CO2 Kompensation mit Bäumen im Benin Eliane Graf, Franziska Kaguembèga-Müller, Dr. Jean-Pierre Sorg; Zürich/Ouagadougou Wir fahren täglich mit dem Auto zur Arbeit und wir fliegen in die Ferien oder zu einer Konferenz. Der eine oder andere wird vielleicht ein etwas schlechtes Gewissen dabei haben und sich fragen wie hoch dabei die CO2-Emissionen sind. Man kann seine persönlichen CO2-Emissionen aber auch freiwillig kompensieren, indem man zum Beispiel einen höheren Preis für sein Flugticket bezahlt. Dieses Geld wird dann investiert in Projekte mit denen CO2-Emmissionen reduziert werden. newTree ist eine Schweizer Organisation, die unter anderem dieses Ziel verfolgt. Mit Geld aus dem CO2-Zertifikatsverkauf finanzieren sie neue natürliche Wiederbewaldungen hauptsächlich in Burkina Faso, aber auch in Eritrea und in Benin. Problematik und Zertifikathandel Die Verbrennung fossiler Energieträger und die Zerstörung grosser Waldflächen beeinflussen seit Beginn der Industrialisierung durch die Emission von Treibhausgasen das Klima. Zwischen 1990 und 2004 haben die globalen anthropogenen Treibhausgasemissionen von 39.4 auf 49 Gt CO2-Aequivalente pro Jahr zugenommen [8]. In den vergangenen Jahrzehnten beobachtete man infolgedessen eine globale Erwärmung der Atmosphäre. Der Klimawandel hat eine Vielzahl und Auswirkungen auf den Wasserhaushalt (Meeresspiegelanstieg, Wasserknappheit, vermehrte Überschwemmungen), die Ökosysteme, Landwirtschaft und Gesundheit des Menschen. Im Jahre 1997 wurde zum Ziel des Klimaschutzes das Kyoto-Protokoll beschlossen und 2005 in Kraft gesetzt. Ziel ist die Reduktion des jährlichen Treibhausgas-Ausstosses mittels verbindlichen Zielwerten. Wälder sind CO2-Speicher und Teil des natürlichen CO2-Kreislaufes. Werden Wälder abgeholzt oder viel Holz verbrannt entsteht eine CO2-Quelle. Es wird davon ausgegangen, dass zwischen 20 und 30% der zusätzlichen CO2-Belastung in der Atmosphäre durch grossflächige Waldzerstörungen, vor allem in den Tropen und Subtropen verursacht werden [11]. Aufforstungen, sowie eine nachhaltige Bewirtschaftung und Nutzung von Holz, leisten deshalb einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Bäume und Wälder entziehen der Atmosphäre CO2 und werden zu CO2-Senken. Es ist zur Zeit die wichtigste Möglichkeit bereits emittiertes CO2 der Atmosphäre zu entziehen, alle anderen Massnahmen führen nur zu einer Verlangsamung des Anstiegs der atmosphärischen CO2-Konzentration. Das Potential dieser CO2-Senke ist nicht unbegrenzt jedoch noch lange nicht ausgeschöpft. Die Berücksichtigung von Wald im internationalen Emissionshandel resp. deren Bedingungen sind diskussionsreich. Das Kyoto-Protokoll erlaubt Industrieländern, einen Teil ihrer Kohlendioxid-Emissionen durch die Finanzierung von Wiederbewaldungen und Aufforstungen in Entwicklungsländern zu mindern (Clean Development Mechanism - CDM). Gefordert sind jedoch strenge Kriterien, damit diese Projekte als Klimaschutzmassnahmen anerkannt werden. Ein CDM-Projekt lohnt sich aufgrund relativ hoher Kosten für Validierung und Registrierung zudem erst ab höheren Einsparungen, es dominieren also die Grossprojekte [3]. Viele Kleinprojekte können aber ebenso effektiv sein in Bezug auf Nachhaltigkeit und CO2Einsparung. Das Projekt newTree Die Schweizer NGO newTree arbeitet hauptsächlich in Burkina Faso. Seit 2003 hilft newTree dort den Bauern mit soliden Metallzäunen die Vegetation zu schützen (vor allem gegen Ziegenverbiss), damit wieder ein lokaler Mischwald entstehen kann. Insgesamt wachsen nun dank newTree 481 ha Dorfwälder geschützt heran. Hauptziel von newTree ist die Verbesserung der Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung. Die natürlichen Wiederbewaldungen mit einheimischen und angepassten Baumarten tragen dazu bei, dass Böden fruchtbarer und vor Erosion geschützt werden. Die Flächen bieten zudem verschiedene Produkte wie Holz, Heu oder