Simulation der Diamantabscheidung aus der

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Simulation der Diamantabscheidung
aus der Gasphase
in Flammen- und Heißdrahtreaktoren
INAUGURAL - DISSERTATION
zur
Erlangung der Doktorwürde
der
Naturwissenschaftlich - Mathematischen Gesamtfakultät
der
Ruprecht - Karls - Universität
Heidelberg
vorgelegt von
Bernhard Ruf
aus Pforzheim
Gutachter: Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Warnatz
Prof. Dr. Bernhard Schramm
Tag der mündlichen Prüfung: . . .
Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen
Ruprecht - Karls - Universität Heidelberg
1998
INAUGURAL-DISSERTATION
zur
Erlangung der Doktorwürde
der
Naturwissenschaftlich - Mathematischen Gesamtfakultät
der
Ruprecht - Karls - Universität
Heidelberg
vorgelegt von
Diplom-Physiker Bernhard Ruf
aus Pforzheim
Tag der mündlichen Prüfung: . . .
Thema
Simulation der Diamantabscheidung
aus der Gasphase
in Flammen- und Heißdrahtreaktoren
Gutachter: Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Warnatz
Prof. Dr. Bernhard Schramm
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
6
2 Grundlagen
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
11
Erhaltungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
2.1.1
Kontinuitätsgleichung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.1.2
Bilanz für die Teilchenmassen . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.1.3
Impulserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
2.1.4
Energieerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
2.1.5
Zustandsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
Erhaltungsgleichungen an der Phasengrenze . . . . . . . . . . . .
14
2.2.1
Massenströme an der Phasengrenze . . . . . . . . . . . . .
15
2.2.2
Temperatur an der Phasengrenze . . . . . . . . . . . . . .
16
2.2.3
Oberflächenbedeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
Transportprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
2.3.1
Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
2.3.2
Viskosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
2.3.3
Energietransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
2.3.4
Energietransport am Festkörper . . . . . . . . . . . . . . .
20
Thermodynamische Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
2.4.1
Thermochemie in der Gasphase . . . . . . . . . . . . . . .
20
2.4.2
Thermochemie an der Oberfläche . . . . . . . . . . . . . .
21
Reaktionskinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
2.5.1
Reaktionen in der Gasphase . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
2.5.2
Heterogene Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
2.5.3
Reaktionsmechanismen an Oberflächen . . . . . . . . . . .
26
Staupunktströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
5
6
INHALTSVERZEICHNIS
2.6.1
Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
2.6.2
Ortsdiskretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
2.6.3
Lösungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
2.6.4
Sensitivitätsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
2.6.5
Struktur des Programmpaketes . . . . . . . . . . . . . . .
33
3 Diamantoberfläche
36
3.1 Oberflächenstrukturen von Diamant . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2
36
3.1.1
(100)-Oberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
3.1.2
(110)-Oberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
3.1.3
(111)-Oberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
3.1.4
Polykristalline Diamantoberfläche . . . . . . . . . . . . . .
38
3.1.5
Die Rolle von atomarem Wasserstoff . . . . . . . . . . . .
39
Wachstumsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
3.2.1
CH3 -Mechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
3.2.2
CH2 -, CH- und C-Mechanismus . . . . . . . . . . . . . . .
47
3.2.3
Oxidationsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
4 Heißdrahtreaktor
51
4.1
Formulierung des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
4.2
Gasphase und polykristallines Wachstum . . . . . . . . . . . . . .
54
4.2.1
Temperaturprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
4.2.2
Speziesprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
4.2.3
Molenbrüche als Funktion der Drahttemperatur . . . . . .
57
4.2.4
Molenbrüche als Funktion der Substrat-Temperatur . . . .
60
4.2.5
Diamant-Wachstumsgeschwindigkeiten . . . . . . . . . . .
63
Homoepitaktisches Diamantwachstum . . . . . . . . . . . . . . . .
64
4.3.1
67
4.3
Sensitivitätsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 Flammenreaktor
70
5.1
Formulierung des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
5.2
Acetylen-Sauerstoff-Flammen bei niedrigem Druck
. . . . . . . .
73
5.2.1
Flammenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
5.2.2
Diamantwachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
CH4 /O2 -, C2 H4 /O2 - und C3 H6 /O2 -Flammen . . . . . . . . . . . .
81
5.3
INHALTSVERZEICHNIS
5.4
Acetylen-Sauerstoff-Flammen bei Normaldruck . . . . . . . . . . .
7
82
6 Zusammenfassung
86
Literaturverzeichnis
89
Kapitel 1
Einleitung
Diamant ist eine Kohlenstoffmodifikation, die die Menschen seit jeher fasziniert.
Einerseits ist er als Edelstein begehrt, andererseits besitzt er herausragende Materialeigenschaften (siehe Tabelle 1.1). Diamant hat die größte Härte und die größte
Wärmeleitfähigkeit aller Stoffe1 . Durch die große Bandlücke ist er ein sehr guter
Isolator und durchsichtig über weite Wellenlängenbereiche. Er ist resistent gegenüber Säuren und Basen und zeigt Gleiteigenschaften vergleichbar mit Teflon.
Diese einzigartigen Eigenschaften machen Diamant interessant für eine Vielzahl
von Anwendungen. Es bestand und besteht daher ein großes Interesse, künstliche
Diamanten herzustellen.
Der Durchbruch gelang in den fünfziger Jahren mit der Hochdruckhochtemperatursynthese (HPHT-Synthese) von Diamant. Das Verfahren beruht auf dem
Phasendiagramm von Kohlenstoff (Abbildung 1.1). Man erkennt, daß Diamant
nur bei sehr hohen Drücken (> 20 kbar) die thermodynamisch stabile Phase darstellt. Bei Standardbedingungen ist Diamant metastabil2 , d. h. die Aktivierungsenergie für die Phasenumwandlung ist so groß, daß sich Diamant nicht spontan in
Graphit umwandelt. Bei der HPHT-Synthese wird Graphit bei Drücken zwischen
50 und 100 kbar und Temperaturen zwischen 1800 und 2300 K in Anwesenheit
von Metallkatalysatoren in Diamant umgewandelt [1]. Auf diese Weise wurden
1990 weltweit etwa 60 Tonnen Diamant hergestellt [1].
Parallel zur HPHT-Synthese wurden Anstrengungen unternommen, Diamant
1
4,5 mal so groß wie Kupfer
Bei Standardbedingungen beträgt die Differenz der molaren freien Enthalpien zwischen
Diamant und Graphit 2900 kJ/mol [2].
2
8
9
Kristallstruktur
Härte
Dichte
optische Eigenschaften
Bandlücke
spezifischer Widerstand
thermische Leitfähigkeit
kfz-Gitter (kubisch flächenzentriert)
Gitterkonstante a = 3,57 Å
Abstand zwischen nächsten Nachbarn d = 1,55 Å
3000–12000 kg/mm2
3,52 g/cm3
Brechungsindex n = 2,42
transparent im sichtbarem und infrarotem Bereich
5,5 eV
> 109 Ω·cm
18 W/(cm·K)
Tabelle 1.1: Eigenschaften von Diamant (siehe Ref. [3]).
direkt aus der Gasphase bei Drücken (< 1 bar) und Temperaturen abzuscheiden,
bei denen Graphit thermodynamisch stabil ist. Wegen der geringen Abscheidungsgeschwindigkeiten [3] (< 0,1 µm/h) wurden diesen Versuchen wenig Beachtung
geschenkt. Das änderte sich in den achtziger Jahren, in denen entscheidende Fortschritte in der Abscheidungsgeschwindigkeit (≈ 1 µm/h) erzielt wurden [4]. Die
Aussicht, daß die Diamantabscheidung aus der Gasphase (Diamant-CVD3 ) eine Alternative zum Hochdruckverfahren sein könnte, und vor allem die neuen
Möglichkeiten, die die CVD-Methode für die Beschichtungen großer Flächen auf
den unterschiedlichsten Materialien bietet, hat zu intensiver Forschung in allen
Bereichen der Diamant-CVD geführt (Übersicht in Referenzen [1, 3, 5–7]). Anwendungen ergeben sich in der Werkzeugbeschichtung, der Mikroelektronik und
der Optik. Diese Anwendungen erfordern hohe Abscheidungsgeschwindigkeiten
und die Erzeugung möglichst großer homogener Schichten. In der Mikroelektronik
werden außerdem Einkristalle verlangt, die bisher ausschließlich auf Diamantsubstraten hergestellt werden können.
Nur mit einem detaillierten Verständnis der physikalischen und chemischen
Prozesse bei der Diamantabscheidung ist es möglich, das Abscheidungsverfahren zu verbessern und den oben genannten Anforderungen gerecht zu werden.
Die Simulation stellt dabei ein wichtiges Hilfsmittel dar. Durch Vergleich mit
Experimenten können Modelle entwickelt und getestet werden, wobei das Ziel
darin besteht, ein Modell zu besitzen, das möglichst viele Experimente rich”
tig“ beschreibt. Mit diesem Modell lassen sich dann Vorhersagen über optimale
3
Chemical Vapour Deposition
10
KAPITEL 1. EINLEITUNG
Druck [kbar]
80
Diamant
60
40
Graphit
20
0
0
1000
2000
Temperatur [K]
3000
Abbildung 1.1: Phasendiagramm von Kohlenstoff (siehe Referenz [3]).
Abscheidungsbedingungen treffen.
Das Prinzip des Diamant-CVD-Verfahrens veranschaulicht Abbildung 1.2. Das
Frischgas, ein Gemisch aus Kohlenwasserstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, strömt
auf ein Substrat, auf dem sich Diamant abscheidet. Zur Abscheidung muß die
Gasphase aktiviert werden. Dies kann durch unterschiedliche Verfahren geschehen
[1, 5, 8]. Die vier wichtigsten sind Heißdraht-CVD (HFCVD4 ), Flammen-CVD
(CACVD5 ), Mikrowellen-CVD (MWCVD6 ) und Plasmajet-CVD. Die vorliegende
Arbeit beschäftigt sich mit der Heißdraht-CVD und der Flammen-CVD, die in
den Kapiteln 4 und 5 ausführlich behandelt werden.
Alle Verfahren arbeiten bei Substrat-Temperaturen von ungefähr 1000 K und
Drücken zwischen 20 mbar und 1 bar. Durch die Aktivierung der Gasphase werden Radikale erzeugt, die zum Substrat diffundieren und das Diamantwachstum
bewirken. Beim Heißdraht-, Mikrowellen- und Plasmajetverfahren besteht das
Frischgas überwiegend aus Wasserstoff (≈ 99 Vol.%), auf dessen Rolle näher in
Kapitel 3 eingegangen wird, und nur zu einem geringen Anteil (≈ 1 Vol.%) aus
Kohlenwasserstoffen (meistens CH4 ). Bei der Flammen-CVD setzt sich das Frischgas aus Sauerstoff und Brennstoff (meistens C2 H2 ) zusammen. Die Flammen sind
4
Hot Filament CVD
Combustion Assisted CVD
6
Microwave CVD
5
11
H2, CH4, C2H2, O2
Frischgas
p ≈ 20 mbar–1 bar
Heißdraht,
Flamme
Grenzschicht
Aktivierung
T ≈ 2000–5000 K
H
O
C
CH3
O2
Mikrowelle,
Plasmajet
Substrat (T ≈ 1000 K, Wachs. ≈ 1–1000 µm/h)
Diamant, Silizium, Molybdän, Platin, etc.
Abbildung 1.2: Prinzip der Diamantabscheidung aus der Gasphase.
brennstoffreich, das Äquivalenzverhältnis7 liegt zwischen 1,5 und 2,5.
Das Diamantwachstum beginnt mit der Nukleationsphase, in der sich auf dem
Substrat die ersten isolierten Diamantkeime bilden. Diese Keime wachsen mit
der Zeit zusammen, und es bildet sich ein kontinuierlicher Diamantfilm. Danach
beginnt die zweite Phase, in der Wachstum von Diamant auf Diamant stattfindet.
Über die Nukleationsphase ist wenig bekannt, obwohl sie Gegenstand intensiver
Forschung ist (Übersicht in Ref. [1,6,7,9]). Auch von einem detaillierten Verständnis der zweiten Phase ist man weit entfernt. Es ist viel über den sogenannten Pre”
cursor“, d. h. über diejenige Spezies in der Gasphase, die zum Diamantwachstum
führt, spekuliert worden. Es wurden verschiedene Wachstumsmechanismen mit
CH3 [10–15] und Acetylen [16–19] vorgeschlagen; allerdings gibt es starke experimentelle Hinweise [20–27], daß eine C1 -Spezies die Wachstumsspezies darstellt.
Diese Arbeit beschäftigt sich nur mit der zweiten Phase des Diamantwachstums; es wird also ein Diamantsubstrat angenommen. Basierend auf Vorschlägen
aus der Literatur wird ein Modell des Diamantwachstums entwickelt, das die
Anlagerung einer C1 -Spezies an das Diamantgitter beschreibt. Die durch das
Modell erhaltenen Wachstumsgeschwindigkeiten werden mit Experimenten im
7
Äquivalenzverhältnis Φ =
(Volumenanteil Brennstoff/Volumenanteil Sauerstoff)
(Volumenanteil Brennstoff/Volumenanteil Sauerstoff)stöchiometrisch
12
KAPITEL 1. EINLEITUNG
Heißdrahtreaktor und im Flammenreaktor verglichen.
Das mathematische Modell, das der Modellierung dieser Reaktoren zugrunde
liegt, ist eine Staupunktströmung auf eine chemisch reaktive Platte (siehe Kapitel 2). Die auftretende Strömung ist laminar und kann räumlich eindimensional
beschrieben werden. Die chemischen Prozesse in der Gasphase als auch auf der
Oberfläche werden durch Elementarreaktionen [28] beschrieben. Der Stofftransport in der Gasphase und zwischen Gas und Oberfläche wird durch ein molekulares Transportmodell erfaßt.
Kapitel 2
Grundlagen
2.1
Erhaltungsgleichungen
Mathematisch werden reaktive Strömungen durch ein System von Erhaltungsgleichungen beschrieben [28, 29]. Erhaltungsgleichungen für extensive Größen lassen
sich durch Aufstellung von Bilanzen der entsprechenden physikalischen Größen
für ein Volumengebiet herleiten und haben deshalb eine einheitliche Struktur, die
im folgenden entwickelt wird.
Betrachten wir eine beliebige extensive (mengenartige) Größe F (z. B. Masse,
Impuls, Energie) im Volumenelement Ω, das durch den Rand ∂Ω begrenzt wird
(Abb. 2.1). Die Menge von F im Volumenelement Ω läßt sich aus der zugehörigen
Dichte f (~r, t) durch Integration berechnen:
Z
F (t) = f (~r, t) dV .
(2.1)
Ω
Eine Änderung von F im Volumenelement Ω kann durch drei Prozesse erfolgen:
n
qf
sf
f
Abbildung 2.1: Änderung der extensiven Größe F im Volumenelement Ω.
13
14
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
~f ~n dA durch die Oberfläche ∂Ω; dabei ist ~n
• Änderung durch einen Fluß Φ
der Normalenvektor auf die Oberfläche des Volumenelements und dA ein
differentielles Oberflächenelement,
• Änderung durch Produktion qf im Innern des Volumenelements Ω,
• Änderung durch Fernwirkung sf von außerhalb des Volumenelements Ω.
Für die zeitliche Änderung von F ergibt sich damit
Z
Z
Z
Z
∂F
∂f
~f ~n dA + qf dV + sf dV
=
dV = − Φ
∂t
∂t
Ω
Ω
Ω
∂Ω
Z
Z
Z
~
= − div Φf dV + qf dV + sf dV .
Ω
Ω
(2.2)
Ω
Hierbei wurde der Gaußsche Integralsatz verwendet. Die lokale Änderung von
f (r, t) ist dann gegeben durch
∂f
~f + qf + sf .
= − div Φ
∂t
(2.3)
Als Erhaltungsgrößen bezeichnet man solche Größen, bei denen keine Produktionsterme auftreten (qf = 0).
2.1.1
Kontinuitätsgleichung
Die Gesamtmasse m ist eine Erhaltungsgröße, und damit verschwindet der Quell~ m = ρ~v ergibt sich aus dem
term q in Gleichung (2.3). Die Massenstromdichte Φ
Produkt der Massendichte ρ und der lokalen Strömungsgeschwindigkeit ~v . Fernwirkungsterme treten nicht auf. Man erhält damit aus Gleichung (2.3) die Kontinuitätsgleichung
2.1.2
∂ρ
+ div(ρ~v ) = 0.
∂t
(2.4)
Bilanz für die Teilchenmassen
Stellt man mit Gleichung (2.3) eine Bilanz für die Teilchenmassen mi der im
Reaktionssystem vorhandenen Spezies auf, so ist durch ρi = ρYi die zugehörige
Massendichte der Teilchensorte i mit dem Massenbruch Yi gegeben. Die lokale Strömungsgeschwindigkeit ~vi setzt sich aus der Strömungsgeschwindigkeit des
2.1. ERHALTUNGSGLEICHUNGEN
15
Massenschwerpunktes ~v und der Diffusionsgeschwindigkeit V~i der Spezies i zu~ m = ρYi (~v + V~i ) geschrieben werden.
sammen. Die Stromdichte kann damit als Φ
i
Ein Fernwirkungsterm tritt nicht auf. Im Gegensatz zu der Gesamtmasse sind
die Einzelmassen mi keine Erhaltungsgrößen; es tritt ein chemischer Quellterm
qmi = ω̇i Mi auf. Er beschreibt die Umwandlung von Spezies aufgrund chemischer Reaktionen; ω̇i ist dabei die molare Bildungsgeschwindigkeit und Mi die
Molmasse der Teilchensorte i. Mit ~ji = ρi V~i folgt mit Gleichung (2.3)
∂ρi
+ div(ρi~v ) + div ~ji = ω̇i Mi .
∂t
2.1.3
(2.5)
Impulserhaltung
Der Impuls m~v mit der zugehörigen Impulsdichte ρv ist eine Erhaltungsgröße; der
Produktionsterm in Gleichung (2.3) verschwindet. Gravitation verursacht einen
Fernwirkungsterm, der durch sm~v = ρ~g gegeben ist, wobei ~g die Fallbeschleuni~ m~v setzt sich aus Konvektion ρ~v ⊗ ~v und aus
gung ist. Die Impulsstromdichte Φ
einem Anteil p zusammen, der durch Druck- und Reibungskräfte hervorgerufenen
wird [28–30]:
~ m~v = ρ~v ⊗ ~v + p.
Φ
(2.6)
Dabei ist ~v ⊗ ~v als dyadisches Produkt zweier Vektoren zu verstehen. Der Drucktensor p läßt sich in zwei Anteile zerlegen, einen für den hydrostatischen Druck p
und einen viskosen Anteil Π, der den Impulsfluß von einem Ort höherer zu einem
Ort niedriger Geschwindigkeit aufgrund der Zähigkeit des Fluids beschreibt,
p = pE + Π,
(2.7)
mit E als Einheitstensor. Mit Gleichung (2.3) folgt dann die Impulserhaltungsgleichung
∂(ρ~v )
+ div(ρ~v ⊗ ~v ) + div p = ρ~g .
∂t
2.1.4
(2.8)
Energieerhaltung
Die Gesamtenergie E des Systems ist eine Erhaltungsgröße. Sie setzt sich aus
innerer, kinetischer und potentieller Energie zusammen,
1
ρe = ρu + ρ|~v |2 + ρG,
2
(2.9)
16
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
mit u als spezifischer innerer Energie und G als Gravitationspotential. Die Ge~ E besteht aus einem konvektiven Term ρe~v , einem dissamtenergiestromdichte Φ
sipativen Term p~v und der Wärmestromdichte ~jq :
~ E = ρe~v + p~v + ~jq .
Φ
(2.10)
Aufgrund der Erhaltungseigenschaft der Energie treten keine Produktionsterme
auf. Strahlung verursacht einen Fernwirkungsterm sr . Es folgt die Erhaltungsgleichung für die innere Energie [31],
∂(ρu)
+ div(ρu~v + ~jq ) + p : grad ~v = sr ,
∂t
(2.11)
wobei das Symbol :“ die doppelte Verjüngung zweier Tensoren bedeutet. Mit der
”
Beziehung ρh = ρu+p kann Gleichung (2.11) in eine Gleichung für die spezifische
Enthalpie h umgeformt werden [28]:
∂(ρh) ∂p
−
+ div(ρ~v h + ~jq ) + p : grad ~v − div(p~v ) = sr .
∂t
∂t
2.1.5
(2.12)
Zustandsgleichung
Zur Schließung der Erhaltungsgleichungen müssen die Zustandsvariablen Druck,
Dichte und Temperatur verknüpft werden. In dieser Arbeit können die Reaktionssysteme mit hinreichender Genauigkeit als ideale Gase betrachtet und die ideale
Gasgleichung als Zustandsgleichung verwendet werden:
p=ρ
R
T.
M̄
(2.13)
Dabei ist R die universelle Gaskonstante und M̄ die mittlere molare Masse der
PNg Yi
Mischung (M̄ = 1/ i=1
mit Ng als Anzahl verschiedener Spezies).
Mi
2.2
Erhaltungsgleichungen an der Phasengrenze
Oberflächenprozesse spielen in dieser Arbeit eine zentrale Rolle. Allerdings wird
die Oberfläche nicht isoliert betrachtet. Gasphase und Oberfläche bilden ein heterogenes System. Die Untersuchung derartiger Systeme erfordert eine Kopplung
der Phasen. Diese Kopplung erfolgt wiederum durch Erhaltungsgleichungen, die
analog zur Gasphase hergeleitet werden können [32]. Dazu wird ein kleines an
2.2. ERHALTUNGSGLEICHUNGEN AN DER PHASENGRENZE
17
Gasphase
+
+
f
x+
qf
g
sf
Phasengrenze
Festk
örper
g
f
Abbildung 2.2: Änderung der extensiven Größe F an der Phasengrenze.
der Festkörperoberfläche anliegendes Volumenelement Ω betrachtet. Der Rand
von Ω wird in zwei Teile zerlegt: die Phasengrenze Gas-Festkörper ∂Ω g des Volumenelements und den Rand ∂Ω + von Ω bezüglich der Gasphase (Abb. 2.2). Die
Bilanzgleichung (2.2) für Ω läßt sich damit schreiben als
Z
Z
Z
Z
Z
∂F
∂f
g
+
~ ~n dA −
~ ~n dA + qf dV + sf dV
=
dV = −
Φ
Φ
f
f
∂t
∂t
Ω
∂Ω +
∂Ω g
Ω
(2.14)
Ω
~ + als Fluß durch die Oberfläche ∂Ω + und Φ
~ g als Fluß durch die Phasengrenze
mit Φ
f
f
∂Ω g .
2.2.1
Massenströme an der Phasengrenze
Die Bilanz für die Teilchenmassen der Gasphasenspezies im Volumenelement Ω
ergibt sich aus Gleichung (2.14):
Z
Z
Z
Z
∂Yi
ρ
dV = −
(~ji + ρ~uYi )~n dA +
ṡi Mi dA + ω̇i Mi dV .
