Apr. 2004 – «Neue Herausforderungen mit system. Planung

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40 Marketing
Strategische Beratung
Neue Herausforderungen mit
systematischer Planung angehen
Die täglichen Entscheide zum laufenden Geschäft dominieren alles. Trotzdem muss immer wieder
überdacht werden, wie und was das Unternehmen zu bieten hat. Das braucht Zeit und Kraft, die
oft fehlt. Hier können externe Berater einspringen.
Johannes Müller
«Kann ich mir Marketing leisten?» Mit diesem global gefassten Wortlaut sollte die
Frage von keiner KMU-Geschäftsleitung
gestellt werden. Turbulente Zeiten hin oder
her. Wer an seine unternehmerische Idee,
seine Dienstleistung, sein Produkt glaubt,
darf das Marketing nicht nach den Theorien von «Reiner Zufall» betreiben. Nachhaltiger Erfolg erzielt nur, wer neue
Herausforderungen rechtzeitig erkennt
und ihnen schnell und überzeugend mit
Lösungen oder Angeboten begegnet. Dazu
braucht es eine systematische Planung.
Den Spiegel vorhalten
Gerät ein Unternehmer ins Stocken, wenn
ein potenzieller Kunde nach den Stärken
und Leistungen seines Unternehmens fragt,
ist genau da anzusetzen. Gleich zu Beginn
muss man sich darüber klar sein (oder
werden), wohin man mit seiner Firma will
und wie die Ziele erreicht werden können.
Als Zweites führt man vor Augen, was
das Unternehmen zu bieten hat, welche
Tätigkeiten es sehr gut, gut und welche es
weniger gut beherrscht. Aber auch, wel-
KMU-Magazin Nr. 3, April 2004
ches Angebot oder welche Dienstleistung
es besser nicht anbietet. Ziel dieser Übung
ist, dass man – wann immer man danach
gefragt wird – wie aus der Pistole geschossen das Angebot aufzählen kann.
Der dritte Schritt ist den Mitbewerbern
gewidmet: Was bieten diese, wie preisen
sie es an, wo sind sie besser, wo schwächer? Sind diese Fragen geklärt, folgt als
vierter Schritt die Überlegung, wohin sich
die Branche entwickelt. Welche technologischen Fortschritte, welche gesellschaftlichen Veränderungen sind zu erwarten?
Welchen Einfluss haben sie auf das eigene
Geschäft, auf das eigene Angebot?
Umkehr der Sichtweise
Der letzte Schritt dieser Bestandesaufnahme befasst sich mit dem wichtigsten
Faktor: den Kunden. Die modernen Kommunikationsmittel haben ihre Spuren hinterlassen. Die Kommunikation ist offener.
Informationen über sich selbst und die
Mitbewerber sind einfach zu haben. Das
hievt Kundinnen und Kunden in eine stärkere Position. Der frühere Anbietermarkt
hat sich zum Nachfragemarkt entwickelt.
Die Meinungen und Bedürfnisse der Kunden sind demnach von zentralem Interesse. Sie zu kennen, ist überlebenswichtig.
Marketing 41
Unterstützung von aussen
Beispiel aus der Praxis
Marketing ist Chefsache. Allerdings heisst
das nicht, dass der Chef alles selbst
machen muss. Zwei Gruppen von Menschen können ihm dabei helfen: die Mitarbeitenden und ein externer Berater. Die
Mitarbeitenden, weil sie das Geschäft, das
Angebot und die Kunden ähnlich gut wie
der Chef oder noch besser kennen, ein
externer Berater, um Sitzungen und Workshops vorzubereiten und Erarbeitetes zusammenzufassen und in eine Form zu
bringen, wie sie für die weitere Arbeit notwendig ist. Einen externen Berater auch
deshalb, weil er von aussen kommt und
dadurch nicht mit den Alltäglichkeiten der
Firma vor- und belastet ist und dadurch eine erfrischende Distanz zu allen Interna hat.
Nachfolgend wird ein reales Beispiel aus
der Praxis abgebildet. Es handelt sich um
eine Familien-AG im Druckereigewerbe, die
1886 gegründet wurde und zurzeit 36 Mitarbeitende beschäftigt.
Generationenwechsel in der Geschäftsleitung. Trotz intern vorhandenem Marketingwissen soll ein externer Berater die Aktualisierung der Marketingstrategie begleiten. Drei Gründe sind für den Geschäftsführer ausschlaggebend: die ohnehin knappen persönlichen Zeitressourcen,
die Distanz zum Tagesgeschäft und der
schwierige Transfer von theoretischem
Wissen in die praktische Umsetzung.
