1. Die Expansion des Kosmos. Hubbles Konstante H 0 . 1.1. Die Entfernung von Galaxien und das Hubble-Gesetz Alle wichtigen Entdeckungen, die zum heutigen kosmologischen Standardmodell führten, wurden im 20. Jahrhundert gemacht. Im Anfang des Jahrhunderts war die Auffassung, dass es sich bei den so genannten „Spiralnebeln“ um Welteninseln handelte, noch heftig umstritten. Unter den Astronomen war die Partei derer, die sie für ein lokales Phänomen innerhalb der Milchstrasse hielten ebenso groß, wie die der Befürworter der extragalaktischen „Welteninseln“. Die Argumente wurden dann noch einmal am 26.04.1920 vor der American Academy of Science im „Smithonian Museum“ in Washington D.C. von einem Vertreter des Lick-Observatoriums, H.D. Curtis (Spiralnebel sind extragalaktisch), und einem Vertreter des Mt. Wilson-Observatoriums, H. Shapley (Spiralnebel sind intragalaktisch), vorgetragen und heftig diskutiert, ohne dass eine Einigung erzielt werden konnte. Dieser Disput ist als „The Great Debate“ in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen. Curtis vertrat dabei den modernen Standpunkt, basierend auf astrophysikalischen Argumenten, welche aber damals noch nicht ausreichend durch Beobachtungen abgesichert waren, Shapley die Gegenposition. Erst 1923 gelang es dem jungen Astronomen E. Hubble (1889 – 1953), die Randgebiete des Andromedanebels M 31 auf Platten in Sterne aufzulösen. Hubble hatte als „Postdoc“ das große Glück, am 100-Zoll-Reflektor des Mt. Wilson Observatoriums arbeiten zu können, dem damals größten Spiegelteleskop und lichtstärksten Instrument der Welt. Fig. 1.1. Die absolute Helligkeit M υ aufgetragen gegen den Logarithmus der Periode P (in Tagen) nach Sandage und Tammann, ApJ 151, 531, 1968. Dieser Zusammenhang wurde1912 von Henriette Swann Leavitt am Harvard-College-Observatory entdeckt. Wie man sieht, liegen die Cepheiden von verschiedenen Gegenden des Himmels auf verschiedenen Geraden. Heute kann man diesen Effekt, den Hubble noch nicht kannte, der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre der Cepheiden zuordnen. Die Entfernungsbestimmung von Galaxien ist bis heute ein schwieriges Problem geblieben. Hubble benutzte dazu die beobachtete Abnahme der Helligkeit von Sternen mit der 4 Entfernung. Nötig sind dann aber Standard-Lichtquellen, deren Helligkeit bekannt ist. Hubble verwendete dazu Cepheiden, Sterne deren Helligkeit sich periodisch ändert. Bei den Cepheiden gibt es eine Beziehung zwischen Pulsationsdauer P und der absoluten Helligkeit M υ , welche wurden. Die absolute Helligkeit eines Sterns ist die Helligkeit, die man in einer Entfernung von 10 parsec beobachten würde. Die Entfernung 1 parsec (pc) = 3,086 ·1016 m. Physikalisch ist M υ bis auf eine Konstante der Logarithmus der Strahlungsleistung (in Watt). Die Cepheiden sind nach dem bekanntesten und hellsten Vertreter dieser Klasse, δ Cephei, im Sternbild Cepheus benannt worden. Die Perioden-Helligkeits-Beziehung galaktischer Cepheiden war von Henrietta S. Leavitt (1868 – 1921) aufgestellt worden. Sie hat die stolze Zahl von etwa 2000 Cepheiden entdeckt. Dabei fand sie diesen Zusammenhang, den sie 1912 publizierte. Hat man aber die absolute