Früchte, welche zu neuen Einkommensquellen für die Bevölkerung werden oder dem Selbstverbrauch dienen. newTree fördert auch die Verbreitung von effizienten, verbesserten Kochstellen zur Verminderung des Holzverbrauchs. Die dadurch verminderten CO2-Emissionen sollen als CDM-Projekt zertifiziert werden. [10] Seit 2006 unterstützt newTree zudem ein Pilotprojekt für Wiederbewaldung in Eritrea. Im Rahmen dieses Projektes wurden seither 41 geschützte Parzellen mit einer Fläche von 60 Hektaren realisiert. [10] Im nördlichen Benin arbeitet newTree seit 2001 gemeinsam mit der lokalen Partnerorganisation Jura-Afrique. Diese gründete eine grosse Anzahl von Baumschulen (siehe Abbildung 1) und pflanzt seit 1992 Bäume zusammen mit der Bevölkerung. Auf Basis der Pflanzungen in Benin verkauft newTree CO2Absorptions-Zertifikate für die freiwillige Kompensation in der Schweiz. Der Erlös aus dem Verkauf wird in neue Wiederbewaldungen investiert. Ziel des Projektes ist es also auch mit den Baumpflanzungen einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. [7] Cashewnüsse bringen Geld für die Bauern Benin ist ein Entwicklungsland, beim Human Development Index (Wohlstandsindikator) steht das Land auf dem 134. Platz von 169. Entsprechend ist die Bevölkerung arm, das BIP steht bei 692 US$, 37% der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze (FGT Armutsmass). Lebensgrundlage für 90% der Bevölkerung ist die Landwirtschaft [9]. Während der Trockenzeit sind grosse Gebiete im Norden Benins von Buschfeuern betroffen (siehe Abbildung 2). Das Legen von Feuern ist einerseits eine traditionelle Methode um Felder für den Ackerbau vorzubereiten. Feuer wird aber auch zur Jagd gelegt um Wildtiere aus ihren Verstecken zu treiben. Viehzüchter legen Feuer um trockene harte Gräser zu verbrennen und einen erneuten Austrieb von jungen frischen Gräsern zu beschleunigen. Aufgrund der ansteigenden Bevölkerung stellen die vermehrten Buschfeuer ein zunehmendes Problem dar im Hinblick auf Bodendegradierung, Nährstoffkreislauf, Vegetationszusammensetzung und CO2Haushalt. Dagegen können Baumpflanzungen und Aufforstungen helfen. Bäume tragen zur Bodenverbesserung bei, dienen als Schutz vor Erosion, Wind und Sonne. Die Wiederbewaldung von Wasserläufen schützt vor dem Versiegen während der Trockenzeit. Zudem haben die Bäume eine hohe Bedeutung für die lokale Bevölkerung, da Früchte geerntet werden können sowie Holz zum Bauen oder Kochen verwendet werden kann. Sehr beliebt sind Cashew-Pflanzungen (Anacardium occidentale L.), da die Nüsse einen hohen Marktwert haben (siehe Abbildung 3). In diesem Sinne trägt das Projekt von newTree wesentlich zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bauern bei. Baumzählung 2010 Im Jahre 2010 führte newTree eine Baumzählung ihrer Pflanzungen in Benin durch [7]. Hauptziel war die Bestimmung des Zuwachses an Biomasse, resp. der Menge CO2, die seit 2003 von den Pflanzungen absorbiert wurde. Die resultierende Menge CO2 liefert eine verifizierte Basis für den Verkauf der Zertifikate in der Schweiz. Im Jahre 2003 hat newTree bereits eine erste Baumzählung durchgeführt. Als Methode für die Baumzählung kam eine Vollzählung der Pflanzungen zur Anwendung. Für jede Pflanzung wurde die Anzahl Bäume gezählt sowie für eine repräsentative Stichprobe die Kriterien wie Baumhöhe, Durchmesser etc. gemessen. Für die Berechnung der CO2- Absorption musste das Baumvolumen ermittelt werden. Die Volumenberechnung erfolgt anhand der verschiedenen aufgenommenen Parameter, wie Durchmesser und Höhe. Die Beziehung zwischen diesen Parametern und dem gesamten oberirdischen Biomassevolumen ist relativ komplex. Deshalb wurden zum Vergleich mehrere Berechnungsmethoden ([2], [4], [5], [6], lokale Regression) verwendet und ein Mittelwert für die Analyse gerechnet. Die Baumzählung 2010 erfasste 533 Pflanzungen und 36’011 Bäume gezählt (siehe Abbildung 4). Die Studie