Praxisbeispiel Bildmotiv Den Kundenbedürfnissen auf der Spur Social Media Monitoring im Tourismus Ein Praxisbeispiel des Netzwerks Elektronischer Geschäftsverkehr 2 Impressum Herausgeber KECoS - Kompetenzzentrum E-Commerce Schwaben Lazarettstrasse 1 88250 Weingarten www.kecos.net Text und Redaktion Angelika Reisch Prof. Dr. Wolfram Höpken Grafische Konzeption und Gestaltung Bildquelle Bildarchiv Bernd Reutemann GmbH Stand April 2012 Inhalt | 4 Inhalt 1 Ausgangslage............................................................... 4 2 Zielstellung ................................................................. 5 3 Vorgehen..................................................................... 8 4 Ergebnis / Fazit ..........................................................11 3 1 | Ausgangslage Bewertungsportale im Tourismus Durch die weite Verbreitung des Internets hat sich die Informationssuche mehr und mehr von Offline- zu OnlineQuellen verlagert. Social Media und besonders Online-Bewertungen als eine Form der Mundpropaganda sind inzwischen im Alltag angekommen. 4 Besonders im Tourismusbereich, in dem die Entwicklungen im IKT-Bereich zu fundamentalen Veränderungen geführt haben, suchen und buchen über 50% der Reisenden ihre Reiseunterkunft inzwischen online. Darüber hinaus werden Erfahrungen und Meinungen früherer Gäste als glaubwürdiger angesehen als die Informationen der Anbieter und haben so einen großen Einfluss auf die Reise- und Buchungsentscheidungen. „TripAdvisor.com“ (deutsche Seite: http://www.tripadvisor.de) erzielte im Jahr 2010 monatlich über 50 Mio. Besucher und insgesamt über 40 Mio. Bewertungen bzw. Erfahrungsberichte. Die Besucher von Bewertungsseiten wie TripAdvisor.com oder HolidayCheck.de attestieren Online-Bewertungen einen großen Einfluss auf die Buchungsentscheidung. Potenziale und Gefahren von Bewertungsportalen Feedback ist überwiegend positiv: Menschen schätzen es, wenn Sie nach ihrer Meinung gefragt werden. Sie möchten andere nicht nur vor schlechten Erfahrungen warnen, sie möchten auch ihre positiven Erfahrungen mit anderen teilen. Netzwerkeffekte: Positives aber auch negatives Feedback verbreitet sich rasant und erreicht einen großen Einfluss auf die Entscheidung potentieller Gäste. Integration von Kundenfeedback auf der eigenen Webseite: Auf Bewertungsseiten können Reisen auch direkt gebucht werden - auch bei einem Mitbewerber. Daher ist ein Verweis auf Bewertungsportale nicht empfehlenswert. Statt dessen sollte Kundenfeedback soweit möglich direkt in die eigene Webseite integriert werden. Kundenfeedback bietet Optimierungspotentiale: Online-Bewertungen bieten im Gegensatz zur traditionellen Mundpropaganda die Möglichkeit zu beobachten, zu analysieren und zu lernen. Thema | 4 Mindness® Hotel Bischofschloss Bernd Reutemann, Geschäftsführer und Coach Bernd Reutemann ist Geschäftsführer des Mindness® Hotels Bischofschloss. Das 4-Sterne-Hotel liegt in Markdorf, einer kleinen Stadt im Hinterland des Bodensees mit rund 12.700 Einwohnern und bietet 44 Zimmer, 6 Tagungsräume, ein Wellnessbereich und ein Restaurant. Das Mindness®Hotel ist nach ISO 9001:2000 zertifiziert und hat in den letzten Jahren mehrere, sowohl europäische als auch regionale, Preise für seine Service-Qualität erhalten. 5 Zielstellung Das Management des Mindness®Hotels hat sich mit den großen Herausforderungen der Gästebewertungen auseinandergesetzt und sich zum Ziel gesetzt, mit Hilfe von Social Media Monitoring das Potential der unterschiedlichen Bewertungs- und Buchungsseiten auszuschöpfen und durch systematisches Beobachten und Analysieren der darin enthaltenen Informationen Entscheidungsprozesse in folgenden drei Bereichen zu unterstützen: Verbesserung der Dienstleistung und der Motivation, der Kommunikation mit (potentiellen) Gästen und zur Markt- und Wettbewerbsanalyse. 