PCI Thermodynamik G. Jeschke FS 2011 Musterlösung zu Übung 8 (06.05.2011) 1. (je 1 Punkt) a) Die Maxwell’schen Gleichungen geben den Zusammenhang zwischen partiellen Ableitungen an, die jeweils mit Hilfe von Zustandsfunktionen des Systems angegeben werden. Man kann die partiellen Ableitungen als eine Art Kurzanweisung für ∂S )T an, wie sich ein Experiment auffassen. Beispielsweise gibt der Ausdruck ( ∂V die Entropie des Systems ändert, wenn das Volumen unter isothermen Bedingungen geändert wird. Da aber die Entropie nicht direkt messbar ist (es gibt keine Entropie-Meter), muss man die Ableitung (und also auch das entsprechende Experiment) so ausdrücken, dass darin nur direkt messbare Eigenschaften vorkommen. Dies leistet die folgende Maxwell’sche Gleichung: ∂p ∂S = (1) ∂V T ∂T V Druck, Temperatur und Volumen sind leicht messbare Größen. b) Der Unterschied resultiert aus der Definition H = U + PV (2a) ∆H = ∆U + ∆(P V ) (2b) daher ist Da die Änderung von Druck und Volumen im Allgemeinen nicht null ist (außer für isotherme Prozesse in einem idealen Gas), verschwindet die Differenz zwischen ∆H und ∆U nicht. ∆H kann man als die Wärme interpretieren, die mit einem Prozess bei konstantem Druck verbunden ist, ∆U ist dann die Wärme bei konstantem Volumen. c) Alle diese Ausdrücke ergeben sich aus einer Kombination des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik mit der Clausius’schen Ungleichung der Form T ds ≥ dq. Diese lässt sich in die folgende Form bringen: −du − pdV + dwn + T ds ≥ 0 1 (3a) Wir haben die Gesamtarbeit aufgeteilt in Volumen- und Nutzarbeit (Siehe Skript Gl.219). Sofern die innere Energie und das Volumen konstant bleiben und keine zusätzliche Arbeit geleistet wird (d.h. unter der Bedingung, dass ein isoliertes System vorliegt), lässt sich dieser Ausdruck vereinfachen zu ds ≥ 0 (3b) Dies ist gleichwertig mit ∆sges ≥ 0. Sofern Entropie und Volumen konstant sind und keine zusätzliche Arbeit geleistet wird, lässt sich der Anfangsausdruck vereinfachen zu du ≤ 0 (3c) Bleiben Temperatur und Volumen konstant und wird keine zusätzliche Arbeit geleistet, vereinfacht sich der Ausdruck zu df ≤ 0 (3d) Dabei ist f definiert als u-Ts. Sind Temperatur und Druck konstant und wird keine zusätzliche Arbeit geleistet, vereinfacht sich der Ausdruck zu dg ≤ 0 (3e) Für eine ausführlichere Erklärung der Gleichungen (3d) und (3e) bietet es sich an, Kapitel 9.2 (Die freie Enthalpie und die freie Energie) im Skript durchzulesen. 2. Diese Aufgabe soll das Konzept der Reversibilität anhand des zweiten Hauptsatzes verdeutlichen. a) Das Volumen des Festkörpers ist konstant, es wird also keine Arbeit geleistet. Man kann also du = δq = δqrev setzen. Damit folgt für das Differential der Entropie des Festkörpers ∆sFK n CV δqrev = dT. dsFK = T T Durch Integration folgt daraus ZT2 ∆sFK n CV dT = n CV ln T T2 T1 m = = CV ln M T1 100g 300K −1 −1 = · 25.3 J K mol ln M 270K = 1.35J K −1 T2 T1 g Auflösung nach M ergibt die Molmasse M = 196.97 mol . Dies entspricht der molaren Masse von Gold. In der Literatur kann man nachschlagen, dass elementares Gold in fcc Gitter kristallisiert. 