∂t
Ω
∂Ω +
∂Ω g
(2.15)
Ω
Der Term (~ji + ρYi~u) bezeichnet die Diffusions- und Konvektionsströme in der
Gasphase, ṡi Mi~n ist der Teilchenfluß an der Phasengrenze aufgrund von Adsorption und Desorption und ω̇i Mi ist der chemische Quellterm aufgrund von Gasphasenreaktionen. Verhält sich das System an der Phasengrenze stationär und
führt man in (2.15) den Grenzübergang ∆x+ → 0 durch, so gelangt man zu
(~ji + ρ~uYi )~n = ṡi Mi .
(2.16)
18
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Dieser Grenzübergang läßt sich auch für instationäre Prozesse durchführen, allerdings nur wenn man voraussetzt, daß Diffusionsprozesse einerseits und Adsorptions- und Desorptionsprozesse andererseits gleiche Zeitskalen besitzen. Summiert
man Gleichung (2.16) über alle Ng Gasphasenspezies, so erhält man
Ng
1X
ṡi Mi .
~n~u =
ρ i=1
(2.17)
Diese Gleichung sagt aus, daß die Konvektionsgeschwindigkeit an festen Wänden nicht notwendigerweise verschwindet. Tritt aufgrund von Adsorption oder
Desorption ein Netto-Massenstrom an der Oberfläche auf, so induziert dies eine
Strömungsgeschwindigkeit ~u normal zur Oberfläche, die sogenannte Stefan-Geschwindigkeit.
2.2.2
Temperatur an der Phasengrenze
In dieser Arbeit werden stationäre Prozesse betrachtet, und die Temperatur an
der Phasengrenze wird als bekannt vorausgesetzt. Diese Temperatur geht als
Randbedingung für das zu lösende partielle Differentialgleichungssystem ein, wobei Gas und Festkörper im thermischen Gleichgewicht stehen. Der Vollständigkeit
wegen soll hier die Bestimmungsgleichung für die Temperatur für den Fall angegeben werden, daß diese nicht bekannt ist [32]:
~jq ~n −
Ng
X
i=1
Ng +Ns
hi~ji~n + ~jrad +
X
ṡi Mi hi − Q̇ext − ~jl~n = 0.
(2.18)
i=1
Dabei ist ~jq der Wärmefluß in der Gasphase, ~jrad stellt den Wärmestrom aufgrund
von thermischer Strahlung der Oberfläche dar, Q̇ext bezeichnet den Quellterm
durch äußere Energiequellen und ~jl ist ein weiterer Energieverlustterm, der zur
Beschreibung der Wärmeleitung ins Festkörperinnere dient.
2.2.3
Oberflächenbedeckung
Die maximale Anzahl der zur Adsorption zur Verfügung stehenden Plätze pro
Fläche ist durch die Oberflächenplatzdichte Γ mit z. B. der Einheit [mol·m−2 ]
gegeben. Durch Adsorption können die Oberflächenplätze belegt werden, und es
entstehen sogenannte Oberflächenspezies. Allen Oberflächenspezies, wobei auch
2.3. TRANSPORTPROZESSE
19
freie Plätze als Oberflächenspezies definiert werden, läßt sich ein Bedeckungsgrad
Θi zuordnen, der angibt, welcher Anteil der Oberfläche mit der Oberflächenspezies
i bedeckt ist. Offensichtlich muß dann immer die Bedingung
Ns
X
Θi = 1
(2.19)
i=1
erfüllt sein, mit Ns als Anzahl der Oberflächenspezies. Durch die Bedeckungen
Θi ist der chemische Zustand der reaktiven Oberfläche definiert. In dieser Arbeit
wird die Oberfläche nulldimensional modelliert und die Bedeckungsgrade stellen
Mittelwerte über die gesamte Oberfläche dar (mean field approximation).
Die zeitliche Änderung der Bedeckungsgrade ist durch
ṡi σi
∂Θi
=
∂t
Γ
(2.20)
gegeben. Hierbei ist ṡi die molare Bildungsgeschwindigkeit der Oberflächenspezies
i und σi bezeichnet die Anzahl der Oberflächenplätze, die die Spezies i belegt.
Dadurch wird berücksichtigt, daß eine Spezies auf der Oberfläche mehr als einen
Platz belegen kann.
2.3
Transportprozesse
In den Erhaltungsgleichungen (2.4–2.12) treten die Transportgrößen ~ji , Π und
~jq auf, welche als Funktionen der abhängigen Variablen bekannt sein müssen,
um das Gleichungssystem zu schließen. Diese Schließung erfolgt mit empirischen
Gesetzen (Ficksches Diffusionsgesetz, Newtonsches Schubspannungsgesetz und
Fouriersches Wärmeleitungsgesetz); die zugehörigen Transportkoeffizienten werden mit Hilfe der kinetischen Gastheorie aus molekularen Daten abgeleitet.
2.3.1
Diffusion
Diffusion von Masse aufgrund eines Konzentrationsgradienten bezeichnet man als
Ficksche Diffusion. Massendiffusion ist aber nicht nur an Konzentrationsgradienten gekoppelt. Auch Gradienten von Temperatur und Druck erzeugen einen Massendiffusionsstrom, der im allgemeinen klein gegenüber der Fickschen Diffusion
ist. Druckdiffusion spielt für Systeme mit annähernd konstantem Druck, wie sie
20
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
in dieser Arbeit betrachtet werden, keine Rolle und wird deshalb vernachlässigt.
Die Diffusionsstromdichte setzt sich somit aus zwei Anteilen zusammen:
~ji = ~jid + ~jiT .
(2.21)
Ficksche Diffusion ~jid und Thermodiffusion ~jiT lassen sich mit der kinetischen
Theorie verdünnter Gase schreiben als [29, 33]
X
P
~jid = ρMi
Dij
Mj grad Xj ,
2
M̄ j6=i
(2.22)
T
~jiT = − Di grad T.
T
(2.23)
Dabei ist Xj = M̄ Yj /Mj der Molenbruch von Spezies j und DiT der ThermodiffuP
sionskoeffizient von Spezies i. Die polynären Diffusionskoeffizienten Dij
sind von
den Konzentrationen der einzelnen Spezies abhängig, und die Berechnung aus
den binären Diffusionskoeffizienten Dij ist numerisch aufwendig. Deshalb wird
eine Nährungsformel zur Berechnung von ~jid verwendet [33],
~jid = ρ Yi DiM grad Xi ,
Xi
(2.24)
mit den effektiven Diffusionskoeffizienten DiM von Spezies i in der Gasmischung,
die sich aus der Zusammensetzung und den binären Diffusionskoeffizienten berechenen lassen [33]:
1 − Yi
.
j6=i Xj /Dij
DiM = P
(2.25)
Man muß bei dieser Nährung beachten, daß sich die Diffusionsströme nicht mehr
notwendigerweise zu Null addieren. Dies wird mit einem Korrekturterm ~jcorr =
P
− i ~ji kompensiert.
Zur Berechnung der binären Diffusionskoeffizienten Dij wird die Theorie verdünnter Gase von Chapman und Enskog [29, 34] herangezogen. Mit ihr lassen
sich die Transportkoeffizienten in Abhängigkeit von intermolekularen Potentialen Φ(r) berechnen. Als Nährung von Φ(r) wurden bisher Lennard-Jones-(6-12)
Potentiale verwendet. Es zeigt sich aber bei einigen Spezies (z. B. H, H2 , O, O2 ),
die in [35] aufgeführt sind, daß die aus den Lennard-Jones-Potentialen berechneten Diffusionskoeffizienten bei hohen Temperaturen von den experimentellen
Werten abweichen. Für diese Spezies werden bei hohen Temperaturen die besser
geeigneten Born-Maier -Potentiale verwendet [35, 36].
2.3. TRANSPORTPROZESSE
2.3.2
21
Viskosität
Geschwindigkeitsgradienten in einem Gas verursachen Impulsstromdichten, die
zu diesen proportional sind (Newtonsches Schubspannungsgesetz). Der viskose
Drucktensor Π beschreibt diesen Impultransport und läßt sich mit der kinetischen
Gastheorie schreiben als [29, 30]
·
¸
2
Π = −µ (grad ~v ) + (grad ~v ) − (div ~v )E ,
3
T
(2.26)
wobei µ die mittlere dynamische Viskosität der Mischung und (grad ~v )T die zu
(grad ~v ) transponierte Matrix bezeichnet. Die Viskositätskoeffizienten µi der einzelnen Spezies werden wiederum mit der Chapman-Enskog-Theorie aus den intermolekularen Potentialen berechnet. Der mittlere Viskositätskoeffizient µ der
Gasmischung ergibt sich dann aus der empirischen Nährung

Ã
!−1 
X Xi
1 X
.
Xi µi +
µ= 
2
µ
i
i
i
2.3.3
(2.27)
Energietransport
Unter Vernachlässigung des Dufour -Effektes setzt sich die Wärmestromdichte ~jq
aus zwei Anteilen zusammen,
~jq = −λ grad T +
X
hi~ji ,
(2.28)
i
wobei der Term (−λ grad T ) die Fouriersche Wärmeleitung beschreibt, während
P
der Term ( i hi~ji ) durch Diffusion von Teilchen unterschiedlicher Enthalpie hervorgerufen wird. Die Wärmeleitfähigkeit eines Gasgemisches wird analog zur Viskosität mit der empirischen Formel

Ã
!−1 
X
X
1
Xi

Xi λi +
λ= 
2
λ
i
i
i
(2.29)
bestimmt. Die Wärmeleitfähigkeitskoeffizienten λi der einzelnen Spezies werden
wie die binären Diffusionskoeffizienten und die Viskositätskoeffizienten mit der
Chapman-Enskog-Theorie aus den intermolekularen Potentialen berechnet.
22
2.3.4
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Energietransport am Festkörper
In der Energiebilanz an der Festkörperoberfläche (2.18) treten neben den eben
diskutierten Transportgrößen noch weitere Terme (~jrad , ~jl und Q̇ext ) auf. Da in
dieser Arbeit die Oberflächentemperatur fest vorgegeben und Gleichung (2.18)
nicht gelöst wird, sei zur Modellierung dieser Terme auf die Dissertation von
Deutschmann [32] verwiesen.
2.4
Thermodynamische Größen
2.4.1
Thermochemie in der Gasphase
Für ideale Gase ist die spezifische Enthalpie h und die spezifische Entropie s der
Gasmischung durch
h=
X
hi Yi ,
i
s=
X
s i Yi
(2.30)
i
gegeben. Die Änderungen der spezifischen Enthalpie hi bzw. der spezifischen Enthalpie si des Stoffes i beschreiben die totalen Differentiale
µ
¶
¶
µ
∂hi
∂hi
dT +
dp,
dhi =
∂T p
∂p T
µ
µ
¶
¶
∂si
∂si
dT +
dp .
dsi =
∂T p
∂p T
(2.31)
(2.32)
Für ideale Gase ist die spezifische Enthalpie und damit auch die spezifische
Wärmekapazität bei konstantem Druck cp,i unabhängig vom Druck. Es gelten
die thermodynamischen Beziehungen
µ
µ
µ
¶
¶
¶
∂hi
∂hi
∂si
cp,i
= cp,i ,
= 0,
=
,
∂T p
∂p T
∂T p
T
µ
∂si
∂p
¶
=−
T
1
.
ρi T
(2.33)
Sind die Werte der spezifischen Enthalpie und Entropie bei den Standardbedingungen (T 0 = 298,15 K, p0 = 105 Pa) bekannt, dann lassen sich Absolutwerte
dieser Größen berechnen:
ZT
hi (T ) =
h0i,T 0
cp,i (T 0 ) dT 0 ,
+
T0
ZT
si (T, pi ) =
s0i,T 0
+
T0
cp,i (T 0 )
R
dT 0 −
ln
0
T
Mi
(2.34)
µ
pi
p0
¶
.
(2.35)
2.4. THERMODYNAMISCHE GRÖSSEN
23
Dabei bezeichnet pi den Partialdruck der Spezies i im Gasgemisch. Zur numerischen Berechnung der thermodynamischen Größen werden experimentelle Daten aus den JANAF-Tabellen [37] oder abgeschätzte Werte [38] durch Polynomansätze genähert. Man muß beachten, daß die folgenden Polynomansätze nicht
für die spezifischen, sondern für die entsprechenden molaren Größen Cp,i , Hi , Si
gelten:
¡
¢
Cp,i (T ) = R a1 + a2 T + a3 T 2 + a4 T 4 + a5 T 5 ,
³
a2
a3 2 a4 3 a5 4 a6 ´
Hi (T ) = RT a1 + T + T + T + T +
,
2
3
4
5
T
³
´
a3
a4
a5
Si0 (T ) = R a1 ln(T ) + a2 T + T 2 + T 3 + T 4 + a7 .
2
3
4
(2.36)
(2.37)
(2.38)
0
Die Koeffizienten a1 bis a5 , die Standardbildungsenthalpie Hi,T
0 und die Stan0
dardentropie Si,T
0 bestimmen die zwei restlichen Koeffizienten a6 und a7 :
Hi,T 0
a2 2 a3 3 a4 4 a5 5
− a1 T 0 − T 0 − T 0 − T 0 − T 0 ,
R
2
3
4
5
Si,T 0
a
a
a5 4
2
3
3
4
a7 =
− a1 ln(T 0 ) − a2 T 0 − T 0 − T 0 − T 0 .
R
2
3
4
a6 =
(2.39)
(2.40)
Größere Temperaturbereiche werden in zwei Temperaturintervalle mit jeweils unterschiedlichen Koeffizienten eingeteilt, so daß man 14 thermodynamische Koeffizienten pro Spezies benötigt.
2.4.2
Thermochemie an der Oberfläche
Thermodynamische Größen für Oberflächenspezies lassen sich mit Hilfe der experimentell zugänglichen Größen Adsorptionsenthalpie und Adsorptionsentropie
definieren. Die Adsorptionsenthalpie oder isosterische Adsorptionswärme ∆Hads
wird definiert als Differenz der molaren Enthalpie des Gases Hg und der partiellen
molaren Enthalpie des Adsorbates Hs . Falls Gas und Festkörper im chemischen
Gleichgewicht stehen, gilt [39]:
µ
¶
∆Hads.
∂ ln p
Hg − Hs
=
.
=
2
∂T Θ
RT
RT 2
(2.41)
Damit kann man ∆Hads über eine Messung des Gleichgewichtsdruckes p in Abhängigkeit der Temperatur bei konstanter Bedeckung bestimmen. Die Entropie
ist definiert als die reversibel ausgetauschte Wärme, geteilt durch die Temperatur.
24
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Also ist die partielle molare Adsorptionsentropie ∆Sads gegeben durch
∆Sads =
∆Hads
.
T
(2.42)
In der Regel ist die Adsorptionsenthalpie und damit auch die partielle molare Enthalpie und Entropie des Adsorbates bedeckungsabhängig [39]. Diese Bedeckungsabhängigkeit spiegelt die Adsorbat-Adsorbat Wechselwirkung wider. Allerdings
sind für Oberflächen die thermodynamischen Eigenschaften nur für wenige ausgewählte Systeme untersucht worden, so daß in vielen Fällen keine experimentellen Daten vorliegen. Deshalb ist man auf Schätzungen mit Hilfe der Grup”
pentheorie“ von Benson [38] oder auf theoretisch berechnete Werte angewiesen.
In Anbetracht dieser Tatsachen werden in der vorliegenden Arbeit die partiellen
molaren Enthalpien und Entropien der Oberflächenspezies mit den entsprechenden molaren Werten gleichgesetzt und somit eine mögliche Adsorbat-Adsorbat
Wechselwirkung vernachlässigt. Für die thermodynamischen Daten der Oberflächenspezies kann somit der gleiche Formalismus ((2.36)–(2.38)) wie für die
Gasphasenspezies verwendet werden.
2.5
Reaktionskinetik
Die chemische Reaktionskinetik in der Gasphase und auf der Oberfläche beruht
auf dem Konzept der Elementarreaktionen. Unter einer Elementarreaktion versteht man eine Reaktion, die auf molekularer Ebene genauso abläuft, wie es die
Reaktionsgleichung beschreibt [28]. Der Vorteil dieses Konzepts ist, daß die Reaktionsordnung von Elementarreaktionen unabhängig von den Versuchsbedingungen ist und sich die Zeitgesetze leicht ableiten lassen. Globalreaktionen besitzen i. a. eine nicht ganzzahlige Reaktionsordnung und komplizierte Zeitgesetze,
die von den Versuchsbedingungen (Druck, Temperatur und Zusammensetzung)
abhängen können.
2.5.1
Reaktionen in der Gasphase
Ein Reaktionsmechanismus in der Gasphase bestehend aus Elementarreaktionen
läßt sich in allgemeiner Form schreiben als
Ng
X
i=1
νil0 χi
→
Ng
X
i=1
νil00 χi
(l = 1, . . . , Kg )
(2.43)
2.5. REAKTIONSKINETIK
25
mit den stöchiometrischen Koeffizienten νil0 und νil00 des Stoffes i in der Reaktion
l, den Teilchensymbolen χi und Kg als Gesamtzahl der Elementarreaktionen. Die
Bildungsgeschwindigkeit ω̇i der Spezies i ergibt sich dann zu
Kg
X
ω̇i =
νil kfl
Ng
Y
0
[χj ]νjl
(2.44)
j=1
l=1
mit νil = νil00 − νil0 und [χj ] als Konzentration der Spezies j. Die Geschwindigkeitskoeffizienten kfl sind temperaturabhängig und können durch ein modifiziertes
Arrheniusgesetz beschrieben werden [28]:
·
¸
Eal
kfl = Al T exp −
.
RT
βl
(2.45)
Dabei bezeichnet Al den präexponentiellen Faktor, βl den Temperaturexponenten
und Eal die Aktivierungsenergie der Reaktion l.
Aufgrund der mikroskopischen Reversibilität existiert zu jeder Elementarreaktion eine Rückreaktion, deren Geschwindigkeitskoeffizient krl sich aus dem Geschwindigkeitskoeffizienten kfl der Hinreaktion und aus der Gleichgewichtskonstanten Kcl berechnen läßt:
krl (T ) =
kfl
.
Kcl
(2.46)
Die Gleichgewichtskonstante Kcl wird bestimmt aus der molaren freien Reaktionenthalpie ∆R G0l bei einem Druck von p0 = 105 Pa:
µ
Kcl =
2.5.2
p0
RT
g
¶PNi=1
νil
·
¸
∆R G0l
.
exp −
RT
(2.47)
Heterogene Reaktionen
Die Reaktionskinetik auf der Oberfläche wird analog zur Gasphase durch Elementarreaktionen beschrieben. Man muß allerdings beachten, daß die chemischen Symbole χi in Gleichung (2.43) für Gasphasenspezies, für Oberflächenspezies und für Spezies in der festen Phase – sogenannte Bulkspezies – stehen.
Oberflächenspezies sind sowohl adsorbierte Spezies aus der Gasphase als auch
unbedeckte Oberflächenplätze. Oberflächenspezies können einen oder mehrere
Oberflächenplätze belegen, Bulkspezies belegen hingegen keinen Oberflächenplatz
(σb = 0). Es wird angenommen, daß die Oberflächenplatzdichte Γ konstant ist;
26
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
dann müssen in jeder der Ks Oberflächenreaktionen die Anzahl der Plätze konstant bleiben:
Ng +Ns
X
νil σi = 0
(l = 1, . . . , Ks ).
(2.48)
i=Ng +1
Analog zu Gleichung (2.44) ist die Bildungsgeschwindigkeit ṡi von Spezies i durch
Oberflächenreaktionen gegeben durch
ṡi =
Ks
X
l=1
Ng +Ns +Nb
νil kfl
Y
0
[χj ]νjl
(i = 1, . . . , Ng + Ns + Nb ),
(2.49)
j=1
mit Nb als Anzahl der Bulkspezies. Die Konzentrationen der Gasphasenspezies
sind in [mol·m−3 ] gegeben, die der Oberflächenspezies in [mol·m−2 ]. Für Bulkspezies müssen an Stelle der Konzentrationen Aktivitäten definiert werden [40],
wobei die Aktivität ai der Bulkspezies i folgendermaßen mit dem chemischen
Potential der festen Phase verknüpft ist:
µi (T, p, XNg +Ns +1 , . . . , XNg +Ns +Nb ) =
£
¤
µ0i (T ) + RT ln ai (T, p, XNg +Ns +1 , . . . , XNg +Ns +Nb ) . (2.50)
Die einheitslosen Aktivitäten (0 ≤ ai ≤ 1) hängen von der Zusammensetzung der
festen Phase ab, die durch die Molenbrüche (XNg +Ns +1 , . . . , XNg +Ns +Nb ) charakterisiert ist. Für die Systeme, die in dieser Arbeit behandelt werden, liegt immer
nur eine feste Phase vor, deren Aktivität auf den Wert 1 gesetzt wird.
Die Bildungsgeschwindigkeit ṡi mit der Einheit [mol·m−2 ·s−1 ] entspricht für
Gasphasenspezies einem Fluß, der durch Adsorptions- und Desorptionsprozesse
hervorgerufen wird. Für Bulkspezies bedeutet ṡi einen Abscheidungs- oder Abtragungsprozeß. Man kann entsprechend eine Wachstums- oder Ätzgeschwindigkeit
mit der Einheit [m·s−1 ] definieren, die im Falle einer einzigen Bulkspezies gegeben
ist durch
G=
ṡb Mb
.
ρb
(2.51)
Dabei beschreibt ṡb die Bildungsgeschwindigkeit, Mb die molare Masse und ρb
die Dichte der Bulkspezies.
Die Geschwindigkeitskoeffizienten kfl hängen neben der Temperatur häufig
noch vom Bedeckungsgrad der Oberfläche ab [39]. Wie schon in Abschnitt 2.4.2
erwähnt, können zwischen adsorbierten Teilchen Wechselwirkungen auftreten.
2.5. REAKTIONSKINETIK
27
Diese Adsorbat-Adsorbat Wechselwirkungen beeinflussen die Enthalpie und die
Entropie des Adsorbates, was letzendlich die Adsorptions- und Desorptionswahrscheinlichkeit beeinflussen kann. Die daraus resultierende Bedeckungsabhängigkeit wird durch einen zusätzlichen Faktor f im Arrheniusansatz wiedergegeben [32]:
·
¸
Eal
kfl = Al T exp −
fl (Θ1 , . . . , ΘNs ).
RT
βl
(2.52)
In dieser Arbeit werden die Bedeckungsabhängigkeiten vernachlässigt (f = 1),
da keine ausreichenden experimentellen Daten zur Verfügung stehen.
Die Geschwindigkeitskoeffizienten der Rückreaktionen werden entsprechend
den Gleichungen (2.46–2.47) bestimmt. Allerdings muß eine mögliche Änderung
der Anzahl der Oberflächenspezies in der Berechnung der Gleichgewichtskonstanten berücksichtigt werden [40]:
·
∆R G0l
Kcl = exp −
RT
¸µ
p0
RT
g
¶PNi=1
νil
Γ
PNg +Ns
i=Ng +1
Ng +Ns
νil
Y (σi )νil0
00 .
