Schilddrüse Mehr wissen - besser verstehen Der Weg zur sicheren Diagnose und den besten Therapien von Anneli Hainel, Marcel Ermer, Lothar-Andreas Hotze 1. Auflage Enke 2008 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 8304 3427 6 Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG Weitergehende Diagnostik Messung der Schilddrüsenhormone Neben der Bestimmung des TSH-Wertes kommt der Messung der beiden Schilddrüsenhormone fT3 und fT4 große Bedeutung zu (Normalwerte und Bedeutung veränderter Werte siehe Tabelle). Da die Schilddrüsenhormone nahezu alle anderen Körperzellen beeinflussen, geben oft auch Untersuchungen Aufschluss, die so auf den ersten Blick gar nichts mit der Schilddrüse zu tun haben. Zum Beispiel stehen auch der Knochenstoffwech»Neue« und »alte« Grenzwerte für TSH und Beispiele für Referenzwerte von fT3 und fT4 Parameter gemessene Werte Bedeutung TSH »alt« 0,3–4,0 mU/l Normalbereich Wert unter 0,3 mU/l Verdacht auf eine Schilddrüsenüberfunktion Wert über 4,0 mU/l Verdacht auf eine Schilddrüsenunterfunktion 0,5–2,5 mU/l Normalbereich Wert unter 0,5 mU/l Verdacht auf eine Schilddrüsenüberfunktion Wert über 2,5 mU/l Verdacht auf eine Schilddrüsenunterfunktion 0,8–1,8 ng/dl Normalbereich. Wahrscheinlich normale Schilddrüsenfunktion – beginnende leichte Über- oder Unterfunktion möglich Wert unter 0,8 ng/dl Schilddrüsenunterfunktion TSH (eigene Praxis) fT4* fT3* Wert über 1,8 ng/dl Schilddrüsenüberfunktion 2,0–4,4 pg/ml Normalbereich. Wahrscheinlich normale Schilddrüsenfunktion – beginnende leichte Über- oder Unterfunktion möglich Wert unter 2,0 pg/ ml erniedrigte Transportproteine, schwere Nicht-Schilddrüsen-Krankheiten, Verminderung der Umwandlung von T4 Wert über 4,4 pg/ml Schilddrüsenüberfunktion * Die Angaben sind Richtwerte und beziehen sich auf die für Erwachsene gültigen Werte. Sie unterscheiden sich bei verschiedenen Testverfahren. Die Werte können nur als Anhaltspunkte gelten. 65 aus: Hotze, Schilddrüse. Mehr wissen – besser verstehen (ISBN 9783830434276) © 2008 Trias Verlag 왘 Diagnose sel, andere Hormonsysteme (Sexualhormone, Insulin, Nebennierenrindenhormone) und der Fettstoffwechsel in Beziehung zu den Schilddrüsenhormonen. So begünstigen zum Beispiel hoch dosierte Schilddrüsenhormon-Präparate oder eine Schilddrüsenüberfunktion einen Knochenschwund (Osteoporose). Bestimmung von Autoantikörpern im Blut Autoantikörper werden vom Körper selbst hergestellt und sind gegen körpereigenes Gewebe gerichtet. Wenn der Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung – wie Morbus Basedow oder Hashimoto-Thyreoiditis) – besteht, kann der Nachweis entsprechender Autoantikörper im Blut die Diagnose erhärten. (Auf die Frage wie und warum es zu diesen Autoimmunerkrankungen kommen kann, geht das Ursachen-Kapitel [S. 87] näher ein.) Morbus Basedow Für die Diagnose Morbus Basedow ist der Nachweis von Antikörpern gegen den TSH-Rezeptor charakteristisch (TSH-RAK; wobei die Abkürzung für TSH-Rezeptor-Antikörper steht). Der Normalwert der TSH-R-AK liegt unter 1 U/l (Einheiten [Units] pro Liter). Weitere Autoantikörper können ebenfalls erhöht sein: 쮿 Autoantikörper gegen das Enzym Schilddrüsenperoxidase (TPO-AK; der Normbereich ist vom Testsystem abhängig) und 쮿 Autoantikörper gegen das Speichereiweiß für Schilddrüsenhormone – das Thyreoglobulin – (Tg-AK; der Normbereich ist vom Testsystem abhängig). Hashimoto-Thyreoiditis Bei der Hashimoto-Thyreoiditis werden erhöhte Werte folgender Autoantikörper nachgewiesen: 66 aus: Hotze, Schilddrüse. Mehr wissen – besser verstehen (ISBN 9783830434276) © 2008 Trias Verlag Weitergehende Diagnostik 쮿 Autoantikörper gegen das Enzym Schilddrüsenperoxidase (TPO-AK; der Normbereich ist vom Testsystem abhängig) und 쮿 Autoantikörper gegen das Speichereiweiß für Schilddrüsenhormone – das Thyreoglobulin – (Tg-AK; der Normbereich ist vom Testsystem abhängig). Schilddrüsentumormarker Tumormarker sind Substanzen, mit deren Hilfe man erkennen kann, ob ein bösartiger Tumor im Körper vorhanden ist. Meist handelt es sich dabei um Stoffe, die nur von einer Tumorart abgegeben werden oder aber um eine Substanz, die von einem Tumor im Übermaß produziert und ins Blut entlassen wird. Bei bösartigen Schilddrüsentumoren kommen hierfür Thyreoglobulin und Calcitonin (das Hormon der im Schilddrüsengewebe liegenden C-Zellen) infrage. 쮿 Eine Erhöhung von Calcitonin weist auf das Vorliegen eines bösartigen C-Zell-Tumors hin. 