Fakultät für Informatik Christian Ivicevic Technische Universität München SS 2017 Diskrete Wahrscheinlichkeitstheorie – Lösungsvorschläge zu den Übungsaufgaben zur Midsemester-Zentralübung – Alle Antworten sind unter Angabe des Rechenwegs zu begründen, soweit nicht anders gefordert! Die hier gestellten Aufgaben und die damit abgedeckten Themenbereiche sind weder für die Klausur relevant, noch irrelevant. Sie dienen vor allem dazu Ihnen andere Blickrichtungen auf den Stoff zu präsentieren. Die Aufgaben auf diesem Blatt dienen dem Üben und Verstehen des Vorlesungsstoffes, sowie dem eigenständigen Erarbeiten der Kernaspekte. Abschreiben und Auswendiglernen von Lösungen wird Ihnen daher keinen dauerhaften Erfolg in der Vorlesung bringen. Aufgabe 1 Kombinatorik Die DWT-Tutorin Angelika hat keine Lust mehr so viele Hausaufgaben zu korrigieren und hat ein neues System entwickelt, das sie Ihnen vorstellt, denn Sie sitzen mit weiteren zehn Studenten – davon vier Frauen – in ihrer Übung als sie verkündet: ”Heute haben wir eine besondere Aktion: drei von Ihnen erhalten heute Ihren Notenbonus ohne weitere Hausaufgaben machen zu müssen!”. (a) Wie viele Möglichkeiten gibt es, drei Studenten zufällig aus den anwesenden Studenten auszuwählen, wobei die Reihenfolge keine Rolle spielt? (b) Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie bei den Ausgewählten dabei sind? (c) Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie zusammen mit zwei Damen (ohne Berücksichtigung der Reihenfolge) den Notenbonus erhalten? (d) Wie viele Möglichkeiten hätte es gegeben, drei Studenten zufällig aus den elf anwesenden Studenten auszuwählen, wenn die Reihenfolge eine Rolle gespielt hätte? Lösungsvorschlag (a) ! 11 3 = 11! = 3 · 5 · 11 = 165 8! · 3! (b) Anzahl der Möglichkeiten, außer Ihnen zwei weitere Personen aus den verbleibenden zehn auszuwählen: ! 10 10! = = 45 2 8! · 2! Somit gilt Pr[”Sie werden ausgewählt”] = 45 = 0.27. 165 (c) Anzahl der Möglichkeiten, neben Ihnen zwei Damen auszuwählen: ! 4 2 =6 Somit gilt Pr[”Sie werden zusammen mit zwei Damen ausgewählt”] = (d) 11 · 10 · 9 = 165 · 3 = 990 1 6 = 0.036. 165 Aufgabe 2 Wahrscheinlichkeitsräume Nachdem der Baron Alistair vor einigen Wochen ein Bankett für seine Freunde ausgerichtet hat und sich dort mit einigen Gästen gestritten hat überlegt er nun, ob er einen seiner Freunde, also Betrand, Camilla oder Diana, vom kommenden Bankett ausladen soll. Wir betrachten die Ereignisse A1 , dass tatsächlich einer von den dreien ausgeladen wird, A2 , dass Bertrand oder Camilla ausgeladen werden und Diana verschont wird und A3 , dass lediglich Betrand ausgeladen wird. Nun hat sich Alistair entschieden, ob und wen er ausladen wird. (a) Bestimmen Sie einen zugehörigen Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, Pr) mit Pr[A1 ] = 3/4, Pr[A2 ] = 2/3, Pr[A3 ] = 1/2. (b) Bestimmen Sie allgemein einen Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, Pr) mit Wahrscheinlichkeiten wie in Teilaufgabe (a) nur sollen die Ereignisse A1 , A2 , A3 diesmal unabhängig sein. Lösungsvorschlag (a) Die Wahrscheinlichkeiten sowie die Beschreibung der betrachteten Ereignisse legen nahe, dass A3 ⊂ A2 ⊂ A1 ⊂ Ω eine plausible Anordnung wäre. Wir betrachten somit A1 = {ω1 , ω2 , ω3 }, A2 = {ω1 , ω2 } und A3 = {ω1 } mit den drei Elementarergebnissen ω1 : Betrand wurde ausgeladen, ω2 : Camilla wurde ausgeladen, ω3 : Diana wurde ausgeladen. Nun folgt, dass Pr[ω2 ] = Pr[A2 \ A3 ] = 2 1 1 − = 3 2 6 und mit einer analogen Überlegung, dass Pr[ω3 ] = Pr[A1 \ A2 ] = 1 3 2 − = . 4 3 12 Für das letzte Ergebnis können wir direkt Pr[ω1 ] = Pr[A3 ] = 1/2 ablesen. Betrachtet man die Wahrscheinlichkeiten der Elementarergebnisse, so stellt man fest, dass Pr[{ω1 , ω2 , ω3 }] = 3/4 6= 1. Daher benötigen wir ein weiteres Elementarergebnis ω4 mit Pr[ω4 ] = 1 − 3/4 = 1/4 mit ω4 : Keiner der drei Freunde wurde ausgeladen. Somit ist (Ω, Pr) mit Ω = {ω1 , ω2 , ω3 , ω4 } ein gültiger Wahrscheinlichkeitsraum, denn es gilt P 0 ≤ Pr[ω] ≤ 1 für jedes ω ∈ Ω und ω∈Ω Pr[ω] = 1. (b) Wir führen die Notation A1i := Ai und A0i := Ω \ Ai ein. Da wir drei Ereignisse betrachten, führen wir eine Ergebnismenge Ω = {ω000 , . . . , ω111 } ein mit den zugehörigen Elementarergebnissen ωs1 s2 s3 = As11 ∩ As22 ∩ As33 . Es muss nun Pr[As11 ∩ As22 ∩ As33 ] = Pr[As11 ] · Pr[As22 ] · Pr[As33 ] für alle Belegungen gelten, also seien 1 4 1 Pr[ω001 ] = 4 1 Pr[ω010 ] = 4 1 Pr[ω011 ] = 4 Pr[ω000 ] = 1 3 1 · 3 2 · 3 2 · 3 · 1 2 1 · 2 1 · 2 1 · 2 · 1 , 24 1 = , 24 1 = , 12 1 = , 12 3 4 3 Pr[ω101 ] = 4 3 Pr[ω110 ] = 4 3 Pr[ω111 ] = 4 = Pr[ω100 ] = 2 1 3 1 · 3 2 · 3 2 · 3 · 1 2 1 · 2 1 · 2 1 · 2 · 1 = , 8 1 = , 8 1 = , 4 1 = . 