νil
(σ
)
i
i=N +1
(2.53)
g
Bei Adsorptionsprozessen verwendet man häufig anstatt den Geschwindigkeitskoeffizienten kfl sogenannte Haftkoeffizienten Sl . Der Haftkoeffizient gibt die Wahrscheinlichkeit (0 ≤ Sl ≤ 1) an, mit der ein Teilchen l, das mit der Oberfläche
kollidiert, adsorbiert wird. Haftkoeffizienten sind im allgemeinen temperatur- und
bedeckungsabhängig. Die Bedeckungsabhängigkeit von Sl ist durch
Sl = Sl0 gl (Θ1 , . . . , ΘNs )
(2.54)
gegeben. Der Anfangshaftkoeffizient Sl0 ist die Adsorptionswahrscheinlichkeit bei
völlig unbedeckter Oberfläche. Die Funktion gl (Θ1 , . . . , ΘNs ) spiegelt die Bedekkungsabhängigkeit wieder. Bei sogenanntem Langmuirschen Verhalten [39] hat
sie die Form
gl (Θ1 , . . . , ΘNs ) = (Θfrei )τl ,
(2.55)
wobei Θfrei die Bedeckung der Oberfläche mit freien Plätzen darstellt und τl
definiert ist durch
Ng +Ns
τl =
X
νil0 .
(2.56)
i=Ng +1
Das heißt, bei molekularer Adsorption ist τl = 1 und bei dissoziativer Adsorption gilt τl = 2. Man kann die Haftkoeffizienten entsprechend der kinetischen
28
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Adsorption
Desorption
dissoziative
Adsorption
assoziative
Desorption
Abbildung 2.3: Adsorptions- und Desorptionsprozesse.
Gastheorie in Geschwindigkeitskoeffizienten transformieren:
r
Sl0
1
RT
ads
kfl =
.
τ
Sl0
l
2πMl
1 − (Θfrei )τl (Γ )
(2.57)
2
Diese Formel gilt nur bei Langmuirschen Verhalten. Der Term 1 −
Sl0
(Θfrei )τl
2
ist eine Korrektur aufgrund der nicht-Maxwellschen Geschwindigkeitsverteilung
nahe der Oberfläche [41].
2.5.3
Reaktionsmechanismen an Oberflächen
Die zwei grundlegenden Prozesse auf Oberflächen sind Adsorptions- und Desorptionsprozesse (Abb. 2.3). Bei der Adsorption spricht man von Physisorption oder
von Chemisorption, je nach Art der Wechselwirkung des Gasteilchens mit der
Oberfläche [2, 39]. Die Physisorption kommt durch schwache Van-der-WaalsWechselwirkungen zustande. Die Adsorptionsenthalpie ist gering (8–30 kJ/mol),
weshalb man physisorbierte Spezies nur bei sehr tiefen Temperaturen (< 200 K)
beobachtet. Bei höheren Temperaturen überwiegt entweder die Desorption aus
dem physisorbierten Zustand, oder das physisorbierte Teilchen geht in einen chemisorbierten Zustand über. Bei der Chemisorption geht das adsorbierte Molekül
eine chemische Bindung mit dem Festkörper ein. Die Adsorptionsenthalpie liegt
zwischen 40 und 800 kJ/mol. Sie ist groß genug, um Bindungen im adsorbierten
Molekül aufzubrechen. In diesem Fall spricht man von dissoziativer Adsorption. In
der vorliegenden Arbeit spielen nur Oberflächentemperaturen größer als 600 K
eine Rolle. Die Bedeckungen der Oberfläche mit physisorbierten Spezies kann
man somit vernachlässigen. Unter Oberflächenspezies werden nur chemisorbierte
Teilchen verstanden.
2.6. STAUPUNKTSTRÖMUNG
29
Abbildung 2.4: Schematische Darstellung des Langmuir-Hinshelwood-Mechanismus
(links) und des Eley-Rideal-Mechanismus (rechts).
Die Desorption kann auf zwei Arten erfolgen: durch die einfache Desorption
oder durch die assoziative Desorption. Die Aktivierungsenergie der Desorption ist
für den Fall verschwindender Aktivierungsenergie für die Adsorption gleich der
Adsorptionsenthalpie.
Bei den Reaktionsmechanismen an Oberflächen unterscheidet man zwischen
Langmuir-Hinshelwood - und Eley-Rideal -Mechanismus (Abb. 2.4). Beim Langmuir-Hinshelwood -Mechanismus reagieren zwei auf der Oberfläche adsorbierte
Teilchen miteinander. Beim Eley-Rideal -Mechanismus reagiert ein Teilchen aus
der Gasphase mit einem auf der Oberfläche adsorbierten Teilchen bei anschließender Desorption.
2.6
Staupunktströmung
Grundlage der numerischen Simulation in dieser Arbeit bildet die Staupunktströmung auf eine chemisch reaktive Platte (Abb. 2.5). Das dazugehörige Programmpaket wurde ursprünglich von Behrendt [42] zur Simulation laminarer Gegenstromdiffusionsflammen entwickelt und von Behrendt und Deutschmann [32]
für die obige Konfiguration erweitert.
Falls der Durchmesser der Platte und des Gaseinlasses groß (Faktor 4–6 [43])
gegenüber dem Abstand L zwischen Platte und Gaseinlaß sind, kann man das
zweidimensionale Problem auf ein eindimensionales zurückführen [44, 45]. Die
Gleichungen (2.58)–(2.61) sind die entsprechenden Bilanzgleichungen für Masse:
∂(ρu)
∂ρ
=−
− 2ρV,
∂t
∂x
(2.58)
30
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
x= L
x,u
r,v = V r
x= 0
Abbildung 2.5: Staupunktströmung auf eine chemisch reaktive Platte.
radialen Impuls:
∂V
∂
ρ
=
∂t
∂x
Spezies:
ρ
µ
∂V
µ
∂x
¶
− ρu
∂V
− ρV 2 − Λ,
∂x
∂Yi
∂ji
∂Yi
=−
− ρu
+ Mi ω̇i
∂t
∂x
∂x
(i = 1, . . . , Ng )
(2.59)
(2.60)
und Energie:
∂T
∂
=
ρcp
∂t
∂x
µ
¶
Ng
Ng
∂T
∂T X
∂T X
−
cpi ji
−
λ
− ρucp
ω̇i Mi hi .
∂x
∂x
∂x
i=1
i=1
(2.61)
Das partielle Differentialgleichungssystem wird durch die Gleichungen für den
diffussiven Massenfluß,
ji = −ρDiM
Yi ∂Xi DiT ∂T
−
,
Xi ∂x
T ∂x
(2.62)
für den radialen Druckgradienten,
Λ=
1 ∂p
,
r ∂r
∂Λ
=0
∂x
(2.63)
und die ideale Gasgleichung
ρ
RT
(2.64)
M̄
geschlossen. Die zeitliche Entwicklung der Oberflächenbedeckungen ist durch
p=
ṡi σi
∂Θi
=
∂t
Γ
(i = Ng + 1, . . . , Ng + Ns )
(2.65)
2.6. STAUPUNKTSTRÖMUNG
31
gegeben. Der Abstand zur Platte x und die Zeit t bilden die unabhängigen Variablen im obigen Gleichungssystem. Die abhängigen Variablen sind die axiale Massenstromdichte ρu, die skalierte radiale Geschwindigkeit V = v/r, die
Temperatur T , die Massenbrüche Yi , der radiale Druckgradient Λ und die Oberflächenbedeckungen Θi . Der thermodynamische Druck p wird räumlich konstant
angenommen; allerdings erfordert die Impulserhaltungsgleichung einen kleinen
radialen Druckgradienten Λ. Die Annahme eines annähernd konstanten thermodynamischen Druckes p gilt also für 12 r2 Λ ¿ p.
2.6.1
Randbedingungen
Die Gleichungen 2.59–2.61 sind zweiter Ordnung. Für diese Gleichungen müssen
somit 2Ng + 4 Randbedingungen spezifiziert werden. Die Gleichungen 2.58 und
2.63 sind erster Ordnung, was zu zwei zusätzlichen Randbedingungen führt. Mit
diesen zwei Randbedingungen wird der axiale Massenfluß am Einströmrand und
an der reaktiven Oberfläche festgelegt. Für den radialen Druckgradienten muß
keine zusätzliche Randbedingung mehr angesetzt werden. Insgesamt sind damit
2Ng + 6 Randbedingungen für das obige System zu spezifizieren: Ng + 3 am
Einströmrand und Ng + 3 an der reaktiven Oberfläche.
Randbedingungen am Einströmrand
Für die Massenbrüche Yi gibt es je nach physikalischer Problemstellung folgende
Möglichkeiten der Randbedingungen:
• konstante Massenbrüche:
Yi |x=L = Yi,L
(2.66)
• konstante Speziesmassenströme:
Yi |x=L = Yi,L −
ji |x=L
,
(ρu)L
(2.67)
wobei ji |x=L den Diffusionsfluß von Spezies i und (ρu)L den axialen Massenfluß am Gaseinlaß darstellt. Mit dieser Randbedingung wird berücksichtigt,
daß Spezies zum Einströmrand zurückdiffundieren können
32
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
• konstante Speziesmassenströme mit H-Rekombination:
YH |x=L = 0
(2.68)
jH2 |x=L jH |x=L
−
,
(ρu)L
(ρu)L
ji |x=L
für i 6= H, H2 .
= Yi,L −
(ρu)L
YH2 |x=L = YH2 ,L −
Yi |x=0
(2.69)
(2.70)
Dies bedeutet, daß H-Atome, die zum Gaseinlaß zurückdiffundieren zu H2 Molekülen rekombinieren (z. B. bei brennerstabilisierten Flammen [46,47]).
Für die restlichen Variablen werden am Einstömrand folgende Randbedingungen
gewählt:
(ρu)|x=L = (ρu)L ,
(2.71)
V |x=L = 0,
(2.72)
T |x=L = TL .
(2.73)
Randbedingungen an der Phasengrenze
Für die Massenbrüche Yi an der Phasengrenze werden gemäß Gleichung (2.15)
und Abbildung 2.2 Ng gewöhnliche Differentialgleichungen gelöst [32]:
¶¯
µ
∂Yi ¯¯
∆x+ = −ji |x=0 − (ρuYi )|x=0 + ṡi Mi + ω̇i Mi ∆x+ .
ρ
∂t ¯x=0
(2.74)
Der axiale Massenfluß an der reaktiven Platte wird der Stefan-Geschwindigkeit
(2.17) gleichgesetzt:
(ρu)|x=0 =
Ng
X
ṡi Mi .
(2.75)
i=1
Die radiale Geschwindigkeit verschwindet an der Festkörperoberfläche:
V |x=0 = 0.
(2.76)
Die Temperatur an der Phasengrenze wird in der vorliegenden Arbeit fest vorgegeben:
T |x=0 = T0 .
(2.77)
2.6. STAUPUNKTSTRÖMUNG
2.6.2
33
Ortsdiskretisierung
Die Ortsdiskretisierung erfolgt mit der Methode der finiten Differenzen. In das
Integrationsintervall [0, L] werden eine Anzahl von ng Stützstellen gelegt. Die
Lösung des partiellen Differentialgleichungssystems wird durch die Lösung des
diskreten Problems genähert. Die in den Gleichungen enthaltenen Ortsableitungen werden durch eine Differenzenapproximation ersetzt. Nach der Diskretisierung ergibt sich ein System aus ng (Ng + 4) + Ns gewöhnlichen Differentialgleichungen und algebraischen Gleichungen.
In dem verwendeten Programmpaket ist eine nicht äquidistante, statische Gitteranpassung implementiert [42]. Bei Bedarf, d. h. bei großen bzw. kleinen Gradienten und Krümmungen der abhängigen Variablen, wird das alte Gitter durch
Hinzufügen bzw. Entfernen von Gitterpunkten modifiziert. Die Lösung des letzten Zeitschrittes wird auf das modifizierte Gitter interpoliert und die Integration
neu gestartet.
2.6.3
Lösungsverfahren
Die numerische Lösung des nach der Diskretisierung erhaltenen Systems aus
gewöhnlichen Differentialgleichungen und algebraischen Gleichungen erfolgt mit
einem semi-impliziten Extrapolationsverfahren, das von Deuflhardt, Hairer, Nowak und Zugk entwickelt und im Programmpaket LIMEX realisiert wurde [48,49].
Sei das differentiell-algebraische Gleichungssystem gegeben durch
B
∂~y
= F~ (~y ).
∂t
(2.78)
In der vorliegenden Arbeit ist B eine Diagonalmatrix mit den Einträgen 1 für
eine gewöhnlich Differentialgleichung bzw. 0 für eine algebraische Gleichung. Die
Komponenten von ~y bilden die abhängigen Variablen. F~ (~y ) ist die zugehörige
rechte Seite des Systems. Zur Lösung von (2.78) wird eine semi-implizite EulerDiskretisierung verwendet:
µ
¶
¡
¢
~y (t0 + h) − ~y (t0 )
B
= F~ ~y (t0 + h)
h
¡
¢¡
¢
¡
¢
= F~ ~y (t0 ) + Fy ~y (t0 ) ~y (t0 + h) − ~y (t0 )
¡
¢¤−1 ¡
¢
£
F~ ~y (t0 ) .
~y (t0 + h) = ~y (t0 ) + h B − hFy ~y (t0 )
(2.79)
34
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Hierbei ist Fy die Jacobi-Matrix :
 ∂F
1
∂y1
 ∂F2
 ∂y1
Fy = 
 ..
 .
∂Fn
∂y1
∂F1
∂y2
∂F2
∂y2
···
∂Fn
∂y2
···
..
.

∂F1
∂yn
∂F2 

∂yn 
···
..
.
..  .
. 
(2.80)
∂Fn
∂yn
Im Programmpaket LIMEX wird die Gleichung (2.79) gelöst. Zur Erhöhung der
Genauigkeit wird dabei die Extrapolationsmethode angewandt. Dazu wird das
Zeitintervall h in n Teilintervalle hn = h/n unterteilt. Eine Nährungslösung für
~y (t0 + h) erhält man durch die sukzessive Berechnung von ~y (t0 + hn ), ~y (t0 + 2hn ),
. . . , ~y (t0 +nhn ) mit Gleichung (2.79). Für 1, 2, . . . , n Teilintervalle ergibt sich eine
Folge von Nährungslösungen, die gegen die exakte Lösung für n → ∞ konvergiert.
Man bricht die Berechnung bei einem vorgegebenen Maximalwert von n ab und
extrapoliert mit
2.6.4
1
n
→ 0, was i. a. eine gute Nährungslösung für ~y (t0 + h) ergibt.
Sensitivitätsanalyse
Ein wichtiges Hilfsmittel bei der Simulation chemischer Reaktionssysteme stellt
die Sensitivitätsanalyse dar [28]. Bei der Sensitivitätsanalyse wird untersucht wie
die Lösung des Differentialgleichungssystems von den Parametern des Systems
abhängt. Dies ist insbesondere dann von Interesse, wenn das System Parameter
beinhaltet, die nicht genau bekannt sind. Bei chemischen Reaktionsmechanismen
sind dies Geschwindigkeitskoeffizienten von Reaktionen.
Gegeben sei das Differentialgleichungssystem
∂~y
= F~ (~y ; p~).
(2.81)
∂t
Der Vektor ~y stellt die n abhängigen Variablen des Systems und p~ die m SystemB
parameter dar. Die Sensitivitätskoeffizienten sij sind definiert als
sij =
∂yi
∂pj
und bilden die Sensitivitätsmatrix

s11 s12 · · ·

 s21 s22 · · ·
S =
.. . .
 ..
.
.
 .
sn1 sn2 · · ·
(2.82)
s1m


s2m 
.. 
.
. 
snm
(2.83)
2.6. STAUPUNKTSTRÖMUNG
35
Durch partielle Ableitung von Gleichung (2.81) nach den Systemparametern p~
erhält man ein gewöhnliches, lineares Differentialgleichungssystem für die Sensitivitätskoeffizienten [28]
B
∂S (t)
= Fy S (t) + Fp
∂t
(2.84)
mit Fy als Jacobi-Matrix und der Matrix Fp als Ableitung der Funktion F~ nach
den Systemparametern. Die Jacobi-Matrix Fy wird bei der Lösung der Erhaltungsgleichungen benötigt und kann somit gleichzeitig zur Berechnung der Sensitivitätskoeffizienten verwendet werden, was den zusätzlichen Rechenaufwand zur
Integration von (2.84) in vertretbaren Grenzen hält.
In der vorliegenden Arbeit wird die Sensitivität der Diamantbildungsgeschwindigkeit bezüglich den Geschwindigkeitskoeffizienten kj der Oberflächenreaktionen
diskutiert. Die Bildungsgeschwindigkeit ist keine abhängige Variable des Systems,
weshalb die gesuchten Sensitivitätskoeffizienten nicht mit Gleichung (2.84) berechnet werden. Da aber die Bildungsgeschwindigkeit als Funktion der Variablen des Systems bekannt ist, können die gesuchten Sensitivitätskoeffizienten in
Abhängigkeit der durch Gleichung (2.84) berechneten Sensitivitätskoeffizienten
bestimmt werden.
Die Bildungsgeschwindigkeit ṡb (c1 , . . . , cNg +Ns ; k1 , . . . , kKs ) einer Bulkspezies
ist eine Funktion der Konzentrationen ci der Oberflächenspezies, der Gasphasenspezies an der Oberfläche und der Geschwindigkeitskoeffizienten kj der Oberflächenreaktionen. Die Sensitivitätskoeffizienten von ṡb bezüglich der Geschwindigkeitskoeffizienten der Oberflächenreaktionen kj sind dann durch folgende Formel gegeben:
Ng +Ns
X ∂ṡb ∂ci
∂ṡb
dṡb
=
+
.
dkj
∂kj
∂c
∂k
i
j
i=1
(2.85)
Die Terme ∂ṡb /∂kj und ∂ṡb /∂kj können direkt aus der Bildungsgeschwindigkeit
ṡb berechnet werden. Die Werte für ∂ci /∂kj werden in Abhängigkeit von den mit
Gleichung (2.84) berechneten Sensitivitätskoeffizienten bestimmt. Formel (2.85)
ist im Unterprogramm BBSENS implementiert. Ausgegeben werden die relativen Sensitivitätskoeffizienten srel
bj der Wachstumsgeschwindigkeit einer Bulkspezies bezüglich den Geschwindigkeitskoeffizienten kj der Oberflächenreaktionen:
srel
bj =
kj dṡb
.
ṡb dkj
(2.86)
36
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Eingabedatei
Gasphase
Reaktionsmech.
Gasphase
Eingabedatei
Oerfläche
molekulare Daten
Gasphase
DIFINP
Reaktionsmech.
Oberfläche
thermodyn. Daten
Gasphase
thermodyn. Daten
Oberfläche
SURFINP
Zwischendatei
Oberfläche
Zwischendatei
Gasphase
DIFRUN
LIMEX
Ergebnisdatei
Dateien zur
Auswertung
Abbildung 2.6: Struktur des Programmpakets.
Anschaulich heißt das: Ändert man den Geschwindigkeitskoeffizienten kj um 1 %
so ändert sich die Wachstumsgeschwindigkeit relativ um 1 %·srel
j .
2.6.5
Struktur des Programmpaketes
Die zur Simulation benötigten Eingabedateien und die Verbindungen zwischen
den einzelnen Programmteilen sind in Abbildung 2.6 schematisch wiedergegeben.
Im Programmteil DIFINP werden die physikalischen Bedingungen, der Reaktionsmechanismus in der Gasphase und die thermodynamischen bzw. molekularen
Daten für die Gasphasenspezies eingelesen. Die Daten werden auf Vollständigkeit
und Konsistenz überprüft. Außerdem berechnet DIFINP die Geschwindigkeitskoeffizienten der Rückreaktionen und Polynomfits für die Transportkoeffizienten.
Schließlich wird eine Zwischendatei ausgegeben, die direkt als Eingabe für das
eigentliche Simulationsprogramm DIFRUN dient.
Der Programmteil SURFINP ist ähnlich aufgebaut wie DIFINP. Es werden
die physikalischen Bedingungen der Oberfläche, der Reaktionsmechanismus auf
2.6. STAUPUNKTSTRÖMUNG
37
der Oberfläche und die thermodynamischen Daten für die Oberflächenspezies eingelesen. Die Geschwindigkeitskoeffizienten der Rückreaktionen werden berechnet.
Dabei benötigt SURFINP auch die thermodynamischen Daten der an den Oberflächenreaktionen beteiligten Gasphasenspezies. Zum Schluß wird eine Zwischendatei angelegt, die als Eingabe für DIFRUN dient.
In DIFRUN werden die Zwischendateien eingelesen, die Anfangs- und Randbedingungen festgelegt und die Erhaltungsgleichungen numerisch gelöst. In diesem Programmteil ist das Programmpaket LIMEX implementiert. Die Ergebnisse
werden in Dateien geschrieben, die auch als Anfangsbedingungen für einen erneuten Programmstart dienen können.
Die Pakete sind in FORTRAN77 geschrieben. Eine typische Berechnung der
Heißdraht-Diamantabscheidung dauert ohne Sensitivitätsanalyse ca. 10 CPUMinuten auf einer SGI Workstation, mit Sensitivitätsanalyse ungefähr eine CPUStunde. Bei dem komplexeren Problem der Diamantabscheidung mit laminaren
Vormischflammen kann die Rechenzeit, je nachdem ob eine stationäre Lösung bei
ähnlichen Bedingungen vorliegt, von der gestartet werden kann, zwischen einer
und 20 CPU-Stunden auf einer SGI Workstation betragen.
Kapitel 3
Diamantoberfläche
3.1
Oberflächenstrukturen von Diamant
Diamant kann, je nach Schnitt durch das Kristall, unterschiedliche Oberflächenstrukturen aufweisen. Die wichtigsten Strukturen sind in Abbildung 3.1 dargestellt. Unter typischen CVD-Bedingungen, d. h. großer Konzentration von atomarem Wasserstoff in der Gasphase, ist die Diamantoberfläche mit Wasserstoffatomen abgesättigt. Es gibt dafür zwar keine direkten experimentellen Beweise,
jedoch lassen Adsorptions-Desorptionsexperimente unter UHV-Bedingungen diesen Schluß zu [1, 50–53].
3.1.1
(100)-Oberfläche
Die (100)-Oberfläche kann in der rekonstruierten (2×1)-Struktur und in der nichtrekonstruierten (1×1)-Struktur vorkommen [54]. Bei der rekonstruierten Form
bilden sich Bindungen zwischen zwei benachbarten Kohlenstoffatomen an der
Oberfläche aus, und zwar als sogenannte Dimerbindungen. Es entstehen Fünfringe aus Kohlenstoff (siehe Abbildung 3.1). Jedes Kohlenstoffatom an der Oberfläche hat eine freie Valenz, die in Abbildung 3.1 durch ein Wasserstoffatom abgesättigt ist. Die Oberflächenplatzdichte beträgt 2,61·10−9 mol/cm2 .
