Fachkräfte für HighTech-Berufe Deutschlands Ressource für Innovationen Dr. Andreas Nitze, Geschäftsführender Gesellschafter Berliner Glas KGaA Herbert Kubatz GmbH & Co. Stellv. Vorsitzender des Vorstandes SPECTARIS e.V. Berlin, 5.2.2008 Inhalt Das Wachstumspotenzial Optischer Technologien Innovation und HighTech-Fertigung Firmenbeispiele zur Beschäftigtenstruktur Fachkräftemangel Bedarf an qualifizierten Fachkräften in der Industrie für Optische Technologien Unternehmensbeispiel Berliner Glas Wichtige Herausforderungen zur Beseitigung des Fachkräftemangels Technikbegeisterung Aus- und Weiterbildung in Deutschland Ausbildungsmaßnahmen der Unternehmen am Beispiel Feinoptiker Weiterbildungsmaßnahmen der Unternehmen Demographie Stärkere Einbindung weiblicher Fachkräfte Forderungen an die Politik Forderungen an die Unternehmen 2 1 Das Wachstumspotenzial Optischer Technologien Die Industrie für Strahlquellen und Optische Technologien ist durch ihren hohen Innovationsgrad eine Zukunftsbranche mit großem Potenzial: Weltmarktanteil Deutschland: ~ 8% teilweise bis zu 15 % Branchenumsatz Welt 2005: 210 Mrd. Euro +7,6 % p.a. Branchenumsatz Welt 2015: 439 Mrd. Euro Branchenumsatz Deutschland 2005: 16,3 Mrd. Euro +8,5 % p.a. Branchenumsatz Deutschland 2015: 37 Mrd. Euro Beschäftigte Deutschland 2005: 101.500 +3,5 % p.a. Beschäftigte Deutschland 2015: 142.900 Datenquelle: BMBF-Studie „Optische Technologien: Wirtschaftliche Bedeutung in Deutschland“ 3 Innovation und HighTech-Fertigung Ausgeprägte F&E-Intensität (F&E-Quote=10%) und HighTechFertigung führen zu hohen Qualifizierungsanforderungen Beispiel: Ein bedeutender Treiber der optischen Industrie ist die Halbleiterindustrie: Neue optische Werkstoffe erfordern neue ultrapräzise Bearbeitungsverfahren mit Genauigkeiten bis zur Atomlage Anspruchsvolle Optomechaniken mit Nanometer- Präzision Höchste Anforderungen an Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der optischen Systeme Neue optische Konzepte z.B. mit Hilfe von Mikrooptik Optische Leistung einer Stepperoptik ist so groß, dass sich damit der Inhalt der Bibel auf ein Haar schreiben lässt! ¾ Im Highend Bereich der Optikfertigung und im F&E-Bereich besteht die Belegschaft zu einem überwiegenden Anteil aus Natur- und Ingenieurwissenschaftlern. 4 2 Firmenbeispiel 1: Optische Messtechnik 230 Mitarbeiter, 34 Mio. € Umsatz Akademikeranteil: 43 % Ingenieure: 15 % Naturwissenschaftler: 23 % 18% 22% F&E Fertigung Andere: 5% Vertrieb/ Marketing 14% Nicht-Akademiker: 57 % 22% Facharbeiter: 19 % Verwaltung Sonstige 24% Auszubildende: 2% Andere: 36 % 4 % der Arbeitnehmer sind älter als 50 Jahre. Gesucht werden insbesondere Ingenieure für Konstruktion/Elektronik. Quelle: SPECTARIS e.V. 5 Firmenbeispiel 2: Lasersysteme/Mikrooptik 220 Mitarbeiter, 26 Mio. € Umsatz Akademikeranteil: 42 % Ingenieure: 25 % Naturwissenschaftler: 12 % Andere: 5% 11% 20% 6% Fertigung Vertrieb/ Marketing 13% Verwaltung Nicht-Akademiker: 58 % Facharbeiter: 12 % F&E Sonstige 50% Auszubildende: 3% Andere: 43 % 17 % der Arbeitnehmer sind älter als 50 Jahre. Gesucht werden insbesondere Ingenieure/Naturwissenschaftler für F&E, Produktion und Vertrieb. Quelle: SPECTARIS e.V. 6 3 Firmenbeispiel 3: Lasersysteme 218 Mitarbeiter, 63 Mio. € Umsatz Akademikeranteil: 51 % Ingenieure: 26 % Naturwissenschaftler: 20 % F&E 20% Andere: 5% Fertigung 39% Vertrieb/ Marketing Nicht-Akademiker: 49 % 23% Facharbeiter: 17 % 9% Verwaltung Sonstige 9% Auszubildende: 2% Andere: 30 % 19 % der Arbeitnehmer sind älter als 50 Jahre. Gesucht werden Ingenieure in der Konstruktion mit Berufserfahrung. Quelle: SPECTARIS e.V. 7 Fachkräftemangel Arbeitskräfte aus technischen Gruppen (MINT, Techniker, Meister) sind aus Sicht der Unternehmen sehr schlecht verfügbar. Gründe für mögliche Fachkräfteengpässe sind gemäß des Instituts der deutschen Wirtschaft, Köln nicht in einer fehlenden Qualifikation potenzieller Bewerber, sondern vielmehr in deren fehlender Verfügbarkeit zu sehen Seit dem Jahr 2003 hat sich die Verfügbarkeit technisch qualifizierter Arbeitskräfte deutlich verschlechtert. Für technische Qualifikationen wird von den meisten Unternehmen ein steigender Bedarf erwartet. Nicht besetzbare und zeitlich verzögert besetzte Vakanzen: Nicht besetzbare Stellen Verzögert besetzte Stellen Ingenieur- und Naturwissenschaften 73.288 20.439 Techniker 63.345 11.704 Meister 8.130 1.252 Jahresäquivalente Stellen 2006 Geschätzter Wertschöpfungsverlust durch nicht/nur verzögert besetzbare Fachkräftestellen: € 18,5 Mrd. ~ 0,8% des BIP Der Mangel an Fachkräften behindert die wirtschaftliche Entwicklung. Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft, Köln: Wertschöpfungsverluste durch nicht besetzbare Stellen beruflich Hochqualifizierter in der Bundesrepublik Deutschland, Oktober 2007 8 4 Fachkräftemangel Lt. VDI-Ingenieurstudie bleiben jeden Monat 25.000 Ingenieurstellen in Deutschland unbesetzt IFP/SPECTARIS-Studie 2007: 64 % der SPECTARIS-Mitglieder sehen den Fachkräftemangel als wichtigste Herausforderung in den nächsten 5- 10 Jahren Fachkräftemangel 64 % Internationalisierung 32 % Produktentwicklung Wachstum Kosten/Investitionen 25 % 23 % 23 % Wettbewerbsdruck 14 % Politische Situation Kundenorientierung 14 % 14 % Technologieverbesserung Erschließung neuer Märkte 9% 9% Qualitätssicherung 7% 7% Demographische Entwicklung 5% Forschung & Entwicklung Umstrukturierung 5% 27 % Sonstiges 0 10 20 30 40 50 60 Quellen: Studie IFP/SPECTARIS: Personalmanagement und Fachkräftemangel in den Unternehmen der optischen, medizinischen und mechatronischen Industrie 2007, VDI-Ingenieurstudie 2007 70 9 Bedarf an qualifizierten Fachkräften in der Industrie für Optische Technologien Zur Erhaltung der Innovationsfähigkeit besteht ein hoher Bedarf an ¾ Natur- und Ingenieurwissenschaftlern, insbesondere mit Wissen zur Optikauslegung, Konstruktion optischer Systeme ¾ Gut ausgebildeten Fachkräften der Fachrichtungen Feinoptik und Mechatronik Die fachliche Kompetenz dominiert derzeit noch weitere benötigte Kompetenzen, wie etwa: ¾ Teamfähigkeit ¾ betriebswirtschaftliches Denken ¾ Analytische Fähigkeiten ¾ Interkulturelle Kompetenz ¾ Führungskompetenz Es gibt einen Mangel an Fachkräften mit den für die OT-Branche benötigten Qualifikationen – Tendenz steigend. 10 5 Unternehmensbeispiel BERLINER GLAS Berliner Glas auf einen Blick Gründung: 1952 Produktionsfläche: 43.200 m² Mitarbeiter: Rund 950 Umsatz 2007: 120 Mio. EUR Unternehmenssitz: Berlin, 5 Tochterunternehmen Tochterunternehmen: SwissOptic AG Berliner Glas US Berliner Glas Schwäbisch Hall TEGLA GmbH Prinz Optics GmbH Umsatzentwicklung: 140 Mio. 120 Mio. 100 Mio. 90 Mio. 80 Mio. 70 Mio. 60 Mio. 50 Mio. 40 Mio. 2000 2002 2004 2006 2008 Quelle: Berliner Glas KGaA Herbert Kubatz GmbH & Co. 11 Unternehmensbeispiel Berliner Glas 2 Geschäftsbereiche: Technische