Indefinite quadratische Formen.

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Mathematische Mittheilungen
von
A. Meyer.
IV. Ueber indefinite quadratische Formen.
1. Der Satz, dass zwei indefinite ternäre quadratische
Formen, die demselben Geschlechte angehören, äquivalent
sind, wenn ihre Invarianten ungerade und relativ Krim
sind,') lässt sich, wie im Folgenden gezeigt werden soll,
auf Formen mit beliebig vielen Variabeln ausdehnen. Indem ich für die allgemeine Theorie der quadratischen
Formen, namentlich bezüglich ihrer Eintheilung in Ordnungen und Geschlechter, auf die Abhandlungen von Hrn.
Minkowski 2) und H. J. St. Smith3) verweise, beschränke ich
mich hier darauf, die Bezeichnungen zusammenzustellen,
von denen ich in der Folge Gebrauch machen werde.
Ist
f = E aik xi x 7, ' (ai1 = ctia , 2, k = 1, 2, .... n)
eine quadratische Form von n Variabeln mit ganzzahligen
Coefficienten, D = 1 c41 ihre (nicht verschwindende) Determinante, so bezeichne ich (im Anschlusse an Herrn
Minkowski)
mit J den Trägheitsindex von f, d. h. die Anzahl der
Quadrate, welche bei reeller Transformation von f in ein
1) Vergl. meine Inauguraldissertation oder meine Abhandlung
im Journal für Mathematik, Bd. 108.
2) Memoires present ē s par divers savants iti 1'Academie des
Sciences de l'Institut de France, tome 29.
3) Ibid. und Proceedings of the Royal Society, vol. 13 u. 16.
16
XXXV I I. 3 u. 4.
242
Meyer, Mathematische Mittheilungen.
Aggregat von n Quadraten linearer Formen mit negativem
Vorzeichen erscheinen;
mit dh-i den grössten gemeinschaftlichen positiven Theiler
aller Unterdeterminanten W en Grades von cazaj , so dass also
= (-1)Jdii_ 1 ;
dh —1
dh—2 dh
d11
mit on die (ganze) Zahl d
• d
=
cl 2
h 1
/a-2
lt - 1
-
mit a,. d
den grössten gemeinschaftlichen positiven Theiler aller einfachen symmetrischen und zweifachen unsymmetrischen Unterdeterminanten fiten Grades von I ca.2 ^f. I , so
dass also va = 1 oder 2 ist.
Die Zahlen
1 , G2
(6
0/
o
1^
02 ,
0n
1,
^ n-
,J
heissen die (Ordnungs-) Invarianten der Form f und die
Form heisst primitiv, wenn de = 1 ist, und zwar eigentlich oder uneigentlich primitiv (ungerade oder gerade nach
Smith), je nachdem ^ = 1 oder = 2 ist.
Ist, wie im Folgenden immer vorausgesetzt werden
soll, f primitiv und wird
1
8 a
J
d n-2
^
(— 1 ) CL,z— i + 1, n -7c +1
^ a7c
gesetzt, so ist die Form
f'= ^cc z,tc x^ ic , (1
,
ii= 1,2,... n)
ebenfalls primitiv und heisst die Adjungirte von f. Ihre
Invarianten sind
do = 1 , G^Z = G
, o;, = O,y 1a , J' = J (h = 1,2.... n-1).
-
-
2. Der Beweis (Art. 4) stützt sich auf folgenden
Hilfssatz :
Zwei primitive quadratische Formen f lind
g von n Variabeln mit denselben Invarianten
Meyer, Mathematische Mittheilungen.
G, 7 62 ,
ot,
243
J-
, 6n - 1
o2
sind (eigentlich oder uneigentlich) äquivalent,
wenn beide eine und. dieselbe primitive Form
cp von n -1 Variabeln mit den Invarianten
^
c, ; 62 7
,
, an - 2
01 7 02
^
^ ^ a-2
J,
Gn -1
vn
eigentlich darstellen, wo der Factor m eine in
2 0, 02 ... o,t_ 1 nicht aufgehende Primzahl ist.
Beweis : Es sei
(b,ik = bki ;i,k= 1,2, ... n-1)
op=f ba, ei eir
.
