Große Transformation: Fokus Gesellschaft & politische Teilhabe Ein Gesellschaftsvertrag für ein zukunftsfähiges Anthropozän Reinhold Leinfelder, Berlin/München Das Konzept der planetaren Grenzen Globale Umweltproblemfelder Klimaänderung Klimaänderung Chem. Chem. Verschmutzung Verschmutzung Ozeanversauerung Ozeanversauerung Rückgang Rückgang stratosphärischen stratosphärischen Ozons Ozons Atmosph. Atmosph. Aerosole Aerosole Stickstoffzyklus Stickstoffzyklus BiodiversitätsBiodiversitätsverlust verlust Aus: Rockström et al., Nature, 24. Sept. 2009 LandnutzungsLandnutzungsänderungen änderungen Globale Globale Süßwasser Süßwasser nutzung nutzung PhosphorPhosphorzyklus zyklus Der Mensch ist inzwischen ein dominanter Erdsystem-Faktor Nur noch 23% echte Wildnis 77 % „Anthrome“ statt natürlicher Biome Ein paar Zahlen zum menschlichen Einfluss auf die Erde • 77% der (eisfreien) Landoberfläche nicht mehr ursprünglich • 50% des vorhandenen Trinkwassers wird durch Menschen • • • • • • verbraucht Fischpopulationen: 6 % underexploited, 50% fully exploited, 15% overfished, 6% depleted, 2% recovering Ca. 100-1000x höhere Aussterberate als natürlich Zunahme des Energieverbrauchs seit 1900: > x 16 Höchste atmosphärische CO2 und CH4-Konzentration seit 400.000 Jahren NOx und SO2-Ausstoß übersteigt natürliche Quellen Mittlere Erosionsrate seit 500 Mio Jahren: 24 m / Mio Jahre, heute: ca 700 m / Mio Jahre >> wir leben im Anthropozän: der Mensch ist zum dominanten Erdsystemfaktor geworden The Great Acceleration, ab ca.1950 Atmosphärengase Klimawandel Ozeanstruktur Ökosysteme und Biodiversität Steffen et al 2011 The Great Acceleration, ab ca.1950 Bevölkerung u. Ökonomie Land-Management Städte und Verbrauch Infrastrukturen Steffen et al 2011 Lösungsansätze bisher oft wenig systemisch: Beispiel Bioenergie WBGU 2008 Nahrungsmittelpreise 1990-2011: FAO Food Price Index Teller – Tank-Problematik existiert tatsächlich WBGU 2011 Quelle: FAO, 2011 Die wesentlichen Verantwortungselemente des Anthropozän-Konzepts • Kein „Gute Natur“ versus (böse) Menschheit“- Dualismus • Kein Weg zurück ins Holozän möglich • Nachhaltige Gestaltung des Anthropozäns möglich, allerdings nicht mit simplistischen Lösungen; systemischer Ansatz nötig Industrieller Metabolismus WBGU 2011 Das WBGU-Trafo-Gutachten fokussiert v.a. auf klimaverträgliche Entwicklung Worum es im Gutachten geht • Klimaschutz: Unabdingbare Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung • Begrenzung der Erwärmung auf 2°C: bis 2050 dürfen n ur noch etwa 750 Mrd. t CO2 aus fossilen Quellen in die Atmosphäre gelangen • Das globale CO2-Budget ist ohne Transformation in 25 Jahren erschöpft • Um gefährliche Klimaänderungen zu vermeiden, müssen der bereits laufende Strukturwandel beschleunigt und Blockaden beseitigt werden Landwirtschaft als wesentlicher Verursacher sowie Leidtragender des Klimawandels Wege in die klimaverträgliche Weltwirtschaft Zentrale Botschaften • Fossil-nukleares Wirtschaftsmodell hat keine Zukunft • Klassisches Landwirtschaftsmodell hat keine Zukunft • Ende der Illusion: BAU für 9 Mrd. Menschen nicht möglich • Je länger wir zögern, desto höher der Preis