5. Das Standardmodell der realen Außenhandelstheorie 1) Ricardo-Modell: komparativer Vorteil als Ursache der Spezialisierung; keine Aussagen über die Einkommensverteilung. 2) Das modifizierte Ricardo-Modell: gut geeignet für die Analyse der Einkommensverteilung, jedoch weniger für die Analyse der Handelsstruktur (kurze Frist). 3) Das Heckscher-Ohlin-Modell: Abhängigkeit der Außenhandelsstruktur von der Faktorausstattung bei intersektoral mobilen Produktionsfaktoren. Untersuchung der Effekte des Außenhandels auf die Einkommensverteilung möglich (lange Frist). 1 Allgemeineres Modell mit folgenden Gemeinsamkeiten der drei bisher diskutierten Modelle: • Die Produktionskapazität eines Landes wird durch die Transformationskurve repräsentiert. Unterschiede im Verlauf der Transformationsfunktion begründen den Außenhandel. • Die Transformationsfunktion bestimmt die relative Angebotsfunktion eines Landes. • Das Außenhandelsgleichgewicht wird durch die relative Weltnachfrage- und Weltangebotskurve bestimmt. 2 5.1 Die Formulierung des Standardmodells • 2 Güterfall (Nahrungsmittel und Textilien) • Formulierung durch den relativen Preis und die relative Nachfrage- und relative Angebotskurve; Weltnachfrageund Weltangebotskurve • Terms of Trade (Verhältnis von Exportpreis zu Importpreis) und Wohlfahrt • Konkav gekrümmten Transformationsfunktion (TT); die realisierte Ouputkombination hängt vom relativen Preis (PC/PF) ab. 3 • Liegen speziell keine Distorsionen (durch Monopole oder anderes Marktversagen) vor, produziert eine Volkswirtschaft effizient, d.h. sie maximiert bei gegebenen relativen Preisen den Wert des Outputs (PCQC+PFQF). • Isovalue-Kurven: – Konstanter Wert der Produktion – Steigung: -PC/PF – Die höchste Isovalue-Kurve, welche noch Punkte der Transformationsfunktion enthält (tangiert), maximiert bei gegebenem Preisverhältnis den Wert des Outputs. 4 Eine Erhöhung des relativen Preisverhältnisses führt zu einer Erhöhung der Produktion jenes Produktes, dessen Preis relativ gestiegen ist. Fig. 5-1: Die Bestimmung des Outputs durch die relativen Preise Fig. 5-2: Der Effekt einer Änderung des relativen Preisverhältnisses auf den Output 5 • Der Wert des Produktion muss jenem des Konsums entsprechen, d.h. die Handelsbilanz muss ausgeglichen sein: Der Produktionspunkt und der Konsumpunkt müssen auf derselben Isovalue-Kurve liegen: PCQC + PF QF = PC DC + PF DF = V • Durch Außenhandel kann eine höhere Indifferenzkurve erreicht werden. • Die Wohlfahrt des betrachteten Landes steigt, – weil es Textilien exportiert, die im Vergleich zur Autarkie relativ teurer geworden sind. – weil für jedes gegebene Exportvolumen Nahrungsmittel günstig importiert werden können . 6 Fig. 5-3: Produktion, Konsum und Außenhandel im Standard Modell 7 Fig. 5-4: Veränderung des Außenhandelsgleichgewichts bei Erhöhung von PC/PF 8 Zwei Effekte einer Erhöhung des rel. Preisverhältnisses (Verbesserung der Terms of Trade: • Die Produktion von Textilien (Exportgut) steigt und jene von Nahrungsmitteln (Importgut) fällt. • Der Konsum von Nahrungsmitteln nimmt zu, während jener von Textilien zurückgeht. • Die Erhöhung des relativen Weltmarktpreises (PC/PF) bedeutet für das betrachtete Land eine Verbesserung der Terms of Trade (es ist Exporteur von Textilien) und damit eine Erhöhung seiner Wohlfahrt. Umgekehrt sinkt Wohlfahrt eines Landes, das Nahrungsmittel exportiert. • Wir halten wir fest, die relative Weltnachfrage- und Weltangebotskurve determinieren die Terms of Trade.9 5.2 Wirtschaftswachstum und Außenhandel • Auswirkungen des Wachstums eines Handelspartners auf die Wohlfahrt eines Landes; häufige Argumente: – Schnelles Wachstum der Handelspartner vergrößern die Exportmärkte. – Der Wettbewerbsdruck für die Exportindustrie steigt. • Ähnliche Effekte von Wirtschaftswachstum im betrachteten Land selbst. – Die Ausweitung der Kapazitäten ist bei großen Exportabsatzmärkten wertvoller. – Die Handelspartner profitieren, weil für sie die Terms of Trade günstiger werden. 10 • Wirtschaftswachstum durch technischen Fortschritt verschiebt die Transformationskurve nach außen. • Technischer Fortschritt ist meist nicht neutral, sondern wirkt in bestimmten Sektoren stärker als in anderen. • Wenn das betrachtete Land groß ist und seine Terms of Trade beeinflussen kann, ändert der technische Fortschritt in einem Land auch die Weltmarktpreise. • Annahme: Der technische Fortschritt ist in der Textilindustrie stärker, d.h. im Inland erhöht sich bei gegebenen Terms of Trade der relative Output der Textilindustrie. • Für die Welt insgesamt verschiebt sich die relative Angebotsfunktion nach rechts. 