Da cp durch f eigentlich darstellbar ist, so sind die Grössen
(_1)J ö ^ 2k
Nie
C 22—i "—k
cl ,2-3
bik
ganze Zahlen und die Congruenzen
— o _ cik = b,i bk (mod. an_1 m) , (i, 7c = 1, 2, 3, ... n-1)
lösbar, 1) und zwar gibt es, weil m eine ungerade Primzahl
ist, nur zwei (mod. on-, m) incongruente Lösungen
,,
(b', b'2 ,
b'iz_ 1)
,
und
(
—
b',
7
7 —b'2 >
—
Wird nun
J– J'
(-1) en-- 1 m
( - 1) J
=
Cln_ 2
b
ie
I
= b'
en-1 cilc T bi
7
b'
gesetzt, so muss die Adjungirte f' von f mit
1, ^ a-1
1, n-1
Tü e' ei --i-)^ 4, ei
B' = b' e'2 + 2
1
) Minkowski,
a. 0. Art. IVII.
ik
Meyer, Mathematische Mittheilungen.
244
oder mit
n-1
B,1=b' l'2- 21,2;bi
i
1, n-1
ei 4- i,7c bik eiek
eigentlich, also mit B' eigentlich oder uneigentlich äquivalent sein, daher f mit der Adjungirten B von B'. Das-- selbe gilt von g.
Somit sind auch f und g eigentlich
oder uneigentlich äquivalent.
3. Jede primitive indefinite Form f der Invarianten
61i 62,
1,n
• 6iz _ 1
ist einer Form E aik x i x1 äquivalent, in
!
1,n-1
welcher der Bestandtheil
E all, xi xi^
i,
eine primitive inde-
finite Form der Invarianten (01,
G" 62
, 69z-2
ist,;
02.. ..,017-2677_4b)
wo
a11
und b zu jeder beliebigen Zahl N relativ prim sind..
Ist nämlich die Determinante v von f in Primfactoren zerlegt = 2" p , ß1 p7 132 ... , so werde, was erlaubt
ist, zur Vereinfachung N durch 2"+ 2 plßt +1 1,213 2+1
theilbar angenommen und sodann f in eine Hauptrepräsentante') (mod. N) ihrer Klasse
1, n
g
= Z: CGi]c x i
i, lc
xlc
1,71-1
X a ;k xi x1 die Invai, k
u11 'riante und b prim sind
wo —
transformirt. Dann hat die Form 99 =
(
2
GI, 62
, 6„-
0 1, 021
, 0n-2 6n-1")
61
zu N, also auch zu 2 4.
Ferner ist 99 primitiv. Denn da eil prim ist zu 2 4l
1
und a, 2 für a, = 2 ungerade, so könnten die Coefficienten aik von 99 nur Primfactoren gemein haben, welche in
1
) Vergl. Minkowski, a. a. 0. Art. III.
Meyer, Mathematische Mittheilungen.
245
2 a nicht aufgehen. Wären aber alle diese Coefficienten
durch eine solche Primzahl theilbar, so wären es auch
die Grössen Ain =
a , was mit der Gleichung
an
a il A il + ai2Ai2 +
+ain A .in
=
d
im Widerspruche ist.
Für J = 1 oder n-1 könnte indessen cp definit
werden. Dann ist eine weitere Transformation nothwendig, wobei es genügt den Fall zu behandeln, dass 97 eine
positive Form ist. Da die Adjungirte g' = X a;/, x i x ic
von g indefinit ist, lassen sich ganze Zahlen ei so bestimmen, dass X ailc e i
negativ (= — 112) wird, und
zwar ist dabei wenigstens eine der Zahlen 1
von null verschieden, da ān = w > 0 ist. Ist nicht
,
-
2 ,
m2
(
null, so wende man auf g' die Substitution an
10
01
(S'
)
=
0......
0
0 0 . . . . 1 ;1-1
00
eN. . .
µ lY . .
t,
N
e, e N
ei N
.
wo ^ g e vorläufig unbestimmte ganze Zahlen bedeuten;
d. h. man setze
,
,
xk =y7c +^r
e NJn
(Ic = 1,2, .... i-1, i -I- 1 ,
eNyn
xi = (1-i-2,N)yi
I3ierdurch geht
, xn=ANyi-{-(1-{- en e N) yn
g' in eine Form
^
.
bi yz yk über, in
welcher
bnn =
E2
N2 ^ a i7c
ei
lc
+ 2 ; N E ātn ; f
66ota ,
(2, k = 1, 2, . . . 72)
Meyer, Mathematische Mittheilungen.
