Einfluss der intravenösen Hochdosiskortisontherapie bei der

Werbung
Universitätsklinikum Ulm
Klinik für Neurologie
Prof. Dr. med. A. C. Ludolph
Einfluss der intravenösen Hochdosiskortisontherapie
bei der Multiplen Sklerose
auf neuropsychologische Funktionsparameter
Dissertation
zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin
der Medizinischen Fakultät
der Universität Ulm
vorgelegt von
Sabine Müller
geb. in Backnang
2012
Amtierender Dekan: Prof. Dr. rer. nat. T. Wirth
1. Berichterstatter: Prof. Dr. med. H. Tumani
2. Berichterstatter: Prof. Dr. med. H. Gündel
Tag der Promotion: 12.12.2013
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis…………………………………………………………………… I
Abkürzungsverzeichnis……………………………………………………………. III
1. Einleitung………………………………………………………………………….. 1
1.1. Einführung in die Fragestellung…………………………………………….. 1
1.2. Multiple Sklerose………………………………………………………………. 2
1.2.1. Epidemiologie, Ätiologie, Pathophysiologie………………………………… 2
1.2.2. Klinik……………………………………………………………………………. 4
1.2.3. Krankheitsverlauf und Prognose…………………………………………….. 7
1.2.4. Differentialdiagnostische Überlegungen und Diagnosesicherung……….. 8
1.2.5. Therapie………………………………………………………………………… 12
1.2.5.1. Verlaufsmodifizierende und symptomatische Therapie………………… 12
1.2.5.2. Behandlung eines akuten Schubes mit Glukokortikoiden……………… 13
1.3. Auswirkungen von Glukokortikoiden auf die kognitiven Leistungen .. 14
1.3.1. Mechanismus und Ausmaß der Beeinflussung kognitiver Funktion
durch Glukokortikoide……………………………………………………………….. 15
1.3.1.1. Einfluss endogener Glukokortikoide auf die Kognition……………………16
1.3.1.2. Einfluss exogener Glukokortikoide auf die Kognition…………………… 17
1.4. Gedächtnis aus neuropsychologischer Sicht….....................................
1.4.1. Gedächtnis als zeitabhängiger Prozess…………………………………….
1.4.2. Gedächtnis als inhaltsabhängiger Prozess…………………………………
1.4.2.1. Das deklarative Gedächtnis………………………………………………..
1.4.3. Neuroanatomie des Gedächtnisses…………………………………………
1.4.4. Der Hippokampus……………………………………………………………..
1.4.5. Synaptischer Speichermechanismus für das deklarative Gedächtnis …..
18
18
19
19
20
21
22
1.5. Zusammenfassung und Fragestellungen…………………………………. 23
2. Material und Methodik…………………………………………………………… 25
2.1. Studiendesign…………………………………………………………………… 25
2.2. Stichprobe………………………………………………………………………. 26
2.3. Versuchsablauf…………………………………………………………………
2.3.1. Erfassung der Aufmerksamkeit und Verarbeitungsgeschwindigkeit……..
2.3.2. Untersuchung des Gedächtnisses…………………………………………..
2.3.2.1. Arbeitsgedächtnis……………………………………………………………
2.3.2.2. Deklaratives Gedächtnis……………………………………………………
2.3.2.3. Implizites Gedächtnis……………………………………………………….
2.3.3. Untersuchung der exekutiven Funktionen…………………………………..
2.3.4. Allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit…………………………………….
2.3.5. Selbstbeurteilungsskalen……………………………………………………..
27
28
30
30
31
33
33
34
35
2.4. Statistische Datenanalyse……………………………………………………. 39
II
3. Ergebnisse..................................................................................................... 39
3.1. Soziodemographische Daten………………………………………………… 39
3.2. Klinische Daten der beiden Patientengruppen…………………………… 40
3.3. Leistung der Patienten und Kontrollen zum Zeitpunkt 0……………….. 41
3.3.1. Arbeitsgedächtnis……………………………………………………………… 41
3.3.2. Deklaratives Gedächtnis……………………………………………………… 42
3.3.3. Implizites Gedächtnis…………………………………………………………. 43
3.3.4. Exekutive Funktionen…………………………………………………………. 44
3.3.5. Aufmerksamkeit…………………………………………………………………44
3.3.6. Depression, Euphorie, Ängste, Gedächtnisleistungen im Alltag…………. 45
3.3.7. Allgemeine Intelligenz………………………………………………………… 46
3.4. Kognitive Leistungen der Kontrollpersonen im Verlauf………………… 47
3.4.1. Arbeitsgedächtnis…………………………………………………………….. 47
3.4.2. Deklaratives Gedächtnis……………………………………………………… 48
3.4.3. Implizites Gedächtnis…………………………………………………………. 49
3.4.4. Exekutive Funktionen…………………………………………………………. 50
3.4.5. Aufmerksamkeit……………………………………………………………….. 50
3.4.6.Depression, Euphorie, Ängste, Gedächtnisleistungen im Alltag…………. 51
3.5. Auswirkungen der Methylprednisolonbehandlung auf die kognitiven
Leistungen der Patienten…………………………………………………………..
3.5.1. Ergebnisse der Patienten zu den drei Untersuchungszeitpunkten…
3.5.1.1. Arbeitsgedächtnis……………………………………………………………
3.5.1.2. Deklaratives Gedächtnis……………………………………………………
3.5.1.3. Implizites Gedächtnis………………………………………………………
3.5.1.4. Exekutive Funktionen……………………………………………………….
3.5.1.5.Aufmerksamkeit……………………………………………………………..
3.5.1.6. Depression, Euphorie, Ängste, Gedächtnisleistungen im Alltag……….
53
53
53
54
56
56
57
58
3.5.2. Dosiseffekt………………………………………………………………………60
3.5.2.1. Arbeitsgedächtnis…………………………………………………………… 60
3.5.2.2. Deklaratives Gedächtnis…………………………………………………… 61
3.5.2.3. Implizites Gedächtnis…………………………………………………………63
3.5.2.4. Exekutive Funktionen…………………………………………………………63
3.5.2.5. Aufmerksamkeit……………………………………………………………… 64
3.5.2.6.Depression, Euphorie, Ängste, Gedächtnisleistungen im Alltag…………66
3.5.3. Interaktion zwischen „Dosis“ und „Untersuchungszeitpunkt“…….. 67
3.6. Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse……………………………. 68
4. Diskussion………………………………………………………………………… 69
5. Zusammenfassung………………………………………………………………. 75
6. Literaturverzeichnis……………………………………………………………… 77
III
Abkürzungsverzeichnis
MS
Multiple Sklerose
ZNS
Zentrales Nervensystem
N
Nervus
INO
Internukleäre Ophtalmoplegie
OKB
Oligoklonale Banden
CIS
clinically isolated syndrome
MRT
Magnetresonanztomographie
GK
Glukokortikoide
RRMS
relapsing-remitting MS
SPMS
secondary-progressive MS
PPMS
primary-progressive MS
HHN
Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrindenachse
PTSD
Posttraumatische Belastungsstörung
LPT
Langzeitpotenzierung
NMDA
N-Methyl-D-Aspartat
EDSS
Expanded Disability Status Scale
VEP
Visuell evozierte Potientiale
MP
Methylprednisolon
HAWIE-R
Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene
MVGT
Münchner Verbaler Gedächtnistest
PAL
Paarassoziationslerntest
MT
Mosaiktest
BDI
Beck-Depressions-Inventar
M
Arithmetischer Mittelwert
SD
Standardabweichung
IV
1. Einleitung
1.1. Einführung in die Fragestellung
Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des
zentralen Nervensystems (ZNS), deren Symptomatik und Verlauf höchst variabel
und im Einzelfall nur schwer vorhersagbar sind. Die Betroffenen leiden - je nach
Dauer und Schwere der Erkrankung - an einzelnen neurologischen Symptomen bis
hin
zu
schwerwiegenden,
zu
dauerhafter
Behinderung
führenden
Beeinträchtigungen. Die Symptomatik beschränkt sich nicht nur auf körperliche,
sondern beinhaltet auch kognitive Einschränkungen.
Als Mittel der Wahl für die Behandlung eines akuten Schubes einer MS gilt die
Verabreichung von hochdosierten, intravenösen Glukokortikoiden. Aktuell wird die
intravenöse Verabreichung von 500-1000 mg Methylprednisolon täglich über 5
Tage
empfohlen
(Myhr
u.
Mellgren
2009);
es
liegen
allerdings
auch
Untersuchungen vor, welche eine bessere Wirksamkeit einer Dosierung von
2000 mg pro Tag zeigen (Oliveri et al. 1998; Fierro et al. 2002).
Glukokortikoide beeinflussen jedoch in bedeutendem Maße die Regulation von
affektiven
und
Untersuchungen
kognitiven
zeigen,
Prozessen
dass
(Fietta
insbesondere
et
al.
2009).
Störungen
des
Verschiedene
deklarativen
Gedächtnisses auftreten (Newcomer 1994; de Quervain 2000).
Obwohl MS-Patienten häufig schon zu Beginn ihrer Erkrankung kognitive Defizite
aufweisen und die Therapie mit Glukokortikoiden häufig mehrmals in einem
Krankheitsverlauf durchgeführt wird, liegen bisher nur wenige Daten über die
kognitiven Auswirkungen dieser Therapie bei MS-Patienten vor (Oliveri et al. 1998).
Im Rahmen der vorgestellten Studie wurde der Einfluss der zur Behandlung eines
akuten Schubes einer MS eingesetzten synthetischen Glukokortikoide auf
neuropsychologische Funktionsparameter, insbesondere mnestische Funktionen,
an
insgesamt
30 MS-Patienten
mit
Studiendesign untersucht.
1
einem
randomisierten, doppelblinden
1.2. Multiple Sklerose
1.2.1. Epidemiologie, Ätiologie, Pathophysiologie
Die Multiple Sklerose ist die häufigste neurologische Erkrankung, die im jungen
Erwachsenenalter zu bleibender Behinderung und vorzeitiger Berentung führt. Es
handelt sich um eine immunvermittelte, chronisch-entzündliche Erkrankung des
zentralen Nervensystems, die histopathologisch in unterschiedlicher Ausprägung
zu Demyelinisierung und axonalem Schaden führt. Bei der Mehrzahl der Patienten
manifestiert sich die Erkrankung im Alter zwischen 20 und 40 Jahren (Amato u.
Ponziani 2000), wobei das mittlere Alter bei Krankheitsbeginn bei Frauen etwas
niedriger ist (Goodkin et al. 1989). Das Verhältnis von erkrankten Frauen zu
erkrankten
Männern
geschlechtsspezifischen
beträgt
etwa
Unterschiede
2:1.
sind
nicht
Die
klar;
Ursachen
dieser
vermutlich
spielen
Sexualhormone und deren Beeinflussung der Immunantwort eine Rolle. Die
geographische Verteilung der MS-Erkrankung ist inhomogen. Schätzungen zufolge
dürften etwa 2,5 Millionen Menschen weltweit betroffen sein, in Deutschland ca.
122 000 (Hein u. Hopfenmüller 2000; Pugliatti et al. 2006). In Äquatornähe ist die
Erkrankung selten; in Richtung der Pole nimmt sie zu. Offenbar ist die MS häufiger
in den Gebieten, die ein gemäßigtes Klima haben und wirtschaftlich gut entwickelt
sind. Eine Migration vor dem 15. Lebensjahr in Gebiete mit niedrigem
Erkrankungsrisiko reduziert das Risiko, an MS zu erkranken, während die Migration
nach dem 15. Lebensjahr keinen Einfluss auf das Krankheitsrisiko hat. Neuere
Untersuchungen legen dar, dass die Prävalenz der Erkrankung vor allem bedingt
durch ein längeres Überleben der Patienten zunimmt; allerdings scheint auch eine
echte Zunahme der Inzidenz von MS-Erkrankungen, speziell bei Frauen,
vorzuliegen (Koch-Henriksen u. Sørensen 2010).
Es wird vermutet, dass bei der Entstehung der MS ein exogener Faktor beteiligt ist,
der in der Kindheit oder Adoleszenz erworben wird und nach einer unterschiedlich
langen Latenzzeit zur Erkrankung führt. Die genaue Ätiologie der Erkrankung ist
noch immer unbekannt, bezüglich der Pathogenese gelten genetische Faktoren
sowie Umweltfaktoren als gesichert (Compson u. Coles 2002). Man geht von einer
genetischen Prädisposition für die Entwicklung einer MS aus, beispielsweise
beträgt die Erkrankungswahrscheinlichkeit für einen monozygoten Zwilling ca.
31 %. Dabei ist allerdings ein einfacher auslösender Gendefekt nicht erkennbar,
2
vielmehr geht man davon aus, dass es sich um eine multifaktorielle, polygene
Erkrankung handelt. Durch Veränderung in mehreren Genen (hier gelten
beispielsweise die sog. „MHC Klasse II Gene“ als stark beteiligt) entsteht eine
genetische
Prädisposition,
die
unter
Beteiligung
von
Umweltfaktoren
die
Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung steigert. Zudem werden spezifische Auslöser,
wie etwa virale Infektionen (z. B. Epstein-Barr-Virus, Humanes Herpesvirus 6)
diskutiert, allerdings gibt es dafür keine sicheren Belege. Hinweise gibt es auf
Einflüsse von Zigarettenrauchen, EBV-Infektion, Sonnenexposition, Vitamin-D
Mangel und sonstige Ernährung (Mechelli et al. 2010).
Traditionell wird die MS als eine Autoimmunerkrankung angesehen, bei der
autoreaktive T-Zellen, die gegen Myelinbestandteile des Zentralvervensystems
gerichtet sind, einen Entzündungsprozess induzieren, der zu einer sekundären
Makrophagen-Rekrutierung mit daraus folgender Myelindestruktion führt. Neuere
Daten sprechen dafür, dass die Immunpathogenese der MS komplizierter ist, als
bisher angenommen, was angesichts der bekannten klinischen, radiologischen,
genetischen und morphologischen Heterogenität der Erkrankung nicht überrascht.
MS könnte demnach eine Bezeichnung für verschiedene Krankheiten sein, welchen
gemeinsam ist, dass Myelin und Oligodendrozyten durch verschiedene toxische
Immunmodulatoren angegriffen werden. Dafür spricht, dass die Mechanismen der
Gewebsschädigung bei der MS fundamental unterschiedlich zwischen einzelnen
Subgruppen von Patienten sind (Pittock u. Lucchinetti 2007).
Morphologisch manifestiert sich die Multiple Sklerose durch Entzündung,
Demyelinisierung, Verlust von Axonen und Gliose. Die entzündlichen Herde sind
charakterisiert durch eine massive Infiltration von verschiedenen zellulären und
löslichen Mediatoren (T-Zellen, B-Zellen, Makrophagen, Cytokine, Chemokine,
Antikörper und Mikroglia), die zur Demyelinisierung führen. Das Auftreten solcher
Läsionen ist verbunden mit klinischen Schüben der Erkrankung; dabei lassen sich
die klinischen Symptome der Patienten teilweise durch die Entmarkung, teilweise
jedoch auch durch die daraus folgende Axonschädigung erklären (Brück 2005). Die
Läsionen sind im gesamten ZNS zu finden mit einer Prädilektion für die Sehnerven,
den Hirnstamm, das Rückenmark, das Kleinhirn und die periventrikuläre weiße
Substanz.
3
1.2.2. Klinik
Die Symptomatik der MS ist vielgestaltig. Als typische Symptome gelten Paresen,
Sensibilitätsstörungen,
psychiatrische
Visusstörungen,
Auffälligkeiten,
Fatigue,
Ataxie,
kognitive
Schmerzen
Einschränkungen,
sowie
Blasen-
und
Mastdarmstörungen und Einschränkungen der Sexualfunktion. Allerdings gibt es
kein Symptom, das für die MS spezifisch wäre.
Bei ca. 20 % der Patienten ist die Optikusneuritis Erstsymptom, bei bis zu 50 % tritt
sie zu irgendeinem Zeitpunkt der Erkrankung auf (Chen u. Gordon 2005). Bei
Herden am Eintritt des Nervus opticus in die Retina stellt sich die Papille unscharf,
vergrößert und ödematös dar (Papillitis). Bei im Verlauf des N. opticus auftretenden
Herden (Retrobulbärneuritis) finden sich im Anfangsstadium Schleier- bzw.
Verschwommensehen und frühzeitig eine deutliche Visusminderung bis hin zu
erloschener Sehkraft. Zudem treten Bulbusschmerzen und Lichtsensationen auf.
Auch Chiasma, Tractus opticus und Sehstrahlung können durch Plaques
geschädigt werden und es kommt zu typischen Gesichtsfelddefekten, die auf die
Lokalisation der Läsion schließen lassen.
Im Prinzip können alle bekannten Augenbewegungsstörungen auftreten. Die
häufigsten sind Doppelbilder (zu Erkrankungsbeginn bei 7 % der Patienten, im
Verlauf der Erkrankung bei ca. einem Drittel der Patienten nachweisbar),
Nystagmus (bei ca. zwei Dritteln der Patienten im Verlauf auftretend) und eine
internukleäre Ophtalmoplegie (INO). Die INO tritt bei 34-53 % der Patienten v. a. in
späteren Erkrankungsstadien auf. Eine bilaterale INO gilt annähernd als
pathognomonisch für die MS (Roodhooft 2009; Barnes u. McDonald 1992).
Motorische Symptome werden v. a. durch Pyramidenbahnläsionen hervorgerufen.
Die Patienten bemerken rasche Ermüdbarkeit, Schwäche und Kraftlosigkeit. Vor
allem die unteren Extremitäten sind betroffen; es treten Gangstörungen auf. Bei
fortgeschrittener MS besteht häufig eine spastische Paraparese.
Sensibilitätsstörungen treten in Form von Parästhesien und Hitze- oder Kältegefühl
auf. Am häufigsten finden sich Sensibilitätsstörungen an den unteren Extremitäten,
meistens betreffen diese den Vibrations- und Lagesinn. Schmerzen werden von bis
4
zu 40 % der Patienten angegeben (Solaro u. Messmer 2010). Das LhermitteZeichen (schmerzhaftes, elektrisierendes Gefühl bei Kopfbeugung, welches für
Beteiligung des Halsmarks spricht) ist nicht spezifisch für die MS, hat jedoch als
Einzelsymptom in der Diagnosestellung der MS vor allem bei jüngeren Patienten
Bedeutung.
Bei zerebellären Herden treten Koordinationsstörungen in Form von Dysmetrie,
Dyssynergie und Dysdiadochokinese auf, zudem Schwindel und Gleichgewichtsstörungen, teilweise auch Übelkeit. Koordinationsstörungen der Sprachmuskulatur
führen zur Dysarthrie, häufig kommt es zu einer skandierenden Sprache.
Verschiedene Tremorformen treten auf, v. a. der Intentionstremor.
Der Nervus trigeminus ist in 7 % der Fälle geschädigt. Es finden sich Hypästhesie,
Kribbeln und Kältegefühl sowie ein herabgesetzter Kornealreflex. Oft ist der
Geschmackssinn beeinträchtigt. Im jugendlichen Alter ist die MS die häufigste
Ursache für eine nicht lokal erklärbare Trigeminusneuralgie. Eine periphere Parese
des Nervus facialis findet sich bei 5-8 % der Patienten, sie bildet sich häufig rasch
zurück. Bei 7 % der Patienten findet sich eine zentrale Facialisparese. Heiserkeit
und Schluckstörungen sowie verwaschene Sprache können auftreten, ebenso
tonische Hirnstammanfälle.
75 % der MS-Patienten haben im Krankheitsverlauf Blasenstörungen, v. a. durch
Infektionen. Je nach Ort der Schädigung treten auch verschiedene neurogene
Blasenstörungen auf. Sexualstörungen im Sinne von Erektionsschwäche bei
Männern und Libidoverlust bei Frauen treten durch Läsionen im Sakralmark auf
(Schmidt u. Hoffmann 2002).
Bis zu 90 % der MS-Patienten leiden unter einer Fatigue, die sie in Form von
Erschöpfung, Mangel an Energie, erhöhter Ermüdbarkeit und Verschlechterung von
MS-Symptomen, besonders bei Aktivität und Temperaturerhöhung (UhthoffPhänomen) wahrnehmen (Vucic et al. 2010).
Kognitive Beeinträchtigungen liegen bei 40-65 % der MS-Patienten vor und können
ein Hauptgrund für berufliche und soziale Beeinträchtigung sowie verminderte
5
Lebensqualität sein (Amato et al. 2008). Zumeist sind Gedächtnis, Aufmerksamkeit,
Verarbeitungsgeschwindigkeit
und
die
exekutiven
Funktionen beeinträchtigt
(Rogers u. Panegyres 2007). Die häufig schon zu Krankheitsbeginn auftretenden
kognitiven Defizite der MS-Patienten können als Folge eines „multiplen
Diskonnektionssyndroms“
aufgefasst
werden.
Dabei
führt
ein
räumlich
disseminiertes und zeitlich aufeinanderfolgendes, kortexnahes Entmarkungsmuster
langfristig zu multiplen Unterbrechungen kortiko-kortikaler Verbindungen und stört
damit
den
netzwerkartigen
Informationsverarbeitungsmodus
des
kognitiven
Systemgefüges empfindlich. Eine Kompensation scheint nur bis zu einem
bestimmten Läsionsausmaß möglich, weshalb von einem „Schwellenmodell“
ausgegangen wird, in dem zunehmende kognitive Defizite das Resultat eines
Ausfalls in der Rekrutierung alternativer funktioneller Netzwerke zu sein scheinen
(Calabrese u. Penner 2007).
Psychiatrische Symptome treten bei mehr als der Hälfte der an Multipler Sklerose
erkrankten
Patienten
auf;
dabei
ist
unklar,
inwieweit
diese
Folge
der
psychosozialen Auswirkungen der Erkrankung sind oder aber Symptome der
pathologischen Prozesse selbst (José Sá 2008). Depressionen, v. a. während
Schüben der Erkrankung, sind häufig; diese können eine primär vorliegende
Fatigue oder primär vorliegende kognitive Einschränkungen noch verstärken. Unter
Ängsten
leiden
Patienten
häufig
kurz
nach
Diagnosestellung.
Andere
psychiatrische Erkrankungen wie die bipolar affektive Störung oder Psychosen
kommen bei der MS weniger häufig vor (Fazzito et al. 2009). Psychiatrische
Störungen bei MS-Patienten können zudem durch die Behandlung der Erkrankung
ausgelöst werden: Z. B. können Depressionen durch die Verabreichung von
Interferonen angestoßen oder verstärkt werden. Kortikosteroide können eine
Hypomanie oder eine Depression, seltener auch psychotische Störungen
verursachen (Goeb et al. 2006).
6
1.2.3. Krankheitsverlauf und Prognose
Der Krankheitsverlauf der MS ist höchst variabel und im Einzelfall nur schwer
vorhersagbar.
Das
Spektrum
reicht
von
einem
einzigen
Schub
ohne
nennenswertes neurologisches Defizit bis hin zu einem raschen, progredienten
Verlauf mit schwerer Behinderung. Allgemein anerkannt und anhand einer
internationalen
Erhebung bei 215 in der MS-Forschung und –Therapie erfahrenen Klinikern
bestätigt sind folgende Verlaufsformen (Lublin u. Reingold 1996):
Der schubförmige remittierende Verlauf (relapsing-remitting MS, RRMS) ist definiert
durch klare Schübe mit vollständiger Restitution oder verbleibenden Residuen,
wobei in den Intervallen zwischen den Schüben keine Krankeitsprogression zu
verzeichnen ist. In der Frühphase der MS überwiegt diese Verlaufsform mit einer
Häufigkeit von etwa 85-90 %.
Derprimär chronisch-progrediente Verlauf (primary-progressive MS, PPMS)kommt
wahrscheinlich bei den übrigen 10-15 % der Patienten vor und ist charakterisiert
durch eine progrediente Zunahme der Symptomatik von Krankheitsbeginn an,
wobei gelegentlich Plateaus und geringfügige Verbesserungen möglich sind.
Der sekundär chronisch-progrediente Verlauf (secondary-progressive MS, SPMS)
zeigt initiale Schübe gefolgt von einer Phase der progressiven Zunahme der
Symptomatik mit oder ohne gelegentliche Schübe, geringfügige Remissionen oder
Plateaus. Nach einer mittleren Krankheitsdauer von 10-15 Jahren geht etwa die
Hälfte der zu Krankheitsbeginn schubförmigen Verlaufsformen in die sekundär
chronisch-progrediente Verlaufsform über (Flachenecker u. Hartung 1996a,b).