2 b) Man würde erwarten, dass sich die Gesamtentropie vergrößert, da dies ein freiwilliger Prozess ist (zweiter Hauptsatz). Das Resevoir hat Wärme abgegeben und hat somit eine negative Entropieänderung (∆sU < 0). Diese muss vom Betrag her kleiner sein als die des Goldstücks, damit die gesamte Entropieänderung positiv ist. Berechnung: Auch hier gilt du = δq = δqrev . Da die Wärme vom Reservoir abgegeben wird, hat sie ein negatives Vorzeichen. Weiterhin ist nach der Definition des Reservoirs dessen Temperatur konstant, wodurch für die Integration gilt: Z Z δqrev δqrev = ∆sU = TU T2 T Z2 ZT2 nCV nCV T2 − T1 = − dT = − dT = −n CV T2 T2 T2 T1 T1 100 g 300 K − 270 K = − · 25.3 J K −1 mol−1 · −1 196.97g mol 300 K −1 = −1.28 J K c) Um zu sehen, ob ein Prozess reversibel oder irreversibel abläuft, muss man die gesamte Entropieänderung berechnen. Hier ist ∆stot = ∆sFK + ∆sU = 1.35J K −1 − 1.28J K −1 = 0.07J K −1 > 0 und somit der Prozess irreversibel. d) Die Entropieänderung des Metalls ist die gleiche wie in a), denn es gilt ln T2 Tz T2 T2 Tz + ln = ln = ln . T1 Tz T1 Tz T1 Die Entropie des Reservoirs ändert sich hingegen: ZTz ZT2 nCV dT = −nCV T2 100g = − · 25.3J K −1 mol−1 −1 196.97g mol = −1.32J K −1 ∆sU = − T1 nCV dT − Tz Tz − T1 T2 − Tz + Tz T2 Tz 285 K − 270 K 300 K − 285 K + 285 K 300 K Damit folgt für die totale Entropieänderung: ∆stot = ∆sFK + ∆sU = 0.03J K −1 Wie man aus Teilaufgabe d) sieht, ändert sich beim Einfügen von Zwischenschritten nichts an der Entropiezunahme ∆SS des Systems, sondern nur an jener der Umgebung ∆SU . Gleichzeitig erkennt man, dass die Gesamtentropieänderung ∆Stot kleiner wird, wenn man das Metallstück über einen Zwischenschritt erwärmt. 3 Hat man nun N Wärmebäder, wobei die Temperatur des i-ten Wärmebades T (i) = −T1 T1 + i T2N beträgt und zwei benachbarte Wärmebäder eine Temperaturdifferenz −T1 aufweisen, erhält man für die Entropieänderung von ∆T = T (i) − T (i−1) = T2N ∆sU = −nCV N X T (i) − T (i−1) T (i) i=1 N X 1 = −nCV ∆T, T (i) i=1 wobei T (0) = T1 und T (N ) = T2 sind. Lässt man nun N → ∞ gehen, d.h. dass man das Metallstück in unendlich kleinen Temperaturschritten mittels unendlich vieler Wärmebäder auf die Endtemperatur T2 aufwärmt, so ergibt sich für die Entropieänderung der Umgebung ! N X 1 ∆sU = −nCV lim ∆T (i) N →∞ T i=1 ZT2 = −nCV 1 dT = −nCV ln T T2 T1 = −∆sFK . T1 Für die Gesamtentropieänderung folgt ∆stot = ∆sFK + ∆sU = 0. Dadurch, dass die Erwärmung in unendlich vielen kleinen Schritten erfolgt und bei jedem Zwischenschritt darauf geachtet wird, dass das Metallstück mit der Umgebung im thermischen Gleichgewicht ist, erfolgt der Prozess für N → ∞ reversibel. 3. Für ein geschlossenes System ist die Stoffmenge konstant (dn = 0), deswegen lauten die vollständigen Differentiale s = f (V, u) und s = f (p, h): ∂s ∂s dV + du (4) ds = ∂V u ∂u V ∂s ∂s ds = dp + dh (5) ∂p h ∂h p (1 Punkt) Herleitung der Maxwell’schen Relationen: Durch die Betrachtung des totalen Differentials von g bei konstanter Stoffmenge ergibt sich: (dg)n = −s dT + V dp ∂g ∂g (dg)n = + dT + dp. ∂T p ∂p T Daraus erkennen wir, dass s = − ∂g ∂T p und V = 4 ∂g ∂p gilt. T Unter Zuhilfenahme des Schwarz’schen Satzes 2 2 ∂ g ∂ g = erhalten wir: ∂T ∂p ∂p∂T ∂g ∂ ∂g ∂ = und damit ∂p T ∂T p ∂T p ∂p T ∂ ∂ − s= V ∂p T ∂T p ∂s ∂V =− (1 Zusatzpunkt) ∂p T ∂T p ∂p ∂s = ∂T zu beweisen, können wir analog Um nun die Maxwell’sche Relation ∂V T v vorgehen, nur dass wir mit (df )n = −s dT − p dV arbeiten. Dadurch erhalten wir: (df )n = −s dT − p dV ∂f ∂f (df )n = dT + dV ∂T V ∂V T ∂f ∂f und erkennen, dass s = − ∂T und p = − ∂V gilt. V T Da auch hier der Schwarzsche Satz gilt, kommen wir zu: 2 2 ∂ f ∂ f = ∂T ∂V ∂V ∂T ∂ ∂f ∂ ∂f = ∂V T ∂T V ∂T V ∂V T ∂ ∂ − s=− p ∂V T ∂T V ∂p ∂s = (1 Zusatzpunkt) ∂V T ∂T V ∂s ∂s Jetzt leiten wir die Maxwellbeziehung ∂u = ∂h = T1 her: Hierbei brauchen wir V p den zweiten zweiten Hauptsatz und die kalorischen Zustandsgleichungen: cV /p ∂s = ∂T V /p T du = cV dT dh = cp dT Wenn wir die Formulierungen der Wärmekapazitäteten in den zweiten Hauptsatz einsetzen, erhalten wir die Lösung. ∂s ∂s 1 = = (1 Zusatzpunkt) (6) ∂u V ∂h p T 5 Da wir jetzt die Maxwell’schen Beziehungen kennen, können wir mit der Aufgabe fortfahren. Dabei werden wir merken, wie nützlich die hergeleiteten Formeln sein können: Da bei idealen Gasen die Ausdrücke ∂s ∂p p nR = = = (7) ∂V u ∂T V T V ∂s ∂V V nR = − =− =− (8) ∂p h ∂T p T p ∂s ∂s cp cv 1 = = = = ; cp = cv = const. (9) ∂u V ∂h p h u T (1 Punkt) gelten, lassen sich T und p als Funktionen von u und V sowie T und V als Funktionen von h und p darstellen. Jetzt können wir endlich die totalen Differentiale der kanonischen Zustandsgleichungen für das ideale Gas formulieren: ∂s ∂s dV + du (10) ds = ∂V u ∂u V ∂p ∂s = dV + du (11) ∂T V ∂u V p 1 = dV + du (12) T T ∂s ∂s ds = dp + dh (13) ∂p h ∂h p ∂s ∂V dp + dh (14) =− ∂T p ∂h p 1 V (15) = − dp + dh T T Nun sind wir am Höhepunkt dieser langen, theoretischen Aufgabe angelangt. Mit Hilfe der kanonischen Zustandsgleichungen können wir Formeln für die Berechnung der Entropieänderung herleiten, und zwar für alle möglichen thermodynamischen Prozesse! Es ergeben sich durch Integration der entsprechenden Zustandsgleichungen weitreichende Beziehungen zwischen thermodynamischen Größen, z.B. bei: V2 V1 p2 dh = 0 : ∆s = −nR ln p1 du = 0 : ∆s = nR ln (16) (17) Hier haben wir für die Gleichungen (16) und (17) einen Spezialfall des idealen Gases: Bei einem isothermen Prozess gilt du = dh = 0 (siehe kalorischen Zustandsgleichungen). Deshalb kann man NUR beim idG und dT=0 beide Gleichungen benutzen. 6 Jetzt fehlen uns nur noch die Gleichungen für isochore und isobare Prozesse: Z Z Z dqv du cv T2 u2 dV = 0 : ∆s = = = dT = cv ln = cv ln T T T T1 u1 Z Z Z dh cp dqp T2 h2 = = dT = cp ln = cp ln dp = 0 : ∆s = T T T T1 h1 (18) (19) (je 0.5 Punkte) Während also die thermische und die kalorische Zustandsgleichung (kennen Sie noch die beiden Zustandsgleichungen?) nur bestimmte Größen miteinander in Verbindung bringen, können durch die kanonische Zustandsgleichung bzw. die Gibbs’schen Fundamentalgleichungen alle thermodynamischen Größen in Beziehung zueinander gesetzt werden. Damit beenden wir den Bogen unseres Gedankenganges. Durch diese Aufgabe versuchen wir, Ihnen zu verdeutlichen, dass die fundamentalen thermodynamischen Zustandsgleichungen das theoretische Rückgrat der bis jetzt behandelten thermodynamischen Problemstellungen bilden. 4. Diese Aufgabe dient hauptsächlich zur Anwendung einiger der in Aufgabe 3 hergeleiteten Formeln zur Berechnung der Entropie. Man kann sie auch direkt mit dem zweiten Hauptsatz lösen. a) Wir verwenden den zweiten Hauptsatz bzw. die Gleichung (16) und erhalten dqrev du − dw 0 + pdV 1 = = = nR dV T T T V V2 14g = nR ln = · (8.314J K −1 mol−1 ) · (ln 2) = +2.9J K −1 V1 28.02g mol−1 dsGas = ∆sGas Beim reversiblen Prozess ist die Änderung der Gesamtentropie gleich Null. D.h. ∆Sges = 0. Daraus folgt, dass ∆SGas = +2.9J K −1 ∆SU mg = −2.9JK −1 ∆Sges = 0 (1 Punkt) b) S ist eine Zustandsfunktion. In der Umgebung ändert sich nichts. Da wir die selben Anfangs und Endzustände wie a) haben, gilt: ∆SGas = +2.9J K −1 ∆SU mg = 0 ∆Sges = +2.9J K −1 Wir können uns hierbei ein ideales Gas vorstellen, das sich in ein Gefäß mit Vakuum und doppeltem Volumen expandiert. (1 Punkt) 7 c) Hier wird keine Wärme an die Umgebung abgegeben, somit bleibt zusätzlich auch die Entropie im Gas erhalten. ∆SGas = 0 ∆SU mg = 0 ∆Sges = 0 (1 Punkt) 8