2 | Zielstellung Verbesserung der Dienstleistungen und Motivation 6 Die detaillierte Analyse von positivem und negativem Gästefeedback bietet dem Management die Möglichkeit, das Unternehmen durch die Augen der Gäste zu sehen. Defizite bei der Dienstleistungserbringung werden dadurch erkannt und Maßnahmen zur Verbesserung beim Service können eingeleitet werden. Somit ist das Feedback von Gästen nicht nur wichtig für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess, sondern auch ein fundamentaler Faktor in Bezug auf die Motivation des Hotel-Managements und des gesamten Personals. Markt- und Konkurrenzanalyse Durch die konsequente Überwachung der Bewertungen von Konkurrenten können die vom Kunden wahrgenommenen Wettbewerbsvorteile identifiziert werden. Auf Seiten wie Booking.com, einem Hotelreservierungsportal, werden die Hotels angezeigt, an denen der potentielle Gast ebenfalls interessiert ist. So können die eigenen Wettbewerbsanalysen abgeglichen werden. Ehemalige Gäste geben auf den Bewertungsseiten oft auch Auskunft über das Preis-Leistungsverhältnis, was über traditionelle Umfragen, die vom Hotel selbst durchgeführt werden, sonst nur schwer ermittelt werden kann. Bei sehr positiver Bewertung des Preis-Leistungsverhältnisses lässt sich so auf eine höhere Zahlungsbereitschaft der Gäste schließen. Kommunikation mit (potentiellen) Gästen Ein drittes wichtiges Potential liegt in der Nutzung von Gästebewertungen für die hoteleigene Kommunikationsstrategie. Anstatt weiter ausschließlich Glanzbilder und schicke Hotel-Beschreibungen zu verwenden - denen von potentiellen Kunden zunehmend weniger vertraut wird im Vergleich zu authentischem Kundenfeedback - werden die ehemaligen Gäste zu Teilzeit-Marketingmitarbeitern für das Hotel, indem aktuelle Gästebewertungen systematisch in den regelmäßigen Newsletter und in der Website eingebaut werden. Das Hotel lernt, was ein Gast im Vergleich zur Konkurrenz schätzt und schließt diesen Aspekt in die Kommunikation mit ein, um neue Gäste zu gewinnen. Zielstellung | 2 aus: http://booking.com 7 Social Media Monitoring • • • • • auch: Beobachten der sozialen Medien Social Media Monitoring befasst sich mit der Identifikation, Beobachtung und Analyse von nutzergenerierten Inhalten im Internet. Ziel ist es, Bedürfnisse, Ansprüche und Bewertungen der eigenen Zielgruppe aufzudecken, Informationen über die Konkurrenz zu erlangen sowie Erkenntnisse über den Markt zu gewinnen. Social Media Monitoring kann entweder manuell durchgeführt werden (z.B. durch die Suche nach Keywords über Suchmaschinen) oder von spezialisierten Social Media Monitoring-Tools übernommen werden. Weitere Informationen finden Sie auch im Leitfaden „Social Media Monitoring – so lernen Sie von Ihrer Zielgruppe im Web. Ein Leitfaden für kleine und mittlere Unternehmen“ aus dem Jahr 2011. Dieser steht kostenfrei unter http://www.ecc-handel.de/social_media-monitoring_-_so_lernen_sie_von_ ihrer.php zur Verfügung. 3 | Vor gehen Vorgehen Potentielle Gäste fällen die endgültige Entscheidung erst, nachdem sie Gästebewertungen der in Frage kommenden Hotels verglichen haben. Auf vielen Bewertungs- und Buchungsseiten wird ein direkter Vergleich in Bezug auf Beschreibung, Fotos, Kundenkommentare und Preise dargestellt. Dies stellt auch eine zentrale Herausforderung dar, denn durch den Besuch dieser Seiten ist der Kunde nur einen Klick davon entfernt, an einen Wettbewerber verloren zu gehen. 