Medikamentöse Behandlung des metastasierten

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ÜBERSICHTSARTIKEL AIM
Eine interdisziplinäre Empfehlung
Medikamentöse Behandlung des
metastasierten Prostatakarzinoms
Richard Cathomas a*, Hans-Peter Schmid b*, Daniel M. Aebersold c , Marie-Laure Amram d , Dominik Berthold e ,
Daniel Eberli f , Silke Gillessen g , Christophe Iselin h , Patrice Jichlinski i , Michael Müntener j , Cyrill Rentsch k ,
Niklaus Schäfer l , Frank Stenner m , George Thalmann n , Peter Wild o , Stephen Wyler p , Aurelius Omlin g
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* geteilte Erstautorenschaft; a Klinik für Onkologie/Hämatologie, Kantonsspital Graubünden, Chur; b Klinik für Urologie, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen;
c
Universitätsklinik für Radio-Onkologie, Inselspital Bern, Bern; d Centre d’oncologie, HUG, Genève; e Département d’oncologie, CHUV, Lausanne; f Klinik für
Urologie, UniversitätsSpital Zürich, Zürich; g Klinik für Onkologie/Hämatologie, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen; h Centre d’uro lo - gie, HUG, Genève; i Service
d’urologie, CHUV, Lausanne; j Klinik für Urologie, Triemlispital, Zürich; k Urologische Klinik, Universitäts spital Basel, Basel; l Klinik für Onkologie und Klinik für
Nuklearmedizin, UniversittätsSpital Zürich, Zürich; m Klinik für Onkologie, Universitätsspital Basel, Basel; n Universitätsklinik für Urologie, Inselspital Bern, Bern;
o
Klinik für Pathologie, UniversitätsSpital Zürich, Zürich; p Klinik für Urologie, Kantonsspital Aarau, Aarau
Einleitung
In den letzten Jahren sind für Männer mit fortgeschrit­
tenem Prostatakarzinom neue Therapieoptionen er­
folgreich geprüft und in der Folge auch zugelassen wor­
den. Mit diesen zusätzlichen Möglichkeiten stehen
behandelnde Ärzte vor der Herausforderung, zwischen
optionen auswählen zu müssen. Richtlinien von natio­
nalen oder internationalen Organisationen formulie­
ren aus der vorhandenen Evidenz Empfehlungen.
Nicht selten steht man im klinischen Alltag aber vor
Fragestellungen, für die es entweder keine, nur spär­
liche oder dann widersprüchliche Evidenz gibt. Um
diese Situationen zu beleuchten, hat im März 2015 in
St. Gallen die erste internationale Advanced Prostate
Cancer Consensus Conference (APCCC) stattgefunden,
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organisiert von Aurelius Omlin und Silke Gillessen,
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zwei Ko Autoren dieser Publikation. Mehr als 40 inter­
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nationale Prostatakrebsexperten haben während
zweier Tage an Vorträgen und Debatten die klinischen
Problemstellungen besprochen; am dritten Tag wurde
über im Vorfeld entwickelte Fragen rund ums Manage­
ment von Männern mit fortgeschrittenem Prostata­
wurden darauf basierend Konsensus Expertenemp­
Jahrhunderts den positiven Effekt der chirurgischen
fehlungen publiziert [1]. Diese Empfehlungen können
Kastration auf Schmerzen bei Männern mit ossär
aber aufgrund unterschiedlicher Zulassungen von
metastasiertem Prostatakarzinom beschrieben hat, ist
Medikamenten nicht universell in allen Ländern
die Androgendeprivation (ADT) entweder chirurgisch
gleich umgesetzt werden. Im Juni 2015 trafen sich daher
(Orchiektomie) oder biochemisch (GnRH Agonist oder
die Autoren dieser vorliegenden Publikation, um die
GnRH Antagonist) die Standardtherapie in der metasta­
APCCC Themen und Expertenempfehlungen sowie
sierten Situation. Diese Situation wird als «kastrations­
deren Implikationen für die Schweiz zu evaluieren.
naiv» bezeichnet. Im Durchschnitt vergehen etwa
Basierend auf den APCCC Empfehlungen und abge­
12 Monate in der kastrationsnaiven metastasierten
leitet aus der Diskussion der Schweizer Experten sind
Situation, bis es unter der ADT zu einem erneuten PSA
die hier wiedergegebenen Empfehlungen entstanden.
Anstieg kommt (Kastrationsresistenz).
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SWISS MEDICAL FORUM – SCHWEIZERISCHES MEDIZIN-FORUM
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Seit Charles Huggins in den 40er Jahren des letzten
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Hans Peter Schmid
Das metastasierte kastrationsnaive
Prostatakarzinom
krebs abgestimmt. Im Anschluss an die Konferenz
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Richard Cathomas
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source: https://doi.org/10.7892/boris.80343 | downloaded: 21.10.2017
multiplen potentiell toxischen und teuren Therapie­
267
übersichtsartikel
AIM
volumen, wohl aber zwischen nicht metastasierten
sind die Verringerung von Nebenwirkungen der medi­
und metastasierten Tumoren. Auch hier zeigten sich
kamentösen Kastration und die Senkung der Kosten
signifikante Vorteile im OS für die Kombination von
bei mindestens gleichbleibend guten onkologischen
ADT und 6 Zyklen Docetaxel (81 vs. 71 Monate). In der
Resultaten.