Die richtige Planung
Externe Hilfe bei der Entwicklung strategischen Marketings und bei der Definition
der konkreten Massnahmen in Anspruch
zu nehmen, ist sinnvoll. Aber nur unter der
Prämisse, dass die Unterstützung an Ort
stattfindet, also im Betrieb. Denn genauso
wichtig, wie die Resultate für das Marketing, ist der Weg dahin. Die Auseinandersetzung mit sich, dem Unternehmen
und der eigenen Aufgabe löst bei allen
Beteiligten einen Lernprozess von unschätzbarem Wert aus. Daraus entstehen
eine spürbare Einstellungsveränderung und
ein nachweislich höheres Engagement.
Beim ersten Briefing mit der Geschäftsleitung wird der Rahmen der Zusammenarbeit abgesteckt. Der Geschäftsleiter ist
mitten in der Neupositionierung der Firma
und mit der Unternehmensstrategie, dem
Leitbild und der Organisationsstruktur befasst. Da dies die Grundlagen des neuen
Marketings sind, wird der Coachingauftrag sinnvollerweise auf diese Bereiche
ausgedehnt. Mit diesem Briefing zurück in
seinem Büro, entwirft der Berater den
konkreten Ablaufplan. Darin sind Phasen,
Ziele, Methoden, Zeitaufwand und Kosten
festgehalten. Nachdem die Geschäftsleitung diesem Fahrplan zugestimmt hat,
macht der Berater eine Bestandesaufnahme vorhandener Arbeiten zum Thema: Diplomarbeiten aus Führungskursen, Unterlagen aus Lehrgängen, frühere Massnahmen, Angefangenes und Unausgereiftes.
Alles zum Thema «Unternehmensstrategie
& Marketing» ist von Interesse; Gedanken, die von jemandem im Unternehmen
bereits einmal festgehalten wurden, müssen nicht noch einmal gesponnen werden.
Aufgaben koordinieren
Die Bestandesaufnahme hat zum Erstaunen aller gezeigt, dass die Unternehmensstrategie, die Positionierung, die Definition
der strategischen Geschäftsfelder und das
Leitbild bis auf wenige Lücken bereits bestehen. Eine Basis, die ein speditives und
Ergebnis-orientiertes Vorgehen erlaubt.
Zusammen mit dem Geschäftsleiter vervollständigt der Berater die Grundlagenpapiere in drei intensiven Sitzungen. Die
definitiven Formulierungen und die saubere Aufbereitung der Arbeitsergebnisse
sind Aufgabe des Beraters. Zwei Vorteile
entstehen daraus: Der Geschäftsführer
kann sich auf das Tagesgeschäft konzentrieren, während der Berater die Resultate
in Ruhe überprüft und die nächsten
Schritte plant.
Brainstorming-Regeln
1. Jegliche Kritik ist ausgeschaltet.
2. Je mehr Ideen, desto wahrschein
licher ist ein Treffer.
3. Jede Idee ist willkommen, ohne
Rücksicht auf Anwendbarkeit und
Nützlichkeit.
4. Jede Idee wird sichtbar für alle
Teilnehmer grosszügig notiert.
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Wichtige Informationen über Kunden,
Mitbewerber und Entwicklungstendenzen
in der Druckereibranche sind bei allen Angestellten in leitender Position und im Verkauf mannigfaltig vorhanden. Eine kostengünstige Quelle an breitem Wissen und
langjähriger Erfahrung. Sie gilt es für die
weiteren, wichtigen Schritte nutzbar zu
machen. Dieses aus der täglichen Arbeit
entwickelte Know-how ist wertvoller und
konkreter als die Resultate aus aufwändigen Marktforschungen. Hier hilft den
KMU die Nähe zum Markt. Dieser Vorteil
führt schneller auf die Zielgerade.
Die Kundensicht bestimmt
Der selbe Workshop soll Klarheit darüber
verschaffen, welche starken Verkaufsargumente (key buying factors) innerhalb
der einzelnen Geschäftsfelder angebracht
werden müssen. In Kleingruppen werden
in Form von Brainstormings alle möglichen Argumente gesammelt. Auch hier zeigt,
sich wie Zeit sparend und nützlich der reiche Erfahrungsschatz der Verkaufsmitarbeiter ist. Die Resultate werden im Plenum
zusammengetragen und gemeinsam nach
Wichtigkeit unterteilt. Was den Coach nun
brennend interessiert, ist die Einschätzung
der eigenen Stärken gegenüber diesen Verkaufsargumenten. Diese persönlichen Statements macht jedes Teammitglied mit einem einfachen Forumlar als Hausaufgabe.