Etwa 50 % der MS Patienten benötigen nach 15 Jahren zumindest eine Gehhilfe;
im Median dauert es 24 Jahre, bis ein Rollstuhl benötigt wird. 10 % der Erkrankten
bleiben jedoch selbst nach 25 Jahren ohne wesentliche Behinderung. Patienten mit
einer „benignen“ MS weisen trotz der Diagnose einer MS über viele Jahre bis
Jahrzehnte
kaum
nennenswerte
neurologische
Defizite
auf
(Kantarci
u.
Weinshenker 2005). Maligne Verläufe mit Erkrankungsprogressionen über Monate
7
und Tod innerhalb von wenigen Jahren sind sehr selten. Lebensbedrohliche
Situationen entstehen insbesondere bei großen Läsionen in den oberen
Zervikalsegmenten oder im Hirnstamm. Die Todesursachen von MS-Patienten sind
meist sekundäre Komplikationen wie Pneumonie, Lungenembolie, Urosepsis,
Dekubitus, Aspiration und Dehydratation. Statistisch ist die Lebenserwartung von
MS-Kranken gegenüber Gesunden etwa um 10 Jahre verkürzt; wobei sich dieser
Abstand durch verbesserte medizinische Möglichkeiten in den letzten Jahren
verringerte (Bronnum-Hansen et al. 2004). Suizide bei MS-Patienten sind 2 bis 7,5mal so häufig wie in der Normalbevölkerung und liegen 30 % aller MS-Todesfälle
zugrunde (Sadovnick et al 1991; Brønnum-Hansen et al. 2005).
Als
prognostisch
ungünstig
gelten
männliches
Geschlecht,
ein
spätes
Erkrankungsalter, motorische, zerebelläre oder Beteiligung von Schließmuskeln als
Erstsymptomatik, ein chronisch-progredienter Verlauf, eine hohe Anzahl früher
Schübe, kurz aufeinanderfolgende Schübe und relevante, früh auftretende,
bleibende Behinderung (Bergamaschi 2007). Bezüglich der paraklinischen
Faktoren wie evozierte Potentiale und Liquorbefunde gibt es unterschiedliche
Ergebnisse. Nach Flachenecker und Hartung (1996a,b) korrelieren diese nicht mit
der Prognose der Erkrankung; allenfalls lässt sich bei klinisch gesicherter MS eine
schwache Korrelation zwischen zunehmender MRT-Aktivität und der Zunahme des
neurologischen Defizits nachweisen. Untersuchungen von Amato und Ponziani
weisen auf einen wichtigen prognostischen Wert der Liquor- und der MRTUntersuchungen hin (2000).
1.2.4. Differentialdiagnostische Überlegungen und Diagnosesicherung
Aufgrund der vielfältigen klinischen Symptome der MS und des unterschiedlichen
Verlaufs
müssen
bei
differentialdiagnostischen
Überlegungen
zahlreiche
Erkrankungen berücksichtigt werden. Abzugrenzen sind ZNS-Erkrankungen als
Folge von systemischen Autoimmunerkrankungen, vaskulären und metabolischen
Erkrankungen und Infektionen. Ebenfalls zu unterscheiden sind genetische
Syndrome, neoplastische Erkrankungen, Prozesse der hinteren Schädelgrube und
des Rückenmarks, chronische Intoxikationen, psychiatrische Erkrankungen, andere
demyelisierende Erkrankungen wie z. B. die Neuromyelitis optica (Devic-Syndrom)
und Befunde, welche die Diagnose einer MS zweifelhaft erscheinen lassen (Miller
8
u. Compston 2006). Bei der Diagnosestellung der Multiplen Sklerose ist der
Nachweis einer topischen (DIS, „dissemination in space“) und zeitlichen
Dissemination
(DIT,
„dissemination
in
time“)
der
Entmarkungsherde
ausschlaggebend. International etabliert hat sich eine Diagnostik nach den
sogenannten „McDonald-Kriterien“, welche 2001 im Original erschienen sind und
2005 sowie 2010 revidiert wurden.
So gilt eine MS-Diagnose nach den neuen Kriterien bereits als gesichert, wenn
wenigstens eine T2-hyperintense Läsion in wenigstens 2 von 4 charakteristischen
Regionen (periventrikulär, juxtakortikal, infratentoriell, spinal) nachweisbar ist
(Swanton et al. 2006). Bezüglich der zeitlichen Dissemination kann nun schon eine
einzige MRT-Untersuchung ausreichend sein, wenn gleichzeitig Gadoliniumanreichernde und nicht-anreichernde Läsionen nachweisbar sind (Klotz et al.
2011). Nach wie vor kann die Diagnose rein klinisch gestellt werden, wenn
mindestens 2 Schubereignisse (Schub = Episode neurologischer Störungen,
mindestens 24 h anhaltend, bei denen die ursächliche(n) Läsion(en) wahrscheinlich
entzündlich und demyelinisierend ist/sind, nicht im Rahmen von Infektionen, mehr
als 30 Tage nach vorausgegangenen Schüben) vorliegen und mindestens 2
Läsionen objektivierbar sind. Zur Diagnose einer MS vom primär chronischprogredienten Verlaufstyp ist die Beobachtung einer klinischen Progression über
mindestens 1 Jahr erforderlich sowie der Nachweis der örtlichen Dissemination
zerebral durch mindestens eine T2-Läsion periventrikulär, juxtakortikal oder
infratentoriell. Zudem ist der Nachweis der örtlichen Dissemination spinal durch
mindestens 2 spinale T2-Läsionen erforderlich oder ein positiver Liquorbefund
zusätzlich zum Nachweis der örtlichen Dissemnination zerebral oder spinal (s.
Abbildung 1). Die Diagnose ist zu stellen, wenn die vorliegenden neurologischen
Symptome „durch nichts besser als durch das Vorliegen einer MS“ erklärt werden
können (Gold et al., KKNMS-Leitlinien 2012).
Der charakteristische Liquorbefund bei der MS umfasst bei dem Großteil der
Patienten eine mäßige Pleozytose aus Lymphozyten und Monozyten (<50
Zellen/µl), eine autochthone Immunglobulinproduktion (IgG-Index nach Link und
Tibbling >0,7) sowie die Anwesenheit oligoklonaler IgG-Banden (OKB) in der
isoelektrischen Fokussierung als Hinweis für die persistierende Sekretion von
Antikörpern durch einzelne Plasmazellklone. Etwa 95 % der Patienten mit klinisch
9
sicherer MS haben positive OKB, allerdings findet man diese ebenfalls bei anderen
entzündlichen Erkrankungen, z. B. der Neuroborreliose oder der Neurosarkoidose
(Wiendl et al. 2006; Tumani et al. 2009).
Neben der Kernspintomographie und der Liquoruntersuchung spielen die
neurophysiologischen Untersuchungen speziell in der Frühdiagnostik eine wichtige
Rolle,
da
sie
nachzuweisen
geeignet
und
somit
sind,
eine
klinisch
Polytopie
„stumme“
der
Demyelinisierungsherde
Entzündung
zu
belegen.
Demyelinisierende Läsionen mit Remyelinisierung bzw. axonale Degeneration von
zentralen markscheidenhaltigen Nervenfasern führen zu Störungen in der
Impulsübertragung, die durch Ableitung der evozierten Potentiale (EP) bzw. der
Hirnstammreflexe objektiviert werden können. Zum Einsatz kommen die visuell
evozierten Potentiale (VEP), die frühen akustisch evozierten Potentiale (FAEP), die
somatosensorisch evozierten Potentiale (SSEP) und die motorisch evozierten
Potentiale (MEP). Im Rahmen der Hirnstammdiagnostik werden der Blinkreflex und
der Masseterreflex untersucht (Schüler u. Hoffmann 2002).
Bei 85-90 % der Patienten äußert sich die MS initial als CIS (clinically isolated
syndrome) z. B. in Form einer Optikusneuritis oder in Form eines isolierten
Hinstamm- oder Rückenmarkssyndroms. 60-80 % der Patienten mit einem CIS und
MRT-Läsionen entwickeln im Verlauf eine definitive Multiple Sklerose (Dalton et al.
2004). Die Adaptation der McDonald-Kriterien 2010 hat dazu geführt, dass die
Diagnose MS nun schon beim Auftreten eines ersten Schubes gestellt werden
kann, wenn sich im Erst-MRT Hinweise für eine räumlich und zeitlich disseminierte
Krankheitsaktivität ergeben. Somit kann eine frühere Behandlung erfolgen, welche
das Ausmaß des irreversiblen axonalen Schadens vermindern kann (Tintoré 2009;
Polman et al. 2011).
10
1.2.5. Therapie der Multiplen Sklerose
In Ermangelung einer kurativen Therapie der Erkrankung sind gegenwärtig folgende
Hauptziele von Bedeutung:
- Möglichst vollständige Rückbildung schubassoziierter Symptome
- Vorbeugung weiterer Krankheitsschübe
- Unterbindung bzw. Verlangsamung der Entwicklung dauerhafter
neurologischer Defizite (Krankheitsprogression)
- Bei eingetretenen dauerhaften Ausfällen eine Stabilisierung der
funktionellen Einschränkung auf möglichst niedriger Beeinträchtigungsstufe
(symptomatische Therapie z. B. durch Physiotherapie oder multidisziplinäre
Rehabilitationsverfahren)
1.2.5.1. Verlaufsmodifizierende Therapie der schubförmigen MS
Die Bedeutung immunmodulatorischer Therapiestrategien zur Behandlung der MS
ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Zu den in Studien erfolgreichen
und inzwischen etablierten immunmodulatorischen Therapieprinzipien bei der MS
gehören das Typ-I Interferon (Interferon-beta 1a: Avonex®, Rebif®, Interferon-beta
1b: Betaferon®, Extavia®), das Polypeptidgemisch Glatirameracetat (Copaxone®)
sowie die intravenösen Immunglobuline.
Nicht-selektive Immunsuppressiva oder Chemotherapeutika, die seit einigen Jahren
in
der
MS-Therapie
Cyclophosphamid und
verwendet
werden,
Methotrexat.
Diese
sind
Mitoxantron,
Azathioprin,
Medikamente wurden aus der
Tumortherapie oder der Transplantationsmedizin für den Einsatz bei MS adaptiert
und werden v. a. zur Eskalationstherapie eingesetzt.
Die
immunspezifische
Behandlung
mit
Natalizumab
(Tysabri®),
einem
humanisierten Antikörper, ist aufgrund von Fällen mit Progressiver Multifokaler
Leukenzephalopathie (PML), die teilweise tödlich verliefen, nur für Patienten mit
besonders rasch fortschreitender Erkrankung bzw. bei Nichtansprechen auf
Interferonpräparate zugelassen. Ähnlich ist das Indikationsspektrum für das oral
verabreichbare Fingolimod (Gilenya®). Die autologe und allogene Knochenmarkbzw.
Stammzelltransplantation
sowie
12
verschiedene
andere
medikamentöse
Behandlungen werden aktuell auf experimenteller Basis erprobt (Gold et al.,
KKNMS-Leitlinien 2012).
1.2.5.2. Behandlung des akuten Schubes einer MS mit Glukokortikoiden
Glukokortikoide (GK) sind die Behandlung der ersten Wahl bei Erstmanifestation
einer MS sowie zur Behandlung von Schüben einer schubförmigen MS (RRMS)
oder schubförmigen Auflagerungen bei sekundär progredienter MS (SPMS) oder
primär
chronisch
progredienter
Verlaufsform
(PPMS).
GK
sind
in
der
Unterdrückung und Verhütung von entzündlichen Reaktionen äußerst wirksam und
werden seit Jahrzehnten als Standardtherapie bei einer Vielzahl von entzündlichen
Erkrankungen eingesetzt wie z. B. Asthma, systemischem Lupus erythematodes,
Vaskulitis, entzündlichen Darmerkrankungen, Myastenia gravis und rheumatoider
Arthritis (Frohman et al. 2007). Neben dem antiödematösen Effekt und der
Restauration der Blut-Hirnschranke steht dabei v. a. die immunsuppressive
Wirkung im Vordergrund, die sich auf humorale und zelluläre Immunprozesse
erstreckt. Bezüglich der molekularen Wirkmechanismen kennt man einerseits
spezifische, intrazellulär über den zytosolischen GK-Rezeptor vermittelte Effekte
und
andererseits
unspezifische
Membraneeffekte.
Über
die
erfolgende
Entkoppelung der Atmungskette wird die Aktivierung von Immunzellen verhindert;
möglicherweise werden auch apoptotische Signale vermittelt. Die exogene Zufuhr
von GK führt bereits nach 4-6 Stunden zu Veränderungen auf zellulärer Ebene und
durch Inhibition von Arachidonsäuremetaboliten wie der Prostaglandine und
Leukotriene, Abnahme der Gefäßdilatation, des Ödems, der Fibrinablagerung und
Migration
von
Entzündungszellen
in
das
Gewebe
zu
einem
entzündungshemmenden Effekt und somit zu einem Rückgang der klinischen
Symptomatik (Wiendl u. Kieseier 2010). Im Hinblick auf die MS hat sich eine
intravenöse Hochdosis-Pulstherapie mit GK etabliert. Aktuell wird empfohlen,
möglichst innerhalb von 3-5 Tagen nach Beginn der klinischen Symptomatik mit
einer Dosierung von 1 g Methylprednisolon pro Tag an 3-5 aufeinanderfolgenden
Tagen zu behandeln. Bei ungenügender Besserung erfolgt eine erneute
intravenöse Pulstherapie, ggf. auch mit erhöhter Dosis von bis zu 5x2 g
Methylprednisolon. Falls auch hierunter keine Rückbildung einer schwerwiegenden
Schubsymptomatik eintritt, sollte die Option einer Plasmapherese innerhalb von
max. 4-6 Wochen in einem MS-Zentrum in Betracht gezogen werden. Bei
13
kontinuierlicher Verschlechterung der Symptomatik während einer fünftägigen GKTherapie kann eine Plasmapherese-Behandlung auch anstelle einer Wiederholung
der Pulstherapie in Erwägung gezogen werden (Gold et al., KKNMS-Leitlinien
2012). Während die Effekte der GK auf die Rückbildung der Schübe konsistent
belegt sind, gibt es derzeit nicht ausreichend Hinweise dafür, dass die GKPulstherapie eine Langzeitwirkung auf den natürlichen Verlauf der MS hätte (Myhr
u. Mellgren 2009; Ciccone et al. 2008).
Bei der Hochdosis-Pulstherapie mit Methylprednisolon ist auf eine Thromboseprophylaxe und einen Magenschutz zu achten. Weitere unerwünschte Nebenwirkungen der Therapie sind Elektrolytveränderungen (Kaliummangel), eine
erhöhte Infektanfälligkeit, Blutzuckererhöhungen, Hypertonie, fetale Missbildungen
in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten, Ruhelosigkeit und Schlafstörungen
sowie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Die Vulnerabilität für affektive
und psychotische Störungen ist erhöht. Mehr als 3 Zyklen einer HochdosisPulstherapie im Jahr sollten nicht durchgeführt werden (Leary et al. 2005). Eine
längerfristige
Behandlung
mit
Glukokortikoiden
kann
vielfältige
weitere
unerwünschte Begleiterscheinungen nach sich ziehen, z. B. Atherosklerose,
Hautatrophie,
Fettleibigkeit,
Diabetes
mellitus,
Ulkuskrankheit,
Pankreatitis,
Fettleber, Blutbildveränderungen und Augenkrankheiten (Warrington and Bostwick
2006).
1.3. Auswirkung von Glukokortikoiden auf Stimmung, Affekt und die
kognitiven Leistungen
Stimmungslabilität, Angstsymptome, Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen,
Verhaltensauffälligkeiten
oder
Kombination
und
auftreten
psychotische
werden
Züge
traditionell
können
unter
alleine
dem
oder
Begriff
in
einer
„Steroidpsychose“ zusammengefasst. Die Effekte des Kortisons auf Stimmung und
Affekt scheinen dosisabhängig zu sein; z. B. hat eine vorübergehende, moderate
Erhöhung der (physiologischen) Menge an Kortisol im Blut einen schützenden
Effekt auf die Stimmung in kritischen Situationen. Wird Kortison dem Organismus
exogen zugeführt, so werden bei kurzfristigen Gaben eher manische Symptome
beobachtet, bei länger dauernder Behandlungszeit depressive; auch Suizidalität
wurde berichtet (Fietta et al 2009).
14
Nach dem Modell von Roozendaal (2002) verbessern Glukokortikoide die
Konsolidierung
von
Gedächtnisinhalten,
während
sie
die
Abrufleistungen
verschlechtern. Lupien und Mitarbeiter gehen davon aus, dass exogene
Glukokortikoide das Gedächtnis in einer Art umgekehrt U-förmigen Kurve
beeinflussen,
also
das
Gedächtnis
in
Zeiten
niedriger
physiologischer
Kortisonspiegel (am Nachmittag) verbessern und in Zeiten hoher Kortisonspiegel
(am Morgen) verschlechtern (Lupien u. JMcEwen 1997).
Untersuchungen zur Gedächtniskonsolidierung im Schlaf zeigen, dass der
Tiefschlaf in der ersten Schlafhälfte mit einer Hemmung der Kortisolfreisetzung
einhergeht, während die Kortisolspiegel in der zweiten Schlafhälfte stark ansteigen.
Deklarative Gedächtnisinhalte scheinen eher in der ersten Schlafhälfte konsolidiert
zu werden, während non-deklarative, prozedurale Gedächtnisinhalte stärker von
der zweiten Schlafhälfte zu profitieren scheinen. Der konsolidierungsfördernde
Effekt des frühen Schlafs auf deklarative Gedächtnisinhalte kann durch
experimentelle Erhöhung des Kortisolspiegels vollständig gehemmt werden (Born
und Plihal, 1999).
1.3.1. Mechanismus und Ausmaß der Beeinflussung kognitiver Funktionen
durch Glukokortikoide
GK werden unter physiologischen Bedingungen in der Nebennierenrinde
produziert; die Produktion und Freisetzung ist durch den Regelkreis aus
Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrindenachse
(HHN)
gesteuert.
Der
Hippokampus und die angrenzenden Gebiete des limbischen Systems haben eine
besonders hohe Dichte an Glukokortikoidrezeptoren. Die Typ I-Rezeptoren
(Mineralokortikoidrezeptoren) binden endogene Glukokortikoide (Kortisol) und
Mineralokortikoide; die Typ II-Rezeptoren (Glukokortikoidrezeptoren) binden v. a.
synthetische Glukokortikoide. Bei mittleren Glukokortikoidkonzentrationen werden
v. a. Typ I-Rezeptoren besetzt und die Langzeitpotenzierung in hippokampalen
Neuronen wird gefördert. Die Typ II-Rezeptoren werden erst bei höheren
Glukokortikoidkonzentrationen (z. B. bei exogener Zufuhr oder stressbedingter
Ausschüttung)
besetzt
und
führen
zu
einer
Unterdrückung
der
Langzeitpotenzierung. Auch zu niedrige Spiegel führen zu einer Störung der
15
Einspeicherung von Gedächtnisinhalten (Forget et al 2000; Jacobson u. Sapolsky
1991).
Tierexperimentelle Studien zeigen, dass chronisch erhöhte Kortisolspiegel durch
neuronalen Zelltod in der CA 3-Region des Hippokampus strukturell schädigend
wirken (McEwen et al. 1986; Li et al. 2009). Bei längerdauernder, pathologisch
erhöhter Aktivität der HHN-Achse wurde eine Reduktion des hippokampalen
Volumens festgestellt (Bremner et al. 2000).
Wie genau eine erhöhte Kortisolkonzentration zu einer funktionellen bzw.
strukturellen Abnahme der Aktivität des Hippokampus und angrenzender
Strukturen, die für die Einspeicherung von Gedächtnisinhalten wesentlich sind,
führt, ist bisher noch unklar. Angenommen wird eine Hemmung des Glukosetransports an der Nervenzelle bzw. eine Involution des dendritischen Prozesses
durch Glukokortikoide sowie eine Reduktion der Glukoseutilisation (Horner et al.
1990; Wolkowitz et al. 1997). Verschiedene Befunde weisen darauf hin, dass die
Wirkung des Kortisols Alterungsprozesse beschleunigt oder verstärkt (van Nierkerk
et al. 2001; Michaud et al. 2009).
1.3.1.1. Einfluss endogener Glukokortikoide auf die Kognition
Beispiele für eine pathologisch gesteigerte Aktivität der HHN-Achse und somit einer
erhöhten Konzentration an körpereigenem Kortisol sind das Cushing-Syndrom, die
Major
Depression
und
die
Posttraumatische
Belastungsstörung
(PTSD).
Untersuchungen der kognitiven Leistungsfähigkeit ergaben bei Cushing-Patienten
ein allgemein vermindertes kognitives Leistungsniveau, insbesondere in den
Bereichen der selektiven Aufmerksamkeit und visuellen Informationsverarbeitung;
zudem ließ sich eine bilaterale Hippokampusatrophie nachweisen (Starkman u.
Schteingart 1992). Patienten mit Major Depression weisen häufig kognitive Defizite
qualitativer und quantitativer Art auf. MRT-Untersuchungen ergeben im Vergleich
zu gesunden Kontrollpersonen ebenfalls eine bilaterale Hippokampusatrophie;
dabei ist das Ausmaß der Atrophie umso größer, je häufiger und schwerer die
Patienten depressiv erkrankt waren (Eker u. Gonul 2010; Colla et al. 2007). Auch
Patienten mit einer PTSD zeigen in MRT-Untersuchungen eine Verminderung der
Volumina von Hippokampus, Amygdala und präfrontalem Kortex. Obwohl Patienten
16
mit PTSD ebenfalls wie andere Personen, die chronischem Stress ausgesetzt sind,
vermehrt
Glukokortikoide
in
der
Nebennierenrinde
synthetisieren,
wird
paradoxerweise häufig eine verminderte Kortisolkonzentration in Urin oder Plasma
gemessen. Das könnte evtl. an einer verstärkten negativen Rückkopplung der
HPA-Achse liegen. Interessanterweise haben prospektive Studien gezeigt, dass
niedrige Kortisolspiegel zum Zeitpunkt eines Traumas eine spätere PTSD
voraussagen können; somit zeigte sich auch eine Behandlung mit Kortison nach
einer traumatischen Erfahrung in einigen Untersuchungen als präventiv bezüglich
der Entwicklung einer PTSD (Heim u. Nemeroff 2009).
1.3.1.2. Einfluss exogener Glukokortikoide auf die Kognition
Vor allem nach länger andauernder und hoch dosierter Kortisontherapie kommt es
zu ausgeprägten neuropsychologischen Funktionsbeeinträchtigungen bis hin zu
Psychosen und demenzähnlichen Symptomen (Varney u. Alexander 1984; Arndt et
al. 2004). Meist sind diese Störungen nach Beendigung der Kortisontherapie rasch
rückläufig, sie können jedoch auch über Monate bis Jahre nachweisbar sein.
Bereits die Verabreichung eines niedrig dosierten Glukokortikoids kann zu
signifikanten kognitiven Defiziten führen, v. a. im Bereich des deklarativen
Gedächtnisses
(Newcomer
et
al.
1994),
aber
auch
Störungen
des
Arbeitsgedächtnisses und der Aufmerksamkeit wurden berichtet (Lupien et al.
1999; Born et al. 1987). Untersuchungen von Olivieri und Mitarbeitern (1998a) an
MS-Patienten weisen auf eine reversible, selektive Verschlechterung des
deklarativen Gedächtnisses unter der Therapie mit Glukokortikoiden hin. De
Quervain
und
Mitarbeiter
untersuchten
erstmals
die
Auswirkungen
einer
Kortisongabe auf die verschiedenen Phasen der Gedächtnisbildung, indem sie
gesunden Versuchspersonen jeweils 1 Stunde vor der Lernphase (Aneignung einer
Wortliste), direkt nach der Lernphase und 1 Stunde vor der Abrufphase 25 mg
Kortison verabreichten. Kortisoninduzierte Defizite im Sinne einer Verschlechterung
der freien Abrufleistung ergaben sich nur bei der Gruppe, die vor der Abrufphase
das Kortison erhalten hatte (de Quervain et al. 2000). In einer Metastudie von Het
und Mitarbeitern (2005) wurden systematisch die Unterschiede zwischen einer
Kortisongabe vor der Lernphase bzw. vor der Abrufphase untersucht. Zudem wurde
geprüft, ob sich am Morgen verabreichtes Kortison ähnlich auf die mnestischen
Leistungen auswirkt wie am Nachmittag verabreichtes Kortison.
17
Kortisongaben vor der Abrufleistung führten zu einer deutlichen Verschlechterung
der Abrufleistung; Kortisongaben vor der Lernleistung hatten keinen signifikanten
Effekt. Kortisongaben am Morgen hatten eine deutliche Verschlechterung der
Gedächtnisleistung zur Folge, Kortisongaben am Nachmittag eine leichte
Verbesserung.
