebendies war im wesentlichen auch
der Gang und der Erfolg des zweiten (383) und des dritten (368) Kriegs. Nach dem Tode des ältern Dionysios waren die Verhältnisse
Siziliens und insbesondere der mächtigsten Stadt der Insel, Syrakus, den Karthagern günstig, und sie behaupteten daher ihre
Besitzungen daselbst in größerer oder geringerer Ausdehnung, jedoch nicht ohne Unterbrechungen. 343 erlitten sie durch Timoleon,
den Befreier von Syrakus, am Krimissos eine völlige Niederlage und wurden darauf durch einen mit ihm abgeschlossenen Frieden auf
den kleinen westlichen Teil der Insel diesseit des Halykos beschränkt.
Durch Agathokles (s. d.) wurden sie darauf 310-306 in Afrika selbst bedroht, und Pyrrhos bemächtigte sich 278-275 der ganzen
Insel, mit Ausnahme von Lilybäon. Nachdem dieser aber Sizilien verlassen, unterwarfen sie sich wieder die ganze Insel, mit
Ausnahme von Syrakus und Messana, und waren schon im Begriff, sich auch der letztern Stadt zu bemächtigen, als trotz der noch in
der letzten Zeit geschlossenen Verträge der erste der drei sogen. Punischen Kriege mit Rom zum Ausbruch kam.
Die Veranlassung dazu war folgende. Söldner des Agathokles, die sich Mamertiner nannten und größtenteils Kampanier waren,
hatten sich 281 der Stadt Messana bemächtigt und von da aus griechische und karthagische Städte mit Streifzügen heimgesucht,
unterstützt von einer kampanischen Legion, die, von den Römern unter Decius Jubellius nach Rhegium gesandt, sich empört und mit
den Mamertinern verbündet hatte. Durch Hieron von Syrakus bedrängt, wandte sich ein Teil der Mamertiner an die Karthager, welche
sofort die Burg Messana besetzten, während ein andrer Teil Hilfe in Rom suchte.
Der Konsul Appius Claudius Caudex führte 264 zuerst ein römisches Heer nach Sizilien hinüber, lockte den unvorsichtigen
karthagischen Befehlshaber Hanno aus der Burg und machte sich zum Herrn von Messana. Zwar griffen die Karthager in Verbindung
mit Hieron Messana an, wurden aber durch Appius Claudius geschlagen, worauf Hieron 263 zu den Römern überging. Die
bedeutendsten Ereignisse in dem sich hieraus entspinnenden ersten Punischen Krieg (264-241) waren zunächst der Fall Agrigents
(262), das die Karthager zum Mittelpunkt ihrer Kriegsrüstungen bestimmt hatten, der erste Seesieg, den Gajus Duilius mit der
neugeschaffenen römischen Flotte (260) bei Mylä über Hannibal davontrug, und der Seesieg des M. Atilius Regulus bei dem Berg
Eknomos, durch den sich die Römer den Weg nach Afrika eröffneten (256). Regulus landete und rückte siegreich vor die Hauptstadt,
erlitt aber durch den Lakedämonier Xanthippos eine völlige Niederlage; die Römer wurden darauf aus dem größten Teil Siziliens
verdrängt, und da ihre Flotte wiederholt, 255 bei Kamarina und 253 bei Palinuros, durch Schiffbruch zerstört wurde, so überließen sie
den Karthagern zunächst auch die Herrschaft zur See.
Durch den Sieg des L. Metellus bei Panormos (250) setzten sie sich aber wieder in den Besitz der ganzen Insel, mit Ausnahme
von Lilybäon und Drepanon. Zwar waren sie nicht im stande, Lilybäon durch eine Belagerung zu bezwingen; auch erlitten sie zur See
wiederholte Verluste, so daß sie wiederum eine Zeitlang den Kampf zur See völlig aufgaben. Indessen setzten sie doch die
Belagerung von Lilybäon fort und behaupteten auch den Besitz der Insel, mit Ausnahme zweier fester Stellungen auf dem Berg Eirkte
und in Eryx, welche von Hamilkar Barkas 245-241 mit ausgezeichneter Tapferkeit verteidigt wurden. 242 rüsteten sie endlich auf
Kosten patriotischer Privatleute eine neue Flotte aus, mit der L. Lutatius Catulus 241 bei den Ägatischen Inseln über Hanno einen
entscheidenden Sieg gewann.