4 Aufgabe 3 Bedingte Wahrscheinlichkeiten Bei ihren Bergwanderungen ist es Adelheid gelegentlich möglich auch Ski zu fahren. Sie wird jedoch von starken Kopfschmerzen geplagt (was wohl die Sichtung von Wolpertingern erklären könnte) und möchte vor Gericht ziehen, um Schmerzensgeld vom Hersteller ihres Skihelms einzuklagen. Sie behauptet, die Helme seien zu eng und verursachen Kopfschmerzen. Das Gericht beauftragt einen Gutachter, der anhand einer größeren Testreihe den Fall untersuchen soll. Der Gutachter stellt tatsächlich fest, dass 8% der Helme aus der Produktion des Herstellers zu eng sind. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Kopfschmerzen innerhalb der Bevölkerung beträgt 12%. Von den Testpersonen des Gutachters, die Kopfschmerzen berichteten, hatten 64% zu enge Helme getragen. (a) Wie wahrscheinlich ist das Auftreten von Kopfschmerzen bei einem Skifahrer unter der Voraussetzung, dass sein Helm zu eng ist? (b) Der Hersteller schließt weiterhin jede Haftbarkeit seinerseits aus. Wie lautet Ihre begründete Empfehlung dem Gericht gegenüber? Lösungsvorschlag (a) Sei E das Ereignis, dass ein Helm zu eng ist und K, dass Kopfschmerzen auftreten, dann gelten Pr[E] = 0.08, Pr[K] = 0.12, Pr[E | K] = 0.64. Aus der bedingten Wahrscheinlichkeit Pr[E | K] = Pr[E ∩ K] Pr[K] folgt direkt Pr[E ∩ K] = 0.64 · 0.12 = 0.0768 und damit auch Pr[K | E] = Pr[E ∩ K] 0.0768 = = 0.96. Pr[E] 0.08 (b) Auch wenn keine Kausalbeziehung festgestellt werden kann und die Kopfschmerzen eines Skifahrers auch auf andere Ursachen zurückgeführt werden können, so ist doch der Unterschied zwischen Pr[K] = 0.12 und der berechneten bedingten Wahrscheinlichkeit P [K | E] = 0.96 so hoch, dass schwerlich an einen Zufall zu glauben ist. Aufgabe 4 Bedingte Wahrscheinlichkeiten Die kleine Annika (4 Jahre) hat bald Geburtstag. Ihr Vater Bastian möchte der Kleinen zu diesem Anlass eine CD schenken. Er weiß jedoch nicht genau, welche Musik Annika wirklich mag. Er läd deshalb – selbstverständlich legale – Kopien von jeweils einem Song von Justus Nagetier und Kyoto Motel herunter. Er spielt beide Songs der Kleinen ein paar Mal vor. Bei jedem Vorspielen der Stücke klatscht Annika entweder mit oder sie singt mit aber nie beides gleichzeitig. Bastian spielt beide Lieder Annika mehrmals vor und kommt schließlich zu folgenden bedingten Wahrscheinlichkeiten: • Bei dem Song von Kyoto Motel klatscht die Kleine mit Wahrscheinlichkeit 0.3 mit, während sie mit Wahrscheinlichkeit 0.7 mitsingt. • Wenn er das Lied von Justus Nagetier abspielt, so klatscht Annika mit Wahrscheinlichkeit 0.6 mit, mit der verbleibenden Wahrscheinlichkeit von 0.4 singt sie mit. Da Bastian mittlerweile keinen der beiden Songs mehr ertragen kann, lässt er die kleine Annika alleine in ihrem Zimmer mit den beiden Liedern, lauscht aber weiterhin an der Tür zu ihrem Zimmer und achtet darauf, wann sie mitsingt (er kann nicht erkennen, welches Lied sie gerade versucht mitzusingen) und wann sie mitklatscht. Nehmen Sie an, dass Bastian die Pausen zwischen den Songs erkennen kann. 3 (a) Nachdem Bastian längere Zeit an der Tür gelauscht hat, kommt er wiederum zum Schluss, dass Annika mit Wahrscheinlichkeit 0.54 zu den Liedern klatscht, während sie mit Wahrscheinlichkeit 0.46 mitsingt. Er geht weiterhin davon aus, dass Annika in seiner Abwesenheit stets mit Wahrscheinlichkeit p den Song von Kyoto Motel abspielt, während sie mit Wahrscheinlichkeit 1 − p den Song vom Nagetier anhört. Bestimmen Sie, von welchem der beiden Künstler Bastian eine CD für Annika kaufen sollte (bestimmen Sie p). (b) Bastians Modellierung aus (a) ist leider nicht ganz korrekt. Tatsächlich verhält sich Annika in seiner Abwesenheit wie folgt: Den ersten Song, den sie abspielt, wählt sie mit Wahrscheinlichkeit 1/2 aus. Danach jedoch gilt, dass sie nach Justus Nagetiers Lied mit Wahrscheinlichkeit 3/4 auf Wiederholen drückt und mit Wahrscheinlichkeit 1/4 den Song von Kyoto Motel wählt. Nach dem Song von Kyoto Motel drückt sie hingegen mit Wahrscheinlichkeit 3/5 die Wiederholentaste und wechselt mit Wahrscheinlichkeit 2/5 zum Song von Justus. Bastian wartet nur für drei Stücke an der Tür. Dabei hört ( beobachtet“) er, dass Annika beim ” ersten und zweiten Lied jeweils mitsingt und beim dritten Lied mitklatscht. Kurz, er beobachtet die Folge SSK (S für singen, K für klatschen). Er fragt sich, in welcher Reihenfolge Annika die Lieder angehört hat. Eine Liedfolge“ kann kurz als endliches Wort über dem Alphabet {N, M } ” beschrieben werden (N für Nagetier, M für Motel). (i) Bestimmen Sie zunächst die bedingten Wahrscheinlichkeiten, dass unter der Beobachtungsfolge SS die Liedfolge gerade l1 l2 war für alle l1 l2 ∈ {N, M }2 . (ii) Bestimmen Sie nun die Liedfolgen l1 l2 l3 , welche mit der höchsten Wahrscheinlichkeit zu der Beobachtungsfolge SSK geführt haben. Lösungsvorschlag (a) Seien M bzw. N die Ereignisse, dass die Kleine das Lied von Kyoto Motel bzw. vom Nagetier spielt und K bzw. S die Ereignisse, dass sie klatscht bzw. singt. Aus dem Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit folgt nun Pr[K] = p · Pr[K | M ] + (1 − p) · Pr[K | N ] = p · Pr[K | M ] + Pr[K | N ] − p · Pr[K | N ] = p · (Pr[K | M ] − Pr[K | N ]) + Pr[K | N ]. Durch Umstellen erhält man p= Pr[K] − Pr[K | N ] 0.54 − 0.6 1 = = . Pr[K | M ] − Pr[K | N ] 0.3 − 0.6 5 Bastian sollte also eine CD vom Nagetier für die kleine Annika kaufen. (b) (i) Wir betrachten die Ereignisse SS, dass die Kleine zwei Mal infolge gesungen hat und l1 l2 , dass die Liedfolge gerade l1 l2 ist. Wir suchen also sämtliche bedingte Wahrscheinlichkeiten Pr[l1 l2 | SS] = Pr[l1 l2 ∩ SS] . Pr[SS] Beispielhaft berechnet sich die Wahrscheinlichkeit, dass M N ∩ SS eintritt wie folgt: • Mit Wahrscheinlichkeit 1/2 spielt Annika das Lied von Kyoto Motel als erstes ab. Daher singt sie mit Wahrscheinlichkeit 0.7 mit. • Mit Wahrscheinlichkeit 2/5 wechselt sie dann von Kyoto Motel zu Justus Nagetier als zweites Lied, womit sie mit Wahrscheinlichkeit 0.4 mitsingt. 4 Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit Pr[M N ∩ SS] also 1 2 · 0.7 · · 0.4. 2 5 Nach dem selben Schema folgen sämtliche Wahrscheinlichkeiten 1 2 1 Pr[N M ∩ SS] = 2 1 Pr[M N ∩ SS] = 2 1 Pr[N N ∩ SS] = 2 Pr[M M ∩ SS] = 3 5 1 · 0.4 · 4 2 · 0.7 · 5 3 · 0.4 · 4 · 0.7 · 147 , 1000 7 · 0.7 = , 200 7 · 0.4 = , 125 3 · 0.4 = . 50 · 0.7 = Mit den berechneten Wahrscheinlichkeiten folgt Pr[SS] = 149/500 und somit auch die bedingten Wahrscheinlichkeiten 28 , 149 30 Pr[N N | SS] = . 149 147 , 298 35 Pr[N M | SS] = , 298 Pr[M N | SS] = Pr[M M | SS] = (ii) Da das dritte Lied und die zugehörige Beobachtungsfolge nur vom zweiten Lied abhängt, reicht es, die wahrscheinlichsten Folgen zu SS nach M bzw. N zu betrachten, um diese dann entsprechend zu SSK fortzusetzen, also M M und N N . Man muss somit nur die Folgen M M M , M M N , N N M und N N N betrachten. Somit erhält man 147 1000 147 Pr[M M N ∩ SSK] = 1000 60 Pr[N N M ∩ SSK] = 1000 60 Pr[N N N ∩ SSK] = 1000 Pr[M M M ∩ SSK] = 3 5 2 · 5 1 · 4 3 · 4 · · 0.3 = 0.02646, · 0.6 = 0.03528, · 0.3 = 0.0045, · 0.6 = 0.027. Die wahrscheinlichste Liedfolge unter der Beobachtung SSK ist somit M M N . Aufgabe 5 Bedingte Wahrscheinlichkeiten und mehrstufige Zufallsexperimente Jeden Morgen begibt sich Prof. Angström an die Universität. Wenn es nicht regnet, so macht er mit Wahrscheinlichkeit 0.7 noch einen kurzen Abstecher in die nächste Bäckerei, um sich dort einen Kaffee zu holen; mit Wahrscheinlichkeit 0.3 begibt er sich direkt an die Universität, ohne einen Kaffee getrunken zu haben. Im Fall von Regen nimmt er mit Wahrscheinlichkeit 0.9 den Bus und muss daher auf seinen Kaffee verzichten; nur mit Wahrscheinlichkeit 0.1 packt er seinen Regenschirm aus, um sich seinen Kaffee doch noch zu holen. Sollte der Professor seinen morgendlichen Kaffee nicht getrunken haben und sollte es dazu auch noch regnen, so zeigt er seine Verachtung der Studentenschaft mit Wahrscheinlichkeit 0.5 indem er den ersten Studenten, der ihm über den Weg läuft, exmatrikuliert. Im Fall von Sonnenschein, aber fehlendem Kaffee, steigt diese Wahrscheinlichkeit auf 0.7. Hat der Professor seinen Kaffee getrunken, aber es regnet, so beträgt die Wahrscheinlichkeit nur 0.3; während er im verbleibenden Fall, dass er sowohl seinen Kaffee hatte, als auch die Sonne scheint, mit Wahrscheinlichkeit 0.8 exmatrikuliert. Aus Erfahrung wissen Sie, dass es an einem Morgen, an dem Prof. Angström einen Studenten exmatrikuliert, mit Wahrscheinlichkeit 0.6 regnet. Berechnen Sie die Regenwahrscheinlichkeit. 