für nachfolgende Generationen • Es gibt Alternativen! Aber: Ohne weltweite Übereinkunft zum Einsatz dieser Alternativen keine Überwindung der Krise möglich Transformationskonzept des WBGU Fünf gute, fünf schwierige Nachrichten Quelle: WBGU 2011 Zivilisatorische Veränderungsschübe Historisch • Neolithische Revolution: Übergang von der Jäger- und Sammlergesellschaft zur Agrarzivilisation • Industrielle Revolution: Industrialisierung war v.a. Wechsel des Energieregimes – „Zeitalter der fossilen Brennstoffe“ Gegenwart • Klimaverträgliche Gesellschaft: Transformation von fossiler zu post- fossiler Wirtschaftsweise - hoher Zeitdruck, Weichenstellungen bis 2020 - globale Reichweite - Gestaltung erforderlich Zivilisatorische Veränderungsschübe Quelle: R. Kates (1997) nach E Deevey (1960) Treiber der Transformation: Aus der Geschichte lernen Typ „Vision“: bessere Zukunft, veränderte Wertvorstellungen Abschaffung der Sklaverei, EU-Integration Typ „Krise“: Erfahrungen mit Hunger- und Entwicklungskrisen Grüne Revolution, Strukturanpassungsprogramme Typ „Wissen“: Forschungsergebnisse, Vorsorgeprinzip Schutz der Ozonschicht Typ „Technik“: massenhafte Verbreitung technischer Innovation IT-Revolution Transformativen Wandel antreiben 1. Größenordnung: vom Pilotprojekt zum System 2. Beschleunigung 3. Weichenstellung: Langzeitperspektive 2050 (roadmaps) 4. Von Sektor- zu Systemreformen (Städte, Mobilität, Energie, Landwirtschaft) 5. Internationale Kooperation (Finanzierung, capacities, Forschung) 6. Menschen mitnehmen, Vetospieler berücksichtigen! Phasenverläufe der Transformation: Wichtig: Pioniere des Wandels Nachhaltige Gesellschaft „green BAU“ Quelle: nach Grin et al., 2010 Für einen neuen Gesellschaftsvertrag • Ziel ist der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen. • Der Gesellschaftsvertrag verknüpft den gestaltenden Staat mit verbesserter Beteiligung der Zivilgesellschaft im Rahmen lokaler, nationaler und globaler Kooperation. • Der gestaltende Staat setzt aktiv Prioritäten für Nachhaltigkeit und beteiligt die Bürger verstärkt an Entscheidungen. Gestaltender Staat als Rahmensetzer für Klimaschutz und Nachhaltigkeit … plus: Bürgergesellschaft als Mitgestalterin für das Gelingen der Transformation! • Klimaschutzziele in Klimaschutzgesetz und Verankerung in Verfassung • Erweiterte Informations-, Beteiligungs- und Rechtsschutzmöglichkeiten • Verankerung klimapolitischer Ziele in allen Bereichen der Staatsorganisation, Reorganisation Ministerien Transformationsprozess: Handlungsebenen Quelle: WBGU Klimarelevantes Transformationsfeld Landnutzung Trends: • Umwandlung von Wäldern, Grasland und Feuchtgebieten in landwirtschaftlich genutzte Flächen Herausforderungen: • Fortschreitende Waldrodung und Waldzerstörung • Wachsender Nahrungsbedarf: Nachhaltige Steigerung der globalen Nahrungsmittelproduktion bis 2050 um bis zu 70 % • Verändernde Ernährungsgewohnheiten • Steigende Bioenergienutzung, stoffliche Biomasse Kein Konsens über Zukunft klimaverträglicher Landwirtschaft! Drei zentrale Transformationsfelder: Basisstrukturen der Weltwirtschaft Energie Urbanisierung Landnutzung 7. Landnutzung • Entwaldung