Bildgebende
Untersuchungen
stützen
auch
bei
exogener
Kortisongabe die Bedeutung der Rolle der Hippokampusregion. Brown und
Mitarbeiter
(2004)
wiesen
in
einer
Untersuchung
an
17
langjährig
kortisonbehandelten Patienten im Vergleich zu 15 unbehandelten Kontrollen ein
niedrigeres Volumen des Hippokampus unter Kortisonbehandlung nach. De
Quervain und Mitarbeiter (Quervain et al. 2003) konnten mittels H(2)(15) OPositronen Emissions-Tomographie nach Kortisongabe eine signifikante Abnahme
der regionalen Blutversorgung im rechten medialen Temporallappen, im linken
visuellen Kortex und im Zerebellum nachweisen, wobei die ausgeprägteste
Minderung des Blutflusses den Gyrus parahippokampalis betraf.
1.4. Gedächtnis aus neuropsychologischer Sicht
Versuche, das Gedächtnis zu beschreiben, lassen sich im Wesentlichen zwei
Hauptansätzen zuordnen: einem eher prozessorientierten Ansatz, bei dem
Gedächtnis entlang einer Zeitachse definiert wird und einem primär inhaltlich
orientierten Ansatz, der stark auf neuroanatomische Bezüge fokussiert.
1.4.1. Gedächtnis als zeitabhängiger Prozess
Legt man den Ansatz der traditionellen Gedächtnisforschung zugrunde, der von
einem seriellen System der Informationsverarbeitung ausgeht, so wird zwischen
Ultrakurzzeitgedächtnis (Speicherung im Zeitraum von Millisekunden), Kurz- bzw.
Primärgedächtnis (Speicherung im Zeitraum von Sekunden bis Minuten) und
Langzeit- bzw. Sekundärgedächtnis (Speicherung über lange, möglicherweise
unbegrenzte Zeiträume) unterschieden (Markowitsch 1999). Allerdings gibt es
immer wieder Befunde von Patienten, die substantielle Beeinträchtigungen im
Bereich
des
Kurzzeitgedächtnisses
Einschränkungen
des
nach
aufweisen,
dieser
ohne
unter
Auffassung
bedeutsamen
nachgeordneten
Sekundärgedächtnisses zu leiden (Basso et al. 1982). Daher wurde das Konzept
eines einheitlichen Kurzzeitgedächtnisses durch ein Mehrkomponentenmodell des
Arbeitsgedächtnisses ersetzt: Ein visuell-räumlicher Notizblock dient demnach für
18
die kurzfristige Speicherung visueller Informationen; ein phonologischer Notizblock
für die Speicherung von verbalem Material. Die zentrale Exekutive fungiert als
Kontrollsystem und Schnittstelle zwischen dem Langzeitspeicher und den o. g.
Subsystemen (Baddeley 2001).
1.4.2. Gedächtnis als inhaltsabhängiger Prozess
Werden nicht zeitliche, sondern inhaltliche Gesichtspunkte zugrunde gelegt, ergibt
sich die Aufteilung des Sekundärgedächtnisses in ein deklaratives (explizites)
Gedächtnis, dessen Inhalte allgemein dem Bewusstsein zugänglich und somit
verbalisierbar sind („knowing that“) und in ein nondeklaratives (implizites,
prozedurales) Gedächtnis, welches sich auf motorische und mechanische
Fertigkeiten und Handlungsabläufe („knowing how“) bezieht und weitgehend
unbewusst abläuft. Auch Assoziationen („Priming“), Konditionierungsvorgänge und
habituelles Lernen fallen unter den Bereich des nondeklarativen Gedächtnisses (s.
Abbildung 2).
1.4.2.1. Deklaratives Gedächtnis
Das deklarative Gedächtnis ist ein Gedächtnis für Ereignisse, Fakten, Gesichter,
Musik; für alle Dinge, die im Laufe des Lebens als Erfahrungen und Kenntnisse
gesammelt werden. Das Wissen kann potentiell erklärt bzw. kundgetan, also
deklariert werden: d. h. als verbale Konstruktion oder als Bild ins Gedächtnis
gerufen werden. Beim deklarativen Gedächtnis wird unterschieden zwischen dem
episodischen und dem semantischen Gedächtnis. Letzteres repräsentiert unser im
Laufe des Lebens erworbenes (Welt-) Wissen und dient dem Erlernen, Verstehen
und der Organisation kontext-unabhängiger Informationen. Das episodische
Gedächtnis dagegen ist Speicherort für autobiographische, singuläre Ereignisse,
die nach Raum und Zeit bestimmbar sind und die bewusst und reflektiert
wahrgenommen werden (Squire u. Kandel 1999).
19
Langzeitgedächtnis
deklarativ
(explizit)
episodisch
nondeklarativ
(implizit)
semantisch
Fähigkeiten
Priming
Klassisches
Konditionieren
Abbildung 2: Taxonomie des Langzeitgedächtnisses: Deklaratives und nondeklaratives Gedächtnis.
Angelehnt an Baddeley A.: The concept of episodic memory. Phil Trans R Soc Lond (2001) 256:1345-1350.
1.4.3. Neuroanatomie des Gedächtnisses
Morphologisch ist die Funktion des Gedächtnisses durch eine Vielzahl von
netzwerkartig miteinander in Verbindung stehenden anatomischen Strukturen
gekennzeichnet. Auf molekularer Ebene finden multiple biochemische und
elektrische Prozesse statt, durch welche Gedächtnisinhalte aufgenommen,
verarbeitet, konsolidiert und wieder abgerufen werden.
Die Verarbeitung nondeklarativer Gedächtnisinhalte erfolgt überwiegend in den
Basalganglien sowie im Zerebellum. Die Amygdala spielt für die Speicherung von
emotional bedeutsamen Inhalten eine wichtige Rolle. Der präfrontale Kortex wird
als Sitz des Arbeitsgedächtnisses gesehen. Von dort erfolgt eine top-down
Rückkopplung, die Informationen in den sensorischen Kortexarealen über eine
Verzögerungsperiode hinweg aufrechterhält, um diese dann im Arbeitsgedächtnis
zu speichern.
20
1.4.4. Der Hippokampus
Die Einspeicherung von Informationen in das deklarative Gedächtnis und deren
Konsolidierung werden im Wesentlichen über das limbische System vermittelt,
welches den medialen Temporallappen, das mediale Dienzephalon sowie das
basale Vorderhirn umfasst. Wichtigster Bestandteil dieses Systems für die
Überführung von Informationen in das Langzeitgedächtnis ist der Hippokampus.
Aufgrund seiner großen Anzahl an Glukokortikoidrezeptoren nimmt er in der Frage
nach der Auswirkung einer exogenen Glukokortikoidzufuhr auf mnestische
Funktionen eine herausragende Position ein. Die zentrale Bedeutung des medialen
Temporallappens für die Einprägung deklarativer Gedächtnisinhalte wurde v. a.
durch Läsionsbefunde an Patienten und tierexperimentelle Studien bestätigt. Einen
herausragenden Einfluss auf jegliche Untersuchungen in diesem Bereich haben die
Untersuchungen des Patienten H. M., der im Jahr 2008 im Alter von 82 Jahren
starb. Im Jahr 1952 wurden ihm aufgrund einer schweren Epilepsie die medialen
Strukturen beider Temporallappen entfernt. Die epileptischen Anfälle wurden
deutlich seltener, jedoch trug der Patient eine schwere, überdauernde, anterograde
Amnesie davon. Nicht bzw. vergleichsweise wenig beeinträchtigt waren Intelligenz,
Wissen und Fertigkeiten, Wahrnehmungsfunktionen und das Arbeitsgedächtnis. Bis
zum Jahr 2002 hatten sich fast 100 Untersucher mit diesem Patienten beschäftigt
und die Bedeutung der Hippokampusregion insbesondere für die deklarativen
Gedächtnisfunktionen unterstrichen (Corkin 2002). Die Befunde wurden an
weiteren Patienten validiert. So wiesen Scoville und Milner (2002) an 9 Fällen von
Patienten mit bilateraler medialer Temporallappenresektion teilweise eine schwere,
anhaltende anterograde Amnesie bei gleichzeitiger relativ intakter Erinnerung an
länger zurückliegende Ereignisse und impliziter Gedächtnisleistung nach. Dabei
war die Schwere des Gedächtnisverlusts abhängig von der Größe der entfernten,
gedächtnisrelevanten Strukturen.
Der Hippokampus scheint somit lediglich ein vorübergehender Speicherort für
Langzeiterinnerungen zu sein, d. h. das mediale Temporallappensystem wird für
einen längeren, gleichwohl begrenzten Zeitraum benötigt (5-10 Jahre), ist jedoch
vermutlich nicht der endgültige Speicherort für Langzeiterinnerungen. Diese
Speicherung der erfolgreich konsolidierten deklarativen Informationen erfolgt
vermutlich kortikal in den Assioziationsarealen (Schmidtke u. Vommer 1997).
21
Der Hippokampus kommuniziert wechselseitig über multiple Faserverbindungen
unter anderem mit dem entorhinalen Kortex, dem perirhinalen Kortex und dem
parahippokampalen Kortex. Dabei entspringen die wichtigsten Projektionen in den
Hippokampus im entorhinalen Kortex. Dieser wiederum empfängt Informationen
von anderen Kortexregionen. Eine direkte Schädigung der perirhinalen und
parahippokampalen Kortices beeinträchtigt das Gedächtnis noch stärker als eine
Schädigung der hippokampalen Region selbst. Je größer die Schädigung des
medialen
Temporallappensystems
ist,
desto
schwerer
ist
die
Gedächtnisbeeinträchtigung. Man geht davon aus, dass die verschiedenen
Strukturen des medialen Temporallappens verschiedene Aufgaben erfüllen, jedoch
mit zunehmender Schädigung immer weniger Möglichkeiten zur Einspeicherung
von Gedächtnisinhalten zur Verfügung stehen. In tierexperimentellen Studien
wurde demnach nachgewiesen, dass eine isolierte Zerstörung des Hippokampus
noch keine schwere Amnesie verursacht und erst durch zusätzliche Läsionen im
perirhinalen
und
parahippokampalen
Kortex
massive
Gedächtnisverluste
nachgewiesen werden (Squire 1992). Studien mit bildgebenden Verfahren wiesen
bei
expliziten
Gedächtnisleistungen
eine
erhöhte
neuronale
Aktivität
im
Hippokampus nach; bei impliziten Gedächtnisleistungen war dagegen keine
neuronale Aktivität im Hippokampus nachweisbar (Schacter et al. 1996).
1.4.5. Synaptischer Speichermechanismus für das deklarative Gedächtnis
Auf molekularer Ebene beruht der Lernprozess auf der Plastizität von Neuronen
v. a. im Kortex, Hippokampus und den limbischen Regionen. Das heißt z. B., dass
Synapsen verstärkt werden können, wenn prä- und postsynaptische Nervenzellen
in einem gleichen, sehr engen Zeitfenster aktiv sind („Hebbsche Regel“).
Kurzfristige
Lernvorgänge
im
Bereich
des
Ultrakurzzeit-
und
des
Arbeitsgedächtnisses erfolgen vermutlich im Wesentlichen durch bioelektrische
Veränderungen, z. B. Änderungen der Leitfähigkeit von Kaliumionen. Dagegen ist
die
Langzeitspeicherung
vermutlich
mit
dauerhaften
Änderungen
in
der
Neuronenmorphologie und der Proteinbiosynthese verbunden (Squire u. Kandel
1999).
Eine
besonders
hohe
synaptische
Verstärkung
wird
als
Langzeitpotenzierung (LPT) bezeichnet. Sie entsteht z. B. durch hochfrequente
Reizung der CA 3-Fasern (Schaffer-Kollateralen) im Hippokampus und kann
Stunden bis Tage stabil bleiben. Äußerst wichtig für die Induktion dieses Prozesses
22
ist der N-Methyl-D-Aspartat (NMDA) Rezeptor, ein Subtyp des Glutamatrezeptors.
Wird dieser Rezeptor blockiert (z. B. durch Medikamente oder genetische
Veränderungen), so verschlechtert sich die Aufnahme von hippokampusabhängigen
Lerninhalten
(Bliss
u.
Collingridge
1993;
Shapiro
2001).
Molekularbiologische Studien weisen darauf hin, dass Kortisol maßgeblich mit
Neurosteroiden (z. B. Pregnenolon, Prengnenolonsulfat, Progesteron) interagiert
und somit einen mittelbaren Einfluss auf deren Wirkung an Oberflächenrezeptoren
von Nervenzellen wie z. B. GABA-A und NMDA in gedächtnisrelevanten Bereichen
haben könnte (Wolkowitz et al. 2009).
1.5. Zusammenfassung und Fragestellungen
Die Hochdosis-Glukokortikoidtherapie gilt bei der Behandlung eines akuten
Schubes einer MS als etablierte Standardtherapie, wobei zunehmend auch
ultrahohe Dosen eingesetzt werden. Der Einfluss hoher Dosen Glukokortikoide auf
das
kognitive
Leistungsniveau
der
MS-Patienten
ist
jedoch
bislang
nur
unzureichend geklärt, obwohl bei MS-Patienten schon in frühen Stadien der
Erkrankung per se kognitive Defizite vorliegen und somit die Gefahr einer
Verschlechterung der vorbestehenden Beeinträchtigungen gegeben ist.
Zu Beginn der vorliegenden Untersuchung lagen lediglich Daten aus einer Studie
von Oliveri und Mitarbeitern (1998) vor, die an 14 Patienten die Auswirkungen einer
Kortisonbehandlung auf kognitive Leistungen untersuchten und eine reversible,
dosisunabhängige Verschlechterung der deklarativen Gedächtnisleistung fanden.
Auch wenn diese Befunde damit erstmals auf einen Zusammenhang von
Kortisonbehandlung
und
Kognition
bei
MS-Patienten
verwiesen,
war
die
Verwertbarkeit dieser Ergebnisse aufgrund der kleinen Fallzahl, stark variierender
Dosierung (3 Dosisgruppen: 4 Patienten mit 2,5 g über 5 Tage, 5 Patienten mit 5 g
über 7 Tage, 5 Pat mit 10 g über 5 Tage verteilt) und einer vergleichsweise
begrenzten neuropsychologischen Testbatterie (7 Verfahren) beschränkt.
Ziel der vorliegenden Untersuchung war es daher, eine breitere empirische Basis
zu
erhalten
und
weitere
neuropsychologische
Funktionsparameter
Kortisontherapie bei MS-Patienten systematischer zu untersuchen.
23
unter
Konkret ergaben sich für die vorliegende Arbeit folgende Fragestellungen:
1. Führt die Hochdosis-Glukokortikoidtherapie bei Patienten mit einem
akuten Schub einer Multiplen Sklerose zu einer Abnahme der kognitiven
Leistungen, insbesondere der deklarativen Gedächtnisleistung?
2. Sind die Beeinträchtigungen reversibel?
3. Sind die Effekte dosisabhängig?
Um diese Fragestellungen zu beantworten, wurden mittels eines Prä-Post-Settings
die Auswirkungen der Hochdosis-Glukokortikoidtherapie mit Methylprednisolon
(MP) in zwei unterschiedlichen Dosen (500 versus 2000 mg/Tag, jeweils intravenös
über 5 Tage) auf die kognitiven Leistungen von MS-Patienten untersucht.
24
2. Material und Methodik
2.1. Studiendesign
Die Untersuchung erfolgte als explorative, randomisierte und doppelblinde
Dosisvergleichsstudie. Untersucht wurden die Auswirkungen der HochdosisKortikosteroidtherapie mit Methylprednisolon (MP) in zwei unterschiedlichen Dosen
(500 mg versus 2000 mg) auf kognitive Funktionsparameter.
Es wurden 30 Patienten beiderlei Geschlechts mit einer Erstmanifestation einer
Multiplen Sklerose bzw. schubförmig verlaufender MS in frühem Krankheitsstadium
untersucht.
Ausschlusskriterien
Beeinträchtigungen,
psychiatrische
begleitende
Erkrankungen,
waren
oder
eine
der
visuelle
oder
vorbestehende
akuten
handmotorische
neurologische
Episode
und
vorausgegangene
Behandlung mit Kortikosteroiden in den letzten 12 Monaten oder ein Substanzmissbrauch in der Vorgeschichte.
Die 10 gesunden, unbehandelten Kontrollpersonen waren hinsichtlich Alter,
Geschlecht und intellektuellem Ausgangsniveau den Patienten vergleichbar. Oben
genannte Ausschlusskriterien galten auch für die Gruppe der Kontrollpersonen.
Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip gleichmäßig den beiden Dosisgruppen zugeteilt. Die Randomisierung erfolgte durch eine Mitarbeiterin der
Abteilung Biometrie der Universität Ulm. Weder die Versuchsleiterin, welche die
neuropsychologischen Untersuchungen durchführte, noch der behandelnde Arzt oder
der betroffene Patient hatten Kenntnis über die jeweilige Höhe der von einem nicht
an der Studie beteiligten Arzt verabreichten Dosis MP.
Bei Nichtteilnahme an der Studie wurde den Patienten die reguläre Behandlung mit
1000 mg Methylprednisolon/Tag über 5 Tage angeboten.
Die geplante Untersuchung wurde von der Ethikkommission der Universität Ulm
geprüft; die Begutachtung wurde mit einem positiven Votum abgeschlossen
(Schreiben vom 13.03.2001; Antrag Nr. 231/2000).
25
2.2. Stichprobe
Die Patienten wurden über die Multiple-Sklerose-Sprechstunde sowie über den
stationären Bereich der Neurologischen Universitätsklinik Ulm rekrutiert. Nachdem
die Verdachtsdiagnose einer Erstmanifestation oder eines Schubes einer Multiplen
Sklerose durch den behandelnden Arzt gestellt worden war, wurden die Patienten
über das Ziel und den Verlauf der Studie sowie die Freiwilligkeit der Teilnahme
aufgeklärt. Ausführlich wurde mit dem Patienten die doppelblinde, randomisierte
Versuchsanordnung mit den Dosisarmen 500 mg Methylprednisolon/Tag versus
2000 mg Methylprednisolon/Tag sowie die reguläre Behandlung mit 1000 mg
Methylprednisolon/Tag bei Nichtteilnahme an der Studie diskutiert. Eine schriftliche
Information wurde ausgehändigt, die Einwilligung erfolgte ebenfalls mündlich und
schriftlich. Um die Gefahr einer Konfundierung mit bereits bestehenden kognitiven
Defiziten gering zu halten, wurden in die Patientengruppe nur solche Patienten
eingeschlossen,
die
in
der
vor
Behandlungsbeginn
durchgeführten
neuropsychologischen Baseline-Untersuchung in wenigstens 2/3 der Verfahren
normwertige Leistungen zeigten. Es wurden 30 Patienten im Alter von 18 bis 62
Jahren in die Studie eingeschlossen, davon 16 für den Therapiearm 500 mg/d MP,
14 für den Therapiearm 2000 mg/d MP.
Die Untersuchung einer neurologisch unauffälligen Kontrollgruppe sollte mögliche
Übungseffekte bei der zweiten neuropsychologischen Untersuchung aufgrund des
geringen Zeitabstandes zur ersten Untersuchung kontrollieren und ermöglichen, das
Ausgangsniveau zwischen Patientengruppe und Kontrollgruppe zu vergleichen.
Kontrollpersonen waren stationäre Patienten der orthopädischen Abteilung bzw.
Freiwillige aus dem Bekanntenkreis der Studienbeteiligten. Da diese Gruppe kein
Medikament erhielt, wurde im Aufklärungsgespräch nur auf den Verlauf und das Ziel
der Studie sowie die Freiwilligkeit der Teilnahme hingewiesen. Die Einwilligung
erfolgte
mündlich
und
schriftlich.
Bei
den
Kontrollpersonen
neuropsychologische Untersuchungen im Abstand von 5 Tagen statt.
26
fanden
zwei
2.3. Versuchsablauf
Die Patienten wurden vor Behandlungsbeginn klinisch-neurologisch (incl. Erhebung
der „Expanded Disability Status Scale“, EDSS) und neuropsychologisch untersucht.
Eine zweite neuropsychologische Untersuchung erfolgte nach Abschluss der
Methylprednisolontherapie, d. h. nach 5 Tagen; eine dritte nach 2 Monaten. Eine
kernspintomographische Untersuchung wurde im Rahmen der standardmäßigen
Behandlung durchgeführt, die Aufnahmen wurden im Rahmen der Studie hinsichtlich
Lage, Anzahl und Größe der MS-typischen Läsionen beurteilt. Zu allen drei
Messzeitpunkten fanden Blutentnahmen statt; zum einen zur Bestimmung der
Methylprednisolonplasmakonzentration, zum anderen als Basis für weiterführende
neuroimmunologische Untersuchungen. Die Bestimmung der visuell evozierten
Potentiale (VEP) erfolgte ebenfalls im Rahmen der Standarddiagnostik bei fast allen
Patienten. Bei einem Großteil der Patienten erfolgte – ebenfalls im Rahmen der
Standarddiagnostik – eine Liquoruntersuchung.
Tabelle 1: Versuchsablauf
Tag -1
Patienten
Kontrollen
Stationäre Aufnahme, Untersuchungen
Einwilligung der
zur Diagnosesicherung (körperliche
Kontrollperson.
Untersuchung, MRT, Liquorpunktion).
Vorstellung der Studie, Einwilligung des
Patienten.
Tag 0
1. Neuropsychologische Untersuchung.
1. Neuropsychologische
Untersuchung.
Tag 1 – Tag 5
Tägliche Verabreichung des Methyl-
Keine Medikamentengabe.
Prednisolons (500 vs 2000 mg).
Tag 1, 3, 5: Blutentnahme
unmittelbar vor und 2 Std. nach
Gabe Methylprednisolon.
Tag 6
2. Neuropsychologische Untersuchung.
2. Neuropsychologische
Untersuchung.
Tag 60
3. Neuropsychologische Untersuchung,
körperliche Untersuchung,
Blutentnahme, evtl. VEP/MRT.
27
Im Hinblick auf die schon im Frühstadium der MS regelhaft zu beobachtenden
Defizite v. a. im Bereich des Gedächtnisses, der Aufmerksamkeit und der exekutiven
Funktionen standen im Zentrum der kognitiven Untersuchung die ausführliche
Evaluation des verbalen und nonverbalen Arbeitsgedächtnisses, des deklarativen
(Lernen, Abruf und Wiedererkennung für verbale und visuelle Modalität) sowie des
impliziten Gedächtnisses (Priming). Als weitere Funktionsparameter wurden
verschiedene Aufmerksamkeitsmaße (Verarbeitungsgeschwindigkeit, selektive und
geteilte Aufmerksamkeit), exekutive Funktionen (Planen, Problemlösen) sowie das
allgemeine intellektuelle Leistungsniveau erhoben. Zusätzlich wurden Selbst- und
Fremdeinschätzungen der psychischen Befindlichkeit (Depression, Manie, Angst)
eingeholt und das Ausmaß der subjektiven Gedächtnisbeeinträchtigung erfragt.
Die Untersuchungen erfolgten in Form von standardisierten, an Gesunden
normierten psychometrischen Tests, zum Teil Papier-Bleistift-Tests, zum Teil PCgestützte Verfahren. Die Untersuchungen dauerten jeweils ca. 3 Stunden mit 2
Pausen von jeweils 10-15 Minuten.
Um mögliche Lerneffekte durch wiederholte Testdarbietung während der Verlaufskontrollen zu minimieren, wurden, soweit verfügbar, Parallelversionen eingesetzt, die
ausbalanciert für die sechs möglichen Kombinationen ABC, ACB, BCA, BAC, CAB
und CBA randomisiert vorgegeben wurden.
Im Einzelnen wurden folgende Untersuchungen durchgeführt:
2.3.1. Erfassung der Aufmerksamkeit und Verarbeitungsgeschwindigkeit
Die
Erfassung
der
Aufmerksamkeit
erfolgte
mit
der
Testbatterie
zur
Aufmerksamkeitsprüfung (Fimm u. Zimmermann 1993). Es handelt sich um eine
computergestützte Aufmerksamkeitstestbatterie. Im Rahmen der vorgestellten
Untersuchung wurden für den Bereich der Aufmerksamkeit die Subtests „Alertness“,
„geteilte Aufmerksamkeit“ und „Inkompatibilität“ angewandt.
28
a) Alertness
Unter Alertness ist zunächst der allgemeine Wachzustand zu verstehen, der es einer
Person erlaubt, schnell und angemessen auf konkrete Anforderungen zu reagieren.