Gläser Photonics Entwicklung Komponenten Baugruppen Systeme Display Glass Design Glass Glass for Devices Mitarbeiter: ca 620 Umsatz: 81 Mio € Mitarbeiter: ca. 280 Umsatz : ca. 39 Mio € Quelle: Berliner Glas KGaA Herbert Kubatz GmbH & Co. 12 6 Unternehmensbeispiel Berliner Glas Produkte Prozesse Umsatz nach Branchen Rest 19% Life Science 5% Display/ Projection 20% Halbleiter 35% Industrial Sensors 21% Quelle: Berliner Glas KGaA Herbert Kubatz GmbH & Co. 13 Unternehmensbeispiel Berliner Glas Qualifikationsanforderungen Entwicklung ¾ ¾ ¾ ¾ ¾ ¾ Optical Design Coating Design System Design CAD – Kombination Optik-Mechanik Messtechnik Fertigungstechnik / Prozesstechnik Kamera-Farbteilersystem Fertigungstechnik ¾ ¾ ¾ ¾ ¾ ¾ Material / Materialbearbeitung Polierprozesse mit Feinkorrektur (CCP, IBF, MRF) Vakuumtechnik / Coating-Prozesse CNC-Technik Klebe-/Füge-/Bondingtechnik Montagetechnik CNC-Bearbeitung Ionenstrahl-Bearbeitung Magneto-rheological-finishing Messtechnik ¾ Messtechnik für die Fertigung Vertrieb Management Rauhigkeitsmessgerät Interferometer Quelle: Berliner Glas KGaA Herbert Kubatz GmbH & Co. 14 7 BERLINER GLAS 500 Mitarbeiter, 57 Mio. € Umsatz Akademikeranteil: 20 % Ingenieure: 11 % Naturwissenschaftler: 5% Andere: 4% 7% 8% F&E 7% 4% Fertigung Vertrieb/ Marketing Verwaltung Nicht-Akademiker: 80 % Facharbeiter: 40 % Sonstige 74% Auszubildende: 5% Andere: 35 % 17 % der Arbeitnehmer sind älter als 50 Jahre. Gesucht werden insbesondere Ingenieure für CNC, Messtechnik, Produkt- und Technologieentwicklung. Quelle: Berliner Glas KGaA Herbert Kubatz GmbH & Co. 15 Wichtige Herausforderungen zur Beseitigung des Fachkräftemangels ¾ Technikbegeisterung fördern ¾ Aus- und Weiterbildung in Deutschland verbessern ¾ Demographie ¾ Stärkere Einbindung von Fachkräften 50+ ¾ Zuwanderung und Integration fördern ¾ Stärkere Einbindung weiblicher Fachkräfte Quelle: BDI/Dt. Telekom Stiftung: Innovationsindikator Deutschland 2007 16 8 Technikbegeisterung Bei der Technikbegeisterung hat Deutschland Nachholbedarf Technikbegeisterung muss als gesellschaftlicher Prozess verstanden und gefördert werden Quelle: BDI/Dt. Telekom Stiftung: Innovationsindikator Deutschland 2007 17 Aus- und Weiterbildung in Deutschland Maßnahmen zur Abmilderung des Fachkräftemangels müssen alle (Aus-) Bildungsebenen berücksichtigen Schon in der Ausbildung muss stärker auf mögliche Laufbahnen/Karrierewege technischer Berufe hingewiesen werden Es müssen frühzeitig entsprechend benötigte Kompetenzen vermittelt werden Notwendige Maßnahmen zur Abmilderung des Fachkräftemangels aus Sicht der (Gesamt-)Industrie: Quelle: BDI-Mittelstandspanel Herbst 2007 18 9 Ausbildungsmaßnahmen der Unternehmen am Beispiel Feinoptiker (1) Ergebnisse SPECTARIS-Umfrage zum Berufsbild des Feinoptikers: Steigerung der Arbeitsverträge für Feinoptiker/innen bei 10% für das Jahr 2007 46% der Unternehmen sehen weiter steigenden Bedarf an Facharbeitern der Feinoptik Die Schere zwischen Bedarf und Ausbildung öffnet sich immer weiter 67% der Firmen bewerten die Qualität der Ausbildung als gut, keine als schlecht Arbeitsgebiete sind klassische Produktionsaufgaben mit Anforderungen an grundlegenden Fähigkeiten. Zusätzliche Qualifikationen im Bereich der Qualitätssicherung und Messtechnik besonders wichtig Quelle: SPECTARIS-Umfrage 19 Ausbildungsmaßnahmen der Unternehmen am Beispiel Feinoptiker (2) Ergebnisse SPECTARIS-Umfrage zum Berufsbild