Helligkeit eines Sterns und seine gemessene scheinbare Helligkeit, dann ergibt sich daraus auch seine Entfernung (s. dazu Anhang A1). Bereits Slipher hatte aus der Rotverschiebung von Spektrallinien λ − λ0 =z λ0 (1.1) geschlossen, dass Spiralnebel sich z. T. mit extrem hohen Radialgeschwindigkeiten bewegen müssten. Fig. 1.2. Geschwindigkeiten von 1355 Galaxien aufgetragen gegen geschätzte Entfernungen. Die Meßpunkte erfüllen in etwa Gl. 1.2. Die Streuung wird verursacht von Unsicherheiten der Beobachtungen und von Eigenbewegungen der Galaxien, die nicht eliminiert wurden. Die Skalierung der Entfernungen wurde vorgenommen unter der Annahme von H 0 = 100 km ⋅ s −1 / Mpc nach A. Liddle: An Introdurction to Modern Cosmology, J. Wiley 1998. 5 λ bedeutet hier die Wellenlänge einer Linie im Spektrum der beobachteten Galaxie, λ 0 die im Labor gemessene Wellenlänge der entsprechenden Spektrallinie. Fig.1.3. Edwin Hubble 1889 - 1953 Hubble fand Cepheiden auf den Aufnahmen der Nachbar-Galaxien und konnte damit die von Slipher und Humason gemessenen Radialgeschwindigkeiten υ mit der von ihm selbst bestimmten Entfernung r verknüpfen. Er fand aus den Beobachtungen das nach ihm benannte Gesetz υ = H 0r (1.2) welches er in dieser Form 1929 publizierte. Heute gilt Hubble allerdings nicht mehr als dessen Entdecker sondern George Lemaitre, ein damals junger belgischer Astrophysiker und Priester. Lemaitre hatte aus Einsteins Gleichungen unter dessen 1917 gemachten Voraussetzung von Homogenität und Isotropie des Raumes ein expandierendes Weltmodel abgeleitet. Homog. B-Feld: v B = (0,0, B z ) = konst. Elektr. Feld einer Punktladung: r 1 E = ( E r ,0,0) ∝ 2 r Kosmos Homogenität ja Isotropie nein Nein ja Ja ja Tab. 1.1 : Zur Veranschaulichung von homogen und isotrop. Beides soll nach Einsteins Annahme für den Kosmos erfüllt sein. Man nennt diese Voraussetzungen heute das „kosmologische Prinzip“. Es ist für das frühe Universum außerordentlich gut erfüllt. 6 Er zeigte, dass dann (1.2) gelten müsse und versuchte diesen Schluss durch Daten aus publizierten Beobachtungen zu unterstützen. Seine Publikation erschien 1927 in Belgien in französischer Sprache. Erst eine englische Übersetzung von 1931 machten Lemaitres kosmologische Überlegungen in der Fachwelt bekannt. Mehr dazu bei Nussbaumer s. Literatur. In der klassischen Form gilt das Gesetz für υ << c . Ersetzt man die so genannte Fluchtgeschwindigkeit korrekt durch die Rotverschiebung, υ = cz , so verknüpft Lemaitres Deutung die Rotverschiebung des Lichts mit der Expansion des Raumes, welche die Abstände der Galaxien ebenso wie die Wellenlänge des Lichts um den Faktor (z + 1) vergrößert. Damit können wir Gl. 1.2 wie folgt schreiben z= H0 r c (1.3) In dieser Form ist das Hubblesche Gesetz auch für Objekte mit z > 0 richtig. Es ist hierbei wichtig zu verstehen, dass die Rotverschiebung z nach Lemaitre keine Dopplerverschiebung ist, sondern eine kosmologische Rotverschiebung, also ein Effekt der allgemeinen Relativitätstheorie, bei welcher die Wellenlänge des Lichts mit der Expansion des Raumes gedehnt wird.. Fig.1.4. George Lemaitre (1894 – 1966) und Albert Einstein (1879-1955). Die Aufnahme entstand um 1933. 