Es ist die Voraussetzung für ein adäquates Handeln und stellt insofern die Basis
jeder Aufmerksamkeitsleistung dar. In dem angewandten Test wurde die
Reaktionszeit unter zwei Bedingungen untersucht. Zum einen als einfache
Reaktionszeitmessung, bei der in zufällig variierenden Intervallen ein Kreuz auf dem
Bildschirm erscheint, auf das so schnell wie möglich mit einem Tastendruck reagiert
werden soll, zum anderen nach vorheriger Präsentation eines Warntones.
b) Geteilte Aufmerksamkeit
Im Alltag kommt es häufig darauf an, mehrere Dinge gleichzeitig im Auge behalten
oder beachten zu müssen. Dies erfordert die Fähigkeit zur Teilung der
Aufmerksamkeit auf simultan ablaufende Prozesse. Geprüft wurde die geteilte
Aufmerksamkeit
mittels
"dual-task"
Aufgaben,
in
denen
gleichzeitig
zwei
Reizdarbietungen beachtet werden mussten. In diesem Test wurde dies durch eine
optische und eine akustische Aufgabe gewährleistet. Der Proband sollte eine Taste
drücken, wenn er entweder einen tiefen oder einen hohen Ton zweimal
hintereinander gehört hatte (Bedingung 1). Zudem sollte er die Taste drücken, wenn
eine bestimmte Figur (4 Kreuze bilden ein Quadrat) auf dem Bildschirm erschien
(Bedingung 2). Erfasst wurden Reaktionsgeschwindigkeit, Summe der Fehler und
Auslassungen.
c) Inkompatibilität
Inkompatibilität
tritt
in
einer
Konfliktsituation
auf,
bei
der
verschiedene
Reizinformationen parallel verarbeitet werden und dabei eine Interferenz zwischen
verschiedenen Reaktionstendenzen ausgelöst wird. Bei dem hier applizierten TAPUntertest wurden auf dem Bildschirm links oder rechts von einem Fixationspunkt
Pfeile gezeigt, die nach rechts oder nach links zeigten. Die Versuchsperson sollte je
nach Pfeilrichtung mit der rechten oder linken Hand reagieren, und zwar unabhängig
von der Seite der Präsentation auf dem Bildschirm.
29
2.3.2. Untersuchung des Gedächtnisses
Untersucht wurden das Arbeitsgedächtnis, das deklarative Gedächtnis und das
implizite Gedächtnis.
2.3.2.1. Untersuchung des Arbeitsgedächtnisses
Die Gedächtnisspanne gibt Hinweise auf die Kapazität des Primärgedächtnisses,
d. h. die Menge an Information, die eine Person kurzfristig, „am Stück“, speichern
kann. Einschränkungen der Kapazität des Primärgedächtnisses setzen den
Möglichkeiten der Informationsverarbeitung deutliche Grenzen. Die Untersuchung
erfolgt mit der Methode des unmittelbaren seriellen Reproduzierens. Dabei wird
Information im Sekundentakt dargeboten, die anschließend vom Probanden in der
gleichen Reihenfolge zu reproduzieren ist.
a) HAWIE-R: Zahlen nachsprechen vorwärts
Beim HAWIE-R handelt es sich um die Neubearbeitung des Hamburg-WechslerIntelligenztests für Erwachsene in Anlehnung an die Wechsler Adult Intelligence
Scale-R von Wechsler (Tewes 1991). Im Subtest „Zahlen nachsprechen vorwärts“
wird dem Probanden eine Abfolge mehrerer Zahlen im Sekundenabstand
vorgelesen, die der Proband unmittelbar danach in der gleichen Reihenfolge
reproduzieren soll. Die Untersuchung beginnt mit einer Dreiersequenz und steigert
sich bei richtiger Wiedergabe fortlaufend um eine Ziffer bis zur Neunersequenz,
wobei jeweils zwei Durchgänge pro Zahlenspanne erfolgen. Der Test wird beendet,
wenn der Proband eine bestimmte Itemlänge auch beim zweiten Mal (mit jeweils
neuen Zahlen) nicht korrekt wiederholen kann. Als Maß für die Zahlen- bzw.
Gedächtnisspanne diente in der vorliegenden Untersuchung die Anzahl der Items der
längsten noch richtig reproduzierten Sequenz.
b) HAWIE-R: Zahlen nachsprechen rückwärts
Eine vom Versuchsleiter vorgesprochene Zahlensequenz muss in umgekehrter
Reihenfolge wiedergegeben werden. Die Anzahl richtig reproduzierter Items liefert
Hinweise auf mögliche Beeinträchtigungen beim gleichzeitigen Halten und
Verarbeiten von Information.
30
c) TAP: Arbeitsgedächtnis
Dieser Subtest aus der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung erfordert ebenfalls
wie der Subtest „Zahlen nachsprechen rückwärts“ aus dem HAWIE-R das
gleichzeitige Halten und Verarbeiten von Information. Auf dem Bildschirm erscheinen
in kurzer Folge Zahlen. Der Proband muss durch eine kontinuierliche Kontrolle des
Informationsflusses durch den Kurzzeitspeicher immer dann reagieren, wenn die
jeweils vorletzte Zahl wiederholt wird. Gemessen werden die Reaktionszeit sowie die
Anzahl der Fehler.
c) Block-Tapping-Test von P. Corsi (Milner 1971)
Mittels eines standardisierten Block-Boards, auf dem 9 Holzblöcke unregelmäßig
verteilt
sind,
wird
die
Gedächtnisspanne
für
visuell-räumliche
Information
(unmittelbare Blockspanne) bestimmt. Der Versuchsleiter tippt eine Reihe von
Blöcken auf dem Block-Board an, der Proband soll unmittelbar danach diese
Sequenz auf dem Block-Board korrekt reproduzieren. Das weitere Vorgehen und das
Abbruchkriterium entsprechen dem bei der Bestimmung der Zahlenspanne. Die
Blockspanne eines Probanden liegt meistens 1 Item unter der Zahlenspanne.
2.3.2.2. Deklaratives Gedächtnis
Geprüft wurden verbale und nonverbale Modalität; zum Einsatz kamen der
Wortpaarassoziationslerntest, der Münchner Verbale Gedächtnistest, der Subtest
„Gedächtnis“ aus dem Wilde Intelligenz Test sowie der Benton-Test.
a) Wortpaarassoziationslerntest (Schuri 1988)
Im
hier
verwendeten
Wortpaarassoziationslerntest
(Wort-PAL)
werden
acht
semantisch nur schwach assoziierte Wortpaare insgesamt viermal in jeweils anderer
zeitlicher Abfolge (z. B. wird ein im ersten Durchgang an erster Stelle genanntes
Wortpaar an dritter Stelle genannt) mit der Aufforderung präsentiert, sich die Begriffe
gut einzuprägen. Nach jedem Lerndurchgang wird jeweils das erste Wort eines
Paares vorgegeben und der Proband soll den zweiten, dazugehörigen Begriff
nennen. Als Maß für die Lernleistung gilt die Summe aller richtigen Antworten (max.
RW=32). Um die längerfristige Behaltensleistung zu prüfen, wurde zusätzlich ein
freier Abruf des Wort-PAL nach 90 Minuten durchgeführt. Es liegen drei parallele
Versionen vor.
31
b) Revidierter Münchner Verbaler Gedächtnistest MVGT (Steidl 1999)
Der MVGT wurde in Anlehnung an den California Verbal Learning Test (Delis et al.,
1987, zitiert nach Lezak, 1995) von Ilmberger (1998; zitiert nach Steidl, 1999) für den
deutschen Sprachraum konzipiert und hier in seiner revidierten Form verwendet. Der
in 3 Parallelversionen vorliegende Gedächtnistest ermöglicht eine gleichzeitige
Untersuchung von Qualität und Quantität der verbalen Lern- und Gedächtnisleistung.
Der Proband soll 15 Wörter in 5 Lerndurchgängen nach dem Vorlesen durch den
Versuchsleiter
frei
reproduzieren.
Anschließend
erfolgt
einmalig
eine
freie
Reproduktion einer Interferenzliste, danach ist die zuerst gelernte Wortliste nochmals
zu reproduzieren. Der Abruf dieser Liste erfolgt dabei sowohl frei ohne weitere Hilfen
(umittelbarer
freier
Abruf)
als
auch
unter
vorheriger
Vorgabe
von
kategorienspezifischen Hinweisreizen (unmittelbarer gestützter Abruf). Ein weiterer
freier und gestützter Informationsabruf schließt sich nach 30 Minuten an, gefolgt von
einer Wiedererkennungsaufgabe, bei dem die zu identifizierenden Items in eine Liste
von Distraktoren eingestreut und zu benennen sind. Um darüber hinaus auch die
längerfristige Behaltensleistung jenseits einer Stunde zu prüfen, wurde in der hier
verwendeten Versuchsanordnung zusätzlich zum Standardprotokoll ein nochmaliger
freier bzw. gestützter Informationsabruf nach 90 Minuten durchgeführt. Als Maße für
die Lern- und Behaltensleistung wurden dementsprechend die Summe der richtig
reproduzierten Items in den fünf Lerndurchgängen (max. RW=75) sowie die Anzahl
der
korrekt
erinnerten
Worte
in
den
einzelnen
Abruf-
und
Wiedererkennungsbedingungen (jeweils max. RW=15) erfasst.
c) Wilde Intelligenz Test (Jäger u. Althoff 1983)
Aus dem Wilde Intelligenz Test (WIT) von Jäger und Althoff wurde der Subtest
„Gedächtnis“ zur Überprüfung der längerfristigen Merkfähigkeit relativ einfacher
Sachverhalte herangezogen, wobei die Informationen in Textform vorgelegt wurden.
Der Proband soll sich innerhalb von 3 Minuten den Lebenslauf einer fiktiven Person
aneignen. Das Gedächtnismaterial besteht sowohl aus verbalen Informationen
(Namen, Adressen, Telefonnummern usw.) als auch aus Portraitaufnahmen
verschiedener Personen. Nach ca. 45 Minuten sind Einzelheiten wiederzuerkennen
bzw. frei zu reproduzieren. Um über die zwei vorliegenden Parallelformen des
Originaltests hinaus eine dritte parallele Version zu erhalten, wurde abweichend vom
32
ursprünglichen Testprotokoll, das auf zwei Lebensläufen basiert, jeweils nur der
Lebenslauf einer Person verwendet.
d) Benton-Test (Benton 1995)
Der Benton-Test ist ein non-verbales Verfahren zur Überprüfung der kurzfristigen
Behaltensleistung visueller Information; in der Zeichenform geht auch die
visuokonstruktive Koordination in die Leistung ein. Der Test besteht aus 10 Serien
mit graphischen Stimuluskarten, die jeweils eine bis drei einfache geometrische
Figuren enthalten, die vom Probanden nachgezeichnet werden. Dem Probanden
wird jeweils eine Stimuluskarte für 10 Sekunden gezeigt; die Figur der Karte soll in
der hier gewählten Version nach einer kurzen Wartezeit von 15 Sekunden so genau
wie möglich nachgezeichnet werden. Bei der Auswertung werden die Anzahl der
richtigen Reproduktionen und die Anzahl der einzelnen Fehler bestimmt. Es
existieren drei Parallelserien von je 10 Stimuluskarten (C, D, E).
2.3.2.3. Implizites Gedächtnis
a) Bielefelder Affektiver Wörtertest (Fujiwara und Markowitsch, unveröffentlicht)
Dem Probanden werden 15 Karten mit jeweils einem deutschen Substantiv
vorgelegt, die hinsichtlich des subjektiven Erlebens in die Kategorien „positiv“,
„neutral“ oder „negativ“ eingeteilt werden sollen. Nach 30 Minuten wird der Proband
aufgefordert, möglichst viele dieser Substantive aus dem Gedächtnis zu erinnern. Da
dem Probanden in der Akquisitionsphase nicht mitgeteilt wird, dass es sich um einen
Gedächtnistest handelt und er die gesehenen Wörter reproduzieren soll, kann so der
implizite Lernvorgang (Encodierung und Abspeicherung) überprüft werden; der Abruf
erfolgt jedoch explizit.
2.3.3. Exekutive Funktionen
Mittels der exekutiven Funktionen steuert das Individuum zielgerichtet seine
Handlungen und reguliert sein Verhalten. Eine Beeinträchtigung der Leistung in den
exekutiven Funktionen wird assoziiert mit Läsionen im Frontallappen. Zur Beurteilung
der exekutiven Funktionen wurde hier die kognitive Flexibilität („Denkflüssigkeit“)
überprüft.
33
a) Five-point Test (Regard et al. 1982)
In dieser “figural fluency”- Aufgabe erhält der Proband die Aufgabe, innerhalb von 3
Minuten auf einem DIN-A-4 Bogen mit 35 Quadraten, die jeweils 5 symmetrisch
angeordnete Punkte enthalten, durch Verbinden dieser Punkte eine Figur zu
zeichnen. Ziel ist, möglichst viele unterschiedliche Figuren zu zeichnen. Ausgewertet
wird die Summe aller gezeichneten Figuren abzüglich der Wiederholungen. Erfasst
wird so die spontane, figurale Ideenproduktion.
b) Controlled Oral Word Association Test (COWAT; Benton und Hamsher 1976)
In dieser “verbal fluency” – Aufgabe sollen in jeweils einer Minute möglichst viele
deutsche Substantive (keine Eigennamen) genannt werden, die mit dem gleichen
Buchstaben beginnen (zunächst: F, dann A, dann S), wobei Perseverationen (auch
identische Wortstämme) vermieden werden sollten. Gezählt wird die Summe aller
gültigen Wörter in 3 Minuten. So wird die spontane, verbale Ideenproduktion erfasst.
c) Supermarkt (Kessler, Denzler und Markowitsch 1999)
Untertest des Demenztests der o. g. Autoren und ebenfalls eine „verbal fluency“Aufgabe, bei welcher der Proband innerhalb von 3 Minuten möglichst viele Dinge
aufzählen soll, die man im Supermarkt kaufen kann.
2.3.4. Allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit
a) HAWIE-R: Mosaiktest (MT)
Der
Mosaiktest
ist
ein
Subtest
des
Hamburg-Wechsler-Intelligenztests
für
Erwachsene (HAWIE-R). Der Proband soll 6 bzw. 9 rot-weiße Würfel zu einer
vorgegebenen Gesamtfigur zusammensetzen. Wechsler bezeichnet den MT als
geeignetes Verfahren zur Erfassung der allgemeinen Intelligenz, wobei insbesondere
die Fähigkeit zum problemlösenden Denken erfasst wird. Klinisch besitzt der
Mosaiktest eine hohe Sensitivität für räumlich-konstruktive Störungen; zusätzlich
erfasst der MT indirekt die Fähigkeit zur Größentransformation, da die Vorlage genau
¼ der Größe der aus Würfeln zusammengesetzten Figur hat.
b) Wortschatztest (WST; Schmidt und Metzler 1992)
Mittels des WST ist es möglich, eine rasche Einschätzung des verbalen
Intelligenzniveaus vorzunehmen und das Sprachverständnis zu beurteilen. Zudem
34
kann das prämorbide Intelligenzniveau bei leichten bis mittelschweren hirnorganisch
bedingten Beeinträchtigungen abgeschätzt werden und eine Verlaufsbeurteilung bei
Demenzen vorgenommen werden. Die Versuchsperson soll 40 Aufgaben zur
Wiedererkennung von Wörtern lösen. Eine Testaufgabe besteht aus einem Zielwort
und 5 Distraktoren. Die Versuchsperson soll das Zielwort in jeder Zeile
durchstreichen. Die Schwierigkeit ist im Verlauf des Tests ansteigend.
2.3.5. Selbstbeurteilungsskalen
a) Fragebogen zur Erfassung von Gedächtnisleistung im Alltag
(Bennett-Levi und Powell 1980)
Bei
dem
hier
verwendeten
Fragenbogen
zur
Selbsteinschätzung
der
Gedächtnisleistung im Alltag (FEGA) handelt es sich um eine unveröffentlichte
deutsche Übersetzung des „subjective Memory Questionnaire (SQM)“ von BennettLevi und Powell. Ihrer Meinung nach sei es nicht möglich, durch traditionelle,
objektive Tests adäquate Informationen über die tatsächliche Beeinträchtigung eines
Probanden im Alltag zu erhalten. Insgesamt umfasst der Fragebogen 40 Fragen
bezüglich Gedächtnisproblemen in alltäglichen Situationen, die vom Patienten durch
eine vierstufige Ratingskala beantwortet werden sollen.
b) Beck-Depressions-Inventar (BDI; Beck 1961, deutsche Version Hautzinger et al.
1994)
Das
Beck-Depressions-Inventar
erfasst
unabhängig
von
einer
spezifischen
Depressionstheorie wesentliche Symptome einer Depression und ermöglicht so eine
Unterscheidung zwischen depressiven und nicht-depressiven Probanden bzw. gibt
einen Hinweis auf die Schwere der Depression. Die Symptome werden vom
Probanden hinsichtlich ihres Auftretens in den letzten 2 Wochen und ihrer Intensität
angegeben.
Jedes
Item
wird
in
vier
Feststellungen
erfasst,
welche
die
unterschiedliche Schwere des Symptoms ausdrücken. Den Statements ist ein
Punktwert zwischen 0 (nicht vorhanden) bis 3 (starke Ausprägung) zugewiesen. Die
Punkte werden zu einem Gesamtscore (max. 63) aufaddiert, der Auskunft gibt über
die Schwere der depressiven Symptomatik. 9-13 Punkte verweisen auf eine
minimale, 14 bis 19 Punkte auf eine leichte, 20-28 Punkte auf eine mittelschwere und
mehr als 29 Punkte auf eine schwere depressive Symptomatik.
35
c) Neuropsychiatrisches Inventar (NPI; Cummings 1994)
Das Neuropsychiatrische Inventar listet Häufigkeit, Schweregrad und Belastung von
Patient und Umgebung durch Verhaltensauffälligkeiten auf. Erfasst werden
Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Erregung, Aggression, Depression/Dysphorie,
Angst, Euphorie, Apathie, Enthemmung, Reizbarkeit, Abweichen der Motorik,
Schlafstörungen, Appetit und Essstörungen. Das NPI wird gewöhnlich von
Bezugspersonen der Betreffenden ausgefüllt. In unserer Untersuchung basierte die
Beurteilung auf Berichten der Betreffenden selbst und dem klinischen Eindruck des
Untersuchers. Es wurden die Subskalen Depression, Euphorie und Angst verwendet.
Tabelle 2: Ablauf der neuropsychologischen Untersuchung
Test
Untersuchte Funktion
Aufgabe
Bielefelder Affektiver Wörtertest
Implizites Gedächtnis
Abruf einer Liste von 15 Wörtern
(BAWT)
30 min nach Präsentation. Bei der
Präsentation wurden die Wörter in
Kategorien eingeteilt, aber nicht
bewusst gelernt.
Wortpaarassoziationslernen
Deklaratives Gedächtnis (verbal)
(PAL)
Lernen einer Liste von 8 Wortpaaren
(4 Durchgänge) und Abruf nach 90
Minuten nach Präsentation des
ersten Wortes jeden Paares.
Zahlen nachsprechen vorwärts
Arbeitsgedächtnis (verbal)
und rückwärts (HAWIE-R)
Block-Tapping-Test (Corsi)
Wiederholung von Zahlenfolgen
vorwärts/rückwärts.
Arbeitsgedächtnis (non-verbal,
Wiedergabe der gezeigten Sequenz
visuell-räumlich)
auf dem „Block-Board“.
Benton Visual Retention Test
Deklaratives Gedächtnis (non-
Verzögerte Wiedergabe von 10
(BVRT)
verbal)
visuell präsentierten Zeichnungen.
Revidierter Münchner Verbaler
Deklaratives Gedächtnis (verbal)
Lernen einer Liste mit 15 Wörtern
Gedächtnistest (MVGT)
(5 Durchgänge) und sofortige und
Wiedergabe, dazwischen Lernen
einer Interferenzliste.
Alertness (TAP)
Verarbeitungsgeschwindigkeit
Reaktionsgeschwindigkeit auf einen
visuellen Reiz; mit und ohne
Warnton.
36
Geteilte Aufmerksamkeit (TAP)
Geteilte Aufmerksamkeit
Reaktionsgeschwindigkeit auf
simultan präsentierte visuelle und
akustische Reize.
Arbeitsgedächtnis (TAP)
Arbeitsgedächtnis (verbal)
Reaktionsgeschwindigkeit auf die
Präsentation der jeweils vorletzten
Zahl.
MVGT
Deklaratives Gedächtnis (verbal)
Freie Wiedergabe der Wörterliste
nach 30 Minuten.
Inkompatibilität (TAP)
Selektive Aufmerksamkeit,
Reaktionsgeschwindigkeit auf links
Interferenz
oder rechtsseitig gerichtete visuelle
Reize, die mit der Seite der
Präsentation auf dem Bildschirm
interferieren.
Wilde Intelligenz Test (WIT),
Deklaratives Gedächtnis (verbal)
Aneignung
Lernen von Einzelheiten einer
komplexen Geschichte innerhalb
von 3 Minuten.
Controlled Oral Word
Exekutive Funktionen: kognitive
Nennen von möglichst vielen
Association Test (COWAT)
Flexibilität, Wortflüssigkeit
Substantiven, die mit dem gleichen
Buchstaben beginnen. Jeweils 1
Minute Zeit für einen Buchstaben
(F, A, S).
Five-Point Test
Exekutive Funktionen:
Entwerfen von möglichst vielen
Kognitive Flexibilität,
unterschiedlichen Figuren aus 5
Spontane figurale Ideenproduktion
Punkten innerhalb von 3 Minuten.
Exekutive Funktionen:
Nennen von möglichst vielen
Kognitive Flexibilität,
Dingen, die man im Supermarkt
Wortflüssigkeit
einkaufen kann. Zeit: 3 Minuten.
Fragebogen zur Erfassung von
Selbstbeurteilung der
Beantwortung von 40 Fragen bzgl.
Gedächtnisleistung im Alltag
Gedächtnisleistung:
Gedächtnisproblemen in alltäglichen
(FEGA)
„Alltagsgedächtnis“
Situationen auf einer vierstufigen
Supermarkt
Ratingskala.
Beck-Depressions-Inventar (BDI)
Depression
Selbstbeurteilungsskala bezüglich
depressiver Symptome, 21 Fragen,
4-stufige Skala.
37
Neuropsychiatrisches Inventar
Depression, Manie, Angst
Beurteilung von Verhaltens-
(NPI); Subskalen Depression,
auffälligkeiten durch Pat. selbst,
Euphorie, Angst
Untersucher und ggf. Pflegekraft.
Wilde Intelligenz Test (WIT),
Deklaratives Gedächtnis (verbal)
Beantwortung von 17 Multiple-
Abruf
Choice-basierten Fragen zur 45
Minuten zuvor gelernten Geschichte.
MVGT
Deklaratives Gedächtnis (verbal)
Freie und gestützte Wiedergabe der
Wörterliste nach 90 Minuten.
Wortpaarassoziationslerntest
Deklaratives Gedächtnis (verbal)
Freie Wiedergabe nach 90 Minuten.
Allgemeine Intelligenz,
Zusammensetzen von 6, später 9
insbesondere Fähigkeit zum
rot-weißen Würfeln zu einer auf
problemlösenden und räumlich-
einer Zeichnung vorgegebenen
konstruktiven Denken.
Gesamtfigur; Erfassung der Zeit.
(PAL)
Mosaiktest (HAWIE-R)
Verwendung nur in erster
Untersuchung.
Wortschatztest (WST)
Verbales, prämorbides
Identifikation eines jeweils korrekten
Intelligenzniveau.
Wortes aus 40 Serien von Wörtern.
2.4. Statistische Datenanalyse
Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mit SPSS (Statistical Package für
Social
Sciences),
Version
10.0
für
Windows.
Zum
Vergleich
der
soziodemographischen Charakteristika von Patienten und Kontrollpersonen wurden
Chi-Quadrat-Test und T-Test für unverbundene Stichproben eingesetzt, letzterer
zudem zur Beurteilung der Frage, ob sich beide Gruppen möglicherweise in ihren
Testleistungen unterscheiden. Mittels T-Tests für verbundene Stichproben wurde
geprüft, ob sich die kognitiven Leistungen der Kontrollpersonen im Verlauf
verändern,
mittels
Paarvergleichen
Varianzanalyse
(ANOVA)
Methylprednisolonbehandlung
mit
wurden
auf
die
Messwiederholungen
mögliche
kognitiven
und
post-hoc
Auswirkungen
Leistungen
der
der
Patienten
untersucht. Ergebnisse wurden als statistisch signifikant angesehen im Fall von
p≤0,0
38
3. Ergebnisse
3.1. Soziodemographische Daten
3.1.1. Patienten und Kontrollen
Die Kontrollgruppe bestand aus 8 Frauen und 2 Männern im Alter von 18-52 Jahren.
Sechs Kontrollpersonen hatten das Abitur absolviert, drei die Mittlere Reife und eine
Person hatte einen Hauptschulabschluss.
Tabelle 3: Vergleich der soziodemographischen Daten der Patienten- und Kontrollgruppe.