In der nicht-rekonstruierten Form hat jedes Kohlenstoffatom an der Oberfläche zwei freie Valenzen. Die Oberflächenplatzdichte beträgt 5,22·10−9 mol/cm2 .
Bei dieser Struktur beträgt der Abstand zwischen zwei adsorbierten Wasserstoffatomen 0,63 Å; das ist geringer als der Abstand im H2 -Molekül (0,74 Å). Deshalb ist zu vermuten, daß Abstoßungen zwischen den adsorbierten H-Atomen
diese Struktur instabil machen. In der Tat gibt es theoretische [55] und expe38
3.1. OBERFLÄCHENSTRUKTUREN VON DIAMANT
39
• (100)-Oberfläche
(2 × 1)-Struktur
• Γ = 2,61·10 –9 mol/cm2
• (100)-Oberfläche
(1 × 1)-Struktur
• Γ = 5,22·10 –9 mol/cm2
• H-H-Abstand = 0,63 Å
—> Struktur ist instabil
• (110)-Oberfläche
(1 × 1)-Struktur
• Γ = 3,69·10 –9 mol/cm2
• (111)-Oberfläche
(1 × 1)-Struktur
• Γ = 3,02·10 –9 mol/cm2
Abbildung 3.1: Oberflächenstrukturen von Diamant; die freien Valenzen der C-Atome
an der Oberfläche sind durch H-Atome (Kugeln) abgesättigt.
40
KAPITEL 3. DIAMANTOBERFLÄCHE
rimentelle [56–59] Studien, die zeigen, daß die (100)-Oberfläche unter typischen
CVD-Bedingungen mindestens zum Teil in der rekonstruierten (2×1)-Form vorliegt.
3.1.2
(110)-Oberfläche
Über die (110)-Oberfläche ist wenig bekannt. Die Untersuchungen von Lurie und
Wilson [54] unter UHV-Bedingungen zeigen nur die (1×1)-Struktur. Eine Rekonstruktion konnte nicht beobachtet werden. Es liegt daher nahe zu vermuten, daß
auch bei CVD-Bedingungen die (1×1)-Form vorliegt [1]. Die Oberflächenplatzdichte für diese Struktur beträgt 3,69·10−9 mol/cm2 .
3.1.3
(111)-Oberfläche
Die (111)-Oberfläche ist am häufigsten untersucht worden [54, 60, 61]. Sie zeigt
unter CVD-Bedingungen die nicht-rekonstruierte (1×1)-Struktur [63]. Jedes CAtom an der Oberfläche hat eine freie Valenz, die in Abbildung 3.1 mit einem
H-Atom abgesättigt ist. Die Oberflächenplatzdichte beträgt 3,02·10−9 mol/cm2 .
Die (111)-Oberfläche kann auch in der (2×1)-Form vorkommen [54, 60–62].
Diese Rekonstruktion wird unter UHV-Bedingungen nach Erhitzen auf 1400 K
nach vollständiger Wasserstoffdesorption beobachtet [50, 51, 61]. Wird die (2×1)rekonstruierte (111)-Oberfläche atomarem Wasserstoff ausgesetzt, so tritt schon
bei einer Oberflächenbedeckung von 5 % eine Umwandlung in die nicht-rekonstruierte (1×1)-Form ein [50, 51]. Deshalb liegt die (111)-Oberfläche unter CVDBedingungen nur in der (1×1)-Form vor (s. o.), da in diesem Fall genügend atomarer Wasserstoff vorhanden ist.
3.1.4
Polykristalline Diamantoberfläche
Polykristalline Diamantoberflächen, die mit Hilfe der CVD-Methode erzeugt wurden, bestehen aus (100)- und (111)-Facetten [64–73]. Selbst bei polykristallinen
Filmen mit vorwiegender (110)-Ausrichtung, besteht die Oberfläche, mikroskopisch betrachtet, aus (100)- und (111)-Facetten [67, 70]. Dadurch sind die rekonstruierte (100)-Oberfläche und die nicht-rekonstruierte (111)-Oberfläche die
beiden wichtigsten Oberflächenstrukturen für die Diamantabscheidung.
3.2. WACHSTUMSMECHANISMUS
41
Abbildung 3.2: Auschnitt aus der rekonstruierten (100)-Oberfläche; links: sp3 -Hybridisierung durch H-Atome (kleine Kugeln); rechts: Fehlen von H-Atomen bewirkt sp2 -Hybridisierung.
Der in dieser Arbeit enwickelte Wachstumsmechanismus gilt für die rekonstruierte (100)-Oberfläche. Dieser Mechanismus wird auch für polykristallines Diamantwachstum verwendet. Es wird dabei angenommen, daß bei der (111)-Oberfläche
das Wachstum an Stufen mit (100)-Charakter stattfindet [12, 74].
3.1.5
Die Rolle von atomarem Wasserstoff
Wie oben ausgeführt bewirkt atomarer Wasserstoff in der Gasphase eine Absättigung der Oberfläche mit H-Atomen, molekularer Wasserstoff reagiert hingegen
nicht mit der Diamantoberfläche [52, 54, 60]. Die Kohlenstoffatome an der Oberfläche sind durch die adsorbierten H-Atome sp3 -hybridisiert. Fehlt atomarer Wasserstoff so tritt an der Oberfläche sp2 -hybridisierter Kohlenstoff auf. Dies geschieht an der (111)-Oberfläche durch die Umwandlung von der (1×1)-Form in
die (2×1)-rekonstruierte Form [62]. An der rekonstruierten (100)-Oberfläche zeigt
Abbildung 3.2, wie das Fehlen von H-Atomen zur sp2 -Hybridisierung führen kann.
Atomarer Wasserstoff vermeidet somit graphitähnliche (sp2 -hybridisierte) Strukturen auf der Diamantoberfläche und unterdrückt dadurch Graphitwachstum.
Atomarer Wasserstoff spielt auch eine aktive Rolle im Wachstumsmechanismus,
der im folgenden behandelt wird.
3.2
Wachstumsmechanismus
In diesem Abschnitt wird ein Wachstumsmechanismus für die (2×1) rekonstruierte C(100)-Oberfläche entwickelt. Er basiert im wesentlichen auf dem CH3 Mechanismus von Harris und Goodwin [14]. Allerdings werden Änderungen und
Erweiterungen vorgenommen. So wird in dieser Arbeit Wachstum nur an monoatomaren Stufen zugelassen. Es werden zusätzlich Reaktionen eingebaut, die die
Anlagerung von CH2 - und CH-Radikalen sowie Kohlenstoffatomen an die Dia-
42
KAPITEL 3. DIAMANTOBERFLÄCHE
H-Abstraktion
CH3-Adsorption
H-Abstraktion
β-Spaltung
*
*
(a)
(b)
H-Abstraktion
(c)
Brückenbildung
*
(d)
CH3-Adsorption
(e)
*
(f)
H-Abstraktion
*
(g)
(h)
(i)
Brückenbildung
H-Abstraktion
*
(j)
*
*
(k)
(l)
Abbildung 3.3: CH3 -Mechanismus nach Harris und Goodwin [14] für die rekonstruierte C(100)-Oberfläche (große Kugeln: C-Atome; kleine Kugeln: H-Atome). Oben(a–f):
Dimeröffnung nach Garrison et al. [13]; unten(g–l): Mechanismus nach Harris [11].
mantoberfläche beschreiben. Außerdem werden Reaktionen mit O2 -Molekülen
und Sauerstoffatomen betrachtet, die zu einer Oxidation der Diamantschicht
führen.
3.2.1
CH3 -Mechanismus
Vorschlag von Harris und Goodwin
Der CH3 -Mechanismus von Harris und Goodwin [14] kombiniert zwei Mechanismen: den Wachstumsmechanismus von Harris [11], der die Anlagerung von
Methylradikalen an die nicht-rekonstruierte C(100)-Oberfläche beschreibt, und
3.2. WACHSTUMSMECHANISMUS
43
Abbildung 3.4: Strukturen auf der rekonstruierten C(100)-Oberfläche, nachdem der Dimeröffnungsmechanismus von Garrison et al. [13] stattgefunden hat. Durch Abstoßung
zwischen den markierten H-Atomen ist diese Strukur thermodynamisch instabil.
den Mechanismus von Garrison et al. [13], der das Öffnen einer Dimerbindung an
der rekonstruierten C(100)-Oberfläche wiedergibt.
Der Vorschlag von Garrison et al. [13] ist im oberen Teil (Schritte a–f) von
Abbildung 3.3 schematisch dargestellt. Der erste Schritt besteht aus einer HAbstraktion. Das heißt, ein H-Atom aus der Gasphase reagiert mit einem adsorbierten H-Atom durch eine Eley-Rideal-Reaktion. Es entstehen ein freier Oberflächenplatz und ein H2 -Molekül in der Gasphase. Als nächstes folgt die Adsorption eines Methylradikals an dem entstandenen freien Oberflächenplatz. Nach
einer weiteren H-Abstraktion von dem adsorbierten CH3 -Molekül durch ein HAtom aus der Gasphase, entsteht ein CH2 -Radikal auf der Oberfläche. Dieses
Radikal kann durch eine β-Spaltung die Dimerbindung zwischen den benachbarten C-Atomen aufbrechen. Es entsteht Struktur (e). Schließlich kann sich eine
C-Brücke zwischen den ursprünglich durch eine Dimerbindung verbundenen CAtomen bilden (Struktur (f)).
Der zweite Teilmechanismus, der auf den Vorschlag von Harris [11] zurückgeht,
ist im unteren Teil (Schritte (g)–(l)) von Abbildung 3.3 schematisch wiedergegeben. Ausgegangen wird von Struktur (g) auf der rekonstruierten (100)-Oberfläche,
bei der durch den oben beschriebenen Teilmechanismus eine C-Brücke entstanden ist. Durch eine H-Abstraktion wird ein freier Platz an einem C-Atom mit
Dimerbindung geschaffen. Der zweite Schritt ist eine CH3 -Adsorption an diesem
freien Oberflächenplatz. Nach zwei weiteren H-Abstraktionsschritten (i)–(k), an
der adsorbierten CH3 -Gruppe und am benachbarten adsorbierten H-Atom, kann
sich schließlich eine zweite C-Brücke ausbilden (Struktur (l)).
Das Problem mit dem Mechanismus von Harris und Goodwin [14] ist, daß
der Teilmechanismus von Garrison et al. [13] viel schneller abläuft als der CH3 Mechanismus von Harris [11]. Damit würden sich auf der Oberfläche Strukturen
bilden (siehe Abbildung 3.4), bei denen die gleichen Abstoßungen zwischen adsorbierten H-Atomen wie auf der nicht-rekonstruierten (100)-Oberfläche aufträten.
44
KAPITEL 3. DIAMANTOBERFLÄCHE
H-Abstraktion
CH3-Adsorption
Brückenbildung
H-Abstraktion
CH3-Adsorption
β-Spaltung
Abbildung 3.5: Monoatomare Stufe auf der rekonstruierten C(100)-Oberfläche und die
wichtigsten Reaktionsschritte, die zur Stufenfortpflanzung führen. Die Oberflächenplätze sind mit H-Atomen (kleine Kugeln) besetzt.
Wie die nicht-rekonstruierte (100)-Oberfläche wären diese Strukturen thermodynamisch instabil. Um dieses Problem zu vermeiden, wird in der vorliegenden Arbeit Wachstum nur an monoatomaren Stufen erlaubt. Daß das Wachstum auf der
rekonstruierten C(100)-Oberfläche tatsächlich an Stufen stattfindet, wird durch
Experimente von Tsuno et al. [56,57] und Hayashi et al. [59] unterstützt, die eine
relativ glatte Oberfläche während das Wachstums zeigen.
Umsetzung des Vorschlags von Harris und Goodwin
Abbildung 3.5 zeigt das Modell einer monoatomaren Stufe1 , an der das Wachstum stattfindet. Die wesentlichen Elemente des Reaktionsmechanismus, der die
Fortpflanzung der Stufenversetzung beschreibt, sind im unteren Teil von Abbildung 3.5 schematisch wiedergegeben. Der Reaktionsmechanismus besteht aus 15
reversiblen Reaktionen, die in Tabelle 3.1 aufgeführt sind. In Tabelle 3.1 werden
Oberflächenspezies durch ein s“ gekennzeichnet, r“ steht für Radikal“. Die
”
”
”
1
Ab initio-Rechnungen vo Alfonso et al. [75] zeigen, daß die monoatomare Stufe in Abbildung
3.5 unter typischen CVD-Bedingungen thermodynamisch stabil ist.
3.2. WACHSTUMSMECHANISMUS
Reaktion
(1) CH(s) + H ­ C(s,r) + H2
(2) C(s,r) + H ­ CH(s)
(3) C(s,r) + CH3 ­ CH3 (s)
(4) CH3 (s) + H ­ CH2 (s,r) + H2
(5) CH2 (s,r) + H ­ CH3 (s)
(6) CH2 (s,r) + H ­ C(s,r) + CH3
(7) CH2 (s,r) + TC(s) ­ DTC(s,r)
(8) DTC(s,r) ­
CH2 (s) + TC(s,r) + C(D)
(9) CH2 (s) + H ­ CH(s,r) + H2
(10) CH(s,r) + H ­ CH2 (s)
(11) CH(s,r) + CH2 (s) + H ­
CH(s) + CH(s) + H2
(12) TCH(s) + H ­ TC(s,r) + H2
(13) TC(s,r) + H ­ TCH(s)
(14) TCH(s) + CH2 (s,r) + H ­
CH2 (s) + TC(s) + C(D) + H2
(15) TC(s,r) + CH3 (s) + H ­
CH2 (s) + TC(s) + C(D) + H2
45
kf
1,7·1014 e−44,39/RT
1,0·1013
5,0·1012
2,8·107 e−32,24/RT
1,0·1013
3,0·1013
3,8·1021
∆H1200
−26,0
−421,2
−339,1
−33,5
−413,7
−74,5
−103,3
∆S1200
22,3
−137,4
−176,7
28,5
−143,6
33,12
−11,4
2,0·1013 e−36,84/RT
9,0·106 T 2 e−20,93/RT
1,0·1013
−152,3
−33,5
−398,6
−18,5
39,8
−154,9
6,9·1015 T 2 e−20,93/RT
1,7·1014 e−44,39/RT
1,0·1013
−275,5
−66,8
−380,4
−10,6
27,2
−142,4
6,4·1022 e−44,39/RT
−301,7
−26,8
1,1·1016 T 2 e−32,24/RT
−268,4
−25,6
Tabelle 3.1: CH3 -Mechanismus für die rekonstruierte C(100)-Oberfläche. ∆H1200 und
∆S1200 bezeichnen die Reaktionsenthalpie bzw. Reaktionsentropie bei 1200 K. Einheiten: kf [cm, mol, s, kJ], ∆H1200 [kJ/mol], ∆S1200 [J/(K·mol)].
Bulkspezies“ C(D) beschreibt ein C-Atom, das in das Diamantgitter eingebun”
den ist. Die Nomenklatur der Oberflächenspezies ist in Abbildung 3.6 dargestellt.
Es werden zwei Arten von Oberflächenplätzen unterschieden: Dimerplätze und
Stufenplätze. Dimerplätze liegen an einem C-Atom auf der Oberfläche mit einer
Dimerbindung zum benachbarten C-Atom. Zum Beispiel steht CH(s) für ein an
einem Dimerplatz adsorbiertes H-Atom. Bei Stufenplätzen ist das C-Atom auf der
Oberfläche über eine C-Brücke an das benachbarte C-Atom gebunden. Spezies an
Stufenplätzen werden mit einem T“ am Anfang gekennzeichnet2 . So bezeichnet
”
TCH(s) ein adsorbiertes H-Atom an einem Stufenplatz.
Durch die Definition von Stufenplätzen und Dimerplätzen ist es möglich, eine
mittlere Stufenplatzdichte zu definieren. Der Mechanismus, wie er in Tabelle 3.1
gegeben ist, erhält die Anzahl der Stufenplätze. Deshalb geht als frei wählbarer
Parameter in die Simulation die mittlere Stufenplatzdichte ein. Dieser Wert wur2
T“ steht für engl. trough“, zu deutsch Mulde“.
”
”
”
46
KAPITEL 3. DIAMANTOBERFLÄCHE
(a)
(b)
CH2(s)
TC(s,r)
*
CH2(s,r)
TC(s)
CH(s)
*
C(D)
(c)
(d)
TC(s,r)
*
CH2(s)
CH3(s)
TC(s)
C(D)
Abbildung 3.6: Nomenklatur der Oberflächenspezies in Tabelle 3.1.
de in allen Rechnungen auf 3 % gesetzt, d. h., es wurde angenommen, daß auf
der rekonstruierten C(100)-Oberfläche 3 % aller verfügbaren Plätze Stufenplätze
darstellen. Dieser Wert ist eine Abschätzung, aber Experimente [56,57,59] zeigen,
daß die (100)-Oberfläche während des Wachstums relativ glatt bleibt.
Reaktionen (1) und (2) in Tabelle 3.1 beschreiben die H-Atom-Abstraktion
bzw. -Adsorption an einem Dimerplatz, Reaktionen (12) und (13) dasselbe für
einen Stufenplatz. Reaktion (3) ist die CH3 -Adsorption an einem Dimerplatz.
CH3 -Adsorption an einem Stufenplatz ist aufgrund sterischer Hinderungen verboten [14], was auch mit den Berechnungen von Skokov et al. [15] übereinstimmt3 .
Reaktionen (4)–(6) stellen die H-Abstrakions- bzw. H-Additionsreaktionen
an einer adsorbierten Methyl- bzw. Methylengruppe dar. Reaktion (7) ist das
Öffnen einer Dimerbindung durch eine β-Spaltung (siehe Schritte (d)–(e) in Abbildung 3.3). Wie oben erwähnt, wird diese Dimeröffnung nicht überall auf der
Oberfläche, sondern nur mit der benachbarten Spezies TC(s) an einem Stufen3
Die quantenmechanischen Berechnungen von Skokov et al. [15] ergeben für eine CH3 Adsorption an einen Stufenplatz eine Aktivierungsenergie von 62 kJ/mol, während die gleiche
Reaktion an einem Dimerplatz ohne Aktivierungsenergie abläuft.
3.2. WACHSTUMSMECHANISMUS
Spezies
a1
a5
CH(s)
1,4872259· 100
7,6660243· 10−14
C(s, r)
1,6900997· 100
2,8811839· 10−14
CH3 (s)
2,2271934· 100
1,4445464· 10−13
CH2 (s, r)
1,7394471· 100
1,1763388· 10−13
DTC(s, r)
3,8251997· 100
−8,6324820· 10−13
CH2 (s)
1,7394471· 100
1,1763388· 10−13
CH(s, r)
1,4872259· 100
7,6660243· 10−14
TCH(s)
1,4872259· 100
7,6660243· 10−14
TC(s, r)
1,6900997· 100
2,8811839· 10−14
TC(s)
1,6900997· 100
2,8811839· 10−14
C(D)
1,6900997· 100
2,8811839· 10−14
a2
a6
3,3000924· 10−3
−3,8569900· 103
1,1069085· 10−3
1,9457000· 104
6,4840489· 10−3
−2,1929000· 103
5,1764320· 10−3
2,0486000· 104
2,9819900· 10−2
1,5474000· 104
5,1764320· 10−3
−1,1145230· 104
3,3000924· 10−3
9,7926800· 103
3,3000924· 10−3
−2,4215000· 103
1,1069085· 10−3
1,5981800· 104
1,1069085· 10−3
1,7230960· 104
1,1069085· 10−3
−5,7905500· 102
47
a3
a7
−2,8411702· 10−7
−1,4025900· 101
−1,2616481· 10−7
−1,3795820· 101
−5,0900690· 10−7
−1,3152410· 101
−4,2153641· 10−7
−8,2529000· 100
−1,9140160· 10−5
−4,3018900· 101
−4,2153641· 10−7
−1,6211040· 101
−2,8417020· 10−7
−1,0998800· 101
−2,8417020· 10−7
−1,1613300· 101
−1,2616481· 10−7
−1,0788870· 101
−1,2616481· 10−7
−1,2244500· 101
−1,2616481· 10−7
−1,0249900· 101
a4
−3,4383971· 10−10
−1,1996654· 10−10
−6,6263206· 10−10
−5,3463645· 10−10
6,2928330· 10−9
−5,3463645· 10−10
−3,4383971· 10−10
−3,4383971· 10−10
−1,1996654· 10−10
−1,1996654· 10−10
−1,1996654· 10−10
Tabelle 3.2: Polynomkoeffizienten für die thermodynamischen Größen der Oberflächenspezies in Tabelle 3.1. Definition siehe Gleichungen (2.36)–(2.38). Temperaturbereich:
600–1400 K.
platz erlaubt. Über die Übergangsspezies DTC(s, r), die insgesamt zwei Oberflächenplätze (einen Dimerplatz und einen Stufenplatz) beansprucht, findet eine
Brückenbildung4 statt, was zur Konfiguration (b) in Abbildung 3.6 führt.
Reaktionen (9)–(11) stellen die Bildung neuer Dimerbindungen zwischen zwei
benachbarten Kristallebenen senkrecht zur Zeichenebene in Abbildung 3.6 dar.
Dadurch erreicht man Struktur (c) in Abbildung 3.6. Schließlich beschreiben Reaktionen (14) und (15) die Brückenbildung von einer adsorbierten Methylen- bzw.
Methylgruppe an einem Dimerplatz zu einem benachbarten Stufenplatz. Struktur (d) in Abbildung 3.6 ist äquivalent zu Struktur (a), und der Kreis ist damit
geschlossen.
Die meisten Reaktionsgeschwindigkeiten in Tabelle 3.1 sind von Harris und
Goodwin [14] übernommen, die diese Koeffizienten aus analogen Gasphasenreaktionen von Alkanen ableiteten. Die einzigen Ausnahme ist die H-Abstraktion
4
siehe Schritte (e)–(f) in Abbildung 3.3
48
KAPITEL 3. DIAMANTOBERFLÄCHE
Reaktion
(16)
C(s,r) + CH2 ­ CH2 (s,r)
(17)
C(s,r) + TC(s,r) + CH2 ­
CH2 (s) + TC(s) + C(D)
(18)
C(s,r) + TCH(s) + CH ­
CH2 (s) + TC(s) + C(D)
(19)
C(s,r) + TCH(s) + C ­
CH(s,r) + TC(s) + C(D)
kf
1,0·1013
∆H1200
−393,1
∆S1200
−164,0
3,8·1021
−628,0
−218,0
3,8·1021
−675,4
−197,5
7,6·1021
−634,9
−144,7
Tabelle 3.3: Reaktionen von CH2 -, CH-Radikalen sowie C-Atomen mit der rekonstruierten C(100)-Oberfläche. Einheiten und Bezeichnungen wie in Tabelle 3.1.
von tertiären H-Atomen (Reaktionen (1), (12) und (14)), bei der der von Chang
et al. [76] berechnete Geschwindigkeitskoeffizient für die H-Abstraktion von HAtomen auf der C(111)-Oberfläche benutzt wurde. Jeder Geschwindigkeitskoeffizient wurde mit dem Faktor Γ (n−1) skaliert, um die richtige Dimension sicherzustellen. Dabei stellt n die Anzahl der Oberflächenspezies auf der Eduktseite
jeder Reaktionsgleichung dar. Für die Oberflächenplatzdichte Γ wurde der Wert
für die rekonstruierte C(100)-Oberfläche eingesetzt (siehe Abbildung 3.1).