Subgruppe der metastasierten Männer (61% des Pa­
Die Studienlage bezüglich der Gleichwertigkeit der IAD
tientenkollektivs) liegt der Überlebensvorteil bei
im Vergleich zur kontinuierlichen Hormontherapie ist
15 Monaten (60 vs. 45 Monate). Die Toxizität der zusätz­
nicht eindeutig. Mehrere randomisierte Studien haben
lichen Chemotherapie ist nicht unerheblich und sollte
die onkologische Gleichwertigkeit bei Männern
beim Therapieentscheid mitberücksichtigt werden.
mit nicht metastasiertem Prostatakarzinom demons­
Männer mit fortgeschrittenem kastrationsnaivem
triert. Bei Männern mit metastasiertem Prostatakarzi­
Prostatakarzinom sollten auf jeden Fall aufgrund der
nom zeigte sich jedoch in der grössten randomisierten
vorliegenden Evidenz hinsichtlich einer kombinierten
Studie (SWOG, n = 1 535) bei Männern mit metastasier­
chemo hormonellen Therapie mit Docetaxel an einem
tem Prostatakarzinom eine geringere Lebenserwar­
interdisziplinären Tumorboard besprochen und im
tung (5,1 vs. 5,8 Jahre) in der Gruppe der IAD. Ob sich
Anschluss daran in einem Gespräch darüber infor­
durch die intermittierende Therapie die Nebenwir­
miert werden.
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schied nicht zwischen niedrigem und hohem Tumor­
Ziele der intermittierenden Androgendeprivation (IAD)
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Intermittierende ADT
kungsrate der Androgendeprivation signifikant verän­
dern lässt, ist fraglich. Die Therapiekosten können je­
doch reduziert werden. Die IAD kann nicht als
Standardbehandlung angesehen, aber bei motivierten,
gut informierten Männern diskutiert werden. Das
Das kastrationsresistente Prostatakarzinom – Einsatz der vorhandenen
therapeutischen Optionen
(CRPC) konnte ein eindeutiger Konsens gefunden wer­
von 6–7 Monaten gestoppt werden, wenn ein PSA Ab­
den: Bei bestätigtem Anstieg des PSA (zweimaliger An­
fall auf weniger als 4 ng/ml erreicht wird. Der Wieder­
stieg im Abstand von mindestens drei Wochen) und
beginn mit der Behandlung erfolgt in der Regel ab
gleichzeitigem Nachweis einer ausreichenden Suppres­
einem PSA Wert von 10–20 ng/ml. Aktuell wird die IAD
sion des Serum Testosterons (Zielwert <50 ng/dl bzw.
analog den aktuellen Europäischen Leitlinien nur in
<1,7 nmol/l) liegt eine Kastrationsresistenz vor. Somit
ausgewählten Fällen angewendet.
soll bei Anstieg des PSA unter ADT einerseits eine Mes­
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Bezüglich der Festlegung der Kastrationsresistenz
rapie mit dem GnRH Analogon nach einer Behandlung
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Definition Kastrationsresistenz
pirisch: In Analogie an die SWOG Studie kann die The­
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Behandlungsschema ist rein PSA gesteuert und em­
sung des Testosterons und andererseits eine nochmalige
Chemo-hormonelle Therapie
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PSA Kontrolle nach drei oder mehr Wochen erfolgen.
Der frühzeitige Einsatz einer zytotoxischen Therapie
Kastrationsresistenz ohne Nachweis
von Metastasen (M0 CRPC)
tersucht. Bei der GETUG AFU15 Studie wurde die allei­
Bei gewissen Männern wird alleine aufgrund eines
nige Androgendeprivation verglichen mit einer ADT
PSA Anstiegs nach lokaler Therapie eine ADT vorge­
plus 9 Zyklen Docetaxel. Hierbei ergaben sich Vorteile
nommen. Wenn bei diesen Männern unter der ADT ein
beim progressionsfreien Überleben für die Kombinati­
PSA Anstieg auftritt und in der Bildgebung (CT und
onstherapie, nicht hingegen für das Gesamtüberleben
Skelettszintigraphie) keine Metastasen nachgewiesen
(overall survival, OS). Die doppelt so grosse ECOG E3805
werden, spricht man von einem M0 CRPC Stadium.
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Prostatakarzinom wurde in drei Phase 3 Studien un­
mit Docetaxel beim metastasierten kastrationsnaiven
stadium, da eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht,
xel. Das mediane Gesamtüberleben war unter Doce­
dass vorhandene systemische Mikrometastasen mit
taxel in der Gesamtpopulation signifikant um 13,6 Mo­
den gängigen Bildgebungen verpasst werden. Bis zum
nate verlängert (57,6 vs. 44 Monate; HR 0,61, 95% CI
Nachweis von Metastasen vergehen in der Regel meh­
0,47–0,80). In der Kohorte mit hohem Tumorvolumen
rere Jahre, abhängig von der PSA Kinetik: In einer Stu­
(viszerale Metastasen und/oder ≥4 Knochenmetasta­
die mit Patienten mit M0 CRPC dauerte es in der
sen, wobei mindestens eine davon extraaxial) betrug
Plazebogruppe 40,8 Monate bis zum Auftreten von ers­
der Überlebensvorteil mit Docetaxel 17 Monate (49,2 vs.
ten Knochenmetastasen (Subgruppe mit PSA Verdop­
32,2 Monate; HR 0,6, 95% CI 0,45–0,81). Die grösste ran­
pelung [PSA DT] ≤10 Monate: 26 Monate; Subgruppe
domisierte Studie – die STAMPEDE Studie – unter­
PSA DT ≤4 Monate: 18,5 Monate).