5 Lösungsvorschlag Seien R das Ereignis, dass es regnet, K das Ereignis, dass der Professor einen Kaffee trinkt und E das Ereignis, dass ein Student exmatrikuliert wird. Aus dem Text folgt 0.6 = Pr[R | E] = Pr[R ∩ E] . Pr[E] Mit dem Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit und dem Multiplikationssatz folgt Pr[R ∩ E] = Pr[R] · Pr[K | R] · Pr[E | K ∩ R] + Pr[R] · Pr[K | R] · Pr[E | K ∩ R] = (0.1 · 0.3 + 0.9 · 0.5) · Pr[R] = 0.48 · Pr[R] sowie die Exmatrikulationswahrscheinlichkeit Pr[E] = Pr[R] · Pr[K | R] · Pr[E | K ∩ R] + Pr[R] · Pr[K | R] · Pr[E | K ∩ R] + Pr[R] · Pr[K | R] · Pr[E | K ∩ R] + Pr[R] · Pr[K | R] · Pr[E | K ∩ R] = (0.1 · 0.3 + 0.9 · 0.5) · Pr[R] + (0.7 · 0.8 + 0.3 · 0.7) · Pr[R] = 0.48 · Pr[R] + 0.77 · Pr[R] = 0.48 · Pr[R] + 0.77 · (1 − Pr[R]) = 0.77 − 0.29 · Pr[R]. Schlussendlich gilt 0.6 = Pr[R | E] = 0.48 · Pr[R] Pr[R ∩ E] = ⇐⇒ Pr[R] ≈ 0.7. Pr[E] 0.77 − 0.29 · Pr[R] Aufgabe 6 Siebformel Achilles wurde befördert und muss sich nicht mehr nur um Unfälle durch Superbakterien kümmern. Er ist nun auch gefragt, wenn es um Flugzeugunfälle geht. Hierzu informiert er sich und findet die nachfolgenden Informationen. Ein dreimotoriges Flugzeug stürzt ab, wenn der Hauptmotor in der Mitte ausfällt oder beide Seitenmotoren ausfallen. Ein viermotoriges Flugzeug stürzt ab, wenn auf einer Seite beide Motoren ausfallen. Die Ausfallwahrscheinlichkeit eines jeden Flugzeugmotors auf einem bestimmten Flug sei 0 < p < 1. Ferner werde Unabhängigkeit für das Eintreten der Defekte an den einzelnen Motoren angenommen. Es sei A das Ereignis, dass ein Flugzeug durch Motorversagen abstürzt. (a) Ermitteln Sie damit die Wahrscheinlichkeit Pr[A], dass ein dreimotoriges Flugzeug auf einem bestimmten Flug durch Motorversagen abstürzt. (b) Ermitteln Sie die Wahrscheinlichkeit Pr[A], dass ein viermotoriges Flugzeug auf einem bestimmten Flug durch Motorversagen abstürzt. (c) Skizzieren Sie die beiden Wahrscheinlichkeiten aus (a) und (b) als Funktionen in p. Hinweis: Nutzen Sie für die Teilaufgaben (a) und (b) die Siebformel. Lösungsvorschlag (a) Für das dreimotorige Flugzeug sei H das Ereignis, dass der Hauptmotor ausfällt und Si , dass der Seitenmotor i mit i = 1, 2 ausfällt. Dann ergibt sich mit den Unabhängigkeitsvoraussetzungen Pr[A] = Pr[H ∪ (S1 ∩ S2 )] = Pr[H] + Pr[S1 ∩ S2 ] − Pr[H ∩ S1 ∩ S2 ] = p + p2 − p3 . (b) Beim viermotorigen Flugzeug nehmen wir an, dass die Motoren Nr. 1 und 2 an der linken und die Motoren Nr. 3 und 4 an der rechten Tragfläche hängen. Mit den Ereignissen Mi , die einen Ausfall des Motors Nr. i mit i = 1, . . . , 4 beschreiben und den Unabhängigkeitsvoraussetzungen ergibt sich hier Pr[A] = Pr[(M1 ∩ M2 ) ∪ (M3 ∩ M4 )] = Pr[M1 ∩ M2 ] + Pr[M3 ∩ M4 ] − Pr[M1 ∩ M2 ∩ M3 ∩ M4 ] = 2p2 − p4 . 6 Aufgabe 7 Satz von Bayes Arabella würfelt zwei faire Würfel, deren Seiten jeweils mit den Augenzahlen von 1 bis 6 beschriftet sind. Die Zufallsvariablen X und Y seien jeweils die Augenzahl des ersten bzw. zweiten Würfels. Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass X + Y gerade ist. Lösungsvorschlag Sei A das Ereignis, dass X + Y gerade ist, B das Ereignis, dass X ungerade ist und C das Ereignis, dass Y ungerade ist. Somit tritt A nur ein, wenn entweder B und C oder B und C eintreten. Mit dem Satz von Bayes folgt 1 1 · Pr[B | C] · Pr[C] 1 Pr[C | B] = = 212 = Pr[B] 2 2 und aus Symmetriegründen auch Pr[C | B] = 1/2. Mit dem Satz der totalen Wahrscheinlichkeit erhält man Pr[A] = Pr[A | B] · Pr[B] + Pr[A | B] · Pr[B] = Pr[C | B] · Pr[B] + Pr[C | B] · Pr[B] 1 1 1 1 1 = · + · = . 2 2 2 2 2 Aufgabe 8 Faire Würfe Es ist nun soweit, denn Agathe und Balthasar treten zur alles entscheidenden Runde ihres Lieblingsspiels an. Da jedoch beide keine Münzen mehr übrig haben, hat sich Balthasar zuvor bei seiner Freundin Aida eine Münze geliehen, die immer noch dabei ist, ihre andere Münze abzählbar unendlich oft zu werfen. Die Münze, die den beiden nun zur Verfügung steht, zeigt mit Wahrscheinlichkeit 0 < p < 1 Kopf, das ist den beiden bewusst. Da Aida die Münzen aber immer noch nicht passend markiert hat, liegen keine weiteren Informationen vor. Welche Möglichkeit haben die beiden nun, diese (evtl. unfaire) Münze so zu nutzen, dass faire Ergebnisse erzeugt werden können? Lösungsvorschlag Man wirft die Münze zwei Mal – sofern das Ergebnis KK bzw. ZZ war wird das Ergebnis verworfen. Der Fall KZ tritt mit Wahrscheinlichkeit p(1 − p) ein und repräsentiert Kopf während ZK mit Wahrscheinlichkeit (1 − p)p eintritt und Zahl repräsentiert. Da KK und ZZ verworfen werden, treten KZ und ZK jeweils mit Wahrscheinlichkeit 1/2 auf und somit erreicht man faire Ergebnisse. Aufgabe 9 Existenz vom Erwartungswert Um sich möglichst gut auf das nächste Spiel gegen Balthasar vorzubereiten überlegt sich Agathe, wie sie weitere Möglichkeiten finden kann nachdem die letzte Version, bei der der Verlierer 2n /n Euro an den Gewinner zahlen muss, ein Misserfolg war. Sei nun X eine geeignete nicht-negative Zufallsvariable, die einen endlichen Erwartungswert annimmt. Ist dann auch E[eX ] endlich? Lösungsvorschlag P n −n divergiert. Mit Pr[X = n] = 2−n folgt E[X] = 2, aber E[eX ] = ∞ n=0 e · 2 Aufgabe 10 Spielstrategien Tatsächlich haben Augustin und Bertha die gleiche Anzahl an Punkten in der Spielshow erreicht. Nun wird mit einer Schnellraterunde entschieden, wer der finale Sieger sein wird. Hierzu wurde Augustin zufällig ausgewählt, der nun eine von zwei Wetten eingehen muss – er ist der Sieger der Spielshow genau dann, wenn er die Wette gewinnt. Bei Variante 1 muss er mindestens zwei von vier Fragen richtig beantworten während er bei Variante 2 mindestens drei von sechs Fragen richtig beantworten muss. Augustin wird jede ihm gestellte Frage unabhängig mit der identischen Wahrscheinlichkeit 0 < p < 1 richtig beantworten. Für welche der beiden Varianten sollte er sich in Abhängigkeit von p entscheiden, um seine Gewinnchancen zu maximieren? 7 Lösungsvorschlag Wir betrachten q = 1 − p und die Wahrscheinlichkeit die erste Variante zu verlieren ist q2 = q 4 + 4q 3 (1 − q) = q 3 (4 − 3q). Die Wahrscheinlichkeit die zweite Variante zu verlieren ist q3 = q 6 + 6q 5 (1 − q) + 15q 4 (1 − q)2 = q 4 (10q 2 − 24q + 15). Nun gilt q2 < q3 genau dann, wenn q 3 (4 − 3q) < q 4 (10q 2 − 24q + 15) bzw. auch 0 < 10q 6 − 24q 5 + 18q 4 − 4q 3 = q 3 (1 − q)2 (10q − 4). Am letzten Faktor erkennt man dass für 0 < q < 2/5 auch q3 < q2 und somit für hohes p Augustin Variante 2 spielen sollte. Andernfalls für 2/5 < q < 1 gilt q2 < q3 und somit für niedriges p sollte Augustin Variante 1 spielen. Falls zufällig p = 3/5 gilt, dann ist es unerheblich – für p ∈ {0, 1} auch, aber das wurde ausgeschlossen. Aufgabe 11 Binomialverteilung Antonia wirft eine faire Münze sechs mal nacheinander. Die Zufallsvariable X gebe an, wie oft Kopf gefallen ist und die Zufallsvariable Y = 6 − X, wie oft Zahl gefallen ist. Berechnen Sie E[|X − Y |]. Hinweis: Es könnte sich als hilfreich erweisen, den Erwartungswert derart umzuformen, dass dieser nicht mehr von zwei Zufallsvariablen abhängt. Lösungsvorschlag Durch Einsetzen von Y folgt zunächst |X −Y | = |2X −6|. Der Variablen X liegt eine Binomialverteilung zugrunde mit der Dichte fX (x) = ! 6 x · 1 1 · 6−x , falls x ∈ {0, . . . , 6}, x 2 2 0, sonst. Somit erhalten wir E[|2X − 6|] = 6 X |2k − 6| · fX (k) k=0 1 6 15 + 4· + 2· 64 64 64 6 24 30 + + =2· 64 64 64 120 15 = = = 1.875 64 8 = 6· +0+ 2· 15 64 + 4· 6 64 + 6· 1 64 Aufgabe 12 Maximumsabschätzung von mehreren Zufallsvariablen Aida wirft eine faire Münze solange, bis sich zum ersten Mal das Ergebnis ändert, z.B. KKZ oder ZZZK und notiert sich die Anzahl der Würfe, in denen sie stets dasselbe Ergebnis erhalten hat. Insgesamt wiederholt sie dieses Experiment l-mal. Die Zufallsvariable Xi bezeichne die im i-ten Experiment notierte Anzahl an Würfen und Y := max{X1 , . . . , Xl }. Bestimmen Sie die Verteilung von Y und zeigen Sie für große l, dass Pr[Y > log2 l] ≈ 1 − e−1 . 8 Lösungsvorschlag Das Maximum Y ist genau dann kleiner gleich k, wenn jedes Teilergebnis Xi kleiner gleich k ist. Das zugehörige Ereignis hierfür ist l \ [Y ≤ k] = [Xi ≤ k]. i=1 Die Verteilungsfunktion von Y folgt daher aus der gemeinsamen Dichte, es gilt Pr[Y ≤ k] = Pr[X1 ≤ k, . . . , Xl ≤ k]. Die Ereignisse [X1 ≤ k], . . . , [Xl ≤ k] sind allesamt nach Definition des Experiments unabhängig. Man stelle sich einfach vor, das Experiment wird parallel in l unabhängigen Instanzen durchgeführt. Aus der Unabhängigkeit folgt somit l Y Pr[Y ≤ k] = Pr[Xi ≤ k]. i=1 Für jede einzelne Münze hat man [Xi ≤ k] = {K j Z, Z j K | 1 ≤ j ≤ k, k > 0}, mit Pr[Xi ≤ k] = k X 2−j = j=1 2−1 − 2−k−1 = 1 − 2−k , 1 − 2−1 also ist Xi ∼ Geo(1/2). Daher folgen unmittelbar Pr[Y ≤ k] = (1 − 2−k )l und Pr[Y > k] = 1 − (1 − 2−k )l . Somit folgt mit k = log2 l, dass Pr[Y > log2 l] ≈ 1 − (1 − 2 1 ) =1− 1− l − log2 l l l l→∞ −−−→ 1 − e−1 . Aufgabe 13 Erwartungswert und Vairanz Die DWT-Übungsleitung möchte die DWT-Klausur durch einen Multiple-Choice-Test ersetzen, der aus drei ja/nein Fragen besteht. Die Fakultät zwingt die Übungsleitung eines der folgenden Bepunktungssysteme für den Test zu verwenden: (1) Antwort richtig: +1 Punkt, Antwort falsch oder keine Antwort: 0 Punkte. (2) Antwort richtig: +1 Punkt, Antwort falsch oder keine Antwort: -0.5 Punkte. Negative Punkte als Gesamtpunktzahl der Aufgabe sind möglich. Natürlich ist die Übungsleitung daran interessiert, das System zu finden, bei dem ein ratender Student am schlechtesten abschneidet. Wir nehmen an, dass ein ratender Student höchstens eine Antwort pro Frage ankreuzt. Sei 1/5 die Wahrscheinlichkeit, dass ein ratender Student keine Antwort ankreuzt, während er mit Wahrscheinlichkeit 2/5 ja bzw. nein ankreuzt. Sei Ai die Zufallsvariable, die die Gesamtpunktzahl eines ratenden Studenten unter dem Bepunktungssystem (i) angibt. (a) Berechnen Sie E[A1 ] und Var[A1 ]. (b) Bestimmen Sie Parameter a, b ∈ R so, dass A2 = a · X + b mit X ∼ Bin(3, 2/5). Bestimmen Sie dann E[A2 ] und Var[A2 ]. Lösungsvorschlag (a) Es gilt A1 ∼ Bin(3, 2/5) und nach den Ergebnisse der Vorlesung folgen direkt E[A1 ] = 3·2/5 = 6/5 sowie Var[X] = 6/5 · 3/5 = 18/25. 