Prüfungsvorbereitungskurs Höhere Mathematik 3 Wahrscheinlichkeitstheorie Marcel Bliem Marco Boßle Jörg Hörner Mathematik–Online Herbst 2010 Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 1 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Zusammenfassung Wahrscheinlichkeitsraum (WR): Ergebnismenge Ω Ereignismenge M ⊆ P(Ω) (σ-Algebra) Wahrscheinlichkeitsverteilung p : M → [0, 1] I Endlicher oder abzählbarer WR: Elementarwahrscheinlichkeiten p({ω}) X X p({ω}) , p(Ω) = p({ω}) = 1 p(M) = ω∈M I ω∈Ω Ω ⊆ R: Verteilungsfunktion F oder Dichte f Z∞ Zx F (x) = p((−∞, x]) , F (x) = f (y ) dy , −∞ Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 f (y ) dy = 1 −∞ 2 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Zusammenfassung Wahrscheinlichkeitsverteilungen: Laplaceverteilung L(Ω): p(M) = #(M) (Gleichverteilung) #(Ω) Binomialverteilung B(n, q): Ω = {0, . . . , n} , p({`}) = n` q ` (1 − q)n−` Hypergeometrische Verteilung H(n, m, k) : n m Ω = {0, . . . , k} , p({`}) = ` k−` n+m k Geometrische Verteilung G (q) : Ω = N , p({`}) = (1 − q)`−1 q λ` Poissonverteilung P(λ) : Ω = N0 , p({`}) = e −λ `! Gleichverteilung: Ω = [a, b] , p([c, d]) = (d − c)/(b − a) −λx Exponentialverteilung: Ω = R+ 0 , f (x) = λe Normalverteilung: N(µ, σ 2 ) , Ω = R , f (x) = Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 2 2 √1 e −(x−µ) /(2σ ) σ 2π 2 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Zusammenfassung Andere Verteilungen Urnenexperimente Kombinationsmöglichkeiten bei Auswahl von k aus n Elementen: Reihenfolge relevant nicht relevant n+k −1 k mit Wiederholungen n k n ohne Wiederholungen n(n − 1) · · · (n − k + 1) k Modellierung durch Zufallsvariablen X : Ω → Ω̃ , Bliem/Boßle/Hörner (MO) pX (A) = p({ω ∈ Ω|X (ω) ∈ A}) PV-Kurs HM 3 2 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Zusammenfassung Erwartungswert und Varianz reellwertiger Zufallsvariablen : Erwartungswert: Z∞ X E (X ) = x pX ({x}) , E (X ) = x fX (x) dx x∈Ω̃ −∞ Varianz: V (X ) = E ((X − E (X ))2 ) = E (X 2 ) − (E (X ))2 Rechenregeln: Linearität des Erwartungswertes: E (αX + βY ) = αE (X ) + βE (Y ) Varianz: V (αX + β) = α2 V (X ) Abbildung zwischen Zufallsvariablen Y = Φ(X ): Z∞ E (Y ) = Φ(x) fX (x) dx −∞ Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 2 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Zusammenfassung Erwartungswert und Varianz spezieller Verteilungen: Binomialverteilung B(n, q) : E (X ) = nq , V (X ) = nq(1 − q) Geometrische Verteilung G (q) : E (X ) = 1/q , V (X ) = (1 − q)/q 2 Poissonverteilung P(λ) : E (X ) = λ , V (X ) = λ Gleichverteilung auf [a, b] : E (X ) = (a + b)/2 , V (X ) = (b − a)2 /12 Exponential-λ-Verteilung: E (X ) = 1/λ , V (X ) = 1/λ2 Normalverteilung N(µ, σ 2 ) : E (X ) = µ , V (X ) = σ 2 Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 2 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Zusammenfassung Bedingte Wahrscheinlichkeit: p(A|B) = p(A ∩ B) p(B) Formel von der totalen Wahrscheinlichkeit: B1 ∪ B2 = Ω , B1 ∩ B2 = ∅ : p(A) = p(A|B1 )p(B1 ) + p(A|B2 )p(B2 ) Bk : Zerlegung von Ω in disjunkte Teilmengen: X p(A) = p(A|Bk )p(Bk ) k Formel von Bayes: p(B1 |A) = p(A|B1 )p(B1 ) , p(A|B1 )p(B1 ) + p(A|B2 )p(B2 ) Stochastische Unabhängigkeit: Bliem/Boßle/Hörner (MO) p(A|B` )p(B` ) p(B` |A) = P k p(A|Bk )p(Bk ) p(A1 ∩ A2 ∩ ... ∩ An ) = PV-Kurs HM 3 Qn k=1 p(Ak ) 2 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Zusammenfassung Mehrdimensionale Verteilungen: X1 , . . . , Xn reellwertig, stochastisch unabhängig mit Dichten fX1 , . . . fXn bzw. Verteilfunktionen FX1 , . . . , FXn ⇒ X = (X1 , . . . , Xn ) ∈ Rn hat Dichte fX (x) = fX1 (x1 ) · · · · · fXn (xn ) bzw. Verteilfunktion FX (x) = FX1 (x1 ) · · · · · FXn (xn ) Y = X1 + X2 hat Dichte fY = fX1 ? fX2 , d.h. Z∞ fX1 (x) fX2 (y − x) dx fY (y ) = −∞ Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 2 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Probeklausur 2 Aufgabe 5 In einer Urne befinden sich eine rote, eine blaue und eine grüne Kugel. a) Aus der Urne wird sechsmal eine Kugel gezogen und wieder zurückgelegt. Sei A das Ereignis, dass bei den ersten drei Ziehungen drei unterschiedliche Farben gezogen werden und B das Ereignis, dass bei den sechs Ziehungen jede Farbe zweimal gezogen wird. Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeiten p(A) , p(B) und p(B|A). Sind die Ereignisse stochastisch unabhängig? b) Aus der Urne wird 450 mal eine Kugel gezogen und wieder zurückgelegt. Schätzen Sie mit Hilfe der Normalverteilung die Wahrscheinlichkeit, dass mehr als 140 und weniger als 161 rote Kugeln gezogen werden. (Es genügt als Ergebnis einen Ausdruck anzugeben, der von einem Funktionswert der Verteilungsfunktion Φ der Standard-Normalverteilung abhängt.) Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 3 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Lösung (Probeklausur) Für Ereignis A sind die Ziehungen 4-6 nicht relevant Geeigneter W-Raum 3-Tupel aus der Menge {R, G , B}: Ω = {R, G , B}3 Elemente: 33 = 27 (n = 3, k = 3, mit Wiederholung, Reihenfolge relevant) Ereignis A: drei unterschiedliche Farben 3! = 6 Elemente (n = 3, k = 3, ohne Wiederholung, Reihenfolge relevant) Wahrscheinlichkeit p(A) = Bliem/Boßle/Hörner (MO) #A 6 = = 2/9 ≈ .222 . #Ω 27 PV-Kurs HM 3 4 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Lösung (Probeklausur) Ereignis B: 6-Ziehungen, jede Farbe zweimal W-Raum: Ω = {R, G , B}6 , #Ω = 36 = 729 Verteilung von 3 · 2 Kugeln auf 6 Stellen, je 2 sind nicht unterscheidbar #B = p(B) = Bliem/Boßle/Hörner (MO) 6! = 720/8 = 90 2! · 2! · 2! #B 90 = = 10/81 ≈ .123 . #Ω 729 PV-Kurs HM 3 4 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Lösung (Probeklausur) Ereignis B|A: Jede Farbe zweimal wenn in den ersten drei Ziehungen jede Farbe einmal Drei Farben in den Ziehungen 4 − 6 ⇒ entspricht Ereignis A p(B|A) = p(A) = 2/9 Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 4 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Lösung (Probeklausur) Unabhängigkeit: p(A) = 2/9 , p(B|A) = p(B) = 10/81 , p(B|A) = 2/9 p(B ∩ A) ⇒ p(B ∩ A) = p(B|A) · p(A) = 4/81 p(A) 2 10 20 36 4 = 6= = = p(B ∩ A) 9 81 729 729 81 Die Ereignisse sind nicht unabhängig. p(A) · p(B) = Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 4 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Lösung (Probeklausur) Teil b) Bernoulli-Experiment: (rote Kugel oder nicht) I I Erfolgswahrscheinlichkeit p = 1/3 (eine von drei Kugeln ist rot) n = 450 Wiederholungen Anzahl der Erfolge: B(n, p) verteilt Approximation durch Normalverteilung N(µ, σ 2 ): I I µ = np p = 450 · 1/3 = p150 σ = np(1 − p) = 450 · 1/3 · 2/3 = 10 Mehr als 140 und weniger als 161 Erfolge 160 − 150 140 − 150 −Φ p(140 < X ≤ 160) ≈ Φ 10 10 = Φ(1) − Φ(−1) = 2Φ(1) − 1 ≈ .682 . Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 4 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Aufgabe 5.2 (I1441) Eine Krankheit, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 2% in der Bevölkerung auftritt, tritt bei einer bestimmten Berufsgruppe gehäuft auf. Dieser Berufsgruppe gehören 5% der Bevölkerung an und dort liegt die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der Krankheit bei 20%. Mit welcher Wahrscheinlichkeit p tritt die Krankheit bei jemandem auf, der der Berufsgruppe nicht angehört? Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 5 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Lösung (I1441) Ereignisse K : Person ist krank B : Person hat speziellen Beruf NB : Person hat anderen Beruf Gegebenen Größen p(K ) = 2/100 , p(B) = 5/100 , p(NB) = 95/100 , p(K |B) = 20/100 Formel der totalen Wahrscheinlichkeit p(K ) = p(K |B)p(B) + p(K |NB)p(NB) Gesucht p(K |NB) = (p(K ) − p(K |B)p(B)) /p(NB) 2 20 5 100 = − 100 100 100 95 = 1/95 Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 6 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Aufgabe 5.5 (I1442) Bei der Herstellung eines TFT-Monitors ist ein Pixel mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/(25 · 216 ) defekt. Schätzen Sie mit Hilfe der Approximation mit einer Poisson-Verteilung die Wahrscheinlichkeit p, dass ein Monitor mit einer Auflösung von 1280x960 Pixeln mehr als 2 Pixelfehler hat und somit unbrauchbar ist. Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 7 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Lösung (I1442) 1280 · 960 Pixel ⇒ n = 1228800 Zufallsexperimente Wahrscheinlichkeit für Fehler: q = 1/(25 · 216 ) Anzahl der Fehler: Binomial(n, q)-verteilt Abschätzung: Poisson-Verteilung mit λ = nq 1228800 = 52 · 3 · 214 ⇒ λ = 3/4 p({X > 2}) = 1 − p({0, 1, 2}) Poisson-Verteilung: p({k}) = λk k! e −λ p({0, 1, 2}) = p({0}) + p({1}) + p({2}) = e −λ λ0 λ1 λ2 + + 0! 1! 2! 65 = e −λ 1 + λ + λ2 /2 = e −3/4 32 Wahrscheinlichkeit für Ausschussmonitor: 1 − e −3/4 Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 65 ≈ 0.0405 . 32 8 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Aufgabe 5.3 (I1439 V2) Bei einem Würfelspiel wird mit zwei sechsseitigen Würfeln gewürfelt, bis eine Sieben erscheint. Alle Augenzahlen (einschließlich der Sieben) werden zusammengezählt. Bestimmen Sie den Erwartungswert E für die Summe. Wie verändert sich der Erwartungswert, wenn anstatt der Sieben eine andere Zahl zur Beendigung des Spiels verwendet wird? Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 9 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Lösung (I1439 V2) X Zufallsvariable der Gesamtaugenzahl ⇒ Erwartungswert: ∞ X E (X ) = g · P({X = g }) g =1 Aufteilung nach Wurfzahl W mit Formel der totalen Wahrscheinlichkeit P({X = g }) = ∞ X P({X = g |W = w })P({W = w }) w =1 Vertauschung der Summation (absolute Konvergenz) ∞ ∞ X X E (X ) = g · P({X = g |W = w }) P({W = w }) w =1 g =1 | {z E (Sw ) } Sw : Gesamtaugenzahl bei genau w Würfen Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 10 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Lösung (I1439 V2) (w − 1)-mal: Nichtsieben“ + einmal Sieben“ ” ” Yk : ZV für Würfeln einer Nichtsieben“ ” E (Sw ) = E (Y1 + · · · + Yw −1 ) + E (7) = (w − 1)E (Y1 ) + 7 E (Y1 ) = 2 1 2 5 5 1 +3 +···+6 +8 + · · · + 12 = 7 ⇒ E (Sw ) = 7w 30 30 30 30 30 E (X ) = 7 ∞ X wP({W = w }) w =1 Wurfzahl (erster Wurf einer 7) ist G (q) verteilt mit q = 6/36 = 1/6 E (X ) = 7E (G (1/6)) = 7 · 6 = 42 Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 10 / 10 Wahrscheinlichkeitsthoerie Lösung (I1439 V2) Analoge Betrachtung für andere Endzahl z Wahrscheinlichkeit für z: p = (6 − |z − 7|)/36 Erwartungswert für Nicht z“: ” E (Y ) = (252 − z(6 − |z − 7|))/(36 − 6 + |z − 7|) Erwartungswert für Summe bei Wurfzahl w : E (Sw ) = z + (w − 1)E (Y ) E (X ) 1 36 252 − z(6 − |z − 7|) = z+ − 1 E (Y ) = z + −1 q 6 − |z − 7| 36 − 6 + |z − 7| 36 − 6 + |z − 7| 252 − z(6 − |z − 7|) = z+ 6 − |z − 7| 36 − 6 + |z − 7| z(6 − |z − 7|) 252 − z(6 − |z − 7|) 252 = + = 6 − |z − 7| 6 − |z − 7| 6 − |z − 7| ⇒ minimal für z = 7 . Bliem/Boßle/Hörner (MO) PV-Kurs HM 3 10 / 10