7 Fig.1.5. Darstellung des Hubble Gesetzes: Alle Galaxien scheinen sich von uns weg zu bewegen. Aber ein entsprechendes Diagramm kann für einen beliebig gewählten Punkt im Raum gezeichnet werden (s. Vektorschreibweise Gl. 1.4). Das ist eine Konsequenz von Homogenität und Isotropie. Bei naiver Betrachtung von Fig.1.5, in welcher das Hubblesche Gesetz durch Geschwindigkeitsvektoren zu Objekten in verschiedenen Entfernungen veranschaulich wurde, könnte man meinen, dass der irdische Beobachter eine bevorzugte Stellung einnimmt. Dafür gibt es natürlich keinen ersichtlichen Grund. Das Bild ließe sich für einen beliebigen Ort im Universum ebenso zeichnen. Diese Ortsunabhängigkeit (oder Translationsinvarianz) können wir berücksichtigen, indem wir Gl. 1.2 als Vektorgleichung schreiben r r υ = H 0r , (1.4) Gl. (1.4) ist nun für jede beliebige Galaxie gültig. Ehe wir Gl. 1.4 interpretieren, wollen wir noch einmal zu E. Hubble zurückkehren. Hubble fand für H0 einen Wert von etwa 500 km ⋅ s −1 / Mpc . Der heute akzeptierte Wert liegt bei 72 km ⋅ s −1 / Mpc . Wie war eine solche Diskrepanz möglich? Ein Grund dafür ist: Hubble nutzte die Cepheiden als Entfernungsindikatoren. Er konnte noch nicht wissen, dass die Helligkeits-PeriodenBeziehung auch von der chemischen Zusammensetzung der Sternatmosphäre abhängt. Der Gehalt an schweren Elementen in der Sternmaterie steigt mit zunehmendem Alter der betreffenden Region, in welcher der Veränderliche gefunden wird. Ein zweiter Grund: Galaxien haben eine Eigenbewegung υ i entsprechend der Massen ihrer Umgebung. Sie kann einige hundert km·s-1 betragen. Erst wenn die kosmologische Fluchtgeschwindigkeit sehr viel größer ist, also υ >> υ i , lässt sich υ ausreichend genau bestimmen. Um den Wert der HubbleKonstanten wurde auf astronomischen Tagungen Jahrzehnte lang gerungen und gestritten, was eben auch bedeutete, die systematischen Fehler zu finden, die sich in den Messungen der verschiedenen Arbeitsgruppen verbargen. In Fig. 1.4 zeigen wir eine Graphik von einem der Pioniere dieser Forschungen (G.A. Tammann: „The ups and downs of the Hubble constant“. http://arxiv.org/abs/astro-ph/0512584) 8 Fig. 1.6. Die Bestimmung der Hubble-Konstanten von 1926 – 1962. Die Namen der Autoren stehen bei den Werten. Aus G.A. Tammann: The Ups and Downs of the Hubble Constant. Reviews of Modern Astronomy 19 (S. Röser Editor) Heidelberg 2006 oder http://arxiv.org/abs/astro-ph/0512584 . Der von Hubble bestimmte Wert für H0 war gegenüber dem heutigen Werten um einen Faktor 7 zu groß. Hubble hat ihn später nicht mehr berichtigt und sich auch an kosmologischen Diskussionen nicht beteiligt. Die Bedeutung seiner Arbeiten ist unbestritten. Dennoch ist es an der Zeit, seine Leistung von einer späteren Heldenverehrung zu trennen. Als bester Wert für die Hubble-Konstante gilt heute aus der Kombination verschiedener Bestimmungsmethoden H 0 = 71 ± 8 km s −1 / Mpc (1.5) (1 Megaparsec (Mpc) = 3,057 ⋅10 22 m oder 3,2616 ⋅10 6 Lichtjahre). Man beachte, dass 1 / H 0 = t H eine Zeit ist, Hubble-Zeit genannt, ist, tH = 4,305·1017 s =13,65·109 Jahre = 4,30·1017 sek. und entsprechend ist c/H0 = 12,992·1022 km = 13,65·109 Lichtjahre = 4200 Mpc