Essstörungen_von Gontard Erwachsenenvorlesung

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Anorexia nervosa und andere
Essstörungen
Alexander von Gontard
Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
Universitätsklinikum des Saarlandes
Homburg
Diäten
• Diät: Risikofaktor für Ess-Störung
• England:
• 30-50% der 9-jährigen Mädchen will dünner
sein, 10-20% haben Diät durchgeführt
• 30-70% der Teenager haben Diät durchgeführt
• 60% der 12-15jährigen Mädchen: Aussehen
größtes Problem
• Diät assoziiert mit negativem Selbstwertgefühl
Barbie im Vergleich
Height
Average
woman
5’4”
Barbie
Store
mannequin
6’0”
6’0”
Weight
145 lbs.
101 lbs.
Dress size
11-14
4
Not
available
6
Bust
36-37”
39”
34”
Waist
29-31”
19”
23”
Hips
40-42”
33”
34”
Spezifische Essstörungen
• Anorexia nervosa
• Bulimia nervosa
• Binge Eating Disorder (nur nach DSM-IV)
Anorexia nervosa nach ICD-10
• Körpergewicht mindestens 15% unter der
Norm, bzw. BMI <= 17,5
• Selbst herbeigeführter Gewichtsverlust
• Körperschemastörung
• Endokrine Störungen
• Bei Erkrankungsbeginn vor Pubertät
Störung der pubertären Entwicklung und
Wachstum (oft reversibel)
Anorexia nervosa
• Prävalenz: 0,3-1,0%, Zunahme
• Altersgipfel 14 Jahre
• 90% weiblich, 10% männlich
• Kindliche Anorexie (10-14 Jahre) 5% aller
Formen, deutliche Zunahme
Anorexia nervosa: Altersspezifisch beginnende
Störung
Körperliche Zeichen und Symptome
Anorexia nervosa
•
•
•
•
Komorbidität:
Zwangssymptome 40-50%
Angstsymptome 40-80%
Depressive Symptome 20-70%
Anorexia nervosa: Ursachen
• Genetische Faktoren: gemeinsames
Risiko für Anorexia nervosa und Bulimia
nervosa
• Perinatale Risiken: u. a. Frühgeburtlichkeit
Anorexia nervosa
•
•
•
•
•
•
•
Temperament und Persönlichkeit:
Beharrlich und zäh
Rigide
Introvertiert, Perfektionismus
Gute Intelligenz
Familie:
Behütend, einengend, ängstlich, harmonieorientiert
• Keine anorexie-typischen Interaktionen
Anorexia nervosa
•
•
•
•
Soziokulturelle Risikofaktoren:
Höhere Prävalenz bei Models, Sportler
Schlankheitsideal
Rollenerwartungen
Behandlung
Ziele:
1. Normalisierung des Essverhaltens:
Diätberatung; 3 Haupt-, 3
Zwischenmahlzeiten
2. Gewichtszunahme bis Endgewicht:
Zunahme von 500g (-1000g)/Woche
3. Bearbeitung der Grundproblematik:
Einzelpsychotherapie unter
Einbeziehung der Familie
Prognose: Anorexie
• Günstiger geworden:
• Heilerfolg: 70-80% (früher 40-50%)
• Mortalität: 2% (früher 6-10%)
• Jugendliche > Kinder
• Kinder/Jugendliche >> Erwachsene
• Andere Faktoren wie Krankheitsdauer,
Ausmaß des Gewichtsverlustes wichtig
Bulimia nervosa nach ICD-10
• Andauernde Beschäftigung mit Essen und
Heißhungerattacken, bei denen große Mengen
Nahrung in kurzer Zeit konsumiert werden
• Kompensatorische Verhaltensweisen, z.B.
induziertes Erbrechen, Laxantienabusus, etc.