Die Geschwindigkeitskoeffizienten der Rückreaktionen in Tabelle 3.1 werden
mit Hilfe der freien Reaktionsenthalpie und der Gleichungen (2.46) und (2.53)
bestimmt. Zu diesem Zweck benötigt man thermodynamische Daten der Oberflächenspezies. Harris und Goodwin [14] haben die Enthalpie und Entropie für
Modellcluster, die die rekonstruierte C(100)-Oberfläche repräsentieren, mit den
empirischen Kraftfeldern MM2 [77] und MM3 [78] berechnet. Diese Daten wurden in der vorliegenden Arbeit benutzt, um die Enthalpie und die Entropie der
Oberflächenspezies bei einer Temperatur von 1200 K zu berechnen. Die temperaturabhängigen Wärmekapazitäten wurden direkt aus den Daten von Coltrin
und Dandy [79] übernommen5 . Die Ergebnisse sind in Tabelle 3.2 dargestellt.
Die thermodynamischen Größen der Oberflächenspezies lassen sich dann mit den
Gleichungen (2.36)–(2.38) berechnen.
3.2. WACHSTUMSMECHANISMUS
49
C
CH(s,r)
Adsorption und
H-Umlagerung
*
TCH(s) C(s,r)
C(D) TC(s)
Abbildung 3.7: Prinzip der direkten Anlagerung von C-Atomen an einer Stufe auf der
rekonstruierten C(100)-Oberfläche.
3.2.2
CH2 -, CH- und C-Mechanismus
In diesem Abschnitt soll der CH3 -Mechanismus, wie er in Tabelle 3.1 beschrieben ist, erweitert werden, so daß er generell die Anlagerung von C1 -Spezies an
die rekonstruierte C(100)-Oberfläche beschreibt. Es werden dazu Reaktionen mit
CH2 - und CH-Radikalen sowie C-Atomen eingeführt, die in Tabelle 3.3 aufgelistet sind. Reaktion (16) stellt die Adsorption von Methylenradikalen dar, die
dann durch Folgereaktionen, wie sie in Tabelle 3.1 aufgeführt sind, weiterreagieren können. Reaktionen (17)–(19) beschreiben die direkte Anlagerung von
CH2 - und CH-Radikalen sowie C-Atomen an einer Stufe auf der rekonstruierten
C(100)-Oberfläche. Das Prinzip dieser Anlagerung veranschaulicht Abbildung 3.7
am Beispiel von C-Atomen. Ein C-Atom kann an einem freien Dimerplatz mit
einem benachbarten H-Atom an einem Stufenplatz adsorbieren. In einem zweiten Schritt findet eine H-Umlagerung vom Stufenplatz zum adsorbierten C-Atom
statt. Es entsteht ein adsorbiertes CH-Radikal und ein freier Stufenplatz, die
schließlich zu einer C-Brücke rekombinieren. Analog geschieht die Anlagerung
von CH-Radikalen. Bei der direkten Anlagerung von CH2 -Radikalen fällt hingegen die H-Umlagerung weg, da in diesem Fall schon zwei benachbarte, freie
Oberflächenplätze vorhanden sein müssen.
Durch die obige Diskussion der C-Anlagerung an einer Stufe wird deutlich,
daß sie viel effektiver abläuft als die CH3 -Anlagerung. Würde sich ein Methyl5
Die in dieser Referenz berechneten Wärmekapazitäten wurden aus den Schwingungsfrequenzen verschiedener Kohlenwasserstoffe mit Formeln aus der statistischen Thermodynamik [2]
berechnet.
50
KAPITEL 3. DIAMANTOBERFLÄCHE
radikal an der Stufe in Abbildung 3.7 anlagern, so müßten zwei zusätzliche HAbstraktionreaktionen erfolgen, um die Stufe fortzusetzen. Bei der C-Anlagerung
fallen diese Reaktionen weg, und die Anlagerung ist somit viel effektiver. Zum
Vergleich: Eine gegenüber der CH3 -Konzentration um den Faktor 10 geringere CAtom-Konzentration an der Substratoberfläche ergibt den gleichen Beitrag zum
Diamantwachstum wie den der Methylradikale (siehe Abschnitt 5.2.2).
Für die Geschwindigkeitskoeffizienten der Reaktionen (17)–(19) wurde angenommen, daß die H-Umlagerung bzw. Brückenbildung viel schneller abläuft als der
Adsorptionsschritt. Die Geschwindigkeitskoeffizienten der Adsorptionsreaktionen
sind grob abgeschätzt worden. Die Aktivierungsenergie wurde gleich Null gesetzt,
was typisch ist für Radikal-Radikal-Rekombinationen. Für die präexponentiellen Faktoren wurden Werte von 1·1013 für die Adsorption von CH2 - und CHRadikalen bzw. 2·1013 für die Adsorption von C-Atomen angenommen6 . Diese
Werte sind typisch für Adsorptionreaktionen [80].
3.2.3
Oxidationsmechanismus
Über die Wechselwirkung von Sauerstoff mit der Diamantoberfläche gibt es weniger Untersuchungen als über die von Wasserstoff. Thomas et al. [53] konnten
bei Zimmertemperatur und bei einem Druck von 10−6 mbar keine O2 -Adsorption
beobachten. Lurie und Wilson [54] berichten von einen sehr kleinen Haftkoeffizienten bei Zimmertemperatur im Bereich von 10−7 von molekularem Sauerstoff
auf der Diamantoberfläche. Oxidation von Diamant konnte unter Anwesenheit
von molekularem Sauerstoff bei Normaldruck und bei einer Temperatur größer
als 800 K festgestellt werden [81–84]. Adsorption von O2 -Molekülen ist also im
Prinzip möglich, besitzt aber eine Aktivierungsbarriere, so daß bei Zimmertemperatur der Haftkoeffizient sehr klein ist. Molekulardynamische Studien von Skokov
et al. [85] zeigen, daß die Adsorption von O2 dissoziativ erfolgt.
Atomarer Sauerstoff adsorbiert schon bei Zimmertemperatur auf der rekonstruierten C(100)-Oberfläche. Dabei wurde eine Umstrukturierung von der (2×1)Struktur hin zur nicht-rekonstruierten (1×1)-Struktur beobachtet [53]. Dies zeigt,
daß adsorbierter Sauerstoff in der Lage ist, auf der Diamantoberfläche Bindungen
aufzubrechen. Prinzipiell sind zwei Konfigurationen des adsorbierten Sauerstoffs
6
Die Werte für Reaktionen (17)–(19) wurden aus Dimensionsgründen jeweils mit dem Faktor
Γ −1 skaliert. Der Wert für die C-Atome entspricht einem Haftkoeffizienten von 0,8 bei 1000 K.
3.2. WACHSTUMSMECHANISMUS
Reaktion
(20) C(s,r) + O → CO(s)
(21) C(s,r) + C(s,r) + O2 →
CO(s) + CO(s)
(22) CO(s) + C(D) → C(s,r) + CO
(23) CH(s) + OH ­ C(s,r) + H2 O
(24) TCH(s) + OH ­ TC(s,r) + H2 O
51
kf
1,0·1013
3,8·1022 e−52,0/RT
2,8·1011 e−188,0/RT
5,7·1010 T 0,5 e−0,3/RT
5,7·1010 T 0,5 e−0,3/RT
∆H1200
∆S1200
−89,3
−130,1
9,2
14,2
Tabelle 3.4: Reaktionen von O2 -Molekülen sowie O- und OH-Radikalen mit der rekonstruierten C(100)-Oberfläche. Die Rückreaktionen von (20)–(22) werden vernachlässigt.
Einheiten und Bezeichnungen wie in Tabelle 3.1.
CO
O
Adsorption
*
*
C(s,r)
ß-Spaltung
Desorption
*
*
CO(s)
Abbildung 3.8: Oxidationsmechanismus für die rekonstruierte C(100)-Oberfläche.
auf der C(100)-Oberfläche möglich: die On-top“- und die Bridge“-Position. Die
”
”
Untersuchungen von Skokov et al. [85] zeigen, daß oberhalb von 600 K die On”
top“-Konfiguration dominiert. Das Hauptoxidationsprodukt bei Thermodesorptionsexperimenten [53] ist Kohlenmonoxid. Kohlendioxid konnte nur in geringen
Mengen festgestellt werden [53].
Aufgrund obiger Überlegungen werden die Reaktionen (20)–(24) eingeführt,
wie sie in Tabelle 3.4 gegeben sind. Die Reaktionen (20)–(22) stellen die Oxidation der rekonstruierten C(100)-Oberfläche mit dem Oxidationsprodukt CO dar.
Reaktionen (23) und (24) sind Eley-Rideal-Reaktionen der Diamantoberfläche
mit OH-Radikalen, die zu H-Abstraktionen analog zu Reaktionen (1) und (12)
führen. Das Prinzip der Oxidation veranschaulicht Abbildung 3.8 am Beispiel von
O-Atomen. O-Atome adsorbieren an einem freien Dimerplatz (Reaktion (20)).
Es entsteht ein CO-Radikal auf der Oberfläche. Dieses Radikal kann durch βSpaltung die Dimerbindung an der Oberfläche aufbrechen. Anschließend kann das
adsorbierte CO-Molekül desorbieren (Reaktion (22)). Die O2 -Oxidation verläuft
52
KAPITEL 3. DIAMANTOBERFLÄCHE
analog, jedoch mit dem Unterschied, daß die Adsorption dissoziativ erfolgt (Reaktion (21)). Die Rückreaktionen von Reaktion (20)–(22) werden vernachlässigt,
da keine zuverlässigen thermodynamischen Daten für adsorbierten Sauerstoff auf
der rekonstruierten C(100)-Oberfläche vorliegen7 .
Die Geschwindigkeitskoeffizienten der Reaktionen (20) und (21) werden grob abgeschätzt. Für den präexponentiellen Faktor der Adsorption von atomarem Sauerstoff ist ein typischer Wert eingesetzt worden (siehe Abschnitt 3.2.2). Die Aktivierungsenergie von Reaktion (20) wurde, bezeichnend für eine Radikal-RadikalRekombination, auf Null gesetzt.
Da keine Daten für die Aktivierungsenergie der dissoziativen O2 -Adsorption
auf der Diamantoberfläche vorliegen (Reaktion (21)), wurde der experimentell
bestimmte Wert [87] von 52 kJ/mol für die dissoziative O2 -Adsorption auf der
Graphitoberfläche verwendet. Der präexponentielle Faktor von Reaktion (21) ist
mit 3,8·1022 so gewählt werden, daß sich bei einer Temperatur von 600 K ein
Haftkoeffizient von 5·10−4 ergibt. Experimentell wurde bei 600 K ein Wert von
10−3 für Graphit [87] und 10−4 für amorphen Kohlenstoff [88] festgestellt. Der
hier gewählte Wert für Diamant stellt den Mittelwert beider Werte dar. Bei einer
Temperatur von 300 K ergibt sich ein Haftkoeffizient von 2·10−8 , etwas kleiner
als der von Lurie und Wilson [54] beobachtete Haftkoeffizient von ≈ 10−7 .
Der Geschwindigkeitskoeffizient der CO-Desorption (Reaktion (22)) stammt
aus einem Thermodesorptionsexperiment [89]. Die Geschwindigkeitskoeffizienten
für die Reaktionen (23) und (24) wurden anhand der analogen Gasphasenreaktion
i-C4 H10 + OH → t-C4 H9 + H2 O abgeschätzt [90].
7
Skokov et al. [85] berechneten für die Chemiesorptionsenergie von atomarem Sauerstoff auf
der nicht-rekonstruierten C(100)-Oberfläche für die On-top“-Position 786,5 kJ/mol; für die
”
gleiche Konfiguration berechneten Zheng und Smith [86] 562,6 kJ/mol.
Kapitel 4
Heißdrahtreaktor
Das Prinzip eines Heißdrahtreaktors mit typischen Reaktorparametern und das
zugrunde liegende Simulationsmodell sind in Abbildung 4.1 schematisch dargestellt. Ein Gasgemisch aus Wasserstoff und einem Kohlenwasserstoff strömt über
einen heißen Metalldraht auf ein Substrat, auf dem Diamant abgeschieden wird.
Am Draht und in der Gasphase zwischen Draht und Substrat werden reaktive
Teilchen (H-Atome und CH3 -Radikale) erzeugt. Diese diffundieren zum Substrat,
wo sie zum Diamantwachstum führen. Die genaue Wirkung des Drahtes auf das
Gasgemisch ist nicht bekannt. Es sind folgende Punkte zu bemerken:
• Die Wirkung des Drahtes geht über ein Aufheizen des Gasgemischs und daraus resultierende homogene Gasphasenchemie hinaus. Der Draht hat eine
katalytische Wirkung. Er dissoziiert molekularen Wasserstoff [91–95]. Außerdem gibt es deutliche Hinweise auf Reaktionen von Kohlenwasserstoffen
mit der Drahtoberfläche [93, 96, 97].
• Der Dissoziationsgrad von molekularem Wasserstoff am Draht ist von der
Temperatur und Dicke des Drahtes, vom Drahtmaterial und vom Anteil der
Kohlenwasserstoffe im Gasgemisch abhängig [93, 94]. Die einfachste Annahme, die man treffen kann ist, daß der Draht die Gasphasenreaktion
H + H ­ H2 ins partielle Gleichgewicht bringt [94, 98, 99].
• Steigt der Volumenanteil der Kohlenwasserstoffe im Gasgemisch über 1 %
so geht die katalytische Wirkung des Drahtes auf Wasserstoff drastisch
zurück [93, 96, 100, 101]. Es ist anzunehmen, daß dies auf Graphitbildung
auf der Drahtoberfläche zurückzuführen ist [93,96,100]. Die Oberfläche wird
dadurch vergiftet“.
”
53
54
KAPITEL 4. HEISSDRAHTREAKTOR
DC
Heißdraht
Frischgas
H2, CH4
x=L
x=0
Substrat
zur Vakuumpumpe
Abbildung 4.1: Skizze eines Heißdrahtreaktors (rechts) und der dazugehörigen Staupunktströmung (links), auf der die Simulation beruht. Typische Reaktorparameter:
Frischgaszusammensetzung: 0,5 Vol.% CH4 in Wasserstoff, Druck p = 30 mbar,
L = 5 mm, Drahttemperatur TF = 2400 K, Substrat-Temperatur TS = 1000 K, Konvektionsgeschwindigkeit am Draht vF = 10 cm/s.
Wegen des relativ einfachen experimentellen Aufbaus wird die Heißdraht-Methode
häufig benutzt, um Diamantabscheidung zu studieren. Ein wichtiger Schritt zum
Verständnis des Diamantwachstums ist die Untersuchung der Gasphase. Es existieren zahlreiche experimentelle [93, 97, 100–114] und numerische Studien [114–
120] zu diesem Thema. Allerdings ist es, trotz des geringen experimentellen Aufwandes, sehr schwierig, die Gasphase des Systems zu modellieren. Diese Schwierigkeit beruht darauf, daß es im Heißdrahtreaktor zwei reaktive Oberflächen gibt
– die Drahtoberfläche und die Substratoberfläche –, die beide die Gasphase beeinflussen.
Es gibt, sowohl auf experimenteller [121–123] als auch auf numerischer Seite [117,124,125], nur wenige systematische kinetische Wachstumsstudien im Heißdrahtreaktor. Das liegt zum einen daran, daß experimentelle Wachstumsstudien
wegen der geringen Wachstumsgeschwindigkeiten im Bereich von µm/h extrem
langwierig sind, zum anderen ist man auf theoretischer Seite von einem detaillierten Verständnis der Vorgänge im Heißdrahtreaktor noch weit entfernt. Auch diese
4.1. FORMULIERUNG DES MODELLS
55
Arbeit kann nur erste Ansätze liefern. Im folgenden wird, nach der Formulierung
des Modells, zunächst die Gasphase und dann das Wachstum im Heißdrahtreaktor
numerisch untersucht und experimentellen Befunden gegenübergestellt.
4.1
Formulierung des Modells
Die Simulation des HFCVD-Reaktors basiert auf der Staupunktanordnung wie
sie in Abschnitt 2.6 beschrieben ist. Das Modell beschreibt die Region zwischen
Draht und Substrat (siehe Abbildung 4.1). Die Integration wird bis zum Erreichen des stationären Gleichgewichts durchgeführt. Das Reakionsschema in der
Gasphase wird direkt aus Arbeiten zur Modellierung der Gasphasenchemie in
Flammen übernommen [28, 126, 127]. Betrachtet man die Reaktionen im C1 -C2 System für eine Mischung aus Methan und Wasserstoff, so besteht der detaillierte Reaktionsmechanismus aus 55 Elementarreaktionen mit 13 Spezies. Höhere
Kohlenwasserstoffe werden vernachlässigt, da sie keine Rolle im HFCVD-Reaktor
spielen.
Die detaillierte Einbeziehung der heterogenen Chemie am Draht, die, wie oben
erwähnt, weitgehend unverstanden ist, würde über den Rahmen dieser Arbeit
hinausgehen. Deshalb muß die Gaszusammensetzung am Draht, die als Randbedingung in die Simulation eingeht, abgeschätzt werden. Es wird angenommen,
daß der Draht die partiellen Gleichgewichte der Gasphasenreaktionen H+H ­ H2
und CH3 + H ­ CH4 bei der Drahttemperatur einstellt. Die so erhaltene Gaszusammensetzung1 wird isotherm bei der Gastemperatur am Draht für die Dauer von 10−4 s als homogenes chemisch reagierendes System angesehen. Die sich
durch diesen Prozeß ergebende Gasmischung geht als Randbedingung am Draht
in das Differentialgleichungssystem ein (siehe Gleichung 2.66). Die Einführung
einer Verweilzeit von 10−4 s bewirkt eine erhöhte Umsetzung von Methan zu
Acetylen; man erreicht damit eine bessere Übereinstimmung mit den Messungen
(siehe Abschnitt 4.2.3).
Als weitere Randbedingung am Draht geht die Gastemperatur ein (Gleichung
2.73), die in der vorliegenden Arbeit aus CARS-Temperaturmessungen bestimmt
wurde. Für den axialen Massenfluß am Draht (Gleichung 2.71) muß die Gasge1
bei TF = 2400 K und 0,5 Vol.% CH4 : 8,7 Vol.% H, 90,8 Vol.% H2 , 0,33 Vol.% CH3 und
0,15 Vol.% CH4 .
56
KAPITEL 4. HEISSDRAHTREAKTOR
Frischgaszusammensetzung
Druck
Abstand Draht-Substrat
Draht
Drahttemperatur
Substrat
Substrat-Temperatur
0,5 Vol.% CH4 , 99,5 Vol.% H2
30 mbar
5 mm
Wolfram
1400–2400 K
Silizium
600–1200 K
Tabelle 4.1: Bedingungen für das Experiment von Zumbach et al. [114].
schwindigkeit abgeschätzt werden. Es wurde ein Wert von 10 cm/s angenommen.
Eine zehnfach erhöhte Gasgeschwindigeit am Draht ergibt identische Speziesprofile. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, daß im HFCVD-Reaktor die Diffusion gegenüber der Konvektion dominiert, so daß Spezies- und Geschwindigkeitsprofile entkoppelt sind [99, 115].
Als Reaktionsmechanismus auf der Substratoberfläche wird der in Tabelle
3.1 aufgeführte CH3 -Mechanismus benutzt. Die Reaktionen von CH2 -, CH- und
C-Radikalen (siehe Tabelle 3.3) mit der Diamantoberfläche werden im HFCVDReaktor vernachlässigt. Die Simulationen zeigen, daß die Konzentrationen dieser
Radikale mindestens um den Faktor 100 niedriger liegen als die der CH3 -Radikale.
Bei diesen niedrigen Konzentrationen ist der Beitrag zum Diamantwachstum vernachlässigbar.
4.2
Gasphase und polykristallines Wachstum
In diesem Abschnitt liegt das Hauptaugenmerk auf der Gasphase des Systems.
Es werden die berechneten Konzentrationen verschiedener Spezies an der Substratoberfläche mit Experimenten von Zumbach und Schäfer vom Physikalisch
Chemischen Institut der Universität Heidelberg verglichen. Im Experiment wurde
auf dem Siliziumsubstrat eine polykristalline Diamantschicht abgeschieden [128],
aber keine Wachstumsgeschwindigkeit bestimmt. Deshalb werden die simulierten
Diamant-Wachstumsgeschwindigkeiten polykristallinen Wachstumsexperimenten
aus der Literatur unter ähnlichen Bedingungen gegenübergestellt.
Das Experiment besteht aus einem Heißdrahtreaktor, dessen Reaktorparameter in Tabelle 4.1 aufgeführt sind. In der Mitte des Substrats befindet sich
ein kleines Loch von etwa 150 µm Durchmesser, durch das ein Molekularstrahl
4.2. GASPHASE UND POLYKRISTALLINES WACHSTUM
57
dat.tempprof(1000K)
Temperatur [K]
2500
2000
1500
1000
500
0
1
2
3
4
Abstand vom Substrat [mm]
5
Abbildung 4.2: CARS-Temperaturprofile bei Substrat-Temperaturen von 800 K (2),
900 K (◦) und 1000 K (4). Gefüllte Symbole: Substrat-Temperatur (Thermoelement),
Drahttemperatur (Pyrometer). Linie: Simulation bei einer Substrat-Temperatur von
900 K.
abgesaugt wird. Durch diesen Strahl läßt sich die Gaszusammensetzung direkt
über dem Substrat bestimmen. Quantitative Messungen der stabilen Spezies, wie
CH4 , C2 H2 und C2 H4 , erfolgen durch Quadrupolmassenspektroskopie. Methylradikale und Wasserstoffatome werden durch Quadrupolmassenspektroskopie und
REMPI2 -Flugzeitmassenspektroskopie nachgewiesen. Dreier und Tobai bestimmten Temperaturprofile im Reaktor mittels CARS3 -Spektroskopie. Einzelheiten
über den experimentellen Aufbau und die verwendeten spektroskopischen Nachweismethoden finden sich in [114, 128, 129].
4.2.1
Temperaturprofile
Abbildung 4.2 zeigt die gemessenen Temperaturprofile bei einer Drahttemperatur
von 2400 K und die dazugehörige Simulation. Als erstes fällt auf, daß die Gastemperatur in unmittelbarer Nähe des Drahts um etwa 400 K niedriger liegt als
die mittels eines Pyrometers gemessene Temperatur der Drahtoberfläche. Dieser
scheinbare Temperatursprung in der Nähe des Drahtes wurde auch von anderen
2
3
Resonance Enhanced Multi Photon Ionization
Coherent Anti-Stokes Raman Spectroscopy
58
KAPITEL 4. HEISSDRAHTREAKTOR
Gruppen beobachtet [98,106,113]. Eine mögliche Erklärung für diese Tatsache ist
das relativ große CARS-Probenvolumen (200 µm Durchmesser auf einer Länge
von 2 mm), so daß längs der Drahtspirale vorhandene Temperaturgradienten weggemittelt werden. In der Simulation wurde als Randbedingung für die Gastemperatur am Draht (Gleichung 2.73) der durch die CARS-Messungen bestimmte Wert
von 2000 K benutzt4 . Man erkennt in Abbildung 4.2 eine gute Wiedergabe des
nahezu linearen Temperaturverlaufs durch die Simulation. Dieses lineare Temperaturprofil, das generell im Heißdrahtreaktor beobachtet wird [98, 106, 113], ist
darauf zurückzuführen, daß der Wärmeleitungsterm gegenüber dem Konvektionsund Reaktionsterm in der Energiegleichung (2.61) dominiert.