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Dabei handelt es sich um ein artifizielles Krankheits­
ADT gegenüber ADT kombiniert mit 6 Zyklen Doceta­
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Studie (CHAARTED) verglich ebenfalls die alleinige
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übersichtsartikel
AIM
lungen können einen PSA Abfall erzielen, es wurde je­
nem Anstieg des PSA >10 ng/ml oder bei einer PSA DT
doch nie eine Verlängerung des Gesamtüberlebens
≤6 Monate erscheint die Durchführung einer Bildge­
nachgewiesen. Die Wertigkeit dieser Behandlungen im
bung sinnvoll, wenn die Diagnose von Metastasen zu
heutigen Umfeld ist daher schwierig einzuschätzen.
einer Konsequenz führt.
Der Vorteil dieser Therapien sind die niedrigen Kosten
Das internationale sowie das schweizerische Panel wa­
und die meist geringen Nebenwirkungen. Etwa ein
ren sich einig, dass aufgrund von fehlenden prospekti­
Drittel des internationalen Panels würde in einer Min­
ven Untersuchungen vorerst weiterhin CT und Szinti­
derheit der Patienten diese Therapien einsetzen, das
graphie die Bildgebung der Wahl darstellen.
schweizerische Panel empfiehlt mehrheitlich, von
Bislang fehlen Studien darüber, welche Behandlung
diesen Therapien abzusehen.
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Steroide (Dexamethason, Prednison). Diese Behand­
des PSA und der PSA Kinetik gestellt werden: Bei ei­
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Die Indikation zur Bildgebung sollte somit aufgrund
bei Männern mit M0 CRPC angewendet werden soll. Es
laufen zurzeit mehrere Studien mit neuartigen antihor­
monellen Medikamenten für diese Patientengruppe.
Therapiewahl und Sequenz der Therapie
beim M1 CRPC
Fünf in der Schweiz erhältliche Medikamente haben
eine Verlängerung des OS für Männer mit M1 CRPC ge­
Bevor die neuartigen Hormontherapien Abirateron
und Radium 223 (Tab. 1).
(CYP17 Inhibitor) und Enzalutamid (Androgen Rezep­
Die neueren Substanzen ausser Docetaxel wurden prak­
tor Antagonist) erhältlich waren, wurden verschiedene
tisch zeitgleich entwickelt, und grosse Studien zum se­
hormonelle Manipulationen bei Männern mit M1 CRPC
quentiellen Einsatz der Behandlungen sind noch aus­
vorgenommen. Dazu gehören nicht steroide Andro­
stehend. Verschiedene kleine retrospektive Analysen
gen Rezeptor Antagonisten (Bicalutamid, Flutamid,
mit heterogenen Patientenpopulationen haben ge­
Nilutamid), das steroidale Anti Androgen Cyproteron,
zeigt, dass der direkte Wechsel von Enzalutamid auf
Östrogene, Estramustinphosphat, Ketokonazol und
Abirateron (und umgekehrt) mit eingeschränkter Akti­
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zeigt: Docetaxel, Cabazitaxel, Abirateron, Enzalutamid
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Das metastasierte kastrationsresistente
Prostatakarzinom (M1 CRPC)
Tabelle 1: Therapieoptionen beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (CRPC).
Medikamente mit nachgewiesenem Gesamtüberlebensvorteil
Wirkmechanismus
Wichtige potentielle
Nebenwirkungen
Besonderheiten
Docetaxel
Taxotere ®
75 mg/m2 iv q3w
50 mg/m2 iv q2w
Cabazitaxel
Jevtana®
Abirateron
Publikationen
Therapiekosten in CHF*
Zytotoxisch
Hämatotoxizität
Neuropathie
Nagelveränderungen
Prednison 10 mg/d NEJM 2004
Lancet Oncol 2013
q3w-Dosis
818.– bis 912.–
25 mg/m2 iv q3w
Zytotoxisch
Hämatotoxizität
Diarrhoe
Prednison 10 mg/d Lancet 2010
q3w-Dosis
5540.–
Zytiga®
1000 mg/d po
kontinuierlich
Blockade der
Testosteron-Synthese über Enzym
CYP17
Mineralokortikoid-Exzess Prednison 10 mg/d NEJM 2011
Lebertoxizität
Einnahme
NEJM 2013
Kardiale Ereignisse
nüchtern
Rhabdomyolyse
Monatsdosis
4305.– (30 d)
Enzalutamid Xtandi®
160 mg/d po
kontinuierlich
Blockiert:
AR
Transport von AR
in Nucleus
Bindung an DNA
Fatigue
QTc-Verlängerung
Krampfanfälle (<1%)
Kein Prednison
nötig
Induktor und
Substrat von
CYP3A4
NEJM 2012
NEJM 2014
Monatsdosis
4011.40 (28 d)
Radionuklid
Alphastrahler
Hämatotoxizität
Diarrhoe
Applikation durch
Nuklearmedizin
NEJM 2013
Monatsdosis
5984.–
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Handelsname Dosis
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Substanz
Radium-223
Xofigo ®
iv q4w (6×)
Zoldronat
Zometa®
oder
Generika
iv q4w
Bisphosphonat
Niereninsuffizienz
Kieferosteonekrose
Dosis muss an
JNCI 2002/04
Kreatinin-Clearance
angepasst werden
Monatsdosis
129.– bis 212.–
Denosumab
Xgeva®
sc q4w
RANK-Ligand
Antikörper
Schwere Hypokalzämie
Hypophosphatämie
Kieferosteonekrose
Kalziumspiegel
muss bestimmt
werden
Kalzium- und
Vitamin-DSupplementation
Monatsdosis
542.–
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Medikamente zur Reduktion des Risikos von skelettalen Ereignissen
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Lancet 2011
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Abkürzungen: AR = Androgenrezeptor; d = Tag; iv = intravenös; po = per os; q2w = alle 2 Wochen; q3w = alle 3 Wochen; q4w = alle 4 Wochen;
NEJM = New England Journal of Medicine; * Publikumspreis nach: http://www.spezialitaetenliste.ch, Stand 2.10.2015.