• Körperschemastörung
• Häufig Anorexia nervosa in der Vorgeschichte
Bulimia nervosa
•
•
•
•
Prävalenz:
1-2%
Überwiegend weiblich
Gipfel: 16-19 Jahre
Bulimia nervosa
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Temperament und Persönlichkeit:
Weniger kontrolliert
Frustrationstoleranz geringer
Sexuell aktiver
Extrovertierter
Komorbidität:
Zwangssymptome
8-33%
Angstsymptome
30-70%
Depressive Symptome 20-70%
Behandlung
Ziele:
1. Normalisierung des Essverhaltens
2. Unterbrechung des Teufelkreises von
Essen und Erbrechen
3. Bearbeitung der Grundproblematik:
Einzelpsychotherapie unter
Einbeziehung der Familie
4. Pharmakotherapie: SSRI
Prognose: Bulimie
• Heilerfolg: 30-60%
• Mortalität: 0,5-1%
Binge Eating Disorder
•
•
•
•
•
Diagnose nur nach DSM-IV (nicht ICD-10)
Wiederholte Episoden von Essanfällen
Kontrollverlust und Völlegefühl
2 Tage/Woche über 6 Monate
Kompensatorische Verhaltensweisen wie
Erbrechen, Fasten oder körperliche Aktivität
fehlen
• 1% der erwachsenen Frauen, keine exakten
Daten bei Jugendlichen
• Kann mit Adipositas assoziiert sein
Spezifische Essstörungen
• Anorexia nervosa (F50.0):
• Frühestens ab 7 Jahren
• Bulimia nervosa (F50.2):
• Ein Fall unter 10 Jahren
• Binge Eating Disorder
(DSM-IV):
• Ab 6 Jahren
17
• Spezifische Ess-Störungen:
• Körperschemastörung, Jugendalter
• Atypische Ess- und Fütterstörungen:
• keine Körperschemastörung, Kindesalter
Fütterstörungen
• Essen nicht
unabhängig möglich,
Nahrungsaufnahme in
dyadischen
Beziehungen
Essstörungen
• Essen unabhängig
von Bezugspersonen
möglich
Klassifikation
ICD-10 und DSM-IV
• Fütterstörung im frühen Kindesalter (F98.2):
• Eine für das frühe Kindesalter spezifische Störung beim
Gefüttertwerden mit unterschiedlicher Symptomatik
• Nahrungsverweigerung, wählerisches Essverhalten,
Rumination, Gewichtsstörung, Ausschluss organischer
Erkrankung
• Pica (F98.3):
• Verzehr nicht essbarer Substanzen, ab Alter von zwei
Jahren, zweimal pro Woche, mindestens ein Monat
• Rumination (DSM-IV):
• wiederholte Regurgitation und Widerkäuen von Speisen,
mindestens ein Monat, Ausschluss organischer
Erkrankungen
Klassifikation
Fütterstörungen
• ICD-10 und DSM-IV:
• Zu allgemein, zu selten,
klinisch nicht relevant
• Neue
Klassifikationsvorschläge der
DC: 0-3R und RDC-PA:
• 6 verschiedene Subtypen
• sehr viel differenzierteres
diagnostisches und
therapeutisches Vorgehen
• Hohe Praxisrelevanz
Klassifikation: atypische
Essstörungen
• Emotionale Störung mit
Nahrungsvermeidung
• Selektive Ess-Störung
• Nahrungsphobie
• Nahrungsverweigerung
• Funktionelle Dysphagie
• Durchgängiges Verweigerungssyndrom
Emotionale Störung mit
Nahrungsvermeidung
•
•
•
•
Nahrungsvermeidung
Gewichtsverlust
Emotionale Störung
Keine abnorme Beschäftigung mit Gewicht
und Körperschema
• Keine Erkrankung des ZNS, Psychose
oder Medikamentenabusus
Selektive Essstörung
• Eingeschränkte, einseitige Auswahl von
Nahrungsmitteln (für mindestens zwei Jahre)
• Verweigerung neue Nahrungsmittel
auszuprobieren
• Keine abnorme Beschäftigung mit Gewicht und
Körperschema
• Gewicht kann normal, erniedrigt oder erhöht
sein
Nahrungsphobie
• Phobie (objektbezogene Ängste)
assoziiert mit Essen
• Oft sekundär nach Auslösern
• Vermeidung, rigides Essverhalten
Nahrungsverweigerung
• Episodische, intermittierende oder
situationsabhängige
Nahrungsverweigerung
• Keine abnorme Beschäftigung mit Gewicht
und Körperschema
Funktionelle Dysphagie
• Nahrungsvermeidung
• Angst vor Schlucken, Würgen oder
Erbrechen
• Keine abnorme Beschäftigung mit Gewicht
und Körperschema
Durchgängiges Verweigerungssyndrom
• Schwerwiegende Verweigerung von
Essen, Trinken, Laufen, Sprechen,
Hygiene
• Ablehnung von Hilfestellungen
Atypische Essstörungen
Emotionale Störung mit
Nahrungsvermeidung
Nahrungsvermeidung, Gewichtsverlust
Emotionale Störung (Depression, Angst)
Selektive Ess-Störung
Eingeschränkte Auswahl von Nahrungsmitteln
Angst- und Autismus-Spektrum- Störungen
Nahrungsphobie
Phobie assoziiert mit Essen
Angst- und Zwangsstörungen
Funktionelle Dysphagie
Nahrungsvermeidung
Schwierigkeiten beim Schlucken
Angststörungen
Nahrungsverweigerung
Aktive Nahrungsverweigerung
Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem
Verhalten (ODD)
Durchgängiges
Verweigerungssyndrom
Schwerwiegende Verweigerung von Essen, Trinken,
Laufen, Sprechen, Hygiene
16,17
Essstörungen
Spezifische Essstörungen
• Anorexia nervosa
• Bulimia nervosa
• Binge Eating Disorder
Fütterstörungen
Atypische Essstörungen
• Emotionale Störung mit Nahrungsvermeidung
• Selektive Ess-Störung
• Nahrungsphobie
• Nahrungsverweigerung
• Funktionelle Dysphagie
• Durchgängiges Verweigerungssyndrom
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