die Länge der Strecke, welche das Licht in der Zeit tH zurücklegte, auch Hubble-Radius genannt. Die Zeit, die seit dem Urknall vergangen ist, nennen wir t0 Sie steht für die JetztZeit t0 = 13,75·109 Jahre. Zu ihrer Berechnung benötigen wir ein Weltmodel, was wir im 2. Kapitel behandeln werden. Dass sich t 0 ≅ t H ergibt, ist mehr ein zufälliges Zusammentreffen, über das man gleichwohl spekulieren kann. . Obwohl die Cepheiden noch immer zu Entfernungsbestimmungen verwendet werden, sind die bevorzugten Referenz-Lichtquellen für sehr große Entfernungen heute Supernovae vom Typ Ia (abgekürzt SN Ia). Sie sind sehr viel heller und reichen deshalb in große Entfernungen. Lichtstarke Teleskope mit großem Gesichtsfeld gestatten heute Supernovae in größerer Anzahl und in weit entfernten Galaxien zu registrieren. Es handelt sich bei diesen außerordentlich energiereichen Ereignissen um weiße Zwerge in engen Doppelsternsystemen. Durch Massentransfer vom Begleitstern nimmt die Masse des weißen Zwergs allmählich zu. Wird eine kritische Masse von ca. 1,44 Sonnenmassen (MO) überschritten, wird der weiße Zwerg instabil. Es beginnt eine explosive Fusion von Kohlenstoff, welche den Stern völlig zerstört. Da die kritische Masse, auch Chandrasekhar-Masse genannt, festliegt, wird bei jeder 9 SN Ia immer etwa die gleiche Energie frei. Im Maximum erreicht eine SN Ia in absoluten bolometrischen Helligkeiten M b = −19,6 ± 0,2 (1.6) (s. hierzu den Anhang A1). Dazu kommen Korrekturen, die einerseits die Absorption durch interstellaren Staub berücksichtigen, andererseits gewisse unterschiedliche Abläufe der SNExplosion, abhängig vom Gehalt schwerer Elemente. Diese Korrekturen werden gegenwärtig ständig verfeinert. Da Entfernungsbestimmungen für die moderne Astrophysik und Kosmologie essentiell sind, werden möglichst verschiedene unabhängige Methoden dazu herangezogen. Dazu gehören auch weiterhin die Cepheiden, die sich besonders für näher gelegene Galaxien eignen. Fig. 1.7 Die beobachteten Helligkeiten von SN Ia sind aufgetragen gegen den Abstandsmodul m − M = 5 log10 r / 10 pc (s. dazu A 1). Oben: unkorrigierte Werte. Unten: korrigiert auf Grund der Abklingkurven der Supernovae. Nach P. Ruiz-Lapuente, Cosmology with Supernovae. astro-ph /0304108. ( ) Von anderen Methoden zur Eichung der Entfernungsskalen sei hier noch eine kurz erwähnt: die Entfernungsbestimmung mittels einer Nova (bitte nicht mit einer Supernova verwechseln!). Zu dieser leuchtkräftigen Erscheinung kommt es, wenn Materie, die sich auf der Oberfläche eines weißen Zwergs angesammelt hat, durch Zündung einer Kernfusion verpufft. Dabei werden die Fusionsprodukte mit hoher Ausbreitungsgeschwindigkeit ausgeschleudert und bilden eine leuchtende sphärische Hülle. Wenn sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit υ h sowie die Winkelausdehnung α der Hülle, die sich im Laufe 10 weniger Jahre Δt sichtbar um Δα vergrößert, unabhängig messen lassen,kann daraus die Entfernung r bestimm werden. 