kommt zum Schluss, dass die CO2-Absorption der Baumpflanzungen zwischen dem Jahre 2003 und 2010 insgesamt rund 5’100 t CO2, im Durchschnitt also 730 t CO2/Jahr beträgt. Vom Beginn der Aktivitäten im Jahre 1992 bis zur ersten Baumzählung 2003 ist so viel Biomasse gewachsen, dass ungefähr 800 t CO2 absorbiert wurden. Die Baumzählung 2010 ergibt dazu im Vergleich eine relativ hohe CO2-Absorption der Pflanzungen, denn die Menge absorbiertes CO2 hat seit 2003 um ein Vielfaches von rund 800 Tonnen auf 5’900 Tonnen CO2 zugenommen. Dies lässt sich damit erklären, dass die Baumpflanzungen noch relativ jung sind und dass generell der Volumenzuwachs bei Bäumen zu Beginn stark zunimmt, dann bei einem bestimmten Alter kulminiert und wieder abnimmt [1]. Schlussfolgerungen Es handelt sich bei den Baumpflanzungen in Benin um ein kleines Projekt. Der Aufwand für die Kyoto-Zertifizierung wäre gross und die Zertifikate werden daher im Rahmen der freiwilligen Kompensation in der Schweiz verkauft. Die Baumzählung 2010 dient hierbei als Verifizierung zu Handen der Käufer von Zertifikaten. Global gesehen hat dieses Projekt einen kleinen Einfluss auf die CO2-Einsparung. Es kann jedoch mit wenig Mitteln viel erreicht werden: nicht nur für den Klimaschutz aber insbesondere auch für die Lebensumstände der Bevölkerung. Von der CO2 Bilanz her gesehen können mit den 5’100 t CO2 rund 35 Mio. Kilometer Autofahrt (Annahme Verbrauch 6 l/100 km) oder 2’000 Flüge Zürich - New York hin und zurück (1 Flug = 2,558 t CO2) kompensiert werden. Eine Tonne CO2 kostet bei newTree 100 CHF, ein Flug Zürich – New York hin und zurück kostet folglich 260.- CHF [10]. Die Kompensationsgelder von total rund 520’000 CHF fliessen wiederum in den Schutz von bestehenden und in neue natürliche Wiederbewaldungen von newTree. Literatur [1] Bachmann, P. (2011). Skript Waldwachstum I/II. Volumen. Professur Forsteinrichtung und Waldwachstum ETH Zürich. URL http://www.wsl.ch/forest/waldman/vorlesung/ww_tk36.ehtml (27.02.2011) [2] Brown, S. (1997). Estimating biomass and biomass change of tropical forests. A primer. FAO Forestry Paper 134. FAO, Rome [3] CDM (2011). CDM in Numbers, URL http://cdm.unfccc.int/ [4] Chave, J. et al. (2005). Tree allometry and improved estimation of carbon stocks and balance in tropical forests. Oecologia 145: 87–99. [5] Dawkins, H.C. (1961). Estimating total volume of some Caribbean trees. Caribbean Forester, 22, 62-63. [6] Freedman (1984) in West, P.W. (2004). Tree and Forest Measurement. Lismore & Goonellabah, Australia [7] Graf, E. (2011). Projekt Baumzählung 2010 in der Provinz Atakora, Benin. Bericht, newTree und Jura-Afrique. [8] IPCC (2007). IPCC Fourth Assessment Report: Climate Change 2007 (AR4). The AR4 Synthesis Report. [9] Le Gouvernement de la République du Bénin et le Programme des Nations Unies pour le développement (2008). Rapport sur le Développement Humain au Bénin 2007/2008. Résponsabilité sociale, Corruption et Développement Humain Durable. [10] newTree (2011). URL http://www.newtree.org [11] Pistorius T. (2009). Der Wald in der Klimapolitik. http://www.waldwissen.net/themen/umwelt_landschaft/co2_klimaschutz/fva_wald_kli mapolitik_DE (07.01.2010) Abbildung 1: Baumschule im Gebiet von Jura-Afrique. Abbildung 2: Buschfeuer in Cashewbaum-Pflanzung. Abbildung 3: Cashew-Pflanzung in Kombination mit Yams-Anbau (Agroforstsystem). Abbildung 4: Anzahl der aufgenommenen Pflanzungen 2010. Autorenkasten: Eliane Graf hat an der ETH Zürich Umweltnaturwissenschaften studiert und führte für die Organisation newTree die Baumzählung 2010 in Benin durch. Franziska Kaguembèga-Müller leitet für newTree das Team in Burkina Faso. Dr. Jean-Pierre Sorg ist Leiter der „Groupe de foresterie pour le développement“ an der ETH Zürich. [email protected], [email protected], [email protected] Angaben Hauptautor: Eliane Graf, Glatthofstrasse 6, 8152 Glattbrugg, Tel. 0041 79 573 13 84