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übersichtsartikel
AIM
Docetaxel
wählten Fällen angewendet werden soll. In der täglichen
Bei asymptomatischen Männern wird Docetaxel als
Praxis stellt sich zudem das Problem, dass die Männer
Erstlinientherapie nicht oder nur in einer Minderheit
oft die in Studien geforderten Einschlusskriterien nicht
empfohlen. Bei Vorliegen einer Tumorprogression in­
erfüllt hätten.
nerhalb von ≤12 Monaten nach Beginn der ADT emp­
Zurzeit sind keine prädiktiven Biomarker bekannt, die
fiehlt jedoch eine Mehrheit der Experten den primären
im klinischen Alltag verfügbar wären und die Thera­
Einsatz von Docetaxel. Bei symptomatischen Männern
piewahl unterstützen könnten. Stattdessen werden kli­
sollte Docetaxel als Behandlungsoption, abhängig von
nische Faktoren verwendet, die teilweise auch in den
anderen Faktoren (Ausdehnung der Erkrankung,
Studien benutzt wurden: Symptomatik, Vorliegen von
Krankheitsdynamik), aktiv evaluiert werden. Bei Pro­
viszeralen Metastasen (Lunge, Leber), kurzes Anspre­
gression unter einer der neuen Hormontherapien (Ab­
chen auf vorgängige ADT.
irateron oder Enzalutamid) sollte eine Chemotherapie
Es besteht Einigkeit, dass eine Therapie bei radiologi­
evaluiert werden.
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vität verbunden ist und deshalb im Alltag nur in ausge­
scher Progression oder symptomatischen Männern be­
Die Indikation zur Behandlung mit Radium 223 sind
der internationalen Panelmitglieder würde eine Be­
multiple symptomatische Knochenmetastasen. In der
handlung innert 4–8 Wochen empfehlen. Das schwei­
Zulassungsstudie konnten Männer vor und nach einer
zerische Panel tendiert dazu, dass bei diesen Männern
Chemotherapie mit Docetaxel eingeschlossen werden.
unter engmaschiger Beobachtung mit einer Therapie
Beide Subgruppen zeigten eine Verbesserung des Über­
vorerst zugewartet werden darf.
lebens. Die Studienpatienten, die Radium 223 vor einer
Chemotherapie erhielten, galten als «Chemotherapie
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Radium-223
Progression jedoch besteht kein Konsens; die Mehrheit
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gonnen werden soll. Bei Männern mit alleiniger PSA
fasste Männer, die als nicht fit für eine Chemotherapie
sultate von Abirateron und Enzalutamid in der Erst­
mit Docetaxel eingeschätzt wurden, diese Therapie
linienbehandlung entgegen den Studienpopulationen
nicht wünschten oder keinen Zugang dazu hatten. An
in ausgewählten Fällen auch auf Männer mit sympto­
diese wissenschaftliche Evidenz sollte man sich auch
matischer Erkrankung oder Vorliegen von viszeralen
in der Indikationsstellung halten. Radium 223 kann nur
Metastasen angewendet werden können. Es kann
für eine Minderheit der symptomatischen Männer als
keine bevorzugte Empfehlung für das eine oder andere
Erstlinientherapie empfohlen werden, insbesondere
Präparat abgegeben werden; sowohl die internationa­
wenn Männer für eine Chemotherapie nicht in Frage
len als auch die schweizerischen Experten bevorzugen
kommen oder diese explizit ablehnen. Eine Anwen­
zu gleichen Teilen Abirateron, Enzalutamid oder eines
dung von Radium 223 vor Docetaxel bei Chemothera­
von beiden (jeweils je ein Drittel). Dies widerspiegelt
pie fitten Männern wird vom internationalen Panel
die sehr ähnlichen Studienresultate mit nachgewiese­
von der Mehrheit als adäquat angesehen. Das schwei­
nem OS Vorteil und signifikanter Verbesserung im
zerische Panel empfiehlt in dieser Situation eine indi­
radiologischen progressionsfreien Überleben sowie
viduelle, interdisziplinäre Besprechung. Eine Extrapo­
weiteren sekundären Endpunkten. Bei der Wahl zu
lation für asymptomatische Männer ist gemäss einer
beachten sind allfällige Medikamenteninteraktionen
knappen Mehrheit des internationalen Panels akzepta­
sowie spezifische Nebenwirkungen (Abirateron: Hypo­
bel. Es ist allerdings zu bedenken, dass Radium 223 nur
kaliämie, Flüssigkeitsretention, eingeschränkte Leber­
bei Männern mit symptomatischen Knochenmetasta­
funktion und tödliche Fälle von fulminantem Leber­
sen geprüft wurde, so dass die schweizerischen Exper­
versagen, kardiale Nebenwirkungen, Rhabdomyolyse;
ten diese generelle Aussage nicht per se unterstützen
Enzalutamid: Asthenie/Fatigue, QTc Verlängerung,
können.