4.2.2
Speziesprofile
Abbildung 4.3 zeigt bei einer Draht- bzw. Substrat-Temperatur von 2400 bzw.
1200 K typische Speziesprofile der wichtigsten Gasphasenspezies im HFCVDReaktor. Man erkennt eine deutliche Abnahme des Molenbruchs der H-Atome
zum Substrat hin. Dies ist auf Oberflächenreaktionen zurückzuführen. Reaktionen (1) und (2) in Tabelle 3.1 ergeben als Nettoreaktion eine Rekombination von
H-Atomen auf der Oberfläche. Berechnet man den dazugehörigen Rekombinationskoeffizienten, der angibt, welcher Anteil der H-Atome, die auf die Oberfläche
treffen, zu H2 -Molekülen rekombiniert, so ergibt sich ein Wert von 0,06 [120]. Dieser Wert ist in Einklang mit Experimenten von Harris und Weiner [130], Krasnoperov et al. [131] und Connell et al. [113], die Werte von 0,12, 0,16 und 0,02
– jeweils mit einer Unsicherheit von einem Faktor zwei – gemessen haben. Das
H-Atom-Profil ist also durch den Wert am Draht, Diffusion und den Rekombinationskoeffizienten am Substrat bestimmt. Rekombination in der Gasphase spielt
bei diesem niedrigem Druck keine Rolle [120].
Die Profile der Kohlenwasserstoffe sind an das Profil der H-Atome durch fol-
4
Bei Drahttemperaturen kleiner als 2400 K wurde angenommen, daß der scheinbare Temperatursprung am Draht proportional zur Temperaturdifferenz zwischen Draht und Substrat
ist.
4.2. GASPHASE UND POLYKRISTALLINES WACHSTUM
59
Abbildung 4.3: Speziesprofile bei einer Draht- bzw. Substrat-Temperatur von 2400 bzw.
1200 K. Die gestrichelten Linien stellen C2 H2 bzw. C2 H4 dar.
gende Gasphasenreaktionen gekoppelt:
CH4 + H ­ CH3 + H2 ,
(4.1)
CH3 + H + M ­ CH4 + M,
(4.2)
CH3 + CH3 + M ­ C2 H6 + M.
(4.3)
Die schnelle Reaktion 4.1 befindet sich im partiellen Gleichgewicht, mit Ausnahme eines Gebiets ungefähr 1 mm von der Substratoberfläche entfernt. Hier ist
das partielle Gleichgewicht der Reaktion durch die Rekombination der H-Atome
auf der Substratoberfläche gestört [120]. Reaktion 4.2 spielt bei einer SubstratTemperatur von 1200 K keine Rolle. Nur bei niedrigen Substrat-Temperaturen
bewirkt diese Reaktion ein starkes Absinken der CH3 -Konzentration in der Nähe
des Substrats (siehe Abschnitt 4.2.4). Reaktion 4.3 und weitere H-Abstraktionen
bewirken den Anstieg der Acetylenkonzentration vom Draht zum Substrat.
4.2.3
Molenbrüche als Funktion der Drahttemperatur
In Abbildung 4.4 ist ein Arrheniusdiagramm der Molenbrüche der Wasserstoffatome und Methylradikale am Substrat in Abhängigkeit von der Drahttemperatur dargestellt. Die H-Atome werden von der Simulation bei Drahttemperaturen kleiner als 1900 K unterschätzt bzw. oberhalb von 2100 K überschätzt.
60
KAPITEL 4. HEISSDRAHTREAKTOR
Abbildung 4.4: Arrheniusdiagramm der Molenbrüche der H-Atome (◦) und
der CH3 -Moleküle (2) am Substrat in Abhängigkeit der Drahttemperatur.
Substrat-Temperatur = 1000 K. Symbole: Experiment. Linien: Simulation. Gestrichelte Linien: Simulation mit an das Experiment angepaßter H-Atomkonzentration.
Berechnet man die Aktivierungsenergien für die Dissoziation von Wasserstoffmolekülen am Draht, so ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen Simulation
(Ea ≈ 200 kJ/mol) und Experiment (Ea ≈ 100 kJ/mol). Die Diskrepanz zwischen
Simulation und Experiment läßt sich dadurch erklären, daß das einfache Modell
der Dissoziation von Wasserstoff am Heißdraht, nicht ausreicht, um den katalytischen Effekt des Heißdrahts auf Wasserstoff zu beschreiben. Das Modell kann
lediglich die Größenordnung der H-Atomkonzentration am Substrat wiedergeben.
Die Simulation ist in der Lage, die CH3 -Radikale ab einer Drahttemperatur
von 1800 K gut wiederzugegeben. Bei Temperaturen unterhalb von 1800 K unterschätzt das Modell die Methylradikale. Diese Tatsache könnte direkt auf die
Unterschätzung der H-Atomkonzentration unterhalb von 1800 K zurückzuführen
sein. Um diese Hypothese zu testen, wurden Simulationen mit einer an das Experiment angepaßter H-Atomkonzentration durchgeführt. Das heißt, bei Drahttemperaturen kleiner als 2000 K wurde die H-Atomkonzentration am Draht entsprechend erhöht, bei höheren Temperaturen entsprechend erniedrigt, so daß die
experimentell bestimmten Konzentrationen der H-Atome am Substrat mit der
Simulation übereinstimmen. Die Ergebnisse sind als gestrichelte Linien in Ab-
4.2. GASPHASE UND POLYKRISTALLINES WACHSTUM
61
Abbildung 4.5: Molenbrüche am Substrat von CH4 , C2 H2 und C2 H4 in Abhängigkeit
von der Drahttemperatur. Substrat-Temperatur = 1000 K. Symbole: Experiment. Linien: Simulation. Gestrichelte Linien: Simulation mit an das Experiment angepaßter
H-Atomkonzentration.
bildung 4.4 eingetragen. Man erkennt, daß – mit an das Experiment angepaßter
H-Atomkonzentration – die CH3 -Konzentration von der Simulation im gesamten
Temperaturbereich5 gut wiedergegeben wird. Der Unterschied zwischen Experiment und Simulation bei den Methylradikalen ist also direkt auf die Diskrepanz
bei den H-Atomen zurückzuführen.
In Abbildung 4.5 sind die Molenbrüche von CH4 , C2 H2 und C2 H4 als Funktion der Drahttemperatur dargestellt. Man erkennt mit steigender Temperatur eine
zunehmende Umsetzung von CH4 in C2 H2 . Im Experiment beginnt diese Umsetzung bei 1800 K, was auch von anderen Gruppen beobachtet wird [97, 103, 109].
Bei der Simulation setzt erst ab 2000 K eine merkliche Konversion zu Acetylen
ein. Bei einer Temperatur von 2400 K stimmen Experiment und Simulation gut
überein. Dies wurde durch die Einführung einer Verweilzeit am Draht von 10−4 s
erreicht (siehe Abschnitt 4.1). Physikalisch ist die Verweilzeit auf die schnelle Diffusion der H-Atome zurückzuführen. Dadurch setzt sich Methan schon vor dem
Draht teilweise in Acetylen um. Eine Abschätzung der Diffusionszeit von atomarem Wasserstoff für eine Strecke von 5 mm in diesem Reaktor ergibt 0,15 ms. Die
5
Das heißt von 1600 bis 2400 K, wo Messungen der H-Atomkonzentration vorliegen.
62
KAPITEL 4. HEISSDRAHTREAKTOR
eingeführte Verweilzeit von 10−4 s liegt in der gleichen Größenordnung.
Die Umsetzung von Methan zu Acetylen ist durch H-Atom-Abstraktionsreaktionen an die Konzentration von atomarem Wasserstoff gekoppelt. Das Experiment zeigt eine höhere H-Atomkonzentration im Vergleich zur Simulation bei
Drahttemperaturen kleiner als 2000 K (siehe Abbildung 4.4) und damit auch
einen höheren Konversionsgrad von Methan zu Acetylen bei diesen Bedingungen.
Es stellt sich die Frage, ob dies der alleinige Grund für die Abweichung von Simulation und Experiment ist. Um dies zu testen, wurden Simulationen mit einer
an das Experiment angepaßter H-Atomkonzentration (siehe oben) durchgeführt.
Bei diesen Simulationen war eine Erhöhung der Verweilzeit am Draht auf 4·10−4 s
notwendig, um die beobachtete Acetylenkonzentration bei einer Drahttemperatur
von 2400 K wiedergeben zu können.
Die Ergebnisse für CH4 und C2 H2 sind als gestrichelte Linien in Abbildung
4.5 dargestellt. Man erkennt, daß eine an das Experiment angepaßte H-Atomkonzentration nicht zu einer befriedigenden Übereinstimmung zwischen Experiment
und Simulation führt. Dies deutet darauf hin, daß zumindest teilweise eine heterogene Umsetzung von Methan zu C2 -Spezies am Draht stattfindet, die mit einer
Einführung einer Verweilzeit nicht vollständig erfaßt werden kann.
4.2.4
Molenbrüche als Funktion der Substrat-Temperatur
Abbildung 4.6 zeigt die Molenbrüche der H-Atome und der CH3 -Radikale am
Substrat in Abhängigkeit der Substrat-Temperatur bei einer konstanten Drahttemperatur von 2400 K. Die Simulation überschätzt die Konzentration der HAtome etwa um einen Faktor Zwei im Vergleich zum Experiment. Dies hängt
mit der Überschätzung der H-Atome in der Simulation bei Drahttemperaturen
größer als 2100 K zusammen (siehe Abbildung 4.4). Qualitativ wird der Abfall
der H-Atomkonzentration mit steigender Substrat-Temperatur zwischen 600 und
850 K von der Simulation wiedergegeben. Die Ursache dieses Abfalls liegt in der
Zunahme der H-Atom-Rekombination an der Diamantoberfläche mit steigender
Substrat-Temperatur [120, 131]. Oberhalb von 850 K ist die Konzentration der
Wasserstoffatome am Substrat im Experiment konstant, im Gegensatz zur Simulation, die einen weiteren Abfall vorhersagt. Der Unterschied im qualitativen
Verhalten zwischen Simulation und Experiment kann folgende Ursachen haben:
• Der Rekombinationskoeffizient der H-Atome an der Diamantoberfläche ist
4.2. GASPHASE UND POLYKRISTALLINES WACHSTUM
63
Abbildung 4.6: Molenbrüche der H-Atome (◦) und der CH3 -Moleküle (2) am Substrat in Abhängigkeit der Substrat-Temperatur. Drahttemperatur = 2400 K. Symbole:
Experiment. Linien: Simulation.
bei Substrat-Temperaturen größer als 850 K konstant,
• es erfolgt Transport von H-Atomen in radialer Richtung (parallel zum Substrat), der in der Simulation nicht berücksichtigt wird.
Gegen die erste Hypothese sprechen die Messungen von Krasnoperov et al. [131],
bei denen ein exponentieller Anstieg der H-Atom-Rekombination an der Diamantoberfläche zwischen 300 und 1100 K beobachtet wird. Allerdings haben diese
Messungen eine große Streuung (Faktor Zwei), so daß man einen konstanten Rekombinationskoeffizienten oberhalb von 850 K nicht ausschließen werden kann.
Transport von H-Atomen in radialer Richtung und Rekombination an den Reaktorwänden ist eine Möglichkeit, die McMaster et al. [105] diskutiert haben, um
die Konstanz der H-Atom Konzentration mit zunehmender Substrat-Temperatur
zu erklären. Allerdings ist so nicht zu verstehen, warum im Experiment der Anteil
der H-Atome am Substrat zwischen 600 und 850 K zurückgeht, da der Transport
in radialer Richtung unabhängig von der Substrat-Temperatur sein sollte.
Das heißt, beide obigen Erklärungen für die Diskrepanz im qualitativem Verhalten der Abhängigkeit der H-Atomkonzentration von der Substrat-Temperatur
sind unbefriedigend. Die Beobachtung des nahezu konstanten Verlaufs der H-
64
KAPITEL 4. HEISSDRAHTREAKTOR
Abbildung 4.7: Molenbrüche am Substrat von CH4 , C2 H2 und C2 H4 in Abhängigkeit
von der Substrat-Temperatur. Drahttemperatur = 2400 K. Symbole: Experiment. Linien: Simulation.
Atomkonzentration oberhalb von 850 K bleibt also ungeklärt.
Der experimentelle Verlauf der CH3 -Konzentration an der Substratoberfläche
in Abhängigkeit von der Substrat-Temperatur wird von der Simulation gut wiedergegeben. Berechnet man in Abbildung 4.6 die Aktivierungsenergie für den
Anstieg der Methylradikalkonzentration bis zu einer Temperatur von 1000 K, so
erhält man – in Übereinstimmung mit den Messungen von McMasters et al. [105],
Corat und Goodwin [99] und Wahl et al. [111] – ca. 17 kJ/mol. Der Anstieg der
CH3 -Konzentration mit zunehmender Substrat-Temperatur ist ein reiner Gasphaseneffekt. Er ist auf die Reaktion 4.2, d. h. die Rekombination von Methylradikalen und H-Atomen, zurückzuführen [120]. Diese Reaktion hat einen negativen
Temperaturexponenten und läuft deshalb bei niedrigen Temperaturen schneller
ab. Bei Substrat-Temperaturen kleiner als 1000 K bewirkt die Reaktion ein Absinken der CH3 -Konzentration in der Nähe (≈ 2 mm) des Substrats, während
bei einer Substrat-Temperatur von 1200 K der Einfluß der Reaktion 4.2 auf die
Methylradikale gegenüber Reaktion 4.1 vernachlässigbar ist [120]. Der Einbau der
Methylradikale in das Diamantgitter durch den Reaktionsmechanismus in Tabelle 3.1 hat auf die Gasphase keinen Einfluß, da der effektive Haftkoeffizient für
diesen Prozeß bei ca. 1·10−3 liegt (siehe 4.2.5).
4.2. GASPHASE UND POLYKRISTALLINES WACHSTUM
Frischgaszusammensetzung
Druck
Abstand Draht-Substrat
Draht
Drahttemperatur
Substrat
Substrat-Temperatur
65
0,5 Vol.% CH4 , 99,5 Vol.% H2
40 mbar
6 mm
Wolfram
2320 K
Silizium
900–1300 K
Tabelle 4.2: Bedingungen für das Experiment von Kondoh et al. [123].
Abbildung 4.7 stellt die Molenbrüche von Methan, Acetylen und Ethylen als
Funktion der Substrat-Temperatur dar. Im Experiment erkennt man mit steigender Substrat-Temperatur eine zunehmende Umsetzung von Methan zu Acetylen,
in qualitativer Übereinstimmung mit der Simulation. Der Molenbruch von C2 H4
wird von der Simulation weder quantitativ noch qualitativ richtig wiedergegeben.
Im Vergleich zum Experiment ist die vorhergesagte C2 H4 -Konzentration etwa um
den Faktor drei zu niedrig und auch das experimentelle Maximum bei 700 K ist
in der Simulation nicht vorhanden. Dies deutet darauf hin, daß mehr heterogene
Reaktionen am Substrat eine Rolle spielen als im Modell implementiert sind. Eine
Möglichkeit wäre die Rekombination von CH2 -Radikalen auf der Oberfläche.
In Tabelle 3.1 werden CH2 -Radikale auf der Oberfläche durch H-Abstraktion
an adsorbierten CH3 -Molekülen erzeugt (Reaktion (4)). Die CH2 -Radikal-Konzentration auf der Oberfläche steigt bis zu einer Oberflächentemperatur von ca.
1100 K an (siehe Abbildung 4.11). Bei diesem Verlauf würde sich das Maximum der C2 H4 -Konzentration bei 700 K durch eine Rekombinationsreaktion von
CH2 -Radikalen auf der Oberfläche nicht erklären lassen. Ein möglicher Bildungsmechanismus von Ethylen durch Oberflächenreaktionen müßte komplexer sein.
4.2.5
Diamant-Wachstumsgeschwindigkeiten
In Abbildung 4.8 sind die simulierten Wachstumsgeschwindigkeiten in Abhängigkeit von der Substrat-Temperatur (unter den Bedingungen von Tabelle 4.1) polykristallinenen Wachstumsexperimenten von Kondoh et al. [123] unter ähnlichen
Bedingungen (siehe Tabelle 4.2) gegenübergestellt. Man sieht, daß die Abhängigkeit der Wachstumsgeschwindigkeit von der Substrat-Temperatur vom Modell
gut wiedergegeben wird. Die Aktivierungsenergie der Wachstumsgeschwindigkeit unterhalb von 1150 K beträgt in Übereinstimmung mit dem Experiment
66
KAPITEL 4. HEISSDRAHTREAKTOR
Abbildung 4.8: Wachstumsgeschwindigkeit in Abhängigkeit der Substrat-Temperatur.
Symbole: Experiment von Kondoh et al. [123] (Bedingungen siehe Tabelle 4.2). Linie:
Simulation (Bedingungen siehe Tabelle 4.1 (Drahttemperatur = 2400 K)).
ca. 80 kJ/mol, und das Maximum bei etwa 1250 K wird qualitativ vorhergesagt.
Im nächsten Abschnitt wird dieser Verlauf näher diskutiert.
Berechnet man in Abbildung 4.8 den effektiven Haftkoeffizienten von CH3 für
die Anlagerung an das Diamantgitter bei einer Substrat-Temperatur von 1200 K,
erhält man einen Wert von 7·10−4 . Dies zeigt, daß der Prozeß der Diamantabscheidung nicht transportlimitiert ist, obwohl im Heißdrahtreaktor die Speziesprofile
durch Diffusion und nicht durch Konvektion bestimmt sind (siehe Abschnitt 4.1).
4.3
Homoepitaktisches Diamantwachstum
In diesem Abschnitt liegt das Hauptaugenmerk auf der Diamantoberfläche. Die
simulierten Diamant-Wachstumsgeschwindigkeiten werden mit den homoepitaktischen Wachstumsexperimenten von Chu et al. [121] auf der C(100)-Oberfläche
verglichen. Die experimentellen Bedingungen sind in Tabelle 4.3 aufgelistet. Das
zugrunde liegende Modell für die Simulation ist in Abschnitt 4.1 beschrieben.
Die Ergebnisse der Simulation mit dem Oberflächenreaktionsschema in Tabelle 3.1 sind in den Abbildungen 4.9 und 4.10 dargestellt. Abbildung 4.9 zeigt
die Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit als Funktion der Substrat-Temperatur
4.3. HOMOEPITAKTISCHES DIAMANTWACHSTUM
Frischgaszusammensetzung
Druck
Abstand Draht-Substrat
Draht
Drahttemperatur
Substrat
Substrat-Temperatur
67
0,1–0,8 Vol.% CH4 , in H2
33,3 mbar
10 mm
Wolfram
2430 K
Diamant ((100)-Oberfläche)
800–1250 K
Tabelle 4.3: Bedingungen für das Experiment von Chu et al. [121].
Abbildung 4.9: Diamantwachstum als Funktion der Substrat-Temperatur bei 0,4 Vol.%
CH4 in H2 . Symbole: Experiment von Chu et al. [121]. Linie: Simulation.
bei einer festen Frischgaszusammensetzung von 0,4 Vol.% CH4 in H2 . Man sieht,
daß das Modell homoepitaktisches Wachstum auf der C(100)-Oberfläche qualitativ wiedergibt. In Übereinstimmung mit dem Experiment kann das Ansteigen der Diamant-Wachstumsgeschwindigeit bis zu einer Substrat-Temperatur von
1150 K mit einer Aktivierungsenergie von etwa 80 kJ/mol beschrieben werden.
Das Absinken der Wachstumsgeschwindigkeit für Substrat-Temperaturen größer
als 1250 K wurde von Chu et al. [121] nicht gemessen, jedoch bei polykristallinem
Diamantwachstum in einem Heißdrahtreaktor beobachtet (siehe Abbildung 4.8).
In Abbildung 4.10 ist die Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Frischgaszusammensetzung bei einer festen Substrat-Temperatur
von 1240 K dargestellt. Der Anstieg der Wachstumsgeschwindigkeit mit steigen-
68
KAPITEL 4. HEISSDRAHTREAKTOR
out.rate.0.1-0.8
Wachstum [µm/h]
3
2
1
0
0
0,1
0,2
0,3 0,4 0,5
Vol.% CH
0,6
0,7
0,8
4
Abbildung 4.10: Diamantwachstum als Funktion der Frischgaszusammensetzung bei
einer Substrat-Temperatur von 1240 K. Symbole: Experiment von Chu et al. [121].
Linie: Simulation.
dem Methangehalt ist in der Simulation kleiner als im Experiment. Dies könnte
darauf zurückzuführen sein, daß im Modell eine feste Stufenplatzdichte von 3 %
angenommen wird (siehe Abschnitt 3.2.1). Es gibt experimentelle Hinweise [57]
darauf, daß die Anzahl der Stufen mit steigendem Methangehalt zunimmt. Da
die Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit proportional zur Stufenplatzdichte ist,
würde dies die Übereinstimmung von Modell und Experiment verbessern. Generell ist aber zu sagen, daß bei den Unsicherheiten des Modells in der Gasphase,
insbesondere in der Vorhersage der H- und CH3 -Konzentration, der Fehler in der
Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit mindestens einen Faktor Zwei beträgt.
Die Bedeckungen der wichtigsten Spezies auf der Oberfläche in Abhängigkeit
von der Substrat-Temperatur sind in Abbildung 4.11 dargestellt. Man erkennt,
daß für alle Oberflächentemperaturen Wasserstoff die dominierende Spezies auf
der Diamantoberfläche ist. Die Bedeckung der freien Oberflächenplätze steigt mit
zunehmender Substrat-Temperatur bis zu einem Anteil von ca. 20 % bei 1400 K
an. Die CH3 (s)-Bedeckung hat ein Maximum von ungefähr 2 % bei einer Oberflächentemperatur von 1150 K. Dieses Maximum ist auch für das Maximum der
Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit in Abbildung 4.9 verantwortlich, was durch
die Sensitivitätsanalyse im nächsten Abschnitt deutlich wird. Nicht eingezeichnet
4.3. HOMOEPITAKTISCHES DIAMANTWACHSTUM
69
Abbildung 4.11: Bedeckungen einiger Oberflächenspezies in Abhängigkeit von der
Substrat-Temperatur für die Bedingungen von von Chu et al. [121].
in Abbildung 4.11 sind die Bedeckungen der Spezies an Stufenplätzen: TCH(s)
und TC(s, r). Diese Bedeckungen folgen den Bedeckungen der entsprechenden
Spezies CH(s) bzw. C(s, r) an Dimerplätzen, wenn man diese auf einen Wert von
3 % skaliert. Dies entspricht gerade der Stufenplatzdichte.