246
= 2 N 2 j{
—
1
IYC
I a ht
2 a nn
•
}
und man kann so gross nehmen, dass bn, negativ wird.
Ausserdem kann man
durch ei theilbar machen, wodurch 1 +
N und i; ^ r N relativ prim werden und 21.
und ,u sich so bestimmen lassen, dass die Substitutionsdeterminante
^
IS! =(1-I-
N) ( 1 +tt /V) — Ftt N2 = 1
wird oder
(1
+
z—
z
N.
en
Durch die adjungirte Substitution (5) von (SO geht dann
in eine Form über, welche alle verlangten Eigenschaften besitzt.
Es leuchtet ein, dass sich jede durch cp eigentlich
darstellbare Zahl auch durch g und somit durch f eigentlich darstellen lasst. Wendet man auf 99 wiederum dasselbe Verfahren an wie auf f u. s. w., so kommt man
zum Schluss, dass sich durch f jede Zahl (eigentlich) darstellen lässt, welche durch eine gewisse primitive indefinite tertiäre Form der Invarianten ( ei ' G2
) , J' darstellbar ist, wo b prim ist zu 2 oi 02 .
Ist f eigentlich primitiv und 0, und 02 ungerade und
relativ prim (also GI = G 2 = ^3 = 1), so kann man durch
jene tertiäre Form, somit auch durch f jede mit o, 0 2 b
theilerfremde Zahl na eigentlich darstellen, für welche
g
m
^
^ 2f
ist in Bezug auf jeden Primfactor p, von o, und
J,
(— 1) o2 b
m - 1, 2, 3, 5, 6 (mod. 8) ,
Meyer, Mathematische Mittheilungen.
247
also auch alle in gewissen Linearformen 8o, 09 b x -f k
enthaltenen Zahlen. 1)
4. Bei Beschränkung auf eigentlich primitive Formen ungerader Determinante (also 61 =62 = ... = a„_ 1=1),
lässt sich jetzt durch den Schluss von n-1 auf n der
Satz beweisen:
Zwei indefinite primitive Formen der ungeraden Invarianten (,,' z,....o ) sind (eigentlich
oder Lideigentlich) äquivalent, wenn sie demselben Geschlechte angehören und in der Reihe
01 , 02 , .... of_i zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Zahlen vorkommen, welche relativ prim
sind.
Beweis: Die beiden Formen seien f und f1 . Durch
dieselben lässt sich nach dem Vorigen jede ungerade
Zahl darstellen, welche in gewissen Linearformen
,
8 o t o2 b x -I- Je und 8 0 1 o2 b, x + Ie, , (bb, prim zu 2 0 1 02)
(L)
bezw. enthalten ist. Für k und k 1 können alle Zahlen
der Reihen
1, 3,5,...., 8 0 1 02 b — 1 und 1,3,5,...., 8 ot o2 b1 -1
bezw. genommen werden, welche zu 2 0 1 02 b und 2o, 02 b1
bezw. relativ prim sind, für welche ferner
(
(
Pi
)
(
11
•pi) (pt )
)
ist in Bezug auf jeden Primfactor p1 von o1 und
J'
k- (-1) ro2 b , k,e (-1) (
r10 2
b, (mod.8) 3
wo r, r1 beliebige der Zahlen 1, 3, 5 bedeuten. Da sich
1
) Vergl. meine Inauguraldissertation, S. 30, wo J`= 1 ist.
Meyer, Mathematische Mittheilungen.
248
nun die Zahlen r, r, offenbar immer so wählen lassen,
dass k - k, (mod. 8) wird, so haben die Linearformen
(L) eine gewisse Anzahl von Linearformen
(L,)
8
0, 0,
b, x
gemein, wo b2 das kleinste gemeinschaftliche Vielfache
von b und b, bedeutet und k 2 zu 8 0, 02 b2 relativ prim
ist, und alle Zahlen der Form (L,) lassen sich durch f
und f, zugleich eigentlich darstellen. Unter denselben
gibt es unendlich viele positive Primzahlen. Ist n2 eine
derselben, welche in der Determinante von f nicht aufgeht, so lassen sich durch die Adjungirten f' und fr
bezw. primitive Formen cp' und cp," von n —1 Variabeln
und der Determinante (-1) J d,_2 m eigentlich darstellen. Ist n gerade, so können cp" und qqi nur die lnvarianten
(1
O n. - 1
haben. 1) Ist
n
, 1
,
' 0n - 2
'
, os, 02 m
,
ungerade, so könnte cp' (und cpi) auch die
,1
,
, 1, 2 )
, 03,02m ,
' 0,, -2 '
haben, jedoch nur, wenn in der Darstellung der Zahl m
durch die Form f alle Variabeln ungerade Werthe erhalten. 2) Dies lässt sich aber immer vermeiden. Denn
wird die Form f wie in Art. 3 präparirt angenommen,
so ist (weil o1 o
2 .. o z-1 ungerade)
Invarianten
(2
0 ,,_
^
= xi -I- x20 -t-
+ xn (mod. 2) .
