Eingangsprüfung Stochastik, 17.10.2008

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Eingangsprüfung Stochastik, 17.10.2008
Wir gehen stets von einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, A, P) aus.
Aufgabe 1 (12 Punkte)
Sei X : Ω −→ [0, ∞) eine Zufallsvariable. Zeigen Sie
Z
X dP ≥ 0.
Hinweis: Beweisen Sie diese Ungleichung zuerst für Treppenfunktionen.
Lösung P
n
Sei X = i=1 αi 1Ai , αi ≥ 0, Ai ∈ A, i = 1, . . . , n eine Treppenfunktion. Dann
gilt
Z
n
X
αi P(Ai )
X dP =
i=1
und damit X dP ≥ 0.
Sei nun X ≥ 0 beliebig. Dann gibt es eine monoton wachsende Folge (Xn )n∈N
von Treppenfunktionen mit Xn ≥ 0 und limn→∞ Xn = X. Es gilt mit dem Satz
von der monotonen Konvergenz
Z
Z
Xn dP,
X dP = lim
R
n→∞
und aus dem vorher Gezeigten folgt nun
Aufgabe 2 (22 Punkte)
R
X dP ≥ 0.
(a) Seien X1 , . . . , Xn mit n ≥ 2 unabhängigPund identisch verteilte Zufallsvan
riablen mit Xi ∼ Exp(λ) und sei G := i=1 Xi . Zeigen Sie, dass
1
λ
E
=
G
n−1
gilt.
Hinweis: Es gilt G R∼ Γ(n, λ). Für die Gamma-Funktion Γ : (0, ∞) →
∞
(0, ∞) mit Γ(x) := 0 tx−1 e−t gilt die Identität Γ(x + 1) = xΓ(x).
(b) Gegeben seien unabhängige Realisierungen x1 , . . . , xn einer Exp(λ)-verteilten
n
Zufallsvariablen X, mit unbekanntem λ > 0. Zeigen Sie, dass λ̂ = P
n
xi
i=1
ein Maximum Likelihood Schätzwert zu x1 , . . . , xn für λ ist. Welcher Maximum Likelihood Schätzer für λ ergibt sich?
(c) Prüfen Sie, ob der Schätzer aus (b) erwartungstreu ist, und geben Sie
gegebenenfalls eine erwartungstreue Modifikation an.
1
Lösung
Zu (a)
Es gilt G ∼ Γ(n, λ) und damit
Z ∞
1 λn n−1 −λx
1
=
·
x
e
dx
E
G
x Γ(n)
0
Z ∞
λn
=
x(n−1)−1 e−λx dx
Γ(n) 0
Z
λ Γ(n − 1) ∞ λn−1
x(n−1)−1 e−λx dx
=
Γ(n)
Γ(n
−
1)
0
λ
=
.
n−1
Zu (b)
Sei x1 , . . . , xn eine Stichprobe. Aufgrund der Unabhängigkeit der Xi , i = 1, . . . , n
gilt für die Likelihood
!
n
X
n
−λxn
−λx1
xi .
= λ exp −λ
· . . . · λe
L(λ; x1 , . . . , xn ) = λe
i=1
Für die Loglikelihood-Funktion ℓ mit ℓ(λ) := ln(L(λ)) ergibt sich
ℓ(λ) :=
ln L(λ) = ln(λn ) − λ
n
ℓ′ (λ)
=
ℓ′′ (λ)
=
n X
xi
−
λ i=1
n
− 2 <0
λ
n
X
i=1
xi = n ln(λ) − λ
n
X
xi
i=1
n
und somit liegt in P
ein Maximum der Likelihoodfunktion vor. Damit ist
n
xi
die Zufallsvariable
i=1
n
λ̂ = P
n
Xi
i=1
ein Maximum Likelihood Schätzer.
Zu (c)
Aus (a) und (b) folgt


 1 
 = λ =⇒ E(λ̂) = n · λ .
E
n
P
 n−1
n−1
Xi
i=1
n−1
ˆ
ein erwarSomit ist λ̂ nicht erwartungstreu. Dagegen ist offenbar λ̂ = P
n
Xi
i=1
tungstreuer Schätzer.
2
Aufgabe 3 (18 Punkte)
Gegeben seien zwei Zufallsvariablen X und Λ. Dabei sei Λ ∼ U [1, 2] also gleichverteilt auf dem Intervall [1,2] und bei gegebenem Λ = λ sei X ∼ Exp(λ)verteilt.
(a) Bestimmen Sie E(X|Λ) und Var(X|Λ).
(b) Bestimmen Sie E(X) und Var(X).
(c) Bestimmen Sie P(X ≥ 1).
Lösung
Zu (a)
1
1
und Var(X|Λ = λ) = 2 , also
Bei gegebenem λ ∈ [1, 2] gilt E(X|Λ = λ) =
λ
λ
1
1
folgt E(X|Λ) =
und Var(X) = 2 .