1.2. Kosmische Expansion. Mit der Ableitung des Hubble-Gesetzes hatte George Lemaitre auch gleich die Interpretation mitgeliefert. Nehmen wir einmal an, dass ungeachtet der durchaus inhomogenen Massenverteilung im Kosmos, der Raum als isotrop und homogen angesehen werden kann. r Dann ist zu jeder Strecke r (t ) auch ein zeitabhängiger Skalenfaktor a (t ) anzugeben, der den Expansionszustand des Raumes beschreibt, so dass gilt r r (t ) a (t ) = r r (t 0 ) a(t 0 ) (1.7) r Selbst wenn die Endpunkte der Strecke r gegenüber der Umgebung in Ruhe bleiben, ändert sich der Abstand durch den (mit der Zeit anwachsenden) Skalenfaktor a (t ) . Wir können jetzt, r wenn der Koordinatenabstand r = konst. ist, Gl. 1.4 wie folgt schreiben r υ = a& (t ) r r r (t 0 ) a& (t ) r (t 0 )a (t ) = a (t 0 ) a (t ) a (t 0 ) (1.8) Wir definieren die Hubblefunktion durch H (t ) = a& (t ) a(t ) (1.9) und erhalten so das Hubblesche Gesetz in einer etwas allgemeineren Form r r υ = H (t )r (t ) (1.2a) Man beachte, dass H0 in Gl. (1.2) die Hubblefunktion H(t) zur Jetztzeit t = t 0 ist. Entsprechend schreiben wir den Skalenfaktor zur Jetztzeit a (t = t 0 ) = a 0 . Meist wird a 0 = 1 gesetzt, was wir uns für später vorbehalten wollen. Aber wie homogen ist der Kosmos wirklich? Man kann für die Massenverteilung eine Hierarchisierung angeben, die Galaxien, Cluster von Galaxien, Supercluster (meist in Form von Filamentstrukturen) enthält. Erst bei Entfernungen über 100 Mpc läßt sich von Homogenität sprechen. 11 Fig.1.7. Wir können die kosmologische Rotverschiebung so verstehen, dass die Wellenlänge des Lichts, die uns erreicht, seit der Zeit ihrer Emission mit der kosmischen Expansion gewachsen ist (s. Gl. 1.10). Wir kehren noch einmal zur kosmologischen Rotverschiebung der Spektrallinien z zurück. Im Vorgriff auf eine spätere Ableitung verhält sich die beobachtete Wellenlänge des Licht wie die entsprechenden Skalenfaktoren. λ0 a (t 0 ) = λ1 a (t1 ) (1.10) λ0 ist die Wellenlänge eines Lichtsignals, welches der irdische Beobachter sieht und welches zur Zeit t0 bei ihm ankommt. Als sich die Emission zur Zeit t1 < t 0 ereignete, hatte das Signal im Ruhsystem des Emitters die Wellenlänge λ1 . Wenn wir die Rotverschiebung z als z= λ0 − λ1 a (t 0 ) = −1 , a (t1 ) λ1 (1.11) ansetzen erhalten wir mit a(t 0 ) = 1 und a (t1 ) = a schließlich z +1 = 1 a (1.12) Es wurde in jüngster Zeit ein SN-Ereignis in einer Galaxie bei z = 9 beobachtet. Daraus lässt sich die Entfernung r bestimmen. Wegen der endlichen Geschwindigkeit des Lichts ist es im allgemeinen nicht möglich, die beiden Endpunkte einer Strecke im Kosmos „gleichzeitig“ zu messen. Deshalb begegnen wir Schwierigkeiten, eine kosmische Entfernung eindeutig zu definieren. Wir kommen darauf im nächsten Kapitel noch einmal zurück. Häufig wird aus z auch die Zeit errechnet, welche seit der Lichtemission vergangen ist („look back time“). Das ist allerdings erst dann möglich, wenn man ein bestimmtes Weltmodell zugrunde legt, was wir im 2. und 3. Kapitel tun werden. 1.3. Wie alt ist der Kosmos? 