Digitales Marketing – Ausgewählte Entwicklungen E-Mail-Marketing, Social Media, Bewertungsportale Gliederung I. Begriffsbestimmung II. Werbeformen im Internet und deren Anforderungen 1. 2. 3. 4. 5. Klassische Produktwebseite Fallstricke, insbesondere: Erkennbarkeit, Minderjährige E-Mail-Werbung („Newsletter“) Social Media Marketing (Update) Bewertungsportale, Astroturfing, Meinungsfreiheit III. Fazit 2 I. Begriffsbestimmung Werbung Im Sinne der EU-Werberichtlinie 2006/114/EG ist „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, […] zu fördern“ Maßgeblich für das deutsche Wettbewerbsrecht und spezialgesetzliche Regelungen zu Werbung (z.B. Heilmittelwerbegesetz) 3 Klassische Onlinewerbung: Produktwebseite 4 II.1. Werbung auf Produktwebseite Allgemeine wettbewerbsrechtliche Anforderungen, z.B. Keine vergleichende Werbung Keine Irreführung Keine unsachliche Beeinflussung Keine Verschleierung des Werbecharakters (Schleichwerbung), s. Ziff. II.2. u.v.m. (vgl. „Schwarze Liste“) Impressumspflicht: Auch bei rein werbendem Internetauftritt ohne Bestellmöglichkeit! 5 Ausgewählte Fallstricke 6 II.2. Fallstricke: Erkennbarkeit Werbung muss als solche erkennbar sein! OLG Köln, U. v. 9.8.2013 - 6 U 3/13: Eine Internetseite, die sich in blog-ähnlichen Beiträgen in satirisch überspitzter Form mit dem als krankhaft ironisierten Konsumverhalten der Käufer anderer Automarken auseinandersetzt, ist ohne weitere Hinweise nicht auf den ersten Blick als Werbung erkennbar. Der deutlich erkennbare Hinweis „Anzeige“, der beim Scrollen ‚mitwandert‘, klärt hinreichend über den werblichen Charakter der Seite auf. 7 II.2. Fallstricke: Minderjährige „Schwarze Liste“ (Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG) Nr. 28: Unzulässig ist „die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen;“ BGH – „Runes of Magic“ (U. v. 17.7.2013 – I ZR 34/12) Formulierungen wie „Kauf dir…“, „Hol dir…“, „Schnapp dir die Gelegenheit…“ i.V.m. kindgerechter Ansprache in der Regel unzulässig. 8 II.2. Fallstricke: Minderjährige Bei Ansprache von Minderjährigen gelten höhere Anforderungen an die Erkennbarkeit als Werbung! Bannerwerbung, die auch aufgrund ihrer farblichen und inhaltlichen Ausgestaltung in den Spielecontent eingebettet ist, kann verschleierte Werbung sein. (OLG Köln, U. v. 12.4.2013 – 6 U 132/12) Der Grad der Deutlichkeit des Werbecharakters ist anhand der Aufmerksamkeits- und Lesekompetenz, sowie des ausgeprägten Spieltriebs der angesprochenen Kinder zu bestimmen. (KG Berlin, U. v. 15.1.2013 – 5 U 84/12) 9 E-Mail Werbung 10 II.3. Werbung per E-Mail (Newsletter) Muss ich die Empfänger fragen, bevor ich Ihnen E-Mail Werbung oder Newsletter schicke? Grundsätzlich JA! (Einwilligungsvorbehalt, Opt-In) Einwilligung muss ausdrücklich erfolgen Keine „Kaltakquise“ per E-Mail, weder Verbraucher noch Unternehmen Einwilligung muss vor elektronischer Kommunikation vorliegen Double-Opt-In-Verfahren wird grundsätzlich als zulässig bzw. notwendig erachtet (keine reinen Kontaktformulare), aber… 11 II.3. Werbung per E-Mail (Newsletter) OLG München sorgte für Rechtsunsicherheit beim DoubleOpt-In-Verfahren (Urteil v. 27.9.2012, 29 U 1682/12): • Bereits der Versand des Bestätigungslinks kann unerlaubte Werbung sein, unabhängig von der Gestaltung dieser E-Mail • Darlegungslast für Einwilligung des Empfängers vor Versendung des Bestätigungslinks liegt beim Werbenden (s.o.) OLG Celle tritt nun dem OLG München entgegen (Urteil v. 15.5.2014, 15 U 15/14): • Double-Opt-In Verfahren grds. ausreichender Nachweis der Einwilligung. • Bestätigungsaufforderung an sich keine unzulässige Werbung. 12 II.3. Werbung per E-Mail (Newsletter) E-Mail Werbung ohne Double-Opt-In möglich? Nur in engen Grenzen, z.B. an Bestandskunden, vgl. § 7 Abs. 3 UWG Inhaltliche Anforderung an E-Mail-Werbung Werblicher Charakter muss sofort erkennbar sein Identität des Werbenden muss klar erkennbar sein Alle anderen wettbewerbsrechtlichen Vorgaben müssen genauso eingehalten werden 13 II.3. Werbung per E-Mail Automatisch generierte Eingangsbestätigungen müssen werbefrei sein, falls Empfänger nicht in Empfang von Werbung eingewilligt hat. (AG Stuttgart-Bad Cannstatt, U. v. 25.4.2014 – 10 C 225/14, nicht rechtskräftig) Dürfte auch für dynamische E-Mail-Signaturen mit Werbebotschaft gelten. (Fiktives Beispiel, keine tatsächliche Werbekampagne) 14 II.3. Werbung per E-Mail Empfehlungs-E-Mail als rechtswidrige Werbung BGH, U. v. 12.9.2013 - I ZR 208/12: Schafft ein Unternehmen auf seiner Website die Möglichkeit für Nutzer, Dritten unverlangt eine sog. Empfehlungs-E-Mail zu schicken, die auf den Internetauftritt des Unternehmens hinweist, ist dies nicht anders zu beurteilen als eine unverlangt versandte Werbe-E-Mail des Unternehmens selbst. Maßgeblich ist, dass der Versand der Empfehlungs-E-Mails auf die gerade zu diesem Zweck zur Verfügung gestellte Weiterempfehlungsfunktion des Unternehmens zurückgeht und dieses beim Empfänger einer Empfehlungs-E-Mail als Absender erscheint. 