Nun mußte das erschöpfte um Frieden bitten und erhielt denselben gegen Räumung Siziliens und einiger kleiner Inseln im
Bereich Siziliens sowie Zahlung von 3200 euböischen Talenten zugestanden. Unmittelbar darauf brach der mehr als vierjährige
blutige Krieg (241-237) gegen die aufrührerischen Söldner aus, an dem sich auch die libyschen Städte beteiligten, und in dem endlich
Hamilkars Feldherrnkunst den Sieg über die Meuterer davontrug. Inzwischen hatten sich die Römer in den Besitz Sardiniens gesetzt,
und die Karthager, die sich zu einem neuen Krieg noch nicht stark genug fühlten, mußten nicht nur auf den Besitz jener Insel förmlich
Verzicht leisten, sondern auch noch einen abermaligen Tribut von 1200 Talenten entrichten. Mit Sardinien zugleich ward ihnen auch
Corsica entrissen.
Nach Unterdrückung des Aufstandes setzte Hamilkar mit dem Heer nach Gades über, um auf der Pyrenäischen Halbinsel einen
Eroberungskrieg zu beginnen. Neun Jahre lang kämpfte er mit Glück gegen die hispanischen Völker, bis er 229 bei der Belagerung
der Stadt Helike seinen Tod fand. An seine Stelle trat sein Schwiegersohn Hasdrubal. Derselbe wußte weniger durch Krieg als durch
friedliche Mittel die Grenzen der karthagischen Herrschaft weiter auszudehnen. Als Hasdrubal 221 durch die Hand eines Galliers
gefallen war, wählte das Heer Hamilkars berühmten Sohn Hannibal zum Oberfeldherrn, und in Karthago wagte man nicht, dieser
Wahl zu widersprechen.
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In den Jahren 221 und 220 vollendete Hannibal die Eroberung Hispaniens bis an den Iberus; 219 nahm er auch Sagunt trotz
eines zwischen Rom und Sagunt bestehenden Bündnisses. Dies war die Veranlassung zum zweiten Punischen Krieg (218-201), in
dem die Karthager anfangs unter der genialen Führung Hannibals (s. d.), der über die Pyrenäen und Alpen in Italien selbst eindrang,
große Erfolge davontrugen, schließlich aber der unerschöpflichen Streitmacht und der bewundernswürdigen Ausdauer der Römer,
welche gleichzeitig auf vier Schauplätzen den Krieg führten, unterlagen.
Nach der Niederlage bei Zama (202) wurde der Friede der gedemütigten Rivalin Roms 201 gewährt unter folgenden harten
Bedingungen: Auslieferung der Kriegsschiffe bis auf zehn und der Elefanten, Zahlung von 10,000 Talenten, Entschädigung
Masinissas und das Versprechen, hinfort nicht mehr ohne Einwilligung der Römer die Waffen zu ergreifen. Hannibal suchte sein
niedergedrücktes Vaterland durch kluge Maßregeln in den verschiedenen Zweigen der Staatsverwaltung nach und nach wieder zu
heben, beeinträchtigte aber dadurch die Interessen der ihm schon vorher abgeneigten Aristokratie, die ihn mit Hilfe der Römer aus
Karthago vertrieb (195).
Die Lage von Karthago war von nun an so traurig, wie es die einer von Rom besiegten, ihrer Unabhängigkeit beraubten Stadt nur
irgend sein konnte. Es gab daselbst drei Parteien, die sich unablässig untereinander befeindeten: eine römisch gesinnte, eine im
Dienste des Masinissa stehende und eine Volkspartei, und, was das
forlaufend Übelste war, Masinissa, der den Karthagern von den Römern als Wächter an die Seite gesetzt war, entriß den
Karthagern im Vertrauen auf seine Schutzherren ein Stück ihres Gebiets nach dem andern; die Römer aber schickten auf die Bitten
der Karthager zwar von Zeit zu Zeit Kommissare an Ort und Stelle, aber nur, um entweder gar keine oder eine Entscheidung zu
ungunsten der Karthager zu geben. Als einer dieser Kommissare kam 157 auch M. Cato dahin, der von da an, weil die Karthager sein
Anerbieten, ein schiedsrichterliches (voraussichtlich ungünstiges) Urteil zu fällen, ablehnten, aufs äußerste gegen sie erbittert war
und deshalb jede Rede im Senat mit den bekannten Worten schloß: »Ceterum censeo, Carthaginem esse delendam« (»im übrigen
bin ich der Meinung, daß Karthago zu vernichten sei«).
