Reihen Pn Definition 1 Sei (an )n≥k eine Folge reeller Zahlen. Dann heißt An := i=k ai die n.te Partialsumme. Die Folge (An )n≥k dieser P∞ Partialsummen ist die zu (an )n≥k gehörige Reihe. Sie wird meist mit i=k ai bezeichnet. Konvergiert die Folge (An )n≥k gegen A, so heißt die Reihe konvergent gegen P den Grenzwert ∞ oder die Summe A. Man schreibt dann auch für den Grenzwert i=k ai . Bemerkung 1 Reihen und Folgen sind eng verwandt. Offenbar erhält man wegen ak = Ak und an = An − An−1 für n > k aus der Reihe die Folge zurück. Aus der Definition und dem Satz über die Summe und das λ-fache konvergenter Folgen ergibt P∞ sich sofort: P∞ P∞ Sind P∞ i=k ai und i=k bi konvergent und λ²R, so sind auch i=k (ai + bi ) und i=k λai konvergent, wobei sogar gilt ∞ X (ai + bi ) = i=k und ∞ X ai + i=k ∞ X λai = λ i=k ∞ X bi i=k ∞ X ai i=k P∞ Satz 1 ( Cauchy-Kriterium für Reihen ) i=k ai konvergiert genau dann, wenn ∀ε > 0∃n0 , so dass für alle m ≥ n ≥ n0 gilt | m X ai | < ε. i=n Insbesondere ist für jede konvergente Reihe (an ) eine Nullfolge. P∞ Satz 2 Sei x²R. Die geometrische Reihe i=0 xi konvergiert genau dann, wenn |x| < 1. Ist dies erfüllt, so gilt für die n.te Partialsumme bzw. die Summe sn (x) := n X xi = i=0 bzw. ∞ X i=0 xi = 1 − xn+1 1−x 1 . 1−x Bemerkung 2 Besteht die Folge (an ) nur aus nicht-negativen Zahlen, so ist die Folge der Partialsummen natürlich monoton wachsend. (An ) ist daher also genau dann konvergent, die Folge der Partialsummen beschränkt ist. Pwenn ∞ Man schreibt dafür kurz i=k ai < ∞ und nennt die Reihe beschränkt. Der Grenzwert ist dann natürlich gerade das Supremum der Partialsummen. P∞ P∞ Definition 2 P Die Reihe i=k ai heißt absolut konvergent, wenn i=k |ai | kon∞ vergiert, also i=k |ai | < ∞ gilt. P∞ Satz P 3 a) Jede absolut konvergente Reihe ist konvergent und es gilt | i=k ai | ≤ ∞ i=k |ai |. P∞ b) Ist 0 ≤ an ≤ bn für alle n ≥ k und i=k bi < ∞, so ist ∞ X ai ≤ i=k ∞ X bi < ∞. i=k P∞ P∞ ( In diesem Fall heißt i=k bi konvergente Majorante von i=k ai . ) P∞ P∞ c) Sind i=kP ai und i=k bi absolut P konvergent, so auch für jedes reelle λ ∞ ∞ die Reihe i=k λai und die Reihe i=k (ai + bi ). Satz 4 Sei (an )n≥0 eine monoton fallende Nullfolge. P∞ a) ( Cauchysches i=0 ai < ∞ genau dann, P∞ i Verdichtungslemma ) Es ist wenn i=0 2 a2i < ∞ gilt. P∞ b) ( Leibniz-Kriterium ) i=0 (−1)i ai konvergiert. Beispiel 1P • Aus dem Verdichtungslemma und Satz 2 ergibt sich sofort, dass n≥1 n1α genau dann konvergiert, wenn α > 1. Dabei sei im Moment α rational, weil wir nur dann das Potenzieren definiert P 1 haben. InsbesonP 1 dere divergiert die sogenannte harmonische Reihe n , während n2 π2 konvergiert, und zwar, wie später gezeigt wird, gegen 6 . P n+1 1 • n≥1 (−1) n konvergiert nach dem Leibniz-Kriterium, und zwar gegen ln 2. Die Konvergenz ist aber nicht absolut. Satz 5 Sei (an ) eine