12 Aus Gl. 1.1. und 1.2 sieht man, dass die Hubblekonstante H0 die Dimension einer reziproken Zeit t0 hat. Da wir z.Zt. die Hubble-Konstante nur auf etwa 4 % genau kennen, geben wir die −1 Hubble-Zeit tH für H 0 = 100h km ⋅ s / Mpc . Danach ist t H = H 0−1 = 9.79 ⋅ 10 9 Jahre = 13,65 ⋅ 10 9 Jahre = 4,34 ⋅ 1017 Sek h (1.10) H0 ist. Mit dem heutigen Wert von H0 ist h = 0,72 . Welche Rolle t0 100km ⋅ s −1 / Mpc spielt, werden wir erst bei der Behandlung der Weltmodelle erkennen. Wir können aber jetzt schon t0 als Obergrenze des kosmischen Alters ansehen. Erste Sterne und erste Galaxien sind heute 13,2 ·109 Jahre alt. Wenn das Universum selbst 13,7·109 Jahre alt ist, sind sie etwa 500 Millionen Jahre nach dem Beginn entstanden. wobei h = 1.4. Zusammenfassung r Das Hubble-Gesetz verknüpft die „Fluchtgeschwindigkeit“ υ der Galaxien linear mit ihrer r Entfernung r . Der Proportionalitätsfaktor heißt Hubble-Konstante H0 und ist ein wichtiger Parameter der Kosmologie. Heute lässt sich H 0 = 72 km·s-1/Mps mit einer Genauigkeit von etwa 4% angeben. Da die Rotverschiebung kein Dopplereffekt ist sondern durch die Expansion des Raumes zustande kommt, gibt man anstatt υ heute die Rotverschiebung der Spektrallinien z an. Zur Bestimmung von H0 bedient man sich der Ereignisse von Supernovae Ia. Die Expansion des Raumes wird durch einen Skalenfaktor a (t ) in allen extragalaktischen Entfernungen berücksichtigt. Erste Sterne sind bereits 500 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden. 1 / H 0 = t H hat die Dimension Zeit, t H = 4,305 ⋅ 1017 sec und entsprechend ist c / H 0 = 12,992 ⋅ 10 22 km = 13,5 ⋅ 1010 Lichtjahre die Länge der Strecke, welche das Licht in der Zeit t H zurücklegt. 1.5. Literatur J. Silk : Die Geschichte des Kosmos. Vom Urknall bis zum Universum der Zukunft. Spektrum Akademischer Verlag 1996, 1999 als Taschenbuch Simon Singh : Big Bang. Der Ursprung des Kosmos und die Erfindung der modernen Naturwissenschaft. DTV 2007 A. Liddle: An Introduction to Modern Cosmology, J. Wiley 2003. G.A. Tammann: The Ups and Downs of the Hubble constant. In Reviews of Modern Astronomy 19 (S. Röser Editor) Heidelberg 2006 C P. Ruiz-Lapuente : Cosmology with Supernovae. http://arxiv.org/astro-ph /0304108 13 D.J. Mortlock: A luminous quasar at a redshift of z = 7,085. Nature, published online 30 June 2011. Anna Frebel, McDonald Observatory Texas, USA: A galactic fossil. Star is found 13.2 billion years old. http://www.eso.org/public/news/eso0723/ Harry Nussbaumer: Achzig Jahre expandierende Universum. Sterne u. Weltraum 6/2007 S. 37-44 1.6. Aufgaben 1.6.1. Die mittlere Radialgeschwindigkeit, die man in den Eigenbewegungen der Galaxien findet, ist ca. 250 km/s. Wie groß muss die Hubblesche Fluchtgeschwindigkeit wenigstens sein, damit die Eigenbewegung nur 1% der kosmologischen Bewegung ausmacht? Welcher Rotverschiebung z entspricht das (ohne relativistische Rechnung)? 1.6.2. Bei einer sehr fernen Galaxie liegt die Grenze der Lyman-Serie ( n = 1 → n = ∞ ) bei 400 nm. Wie groß ist die Rotverschiebung z? Wo würde die Hα-Linie ( n = 2 → n = 3 ), die üblicherweise das Spektrum heißer Sterne beherrscht, liegen? Könnte man sie mit terrestrischen Teleskopen beobachten? 1.6.3. Die Hubble-Funktion ist durch die Gleichung a& (t ) = H (t ) a(t ) gegeben. Mache Angaben über H (t ) , in dem du folgenden Ansätze für a (t ) ausprobierst: 2⎛ t a(t ) = ⎜⎜ 3 ⎝ tH ⎞ ⎟⎟ ⎠ 2 3 (Hier ist t H = H 0−1 die Hubble-Zeit) und a (t ) = A exp λ t 1.7. Kurzvorträge (15 min.) SN Ia Cepheiden Projekt „Hipparchos“ 14