9 (b) Sei Fi eine Zufallsvariable, die angibt, wieviele Punkte bei Frage i erreicht wurden mit dem zugehörigen Wahrscheinlichkeitsmaß Pr[Fi = 1] = 2 2 1 3 und Pr[Fi = −0.5] = + = . 5 5 5 5 Damit folgt die Gesamtpunktzahl A2 = F1 + F2 + F3 . Die Fi sind fast Bernoulli-verteilt, daher führen wir eine neue Zufallsvariable Xi = (1/2 + Fi ) · 2/3 ein, die durch die geeignete Transformation angibt, ob eine Frage richtig beantwortet wurde (Xi = 1) oder nicht bzw. gar nicht beantwortet wurde (Xi = 0). Somit gilt Xi ∼ Ber(2/5) und X = X1 + X2 + X3 ∼ Bin(3, 2/5) steht für die Anzahl an richtig beantworteten Fragen. Mit einer weiteren Transformation lässt sich die Zufallsvariable X auf die erhaltene Gesamtpunktzahl abbilden mit A2 = 3/2 · X − 3/2. Die gesuchten Parameter sind durch a = b = 3/2 gegeben. Mit der Linearität des Erwartungswertes und den Ergebnissen der Vorlesung folgen 3 3 3 2 3 · E[X] − = · 3 · − = 2 2 2 5 2 2 2 3 2 3 · Var[X] = · 3· Var[A2 ] = 2 2 5 E[A2 ] = 3 , 10 81 3 = . · 5 50 Aufgabe 14 Zusammengesetzter Erwartungswert Nachdem sich Achilles letztens verkalkuliert hat und die Versicherung große Einbußen hatte, wurde er degradiert und muss sich erneut mit Unfällen durch Superbakterien beschäftigen. Hierzu analysiert er zwei Bakterienherde, die sich unterschiedlich schnell verbreiten. Hierzu nutzt er die vier (nicht nur paarweise!) unabhängigen Zufallsvariablen W ∼ Bin(5, 1/3), X ∼ Geo(1/2), Y ∼ Bin(20, 3/4) und Z ∼ Geo(2/5). Bestimmen Sie (X + Z)(Y + Z) E W +1 und begründen Sie jeden Ihrer Rechenschritte. Lösungsvorschlag Die Zufallsvariable W + 1 nimmt Werte in [6] mit positiver Wahrscheinlichkeit an, daher ist (W + 1)−1 wohldefiniert. Da W, X, Y, Z unabhängig sind, sind auch W + 1, X, Y, Z und ebenso (W + 1)−1 , X, Y, Z. Somit gilt (X + Z)(Y + Z) E = E[(X + Z)(Y + Z)] · E[(W + 1)−1 ] = E[XY + XZ + ZY + Z 2 ] · E[(W + 1)−1 ] W +1 und aus der Linearität des Erwartungswertes folgt E (X + Z)(Y + Z) = (E[XY ] + E[XZ] + E[ZY ] + E[Z 2 ]) · E[(W + 1)−1 ]. W +1 Da X, Y, XZ, XY, Z unabhängig sind, lässt sich die Multiplikatität des Erwartungswertes anwenden und es gilt (X + Z)(Y + Z) E = (E[X] · E[Y ] + E[X] · E[Z] + E[Z] · E[Y ] + E[Z 2 ]) · E[(W + 1)−1 ]. W +1 Nun lässt sich der Verschiebungssatz mit Var[Z] = E[Z 2 ] − E[Z]2 anwenden und es folgt E (X + Z)(Y + Z) = (E[X] · E[Y ] + E[X] · E[Z] + E[Z] · E[Y ] + Var[Z] + E[Z]2 ) · E[(W + 1)−1 ]. W +1 10 Mit den Ergebnissen der Vorlesung erhält man die Werte E[X] = 2, E[Y ] = 15, E[Z] = 5/2 und Var[Z] = 5/2 · 5/2 · 3/5 = 15/4. Zuletzt nutzen wir die Definition des Erwartungswertes und berechnen E[(W + 1) −1 5 X 5 X 1 1 5 ]= · Pr[W = k] = · · k+1 k+1 k k=0 k=0 ! k 5−k 1 3 · 2 3 = 665 ≈ 0.456. 1458 Durch Einsetzen erhält man letztendlich 36575 (X + Z)(Y + Z) = E ≈ 37.6 W +1 972 Aufgabe 15 Binomialverteilung Prof. Angströms mehrjährige Auswertung der Klausuren ergab, dass im Durchschnitt jeder 15. Student die DWT-Klausur besteht. (a) Im Laufe eines Tages rufen unabhängig voneinander 15 besorgte Studenten an und stellen dabei ziemlich triviale Fragen. Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird genau einer dieser Studenten die DWT-Klausur bestehen? (b) Wie viele Studenten müssen unabhängig voneinander anrufen, damit mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 90% mindestens einer darunter ist, der die DWT-Klausur bestehen wird? Lösungsvorschlag (a) Bezeichne mit X die Anzahl der Studenten, die bestehen, dann ist X binomial verteilt mit Parametern p = 1/15 und n = 15. Dann gilt ! Pr[X = 1] = 15 1 · · 1 15 14 15 14 = 15 · 15 14 15 14 ≈ 0.38 (b) Pr[X ≥ 1] > 0.9 1 − Pr[X = 0] > 0.9 Pr[X = 0] < 0.1 ! n · 0 1 15 14 n · < 0.1 15 14 n ln < ln(0.1) 15 n > 33.37, 0 d.h. es müssen mindestens 34 Studenten anrufen. Aufgabe 16 Binomialverteilung und Chebyshev-Ungleichung Nach der DWT-Klausur treffen sich viele der Studenten in der Eisdiele ”La dolce vita”. Der Pächter Alfred ist gerade ungehalten, weil er in einem Karton vier zerbrochene Eiswaffeln entdeckt hat. Alfred bekommt seine Eiswaffeln in Kartons zu je 48 Stück. Er berichtet, dass er schon von