15 Social Media Marketing 16 II.4. Social Media Marketing Impressumspflicht: Gilt auch für Facebook, Xing, Linkedin, Twitter, etc.! XING hat auf Urteil des LG Stuttgart v. 27.07.2014 - Az.: 11 O 51/14 reagiert und Impressum neu gestaltet. Facebook, Linkedin und Twitter derzeit kaum rechtskonform einsetzbar. 17 II.4. Social Media Marketing Haftung des Unternehmens: Für Social Media Aktivitäten von Mitarbeitern: Wirbt ein als Verkäufer tätiger Mitarbeiter eines Autohauses auf seiner privaten Facebook-Seite für den Kauf von Kraftfahrzeugen bei dem namentlich benannten Autohaus unter Hinweis auf seine dienstliche Telefonnummer, haftet das Autohaus für Wettbewerbsverstöße des Mitarbeiters, auch wenn es keine Kenntnis von der Handlung des Mitarbeiters hatte. LG Freiburg, Urteil vom 4.11.2013 - 12 O 83/13 (rechtskräftig) 18 II.4. Social Media Marketing Haftung des Unternehmens: In Affiliate-Netzwerken: Ein Advertiser kann nicht ohne weiteres auf Unterlassung von SPAM-E-Mails in Anspruch genommen werden, die ein über ein Affiliate-Marketing-Netzwerk verbundener Publisher unerlaubt und ohne sein Wissen versendet. LG Stuttgart, U. v. 29.5.2013 - 13 S 200/12 (rechtskräftig) Aber: Ein dem Advertiser zurechenbarer „Beitrag“ (Duldung, Anreizsystem, etc.) kann natürlich Störerhaftung auslösen. 19 Bewertungsportale 20 II.5. Bewertungsportale Nutzerbewertungen haben hohe werbliche Relevanz, da ein Großteil der Internetnutzer sich bei der Produktauswahl auf Bewertungsportalen informieren. Bei Werbung mit Kundenbewertungen kann jede Manipulation irreführend und rechtswidrig sein. Z.B. neutrale oder negative Bewertungen werden nicht oder erst nach Verzögerung eingestellt. (OLG Düsseldorf, U. v. 19.2.2013 - I-20 U 55/12) Dürfte für Portale und Unternehmenswebseiten gelten! 21 II.5. Astroturfing „Astroturfing“ = Bewertungen von Produkten im Auftrag des und gegen Bezahlung durch den Unternehmer Erfasst ist nur Beauftragung von Bewertungen, nicht die Bitte an Kunden, nach tatsächlichem Kauf das Produkt zu bewerten 22 II.5. Astroturfing Rechtliche Bewertung: „gekaufte“ Bewertungen sind grundsätzlich rechtswidrig Wettbewerbswidrig als „Schleichwerbung“ Verstoß gegen Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt Gilt auch für dargestellte „Kundenmeinungen“ auf Webseite, wenn nicht das werbende Unternehmen als Urheber erkennbar ist 23 II.5. Bewertungen in „Rich Snippets“ Angabe zur Produktbewertung in Rich Snippets… …muss den tatsächlich abgegebenen Bewertungen entsprechen. …muss eindeutig erkennen lassen, ob es sich um Nutzerwertungen, eine Expertenwertung oder die Wertung des Seitenbetreibers handelt. …darf keine Schleichwerbung in Form von Astroturfing (s.o.) enthalten. Kopplung mit internem/externem Bewertungssystem ratsam. 24 II.5. unliebsame Bewertungen Müssen sich Unternehmer jegliche Bewertungen gefallen lassen? Meinungsfreiheit wird weit ausgedehnt. Auch z.B. Bewertung eines Hotels als „Hühnerstall“ von Meinungsfreiheit gedeckt. (OLG Stuttgart, U. v. 11.9.2013 – 4 U 88/13) Kein Anspruch gegen Bewertungsportal, unliebsame oder nicht verifizierte Beiträge aus der Bewertungsgrundlage herauszunehmen. (LG Berlin – „Yelp“, U. v. 27.3.2014 - 27 O 748/13) 25 Fazit 26 III. Fazit Die Rechtslage in einigen Bereichen des digitalen Marketing konsolidiert sich Jahr für Jahr mehr. Neue Werbeformen etablieren sich schnell und werfen teils völlig neue Fragen auf. Rechtsunsicherheit und Risiko verbleibt bei den Werbenden, denn die Rechtsfolgen reichen von Abmahnungen bis zu Bußgeldern 27 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Thorsten Jansen, LL.M. Habsburgerring 2 • WESTGATE 50674 Köln T: +49 (0) 221 5340 98-0 F: +49 (0) 221 5340 98-28 E: [email protected] 28