M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Patientengruppe
(n=30)
M (SD)
Kontrollgruppe
(n=10)
M (SD)
T-Test¹
Chi-Quadrat-Test²
Alter
35,7 (10,77)
32,4 (12,64)
p=0,427¹
Geschlecht
w
m
20
10
8
2
p=0,693²
Schulbesuchsjahre
10,66 (1,72)
11,70 (1,70)
p=0,109¹
Zwischen Patienten und Kontrollen ergab sich kein statistisch signifikanter
Unterschied in Bezug auf das Alter (p=0,427), Geschlecht (p=0,693) und
Schulbesuchsjahren (p=0,233).
3.1.2. Patienten: Gruppe 500 mg versus Gruppe 2000 mg
In der Patientengruppe befanden sich 20 Frauen und 10 Männer im Alter zwischen
18 und 62 Jahren. 11 Patienten hatten das Abitur, 8 die Mittlere Reife und 10 den
Hauptschulabschluss absolviert.
Tabelle 4: Vergleich der soziodemographischen der beiden Patientengruppen.
M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
(Pat-) Gruppe 1
(500 mg MP, n=16)
M (SD)
(Pat-) Gruppe 2
(2000 mg MP, n=14)
M (SD)
T-Test¹
Chi-Quadrat-Test²
Alter
35,88 (11,56)
35,5 (10,21)
p=0,912¹
Geschlecht
w
m
8
8
12
2
p=0,058²
Schulbesuchsjahre
10,56 (1,750)
10,79 (1,762)
p=0,731¹
39
Bezüglich Alter (p=0,912), Geschlecht (p=0,058) und Schulbesuchsjahren (p=0,731)
ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den zwei Dosisgruppen.
3.2. Klinische Daten der beiden Patientengruppen
Zum Zeitpunkt des Einschlusses in die Studie waren 16 Patienten an einer
unilateralen Optikusneuritis oder Retrobulbärneuritis erkrankt, 11 hatten vor allem
sensorische und 6 vor allem motorische Defizite. Eine Ersterkrankung lag bei 11
Patienten vor.
Tabelle 5: Klinische Daten der beiden Patientengruppen.
T1: Längsrelaxation im MRT, T2: Querrelaxation, Gd: Gadolinium, EDSS: Expanded Disability Status Scale,
MP: Methylprednisolon, M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
(Pat-) Gruppe 1
(500 mg MP, n=16)
M (SD)
(Pat-) Gruppe 2
(2000 mg MP, n=14)
M (SD)
T-Test¹
Chi-Quadrat-Test²
Anzahl der
Krankheitsschübe
1,7
1,6
p=0,379²
T1-Läsionen
0,86 (1,50)
1,76 (3,24)
p=0,343¹
T2-Läsionen
5,73 (4,90)
8,53 (6,89)
p=0,222¹
Gd-Läsionen (T1)
1,42 (3,17)
1,33 (1,55)
p=0,926¹
EDSS Tag 0
2,59 (0,664)
2,89 (1,723)
p=0,525¹
EDSS Tag 60
2,17 (0,651)
1,50 (0,879)
p=0,046¹
Der durchschnittliche Wert der Expanded Disability Status Scale (EDSS) betrug 2,85
(SD: 0,718); das entspricht einer milden allgemeinen Behinderung, wie sie auch für
den Studieneinschluss gefordert wurde. Bei 24 Patienten wurde zum Zeitpunkt der
Aufnahme eine Liquoruntersuchung durchgeführt; bei 18 (11 aus Gruppe 1; 7 aus
Gruppe 2) zeigten sich oligoklonale Banden. Bei 5 Patienten (2 aus Gruppe 1; 3 aus
Gruppe 2) waren in Voruntersuchungen oligoklonale Banden nachgewiesen und die
Liquordiagnostik nicht wiederholt worden. 5 Patienten zeigten einen normalen
Liquorbefund (2 aus Gruppe 1; 3 aus Gruppe 2). Bei einer Patientin lag keine
Liquoruntersuchung vor (Gruppe 2). Visuell evozierte Potentiale wurden bei 27
Patienten abgeleitet und zeigten in 21 Fällen (13 aus Gruppe 1; 8 aus Gruppe 2
verlängerte Latenzzeiten.
40
Die Anzahl der Krankheitsschübe, die Anzahl der MS-typischen Läsionen in der
MRT-Untersuchung und der klinische Status (EDSS) zum Zeitpunkt Tag 0 zeigten
keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Dosisgruppen.
Signifikant war der Unterschied in der klinischen Untersuchung (EDSS) am Tag 60;
hier zeigte die Patientengruppe, die 2000 mg MP erhielt, einen geringeren Grad der
Behinderung, was auf eine bessere klinische Wirksamkeit der höheren Dosierung
von MP hinweist.
3.3. Leistung der Patienten und Kontrollen zum Zeitpunkt 0
Mittels T-Test für unverbundene Stichproben wurde geprüft, ob sich in der BaselineUntersuchung zum Zeitpunkt Tag 0, also vor der ersten Gabe von Methylprednisolon,
bereits Unterschiede zwischen der Patienten- und Kontrollgruppe zeigen.
3.3.1. Arbeitsgedächtnis
Tabelle 6: Vergleich der Patienten- und Kontrollgruppe zum Zeitpunkt 0: Arbeitsgedächtnis.
HAWIE-R: Hamburg-Wechsler-Intelligenztests für Erwachsene, M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Patienten
(n=30)
M (SD)
Kontrollen
(n=10)
M (SD)
T-Test
Arbeits-
HAWIE-R: Zahlen
6,03 (1,033)
6,90 (1,197)
p=0,033
gedächtnis
nachspr. vorw.
4,43 (1,278)
5,30 (1,160)
p=0,065
662,63 (248,328)
537,15 (119,567)
p=0,134
2,33 (2,820)
1,30 (2,452)
p=0,308
2,67 (2,869)
0,70 (1,252)
p=0,044
HAWIE-R: Zahlen
nachspr. rückw.
Arbeitsgedächtnis,
Median in msec.
Arbeitsgedächtnis,
∑ Auslassungen
Arbeitsgedächtnis,
∑ Fehler
41
Block-Tapping-Test
5,17 (0,699)
6,20 (0,789)
p=0,000
(Corsi)
Im Bereich des Arbeitsgedächtnisses erzielten die Kontrollen in 3 von 6 Untertests
signifikant bessere Ergebnisse (HAWIE-R: Zahlen nachsprechen vorwärts: p=0,033,
Arbeitsgedächtnis, ∑ Fehler: p=0,044, Block-Tapping-Test: p=0,000).
3.3.2. Deklaratives Gedächtnis
Tabelle 7: Vergleich der Patienten- und Kontrollgruppe zum Zeitpunkt 0: Deklaratives Gedächtnis.
Wort-PAL: Wortpaarassoziationslerntest, MVGT: Münchner Verbaler Gedächtnistest, M: Mittelwert,
SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Patienten
(n=30)
M (SD)
Kontrollen
(n=10)
M (SD)
T-Test
Deklaratives
Wort- PAL
19,00 (9,177)
26,40 (6,518)
p=0,025
Gedächtnis
∑ Lernleistung
5,21 (2,889)
7,40 (0,843)
p=0,022
59,30 (7,321)
65,90 (4,557)
p=0,002
6,13 (1,737)
5,20 (1,135)
p=0,063
12,50 (2,224)
13,80 (1,549)
p=0,053
12,63 (2,266)
13,80 (1,874)
p=0,151
12,87 (2,240)
14,40 (1,265)
p=0,048
Wort- PAL,
freie Reproduktion nach
90 min.
MVGT
∑ Lernleistung
MVGT
∑ Lernspanne
MVGT, freie
Wiedergabe unmittelbar
MVGT, gestützte
Wiedergabe unmittelbar
MVGT, freie
Wiedergabe nach 30
min.
42
12,87 (2,240)
14,40 (1,265)
p=0,010
MVGT, Wiedererkennen
14,07 (1,837)
14,90 (0,316)
p=0,023
MVGT, freie Wiederg.
12,67 (2,316)
14,60 (1,265)
p=0,004
MVGT, gestützte
Wiedergabe nach 90
min.
12,75 (2,132)
14,60 (1,265)
p=0,004
Wilde Intelligenz Test
12,97 (4,979)
14,90 (2,846)
p=0,253
8,00 (2,171)
8,80 (1,135)
p=0,275
2,31 (2,661)
1,50 (1,434)
p=0,367
MVGT, gestützte
Wiedergabe nach 30
min.
nach 90 min.
(WIT), ∑
Benton Visual Retention
Test, Summe Richtige
Benton Visual Retention
Test , Summe Fehler
Im Bereich des deklarativen Gedächtnisses erzielten die gesunden Kontrollpersonen
in 8 von 14 Untertests signifikant bessere Ergebnisse (Wort-PAL ∑ Lernleistung:
p=0,025; Wort-PAL, freie Reproduktion nach 90 min.: p=0,022; MVGT ∑
Lernleistung: p=0,002; MVGT, freie Wiedergabe nach 30 min.: p=0,048; MVGT,
gestützte Wiedergabe nach 30 min.: p=0,010; MVGT, Wiedererkennen: p=0,023;
MVGT, freie Wiedergabe nach 90 min.: p=0,004; MVGT, gestützte Wiedergabe nach
90 min.: p=0,004).
3.3.3. Implizites Gedächtnis
Tabelle 8: Vergleich der Patienten- und Kontrollgruppe zum Zeitpunkt 0: Implizites Gedächtnis.
BAWT: Bielefelder Affektiver Wörtertest, M= Mittelwert, SD= Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Patienten
(n=30)
M (SD)
Kontrollen
(n=10)
M (SD)
T-Test
Implizites
Gedächtnis
BAWT, ∑
5,10 (2,155)
6,20 (1,814)
p=0,156
43
Die bei Patienten und Kontrollen gemessenen impliziten Gedächtnisleistungen
unterschieden sich nicht signifikant (p=0,156).
3.3.4. Exekutive Funktionen
Tabelle 9: Vergleich der Patienten- und Kontrollgruppe zum Zeitpunkt 0: Exekutive Funktionen.
COWAT: Controlled Oral Word Association Test, M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Patienten
(n=30)
M (SD)
Kontrollen
(n=10)
M (SD)
T-Test
Exekutive
Funktionen
COWAT
30,30 (9,883)
40,60 (9,935)
p=0,007
Supermarkt
27,33 (6,784)
31,22 (9,744)
p=0,182
Figural Fluency
33,72 (11,535)
44,00 (16,707)
p=0,037
In den exekutiven Funktionen ergaben sich erneut signifikante Unterschiede
zwischen den beiden Gruppen. So erzielten die Kontrollen in 2 von 3 Untertests
bessere Ergebnisse als die Patienten (COWAT, Rohwert: p=0,007; Figural Fluency,
Rohwert: p=0,037).
3.3.5. Aufmerksamkeit
Tabelle 10: Vergleich der Patienten- und Kontrollgruppe zum Zeitpunkt 0: Aufmerksamkeit.
M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Patienten
(n=30)
M (SD)
Kontrollen
(n=10)
M (SD)
T-Test
Aufmerksamkeit
Alertness ohne
Warnton, Median in
msec.
245,20
(38,013)
231,80
(51,389)
p=0,383
Alertness mit
238,42
233,00
p=0,702
Warnton, Median in
(35,867)
(45,908)
Geteilte
691,38
658,30
Aufmerksamkeit,
(82,962)
(52,289)
Geteilte
1,90
1,40
Aufmerksamkeit,
(1,698)
(1,174)
msec.
p=0,246
Median in msec.
∑ Auslassungen
44
p=0,399
Geteilte
2,53
2,20
Aufmerksamkeit,
(4,592)
(1,687)
Inkompatibilität,
448,32
437,75
Median in msec.
(85,665)
(84,544)
Inkompatibilität,
5,17
4,10
∑ Fehler
(3,752)
(2,283)
p=0,825
∑ Fehler
p=0,737
p=0,404
Die Aufmerksamkeitsleistung von Patienten und Kontrollen unterschied sich zum
Zeitpunkt 0, d.h. vor Medikamentengabe, nicht signifikant.
3.3.6. Depression, Euphorie, Ängste, Gedächtnisleistungen im Alltag
Tabelle 11: Vergleich der Patienten- und Kontrollgruppe zum Zeitpunkt 0: Affekt, Ängste, Gedächtnisleistungen
im Alltag. FEGA: Fragebogen zur Erfassung von Gedächtnisleistung im Alltag,
M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Patienten
(n=30)
M (SD)
Kontrollen
(n=10)
M (SD)
T-Test
Affekt
Beck-DepressionsInventar (BDI)
5,80 (4,845)
2,00 (2,108)
p=0,022
Neuropsychiatr.
2,48 (3,975)
0,00 (0,000)
p=0,296
0,26 (1,347)
0,00 (0,000)
p=0,745
2,04 (3,674)
0,00 (0,000)
p=0,353
26,74 (12,937)
21,50 (8,784)
p=0,246
Inventar,
∑ Depression
Neuropsychiatr.
Inventar,
∑ Euphorie
Ängste
Neuropsychiatr.
Inventar,
∑ Angst
Gedächtnis-
FEGA
leistung im
Alltag
45
Im Beck-Depressions-Inventar wiesen die Patienten höhere Depressionswerte als
die Kontrollen auf (p=0,022). Die Werte für Euphorie, Ängste und Gedächtnisleistungen im Alltag (Selbstbeurteilungsskala) unterschieden sich nicht signifikant.
3.3.7. Allgemeine Intelligenz
Tabelle 12: Vergleich der Patienten- und Kontrollgruppe zum Zeitpunkt 0: Allgemeine Intelligenz.
HAWIE-R: Hamburg-Wechsler-Intelligenztests für Erwachsene, M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Patienten
(n=3)
M (SD)
Kontrollen
(n=10)
M (SD)
T-Test
Allgemeine
Wortschatztest
28,40 (6,015)
33,00 (4,876)
p=0,035
Intelligenz
(WST), Rohwert
35,53 (10,425)
35,80 (8,664)
p=0,942
HAWIE-R:
Mosaiktest,
Rohwert
Bezüglich der allgemeinen Intelligenz fanden sich im Wortschatztest signifikant
bessere Leistungen der Kontrollen (p=0,035). Im Mosaiktest, der das räumlichfigurale Denken abbildet, fanden sich keine Unterschiede.
Zusammenfassung der Ergebnisse der Patienten und Kontrollen zum Zeitpunkt 0:
In den meisten Gedächtnisleistungen zeigten die Kontrollen bessere Ergebnisse als
die Patienten (n=11721; range: p=0,048 to p=0,000). Höhere Leistungen der
Kontrollen wurden auch im Wortschatztest (p=0,035) und in der verbalen und
figuralen Denkflüssigkeit (p=0,007 und p=0,037) gefunden. Wie erwartet, war der
Rohwert im BDI geringer in der Kontrollgruppe (p=0,022), was auf eine höhere
affektive Belastung der Patientengruppe hinweist.
46
3.4. Kognitive Leistungen der Kontrollpersonen im Verlauf
Mittels T-Test für verbundene Stichproben wurde geprüft, ob sich die Ergebnisse der
Kontrollpersonen zu den beiden Testzeitpunkten unterscheiden, was auf einen
Übungseffekt hinweisen könnte.
3.4.1. Arbeitsgedächtnis
Tabelle 13: Unterschiede der Ergebnisse der Kontrollpersonen zu beiden Testzeitpunkten: Arbeitsgedächtnis.
HAWIE-R: Hamburg-Wechsler-Intelligenztests für Erwachsene, M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Kontrollen
Zeitpunkt 1
M (SD)
Kontrollen
Zeitpunkt 2
M (SD)
T-Test
Arbeits-
HAWIE-R: Zahlen
6,90 (1,197)
7,40 (0,699)
p=0,177
gedächtnis
nachspr. vorw.
5,30 (1,160)
5,70 (2,003)
p=0,399
537,15 (119,576)
536,30 (116,551)
p=0,985
1,30 (2,452)
0,80 (1,033)
p=0,381
0,70 (1,252)
0,40 (0,516)
p=0,468
6,20 (0,798)
6,00 (0,471)
p=0,509
HAWIE-R: Zahlen
nachspr. rückw.
Arbeitsgedächtnis,
Median in msec.
Arbeitsgedächtnis,
∑ Auslassungen
Arbeitsgedächtnis,
∑ Fehler
Block-Tapping-Test
(Corsi)
Im Bereich des Arbeitsgedächtnisses fanden sich keine signifikanten Unterschiede
zwischen Testzeitpunkt 1 und Testzeitpunkt 2.
47
3.4.2. Deklaratives Gedächtnis
Tabelle 14: Unterschiede der Ergebnisse der Kontrollpersonen zu beiden Testzeitpunkten: Deklaratives
Gedächtnis. Wort-PAL: Wortpaarassoziationslerntest, MVGT: Münchner Verbaler Gedächtnistest.
M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Kontrollen
Zeitpunkt 1
M (SD)
Kontrollen
Zeitpunkt 2
M (SD)
T-Test
Deklaratives
Wort- PAL
26,40 (6,518)
29,80 (3,120)
p=0,084
Gedächtnis
∑ Lernleistung
7,40 (0,843)
7,60 (0,516)
p=0,555
65,90 (4,557)
67,60(4,858)
p=0,063
13,80 (1,549)
14,70 (0,483)
p=0,068
13,80 (1,549)
14,70 (0,483)
p=0,108
14,40 (1,265)
14,80 (0,422)
p=0,269
14,40 (1,265)
14,80 (0,422)
p=0,269
14,60 (1,265)
14,80 (0,422)
p=0,555
14,60 (1,265)
14,80 (0,422)
p=0,555
Wort- PAL,
freie Reproduktion nach
90 min
MVGT
∑ Lernleistung
MVGT, freie
Wiedergabe unmittelbar
MVGT, gestützte
Wiedergabe unmittelbar
MVGT, freie
Wiedergabe nach 30
min.
MVGT, gestützte
Wiedergabe nach 30
min.
MVGT, freie Wiederg.
nach 90 min.
MVGT, gestützte
Wiedergabe nach 90
min.
48
Wilde Intelligenz Test
14,90 (2,846)
15,10 (1,853)
p=0,794
8,80 (1,135)
8,80 (1,033)
p=1,000
1,50 (1,434)
1,20 (1,033)
p=0,604
(WIT), ∑
Benton Visual Retention
Test, Summe Richtige
Benton Visual Retention
Test , Summe Fehler
Die Untersuchung des deklarativen Gedächtnisses der Kontrollpersonen ergab
keinen signifikanten Unterschied zwischen Testzeitpunkt 1 und Testzeitpunkt 2.
3.4.3. Implizites Gedächtnis
Tabelle 15: Unterschiede der Ergebnisse der Kontrollpersonen zu beiden Testzeitpunkten: Implizites
Gedächtnis.M: Mittelwert, SD: Standardabweichung
Untersuchte
Funktion
Variable
Kontrollen
Zeitpunkt 1
M (SD)
Kontrollen
Zeitpunkt 2
M (SD)
T-Test
Implizites
Bielefelder Affektiver
6,20 (1,814)
7,10 (1,370)
p=0,054
Gedächtnis
Wörtertest (BAWT),
Summe
Bezüglich des impliziten Gedächtnisses zeigte sich kein statistisch signifikanter
Unterschied zwischen den beiden Testzeitpunkten der Kontrollpersonen.
49
3.4.4. Exekutive Funktionen
Tabelle 16: Unterschiede der Ergebnisse der Kontrollpersonen zu beiden Testzeitpunkten: Exekutive Funktionen.
COWAT: Controlled Oral Word Association Test, M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Kontrollen
Zeitpunkt 1
M (SD)
Kontrollen
Zeitpunkt 2
M (SD)
T-Test
Exekutive
COWAT
40,60 (9,935)
43,70 (9,440)
p=0,342
Supermarkt
31,22 (9,744)
33,56 (7,748)
p=0,461
Figural Fluency
44,00 (16,707)
48,60 (16,854)
p=0,007
Funktionen
Im Bereich der exekutiven Funktionen zeigt sich lediglich in der figuralen Flüssigkeit
eine signifikante Verbesserung der Kontrollpersonen von Testzeitpunkt 1 zu
Testzeitpunkt 2 (p=0,007).
3.4.5. Aufmerksamkeit
Tabelle 17: Unterschiede der Ergebnisse der Kontrollpersonen zu beiden Testzeitpunkten: Aufmerksamkeit.
M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Kontrollen
Zeitpunkt 1
M (SD)
Kontrollen
Zeitpunkt 2
M (SD)
Aufmerk-
Alertness ohne
231,80
232,10
samkeit
Warnton, Median in
(51,389)
(29,179)
Alertness mit Warnton,
233,00
229,65
Median in msec.
(45,908)
(43,646)
Geteilte
648,44
620,16
Aufmerksamkeit,
(44,533)
(65,238)
T-Test
p=0,970
msec.
(TAPA-m)
p=0,605
(TAPA+m)
Median in msec.
(TAPGAM)
50
p=0,106
Geteilte
1,40
0,60
p=0,070
Aufmerksamkeit,
(1,174)
(0,699)
2,20 (1,687)
0,30 (0,483)
p=0,003
437,75 (84,544)
418,50 (68,190)
p=0,080
4,10 (2,283)
2,80 (1,619)
p=0,128
Summe Auslassungen
(TAPGASA)
Geteilte
Aufmerksamkeit,
Summe Fehler
(TAPGASF)
Inkompatibilität, Median
in msec.
(TAPIKM)
Inkompatibilität, Summe
Fehler
(TAPIKSF)
Signifikante
Differenzen
zeigten
sich
lediglich
in
einer
von
sieben
Aufmerksamkeitsprüfungen (Summe Fehler „geteilte Aufmerksamkeit“: p=0,003).
3.4.6.Depression, Euphorie, Ängste, Gedächtnisleistungen im Alltag
Tabelle 18: Unterschiede der Ergebnisse der Kontrollpersonen zu beiden Testzeitpunkten: Depression, Euphorie,
Ängste, Gedächtnisleistungen im Alltag. M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Kontrollen
Zeitpunkt 1
M (SD)
Kontrollen
Zeitpunkt 2
M (SD)
T-Test
Depression
Beck-Depressions-
2,00 (2,108)
1,60 (1,713)
p=0,443
0,00 (0,000)
0,00 (0,000)
1)
0,00 (0,000)
0,00 (0,000)
1)
Inventar
(BDI)
Neuropsychiatr.
Inventar, Summe
Depression
(NPIDESU)
Euphorie
Neuropsychiatr.
Inventar, Summe
Euphorie
(NPIEUSU)
51
Ängste
Neuropsychiatr.
0,00 (0,000)
0,00 (0,000)
1)
21,50 (8,874)
17,00 (7,803)
p=0,006
Inventar, Summe Angst
(NPIANSU)
Gedächtnis-
Fragebogen zur
leistungen
Erfassung von
im Alltag
Gedächtnisleistung im
Alltag (FEGA)
1) Korrelation und T können nicht berechnet werden, da der Standardfehler der Differenz gleich 0 ist.
Keine Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungszeitpunkten ergaben sich
bezüglich Depressivität, Euphorie und Ängsten. Die Selbsteinschätzung der
Gedächtnisleistungen im Alltag fiel zum Untersuchungszeitpunkt 2 signifikant besser
aus (p= 0,006).
Zusammenfassung
der
Ergebnisse
der
Kontrollpersonen
zu
beiden
Untersuchungszeitpunkten:
Die meisten der erhobenen kognitiven Leistungen zeigen keine statistisch
bedeutsame Veränderung von Zeitpunkt 1 zu Zeitpunkt 2, so dass ein relevanter
Übungseffekt nicht anzunehmen ist. Lediglich im FEGA (p=0,006), in der figuralen
Flüssigkeit
(p=0,007)
Aufmerksamkeit“
und
(p=0,003)
bezüglich
fanden
der
sich
Untersuchungszeitpunkt 2.
52
Fehlerrate
signifikante
in
der
TAP
„geteilte
Verbesserungen
zum
3.5 Auswirkungen der Methylprednisolonbehandlung auf die kognitiven
Leistungen der Patienten
Um die Auswirkungen der Methylprednisolonbehandlung auf die kognitiven
Funktionsparameter zu
Meßwiederholungen
überprüfen,
gerechnet.
wurde
Dabei
eine
wurde
als
zweifaktorielle
ANOVA mit
Within-Subject-Faktor
der
Untersuchungszeitpunkt (Tag 0, Tag 6, Tag 60) und als Between-Subject-Faktor die
Dosis (500 versus 2000 mg MP) angesehen.
3.5.1. Ergebnisse der Patienten zu den drei Untersuchungszeitpunkten
3.5.1.1. Arbeitsgedächtnis
Tabelle 19: Unterschiede der Ergebnisse der Patienten zu den drei Testzeitpunkten: Arbeitsgedächtnis.