der letzten Lieferung aus 50 Kartons insgesamt 72 Waffeln wegwerfen musste, weil sie zerbrochen waren. Die Studenten geraten ins Fachsimpeln. Im Folgenden wird angenommen, dass im Mittel der Anteil der zerbrochenen Waffeln genau dem aus der letzten Lieferung von 2 400 Waffeln entspricht und dass die zerbrochenen Waffeln unabhängig voneinander und identisch verteilt sind. (a) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass in einem Karton genau vier Waffeln zerbrochen sind? 11 (b) Wie viele Kartons muss man mindestens öffnen, um mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 90% wenigstens in einem Karton genau vier zerbrochene Waffeln vorzufinden. (c) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Anzahl der zerbrochenen Waffeln in einer Lieferung von 50 Kartons um höchstens 12 vom Erwartungswert abweicht? Schätzen Sie diese Wahrscheinlichkeit mit der Ungleichung von Chebyshev ab. Lösungsvorschlag (a) X bezeichne die Anzahl der zerbrochenen Waffeln in einem Karton; X ist binomial verteilt mit den Parametern p = 72/(50 · 48) = 72/2400 = 0.03 und n = 48. Dann gilt ! Pr[X = 4] = 48 · 0.034 · 0.9748−4 = 194 580 · 0.034 · 0.9744 ≈ 0.0413 4 (b) Y bezeichne die Anzahl der Kartons mit genau vier zerbrochenen Waffeln. Pr[Y ≥ 1] > 0.9 1 − Pr[Y = 0] > 0.9 Pr[Y = 0] < 0.1 (1 − 0.0413)n < 0.1 n ln (0.9587) < ln(0.1) n > 54.65, d.h. man muss mindestens 55 Kartons öffnen. (c) Sei Z die Anzahl der zerbrochenen Waffeln bei 50 Kartons, dann gilt – wenn Xi die Anzahl der zerbrochenen Waffeln in Karton i mit i = 1, . . . , 50 bezeichnet: Z = X1 + . . . + X50 . Die Xi sind laut Angabe unabhängig. E[Xi ] = n · p = 48 · 0.03 = 1.44 =⇒ E[Z] = 50 · E[Xi ] = 72. Var[Xi ] = n · p · (1 − p) = 1.3968 =⇒ Var[Z] = 50 · Var[Xi ] = 69.84. Somit folgt direkt Pr[|Z − E[Z]| ≤ 12] > 1 − 69.84 Var[Z] =1− = 0.515, 2 12 144 d.h. die Wahrscheinlichkeit beträgt ca. 51.5%. Aufgabe 17 Chebyshev-Ungleichung Mathematiklehrer Arno versucht, die Berechnungen verschiedener Noten zu optimieren um dann festzustellen ob alle Schüler seiner Klasse im Schnitt gleich gut sind. Gegeben seien n unabhängige, identisch verteilte Zufallsvariablen X1 , . . . , Xn mit unbekanntem Erwartungswert µ und Varianz σ 2 = 0.01. Wie groß ist n mindestens zu wählen, um mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 90% den Betrag der Differenz zwischen dem arithmetischen Mittel der Xi und µ unter 0.025 zu drücken? Wenden Sie für Ihre Berechnungen die Ungleichung von Chebyshev an. Lösungsvorschlag Die Zufallsvariablen X1 , . . . , Xn seien allesamt unabhängig und identisch verteilt mit E[Xi ] = µ sowie Var[Xi ] = σ 2 = 0.12 für i = 1, . . . , n. Das arithmetische Mittel X= 1 (X1 + . . . + Xn ) n 12 besitzt somit den Erwartungswert E[X] = µ und die Varianz Var[X] = σ 2 /n = 0.12 /n. Die ChebyshevUngleichung liefert 16 ! 0.12 Pr[|X − µ| ≥ 0.025] ≤ = ≤ 1 − 0.9 = 0.1 n · 0.0252 n oder alternativ 0.12 16 ! Pr[|X − µ| < 0.025] ≥ 1 − = ≥ 0.9. 2 n · 0.025 n Um sicher zu gehen, dass diese Wahrscheinlichkeit nicht größer als 1 − 0.9 = 0.1 ist, muss n ≥ 160 gewählt werden. Aufgabe 18 Markov-Ungleichung und Chebyshev-Ungleichung Nachdem sein Sohn Alfons vor Kurzem die Kontonummer der Familie auf 4chan geposted hat, ist der alleinerziehende Vater Bastian in Geldnöte geraten. Er beschließt daher sein Leben komplett umzukrempeln, kündigt seinen schlecht bezahlten Job bei der örtlichen Ganztagesbetreuung für verhaltensauffällige Jugendliche und widmet seine ganze Energie seiner wahren Bestimmung: Barkeeper! Bastian plant nun eine Gutscheinaktion um für seine neue Bar zu werben. Jeder eingelöste Gutschein kostet ihn selbst dabei 0.5 Euro. Insgesamt möchte er jedoch – zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit – nicht mehr als 500 Euro verschenken. Bastian geht davon aus, dass ein Gutschein mit Wahrscheinlichkeit p = 0.85 eingelöst werden wird. (a) Bestimmen Sie mithilfe der Markov-Ungleichung ein möglichst großes n für die Anzahl an Gutscheinen, die Bastian höchstens verteilen sollte, damit die Wahrscheinlichkeit, dass ihn die Gutscheinaktion mehr als 500 Euro kostet, höchstens 0.01 ist. (b) Bestimmen Sie mithilfe der Chebyshev-Ungleichung ein möglichst großes n zu den selben Bedingungen wie in (a). Lösungsvorschlag Wir betrachen die Zufallsvariable X ∼ Bin(n, p = 0.85), die die Anzahl eingelöster Gutscheine angibt. Nun interessieren wir uns für das Ereignis [X ≥ 1001], weil Bastian ab 1001 Gutscheinen mehr als 500 Euro ausgeben würde. (a) Aus der Markov-Ungleichung folgt die Schranke Pr[X ≥ 1001] ≤ E[X] np 1 = ≤ . 