Folge, 0 ≤ ϑ < 1. a) ( Quotientenkriterium ) Gibt es ein n0 , so dass P an für alle n ≥ n0 nicht 0 ist und | aan+1 | ≤ ϑ, so konvergiert die Reihe an absolut. n p b) ( Wurzelkriterium ) Ist für fast alle Indizes n |an | ≤ ϑ, so konvergiert die P Reihe an absolut. Beispiel 2 a) Die harmonische Reihe zeigt, dass | aan+1 | < 1 beim Quotienn tenkriterium nicht für die Konvergenz ausreicht. Die gleiche Bemerkung P 1 gilt für das Wurzelkriterium. Ferner lässt sich die Konvergenz von n2 mit keinem der beiden Kriterien beweisen. b) Das Quotientenkriterium liefert aber für jedes reelle x sehr einfach die P∞ i absolute Konvergenz von i=0 xi! . Definition 3 Die Exponentialfunktion exp : R −→ R P∞ xi ist definiert durch exp(x) := i=0 i! . Die Zahl e ist definiert als exp(1). P∞ i Satz 6 Das Restglied rn+1 (x) := i=n+1 xi! lässt sich für |x| ≤ 1+ n2 abschätzen durch |x|n+1 |rn+1 (x)| ≤ 2 . (n + 1)! Daraus folgt, dass e keine rationale Zahl ist. P P Definition 4 Das P Cauchy-Produkt der Reihen n≥0 an und n≥0 bn ist definiert als die Reihe n≥0 cn mit cn = n X ai bn−i . i=0 Bemerkung 3 Offenbar ist dieses Produkt kommutativ. Man schreibt oft X X ( an )( bn ) n≥0 n≥0 für das Cauchy-Produkt. Diese Definition besagt nichts über Konvergenz und Grenzwerte. Man kann sich diese P merken, indem man rein formal P Definition gut die ’unendlichen’ Polynome n≥0 an xn und n≥0 bn xn multipliziert und dabei die Terme bei P xn sammelt.P P Die Reihe n≥0 an = n≥0 bn = i≥0 (−1)i √ 1 ist zwar nach Leibniz (n+1) konvergent, nicht aber ihr Cauchy-Produkt. Später werden wir aber zeigen, dass der Grenzwert des Cauchy-Produktes, falls er existiert, zwangsläufig mit dem Produkt der Grenzwerte übereinstimmt. Konvergiert eine der beiden Reihen sogar absolut, so ist das ebenfalls richtig, wie der folgende Satz besagt. P P Satz 7 Sei n≥0 an absolut konvergent P und Pn≥0 bn konvergent. Dann konvergiert das Cauchy-Produkt gegen ( n≥0 an )( n≥0 bn ). Satz 8 Für alle x, y aus R gilt exp(x + y) = exp(x)exp(y). Bemerkung 4 Daraus folgt für alle rationalen x sofort exp(x) = ex . Satz 9 ( Sogenannte b-al Entwicklung ) Sei b ≥ 2 eine natürliche Zahl. Sei F die Menge aller Folgen (xn )n≥1 mit xk ²{0, 1, . . . b − 1}, wobei der Fall, dass fast alle xk = b − 1 sind, nicht zulässig ist. Dann induziert die Abbildung X (xn )n≥1 7−→ xn b−n n≥1 eine Bijektion f zwischen F und der Menge der reellen Zahlen x mit 0 ≤ x < 1. f −1 (x) heißt dann b-al Entwicklung von x. Bemerkung 5 Durch Multiplikation mit einer geeigneten Potenz bk und Wahl des Vorzeichens erhält man ein analoges Resultat für jede reelle Zahl x, die also insbesondere Grenzwert einer Folge rationaler Zahlen ist. Die Rechenoperationen mit obigen Ausdrücken sind aber wegen des unendlich häufigen ’Übertrages’ sehr unübersichtlich. Wir werden daher die reellen Zahlen später anders konstruieren.