8 aus: http://www.iq-check.de Für das Mindness®Hotel war daher auch das große Ziel, den potenziellen Kunden auf der eigenen Webseite zu halten. Aus diesem Grund entschied sich das Hotelmanagement im Jahr 2010 zum System IIQ-Check, welches ein geschütztes Bewertungsportal darstellt ohne die Gefahr der Abwanderung potentieller Kunden zu Konkurrenzanbietern. Das System bietet eine Übersicht über Bewertungen des Hotels auf unterschiedlichen Bewertungsportalen. Es ermöglicht Gästen das Hotel zu bewerten und stellt diese Bewertungen anderen Bewertungsportalen zur Verfügung. Vor gehen | 3 Zur Generierung von Gästefeedback stellt das Tool die Möglichkeit zur Verfügung, Gästen im Anschluss an den Hotelaufenthalt eine automatisch erzeugte „Post-Stay-E-Mail“ mit einem persönlichen Dankschreiben und einem verlinkten Fragebogen zu schicken. Zusätzlich haben die Gäste die Möglichkeit, das Hotel direkt auf der Website zu bewerten, hierfür erhalten sie beim Check-Out ein Passwort. So kann garantiert werden, dass nur „echte“ Gäste eine Bewertung abgeben. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse über die Qualität der Leistungen stehen den Verantwortlichen online in Echtzeit zur Verfügung, geordnet nach Kategorien (Bsp.: Check-In, Restaurant) und Kriterien (Personal, Hardware, Marketing) und können auch mit anderen Zeiträumen verglichen werden. Textantworten lassen sich in einzelne Kategorien zusammenfassen und erleichtern damit die richtige Interpretation einzelner Bewertungen. Durch ein Ampelsystem wird schnell deutlich, bei welchen Punkten Handlungsbedarf besteht und welche Maßnahmen zur Verbesserung einzuleiten sind. Vom Besucher zum Bucher Das Mindness®Hotel hat auf der Startseite ein kleines Übersichtsfenster, ein sogenanntes Widget eingebunden, das die aktuelle durchschnittliche Bewertung und ein kleines Beispiel für einen Gäste-Kommentar zeigt. Beim Anklicken führt das Widget auf eine extra Seite mit kategorisierten Bewertungen und Textantworten, auf der auch Gästebewertungen in weiteren Reiseportalen eingebunden sind. Wenn die Bewertungen den potentiellen Gast überzeugt haben, wird er über den „Hier direkt buchen“-Button wieder auf das hoteleigene Online-Reservierungs-Tool umgeleitet, wodurch Provisionsprämien an Reiseportale entfallen. Das Tool bietet auch die Möglichkeit, eigene Gästefeedbacks über eine Schnittstelle auf weitere Reiseportale zu übertragen, wodurch das Ranking verbessert wird. Zusätzlich können die eigenen Bewertungen auf sozialen Netzwerken direkt auf der Hotel-Website dargestellt werden. 9 3 | Vor gehen Prozessschritte Die einzelnen Prozessschritte stellen sich wie folgt dar: 1 Erstellung eines Anforderungsprofils für das Thema „Kundenbewertung“ sowie Optimierung der Online-Buchungsabläufe. 2 Analyse der am Markt vertretenen Systeme und Auswahl des Systempartners 3 Implementierung des Systems und Sammeln erster Erfahrung - Sensibilisierung der Mitarbeiter und Gäste. 10 4 Individuelle Anpassungen und Feedbackschleifen 5 Integration der Ergebnisse in den hoteleigenen Managementprozess (KVP) 6 Verweis auf Feedbackfunktionalität in sozialen Medien 7 Simulation der Gäste zur Nutzung des Systems als Bewertungsplattform 8 Echtbetrieb Probleme / Kritische Erfolgsfaktoren Ein kritischer Erfolgsfaktor für die Ausschöpfung des vollen Potentials der Bewertungen ist der Einsatz und das Engagement aller Beteiligter. In diesem Fall war der ausschlaggebende Erfolgsfaktor, dass der Geschäftsführer selbst die Strategie, Interaktion und Integration aller Mitarbeiter initiierte. Dennoch mussten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zuerst für die ständige „Bewertung“ durch die Gäste sensibilisiert werden und das Bewußtsein dafür geschaffen werden, dass dieses System Daten zum Projekt • • • • • Investitionssumme: Gebühr zur Nutzng des Systems: 75 Euro pro Monat Personalaufwand: rund 160 h für das Gesamtprojekt. Gewählte Lösung: iiQ-Check-System (www.iiq-check.de) der ConsultiiQ Gmbh aus Goslar Dauer des Projekts: unbekannt Klar bezifferbare Vorteile: bei 1,5 zusätzlichen Übernachtungen pro Monat wird der Break Even Point (die Gewinnschwelle) erreicht. Ergebnis / Fa zit | 4 nicht eingeführt wird, um „Schuldige“ zu überführen, sondern um die Qualität zu messen. Durch das System erhält das Hotel auch regelmäßig positives Feedback von den Gästen - die Kommunikation dieser Anerkennung wurde zu Beginn eher nachrangig gesehen, hat sich aber als wesentlicher Motivationsfaktor für die Mitarbeiter herausgestellt. Das notwendige Monitoring des Bewertungssystems benötigt einen verantwortlichen Mitarbeiter und einen zusätzlichen Zeitaufwand von ca. 1 h pro Woche. Die technische Integration sowie die Implementierung selbst war einfach und sehr kundenorientiert. Ergebnis / Fazit Online-Bewertungen sind für HotelManager von großer Bedeutung und haben ein großes Potential in Bezug auf Service- und Produktverbesserungen, die für Marketing und Public RelationsAktivitäten genutzt werden können. Sie helfen, die hoteleigene Positionierung im Wettbewerb aus der Perspektive des Kunden zu bestimmen und sie sind wertvoll für die Analyse des Marktes und der Konkurrenz. 3 Bezogen auf die Gästebewertungen: Hohe Kundenzufriedenheit und mehrere Auszeichnungen für die Service-Qualität in den letzten Jahren. Der Erfolg der eingeschlagenen Strategie manifestiert sich auf drei Ebenen: 2 ein steigendes Interesse an negativen Bewertungen, da diese als „echter“ eingeschätzt werden 1 Organisationsbezogen: höhere Motivation und mehr Engagement der Mitarbeiter 2 Umsatzbezogen: Positive Gästebewertungen wirken sich auch positiv auf die Buchungszahlen aus und erhöhen somit den Umsatz. Weitere Herausforderungen der Zukunft: 1 ein wachsendes Misstrauen der Verbraucher gegenüber positiven Bewertungen 3 eine abnehmende Lesebereitschaft bei den ausführlichen Kommentaren. Es wird mehr den mittleren Sterne-Bewertungen vertraut. Bewertungseiten werden vor der Buchung nur noch konsultiert, um die eigene Entscheidung zu bestätigen. 11 Das Netzwerk Elektronischer Geschäftsverkehr – E-Business für Mittelstand und Handwerk Das Netzwerk Elektronischer Geschäftsverkehr Das Netzwerk im Internet (NEG) ist eine Förderinitiative des Bundes­ Auf www.ec-net.de können Unternehmen neben ministe­­­­­riums für Wirtschaft und Technologie. Veranstaltungsterminen und den Ansprechpart- Seit 1998 unter­stützt es kleine und mittlere nern in Ihrer Region auch alle Publikationen des Unter­nehmen bei der Einführung und Nutzung NEG einsehen: Handlungsleitfäden, Checklisten, von E-Business-Lösungen. Studien und Praxisbeispiele geben Hilfen für die Beratung vor Ort eigene Umsetzung von E-Business-Lösungen. Mit seinen 29 bundesweit ver­teilten Kom­­pe­­­tenz­­ Fragen zum Netzwerk und dessen Angeboten zentren infor­miert das NEG kostenlos, neutral beantwortet Markus Ermert, Projektträger im und praxisorientiert – auch vor Ort im Unter­­­­­­ DLR unter 0228/3821-713 oder per E-Mail: nehmen. Es unterstützt Mittelstand und Hand­ [email protected]. werk durch Beratungen, Informations­veranstal­ tungen und Publikationen für die Praxis. Das Netzwerk bietet vertiefende Informationen zu Kundenbezie­hung und Marketing, Netz-und Informationssicherheit, Kauf­männischer Soft­ ware und RFID sowie E-Billing. Das Projekt Femme digitale fördert zudem die IT-Kompetenz von Frauen im Handwerk. Der NEG Website Award zeichnet jedes Jahr herausragen­de Internetauftritte von kleinen und mittleren Unter­nehmen aus. Informationen zu Nutzung und Interesse an E-Business-Lösungen in Mittel­ stand und Handwerk bietet die jährliche Studie „Elektro­nischer Geschäftsverkehr in Mittelstand und Handwerk“. www.ec-net.de