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unfit», was eine heterogene Gruppe darstellte. Sie um­
Das internationale Panel war der Meinung, dass die Re­
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Neue Hormontherapien: Abirateron, Enzalutamid
kardiale Nebenwirkungen, Risiko von Krampfanfällen).
Cabazitaxel
Der Einsatz von Cabazitaxel wird in der Drittlinien­
ken können, vermieden werden.
therapie (nach Erstlinientherapie mit Abirateron oder
Im Falle einer Progression wird ein Wechsel auf das je­
Enzalutamid und Zweitlinientherapie mit Docetaxel)
weils andere Präparat bei primärer Resistenz nicht
von der Mehrheit der internationalen Experten emp­
empfohlen. Bei initialem Ansprechen kann bei weite­
fohlen. In der Zweitlinientherapie nach Vortherapie
rer Progredienz ein Wechsel in einer Minderheit der
mit Docetaxel ohne Vorbehandlung mit einer der
Männer empfohlen werden.
neuen Hormontherapien kann Cabazitaxel auch an­
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Bei einer Therapie mit Enzalutamid sollten Medika­
mente, die ebenfalls die zerebrale Krampfschwelle sen­
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gewendet werden. Die schweizerischen Experten sind
1. Ein signifikanter Anteil des fortgeschrittenen Pro­
übereinstimmend mit dem internationalen Konsen­
statakarzinoms tritt bei Männern in fortgeschritte­
übersichtsartikel
AIM
sus der Meinung, dass die Chemotherapie mit Cabazi­
nem Alter auf;
2. die Androgendeprivationstherapie und der dadurch
werden soll. Neuere Daten zeigen, dass Cabazitaxel
bedingte Testosteronmangel haben einen negati­
taxel nicht zu spät in der Therapiesequenz angewandt
nach dem Auftreten von Resistenzen gegenüber Abira­
ven Einfluss auf die Knochendichte;
3. bis zu 90% der Männer mit metastasiertem Prosta­
teron oder Enzalutamid Wirksamkeit zeigt und des­
halb eine gute Therapieoption darstellen kann.
takrebs haben Knochenmetastasen;
4. verschiedene Therapien werden konkomittierend
Frage der Re-Biopsien bei Progredienz
im Verlaufe der Therapiesequenzen
mit Steroiden verabreicht (Abirateron, Docetaxel,
Neueste Untersuchungen deuten darauf hin, dass es
Knochendichte haben;
Cabazitaxel), die einen negativen Einfluss auf die
5. skelettale Ereignisse (pathologische Fraktur, Radio­
dem längeren Überleben wahrscheinlich gehäuft zum
therapie oder orthopädische Stabilisierung von
Auftreten einer neuroendokrinen Differenzierung
schmerzhaften Knochenmetastasen, spinale Kom­
kommen kann. Eine erneute Tumorbiopsie könnte hier
pression) sind Komplikationen, die mit hoher Mor­
zur Entscheidungsfindung bezüglich weiterer Thera­
bidität und erheblichen Kosten verbunden sind.
pien beitragen. Die Interpretation der pathologischen
Im Folgenden werden die Empfehlungen zur osteopro­
Befunde ist jedoch schwierig, und es besteht auch kein
tektiven Therapie beim metastasierten Prostatakarzi­
Konsens bezüglich der Aufarbeitung der Biopsien. Es
nom kurz zusammengefasst (Tab. 2).
im Verlauf der verschiedenen Behandlungen und mit
-
kann aktuell keine Empfehlung für Re Biopsien abge­
in den nächsten Jahren entscheidende Fortschritte er­
Knochenmetastasen beim kastrationsnaiven
Prostatakarzinom
zielt werden, die eine Re Biopsie rechtfertigen.
Was das Prostatakarzinom betrifft, deckt sich der Zu­
-
geben werden. Es wird erwartet, dass in diesem Bereich
lassungsstatus von Bisphosphonaten und Denosumab
in der Schweiz («Behandlung von Patienten mit Kno­
Knochengerichtete Therapien
beim Prostatakarzinom
chenmetastasen solider Tumoren in Verbindung mit
einer antineoplastischen Standardtherapie») nicht mit
Die Knochengesundheit sollte bei einem Mann mit
der Studienevidenz, da der klinische Vorteil nur beim
fortgeschrittenem Prostatakarzinom beachtet werden.
kastrationsresistenten ossär metastasierten Prostata­
Wichtige Gründe dafür sind:
karzinom nachgewiesen worden ist. Das bedeutet, dass
Tabelle 2: Empfehlungen zur osteoprotektiven Therapie beim metastasierten Prostatakarzinom.