쮿 Beim Thyreoglobulin ist zu beachten, dass es auch im Blut von nicht Tumorerkrankten häufig erhöht ist (z. B. bei kalten und auch heißen Knoten). Als Tumormarker kann es daher nur sinnvoll eingesetzt werden, wenn die gesamte Schilddrüse bereits operativ entfernt wurde. Dann bedeutet ein Ansteigen des Tumormarkers ein Wiederkehren des Tumors oder die Ausbreitung des Tumors (Metastasen). Tumormarker können auf das Vorhandensein eines Tumors im Körper hinweisen. Oft können sie sinnvoll nach der Entfernung eines Tumors eingesetzt werden, um zu überprüfen, ob die Behandlung erfolgreich war. Wann ist ein Gentest sinnvoll? Einige Schilddrüsenkrankheiten werden durch Veränderungen unserer Gene hervorgerufen. Hierunter fallen Störungen der Schilddrüsenhormonsynthese oder der Hormonspeicherung mit den Folgen einer Unterfunktion. Der Nachweis von Genveränderungen bei diesen Erkrankungen hat aber keine Auswirkung auf die Behandlung und ist daher von rein wissenschaftlichem Interesse. 67 aus: Hotze, Schilddrüse. Mehr wissen – besser verstehen (ISBN 9783830434276) © 2008 Trias Verlag 왘 Diagnose Eine Ausnahme machen hier zwei Formen des Schilddrüsenkrebses: Das familiäre medulläre Schilddrüsenkarzinom (FMTC) und die multiple endokrine Neoplasie (MEN 2). Diese Erkrankungen kommen familiär gehäuft vor. Ist bei einem Familienmitglied die Diagnose eines solchen Tumors gesichert, sollten alle anderen Familienmitglieder ihre Gene untersuchen lassen. Eine positive Diagnose ermöglicht nämlich eine wirkungsvolle Vorbeugung (operative Entfernung der gesamten Schilddrüse und Ersatz der Schilddrüsenhormone durch Tabletten). Ultraschalluntersuchung (Sonographie) 왖 Die Sonographie ist eine Untersuchungsmethode, die keine Nebenwirkungen hat. Sie wird daher bevorzugt vor allen anderen diagnostischen Methoden eingesetzt. Die Ultraschalluntersuchung setzt als diagnostisches Mittel Schallwellen ein. Schallwellen in einem bestimmten Frequenzbereich können wir hören – das sind sozusagen die Töne, die unser Ohr empfängt. Die bei der Ultraschalluntersuchung eingesetzten Schallwellen liegen in der Frequenz über unserem Hörvermögen (Das menschliche Gehör kann Schallwellen zwischen 20 Hertz und 20 Kilohertz wahrnehmen. Ultraschall beginnt demzufolge bei 20 Kilohertz. Moderne Ultraschallgeräte für die Schilddrüsendiagnostik haben eine Frequenz von 13 Megahertz [13.000 Kilohertz], das ist 750-mal so hoch wie die höchste vom Menschen wahrnehmbare Frequenz.) Bei der Ultraschalldiagnostik (auch Sonographie) werden die Schallwellen von einem Schallkopf ausgesandt (siehe Abb.). Sie treffen auf Organe und andere Gewebestrukturen und werden deshalb in unterschiedlicher Stärke wieder reflek- 68 aus: Hotze, Schilddrüse. Mehr wissen – besser verstehen (ISBN 9783830434276) © 2008 Trias Verlag Weitergehende Diagnostik tiert (also zurückgeschickt) – ähnlich wie die Lichtstrahlen, die auf einen Spiegel treffen. Die zurückgeworfenen Schallwellen werden wiederum von dem Schallkopf aufgenommen und geben so ein Bild der beschallten Körperbereiche. Ultraschall ist übrigens für den Körper vollkommen ungefährlich. Nebenwirkungen gibt es daher bei dieser Methode auch bei häufiger Anwendung nicht. Die Ultraschalluntersuchung wird daher immer vor weitergehenden apparativen Untersuchungen (z. B. die Szintigraphie) eingesetzt. Nicht möglich ist es allerdings, mithilfe der Ultraschalluntersuchung allein bereits eine definitive Diagnose zu stellen. Wie läuft eine Sonographie ab? Die Schilddrüse liegt direkt unter der Haut, weshalb sie für eine Ultraschalluntersuchung sehr gut geeignet ist. Noch besser darstellbar wird dieses kleine Organ, wenn Sie Ihren Hals bei der Untersuchung etwas überstrecken. Hierfür bekommen Sie eine Nackenrolle untergelegt. Zur besseren Übertragung der Schallwellen wird ein wenig Kontaktgel auf Ihre Haut aufgetragen. Mit dem Schallkopf kann dann die gesamte Halsregion abgefahren werden – und zwar so, dass Quer- und Längsschnittbilder erzeugt werden. Da die Schilddrüse direkt unter der Haut liegt, ist sie für eine Ultraschalluntersuchung sehr gut geeignet. Interpretation der Ultraschallbilder Mit dieser Methode sind Form und Größe oder Volumen (siehe Tabelle S. 7) sowie die Gewebestruktur der Schilddrüse gut feststellbar. Dabei kann gesundes von verändertem Schilddrüsengewebe leicht unterschieden werden. Mit modernen Geräten lassen sich Veränderungen bis zu einer Größe von 1 mm nachweisen. Diese Unterscheidung ist möglich, weil der Ultraschall von verschiedenen Gewebearten in unterschiedlicher Art und Weise reflektiert wird. Je stärker die Ultraschallwellen von einem Gewebe zurückgeworfen werden, desto heller erscheint es im Ultraschallbild (siehe Abb.), was 69 aus: Hotze, Schilddrüse. Mehr wissen – besser verstehen (ISBN 9783830434276) © 2008 Trias Verlag 왘