4.3.1
Sensitivitätsanalyse
In diesem Abschnitt sollen die geschwindigkeitsbestimmenden Schritte für die
Diamantbildung ermittelt werden. Dazu wurde eine Sensitivitätsanalyse (siehe
Abschnitt 2.6.4) durchgeführt. Abbildung 4.12 zeigt die relativen Sensitivitäten
der Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit bezüglich der Geschwindigkeitskoeffizienten kj des Oberflächenreaktionsmechanismus in Tabelle 3.1. Es sind nur diejenigen Reaktionen mit relativen Sensitivitäten größer als 5 % dargestellt. Man
sieht, daß von den 30 Oberflächenreaktionen nur 12 geschwindigkeitsbestimmend
für das Diamantwachstum sind.
Im Oberflächenreaktionsmechanismus in Tabelle 3.1 gibt es drei Möglichkeiten Diamant zu bilden: durch die Reaktionen (8), (14) und (15). Aus der Sensitivitätsanalyse folgt, daß die Reaktionen (7) und (8), d. h. das Öffnen der Dimerbindung und die anschließende Brückenbildung, sehr schnell und somit nicht
70
KAPITEL 4. HEISSDRAHTREAKTOR
CH(s) + H
→ C(s,r) + H2
C(s,r)
+ H2
→ CH(s) + H
C(s,r)
+H
→ CH(s)
C(s,r)
+ CH3
→ CH3(s)
CH3(s)
→ C(s,r) + CH3
CH3(s) + H
→ CH2(s,r) + H2
CH2(s,r) + H
→ CH3(s)
CH2(s,r) + H
→ C(s,r) + CH3
TCH(s) + H
→ TC(s,r) + H2
TC(s,r) + H
→ TCH(s)
TCH(s) + CH2(s,r) + H → CH2(s) + TC(s) + C(D) + H2
TC(s,r) + CH3(s) + H → CH2(s) + TC(s) + C(D) + H2
-1
-0,5
0
0,5
relative Sensitivität
1
Abbildung 4.12: Relative Sensitivitäten der Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit
bezüglich der Geschwindigkeitskoeffizienten kj des Reaktionsmechanismus in Tabelle
3.1. Substrat-Temperatur: 1240 K, Frischgaszusammensetzung: 0,4 Vol.% CH4 in H2 .
Nur diejenigen Reaktionen mit relativen Sensitivitäten größer als 5 % sind dargestellt.
geschwindigkeitsbestimmend sind. Reaktion (14), die H-Abstraktion eines adsorbierten H-Atoms und anschließende Brückenbildung durch ein adsorbiertes CH2 Radikal, ist zwar langsam, aber nur 10 % des Diamants wird durch diese Reaktion
gebildet. Also ist Reaktion (15), die H-Abstraktion an einem adsorbierten CH3 Molekül mit anschließender Brückenbildung, der geschwindigkeitsbestimmende
Schritt der Diamantbildung. Durch diese geschwindigkeitsbestimmende Reaktion ist auch die Abhängigkeit der Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit von der
Substrat-Temperatur bestimmt. Die Aktivierungsenergie von etwa 80 kJ/mol der
Wachstumsgeschwindigkeit bis zu einer Substrat-Temperatur von 1150 K setzt
sich aus den Aktivierungsenergien der Edukte6 und der Aktivierungsenergie von
6
Die Abhängigkeiten der Spezieskonzentrationen der Edukte von Reaktion (15) von der
Substrat-Temperatur können jeweils durch eine Aktivierungsenergie charakterisiert werden.
Diese Tatsache wird hier kurz mit Aktivierungsenergien der Edukte“ bezeichnet.
”
4.3. HOMOEPITAKTISCHES DIAMANTWACHSTUM
71
Abbildung 4.13: Relative Sensitivitäten der Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit
bezüglich der CH3 -Adsorption und Desorption (Reaktion (3) und die Rückreaktion
von Reaktion (3)) als Funktion der Substrat-Temperatur. Frischgaszusammensetzung:
0,4 Vol.% CH4 in H2 .
Reaktion (15) selbst zusammen [125]. Das Maximum der Wachstumsgeschwindikeit in den Abbildungen 4.8 und 4.9 ist eine direkte Folge des Maximums der
CH3 -Bedeckung (siehe Abbildung 4.11).
Abbildung 4.13 zeigt die Sensitivitätsanalyse der Wachstumsgeschwindigkeit
bezüglich der CH3 -Adsorption und Desorption in Abhängigkeit der SubstratTemperatur. Man sieht, daß oberhalb von 1200 K die direkte CH3 -Desorption
bedeutend wird; unterhalb dieser Temperatur spielt diese Reaktion keine Rolle für das Diamantwachstum. Daraus kann geschlossen werden, daß die direkte
Desorption der CH3 -Moleküle von der Diamantoberfläche für das Maximum der
Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit bei 1250 K und den Rückgang bei höheren
Substrat-Temperaturen verantwortlich ist.
Kapitel 5
Flammenreaktor
In diesem Kapitel werden die Simulationsergebnisse für die Diamantabscheidung
aus laminaren, flachen Vormischflammen präsentiert. Das Hauptaugenmerk liegt
auf Acetylen-Sauerstoff-Flammen, es werden aber auch Simulationen mit anderen
Brennstoffen gezeigt.
Diamantabscheidung durch Flammen ist ein Phänomen, welches wahrscheinlich seit der Entwicklung der ersten Brenner existiert. Man hat nur nicht mit der
Möglichkeit gerechnet, daß sich zwischen dem Ruß, den man abscheidet, auch Diamant befinden könnte. Erstmals hat im Jahr 1989 die Gruppe um Hirose [132]
demonstriert, daß es möglich ist, mit einem konventionellen Acetylen-SauerstoffSchweißbrenner Diamantschichten zu erzeugen. In den folgenden Jahren wurde
dieser Ansatz weiterverfolgt [133–137]. Dabei konnten Abscheidungsgeschwindigkeiten von bis zu 100 µm/h erreicht werden [133]. Trotz der hohen Abscheidungsgeschwindigkeiten hat diese Methode entscheidende Nachteile. Zum einen
ist wegen der großen Wärmeflüsse eine aufwendige Kühlung des Substrats notwendig, zum anderen ist der Durchmesser der erzeugten Diamantschichten auf
wenige Millimeter begrenzt. Das liegt daran, daß nur unter brennstoffreichen Bedingungen1 – im Bereich der sogenannten Acetylen-Feder“ – Diamantabschei”
dung stattfindet. Dabei besteht die Flamme aus einer inneren Vormischflamme,
der Acetylen-Feder, und einer äußeren Diffusionsflamme.
Wesentlich größere Durchmesser der Diamantschichten erzielt man mit substratstabilisierten laminaren flachen Acetylen-Sauerstoff-Flammen [138–140]. In
diesen Experimenten konnten bei Atmosphärendruck homogene Diamantschichten mit einem Durchmesser von bis zu 20 mm abgeschieden werden. Die Nachteile
1
Das Äquivivalenzverhältnis liegt zwischen 2,3 und 2,8 [133].
72
5.1. FORMULIERUNG DES MODELLS
73
dieser Methode bleiben die aufwendige Kühltechnik für Substrat und Brenner und
die relativ großen Flußgeschwindigkeiten von ca. 50 m/s.
Ein anderer Ansatz, um möglichst große homogene Schichten herzustellen,
sind laminare flache C2 H2 /O2 -Vormischflammen im Niederdruckbereich [141,142].
Mit diesen Flammen lassen sich Diamantschichten mit einer Fläche von bis zu
20 cm2 abscheiden. Außerdem kann die Substrat-Temperatur (wegen der geringeren Wärmeflüsse) im Vergleich zu Flammen bei Atmosphärendruck, leichter konrolliert werden. Die Abscheidungsgeschwindigkeiten liegen bei maximal 5 µm/h,
d. h., um einen Faktor 10 niedriger als bei Atmosphärendruck.
5.1
Formulierung des Modells
Die Simulation der Diamantabscheidung durch eine laminare flache Vormischflamme beruht auf der Staupunktanordnung mit chemisch reaktiver Platte (siehe Abschnitt 2.6). Das Modell beschreibt die Region zwischen Gaseinlaß und
Substrat. Die Integration wird bis zum Erreichen des stationären Gleichgewichts
durchgeführt. Das Reaktionsschema in der Gasphase wird, bis auf eine Veränderung die C-Atome und CH-Radikale betreffend, direkt aus Arbeiten zur Modellierung der Gasphasenchemie in Flammen übernommen [28, 126, 127, 143, 144]. Der
detaillierte Reaktionsmechanismus, der die Oxidation von Kohlenwasserstoffen
bis C4 beschreibt, besteht aus 638 Elementarreaktionen mit 54 Spezies.
Wie oben erwähnt, werden zusätzliche Gasphasenreaktionen mit C-Atomen
und CH-Radikalen eingeführt. Dies ist dadurch motiviert, daß der Mechanismus,
wie er in [143, 144] dargestellt ist, lediglich zwei reversible Reaktionen mit CAtomen beinhaltet:
CH + H ­ C + H2 ,
C + O2 ­ CO + O.
Während die Übereinstimmung zwischen Experiment und Simulation bei den CHRadikalen befriedigend ist [143], liegt die theoretisch berechnete Konzentration
der C-Atome um einen Faktor drei zu hoch (siehe Abbildung 16 in [143]) und
damit außerhalb des Meßfehlers.
Bei Verwendung des Originalmechanismus [143, 144] würden bei AcetylenSauerstoff-Flammen im Niederdruckbereich, wie sie im nächsten Abschnitt diskutiert werden, C-Atome den Hauptbeitrag zum Diamantwachstum liefern. Dies
74
KAPITEL 5. FLAMMENREAKTOR
Reaktion
CH + CH2 O ­ CH2 CO + H
CH + 3 CH2 ­ C2 H2 + H
CH + CH3 ­ C2 H3 + H
C + OH ­ CO + H
C + CH3 ­ C2 H2 + H
C + 3 CH2 ­ C2 H + H
CH + OH ­ C + H2 O
kf
9,5·1013 e2,2/RT
4,0·1013
3,0·1013
5,0·1013
5,0·1013
5,0·1013
4,0·107 T 2 e−12,6/RT
Ref.
[145]
[145]
[145]
[145]
[145]
[145]
[45]
Tabelle 5.1: Zusätzliche Reaktionen im Reaktionsmechanismus in der Gasphase. Einheiten: kf [cm, mol, s, kJ].
könnte darauf zurückzuführen sein, daß der Mechanismus zu wenig Reaktionen
mit C-Atomen und CH-Radikalen beinhaltet. Deshalb wurden zusätzliche Reaktionen eingeführt, die in Tabelle 5.1 aufgeführt sind.
Es stellt sich die Frage, wie die Einführung der zusätzlichen Reaktionen in
Tabelle 5.1 die Flamme verändert. Dazu sind in Abbildung 5.1 für die AcetylenSauerstoff-Flamme von Kim und Cappelli (siehe Tabelle 5.2) die Speziesprofile
von CH3 , 3 CH2 , CH und C dargestellt. Die durchgezogenen Linien sind die Simulationsergebnisse bei Verwendung des Orginalmechanismus [143, 144], die gestrichelten Linien stellen die Ergebnisse nach der Erweiterung des Mechanismus
dar.
Man erkennt, daß sich die zusätzlichen Reaktionen in der Gasphase nur auf die
C-Atome und die CH-Radikale auswirken. Das Profil der CH3 - und 3 CH2 -Radikale
bleibt unverändert. Auch auf das Temperaturprofil wirken sich die zusätzlichen
Reaktionen nicht aus. Die Erweiterung greift somit nur lokal in den Mechanismus
ein, was auch durch Kontrollrechnungen die Flammengeschwindigkeit betreffend
bestätigt wird. Bei Verwendung des erweiterten Mechanismus konnte keine Änderung der Flammengeschwindigkeit bei Acetylen-Sauerstoff-Flammen festgestellt
werden [146].
Durch die Erweiterung wird die Konzentration der C-Atome am Substrat um
einen Faktor drei erniedrigt. Der nächste Abschnitt zeigt, daß die C-Atome bei
dieser Konzentration einen Beitrag zum Diamantwachstum leisten, der mit dem
der CH3 -Moleküle vergleichbar ist.
Als Reaktionsmechanismus auf der Substratoberfläche wird der in den Tabellen 3.1, 3.3 und 3.4 aufgeführte Mechanismus benutzt. Er beinhaltet neben der
5.2. ACETYLEN-SAUERSTOFF-FLAMMEN BEI NIEDRIGEM DRUCK 75
Abbildung 5.1: Speziesprofile von CH3 , 3 CH2 , CH und C in der Acetylen-SauerstoffFlamme von Kim und Cappelli (siehe Tabelle 5.2) bei einem Äquivalenzverhältnis von
2,34 und einer Substrat-Temperatur von 1100 K. Durchgezogene Linien: Simulation
mit Verwendung des Orginalmechanismus [143, 144]. Gestrichelte Linien: Simulation
mit erweitertem Mechanismus (zusätzliche Reaktionen siehe Tabelle 5.1).
CH3 -Anlagerung auch die Anlagerung von CH2 -, CH-Radikalen und C-Atomen.
Außerdem wird die Oxidation der Diamantschicht durch O2 -Moleküle und OAtome berücksichtigt.
Die Randbedingungen am Einströmrand sind durch die Gleichungen 2.68–2.73
gegeben. Es wird also die Rückdiffusion der Spezies zum Brenner berücksichtigt
und angenommen, daß auf der Brenneroberfläche H-Atome zu H2 -Molekülen rekombinieren.
5.2
Acetylen-Sauerstoff-Flammen bei niedrigem
Druck
Die in diesem Abschnitt vorgestellten laminaren, flachen Acetylen-SauerstoffFlammen im Niederdruckbereich beruhen auf zwei Experimenten aus der Literatur [43,142]. Die Bedingungen dieser Experimente sind in Tabelle 5.2 aufgeführt.
Beide Gruppen verwenden ähnliche Bedingungen zur Diamantabscheidung. Der
Hauptunterschied liegt in der Größe des Abstands zwischen Brenner und Substrat, der einen großen Einfluß auf die beobachtete Diamant-Wachstumsgeschwin-
76
KAPITEL 5. FLAMMENREAKTOR
Druck
Äquivalenzverhältnis
vu
Tu
L
Substrat
Substrat-Temperatur
Kim und Cappelli [142]
53 mbar
2,17–2.58
4,3 m/s
300 K
5 mm
Molybdän
1000–1350 K
Goodwin et al. [43]
40 mbar
2,10
8,3 m/s
560 K
10 mm
Silizium
1070–1140 K
Tabelle 5.2: Bedingungen für die Experimente von Kim und Cappelli [142] und Goodwin
et al. [43]. vu bezeichnet die Gasgeschwindigkeit am Brenner, Tu die Gastemperatur am
Brenner und L den Abstand zwischen Brenner und Substrat.
digkeit hat. Darauf wird in Abschnitt 5.2.2 näher eingegangen. Zunächst erfolgt
die Vorstellung und Diskussion von typischen Temperatur- und Speziesprofilen
in diesen Flammen.
5.2.1
Flammenstruktur
Abbildung 5.2 zeigt das Temperaturprofil und die Profile der wichtigsten Spezies
in der Flamme von Kim und Cappelli. Hauptoxidationsprodukt in dieser Flamme
ist CO. Am Substrat sind ca. 0,3 Vol.% CH3 -Moleküle und ungefähr 0,02 Vol.%
C-Atome vorhanden. Bei diesen Konzentrationen leisten beide Spezies einen vergleichbaren Beitrag zum Diamantwachstum (siehe Abschnitt 5.2.2). Die um den
Faktor 10 geringere C-Atom-Konzentration wird durch den effektiveren Anlagerungsmechanismus ausgeglichen (siehe Abschnitt 3.2.2). Der Molenbruch der
O-Atome am Substrat ist mit ca. 2·10−5 relativ klein, trotzdem spielen die OAtome im Oxidationsprozeß eine entscheidende Rolle (siehe Abschnitt 5.2.2).
Das Temperaturprofil spiegelt die Brennerstabilisierung der Flamme wider.
Die maximale Flammentemperatur von 3628 K liegt 654 K über der adiabatischen
Flammentemperatur von 2974 K. Der Grund für diese sogenannte superadiabatischen Flammentemperatur liegt in der Tatsache, daß im thermodynamischen
Gleichgewicht ein sehr hoher Dissoziationsgrad von H2 vorliegt. Eine Rechnung
für eine homogene, adiabatische Mischung der Eingangsgase bei einen Druck von
53 mbar mit dem Programmpaket HOMRUN [31] ergibt im thermodynamischen
Gleichgewicht 24 Vol.% H und 15 Vol.% H2 bei der adiabatischen Flammentemperatur von 2974 K. Abbildung 5.2 zeigt hingegen nur maximal 3 Vol.% Wasser-
5.2. ACETYLEN-SAUERSTOFF-FLAMMEN BEI NIEDRIGEM DRUCK 77
Abbildung 5.2: Temperaturprofil (dicke Linie) und Speziesprofile in der AcetylenSauerstoff-Flamme von Kim und Cappelli (siehe Tabelle 5.2) bei einem Äquivalenzverhältnis von 2,34 und einer Substrat-Temperatur von 1100 K.
stoffatome. Dies liegt daran, daß die druckabhängige Reaktion
H2 + M ­ H + H + M
(5.1)
bei diesen Flammen zu langsam abläuft, um den Dissoziationsgrad im Gleichgewicht zu erzielen. Da Reaktion 5.1 endotherm ist, resultiert daraus eine höhere
Flammentemperatur als die adiabatisch berechnete.
Es stellt sich die Frage, ob diese Hypothese für das Erreichen superadiabatischer Flammentemperaturen, die von Goodwin et al. [43] stammt, richtig ist.
Dazu wurde eine Simulation mit einem künstlich um einen Faktor 104 erhöhten
Geschwindigkeitskoeffizienten von Reaktion 5.1 ausgeführt. Damit wurde der Dissoziationsgrad von H2 in der Flamme künstlich erhöht. In dieser Simulation wurde
eine maximale Flammentemperatur von 2890 K erreicht. Dies zeigt, daß in der
Tat der gegenüber dem thermodynamischen Gleichgewicht zu niedrige Dissoziationsgrad von H2 der Grund für die superadiabatische Flammentemperatur ist.
Superadiabatische Flammentemperaturen wurden auch in Acetylen-SauerstoffFlammen bei Atmosphärendruck vorhergesagt [45] und experimentell bestätigt
[147]. Auf diese Flammen wird in Abschnitt 5.4 noch näher eingegangen.
78
KAPITEL 5. FLAMMENREAKTOR
Abbildung 5.3: Wachstumsgeschwindigkeit in Abhängigkeit vom Äquivalenzverhältnis
für zwei verschiedene Bedingungen (Tabelle 5.2). Substrat-Temperaturen: TS = 1100 K
(Kim und Cappelli) bzw. TS = 1140 K (Goodwin et al.). Durchgezogene Linien: Simulation mit vollständigem Oberflächenreaktionsmechanismus (Tabellen 3.1, 3.3 und
3.4). Gestrichelte Linie: Simulation ausschließlich mit CH3 -Mechanismus (Tabelle 3.1)
für die Bedingungen von Kim und Cappelli. Symbole: Experiment.
5.2.2
Diamantwachstum
Wachstum in Abhängigkeit vom Äquivalenzverhältnis
In Abbildung 5.3 sind die Diamant-Wachstumsgeschwindigkeiten für AcetylenSauerstoff-Flammen unter den Bedingungen von Tabelle 5.2 als Funktion des
Äquivalenzverhältnisses aufgetragen. Die Substrat-Temperatur ist dabei konstant
und beträgt 1100 K für die Flamme von Kim und Cappelli bzw. 1140 K für
die Flamme von Goodwin et al. Man erkennt, daß die Simulation die experimentellen Wachstumsgeschwindigkeiten bis auf einen Faktor Zwei wiedergibt.
Kim und Cappelli [142] beobachteten bei Äquivalenzverhältnissen kleiner als
2,17 kein Diamantwachstum mehr, während sie für größere Äquivalenzverhältnisse einen starken Anstieg des Diamantwachstums feststellten. Dieses Verhalten
kann das Modell qualitativ wiedergeben. Die experimentelle Tatsache des drastischen Wachstumsabfalls ab einem Äquivalenzverhältnis von ca. 2,2 ist nur mit
dem vollständigen Oberflächenreaktionsmechanismus, der auch die Oxidation der
Diamantschicht beinhaltet, zu erklären. Eine Simulation mit einem Oberflächen-
5.2. ACETYLEN-SAUERSTOFF-FLAMMEN BEI NIEDRIGEM DRUCK 79
Abbildung 5.4: Molenbrüche der wichtigsten Gasphasenspezies an der Substratoberfläche als Funktion des Äquivalenzverhältnisses. Bedingungen: Kim und Cappelli (Tabelle 5.2). Substrat-Temperatur: TS = 1100 K.
reaktionsmechanismus, der nur die CH3 -Anlagerung beschreibt (gestrichelte Linie
in Abbildung 5.3), ergibt erst einen Abfall des Wachstums ab einem Äquivalenzverhältnis von ca. 1,9 in qualitativem Widerspruch zum Experiment.
Es stellt sich die Frage, welche Spezies in der Gasphase den dramatischen Abfall der Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit in Abbildung 5.3 verursachen. Dazu
sind in Abbildung 5.4 die Molenbrüche der wichtigsten Gasphasenspezies an der
Substratoberfläche als Funktion des Äquivalenzverhältnisses für die Bedingungen von Kim und Cappelli (Tabelle 5.2) dargestellt. Während die Wachstumsspezies CH3 und C nur schwach vom Äquivalenzverhältnis abhängen, zeigen die
O-Atome einen Rüchgang um etwa einen Faktor Sechs bei Erhöhung des Äquivalenzverhältnisses von 2,0 auf 2,6. Da auch die Konzentrationen der O2 -Moleküle,
OH-Radikale und H-Atome im Bereich des Äquivalenzverhältnisses von 2,0 bis 2,6
weitestgehend konstant sind, kommen als Ursache für die sehr starke Abhängigkeit der Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit vom Äquivalenzverhältnis nur die
O-Atome in Frage.
Nicht auszuschließen ist die Hypothese, daß der steile Anstieg der Acetylenkonzentration mit steigendem Äquivalenzverhältnis bei einem Wachstumsmechanismus, in dem Acetylen die entscheidende Rolle spielt, die Abhängigkeit des
80
KAPITEL 5. FLAMMENREAKTOR
Abbildung 5.5: Beitrag der einzelnen Spezies zum Diamantwachstum in Abhängigkeit
vom Äquivalenzverhältnis. Das Wachstum aufgrund der CH- und 3 CH2 -Radikale beträgt jeweils etwa 0,15 µm/h und ist hier nicht eingezeichnet. Bedingungen: Kim und
Cappelli (Tabelle 5.2) bei einer Substrat-Temperatur von 1100 K.