des Feinoptikers: Basisqualifikationen wie Reinigungsverfahren und das Fügen (Kleben, Kitten), chemische Kenntnisse als Grundlage der Politurverfahren, Sonderoptiken, Beschichtungsverfahren, zonale Politurverfahren sowie Normen und Standards stehen im Fokus Wissenschaftlichere Bereiche, wie beispielsweise „exotische Materialien“ bleiben den akademischen Berufen vorbehalten Qualität der Ausbildung ist Voraussetzung für die Kommunikation mit den akademischen Mitarbeitern Quelle: SPECTARIS-Umfrage 20 10 Weiterbildungsmaßnahmen der Unternehmen Die Weiterbildung der Ingenieure dreht sich primär um fachliche Kompetenz Die Bereitschaft der Ingenieure, Weiterbildungsmaßnahmen selbst zu finanzieren, ist gering (Jahr 2007: 15 %) Bedarf (d. Ingenieure) und Angebot (d. Unternehmens) von Weiterbildungsmaßnahmen klaffen weit auseinander Es wird versäumt, den aktuellen Bestand an Ingenieuren zielgerichtet weiterzubilden. Quelle/Grafik: VDI-Ingenieurstudie 2007 21 Demographie Die demographische Entwicklung führt zu einer Verschärfung des Fachkräftemangels Die stärkere Einbindung älterer Arbeitnehmer ist dringend erforderlich – das Gegenteil ist der Fall Quelle/Abbildungen: VDI-Ingenieurstudie 2007, Statistisches Bundesamt 22 11 Stärke Einbindung weiblicher Fachkräfte Die stärkere Einbindung weiblicher Fachkräfte naturwissenschaftlichtechnischer Bereiche ist dringend erforderlich Bisher beträgt der Frauen-Anteil bei Ingenieuren nur 12 % Der Anteil von Hochschulabsolventinnen im naturwissenschaftlichtechnischen Bereich liegt in Deutschland bei 28 % Erforderlich ist die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen durch den Staat, aber auch durch die Unternehmen Quellen/Abbildung: VDI-Ingenieurstudie 2007, Innovationsindikator Deutschland 2007 23 Forderungen an die Politik Bildung Bildungsausgaben differenziert erhöhen; heute 5,2% vom BIP bei einem OECD-Durchschnitt von 5,8% Einschreibungszahlen für technische Studiengänge erhöhen, hohe Studienabbruchquoten abbauen Fertilität/Geburtenrate Mehr Frauen für naturwissenschaftlich-technische Berufe gewinnen und durch geeignete Rahmenbedingungen halten: Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern Migration Zuwanderung und Integration fördern: Auch andere Industrieländer stehen vor demografischem Wandel. Deutschland konkurriert daher um hochqualifizierte ArbeitsmigrantInnen und braucht Rahmenbedingungen, die es zu einem attraktiven Einwanderungsland machen. Quelle/Abbildung: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, iwd-Nr. 49 Dezember 2007 24 12 Forderungen an die Unternehmen Ausbildung/Weiterbildung Attraktive Ausbildungsmöglichkeiten anbieten und stets den neuen Anforderungen anpassen; Ausbildungsquote erhöhen Ältere integrieren und halten: Die Erhaltung und Weiterentwicklung der beruflichen Kompetenz älterer MitarbeiterInnen muss wieder stärker in den Vordergrund rücken. Flexibilität Flexibilität der Arbeitsstellen für Frauen erhöhen (Arbeitszeit, Teilzeit, < 100 % Stellen) Integration Integration von qualifizierten Ausländischen Mitarbeitern unterstützen und fördern Einstellungspolitik verstetigen Restriktive Einstellungspolitik und Entlassungen in den einschlägigen Teilarbeitsmärkten in der ersten Hälfte der 90er Jahre haben vor allem junge Männer (hochschulferner sozialer Schichten) nachhaltig verunsichert und zum drastischen Rückgang der Studienanfängerzahlen im Maschinenbau geführt 25 13