stoppen • Klimaverträglicher Umbau der Landwirtschaft • Ernährungsstile - Strategische Allianzen der EU mit „Waldländern“ - Internationale EZ: steigende Investitionen in klimaverträglicher Landwirtschaft Wohin könnte / sollte die Landwirtschaft gehen? A) Governance-Ebene • Auf nationaler, multinationaler, UN-Ebene, z.B.: • z.B. wissensbasierte, integrative Regelungen (ggf. UN- • • • • • • Bodenkonvention, Dach über UN-Konventionen wie FCCC, CBD; CCD etc), also Armutsbekämpfung, Umweltund Klimaschutz verbinden falsche Subventionen abbauen, Anreizsysteme für nachhaltige Landwirtschaft in internationale Regelungen einbetten, Weltmarkt- u. EU-Agrarreform Importabhängigkeit von Entwicklungsländern vermeiden; Monitoring- und Indikator-Systeme etc. Bundesuniversität für Nachhaltigkeit? Zukunftskammer für Nachhaltigkeit? Siehe auch Empfehlungen des Nachhaltigkeitsrats. Wohin könnte / sollte die Landwirtschaft gehen? B) Gesellschaftsebene • Wissenschaft/Bildung: Transformations-/AnthropozänForschung und Bildung, Schulunterricht mit systemischen Beispielen, partizipatives Umweltmonitoring • Betriebe, lokale Behörden, NGOs, Bürger: • Neue Wege und Lösungen ausprobieren • Zertifizierungen vorantreiben • Wertediskussion (incl. Berücksichtigung der Entwicklungsländer) • Partizipation auf vielen Ebenen Lösungsansätze: Beispiele aus GEO 11/2011 Golden Golden Rice Rice Zertifizierung Partizipative Informationssysteme Urban Gardening, Corporate Ecological Responsability; Anthropocene Footprint Restaurants etc. Vorschlag: Einrichtung partizipativer Biodiversitätsstationen auch in Landwirtschaftsarealen Tourismus Baumaßnahmen Überdüngung Schadstoffe Wasser/Luft– verschmutzung Ausbreitung von Krankheiten Klimaänderung Biodiversitätsänderung als Frühwarn- und Nachhaltigkeitsmonitor Dokumentation von Indikatorarten Messung von Umweltparametern Einspeisung in nationale und globale wissenschaftliche Datenbanken; Abgleich mit Wetterdaten Zeitvergleich mit Referenzsammlungen Erstellung von Berichten für Entscheidungsträge r Wir müssen gemeinsam jetzt entscheiden und verantworten, was wir in Zukunft wollen! Cutting-edge genetic technology allows us to provide you with in vitro meat that is 100% cruelty-free! Aus: Peter Bialobrzeski Paradise Now www.shimz.co.jp/english/theme/dream/greenfloat.html HansGesellschaftsvertrag: Jonas (1979) Der „ökologische „Handle so, die Der Der Imperativ“: Mehrebenenweg zudass einer Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz wissensbasierten, nachhaltigen Gesellschaft echten menschlichen Lebens auf Erden.“ Aber Top-Down: nationale und internationale Politik Ergänzung: Anthropozän (2011): (Regelungen, Programme für (Aus-)Bildung), handle! Nicht Entwicklung handeln ist unverantwortlich! „Side-by-side“: Kooperation zwischen Wissenschaft, Bürgergesellschaft und Organisationen, Partizipation, Dialog, konstruktiver Diskurs, Vorbilder, Vorreiterprojekte und -betriebe Bottom-up: Umweltgruppen (NGOs), Aktivisten, Vordenker, Protestbewegungen etc. Vielen Dank! Langfassung Gutachten ist online Englisch: online seit Oktober 2011 Englisches Buch ab Anfang 2012 Kostenlose Bestellung unter: www.wbgu.de