Empfehlung
Kastrationsnaiv, metastasiert
–
­
Metastasiertes Prostatakarzinom
–
–
Lifestyle-Änderungen (körperliche Aktivität,
reduzierter Alkoholkonsum, Normalisierung des BMI)
Vitamin-D- und Kalzium-Supplementation
(Kalzium abhängig von nutritiver Zufuhr)
Bei Osteoporose oder erhöhtem Frakturrisiko unter ADT:
Denosumab (Prolia®, 60 mg alle 6 Monate)
Zoledronat (Aclasta®), Alendronat (Fosamax ®) und Risedronat (Actonel®)
KEIN Denosumab (Xgeva®) 120 mg, monatlich, KEIN Zoledronat (4 mg alle 4 Wochen)
Kastrationsresistent, metastasiert
Reduktion des Risikos von skelettalen Komplikationen:
Denosumab (Xgeva®, 120 mg, monatlich)
Zoledronat (Zometa®, 4 mg alle 4 Wochen)
Kalziumspiegel muss vor Start mit Denosumab kontrolliert werden.
Schwere Hypokalzämie einschliesslich tödlicher Fälle wurden unter Denosumab
beschrieben. Vitamin-D- und Kalzium-Supplementation wird empfohlen.
–
–
Kastrationsresistent, KEIN Nachweis
von ossären Metastasen
Lifestyle-Änderungen (körperliche Aktivität,
reduzierter Alkoholkonsum, Normalisierung des BMI)
Vitamin-D- und Kalzium-Supplementation
(Kalzium abhängig von nutritiver Zufuhr)
Bei Osteoporose oder erhöhtem Frakturrisiko unter ADT:
Denosumab (Prolia®, 60 mg alle 6 Monate)
Zoledronat (Aclasta®), Alendronat (Fosamax ®) und Risedronat (Actonel®)
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Abkürzungen: ADT = Androgendeprivation; BMI = Body Mass Index.
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Bisphosphonate oder Denosumab (in «Metastasen»
-
übersichtsartikel
AIM
SAKK (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische
tion nicht indiziert sind. Empfohlen werden hingegen
die Standarddosierung und Frequenz von Denosumab
Veränderungen im Lifestyle und die korrekte Supple­
gegen eine reduzierte Frequenz von Denosumab prüft
mentation von Kalzium (abhängig von der alimentä­
(www.sakk.ch).
ren Zufuhr) und Vitamin D. Zudem können bei nach­
Bei Männern mit steigendem PSA unter Androgen­
gewiesener Osteoporose oder erhöhtem Frakturrisiko
deprivation und bildgebend fehlendem Nachweis von
(z.B. Osteoporose/osteoporotische Frakturen in der
ossären Metastasen (M0 CRPC) konnte für Denosumab
Anamnese, Knochendichtemessung mit T Score ≤1, dau­
zwar eine Verlängerung der Zeit bis zum Auftreten von
erhafte Einnahme von Glukokortikoiden oder Antiepi­
Knochenmetastasen nachgewiesen werden, allerdings
leptika) Denosumab oder Bisphosphonate in der für
wird der Vorteil gegenüber Plazebo als klinisch nicht
diese Indikation korrekten Dosierung und Frequenz
relevant eingeschätzt. Zudem konnte kein Gesamtüber­
verabreicht werden (Tab. 2).
lebensvorteil nachgewiesen werden; Denosumab ist in
-
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-
Krebsforschung) Studie eingeschlossen werden, welche
­
Dosis) in der kastrationsnaiven metastasierten Situa­
­
dieser Indikation in keinem Land zugelassen.
Knochenmetastasen beim kastrations
resistenten Prostatakarzinom
Staging und Therapiemonitoring beim
metastasierten Prostatakarzinom
tasiertem Prostatakarzinom wurde in zwei grossen kli­
Das Staging vor Beginn einer neuen Therapie zur Be­
nischen Studien (Zoledronat verglichen mit Plazebo;
urteilung der Tumorausdehnung und das Monitoring
Denosumab verglichen mit Zoledronat) ein Vorteil in
unter Therapie beim fortgeschrittenen Prostatakarzi­
der Reduktion des Risikos von skelettalen Ereignissen
nom werden häufig nicht einheitlich gehandhabt, und
nachgewiesen, wobei sich Denosumab gegenüber Zole­
auch internationale Guidelines geben dazu keine Emp­
dronat als überlegen erwiesen hat. Eine adäquate Sup­
fehlungen ab. Bei fortgeschrittenen Tumorerkrankun­
plementation von Kalzium und Vitamin D ist dabei ob­
gen werden in der Regel immer ein Staging und Thera­
ligat. Der Einsatz von Densoumab oder Zoledronat ist
piemonitoring inklusive Bildgebung durchgeführt. In
beim ossär metastasierten kastrationsresistenten Pro­
der Situation des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms
statakarzinom somit sinnvoll. Verschiedene Fragen
ist der PSA Wert alleine ein unzuverlässiger Marker
sind noch offen, zum Beispiel die optimale Frequenz
der Krankheitsaktivität und ausdehnung. Das Staging
und Dosierung (siehe Tab. 2 für aktuelle Empfehlun­
und Therapiemonitoring beinhaltet bei Männern mit
gen). Männer mit ossär metastasiertem kastrations­
fortgeschrittenem Prostatakarzinom deshalb eine
resistentem Prostakarzinom können aktuell in eine
Kombination von verschiedenen Faktoren (Tab. 3).