Vorgehen entwickeln
Die Knochenarbeit ist gemacht. Die Verkaufsmitarbeiter kümmern sich wieder um
ihre Kunden und deren Anliegen, die Geschäftsleitungsmitglieder um ihre täglichen Aufgaben. Jetzt ist die kreative Zeit
des Beraters gekommen. Die Resultate
sämtlicher Themen sind in einer Matrix
Vorschläge aus dem Team
Die strategischen Geschäftsfelder sind
definiert, das Leistungprogramm bekannt.
An dieser Struktur wird gemessen, wo die
Mitbewerber besonders stark, Mittelmass
oder eher schwach sind. Dazu lädt der
Berater das ganze Verkaufsteam zu einem
Workshop ein. Die angeregte Diskussion
zeigt, dass die täglichen Gespräche mit
Kunden und Lieferanten ein sehr genaues
Bild über die Mitbewerber zeichnen. Als
Nächstes wird diskutiert, inwiefern technische oder gesellschaftliche Entwicklungen
Einfluss auf die Geschäftsfelder und somit
auf das Angebot haben werden.
Polaritätenprofil nach Geschäftsfeldern
Interessensfelder
Je grösser der grüne Bereich, desto interessanter ist
das Unternehmen für den Kunden. Im blauen Bereich
gilt es, bestehende Kunden eng zu binden.
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Aus diesem Profil lassen sich wirkungsorientierte Massnahmen ableiten. Zum Beispiel: Priorisierung von GF 5
oder interne Ausbildung in GF 7.
Marketing 43
festgehalten. Durch Kombination und
Verknüpfung der Betrachtungswinkel
kann er unterschiedliche Schlüsse ziehen
und entsprechende Massnahmen ableiten. Nicht nur das taktische Marketing
bekommt seine Impulse aus dieser
Auswertung. Sie deckt zugleich
Ausbildungsmängel auf, gibt Anlass,
Investitionsentscheide zu überdenken,
Prozesse zu Gunsten einer besseren
Wertschöpfung neu zu definieren und
stellt gewisse Angebote infrage.
halten, und Gespräche mit Lieferanten
sind konkreter geworden. Man hört seither besser hin. Die Geschäftsleitung plant
interne Kurse, um Wissenslücken zu füllen,
und hat eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die Arbeitsabläufe in attraktiven,
aber (noch) nicht rentablen Geschäftsfeldern optimiert. Die letzte Aufgabe des externen Beraters ist es nun, die Marketingmassnahmen zu erarbeiten, die zielgerichtet und wirkungsorientiert die weiteren
Geschäfte des Unternehmens unterstützen.
Vielseitig positive Effekte
Der Kreis schliesst sich
Seit der Gruppenarbeit und der Präsentation der Resultate ist im Verkaufsteam die
Sensibilität gegenüber der eigenen Arbeit
merklich gestiegen. Die Pflege der Kundenkontake hat eine neue Bedeutung er-
Dies ist ein reales Beispiel aus der Praxis.
Das beschriebene Unternehmen steht für
Tausende anderer KMU in der Schweiz. Es
zeigt exemplarisch, wie KMU in relativ kurzer Zeit wirkungsorientierte Massnahmen
entwickeln, die zu markt- und kundengerechten Angeboten führen: durch systematisches Vorgehen, solide Basisarbeit,
durch Nutzung eigener Potenziale und mit
Hilfe eines externen Beraters. Allerdings
ist dieser Prozess nie abgeschlossen ist. Er
ist ein andauernder Lern- und Erneuerungszyklus im Sinne kontinuierlicher Verbesserungsprozesse (KVP) quer durch alle
Organisationseinheiten.
Der Lern- und Erneuerungszyklus
Fragen?
Johannes Müller
Berater, Konzepter, Texter
Mitinhaber
Schenk, Müller & Partner AG
Werbeagentur ASW, Basel
www.smpbasel.com
Der Prozess «Marketing» ist ein kontinuierlicher Lern- und Erneuerungszyklus.
ASW, Allianz Schweizer
Werbeagenturen
Ankerstrasse 53, 8026 Zürich
Telefon 01 831 15 50
www.asw.ch
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