1001 1001 100 Löst man nun nach n auf erhält man die (völlig unbrauchbare!) Grenze n≤ 1001 1001 = ≈ 11.77 100p 100 · 0.85 (b) Um die Chebyshev-Ungleichung anwenden zu können, müssen wir den abzuschätzenden Term zunächst auf die richtige Form bringen, daher setzen wir folgendes an: Pr[X ≥ t] = Pr[X − E[X] ≥ t − E[X]] ≤ Pr[|X − E[X]| ≥ t − E[X]] Aus den Voraussetzungen der Ungleichung muss t − E[X] > 0 gelten und somit n < t/p. Nun betrachten wir den Ausdruck Pr[|X − E[X]| ≥ t − E[X]] ≤ 13 1 Var[X] ≤ . 2 (t − E[X]) 100 Wir lösen mit der Mitternachtsformel nach n auf und erhalten Var[X] 1 np(1 − p) 1 ≤ ⇐⇒ ≤ (t − E[X])2 100 (t − np)2 100 ⇐⇒ p2 n2 − (2pt + 100p(1 − p))n + t2 ≥ 0 ⇐⇒ n ≤ (2pt + 100p(1 − p)) − p (2pt + 100p(1 − p))2 − 4p2 t2 ≈ 1042.04 2p2 Nach Bastians Modell können bis zu 1042 Gutscheine ausgegeben werden ohne in größere Gefahr zu laufen. Die andere Lösung n≥ (2pt + 100p(1 − p)) + p (2pt + 100p(1 − p))2 − 4p2 t2 ≈ 1330.0 2p2 ist ein Artefakt und bereits durch die Bedingung n < t/p ausgeschlossen! Aufgabe 19 The Drunkard’s Walk Die kleine Annika hat vor Kurzem von ihrem Vater Bastian eine CD von Justus Nagetier geschenkt bekommen, obwohl sie sich viel lieber die CD von den Flambierten gewünscht hätte. Dummerweise zwingt Bastian sie auch noch die ganze Zeit, sich diese CD anzuhören. Um sich davon abzulenken, ist sie ausgebüchst und spielt draußen vor dem Haus. Sie springt dabei auf dem Bürgersteig hin und her: in jedem Zeitschritt springt sie mit Wahrscheinlichkeit 1/2 einen Meter nach links bzw. mit Wahrscheinlichkeit 1/2 einen Meter nach rechts. Zum Zeitpunkt t = 0 befindet sie sich vor der Eingangstür ihres Wohnhauses. Diese Position sei mit 0 bezeichnet. Sei Zt die Zufallsvariable, die die Position von Annika nach t ∈ N0 Zeitschritten angibt mit Pr[Z0 = 0] = 1. (a) Bestimmen Sie die Dichte von Zt in Abhängigkeit von t. (b) Annika ändert ihr Verhalten: In jedem Zeitschritt springt sie mit Wahrscheinlichkeit p/2 einen Meter nach links bzw. mit Wahrscheinlichkeit p/2 einen Meter nach rechts und mit Wahrscheinlichkeit 1 − p verändert sie ihre Position nicht. Sei Yt die Zufallsvariable, die die Position von Annika nach t ∈ N0 Zeitschritten angibt. Bestimmen Sie den Erwartungswert und die Varianz von Yt . Lösungsvorschlag (a) Wir betrachten die Zufallsvariable δi , die die Distanz angibt, die Annika im k-ten Sprung zurücklegt mit dem zugehörigen Wahrscheinlichkeitsmaß Pr[δi = k] = 1, 2 0, für k ∈ {−1, 1}, sonst. Somit ist Zt die Position nach t Sprüngen mit Zt = ti=1 δi . Die Zufallsvariable δi lässt sich durch eine geeignete Transformation aus einer Bernoulli-verteilen Zufallsvariable entwickeln. Es gilt δi = 2Ri − 1 mit Ri ∼ Ber(1/2) und somit folgt P Zt = t X i=1 δi = t X t X i=1 i=1 (2Ri − 1) = −t + 2 Ri = −t + 2Xt mit einer binomialverteilten Zufallsvariablen Xt ∼ Bin(t, 1/2) und somit folgt abschließend, dass k+t Pr[Zt = k] = Pr Xt = = 2 t k+t 2 14 ! ·2 − k+t 2 ·2 −(t− k+t 2 ) = t k+t 2 ! · 2−t . (b) Für δi gilt nun Pr[δi = k] = p , 2 für k ∈ {−1, 1}, 1 − p, 0, Betrachten wir nun Yt = Pt i=1 δt , für k = 0, sonst. dann folgen (mit der Unabhängigkeit der δi ) unmittelbar p p = 0, E[Yt ] = t · E[δ1 ] = t · − + 2 2 p p Var[Yt ] = t · Var[δ1 ] = t · 1 · + 1 · − 0 = tp. 2 2 Aufgabe 20 Chernoff-Schranken und Demokratie Prof. Angström muss überraschend eine mündliche Prüfung abhalten. Er gibt dem Studenten eine von Aidas Münzen, wobei er dem Studenten nur sagt, dass die Münze eine der beiden Seiten mit Wahrscheinlichkeit 0.6 zeigt, die andere entsprechend mit Wahrscheinlichkeit 0.4. Er sagt, dem Studenten jedoch nicht, ob die wahrscheinlichere Seite Kopf oder Zahl ist. Prof. Angström erlaubt dem Studenten, die Münze genau 257 Mal zu werfen. Der Student besteht die Prüfung, wenn er die wahrscheinlichere Seite nach diesen Würfen korrekt benennt. Zeigen Sie, dass der Student mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 3/4 besteht. Hinweis: Zeigen Sie mit Hilfe von Chernoff, dass Demokratie funktioniert! Lösungsvorschlag Die Zufallsvariable Xi ∼ Ber(0.6) gibt an, ob das wahrscheinlichere Ergebnis in Wurf i eintritt. Sei P dementsprechend S = 257 i=1 Xi . Demokratie ist ein Mehrheitsentscheid, somit bestimmen wir die Wahrscheinlichkeit, dass die Mehrheit falsch entscheidet, also E[S] · δ 2 Pr[S < 257/2] = Pr[S ≤ 127] = Pr[S ≤ (1 − δ) · E[S]] ≤ exp − 2 ! . Aus 127 = (1 − δ) · E[S] folgt unmittelbar mit E[S] = 257 · 0.6 = 154.2, dass δ ≈ 0.1764. Einsetzen in die rechte Seite der Ungleichung liefert somit 154.2 · (0.1764)2 Pr[S ≤ 127] ≤ exp − 2 und zuletzt Pr[S > 127] ≥ 3/4. 15 ! ≈ 0.091