-
-
Bei Männern mit kastrationsresistentem ossär metas­
Ein adäquates Staging vor Therapie gibt Auskunft über:
Staging
Therapiemonitoring
– Tumorlast (einzelne kleine Metastasen vs. ausge­
dehnte, grossvolumige Metastasen);
– Tumordynamik im Vergleich mit früheren Unter­
Tabelle 3: Vorschlag für Staging und Therapiemonitoring beim metastasierten
kastrationsresistenten Prostatakarzinom (CRPC).
suchungen (langsame Grössenzunahme, einzelne
Anamnese und klinische Vor Therapiestart
Untersuchung
Alle 2–4 Wochen
CT Thorax-Abdomen
Alle 3–6 Monate. Abhängig von Risikosituation und Klinik. Engmaschigeres
Monitoring in fortgeschrittenen Therapiesituationen
– Verteilung der Krankheit, die zum Teil auch pro­
Alle 3–6 Monate. Abhängig von Risikosituation und Klinik. Engmaschigeres
Monitoring in fortgeschrittenen Therapiesituationen
– Früherkennung von drohenden Komplikationen
­
Abhängig von Risikosituation und Klinik. Notfallmässig bei neu auftretenden
Rückenschmerzen und Zeichen der
Neurokompression.
Bei Männern mit ausgedehnten ossären Metastasen der Wirbelsäule: MRI
evaluieren bei Krankheitsprogression
und Therapiewechsel
neue Läsionen);
gnostische Bedeutung und Einfluss auf die Thera­
piewahl haben kann;
[spinale Kompression, skelettale Ereignisse (Osteo­
lysen), Nierenabflussstörung];
– und stellt die Basis für spätere Vergleiche unter
Therapie dar.
­
Vor Therapie bei
ausgedehnten
Knochenmetastasen
in der Wirbelsäule
­
MRI ganze Wirbelsäule
Vor Therapiestart
Läsionen vs. rasche Grössenzunahme, multiple
Knochenszintigraphie
Vor Therapiestart
Ein adäquates Staging und Monitoring bedeuten einen
verantwortungsvollen Einsatz der Antitumortherapie,
insbesondere angesichts der Kosten der aktuell verfüg­
Blutbild
Vor Therapiestart
Abhängig von Therapie
baren Therapien beim fortgeschrittenen Prostatakarzi­
PSA
Vor Therapiestart
Alle 3–6 Wochen
Alkalische Phosphatase
Vor Therapiestart
Alle 3–6 Wochen
nom. Die Kosten des Stagings und Therapiemonitorings
LDH
Vor Therapiestart
Alle 3–6 Wochen
sind im Vergleich zu den reinen Medikamentenkosten
SWISS MEDICAL FORUM – SCHWEIZERISCHES MEDIZIN-FORUM
-
durchaus vertretbar. Am APCCC Kongress wurden
2016;16(11):266–272
272
diese Fragen intensiv diskutiert. Alle Experten waren
Ausblick
der Meinung, dass vor Start einer neuen Systemthera­
Erfreulicherweise steht heute für Männer mit metasta­
pie bei Männern mit fortgeschrittenem Prostatakarzi­
siertem Prostatakarzinom eine Reihe wirksamer the­
nom ein Staging durchgeführt werden sollte. Im Detail
rapeutischer Optionen zur Verfügung. Die Integration
wurden auch die Optionen des Therapiemonitorings
von Studienergebnissen in den klinischen Alltag geht
besprochen, und es kristallisierte sich heraus, dass in
jedoch mit einer erheblichen Unsicherheit einher, da
der Regel eine risikoadaptierte Haltung eingenommen
Männer in klinischen Studien selektioniert sind und
werden kann. Das heisst, Männer unter einer neuen
weil Studien oft sehr spezifische Fragestellungen un­
Erstlinienbehandlung mit Abirateron oder Enzalut­
tersuchen. Die internationale Advanced Prostate Can-
­
übersichtsartikel
AIM
amid mit wenig Krankheitsausdehnung benötigen im
cer Consensus Conference (APCCC) hat sich zum Ziel ge­
Therapieverlauf nach initial dokumentiertem gutem
setzt, für offene Fragestellungen Expertenkonsens
Ansprechen nicht zwingend alle drei Monate eine neue
zu erarbeiten mit dem Ziel, etablierte Richtlinien zu er­
Bildgebung bei fehlenden klinischen oder laborchemi­
gänzen.