Als sich die Karthager endlich nach Vertreibung der Partei des Masinissa (151) gegen diesen zur Wehr setzten, aber geschlagen
wurden, erklärten die Römer dies für Friedensbruch und sandten 149 die Konsuln M. Manilius und L. Marcius Censorinus mit 84,000
Mann nach Sizilien. Die Karthager baten um Frieden, mußten aber zunächst 300 Kinder der Vornehmsten als Geiseln stellen und alle
Waffen und Kriegsgerätschaften ausliefern. Als die Römer ihnen hierauf auch noch befahlen, ihre Stadt zu verlassen und sich mehr
landeinwärts wieder anzubauen, vereinigten sich alle Klassen und Stände zur verzweifeltsten Gegenwehr. So begann ein letzter
furchtbarer Kampf (dritter Punischer Krieg, 149-146), der mit Karthagos Eroberung durch P. Cornelius Scipio endete; 17 Tage wütete
das Feuer in der Stadt, ein großer Teil der Bewohner kam um; die Überlebenden wurden in die Sklaverei geführt, die Stadt dem
Boden gleichgemacht und das ganze karthagische Gebiet mit Ausnahme einiger Striche, welche die mit den Römern verbündeten
Städte, besonders Utica und Hippo, erhielten, zur römischen Provinz Africa gemacht. 122 wurde auf Antrag des Gajus Gracchus
beschlossen, die Stadt unter den Namen Junonia wieder aufzubauen und eine Kolonie von 6000 römischen Bürgern daselbst
anzusiedeln; indessen scheint das Vorhaben wegen ungünstiger Vorzeichen bei der Gründung aufgegeben worden zu sein. Julius
Cäsar nahm das Projekt von neuem auf, konnte jedoch dasselbe nicht mehr ausführen. Die Herstellung geschah daher erst durch
Augustus, welcher die Stadt mit 3000 römischen Kolonisten und zahlreichen Eingebornen aus der Umgegend bevölkerte. So erstand
diese neu aus ihren Trümmern und erhob sich bald zum Rom der afrikanischen Welt.
Die neue Stadt gelangte in der Kaiserzeit wieder zu hoher Blüte, so daß sie nebst Alexandria die zweite Stelle unter den Städten
des Reichs nach Rom einnahm. Sie war der Sitz des römischen Prokonsuls und der meisten übrigen römischen Beamten, später
auch eines christlichen Bischofs und wurde infolge ihrer günstigen Lage bald wieder ein reicher Haupthandelsplatz, in dem es aber
auch an Schulen für Grammatik, Rhetorik, Philosophie und die übrigen freien Künste nicht fehlte. 439 n. Chr. wurde sie aber von den
Vandalen (s. d.) unter Geiserich erstürmt und war nun fast ein Jahrhundert hindurch Hauptstadt des Vandalenreichs, bis sie 533 von
Justinians Feldherrn Belisar dem oströmischen Reich wieder einverleibt wurde.
Dieser stellte die verfallenen Festungswerke wieder her und nannte die Stadt seinem Kaiser zu Ehren Justiniana. 697 ward
dieselbe jedoch durch den Sarazenen Hassan, den Feldherrn des Kalifen Abdalmalek ben Merwan, erobert und in Asche gelegt, um
nun über 200 Jahre öde zu liegen, bis hieraus ein Teil der Stadt von dem ersten der fatimidischen Kalifen wieder bevölkert ward. Im
Anfang des 16. Jahrh. bestand sie aus einer Moschee, einem Kollegium ohne Studierende, 25-30 Buden und den Hütten von etwa
500 Bauern.
Aber selbst dieses elende Dorf wurde von den Spaniern, welche Karl V. in die Feste Goletta gelegt hatte, zerstört.
Vgl. außer den oben angeführten Werken: Bötticher, Geschichte der Karthager (Berl. 1827);
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Munter, Religion der Karthager (2. Aufl., Kopenh. 1821);
Movers, Die Phönizier (Berl. 1841-56, 2 Bde.);
Planck, Karthago und seine Heerführer (Ulm 1874);
Gilbert, Rom und Karthago (Leipz. 1876);
Meltzer, Geschichte der Karthager (Berl. 1879, Bd. 1);
Smith, Carthago and the Carthaginians (2. Aufl., Lond. 1879).
Ende Karthago
Quelle: Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte
Auflage, 1885-1892;9. Band, Seite 565 im Internet seit 2005; Text geprüft am 27.3.2007; publiziert von Peter Hug; Abruf am
21.10.2017 mit URL:
Weiter: http://peter-hug.ch/09_0566?Typ=PDF
Ende eLexikon.
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