HAWIE-R: Hamburg-Wechsler-Intelligenztests für Erwachsene. M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
¹ Signifikante Differenzen zwischen Tag 0 und Tag 6, ²: Signifikante Differenzen zwischen Tag 0 und Tag 60, ³:
Signifikante Differenzen zwischen Tag 6 und Tag 60.
Untersuchte
Funktion
Variable
Pat.
Tag 0
M (SD)
Pat.
Tag 6
M (SD)
Pat.
Tag 60
M (SD)
Arbeits-
HAWIE-R: Zahlen
6,03
6,00
6,27
gedächtnis
nachsprechen vorwärts
(1,033)
(1,102)
(1,081)
HAWIE-R: Zahlen
4,43
4,43
5,03² ³
nachsprechen
(1,278)
(1,135)
(0,850)
Arbeitsgedächtnis,
662,63
616,73
621,72
Median in msec.
(248,328)
(218,393)
(202,833)
Arbeitsgedächtnis,
2,33
1,93
1,47 ²
Summe Auslassungen
(2,820)
(2,982)
(2,255)
Arbeitsgedächtnis,
2,67
2,17
1,80
Summe Fehler
(2,869)
(2,817)
(2,747)
ANOVA
Hauptfaktor
„Untersuchungszeitpunkt“
p-Wert
F-Wert
0,311
1,192
(2/54)
0,006
5,628
(2/56)
rückwärts
0,275
1,321
(2/56)
(TAPAGM)
0,020
4,209
(2/56)
(TAPAGSA)
(TAPAGSF)
53
0,305
1,213
(2/56)
Im
Bereich
Block-Tapping-Test
5,17
5,30
5,73 ² ³
(Corsi)
(0,699)
(0,915)
(1,081)
des
Arbeitsgedächtnisses
ergaben
sich
0,003
6,569
(2/56)
keine
signifikanten
Veränderungen der Gedächtnisleistung der Patienten zwischen Tag 0 und Tag 6.
Zwischen Tag 0 und Tag 60 ergaben sich signifikante Verbesserungen in 3 von 6
Untertests (HAWIE-R: Zahlen nachsprechen rückwärts, Arbeitsgedächtnis Summe
Auslassungen, Block-Tapping-Test). Zwischen Tag 6 und Tag 60 ergaben sich
signifikante Verbesserungen in 2 von 6 Untertests (HAWIE-R: Zahlen nachsprechen
rückwärts, Block-Tapping-Test).
3.5.1.2. Deklaratives Gedächtnis
Tabelle 20: Unterschiede der Ergebnisse der Patienten zu den drei Testzeitpunkten: Deklaratives Gedächtnis.
Wort-PAL: Wortpaarassoziationslerntest, MVGT: Münchner Verbaler Gedächtnistest, M: Mittelwert,
SD: Standardabweichung, ¹ Signifikante Differenzen zwischen Tag 0 und Tag 6,
²: Signifikante Differenzen zwischen Tag 0 und Tag 60, ³: Signifikante Differenzen zwischen Tag 6 und Tag 60.
Untersuchte
Funktion
Variable
Pat.
Tag 0
M (SD)
Pat.
Tag 6
M (SD)
Pat.
Tag 60
M (SD)
ANOVA
Hauptfaktor
„Untersuchungszeitpunkt“
p-Wert
F-Wert
0,042
3,355
Deklaratives
Wort- PAL
19,00
17,66
21,66 ³
Gedächtnis
∑ Lernleistung
(9,177)
(10,560)
(8,273)
Wort- PAL,
freie Reproduktion nach
5,21
(2,889)
4,56
(2,886)
5,57
(2,483)
0,211
1,616
(2/40)
MVGT
59,30
56,13 ¹
60,83 ²
0,000
9,714
∑ Lernleistung
(7,321)
(9,741)
(7,901)
MVGT, freie
12,50
11,97
13,13 ³
Wiedergabe unmittelbar
(2,224)
(2,697)
(2,315)
(2/54)
90 min
54
(2/56)
0,020
4,218
(2/56)
MVGT, gestützte
12,63
12,03
13,37 ² ³
Wiedergabe unmittelbar
(2,266)
(2,735)
(2,141)
MVGT, freie
12,87
11,93 ¹
13,33 ³
Wiedergabe nach 30
(2,240)
(2,828)
(2,023)
MVGT, gestützte
12,87
11,87 ¹
13,47 ³
Wiedergabe nach 30
(2,080)
(2,874)
(1,871)
MVGT,
14,07
14,10
14,37
Wiedererkennung
(1,873)
(1,423)
(1,189)
MVGT, freie
12,67
11,42 ¹
13,42 ² ³
Wiedergabe nach 90
(2,316)
(2,824)
(1,792)
MVGT, gestützte
12,75
11,54 ¹
13,63 ² ³
Wiedergabe nach 90
(2,132)
(2,670)
(1,715)
0,004
6,112
(2/56)
0,002
6,866
(2/56)
min.
0,001
8,296
(2/56)
min.
0,558
0,589
(2/56)
0,000
9,690
(2/44)
min.
0,000
10,519
(2/44)
min.
Wilde Intelligenz Test
12,97
12,07
13,14
(WIT), ∑ (n=30/30/29)
(4,979)
(3,571)
(3,281)
Benton Visual Retention
8,00
7,45
7,93
Test, Σ Richtige
(2,171)
(2,515)
(1,668)
Benton Visual Retention
2,31
3,00
2,62
Test , Σ Fehler
(2,661)
(3,495)
(2,227)
0,179
1,779
(2/54)
0,123
2,182
(2/54)
0,187
1,782
(2/54)
Im Bereich des deklarativen Gedächtnisses verschlechterten sich die Patienten
zwischen Tag 0 und Tag 6 in 5 von 13 Untertests (MVGT ∑ Lernleistung; MVGT,
freie Wiedergabe nach 30 min.; MVGT, gestützte Wiedergabe nach 30 min.; MVGT,
freie Wiedergabe nach
90 min.; MVGT, gestützte Wiedergabe nach 90 min.).
Zwischen Tag 0 und Tag 60 verbesserten sich die Patienten signifikant in 4 von 13
Untertests (MVGT ∑ Lernleistung; MVGT, gestützte Wiedergabe unmittelbar; MVGT,
55
freie Wiedergabe nach 90 min.; MVGT, gestützte Wiedergabe nach 90 min.).
Zwischen Tag 6 und Tag 60 verbesserten sich die Patienten in 7 von 13 Untertests
(Wort- PAL ∑ Lernleistung; MVGT, freie Wiedergabe unmittelbar; MVGT, gestützte
Wiedergabe unmittelbar; MVGT, freie Wiedergabe nach 30 min.; MVGT, gestützte
Wiedergabe nach 30 min.; MVGT, freie Wiedergabe nach 90 min.; MVGT, gestützte
Wiedergabe nach 90 min.)
3.5.1.3. Implizites Gedächtnis
Tabelle 21: Unterschiede der Ergebnisse der Patienten mit Multipler Sklerose zu den drei Testzeitpunkten:
Implizites Gedächtnis.
M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Pat.
Tag 0
M (SD)
Pat.
Tag 6
M (SD)
Pat.
Tag 60
M (SD)
Implizites
Bielefelder Affektiver
5,10
5,04
5,17
Gedächtnis
Wörtertest (BAWT),
(2,155)
(2,341)
(2,069)
ANOVA
Hauptfaktor
„Untersuchungszeitpunkt“
p-Wert
F-Wert
0,870
0,140
(2/56)
Summe
Keine signifikanten Unterschiede zwischen den 3 Untersuchungszeitpunkten
ergaben sich im Bereich des impliziten Gedächtnisses.
3.5.1.4. Exekutive Funktionen
Tabelle 22: Unterschiede der Ergebnisse der Patienten zu den drei Testzeitpunkten: Exekutive Funktionen.
COWAT: Controlled Oral Word Association Test, M: Mittelwert, SD: Standardabweichung,
¹ Signifikante Differenzen zwischen Tag 0 und Tag 6, ²: Signifikante Differenzen zwischen Tag 0 und Tag 60,
³: Signifikante Differenzen zwischen Tag 6 und Tag 60.
Untersuchte
Funktion
Exekutive
Variable
COWAT
Funktionen
Supermarkt
Pat.
Tag 0
M (SD)
Pat.
Tag 6
M (SD)
Pat.
Tag 60
M (SD)
30,30
33, 07¹
32,93²
(9,883)
(10,491)
(10,709)
27,33
26,87
27,47
(6,784)
(7,104)
(7,995)
56
ANOVA
Hauptfaktor
„Untersuchungszeitpunkt“
p-Wert
F-Wert
0,038
3,463
(2/56)
0,807
0,216
(2/56)
Figural Fluency
33,72
35,17
40,14² ³
(11,535)
(11,136)
(12,927)
0,000
15,997
(2/52)
Bei den exekutiven Funktionen ergab sich im COWAT eine signifikante
Verbesserung der Patienten zwischen Tag 0 und Tag 6, ebenso zwischen Tag 0 und
Tag 60. In der Figural Fluency ergab sich zwischen Tag 0 und Tag 60 sowie
zwischen Tag 6 und Tag 60 eine signifikante Verbesserung.
3.5.1.5. Aufmerksamkeit
Tabelle 23: Unterschiede der Ergebnisse der Patienten zu den drei Testzeitpunkten: Aufmerksamkeit.
M: Mittelwert, SD: Standardabweichung, ¹ Signifikante Differenzen zwischen Tag 0 und Tag 6,
²: Signifikante Differenzen zwischen Tag 0 und Tag 60, ³: Signifikante Differenzen zwischen Tag 6 und Tag 60.
Untersuchte
Funktion
Variable
Pat.
Tag 0
M (SD)
Pat.
Tag 6
M (SD)
Pat.
Tag 60
M (SD)
Aufmerk-
Alertness ohne
245,20
251,75
247,88
samkeit
Warnton, Median in
(38,013)
(35,109)
(38,890)
Alertness mit Warnton,
238,42
243,30
240,37
Median in msec.
(35,867)
(32,897)
(38,260)
Geteilte
691,38
660, 97¹
660,08²
Aufmerksamkeit,
(82,962)
(74,158)
(73,610)
Geteilte
1,90
1,40
1,73
Aufmerksamkeit,
(1,698)
(1,380)
(2,970)
ANOVA
Hauptfaktor
„Untersuchungszeitpunkt“
p-Wert
F-Wert
0,339
1,102
(2/56)
msec. (TAPA-m)
0,543
0,618
(2/56)
(TAPA+m)
0,005
5,951
(2/56)
Median in msec.
(TAPGAM)
Σ Auslassungen
(TAPGASA)
57
0,623
0,477
(2/54)
Geteilte
2,53
1,60
0,93³
Aufmerksamkeit,
(4,593)
(2,010)
(1,081)
Inkompatibilität, Median
448,32
447,90
440,47
in msec.
(85,665)
(92,746)
(129,67)
Inkompatibilität, Summe
5,17
4,33
7,17
Fehler
(3,752)
(4,611)
(9,882)
0,033
3,633
(2/56)
Summe Fehler
(TAPGASF)
0,824
0,195
(2/56)
(TAPIKM)
0,227
1,522
(2/56)
(TAPIKSF)
In einem von 7 Untertests zur Aufmerksamkeitsprüfung (geteilte Aufmerksamkeit,
Median in msec.) ergab sich eine signifikante Verbesserung zwischen Tag 0 und Tag
6. Im selben Untertest ergab sich eine signifikante Verbesserung zwischen Tag 0
und Tag 60. Zwischen Tag 6 und Tag 60 ergab sich bei der geteilten Aufmerksamkeit
(Summe Fehler) eine signifikante Verbesserung.
3.5.1.6. Depression, Euphorie, Ängste, Gedächtnisleistungen im Alltag
Tabelle 24: Unterschiede der Ergebnisse der Patienten zu den drei Testzeitpunkten: Depression, Euphorie,
Ängste, Gedächtnisleistungen im Alltag. M: Mittelwert, SD: Standardabweichung,
²: Signifikante Differenzen zwischen Tag 0 und Tag 60, ³: Signifikante Differenzen zwischen Tag 6 und Tag 60.
Untersuchte
Funktion
Depression
Variable
Pat.
Tag 0
M (SD)
Pat.
Tag 6
M (SD)
Pat.
Tag 60
M (SD)
Beck-Depressions-
5,80
6,20
5,57
Inventar
(4,845)
(6,604)
(6,623)
Neuropsychiatr.
2,48
2,37
1,33² ³
Inventar, Summe
(3,975)
(4,507)
(3,698)
ANOVA
Hauptfaktor
„Untersuchungszeitpunkt“
p-Wert
F-Wert
0,681
0,387
(2/56)
(BDI)
Depression
(NPIDESU)
58
0,012
4,847
(2/50)
Euphorie
Neuropsychiatr..
0,26
1,03
0,40
Inventar, Summe
(1,347)
(2,399)
(1,545)
Neuropsychiatr.
2,04
2,30
1,00² ³
Inventar, Summe Angst
(3,674)
(4,044)
(2,704)
0,608
0,503
(2/50)
Euphorie
(NPIEUSU)
Ängste
0,033
3,660
(2/50)
(NPIANSU)
Gedächtnis-
Fragebogen zur
26,74
26,42
26,28
leistungen
Erfassung von
(12,937)
(13,497)
(18,474)
im Alltag
Gedächtnisleistung im
0,492
0,720
(2/48)
Alltag (FEGA)
Bezüglich Depression und Ängsten ergab sich im Neuropsychiatrischen Inventar eine
Reduktion dieser Affekte im signifikanten Bereich zwischen Tag 0 und 60 sowie 6
und 60. Bezüglich der Selbsteinschätzung der Gedächtnisleistungen im Alltag
ergaben sich keine Unterschiede zwischen den drei Untersuchungszeitpunkten.
Zusammenfassung
der
Ergebnisse
der
Patienten
zu
den
drei
Untersuchungszeitpunkten:
Im Unterschied zu den Kontrollen zeigte das deklarative Gedächtnis der Patienten
starke Unterschiede hinsichtlich des Hauptfaktors „Untersuchungszeitpunkt“. So
ergab sich zwischen Tag 0 und Tag 6 – also nach Verabreichung von
Methylprednisolon - eine signifikante Verschlechterung der Gedächtnisleistung
insbesondere beim MVGT (freie und gestützte Wiedergabe). Im Bereich des
Arbeitsgedächtnisses ergaben sich teilweise Verbesserungen zwischen Tag 6 und
60 bzw. zwischen Tag 0 und Tag 60. Eine Verschlechterung der Leistungen des
Arbeitsgedächtnisses zwischen Tag 0 und Tag 6 war nicht nachzuweisen. Bezüglich
der exekutiven Funktionen zeigte sich ebenfalls in 2 Untertests eine Verbesserung
zwischen
veränderten
den
sich
Untersuchungszeitpunkten.
nicht.
Im
Bereich
der
Implizite
Gedächtnisleistungen
Aufmerksamkeit
ergaben
sich
Verbesserungen im Bereich der geteilten Aufmerksamkeit. Depressive und
ängstliche Symptome, untersucht via Neuropsychiatrischem Inventar, nahmen im
Untersuchungszeitraum ab, der BDI dagegen veränderte sich nicht signifikant.
59
3.5.2. Dosiseffekt
3.5.2.1. Arbeitsgedächtnis
Tabelle 25: Dosiseffekte zu den drei Testzeitpunkten: Arbeitsgedächtnis. HAWIE-R: Hamburg-WechslerIntelligenztests für Erwachsene, M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Arbeits-
HAWIE-R: Zahlen
gedächtnis
nachsprechen vorwärts
Dosis
500 mg
(n=16)
M (SD)
Dosis
2000 mg
(n=13)
M (SD)
Tag 0
5,88 (0,806)
6,21 (1,251)
Tag 6
5,75 (1,000)
6,31 (1,182)
Tag 60
6,13 (0,957)
6,43 (1,222)
Tag 0
4,44 (1,263)
4,43 (1,342)
Tag 6
4,44 (1,031)
4,43 (1,284)
Tag 60
5,05 (0,854)
5,00 (0,877)
Tag 0
682,06 (66,592)
702,04 (100,039)
Tag 6
667,156 (54,118)
653,893 (93,741)
Tag 60
653,22 (61,768)
667,93 (86,952)
Tag 0
1,69 (1,740)
3,07 (3,626)
Tag 6
1,25 (1,880)
2,71 (3,811)
Tag 60
0,94 (1,692)
2,07 (2,702)
Tag 0
2,19 (2,949)
3,21 (2,778)
Tag 6
1,94 (2,839)
2,43 (2,875)
Tag 60
1,50 (2,000)
2,14 (3,461)
ANOVA
Hauptfaktor
„Dosis“
p-Wert
F-Wert
0,285
1,190
(1/27)
HAWIE-R: Zahlen
nachsprechen rückwärts
0,937
0,006
(1/28)
Arbeitsgedächtnis,
Median in msec.
(TAPAGM)
0,579
0,314
(1/28)
Arbeitsgedächtnis,
Summe Auslassungen
(TAPAGSA)
0,156
2,126
(1/28)
Arbeitsgedächtnis,
Summe Fehler
(TAPAGSF)
60
0,378
0,803
(1/28)
Block-Tapping-Test
(Corsi)
Tag 0
5,31 (0,704)
5,00 (0,679)
Tag 6
5,38 (0,085)
5,21 (0,975)
Tag 60
5,81 (0,911)
5,64 (1,277)
0,448
0,593
(1/28)
Bei der Untersuchung des Arbeitsgedächtnisses ergaben sich keine signifikanten
Dosiseffekte.
3.5.2.2. Deklaratives Gedächtnis
Tabelle 26: Dosiseffekte zu den drei Testzeitpunkten: Deklaratives Gedächtnis. Wort-PAL: Wortpaarassoziationslerntest, MVGT: Münchner Verbaler Gedächtnistest, M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Deklaratives
Wort- PAL
Gedächtnis
∑ Lernleistung
Dosis
500 mg
(n=16)
M (SD)
Dosis
2000 mg
(n=13)
M (SD)
Tag 0
20,75 (8,676)
16,85 (9,660)
Tag 6
19,31 (9,728)
15,62 (11,565)
Tag 60
23,50 (6,501)
19,38 (9,836)
Tag 0
5,77 (2,619)
4,55 (3,174)
Tag 6
5,08 (2,629)
4,10 (3,247)
Tag 60
6,31 (1,888)
4,60 (2,914)
Tag 0
59,63 (6,065)
58,93 (8,766)
Tag 6
56,81 (10,028)
55,36 (9,716)
Tag 60
62,31 (8,081)
59,14 (7,624)
Tag 0
12,56 (2,279)
12,43 (2,243)
Tag 6
12,38 (2,630)
11,50 (2,794)
Tag 60
13,13 (2,778)
13,14 (1,748)
ANOVA
Hauptfaktor
„Dosis“
p-Wert
F-Wert
0,202
1,712
(1/27)
Wort- PAL,
freie Reproduktion nach
90 min
0,228
1,543
(1/20)
MVGT
∑ Lernleistung
0,537
0,391
(1/28)
MVGT, freie
Wiedergabe unmittelbar
61
0,667
0,189
(1/28)
MVGT, gestützte
Wiedergabe unmittelbar
Tag 0
12,75 (2,436)
12,50 (2,139)
Tag 6
12,38 (2,964)
11,64 (2,499)
Tag 60
13,31 (2,469)
13,43 (1,785)
Tag 0
12,94 (2,294)
12,79 (2,259)
Tag 6
12,13 (3,117)
11,71 (2,555)
Tag 60
13,38 (2,247)
13,29 (1,816)
Tag 0
14,38 (1,544)
13,71 (2,128)
Tag 6
14,25 (1,483)
13,93 (1,385)
Tag 60
14,25 (1,483)
14,50 (0,760)
Tag 0
13,38 (1,502)
11,82 (2,857)
Tag 6
12,15 (2,853)
10,55 (2,697)
Tag 60
13,85 (1,819)
12,91 (1,700)
Tag 0
13,31 (1,601)
12,09 (2,548)
Tag 6
12,23 (2,743)
10,73 (2,453)
Tag 60
14,00 (1,732)
13,18 (1,662)
Tag 0
12,44 (2,555)
13,57 (6,858)
Tag 6
13,13 (2,500)
10,86 (4,276)
Tag 60
14.06 (2,407)
12,00 (3,916)
Tag 0
8,69 (1,302)
7,15 (2,734)
Tag 6
8,31 (1,352)
6,38 (3,203)
Tag 60
8,31 (1,250)
7,46 (2,025)
0,709
0,142
(1/28)
MVGT, freie
Wiedergabe nach 30
min.
0,779
0,080
(1/28)
MVGT,
Wiedererkennung
0,550
0,367
(1/28)
MVGT, freie
Wiedergabe nach 90
min.
0,090
3,151
(1/22)
MVGT, gestützte
Wiedergabe nach 90
min.
0,110
2,767
(1/22)
Wilde Intelligenz Test
(WIT), ∑ Richtige
0,304
1,096
(1/27)
Benton Visual Retention
Test, Σ Richtige
62
0,043
4,528
(1/27)
Benton Visual Retention
Test, Σ Fehler
Tag 0
1,50 (1,826)
3,31 (3,225)
Tag 6
1,88 (1,746)
4,38 (4,574)
Tag 60
2,38 (2,247)
2,92 (2,253)
0,087
3,144
(1/27)
Bei der Untersuchung des deklarativen Gedächtnisses ergab sich abgesehen von
einem Untertest (Benton Test, Summe Richtige, p=0.043, F=4.528) kein Unterschied
zwischen Niedrigdosisgruppe und Hochdosisgruppe.
3.5.2.3. Implizites Gedächtnis
Tabelle 27: Dosiseffekte zu den drei Testzeitpunkten: Implizites Gedächtnis.
M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Implizites
Bielefelder Affektiver
Gedächtnis
Wörtertest (BAWT),
Dosis
500 mg
(n=16)
M (SD)
Dosis
2000 mg
(n=13)
M (SD)
ANOVA
Hauptfaktor
„Dosis“
p-Wert
F-Wert
0,213
1,622
Summe
Tag 0
5,50 (1,966)
4,64 (2,341)
Tag 6
5,69 (1,852)
4,29 (2,673)
Tag 60
5,38 (1,628)
4,93 (2,526)
(1/28)
Hinsichtlich des impliziten Gedächtnisses untersucht mittels BAWT ergab sich kein
Dosiseffekt.
3.5.2.4. Exekutive Funktionen
Tabelle 28: Dosiseffekte zu den drei Testzeitpunkten: Exekutive Funktionen.
COWAT: Controlled Oral Word Association Test, M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Dosis
500 mg
(n=16)
M (SD)
Dosis
2000 mg
(n=13)
M (SD)
Exekutive
COWAT, Rohwert
Funktionen
Tag 0
31,81 (9,138)
28,57 (10,747)
Tag 6
34,69 (9,279)
31,21 (11,801)
Tag 60
35,44 (9,886)
30,07 (11,249)
63
ANOVA
Hauptfaktor
„Dosis“
p-Wert
F-Wert
0,264
1,300
(1/28)
Supermarkt, Rohwert
Tag 0
28,06 (7,019)
26,50 (6,665)
Tag 6
27,00 (7,554)
26,71 (6,832)
Tag 60
28,69 (6,374)
26,07 (9,579)
Tag 0
34,00 (9,381)
34,00 (10,954)
Tag 6
36,19 (11,548)
38,77 (14,839)
Tag 60
41,25 (11,619)
27,00 (7,706)
0,560
0,349
(1/28)
Figural Fluency,
Rohwert
0,719
0,132
(1/26)
Bei der Untersuchung der exekutiven Funktionen ergab sich kein Unterschied
zwischen Hochdosis- und Niedrigdosisgruppe.
3.5.2.5. Aufmerksamkeit
Tabelle 29: Dosiseffekte zu den drei Testzeitpunkten: Aufmerksamkeit.
M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Variable
Aufmerk-
Alertness ohne
samkeit
Warnton, Median in
Dosis
500 mg
(n=16)
M (SD)
Dosis
2000 mg
(n=13)
M (SD)
ANOVA
Hauptfaktor
„Dosis“
p-Wert
F-Wert
0,254
1,358
msec. (TAPA-m)
Tag 0
241,66 (31,501)
249,25 (45,226)
Tag 6
246,34 (31,916)
257,93 (38,695)
Tag 60
236,38 (34,380)
261,04 (40,752)
Tag 0
232,97 (29,463)
244,64 (42,306)
Tag 6
235,72 (26,051)
251,96 (38,464)
Tag 60
228,28 (32,352)
254,18 (40,896)
Tag 0
682,06 (66,592)
702,04 (100,039)
Tag 6
667,156 (54,118)
653,893 (93,741)
Tag 60
653,22 (61,768)
667,93 (86,952)
(1/28)
Alertness mit Warnton,
Median in msec.