schen Anzeichen für Krankheitsprogression. Hingegen
Aus der internationalen Konferenz und dem Schweizer
wird ein engmaschigeres Monitoring in späteren The­
Expertentreffen wird klar, dass die interdisziplinäre
rapielinien sowie bei ausgedehnter und insbesondere
Zusammenarbeit weiter gestärkt und intensiviert wer­
den sollte. Männer mit metastasiertem Prostatakarzi­
nom müssen über die Fortschritte in der Behandlung
Bei der Wahl sind spezifische Nebenwirkungen
und Medikamenteninteraktionen zu beachten.
und die neuen therapeutischen Optionen informiert
werden, damit trotz unheilbarer Situation die Lebens­
qualität erhalten und nicht zuletzt auch die Gesamt­
lebenszeit verbessert werden kann. Die zunehmende
Komplexität erfordert auch eine engere Zusammen­
heitsprogression oder drohende Komplikationen
arbeit der beteiligten Fachdisziplinen, beispielsweise
rechtzeitig erfassen zu können. Das heisst, bei Män­
über Besprechungen am Tumorboard oder im Rahmen
­­
viszeraler Metastasierung empfohlen, um eine Krank­
gemeinsamer Sprechstunden. Die nächste APCCC
der 3. Linie (Progression nach einer neuen Hormonthe­
Konferenz findet vom 9.–11. März 2017 in St. Gallen statt
rapie und Chemotherapie) erhalten und wo die Wahr­
und wird weitere Themen und offene Fragen in der Be­
scheinlichkeit eines signifikanten Ansprechens geringer
handlung von Männern mit fortgeschrittenem Prosta­
ist, sollte das Monitoring in regelmässigen Abständen
takrebs aufgreifen (www.apccc.org).
und engmaschiger erfolgen.
-­
nern, die beispielsweise eine neue Hormontherapie in
Disclosure statement
Therapie mit nachgewiesenem Gesamtüberlebensvor­
-
teil nicht allein aufgrund eines isolierten PSA Anstiegs
gestoppt werden. Eine Mehrheit der Experten emp­
fiehlt, dass in der Regel zwei von drei Progressions­
-
AO: Advisory role oder Unterstützung der Teilnahme von Fachkon­
ferenzen: Astellas, Bayer, Sanofi Aventis, Janssen, Pfizer. Unter­
stützung von klinischer Forschung: Janssen, Teva.
SG: Advisory role: Astellas, Bayer, Curevac, Dendreon, Janssen Cilag,
Janssen Diagnostics, Millennium, Novartis, Orion Pharma, Pfizer,
Sanofi Aventis, ProteoMediX. Speakers Bureau: Amgen, Bayer,
Janssen Cilag, Sanofi Aventis.
RC: Advisory role: Astellas, Bayer, Sanofi, Janssen. Unterstützung
von klinischer Forschung: Sanofi, Janssen.
DB: Consulting: Sanofi, Astellas, Janssen.
FS: Advisory role oder Unterstützung der Teilnahme von
Fachkonferenzen: Astellas, Bayer, Sanofi, Janssen, Pfizer.
Sicherung in Betracht gezogen werden. Auch nicht ver­
PD Dr. med.
Richard Cathomas
­
­
aurelius.omlin[at]kssg.ch
gessen werden darf, dass viele Männer mit fortge­
­
-
CH 9007 St. Gallen
-
Therapiewechsel und eine bioptisch pathologische
Kantonsspital St. Gallen
­
Hämatologie
schrittenem Prostatakarzinom aufgrund des Alters an­
dere Komorbiditäten aufweisen, insbesondere ossär
Klinik für Onkologie/
degenerative Veränderungen oder Osteoporose/Osteo­
Hämatologie
penie, die zu einer Schmerzexazerbation führen kön­
Kantonsspital Graubünden
nen, ohne dass ein Zusammenhang mit der Tumor­
-
© Frank Vincentz | Wikimedia Commons
Literatur
1
Gillessen S, Omlin A, Attard G, de Bono JS, Efstathiou E, Fizazi K et
al. Management of patients with advanced prostate cancer: recom­
mendations of the St. Gallen Advanced Prostate Cancer Consensus
Conference (APCCC) 2015. Ann Oncol. 2015;26:1589–604.
-
CH 7000 Chur
Titelbild
ohne PSA oder klinische Progredienz sollte doch ein
Klinik für Onkologie/
(Beispiel neues Auftreten von Lebermetastasen)
Dr. med. Aurelius Omlin
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Korrespondenz:
radiologischer Progression von Weichteilmetastasen
­
eine Therapie abgebrochen wird. Aber bei eindeutiger
sion, 3. klinische Progression) erfüllt sein sollten, bevor
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kriterien (1. PSA Progression, 2. radiologische Progres­
Individuelle Interessenkonflikte
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Beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom soll eine
Das Meeting der Autoren wurde durch einen Unrestricted Grant der
Firmen Sanofi Aventis, Astellas, Janssen, Bayer und Amgen ermög­
licht. Der Grant wurde vollumfänglich an die Schweizerische Arbeits­
gruppe für klinische Krebsforschung (SAKK) überwiesen. Es erfolgte
keine Honorierung der Autoren.
Wann soll eine Therapie gestoppt werden?
erkrankung besteht.
SWISS MEDICAL FORUM – SCHWEIZERISCHES MEDIZIN-FORUM
Eine vollständige Referenzliste kann bei den Autoren angefragt werden.
richard.cathomas[at]ksgr.ch
2016;16(11):266–272
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