A Fachbereich Mathematik Prof. Dr. Thomas Streicher Peter Lietz Alexander Rohr TECHNISCHE UNIVERSITÄT DARMSTADT Sommersemester 2001 25. Juni 2001 Einführung in die Logik für Informatiker Neuntes Übungsblatt Präsenzübungen Skript Abschnitte II.2 bis II.4 (P 24) Interpretation prädikatenlogischer Formeln Gegeben sei die prädikatenlogische Formel A :≡ ∀ x. ∃ y. ∃ z. P (x, y) ∧ P (z, y) ∧ P (x, z) → P (z, x) . In welchem der folgenden Modelle gilt A? (a) Das Modell M besteht aus der Menge DM aller natürlichen Zahlen und der Relation M P := (m, n) | m < n . 0 (b) Das Modell M besteht ausder Menge DM0 aller natürlichen Zahlen und der Relation M0 P := (m, 2m) | m ∈ DM0 . (c) Das Modell M00 besteht aus der Menge DM00 aller natürlichen Zahlen und der Relation 00 P M := (m, n) | m > n . (P 25) Konstruktive und nicht-konstruktive Beweise (a) Untersuche die folgenden beiden Beweise daraufhin, ob sie Tertium non datur oder Reductio ad absurdum verwenden. Sind sie in diesem Sinne also klassisch oder intuitionistisch? √ √ Behauptung: 2 ist irrational, d. h. 2 ∈ / Q. √ √ Beweis: Wäre 2 ∈ Q, so gäbe es teilerfremde ganze Zahlen m und n mit 2 = m . Wir n schließen √ 2 2= m =⇒ 2 = m =⇒ 2n2 = m2 =⇒ 2 teilt m2 n n2 =⇒ 2 teilt m =⇒ 4 teilt m2 =⇒ 2 teilt n2 =⇒ 2 teilt n. √ Also sind m und n nicht teilerfremd; ein Widerspruch. Daher gilt 2 ∈ / Q. Behauptung: ld 9, der Logarithmus von 9 zur Basis 2, ist irrational. und n 6= 0. Wir Beweis: Wäre ld 9 ∈ Q, so gäbe es ganze Zahlen m und n mit ld 9 = m n schließen m n ld 9 = =⇒ n ld 9 = m =⇒ ld(9n ) = m =⇒ 2ld(9 ) = 9n = 2m n Weil 9 und 2 teilerfremd sind, folgt n = m = 0 im Widerspruch zur n 6= 0. Daher gilt ld 9 ∈ / Q. (b) Betrachte die folgenden zwei Beweise der Aussage: Es gibt zwei irrationale Zahlen a und b, für die ab eine rationale Zahl ist. √ √2 Beweis 1: Die Zahl 2 ist entweder rational oder irrational. Falls sie rational ist, so wähle √ √ √2 √ ich a = b = 2 bin fertig. Andernfalls setze ich a = 2 und b = 2. Dann gilt: ab = Beweis 2: Ich setze a = √ √ 2 2 √ 2 = √ √ √ ( 2· 2) 2 = √ 2 2 =2∈Q √ 2 und b = ld 9; beides sind irrationale Zahlen. Es gilt: √ ld 9 √ ld(32 ) √ (2 ld 3) √ 2 ld 3 ab = 2 = 2 = 2 = 2 = 2ld 3 = 3 ∈ Q Welcher der beiden Beweise ist konstruktiv (= intuitionistisch), welcher klassisch? Welche Vor- und Nachteile haben die gezeigten Beweismethoden? (P 26) Interpretationsfunktion für die Prädikatenlogik Es sei M eine L-Struktur. Definiere durch Rekursion über den Aufbau prädikatenlogischer Formeln analog zu Definition I.3.6 (Interpretationsfunktion für aussagenlogische Formeln) eine Interpretationsfunktion für prädikatenlogische Formeln J·KM : Fm(L) → BValM , welche zur Tarskischen Wahrheitsdefinition II.3.2 in dem Sinne äquivalent ist, daß gilt JAKM v = tt genau dann, wenn |=M,v A. Hausübungen Skript Abschnitte II.2 bis II.4 Abgabe in den Übungen am 2. Juli 2001 (H 28) Korrektheit des Natürlichen Schließens Es sei L eine Sprache erster Stufe mit einem nullstelligen Prädikatensymbol L und einem einstelligen Prädikatensymbol P . Zeige, daß folgende prädikatenlogische Sequenz im klassischen Kalkül des Natürlichen Schließen nicht herleitbar ist: ∀ x. P (x) → L ` ∀ x. P (x) → L (H 29) Belegungen Zeige durch Induktion über den Aufbau von Termen und Formeln folgendes Lemma, welches ein hinreichendes Kriterium dafür liefert, wann eine Formel unter zwei unterschiedlichen Belegungen gleich interpretiert wird. Lemma 3.4 Sei L = (F, P, ar ) eine Sprache erster Stufe, M eine L–Struktur und A ∈ Fm(L) eine Formel. Weiter seien v1 , v2 ∈ ValM Belegungen, so daß für jede in A frei vorkommende Variable x gilt v1 (x) = v2 (x). Dann gilt |=M,v1 A genau dann, wenn |=M,v2 A gilt. Bitte wenden! (H 30) Semantische Folgebeziehung (a) Ist T eine Menge prädikatenlogischer Formeln einer Sprache L erster Stufe, so bezeichnen wir mit Thm(T ) die Menge all der prädikatenlogischen Formeln, welche in allen Modellen wahr sind, in denen alle Formeln aus T wahr sind. Wir nennen Thm(T ) die von T erzeugte Theorie. Man könnte nun vermuten, daß für jede prädikatenlogische Formel A der Sprache L die Aussagen A ∈ Thm(T ) und T |= A äquivalent sind. Zeige, daß dies nicht der Fall ist, wenn L wenigstens ein Prädikatensymbol P mit Stelligkeit ar(P ) ≥ 1 besitzt. Hinweis: Wir nennen eine Formel geschlossen oder einen Satz, wenn sie keine freien Variablen enthält. Betrachte den Fall, daß T Formeln enthält, die nicht geschlossen sind. (b) Zeige unter Verwendung von Lemma 3.4, daß für jede Sprache erster Stufe, jede prädikatenlogische Formel A und jede Menge T von geschlossenen prädikatenlogischen Formeln genau dann T |= A gilt, wenn A in Thm(T ) enthalten ist. (H 31) Substitutionslemma Zeige das folgende Lemma durch Induktion über den Aufbau von Termen und Formeln. Lemma 3.5 (Substitutionslemma) Sei M eine L–Struktur, A ∈ Fm(L) eine Formeln, x ∈ Var t ∈ Tm(L) ein Term und v ∈ ValM eine Belegung. Setzen h eine Variable, . i M wir v 0 := v JtK v x , so gilt |=M,v A[t/x] genau dann, wenn |=M,v0 A.