(TAPA+m)
0,137
2,347
(1/28)
Geteilte
Aufmerksamkeit,
Median in msec.
(TAPGAM)
64
0,784
0,077
(1/28)
Geteilte
Aufmerksamkeit,
Σ Auslassungen
(TAPGASA)
1,56 (1,413)
2,31 (1,974)
Tag 0
1,25 (1,390)
1,57 (1,399)
Tag 6
1,06 (0,029)
2,50 (4,183)
Tag 0
1,75 (1,390)
3,43 (6,572)
Tag 6
1,31 (1,352)
1,93 (2,586)
Tag 60
0,88 (1,088)
1,00 (1,109)
Tag 0
433,94 (63,106)
464,75 (105,973)
Tag 6
427,03 (72,543)
471,75 (109,399)
Tag 60
406,03 (77,078)
479,82 (165,906)
Tag 0
4,81 (2,713)
5,57 (4,751)
Tag 6
3,56 (4,016)
5,21 (5,221)
Tag 60
8,63 (13,195)
5,50 (3,368)
0,079
3,327
(1/27)
Tag 60
Geteilte
Aufmerksamkeit,
Summe Fehler
(TAPGASF)
0,334
0,968
(1/28)
Inkompatibilität, Median
in msec.
(TAPIKM)
0,166
2,022
(1/28)
Inkompatibilität, Summe
Fehler
(TAPIKSF)
0,886
0,021
(1/28)
Bei der Untersuchung der Aufmerksamkeit ergab sich kein Unterschied hinsichtlich
der beiden Dosierungen.
65
3.5.2.6. Depression, Euphorie, Ängste, Gedächtnisleistungen im Alltag
Tabelle 30: Dosiseffekte zu den drei Testzeitpunkten: Depression, Euphorie, Ängste, Gedächtnisleistungen
im Alltag. M: Mittelwert, SD: Standardabweichung.
Untersuchte
Funktion
Depression
Variable
Dosis
500 mg
(n=16)
M (SD)
Dosis
2000 mg
(n=13)
M (SD)
ANOVA
Hauptfaktor
„Dosis“
p-Wert
F-Wert
0,802
0,064
Beck-DepressionsInventar (BDI)
Tag 0
6,25 (5,791)
5,29 (3,625)
Tag 6
6,50 (7,127)
5,86 (6,200)
Tag 60
5,56 (7,393)
5,57 (5,919)
Tag 0
1,21 (2,455)
3,85 (4,879)
Tag 6
2,00 (3,983)
2,79 (5,162)
Tag 60
1,06 (3,336)
1,64 (4,181)
Tag 0
0,50 (1,871)
0,00 (0,000)
Tag 6
1,06 (2,351)
1,00 (2,542)
Tag 60
0,31(1,250)
0,50 (1,871)
Tag 0
0,79 (2,007)
3,38 (4,592)
Tag 6
2,44 (3,759)
2,14 (4,487)
Tag 60
0,63 (2,500)
1,43 (2,954)
Tag 0
24,14 (11,831)
29,54 (13,950)
Tag 6
26,36 (14,194)
26,50 (13,263)
Tag 60
25,81 (20,354)
26,85 (16,668)
(1/28)
Neuropsychiatr.
Inventar, Summe
Depression
(NPIDESU)
Euphorie
0,108
2,778
(1/25)
Neuropsychiatr.
Inventar, Summe
Euphorie
(NPIEUSU)
Ängste
0,959
0,003
(1/25)
Neuropsychiatr.
Inventar, Summe Angst
(NPIANSU)
Gedächtnis-
Fragebogen zur
leistungen
Erfassung von
im Alltag
Gedächtnisleistung im
0,151
2,190
(1/25)
Alltag (FEGA)
66
0,394
0,752
(1/24)
Bei der Untersuchung nach Zeichen von Depression, Euphorie und Ängsten sowie
der Selbstbeurteilung von Gedächtnisleistungen im Alltag ergaben sich keine
Unterschiede zwischen den beiden Dosierungen.
Zusammenfassung der Ergebnisse bezüglich des Dosiseffekts:
Mit einer Ausnahme [p=0.043, F=4.528 (1/27)], die auf eine bessere Leistung der
Niedrigdosis-Gruppe im BVRT (M: 8.69 an Tag 0; 8.31 an Tag 6; 8.31 Tag 60) im
Vergleich zur Hochdosis-Gruppe (M: 7.15 an Tag 0; 6.38 an Tag 6; 7.46 an Tag 60)
hinweist, wurde für den Faktor „Dosis“ kein Haupteffekt gefunden.
3.5.3. Interaktion zwischen „Dosis“ und „Untersuchungszeitpunkt“
Neben der Frage, welche Auswirkungen „Untersuchungszeitpunkt“ und „Dosis“ auf
die Kognition haben, interessiert natürlich auch, ob mögliche Wechselwirkungen
zwischen diesen Faktoren bestehen. Dies hätte zur Folge, dass sich die Leistungen
der beiden Dosisgruppen im Verlauf der Untersuchung unterschiedlich darstellen und
nicht, wie bei einem fehlenden Interaktionseffekt, gleichsinnig.
Signifikante
Wechselwirkungen
zwischen
Dosis
und
Untersuchungszeitpunkt
ergaben sich lediglich in Bezug auf die Leistung im WIT-Subtest „Gedächtnis“
[p=0,037, F=3,505 (2/54)] die bei den Patienten mit der Niedrigdosis bei Abschluss
der Therapie am Tag 6 signifikant anstieg (M=12,44 am Tag 0 vs. M=13.13 am Tag
6), bei den mit 2000 mg MP behandelten Patienten dagegen abnahm (M=13,57 am
Tag 0 vs. M=10.86 am Tag 6; siehe auch Tabelle 26).
67
4. Diskussion
Bei der Behandlung eines akuten Schubes einer Multiplen Sklerose ist die
intravenöse Verabreichung hoher Dosen Kortikosteroide eine anerkannte und
wirksame Therapie (Oliveri et al, 1998; Martinelli et al. 2009).
Allerdings zeigt eine Vielzahl tierexperimenteller und humanwissenschaftlicher
Studien, dass sowohl endogen erhöhte Glukokortikoidspiegel als auch exogen
zugeführte Kortikoide - abhängig von Dosis und Dauer der Einwirkung - milde,
vorübergehende bis schwere, längerfristige Beeinträchtigungen von Affektivität und
kognitiven Leistungen hervorrufen können (Keenan et al. 1996; Fietta et al. 2009).
Erklärt werden diese Effekte vor allem durch die hohe Kortikoidrezeptordichte des
Hippokampus und seine Funktion als zentraler Ort für die Einspeicherung
deklarativer Gedächtnisinhalte sowie in Verbindung mit Septum und Amygdala
maßgeblichen Beteiligung an der Modulation von Affekten und Emotionen.
Erhöhte endogene Kortisonspiegel, wie sie z. B. bei PTSD, Morbus Cushing oder
Depression auftreten, gehen mit schlechteren Gedächtnisleistungen, v. a. im Bereich
des deklarativen Gedächtnisses sowie Hippokampusatrophie einher. Es besteht eine
potentielle Reversibilität der Veränderungen z. B. durch eine operative Behandlung
bei Morbus Cushing (Bourdeau 2005).
Patienten, welche z. B. aufgrund einer entzündlichen Erkrankung exogen Kortison
erhalten, zeigen ebenfalls eine Verschlechterung des deklarativen Gedächtnisses.
Teilweise findet man lediglich eine Beeinträchtigung des freien Informationsabrufs;
Informationserwerb und –konsolidierung sind häufig unbeeinträchtigt. Bildgebende
Untersuchungen zeigen eine reduzierte Aktivität der Hippokampusregion sowie
teilweise eine Hippokampusatrophie. Auch diese Veränderungen sind nach einer
Beendigung der Kortisontherapie potentiell reversibel (Mc Even 1999).
Da bereits früh im Verlauf einer MS krankheitsbedingt kognitive Defizite auftreten
können (Hoffmann et al. 2007) und im Verlauf einer längeren Erkrankung meist
häufiger Schubbehandlungen durchgeführt werden, ist es zur Abwägung der
therapeutischen Optionen unerlässlich, das Ausmaß sowie die Persistenz der
69
Gedächtnisstörungen durch die Therapie mit Kortikosteroiden so genau wie möglich
zu erfassen.
Zu den Auswirkungen der Hochdosis-Kortisontherapie auf neuropsychologische
Funktionsparameter speziell bei MS-Patienten lagen zum Zeitpunkt des Beginns der
vorliegenden Untersuchung lediglich Daten aus der Studie von Oliveri und
Mitarbeitern aus dem Jahr 1998 vor (Oliveri et al. 1998). Es wurden insgesamt 14
Patienten mit schubförmig verlaufender MS mit Methylprednisolon intravenös
behandelt: 4 Patienten mit 500 mg pro Tag über 5 Tage, 5 Patienten mit 1000 mg pro
Tag über 7 Tage und 5 Patienten mit 2000 mg pro Tag über 5 Tage. Die Erfassung
der kognitiven Leistungsfähigkeit erfolgte vor der Behandlung, nach 7 und nach 60
Tagen. Die Ergebnisse zeigten eine dosisunabhängige, selektive Verschlechterung
der deklarativen Gedächtnisleistung an Tag 7, welche sich an Tag 60 jedoch wieder
vollständig auf das Ausgangsniveau vor Kortisongabe zurückbildete. Alle übrigen
erfassten
kognitiven
Funktionen
zeigten
keine
Veränderung
unter
der
Kortisontherapie.
Um eine breitere empirische Basis zu erhalten und um weitere neuropsychologische
Funktionsparameter unter Kortisontherapie bei MS-Patienten systematischer zu
untersuchen, wurden in der vorliegenden Untersuchung bei 30 Patienten neben der
mnestischen Leistung auch die Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung,
exekutive Funktionen und Leistungen der verbalen und visuo-konstruktiven
Intelligenz erhoben.
Es ergab sich ebenfalls eine selektive Verschlechterung der deklarativen
Gedächtnisleistung an Tag 6, die jedoch an Tag 60 vollständig reversibel war. Alle
übrigen
untersuchten
kognitiven
Funktionen
(Arbeitsgedächtnis,
implizites
Gedächtnis, Aufmerksamkeit, exekutive Funktionen) zeigten unter MP-Therapie
keine Verschlechterung (Uttner et al. 2005). Die Verbesserungen in Teilbereichen
des
Arbeitsgedächtnisses,
der
exekutiven
Funktionen
und
der
geteilten
Aufmerksamkeit könnten auf einen Übungseffekt zurückzuführen sein. Auch bei den
Kontrollen kam es im Bereich der exekutiven Funktionen und der geteilten
Aufmerksamkeit zu einer Leistungsverbesserung zwischen Untersuchungszeitpunkt
1 und 2.
70
Das Ausmaß der kognitiven Defizite war - bis auf einen von 24 Untertests - nicht
abhängig von der verabreichten MP-Dosis, was mit einem Deckeneffekt sehr hoher
Glukokortikoid-Dosen auf die Gedächtnisfunktionen zusammenhängen könnte. Die
„kritische Dosis“, ab der kognitive Beeinträchtigungen auftreten, liegt vermutlich
deutlich unter 500 mg pro Tag. So zeigten in einer plazebokontrollierten
Untersuchung von Kirschbaum und Mitarbeitern gesunde Personen nach der
einmaligen Verabreichung von bereits 10 mg Kortison signifikante Defizite im
deklarativen, nicht aber impliziten Gedächtnis (Kirschbaum et al. 1996).
Zeitgleich zu der vorliegenden Studie untersuchten Brunner und Mitarbeiter 21
Patienten mit MS, acht davon mit schubförmig-remittierendem Verlauf, und weitere
neun Patienten, die an einer akuten Optikusneuritis erkrankt waren (Brunner et al.
2005). Die Behandlung erfolgte mit 500 mg MP pro Tag über 5 Tage; die
ausführliche neuropsychologische Untersuchung erfolgte vor Beginn der Therapie,
nach deren Abschluss (Tag 5) sowie ein drittes Mal fünf Tage nach Therapieende.
Die Ergebnisse zeigten einen signifikanten Leistungseinbruch im deklarativen
Gedächtnis nach Abschluss der MP-Therapie am Tag 5 mit fast vollständiger
Normalisierung zum Testzeitpunkt 3, womit deutlich wurde, dass diese zu einem
deutlich
früheren
Zeitpunkt
als
bisher
vermutet
erfolgt.
Ein
Effekt
der
Glukokortikoidtherapie auf Arbeitsgedächtnis und Aufmerksamkeitsfunktionen war
nicht nachweisbar.
Die aufgeführten Untersuchungen tragen dazu bei, die kortisoninduzierten kognitiven
Veränderungen besser einschätzen zu können. Anatomische und bildgebende
Untersuchungen dienen u. a. dazu, die beteiligten Hirnstrukturen zu identifizieren.
Über die Funktion der Beeinträchtigung von kognitiven Funktionen durch erhöhte
Kortisonspiegel existieren unterschiedliche Überlegungen. Oliver T. Wolf führt in
seinem Review aus, dass es von Vorteil sein könnte, wenn im Falle eines akuten
Ereignisses negative Erinnerungen von früheren, ähnlichen Ereignissen blockiert
würden, um eine überschießende negative emotionale Situation zu verhindern (Wolf
2009). Vorstellbar wäre lt. Wolf auch, dass eine vorübergehende Blockade des
Abrufs von Gedächtnisinhalten dem Gehirn erlaubt, wichtige Inhalte der aktuellen
Situation effizienter zu verschlüsseln und abzuspeichern. So wiesen Allen und Allen
71
z. B. nach, dass der Abruf von Gedächtnisinhalten mit der Verschlüsselung und der
Abspeicherung derselben interferiert (Allan u. Allen 2005).
Durch das Wissen um die kortisoninduzierten kognitiven Veränderungen ergeben
sich vor allem in Bezug auf posttraumatische Störungen und das Thema Lernen
vielfältige Optionen. So könnte z. B. die Gabe von Kortison rasch nach einem
traumatischen Ereignis das Auftreten bzw. die Schwere einer posttraumatischen
Störung reduzieren (Zohar et al. 2011). Das Wissen um die Verschlechterung von
Gedächtnisleistungen
durch
stressbedingte
Erhöhung
von
endogenen
Kortisonspiegeln fließt in aktuelle pädagogische Konzepte ein.
Für MS-Patienten, die regelmäßig Kortison erhalten, um akute Schübe der
Erkrankung abzumildern, sind die Ergebnisse der genannten Untersuchungen für die
Abwägung von Therapieoptionen, für die Aufklärung über die Nebenwirkungen der
Therapie und die Begleitung während der Therapie von hoher Relevanz. Zwar kann
aufgrund der Reversibilität in den meisten Fällen von einem Verzicht auf diese
Therapie oder zusätzliche Maßnahmen, um die kognitiven Defizite abzumildern,
abgesehen werden; gleichwohl ist z. B. vorstellbar, dass die Kortisontherapie
massive, im klinischen Alltag auffällige kognitive Defizite hervorruft, die als
mangelndes Ansprechen auf die Therapie fehlinterpretiert werden bzw. die
Compliance des Patienten reduzieren könnten. Das Wissen über die Selektivität und
Reversibilität der kognitiven Einschränkungen kann in diesen Fällen zu einem
Fortführen und Akzeptieren der (wirksamen) Therapie verhelfen.
Die Interferontherapie als immunmodulierende, längerfristig angewandte Therapie
bei MS-Patienten scheint nach bisher vorliegenden Daten keine negativen
Auswirkungen auf kognitive Parameter zu haben; vielmehr zeigen sich (zumindest
kurzfristig) signifikant positive Effekte der IFN-β-Therapie (Fischer et al. 2000). Auch
für Azathioprin, Glatirameracetat und Natalizumab wurde keine Verschlechterung
kognitiver Leistungen nachgewiesen, vielmehr scheinen diese Therapien (vermutlich
v. a. durch die Verringerung der Schubfrequenz und Schwere der MS-Symptome)
einen tendenziell günstigen Effekt auf neuropsychologische Funktionsparameter zu
haben (Uttner et al. 2007).
72
Einschränkungen der vorliegenden Untersuchung
Obwohl die meisten der in vorliegende Untersuchung eingeschlossenen Patienten
eine sehr kurze Krankheitsgeschichte aufwiesen, zeigten sie verglichen mit den nach
Alter, Schulbildung und Geschlecht gepaarten Kontrollpersonen ein schlechteres
Ausgangsniveau
bzgl.
kognitiver
Leistungen,
was
darauf
hinweist,
dass
Beeinträchtigungen der kognitiven Funktionen bereits in frühesten Stadien bzw.
schon subklinisch auftreten können. Somit sind gesunde Personen im Prinzip keine
adäquate Kontrollgruppe für MS-Patienten. Es kann nicht ausgeschlossen werden,
dass krankheitsabhängige kognitive Defizite mit kortison-induzierten Effekten
interferieren. Allerdings ändert diese Unsicherheit nichts an der Validität der
Ergebnisse der Untersuchung: Die kortison-abhängige Verschlechterung der
kognitiven Leistungsfähigkeit, die an Tag 6 auftrat, unterschied sich deutlich von der
Leistung vor Beginn der Therapie. Dass die Gedächtnisleistung an Tag 60 komplett
reversibel war, weist auf eine krankheitsunabhängige, medikamenten-induzierte
Veränderung hin. Unterstützt wird diese Interpretation auch durch Untersuchungen
an Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen, die unabhängig vom
zentralen Nervensystem sind (z. B. rheumatoide Arthritis). Hier zeigt sich unter
Kortisonbehandlung ebenfalls eine signifikante Verschlechterung des deklarativen
Gedächtnisses (Coluccia et al. 2008). Eine unbehandelte Patientengruppe wäre
jedoch eine passendere Kontrollgruppe. Allerdings wäre es schwierig, eine
genügende Anzahl von Patienten zu finden, die eine allgemein anerkannte und
wirksame Therapie mit Kortikosteroiden ablehnen würde. Hinzu kommt, dass man
diese Behandlung aus ethischen Gründen nicht vorenthalten würde.
Ausblick und Fazit
Die
längerfristigen
Auswirkungen
multipler
Schubtherapien
auf
die
Gedächtnisfunktionen sind bisher wenig untersucht. Allerdings deuten bisher
vorliegenden Daten darauf hin, dass wiederholte Kortisonbehandlungen im Sinne
einer Toleranzentwicklung bzw. eines Gewöhnungseffektes einen abgeschwächten
Effekt auf das deklarative Gedächtnis haben (Brown et al. 2006). Vor allem die
Arbeitsgruppe um Brown beschäftigt sich in neueren Untersuchungen mit den
Möglichkeiten der Vermeidung oder Abschwächung von kognitiven Defiziten und
Stimmungsschwankungen
unter
Kortisontherapie.
So
fanden
sich
erste
Anhaltspunkte für eine Abschwächung der Wirkung einer Kortisonbehandlung auf
73
das deklarative Gedächtnis für Lamotrigin, einem Antiepileptikum, welches
zunehmend
auch
für
die
Behandlung
von
psychiatrischen
Erkrankungen,
beispielsweise der bipolaren Störung eingesetzt wird (Brown et al. 2008b). Auch für
Memantin, einem Wirkstoff, der in der Behandlung der Parkinson-Erkrankung und
der Alzheimer-Demenz Verwendung findet, wurde eine positive Wirkung auf das
deklarative Gedächtnis von Patienten unter Kortisontherapie nachgewiesen (Brown
et
2008a).
al.
Für
Acetaminophen,
schmerzlindernder
Wirkung,
einem
welchem
Wirkstoff
auch
mit
fiebersenkender
neuroprotektive
und
Eigenschaften
zugesprochen werden (in Deutschland weithin bekannt als Paracetamol) konnte
hingegen keine Abschwächung von kortisoninduzierten Stimmungsänderungen oder
Gedächtnisdefiziten nachgewiesen werden (Brown et al. 2010).
Die Ergebnisse der bisher vorliegenden Studien zur Kortisonbehandlung bei MSPatienten im Dosisbereich 500-2000 mg/Tag zeigen zusammenfassend eine
dosisunabhängige,
reversible
Verschlechterung
des
hippokampusvermittelten
deklarativen Gedächtnisses. Neuronales Korrelat sind Rezeptorveränderungen,
Nervenzellschädigung sowie reduzierte Neurogenese; morphologisch als Atrophie
des Hippokampus, in bildgebenden Verfahren als verminderte Aktivität der Hippokampusregion nachweisbar. Die Reversibilität der Veränderungen betrifft sowohl die
Gedächtnisleistung als auch die morphologischen Veränderungen. Unklar ist, wie
lange die Kortisoneinwirkung auf diese Weise toleriert wird und ab wann die
Veränderungen - zumindest teilweise - irreversibel sind. Hierzu sind noch
differenziertere Untersuchungen bzgl. akuter und chronischer kortisoninduzierter
Veränderungen der Gedächtnisleistung notwendig.
Bezüglich der Behandlung eines akuten Schubes einer MS mit einer HochdosisKortisontherapie ergibt sich durch die vorliegenden Ergebnisse ein besseres
Verständnis der Wirkung der Therapie auf die Gedächtnisleistung der teilweise
bereits krankheitsbedingt kognitiv beeinträchtigten Patienten und somit die
Möglichkeit einer individuellen Therapieplanung, Aufklärung und Begleitung der MSPatienten.
74
5. Zusammenfassung
Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische, demyelinisierende Erkrankung des
zentralen Nervensystems (ZNS), welche häufig in Schüben verläuft und von milden
Beeinträchtigungen wie vorübergehenden Sehstörungen oder Sensibilitätsstörungen
bis zu schwerwiegenden Behinderungen wie dauerhafter Einschränkung der Mobilität
und Bettlägerigkeit führen kann. Die Behandlung erfolgt einerseits langfristig
immunmodulierend; in akuten Erkrankungsphasen vorübergehend antientzündlich
und immunsuppressiv, um die Schäden der akuten Entzündung möglichst gering zu
halten.
Die Hochdosis-Kortisontherapie ist eine wirksame und etablierte Therapie eines
akuten Schubes einer Multiplen Sklerose; eine höhere Dosierung des Medikaments
korreliert mit einer besseren Wirksamkeit der Therapie.
Sowohl endogen erhöhte Kortisonspiegel wie etwa bei Morbus Cushing oder der
Posttraumatischen Belastungsstörung, als auch exogen zugeführtes Kortison wie
etwa bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis oder des Asthmas können
neben vielfältigen körperlichen Nebenwirkungen sowohl psychische als auch
kognitive Veränderungen hervorrufen.
Betroffen ist hierbei vor allem das deklarative, explizite Gedächtnis als Speicherort
für Ereignisse und Fakten, die im Laufe des Lebens erlernt wurden. Anatomisch ist
diese Gedächtnisleistung v. a. in der Hippokampusregion verankert, zudem spielen
multiple Faserverbindungen zu verschiedenen Kortexarealen eine wichtige Rolle.
Die Wirkung der Kortikoide auf das deklarative Gedächtnis ist durch die hohe Zahl an
Glukokortikoidrezeptoren in der Hippokampusregion zu erklären. Es kommt zu
veränderter
Genexpression
und
Proteinsynthese,
Nervenzellschädigung,
verminderter Neurogenese und Nervenzelluntergang; in bildgebenden Verfahren als
verminderte (metabolische) Aktivität bzw. Atrophie nachweisbar.
Bei MS-Patienten sind häufig schon in frühen Stadien der Erkrankung kognitive
Defizite im Sinne von Gedächtnisstörungen, Störungen der Aufmerksamkeit,
Verarbeitungsgeschwindigkeit und der exekutiven Funktionen nachweisbar. Umso
75
bedeutsamer erscheinen vor diesem Hintergrund die sorgfältige Abwägung der
Therapieoptionen sowie die Aufklärung der Patienten vor einer Therapie mit
Hochdosis-Kortikoiden.
Zum Zeitpunkt des Beginns der vorliegenden Untersuchung lagen zur Wirkung der
Hochdosis-Kortikoidtherapie
auf
neuropsychologische
Funktionsparameter
nur
wenige Daten vor. Diese wiesen auf eine Reversibilität der festgestellten
Verschlechterung der deklarativen Gedächtnisleistung hin. Ein möglicher Dosiseffekt
war unklar bzw. nur an wenigen Patienten untersucht.