Diamantwachstums vom Äquivalenzverhältnis verursacht. Allerdings sprechen experimentelle Befunde (siehe Einleitung) gegen Acetylen als Wachstumsspezies.
In Abbildung 5.5 ist der Beitrag der einzelnen Spezies zum Diamantwachstum
in Abhängigkeit vom Äquivalenzverhältnis dargestellt. Der Oxidationsbeitrag der
O-Atome steigt mit sinkendem Äquivalenzverhältnis stark an. Dies ist eine direkte
Folge des Verlaufs der O-Atome in Abbildung 5.4. Ab einem Äquivalenzverhältnis von 2,1 überwiegt der Oxidationsbeitrag der O-Atome das Wachstum, so
daß zu kleineren Äquivalenzverhältnissen hin eine Netto-Oxidation der Diamantschicht stattfindet (siehe Abbildung 5.3). Der Oxidationsbeitrag der O2 -Moleküle
ist annähernd konstant.
Der Beitrag der CH3 -Moleküle und der C-Atome zum Diamantwachstum ist
vergleichbar. Das Wachstum aufgrund der CH- und 3 CH2 -Radikale ist etwa um
den Faktor 10 kleiner und liegt im Bereich von jeweils 0,15 µm/h.
Mit den obigen Betrachtungen läßt sich auch verstehen, warum bei den Bedingungen von Goodwin et al. bei einem Äquivalenzverhältnis von 2,1 noch Diamantwachstum stattfindet, während Kim und Cappelli bei dem gleichem Äquivalenzverhältnis kein Wachstum mehr feststellten. Dies erklärt sich durch den
5.2. ACETYLEN-SAUERSTOFF-FLAMMEN BEI NIEDRIGEM DRUCK 81
Abbildung 5.6: Wachstumsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Substrat-Temperatur für zwei verschiedene Bedingungen (Tabelle 5.2). Äquivalenzverhältnisse: Φ = 2,34
(Kim und Cappelli) bzw. Φ = 2,1 (Goodwin et al.). Durchgezogene Linien: Simulation
mit vollständigen Oberflächenreaktionsmechanismus (Tabellen 3.1, 3.3 und 3.4). Gestrichelte Linie: Simulation auschließlich mit CH3 -Mechanismus (Tabelle 3.1) für die
Bedingungen von Kim und Cappelli. Symbole: Experiment.
größeren Abstand bei Goodwin et al. im Vergleich zu Kim und Cappelli. Je geringer der Abstand zwischen Brenner und Substrat gewählt wird, desto größer ist
die Konzentration der O-Atome am Substrat. Da die O-Atome für den drastischen
Wachstumabfall in Abbildung 5.3 veranwortlich sind, benötigt man bei geringerem Abstand ein größeres Äquivalenzverhältnis, um ein Netto-Diamantwachstum
zu beobachten.
Wachstum in Abhängigkeit von der Substrat-Temperatur
Abbildung 5.6 zeigt die Wachstumsgeschwindigkeit als Funktion der SubstratTemperatur unter den Bedingungen von Tabelle 5.2. Das Äquivalenzverhältnis
ist dabei konstant und beträgt 2,34 für die Flamme von Kim und Cappelli
bzw. 2,1 für die Flamme von Goodwin et al. Man erkennt, daß die Simulation die beobachteten Wachstumsgeschwindigkeiten größenordnungsmäßig wiedergibt. Kim und Cappelli [142] beobachteten einen Rückgang der Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit ab einer Substrat-Temperatur von ca. 1240 K zu höheren
Substrat-Temperaturen hin. Ab einer Substrat-Temperatur von ca. 1350 K konn-
82
KAPITEL 5. FLAMMENREAKTOR
Abbildung 5.7: Beitrag der einzelnen Spezies zum Diamantwachstum in Abhängigkeit von der Substrat-Temperatur. Durchgezogene Linien: Bedingungen von Kim und
Cappelli (Tabelle 5.2) bei einem Äquivalenzverhältnis von 2,34. Gestrichelte Linien:
Bedingungen von Goodwin et al. (Tabelle 5.2) bei einem Äquivalenzverhältnis von 2,1.
te in diesem Experiment kein Diamantwachstum mehr festgestellt werden. Dieser
Verlauf wird von der Simulation qualitativ wiedergegeben. Das Maximum und
die Temperatur, ab der kein Diamantwachstum mehr stattfindet, liegen in der
Simulation bei 1150 K bzw. 1280 K, d. h., 50–100 K niedriger als im Experiment.
In Anbetracht der Tatsache, daß die Spezieskonzentrationen wichtiger Radikale
wie der C- oder O-Atome im Modell mit einer Unsicherheit von bis zu einem
Faktor Zwei behaftet sind, ist diese Diskrepanz vertretbar.
Die experimentelle Tatsache des drastischen Abfalls der Wachstumsgeschwindigkeit für Substrat-Temperaturen größer als 1240 K ist qualitativ nur mit dem
vollständigen Oberflächenreaktionsmechanismus zu erklären. Eine Simulation mit
einem reinem CH3 -Mechanismus würde selbst bei einer Substrat-Temperatur von
1400 K noch ein Diamantwachstum von ca. 5 µm/h vorhersagen (gestrichelte Linie in Abbildung 5.6), was dem Experiment widerspricht. Der starke Abfall der
Wachstumsgeschwindigkeit für Substrat-Temperaturen größer als 1200 K unter
den Bedingungen von Kim und Cappelli ist auf die zunehmende Oxidation der
Diamantschicht durch O2 -Moleküle zurückzuführen.
Dies wird aus Abbildung 5.7 ersichtlich, in der die Beitäge zum Wachstum
der einzelnen Spezies in Abhängigkeit der Substrat-Temperatur dargestellt sind.
5.3. CH4 /O2 -, C2 H4 /O2 - UND C3 H6 /O2 -FLAMMEN
83
Man erkennt bei den Bedingungen von Kim und Cappelli eine starke Zunahme
des Oxidationsbeitrages der O2 -Moleküle mit steigender Substrat-Temperatur.
Dies liegt in der Tatsache begründet, daß die O2 -Adsorption mit einer Aktivierungsenergie von 52 kJ/mol behaftet ist (siehe Tabelle 3.4). Bei den Bedingungen
von Goodwin et al. spielt die Oxidation durch O2 hingegen keine so große Rolle.
Der größere Abstand im Vergleich zu den Bedingungen von Kim und Cappelli bewirkt eine um den Faktor 10 geringere O2 -Konzentration an der Oberfläche und
damit einen entsprechend kleineren Beitrag zur Oxidation der Diamantschicht.
In Abbildung 5.6 fällt auf, daß bei den Bedingungen von Goodwin et al. im
Gegensatz zu denen von Kim und Cappelli bei Substrat-Temperaturen zwischen
800 und 1000 K eine Netto-Oxidation vorhergesagt wird. Der Grund für diese
Netto-Oxidation verdeutlicht Abbildung 5.7. Vergleicht man die beiden Bedingungen, so stellt man bei der Flamme von Goodwin et al. (gestrichelte Linien)
zwischen 800 und 1000 K einen höheren Oxidationsbeitrag durch O-Atome und
einen verminderten Wachstumsbeitrag der CH3 -Moleküle und C-Atome fest. Dies
bewirkt bei Goodwin et al. zwischen 800 und 1000 K in der Summe eine NettoOxidation, während bei Kim und Cappelli ein Netto-Wachstum stattfindet.
5.3
CH4/O2-, C2H4/O2- und C3H6/O2-Flammen
In den letzten Jahren wurden erfolgreich Versuche unternommen, auch mit anderen Brennstoffen als Acetylen Diamant abzuscheiden [148–150]. Als Brennstoffe in diesen laminaren, flachen Vormischflammen wurden Methan, Ethylen und
Propylen verwendet. Aufgrund der geringeren Wachstumsgeschwindigkeiten im
Vergleich zu Acetylen spielen diese Brennstoffe bisher eine untergeordnete Rolle
in der Flammen-CVD. Deshalb werden hier nur kurz die wichtigsten Ergebnisse
in Tabelle 5.3 vorgestellt.
Der obere Teil von Tabelle 5.3 listet die experimentelle Bedingungen und die
beobachteten Wachstumsgeschwindigkeiten auf. Im unteren Teil sind die simulierten Wachstumsgeschwindigkeiten, die maximale Flammentemperatur in der
Simulation, die adiabatische Flammentemperatur und die Molenbrüche einiger
Spezies am Substrat dargestellt. Die Simulation gibt die beobachteten Wachstumsgeschwindigkeiten bis auf einen Faktor 2–3 wieder. Bei den Ungenauigkeiten
des Modells in der Vorhersage von Spezieskonzentrationen am Substrat ist diese
84
KAPITEL 5. FLAMMENREAKTOR
p
Φ
vu
L
TS
Wexp.
Wsim.
Tmax.
Tadiab.
XH
XCH3
XC
XO
XO2
CH4 /O2 [149]
147 mbar
1,7
0,57 m/s
8 mm
1150 K
0,23 µm/h
0,47 µm/h
2397 K
2717
4,3·10−4
2,0·10−4
2,8·10−8
1,0·10−8
5,8·10−6
C2 H4 /O2 [148]
67 mbar
2,4
1,9 m/s
7,5 mm
990 K
1,3 µm/h
0,42 µm/h
2579 K
2517
3,0·10−3
1,1·10−3
5,0·10−6
5,4·10−7
5,1·10−4
C3 H6 /O2 [150]
240 mbar
2,1
1,3 m/s
4,25 mm
1070 K
0,9 µm/h
1,35 µm/h
2837 K
2766
1,2·10−3
4,2·10−4
4,1·10−7
5,3·10−8
3,2·10−6
Tabelle 5.3: Bedingungen und Simulationsergebnisse für die Experimente von Kim und
Cappelli [148,149] sowie Shin und Goodwin [150]. p = Druck, Φ = Äquivalenzverhältnis,
vu = Gasgeschwindigkeit am Brenner, L = Abstand zwischen Brenner und Substrat,
Wexp. = experimentelle Wachstumsgeschwindigkeit, Wsim. = simulierte Wachstumsgeschwindigkeit, Tmax. = maximale Flammentemperatur, Tadiab. = adiabatische Flammentemperatur, XA = Molenbruch am Substrat von Spezies A.
Übereinstimmung zufriedenstellend.
Unter allen Bedingungen in Tabelle 5.3 kommt das Diamantwachstum nur
durch die CH3 -Moleküle zustande. Die Molenbrüche der C-Atome bzw. der OAtome und O2 -Moleküle am Substrat sind so gering, daß sie für das Wachstum
bzw. für die Oxidation der Diamantschicht keine Rolle spielen.
Die maximalen Flammentemperaturen in der Simulation liegen, im Gegensatz zu den Acetylen-Sauerstoff-Flammen in Abschnitt 5.2, deutlich unterhalb
(CH4 /O2 -Flamme) oder nur knapp oberhalb (C2 H4 /O2 - und C3 H6 /O2 -Flamme)
der adiabatischen Flammentemperatur.
5.4
Acetylen-Sauerstoff-Flammen bei Normaldruck
Die in diesem Abschnitt vorgestellte laminare flache Acetylen-Sauerstoff-Flamme
bei Normaldruck beruht auf einem Experiment von Murayama und Uchida [138].
Die Bedingungen dieses Experiments sind in Tabelle 5.4 aufgeführt. In Abbil-
5.4. ACETYLEN-SAUERSTOFF-FLAMMEN BEI NORMALDRUCK
Druck
Frischgas
vu
L
Substrat
Substrat-Temperatur
Wexp.
Wsim.
85
1,0 bar
40,7 Vol.% C2 H2 , 39,5 Vol.% O2 und 19,8 Vol.% H2
47,8 m/s
4,5 mm
Molybdän
1180 K
40 µm/h
23 µm/h
Tabelle 5.4: Bedingungen für das Experiment von Murayama und Uchida [138]. vu
bezeichnet die Gasgeschwindigkeit am Brenner, L den Abstand zwischen Brenner und
Substrat, Wexp. die beobachtete und Wsim. die simulierte Wachstumsgeschwindigkeit.
dung 5.8 ist das dazugehörige Temperaturprofil der substratstabilisierten Flamme dargestellt (durchgezogene Linie). Die Breite des simulierten Profils ist im
Vergleich zu den CARS-Temperaturmessungen von Bertagnolli und Lucht [147]
zu groß. Auch das von Meeks et al. [45] berechnete Temperaturprofil für diese Flamme zeigt ein im Vergleich zum Experiment von Bertagnolli und Lucht
zu breites Temperaturprofil. Bertagnolli und Lucht [147] vermuteten als Ursache
Unterschiede zwischen simuliertem und experimentellem Geschwindigkeitsprofil.
Eine Veränderung des simulierten Geschwindigkeitsprofils durch eine künstliche
Erhöhung der Frischgasgeschwindigkeit auf 85 m/s ergibt eine bessere Übereinstimmung mit dem Experiment (gestrichelte Linie in Abbildung 5.8). Das heißt,
eine mögliche Diskrepanz zwischen simuliertem und experimentellem Geschwindigkeitsprofil kommt als Ursache für das in der Simulation zu breite Temperaturprofil durchaus in Betracht.
Ein weiterer bemerkenswerter Punkt ist die von der Simulation vorhergesagte
und vom Experiment bestätigte superadiabatische Flammentemperatur von ca.
3400 K, die ungefähr 300 K über der adiabatischen Flammentemperatur liegt.
Der Grund für diese Tatsache liegt wieder in dem zu niedrigem Dissoziationsgrad
von H2 in der Flamme im Vergleich zum thermodynamischen Gleichgewicht (siehe
Abschnitt 5.2.1).
Abbildung 5.9 zeigt die simulierten Profile der wichtigsten Spezies für die Bedingungen von Tabelle 5.4 für die unveränderte Frischgasgeschwindigkeit. Das
Hauptoxidationsprodukt in dieser Flamme ist CO. Die Konzentration der CAtome, O-Atome und O2 -Moleküle am Substrat liegt in einem Bereich, in dem
sie für das Wachstum keine Rolle spielen. Die simulierte Wachstumsgeschwin-
86
KAPITEL 5. FLAMMENREAKTOR
out.kal.x.1180.neu
4000
Temperatur [K]
3500
Tadiabatisch
3000
2500
85,0 m/s
2000
47,8 m/s
1500
1000
500
0
0
0,5
1
1,5
Abstand vom Substrat [mm]
2
Abbildung 5.8: Temperaturprofil für die Bedingungen von Tabelle 5.4. Linien: Simulationen mit zwei unterschiedlichen Frischgasgeschwindigkeiten. Symbole: CARSTemperaturmessungen [147].
Abbildung 5.9: Simulierte Speziesprofile für die Bedingungen von Tabelle 5.4.
5.4. ACETYLEN-SAUERSTOFF-FLAMMEN BEI NORMALDRUCK
87
digkeit von 23 µm/h kommt einzig durch die CH3 -Moleküle zustande. Sie ist
– im Vergleich zu der von Murayama und Uchida [138] beobachteten Wachstumsgeschwindigkeit von 40 µm/h – um einen Faktor Zwei zu niedrig. Da die
Spezieskonzentrationen bei diesen brennstoffreichen Bedingungen mit einer sehr
großen Ungenauigkeit behaftet sind, kann man keine bessere Übereinstimmung
in der Wachstumsgeschwindigkeit erwarten.
Kapitel 6
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit behandelt die Simulation der Dimantabscheidung aus
der Gasphase. Es werden zwei verschiedene Verfahren modelliert: die HeißdrahtCVD- und die Flammen-CVD-Methode. Als numerisches Modell für die Simulation dieser Reaktoren dient die Staupunktströmung auf eine chemisch reaktive Platte [32, 42]. Die Dynamik der reaktiven Strömung wird durch die Bilanzgleichungen für Gesamtmasse, Speziesmassen, Impuls und Energie komplettiert
durch die ideale Gasgleichung beschrieben. Die auftretende Strömung ist laminar
und kann räumlich eindimensional beschrieben werden. Der Zustand der Oberfläche ist durch die Temperatur und den Bedeckungsgrad mit adsorbierten Spezies
charakterisiert. Diese Variablen stellen Mittelwerte über die gesamte Oberfläche
dar ( mean field approximation“). Die chemischen Prozesse in der Gasphase als
”
auch auf der Oberfläche werden durch Elementarreaktionen [28] beschrieben. Der
Stofftransport in der Gasphase und zwischen Gas und Oberfläche wird durch ein
molekulares Transportmodell erfaßt.
Mathematisch ergibt sich ein partielles Differentialgleichungssystem mit der
Zeit t und dem Abstand x von der reaktiven Platte als unabhängigen Variablen.
Nach einer Ortsdiskretisierung erhält man ein System von gewöhnlichen Differentialgleichungen, das mit einem semi-impliziten Extrapolationsverfahren [48]
gelöst wird. Es ist außerdem eine Sensitivitätsanalyse integriert, die es ermöglicht,
die Abhängigkeit der Lösung von den Geschwindigkeitskoeffizienten der Oberflächenreaktionen zu untersuchen.
Für den Prozeß der Diamantabscheidung wird ein chemischer Reaktionsmechanismus auf der Oberfläche aufgestellt. Er basiert auf dem CH3 -Mechanismus
von Harris und Goodwin [14]. In der vorliegenden Arbeit wird der Mechanismus
88
89
modifiziert und erweitert. So wird Wachstum nur an monoatomaren Stufen zugelassen. Zusätzlich werden Reaktionen eingebaut, die die Anlagerung von CH2 und CH-Radikalen sowie Kohlenstoffatomen an die Diamantoberfläche beschreiben. Außerdem werden Reaktionen mit O2 -Molekülen und Sauerstoffatomen betrachtet, die zu einer Oxidation der Diamantschicht führen.
Die durch das Modell erhaltenen Wachstumsgeschwindigkeiten werden mit Literaturexperimenten im Heißdrahtrektor und im Flammenrektor verglichen. Das
Modell ist in der Lage, die Abhängigkeit der Diamant-Wachstumsgeschwindigkeit
von der Substrat-Temperatur und der Frischgaszusammensetzung qualitativ zu
beschreiben. Während im Heißdrahtreaktor nur CH3 -Radikale als Wachstumsspezies eine Rolle spielen, liefern in Acetylen-Sauerstoff-Flammen bei niedrigem
Druck CH3 -Radikale und C-Atome einen vergleichbaren Beitrag zum Diamantwachstum. Außerdem tritt eine Oxidation der Diamantschicht durch O-Atome
und O2 -Moleküle in diesen Flammen auf.
Der effektive Haftkoeffizient für die Anlagerung von CH3 -Molekülen bzw. CAtomen an die Diamantschicht liegt bei maximal 7·10−4 bzw. 6·10−3 . Das heißt,
nur ein Anteil von 7·10−4 bzw. 6·10−3 der CH3 -Moleküle bzw. C-Atome, die mit
der Diamantoberfläche kollidiert, wird in das Diamantgitter eingebaut. Daher ist
der Prozeß der Diamantabscheidung nicht transportlimitiert. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt bei der CH3 -Anlagerung ist die H-Abstraktionsreaktion
von einem adsorbierten CH3 -Molekül. Bei der C-Anlagerung ist die Adsorptionsreaktion geschwindigkeitsbestimmend.
Im Heißdrahtreaktor werden zusätzlich zu den Diamant-Wachstumsgeschwindigkeiten auch die Konzentrationen der wichtigsten Gasphasenspezies direkt über
der Substratoberfläche mit Experimenten von Zumbach und Schäfer vom Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg verglichen.
Bei den CH3 -Molekülen zeigt sich eine gute Übereinstimmung von Experiment
und Simulation. Auch die CH4 - und C2 H2 -Konzentration werden vom Modell
qualitativ wiedergegeben. Die Unzulänglichkeiten des Modells zeigen sich bei den
Konzentationen der C2 H4 -Moleküle und H-Atome an der Substratoberfläche. Die
absolute Ethylenkonzentration am Substrat wird vom Modell um den Faktor 2–3
unterschätzt. Der experimentelle Verlauf der C2 H4 -Konzentration in Abhängigkeit von der Substrat-Temperatur zeigt bei ca. 700 K ein Maximum, das von der
Simulation nicht wiedergegeben wird. Bei den H-Atomen überschätzt das Modell
90
KAPITEL 6. ZUSAMMENFASSUNG
die absolute Konzentration am Substrat um etwa den Faktor 2. In der Simulation
sinkt die H-Atomkonzentration am Substrat mit steigender Substrat-Temperatur,
während im Experiment ab 850 K eine nahezu konstante H-Atomkonzentration
am Substrat beobachtet wird.
Es läßt sich in der vorliegenden Arbeit nicht klären, ob die oben genannten
Unzulänglichkeiten des Modells auf nicht berücksichtigte Oberflächenreaktionen
des Substrates, oder auf den Einfluß des Drahtes zurückzuführen sind. Substratoberfläche und Drahtoberfläche beeinflussen die Gasphase des Heißdrahtreaktors
gleichermaßen. Ein mindestens zweidimensionales Modell und die derzeit nicht
mögliche detaillierte Einbeziehung der heterogenen Prozesse auf der Drahtoberfläche sind für ein besseres Verständnis der Gasphase des Heißdrahtreaktors notwendig.
Literaturverzeichnis
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Danksagung
An dieser Stelle möchte ich all denjenigen herzlich danken, die zum Gelingen
dieser Arbeit beigetragen haben.
Mein besonderer Dank gilt
Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Warnatz für die Aufnahme in seinen Arbeitskreis
sowie für die Betreuung und Unterstützung, die er mir gab,
Herrn Prof. Dr. Schramm für die freundliche Übernahme der Begutachtung und
für seine Hilfe in einer besonderen Situation,
Herrn Dr. Frank Behrendt für die Bereitstellung des Computerprogramms, das
in dieser Arbeit verwendet wurde sowie für die ständige Hilfsbereitschaft, insbesondere beim Umgang mit Computern,
Herrn Prof. Dr. Jürgen Wolfrum für sein Interesse an dieser Arbeit und für die
gute Zusammenarbeit im SFB 359 Reaktive Strömungen, Diffusion und Trans”
port“,
den Herren Dr. Volker Zumbach und Dipl.-Chem. Jörg Schäfer für die interessanten experimentellen Ergebnisse und die bereichernde Zusammenarbeit,
Herrn Dr. Olaf Deutschmann für viele interessante Diskussionen und Anregungen,
insbesondere zu Reaktionen an Oberflächen,
den Herren Dipl.-Chem. Markus Wolf, Dipl.-Phys. Ralf Kissel-Osterrieder, Dr.
Philipp Klaus, Dipl.-Phys. Jürgen Soijka, sowie den Frauen Dipl.-Ing. Maria
Nehse und Dipl.-Math. Maren Thiele für ihre Hilfsbereitschaft und für gemeinsames Diskutieren
und allen Mitarbeitern der FG Reaktive Strömung des IWR der Universität Heidelberg und des ITV der Universität Stuttgart für das angenehme Arbeitsklima.
Mein größter Dank gilt meinen Eltern und meiner Lebensgefährtin Kirsten.
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