11 Fig. 5.5: Nicht neutraler Technischer Fortschritt Bias in Richtung der Textilindustrie Bias in Richtung der Nahrungsmittelindustrie 12 Fig. 5-6: Nicht-neutraler Technischer Fortschritt und das relative Angebot Bias in Richtung der Textilindustrie Bias in Richtung der Nahrungsmittelindustrie 13 • Für die Terms of Trade ist es unerheblich in welchem Land der technische Fortschritt stattfindet. Wesentlich ist, bei welchem Gut der technische Fortschritt relativ stärker ist. • Liegt ein Bias in Richtung des Exportprodukts vor (z.B. Textilien im Inland), so wird dies als "export-biased growth" und andernfalls "import-biased growth" bezeichnet. • "Export-biased growth" verschlechtert die Terms of Trade des Exportlandes, während "import-biased growth" sie verbessert. 14 • Insgesamt verschlechterten sich die Terms of Trade der Industrieländer in der Periode 1970-1997 um 6%. • K.O.: Die resultierende Reduktion des realen Einkommens der Industrieländer war marginal (1.1% für die gesamte Periode). Der zunehmende Wettbewerb durch die NICs hatte für Industrieländer keine starken realen Einkommenswirkungen. Fig. E3-7: Die Terms of Trade der Industrieländer 19701997 15 5.3 Zölle und Exportsubventionen • Importzölle u. Exportsubventionen beeinflussen die Terms of Trade (jedoch nicht Hauptmotiv, siehe Kapitel 8ff). • Durch Zölle werden Importe relativ teurer. Exportsubventionen geben den Produzenten einen Incentive mehr und zu günstigeren, weil subventionierten, Preisen zu exportieren. • Zu internen Preisen wird ein Produkt "hinter den Zollschranken" innerhalb eines Landes gehandelt. • Zu externen Preisen wird ein ein Produkt am Weltmarkt gehandelt. Die Terms of Trade beziehen sich auf externe Preise, weil sie ein Maß dafür sind, wieviel für jede exportierte Einheit importiert werden kann. 16 • Annahme: Das Inland belastet die Nahrungsmittelimporte mit einem 20%-Zoll. – Zunächst steigt der interne relative Preis von Nahrungsmitteln im Inland bzw. jener von Textilien sinkt. – Die inländischen Konsumenten werden weniger Nahrungsmittel und mehr Textilien konsumieren. – Das Anbot von Textilien sinkt relativ zu jenem der Nahrungsmittel, weil sich die Produzenten am neuen, internen relativen Preis orientieren. • Für die Welt als ganzes bedeutet dies ein Verschiebung der RD-Kurve nach rechts (bzw. oben) und der RS-Kurve Kurve nach links (bzw. oben). 17 • Der relative Weltmarktpreis steigt von (PC/PF)1 auf (PC/PF)2. • Durch den Zoll verbessern sich die Terms of Trade des Inlandes (auf Kosten des Auslands). • Die Größe dieses Terms of Trade-Effekts hängt von der Landesgröße ab. Kleine Länder können die Terms of Trade kaum beeinflussen, für große Länder wie den USA wird der Effekt eines 20%-Zolls auf 15% geschätzt. 18 Fig. 5-8: Der Effekt eines Zolls auf die Terms of Trade Fig. 5-9: Der Effekt einer Exportsubvention auf die Terms of Trade 19 • Exportsubventionen führen zum gegenteiligen Ergebnis. Z.B. bewirkt eine 20%- Subventionen der Textilexporte des Inlands, – dass der interne relative Preis von Textilien höher als der Externe (Subventionierte) ist. – Im Inland werden die Konsumenten relativ mehr Nahrungsmittel nachfragen. – Die Produzenten werden relativ mehr Textilien produzieren. • Die resultierende Verschiebung der RS-Kurve nach rechts und der RD-Kurve nach links führt zu einer Verschlechterung der Terms of Trade des Inlandes. 20 • Internationale Verteilung des Einkommens: – Die Terms of Trade Verbesserung des Inlands durch den Zoll erfolgt auf Kosten des Auslands, dessen Wohlfahrt sinkt. – Für das Inland ist der Wohlfahrtseffekt nicht eindeutig (siehe Kapitel 8ff), weil durch den Zoll eine Distorsion (Verzerrung) der Incentives der Konsumenten u. Produzenten entsteht, welche zu Wohlfahrtsverlusten führt. – Die Wohlfahrtsgewinne durch die Terms of TradeVerbesserung können die Wohlfahrtsverluste durch die Distorsion übersteigen, wenn der Zoll nicht zu groß ist. (Der Optimalzoll maximiert die Nettowohlfahrtseffekt). 21 • Durch die Exportsubvention verschlechtern sich die Terms of Trade; zusätzliche Distorsion; das Inland verliert jedenfalls; das Ausland gewinnt. • Interne Verteilung des Einkommens: – Ein Zoll erhöht den internen rel. Preis des Importguts (direkter Effekt) und begünstigt jene Produktionsfaktoren, die spezifisch in diesem Sektor eingesetzt werden oder die intensiv in diesem Sektor verwendet werden. – Als indirekter Effekt ergibt sich der entgegenwirkende Terms of Trade-Effekt . – Im unwahrscheinlichen Extremfall (Metzler-Paradoxon) ist der Terms of Trade Effekt sogar größer. 22