Durchgeführt
wurde
eine
explorative,
doppelblinde,
randomisierte
Dosisvergleichsstudie an 30 MS-Patienten. Eine umfangreiche testpsychologische
Untersuchung erfasste die ausführliche Evaluation des verbalen und nonverbalen
Arbeitsgedächtnisses, des deklarativen sowie des impliziten Gedächtnisses. Zudem
wurden
verschiedene
Aufmerksamkeitsmaße,
exekutive
Funktionen,
der
intellektuelle Status sowie Selbst- und Fremdeinschätzungen der psychischen
Befindlichkeit und der subjektiven Gedächtnisbeeinträchtigung erhoben. Zehn
unbehandelte Kontrollpersonen wurden zu zwei Testzeitpunkten untersucht.
Die vorliegende Untersuchung ergab eine dosisunabhängige, reversible, selektive
Verschlechterung im Abruf deklarativ-episodischer Gedächtnisinhalte unmittelbar
nach der Kortikoidtherapie. Eine zeitgleich mit dieser Untersuchung durchgeführte
Studie einer anderen Arbeitsgruppe mit ebenfalls 30 Patienten, jedoch ohne
Dosisvergleich, kam zu entsprechenden Ergebnissen mit Hinweisen auf eine frühe
Reversibilität der kognitiven Einschränkungen.
Die Untersuchungsergebnisse führen zu mehr Wissen und Sicherheit in der
Therapieplanung und Beratung von MS-Patienten bezüglich einer Kortikoidtherapie,
wobei weiter untersucht werden muss, ab welcher Dosis bzw. Einwirkungsdauer die
Reversibilität der Veränderungen evtl. nicht mehr gegeben ist.
76
6. Literaturverzeichnis
Allan K, Allen R. Retrieval attempts transiently interfere with concurrent encoding
of episodic memories but not vice versa. J Neurosci (2005) 25:8122-8130.
Amato MP, Ponziani G. A prospective study on the prognosis of multiple sclerosis.
Neurol Sci (2000) 21:831-838.
Amato MP, Zipoli V, Portaccio E. Cognitive changes in multiple sclerosis, Expert Rev
Neurother (2008) 8:1585-1596.
Arndt M, Kunert HJ, Saß H, Norra C. Kognitive Störungen nach akzidenteller hoch
dosierter Kortisontherapie. Nervenarzt (2004) 75:904-907.
Baddeley A. The concept of episodic memory. Philos Trans R Soc Lond B Biol Sci
(2001) 356:1345-1350.
Barnes D, McDonald WI. The ocular manifestations of multiple sclerosis. 2.
Abnormalities of eye movements. J Neurol Neurosurg Psychiatry (1992) 55:863-868.
Basso A, Spinnler H, Vallar G, Zanobio ME. Left hemisphere damage and selective
impairment of auditory verbal short-term memory. A case study. Neuropsychologia
(1982) 20:263-274.
Bennett-Levy J., Powell GE. The subjective memory questionnaire (SMQ). An
investigation into the self-reporting of “real-life” memory skills. Br J Clin Psychol
(1980) 19:177-188.
Benton AL. Der Benton Test. 5. Auflage. Hans Huber Verlag Bern, 1981.
Benton AL., de Hamsher KS. Multilingual aphasia examination. Manual revised,
University of Iowa, Iowa City, 1976.
Bergamaschi R. Prognostic factors in multiple sclerosis. Int Rev Neurobiol (2007)
79:423-447.
Bliss TV, Collingridge GL. A synaptic model of memory: long-term potentiation in the
hippocampus Nature (1993) 361:31-39.
Born J, Kern W, Fehm-Wolfsdorf G, Fehm HL. Cortisol effects on attentional
processes in man as indicated by event-related potentials. Psychophysiology (1987)
24:286-292.
Born J, Plihal W. Memory consolidation in human sleep depends on inhibition of
glucocorticoid release. Neuroreport (1999) 10:2741-2747.
Bourdeau I, Bard C, Forget H, Boulanger Y, Cohen H, Lacroix A. Cognitive function
and cerebral assessment in patients who have Cushing's syndrome. Endocrinol
Metab Clin North Am. (2005) 34:357-369.
77
Bremner JD, Narayan M, Anderson ER, Staib LH, Miller HL, Charney DS.
Hippocampal volume reduction in major depression. Am J Psychiatry (2000)
157:115-117.
Brønnum-Hansen H, Koch-Henriksen N. Stenager E. Trends in survival and cause of
death in Danish patients with multiple sclerosis. Brain (2004)127:844-850.
Brønnum-Hansen H, Stenager E, Nylev Stenager E, Koch-Henriksen N. Suicide
among Danes with multiple sclerosis.J Neurol Neurosurg Psychiatry (2005) 76:14571459.
Brown ES, Beard L, Frol AB. Rush AJ. Effect of two prednisone exposures on mood
and declarative memory. Nerobiol Learn Mem (2006) 86:28-34.
Brown ES, Denniston D, Gabrielson B, Khan DA, Khanani S, Desai S. Randomized,
double-blind, placebo-controlled trial of acetaminophen for preventing mood and
memory effects of prednisone bursts. Allergy Asthma Proc (2010) 31:331-336.
Brown ES, J Woolston D, Frol A, Bobadilla L, Khan DA, Hanczyc M, Rush AJ,
Fleckenstein J, Babcock E, Cullum CM. Hippocampal volume, spectroscopy,
cognition, and mood in patients receiving corticosteroid therapy. Biol Psychiatry
(2004) 55:538-545.
Brown ES, Vazques M, Nakamura A. Randomized, placebo-controlled, crossover
trial of memantine for cognitive changes with corticosteroid therapy. Biol Psychiatry.
(2008a) 64:727-729.
Brown ES, Wolfshohl J, Shad MU, Vazques M, Osuji IJ. Attenuation of the effects of
corticosteroids on declarative memory with lamotrigine. Neuropsychopharmacology
(2008b) 33:2376-2383.
Brück W. The pathology of multiple sclerosis is the result of focal inflammatory
demyelination with axonal damage. J Neurol (2005) 252:3-9.
Brunner R, Schaefer D, Hess K, Parzer P, Resch F, Schwab S. Effect of
corticosteroids on short-term and long-term memory. Neurology (2005) 64:335-337.
Calabrese P, Penner IK: Neuropsychologische Störungen bei MS. In: Calabrese P
(Hrsg) Multiple Sklerose und Kognition, Thieme Verlag, 2007, S. 2-9.
Chen L, Gordon LK. Ocular manifestations of multiple sclerosis. Current Opinion in
Ophthalmology (2005)16:315-320.
Ciccone A, Beretta S, Brusaferri F, Galea I, Protti A, Spreafico C. Corticosteroids for
the long-term treatment in multiple sclerosis. Cochrane Database Syst Rev (2008)
Jan 23:CD006264.
Colla M, Kronenberg G, Deuschle M, Meichel K, Hagen T, Bohrer M, Heuser I.
Hippocampal volume reduction and HPA-system activity in major depression. J
Psychiatr Res (2007) 41:553-560.
78
Coluccia D, Wolf OT, Kollias S, Roozendaal B, Forster A, de Quervain DJ.
Glucocorticoid therapy-induced memory deficits: acute versus chronic effects.J
Neurosci (2008) 28: 3474-3478.
Compson A, Coles A. Multiple Sclerosis. Lancet (2002) 359:1221-1231.
Corkin S. What`s new with the amnesic patient H.M.? Nature Reviews (2002) 3:153160.
Cummings JL. The Neuropsychiatric Inventory. Neurology (1994) 44:2308-2314.
Dalton CM, Chard DT, Davies GR, Miszkiel KA, Altmann DR, Fernando K, Plant GT,
Thompson AJ, Miller DH. Early development of multiple sclerosis is associated with
progressive grey matter atrophy in patients presenting with clinically isolated
syndromes, Brain (2004) 127:1101-110.
Eker C, GonulAS. Volumetric MRI studies of the hippocampus in major depressive
disorder: Meanings of inconsistency and directions for future research. World J Biol
Psychiatry (2010) 11:19-35.
Fazzito MM, Jordy SS, Tilbery CP. Psychiatric disorders in multiple sclerosis patients.
Arq Neuropsiquiatr (2009) 67:664-667.
Fierro B, Salemi G, Brighina F, Buffa D, Conte S, La Bua V, Piazza A, Savettieri G. A
transcranial magnetic stimulation study evaluating methylprednisolone treatment in
multiple sclerosis. Acta Neurol Scand (2002)105:152-157.
Fietta Pierluigi, Fietta Pieranna, Delsante G. Central nervous system effects of
natural and synthetic glucocorticoids. Psychiatry Clin Neurosci (2009) 63:613-622.
Fischer JS, Priore RL, Jacobs LD, Cookfair DL, Rudick RA, Herndon RM, Richert JR,
Salazar AM, Goodkin DE, Granger CV, Simon JH, Grafman JH, Lezak MD, O'Reilly
Hovey KM, Perkins KK, Barilla-Clark D, Schacter M, Shucard DW, Davidson AL,
Wende KE, Bourdette DN, Kooijmans-Coutinho MF. Neuropsychological effects of
interferon beta-1a in relapsing multiple sclerosis. Ann Neurol (2000) 48:885-892.
Flachenecker P, Hartung HP. Course of illness and prognosis of multiple sclerosis. 1:
The natural illness course, Nervenarzt (1996a) 67:435-443.
Flachenecker P, Hartung HP. Course of illness and prognosis of multiple sclerosis. 2:
Predictive value of clinical and paraclinical factors. Nervenarzt (1996b) 67:444-451.
Forget H, Lacroix A, Somma M, Cohen H. Cognitive decline in patients with
Cushing`s syndrome. J Int Neuropsychol Soc (2000) 6:20-29.
Frohman EM, Shah A, Eggenberger E, Metz L, Zivadinov R, Stüve O. Corticosteroids
for Multiple Sclerosis: I. Application for treating exacerbations. Neurotherapeutics
(2007) 4:618-626.
Goeb JL, Even C, Nicolas G, Gohier B, Dubas F, Garré JB. Psychiatric side effects of
interferon-beta in multiple sclerosis. Eur Psychiatry (2006) 21:186-193.
79
Gold R, Hemmer B, Wiendl H. DGN/KKNMS Leitlinie zur Diagnose und Therapie der
MS. Online-Version, Stand 12.04.2012.
GoodkinDE, Hertsgaard D, Rudick RA. Exacerbation rates and adherence to disease
type in a prospectively followed-up population with multiple sclerosis. Implications for
clinical trials. Arch Neurol (1989) 46:1107-1112.
Hautzinger M, Bailer M, Worall H, Keller F. Beck-Depressions-Inventar (BDI). Hans
Huber Verlag Bern, 1994.
Heim C, Nemeroff CB. Neurobiology of Posttraumatic Stress Disorder. CNS Spectr
(2009)14:13-24.
Hein T, Hopfenmüller W. Projection of the number of multiple sclerosis patients in
Germany. Nervenarzt (2000) 71:288-294.
Het S, Ramlow G, Wolf OT. A meta-analytic review of the effects of acute cortisol
administration on human memory. Psychoneuroendocrinology (2005) 30:771-784.
Hoffmann S, Tittgemeyer M, von Cramon DY. Cognitive impairment in multiple
sclerosis. Curr Opin Neurol. (2007) 3:275-280.
Horner HC, Packan DR, Sapolsky RM. Glucocorticoids inhibit glucose transport in
cultures hippocampal neurons and glia. Neuroendocrinology (1990) 52:57-64.
Jacobson L, Sapolsky R. The role of the hippocampus in feedback regulation of the
hypothalamic-pituitary-adrenocortical axis. Endocr Rev (1991) 12:118-134.
Jäger AO, Althoff K. Der Wilde-Intelligenz-Test (WIT). Ein Strukturdiagnostikum.
Deutsche Gesellschaft für Personalwesen e. V. Hogrefe Verlag, 1983.
José Sá M. Psychological aspects of multiple sclerosis. Clinical Neurology and
Neurosurgery (2008) 110:868-877.
Kantarci OH, Weinshenker BG. Natural History of Multiple Sclerosis. Neurol Clin
(2005) 23:17-38.
Keenan PA, Jacobson MW, Soleymani RM, Mayes MD, Stress ME, Yaldoo DT. The
effect on memory of chronic prednisone treatment in patients with systemic disease.
Neurology (1996) 47:1396-1402.
Kessler J, Denzler P, Markowitsch J. Demenz Test. Hogrefe Verlag, 2. Auflage,
1999.
Kirschbaum C, Wolf OT, May M, Wippich W, Hellhammer DH. Stress and treatmentinduced elevations of cortisol levels associated with impaired declarative memory in
healthy adults. Life Sci (1996) 58:1475-1483.
Klotz L, Gold R, Hemmer B, Korn T, Zipp F, Hohlfeld R, Kieseier BC, Wiendl H.
Diagnostik der Multiplen Sklerose 2010 Revision der McDonald-Kriterien.
Nervenarzt (2011) 82:1302-1309.
80
Koch-Henriksen N, Sørensen PS. The changing demograhic pattern of multiple
sclerosis epidemilology. Lancet Neurol (2010) 9:520-532.
Leary SM, Porter B, Thompson AJ. Multiple sclerosis: diagnosis and the
management of acute relapses, Postgrad Med J (2005) 81:302-308.
Li Y, Ji YJ, Jiang H, Liu DX, Zhang Q, Fan SJ, Pan F. Effects of unpredictable
chronic stress on behavior and brainderived neurotrophic factor expression in CA3
subfield and dentate gyrus of the hippocampus in different aged rats. Chin Med J
(2009)122:1564-1569.
Lublin FD, Reingold SC. Defining the clinical course of multiple sclerosis. Neurology
(1996) 46:907-911.
Lupien SJ, Gillin CJ, Hauger RL. Working memory is more sensitive than declarative
memory to the acute effects of corticosteroids: a dose-response study in humans.
Behav neurosci (1999) 113:420-430.
Lupien SJ, McEwen BS. The acute effects of corticosteroids on cognition: integration
of animal and human model studies. Brain Res Brain Res Rev (1997) 24:1-27.
Markowitsch HJ. Gedächtnis als zeitabhängiger Prozess. In: Markowitsch HJ.
Gedächtnisstörungen. Kohlhammer, 1999, S. 14-15.
Martinelli V, Rocca MA, Annovazzi P, Pulizzi A, Rodegher M, Martinelli Boneschi F,
Scotti R, Falini A, Sormani MP, Comi G, Filippi M. A short-term randomized MRI
study of high-dose oral vs intravenous methylprednisolone in MS. Neurology (2009)
22:1842-1848.
McEwen BS, De Kloet ER, Rostene W. Adrenal steroid receptors and actions in the
nervous system. Physiol Rev (1986) 66:1121-1188.
McEwen BS. Stress and hippocampal plasticity. Annu Rev Neurosci. (1999) 105-122.
Mechelli R, Annibali V, Ristori G, Vittori D, Coarelli G, Salvetti M. Multiple sclerosis
etiology: beyond genes and environmend. Expert Rev Clin Immunol (2010) 6:481490.
Michaud K, Forget H, Cohen H Chronic glucocorticoid hypersecretion in Cushing`s
syndrome exacerbates cognitive aging. Brain and Cognition (2009) 71:1-8.
Miller D, Compston A. The differential diagnosis of MS. In: Compston A (Hrg.)
McAlpine`s Multiple Sclerosis. Elsevier Churchill Livingstone New York, 2006, S.
389-437.
Milner B. Interhemispheric differences in the localization of psychological processes
in man. Br Med Bull (1971) 27:272-277.
Myhr KM, Mellgren SI. Corticosteroids in the treatment of multiple sclerosis. Acta
Neurol Scand Suppl (2009) 189:73-80.
81
Newcomer JW, Craft S, Hershey T, Askins K, Bardgett ME. Glucocorticoid-induced
impairment in declarative memory performance in adult humans. J Neurosci (1994)
14:2047-2053.
van Niekerk JK, Huppert FA, Herbert J. Salivary cortisol and DHEA: association with
measures of cognition and well-being in normal older men, and effects of three
months of DHEA supplementation. Psychoneuroendocrinology (2001) 26:591-612.
Oliveri RL, Sibilia G, Valentino P, Russo C, Romeo N, Quattrone A. Pulsed
methylprednisolone induces a reversible impairment of memory in patients with
relapsing-remitting multiple sclerosis. Acta Neurol Scan (1998) 97:366-369.
Oliveri RL, Valentino P, Russo C, Sibilia G, Aguglia U, Bono F, Fera F, Gambardella
A, Zappia M, Pardatscher K, Quattrone A. Randomized trial comparing two different
high doses of methylprednisolone in MS: a clinical and MRI study. Neurology (1998)
50:1833-1836.
Pittock SJ, Lucchinetti CF. The Pathology of MS: New insights and potential clinical
applications. The Neurologist (2007)13:45-56.
Polman CH, Reingold SC, Banwell B, Clanet M, Cohen JA, Filippi M, Fujihara K,
Havrdova E, Hutchinson M, Kappos L, Lublin FD, Montalban X, O'Connor P,
Sandberg-Wollheim M, Thompson AJ, Waubant E, Weinshenker B, Wolinsky JS.
Diagnostic criteria for multiple sclerosis: 2010 revisions to the McDonald criteria. Ann
Neurol (2011) 69:292-302.
Pugliatti M, Rosati G, Carton H, Riise T, Drulovic J, Vécsei L, Milanov I. The
epidemiology of multiple sclerosis in Europe. Eur J Neurol (2006) 13:700-722.
de Quervain DJ, Henke K, Aerni A, Treyer V, McGaugh JL, Berthold T, Nitsch RM,
Buck A, Roozendaal B, Hock C. Glucocorticoid-induced impairment of declarative
memory retrieval is associated with reduced blood flow in the medial temporal lobe.
Eur J Neurosci (2003) 17:1296-1302.
de Quervain DJ, Roozendaal B, Nitsch RM, McGaugh JL, Hock C. Acute cortisone
administration impairs retrieval of long-term declarative memory in humans. Nat
Neurosci (2000) 3:313-314.
Regard M, Strauss E, Knapp P. Five-Point Test (1982). In: Spreen O u. Strauss EA.
Compendium of neuropsychological tests: Administration, norms, and commentary.
NY. OxfordUniversity Press, 1998, S. 203-207.
Rogers JM, Panegyres PK. Cognitive impairment in multiple sclerosis: evidencebased analysis and recommendations. J Clin Neurosci (2007) 14:919-927.
Roodhooft JM. Ocular problems in early stages of multiple sclerosis Bull Soc Belge
Ophtalmol (2009) 313:65-68.
Roozendaal B. Stress and memory: opposing effects of glucocorticoids on memory
consolidation and memory retrieval. Neurobiol Learn Mem (2002) 78:578-595.
82
Sadovnick AD, Eisen K, Ebers GC, et al. Cause of death in patients attending
multiple sclerosis clinics. Neurology 1991;41:1193–1196.
Schacter DL, Alpert NM, Savage CR, Rauch SL, Albert MS. Conscious recollection
and the human hippocampal formation: Evidence from positron emission
tomography, Proc Natl Acad Sci USA. (1996) 93:321-325.
Schmidt KH, Metzler P. Wortschatztest (WST). Beltz Test GmbH, Weinheim, 1992.
Schmidt RM, Hoffmann F. Blasenstörungen. In: Schmidt/Hoffmann. Multiple
Sklerose. Urban & Fischer, 2002, S. 48.
Schmidtke K, Vommer H. Retrograde amnesia: a study of its relation to anterograde
amnesia and semantic memory deficits. Neuropsychologia (1997) 35:505-518.
Schüler S, Hoffmann F. Neurophysiologische Untersuchungen zur Diagnostik. In:
Schmidt/Hoffmann. Multiple Sklerose. Urban & Fischer, 2002, S. 162-180.
Schuri U. Lernen und Gedächtnis. In: von Cramon D, Ziehl J (Hrsg). Neuropsychologische Rehabilitation: Grundlagen, Diagnostik, Behandlungsverfahren,
Springer-Verlag, 1988, S. 215-274.
Scoville WB, Milner B. Loss of recent memory after bilateral hippocampal lesions. J
Neuropsychiatry Clin Neurosci (2000) 12:103-113.
Shapiro M. Plasticity, hippocampal place cells, and cognitive maps. Arch Neurol
(2001) 58:874-881.
Sheline YI, Sanghavi M, Minun MA et al. Depression duration but not age predicts
hippocampal volume loss in medically healthy women with recurrent major
depression. J Neurosci (1999) 19:5034-5043.
Solaro C, Messmer Uccelli M. Pharmocological management of pain in patients with
multiple sclerosis. Drugs (2010) 9:1245-1254.
Squire LR, Kandel ER. Das deklarative Gedächtnis. In: Gedächtnis: Die Natur des
Erinnerns. Spekturm Akademischer Verlag, 1999, S. 76-89.
Squire LR, Kandel ER. Ein synaptischer Speichermechanismus für das deklarative
Gedächtnis. In: Gedächtnis: Die Natur des Erinnerns. Spekturm Akademischer
Verlag, 1999, S. 120-137.
Squire LR, Memory and the hippocampus: a synthesis from findings with rats,
monkeys, and humans. Psychol Rev (1992) 99:195-231.
StarkmanMN, SchteingartDE. Hippocampal formation volume, memory dysfunction,
and cortisol levels in patients with Cushing`s syndrome. Biol Psychiatry (1992)
32:756-764.
Steidl G. Neufassung und Normierung des Münchner Verbalen Gedächtnistests.
Unveröffentliche Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität, München, 1999.
83
Swanton JK, Fernando K, Dalton CM, Miszkiel KA, Thompson AJ, Plant GT, Miller
DH. Modification of MRI criteria for multiple sclerosis in patients with clinically isolated
syndromes. J Neurol Neurosurg Psychiatry (2006) 77: 830-833.
Tewes U. Hamburg-Wechsler Intelligenztest für Erwachsene, Revision. Handbuch
und Testanweisung. Verlag Hans Huber, 1991.
Tintoré M. New options for early treatment of multiple sclerosis. J Neurol Sci (2009)
277:9-11.
Tumani H, Hartung HP, Hemmer B, Teunissen C, Deisenhammer F, Giovannoni G,
Zettl UK; BioMS Study Group. Cerebrospinal fluid biomarkers in multiple sclerosis.
Neurobiol Dis (2009) 35:117-127.
Uttner I, Müller S, Zinser C, Maier M, Süssmuth S, Claus A, Ostermann B, Elitok E,
Ecker D, Brettschneider J, Gold R, Tumani H. Reversible impaired memory induced
by pulsed methylprednisolone in patients with MS. Neurology (2005) 64:1971-1973.
Uttner I, Tumani H, Gold R. Einfluss von Immunsuppression und Immunmodulation
auf die Kognition. In: Calabrese P (Hrsg). Multiple Sklerose und Kognition. Thieme
Verlag, 2007, S. 10-17.
Varney NR, Alexander B MacIndoe JH. Reversible steroid dementia in patients
without steroid psychosis. Am J Psychiatry (1984) 141:369-372.
Vucic S, Burke D, Kiernan MC. Fatigue in multiple sclerosis: mechanisms and
management, Clinical Neurophysiology (2010) 121:809-817.
Warrington TP, Bostwick JM. Psychiatric adverse effects of corticosteroids, Mayo
Clin Proc (2006) 81:1361-1367.
Wiendl H, Kieseier BC, Gold R, Hohlfeld R, Bendszus M, Hartung HP. Revision der
neuen McDonald-Diagnosekriterien, Nervenarzt (2006) 77:1235-1245.
Wiendl H, Kieseier BC. Experimentelle Behandlungen. In: Wiendl H, Kieseier BC.
Multiple Sklerose. Kohlhammer, 2010, S. 106-110.
Wiendl H, Kieseier BC. Gegenwärtige Therapiestrategien. In: Wiendl H, Kieseier BC.
Multiple Sklerose. Kohlhammer, 2010, S. 80-106.
Wolf OT, Convit A, McHugh PF, Kandil E, Thorn EL, De Santi S, McEwen BS, de
Leon MJ. Cortisol differentially affects memory in young and elderly men. Behav
Neurosci (2001) 115:1002-1011.
Wolf OT. Stress and memory in humans: twelve years of progress? Brain Res (2009)
1293:142-154.
Wolkowitz OM, Burke H, Epel ES, Reus VI. Glucocorticoids: Mood, memory, and
mechanisms, Ann N Y Acad Sci (2009) 1179:19-40.
84
Wolkowitz OM, Reus VI, Canick J, Levin B, Lupien S. Glucocorticoid medication,
memory and steroid psychosis in medical illness. Ann NY Acad Sci (1997) 823:8186.
Zimmermann P,
Fimm B. Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP).
Herzogenrath: Psytest, 1993.
Zohar J, Juven-Wetzler A, Sonnino R, Cwikel-Hamzany S, Balaban E, Cohen H. New
insights into secondary prevention in post-traumatic stress disorder. Dialogues Clin
Neurosci (2011) 13:301-309.
85
Danksagung und Lebenslauf wurden aus Gründen des Datenschutzes entfernt.
Herunterladen