Setzt man xn = 0, so bleibt eine eigentlich primitive indefinite Form von n-1 > 4 Variabeln übrig, von welcher
1) Minkowski, a. a. 0. p. 133.
2) Ibid. p. 128.
Meyer, Mathematische Mittheilungen.
249
der zu beweisende Satz gilt und durch welche (vergl. den
folgenden Art.) jede Primzahl m dargestellt werden kann,
die in 2 0, 0 2 ... on_1 nicht aufgeht und der Bedingung
) in Bezug auf jeden Primfactor P, von o,
=
genügt. Also lässt sich auch m durch f so darstellen,
dass xn gerade ist und dann muss cy' die Invarianten
1
, 1,1 ,
1
cp' .
> a ^2 772 ) J haben. Dasselbe gilt von 1
o,Z _ 1
(
f
Paz-1 >
(
^
Hiernach gehören rp und VI auch demselben Geschlechte an, 1) sind also nach Voraussetzung äquivalent,
wenn in der Reihe o,n_1 , o72_2 , , 03 , 0 2 m zwei unmittelbar
.aufeinanderfolgende Zahlen vorkommen, ,welche relativ
prim sind. Dann stellt fi auch die Form 99' dar, ist also
mit f' äquivalent (nach Art. 2), daher auch f1 mit f.
Gäbe es in der Reihe o n_1 , on _ 2 , .. .. , 03 , 0 2 keine
zwei aufeinanderfolgende theilerfremde Zahlen, so müssten
der Voraussetzung zufolge 0, und 0 2 relativ prim sein.
Dann würde man statt von f undJ von ihren Adjungirten
und f; ausgehen und wiederum zu demselben Schlüsse f'
kommen.
Da nun der Satz für n=3 bereits bewiesen ist, gilt
,er allgemein für jedes n.
5. Zur Vervollständigung des Beweises bleibt übrig,
unter Beibehaltung der im vorigen Artikel gemachten
Bedingungen die durch die Form f eigentlich darstellbaren Zahlen zu betrachten. Da die Darstellung einer
negativen Zahl — m durch f auf diejenige von m durch
J' zurückkommt, wird es genügen, nur positive Zahlen
m in Betracht zu ziehen, wobei ich mich ausserdem auf
den Fall beschränke, das in prim ist zu 2 0, 02 ...
1
) Minkowski, a. a. 0. p. 135.
Meyer, Mathematische Mittheilungen.
250
Um nun m durch die eigentlich primitive Form f
der Invarianten
1
(
1
ot >
1
oz >
) J (0 < J<n)
> 0 n- 1
darzustellen, hat man eine primitive Form qo' der Inva, 1 ,
rianten
(1
, 1,1 )
o9t -1 ,
o72-2 ,
, 03 ,
02r
oder auch (wenn n ungerade) der Invarianten
1, 2
1
0 3 , o2 m )
on_2
o7a-1
2
zu suchen, welche für jede dieser Ordnungen einem durch
dasjenige von f' völlig bestimmten Geschlechte angehören
muss. 1) Im 'ersten Falle existirt das betreffende Geschlecht für n > 3 immer, wenn
(
(m
)
(2
^
(1
)
ist in Bezug auf jede in 0 1 aufgehende Primzahl p,. 2)
Alsdann lässt sich eine Form finden, welche mit f in dasselbe Geschlecht gehört, also mit f äquivalent ist und
in welcher m der Coefficient des Quadrats einer Variabein
ist, woraus sofort die Darstellbarkeit von m durch f folgt.
Daher lässt sich unter der Bedingung (m) jede mit
2 0i 02 .. o theilerfremde Zahl m durch f darstellen.
1
) Minkowski, a. a. 0. p. 135.
2) Ibid. p. 139.
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