Λ
Λ
Zu (b)
Mit dem Satz vom iterierten Erwartungswert gilt
Z 2
1
1
=
dλ = ln 2 − ln 1 = ln 2.
E(X) = E(E(X|Λ)) = E
Λ
λ
1
Für die Varianz erhalten wir aus der Varianz-Zerlegung
Var(X)
= Var(E(X|Λ)) + E(Var(X|Λ))
1
1
+E
= Var
Λ
Λ2
2
1
1
1
= E
−E
+E
Λ2
Λ
Λ2
2
1
1
= 2E
−
E
.
2
Λ
Λ
Für den ersten Term ergibt sich
E
Insgesamt folgt also
1
Λ2
=
Z
1
2
2
1
1
1 1
=− +1= .
dλ
=
−
λ2
λ 1
2
2
Var(X) = 2 ·
1
2
2
− (ln 2) = 1 − (ln 2) .
2
Zu (c)
Es gilt
P(X ≥ 1) =
Z
1
2
P(X ≥ 1|Λ = λ)fΛ (λ)dλ =
3
Z
1
2
2
e−λ dλ = −e−λ = e−1 − e−2 .
1
Aufgabe 4 (38 Punkte) Herr K. fährt täglich um 08:30 in die Arbeit, Arbeitsbeginn ist spätestens 09:15. Die Reisezeit T in Minuten sei normalverteilt.
(a) Es gelte T ∼ N (40, 16).
(i) Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass er zwischen 09:10 und
09:20 ankommt.
(ii) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit des Zuspätkommens?
(iii) An wievielen Arbeitstagen im Jahr (200 Tage pro Jahr) wird er im
Mittel zu spät kommen?
(iv) Welchen Abfahrtszeitpunkt (minutengenau) schlagen Sie vor, damit
K. bei unveränderter Reisezeit T im Mittel an höchstens 2 Tagen im
Jahr zu spät kommt?
(b) Herr K. will weiterhin erst um 08:30 starten und probiert eine neue Route.
Die Reisezeit sei weiter normalverteilt. An 30 Arbeitstagen kommt er im
Mittel um 09:05 an, die empirische Varianz beträgt 12,25.
(i) Herr K. vermutet, dass seine Reisezeit sich verkürzt hat. Überprüfen Sie anhand einer geeigneten Nullhypothese seine Vermutung zum
Niveau von 5 %.
(ii) Geben Sie für den Erwartungswert der Reisezeit ein Schätzintervall
zum Niveau 5 % an.
(c) Diskutieren Sie die Annahme der Normalverteilung.
Lösung
Zu (a)
(i) Ankunftszeit liegt zwischen 09:10 und 09:20 genau dann wenn T ∈ [40, 50]
gilt.
P(40 ≤ T ≤ 50)
= P(T ≤ 50) − P(T ≤ 40) = Φ
=
0, 4938.
50 − 40
4
−Φ
40 − 40
4
(ii) Herr K. verspätet sich genau dann wenn T > 45 gilt.
5
= 0, 1056.
P(45 > T ) = 1 − P(T ≤ 45) = 1 − Φ
4
(iii) Bezeichnet man mit N die Anzahl der Tage, an denen sich K. verspätet,
und mit p := 0, 1056, dann ist laut (ii) N ∼ B(200, p)-verteilt und damit
E(N ) = 200p = 21, 12.
Im Mittel kommt Herr K. an 21,12 Tagen im Jahr zu spät.
(iv) Die Wahrscheinlichkeit q, dass Herr K. sich verspätet, soll so bestimmt
werden, dass 200q ≤ 2 gilt, also q ≤ 0, 01. Sei t0 die Reisezeit, die mit einer
Wahrscheinlichkeit von maximal 0, 01 überschritten wird, also
P(T ≥ t0 ) = 0, 01.
4
Wegen
P(T ≥ t0 ) = 1 − P(T ≤ t0 ) = 1 − Φ
t0 − 40
4
ergibt sich zunächst
Φ
und damit
t0 − 40
4
= 0, 99
t0 = 40 + 4u0,99 = 40 + 4 · 2, 34 = 49, 36 ≈ 50.
Herr K. sollte also um 08:25 starten.
Zu (b)
(i) Zu testen ist die Nullhypothese H0 : µ ≤ µ0 mit µ0 := 40. Es handelt sich
um einen einseitigen t-Test, Testgröße ist
T =
x − µ0 √
n
s
und besitzt bei den vorliegenden Daten den Wert
−5 √
30 = −7, 82.
3, 5
Die Hypothese wird im Fall T > t29;0,95 = 1, 699 abgelehnt. Also wird H0 nicht
verworfen.
√
(ii) Das Schätzintervall lautet mit t29;0,975 = 2, 045, s = 12, 25 = 3, 5:
s · t29;0,975
s · t29;0,975
√
√
x−
= [33, 69; 36, 31] .
,x +
30
30
Zu (c):
Unter der Annahme der Normalverteilung gilt P(T < 0) > 0. Die Annahme der
Normalverteilung kann daher nur näherungsweise erfüllt sein.
5
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