banken fürchten us-sanktionen

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TRENDS & THEMEN unternehmensjurist
IRAN-EMBARGO
BANKEN FÜRCHTEN
US-SANKTIONEN
Der Iran bietet für deutsche Exporteure mittel- und langfristig große Chancen. Kurzfristig gibt es jedoch noch viele Hemmnisse. Die Gründe für den schwachen Aufschwung der Handelsbeziehungen
nach Aufhebung vieler Sanktionen vor gut einem Jahr sind mannigfaltig. Zentrales Problem ist derzeit
die noch geringe Bereitschaft der Banken, Geschäfte mit dem Iran zu finanzieren.
D
ie Erwartungen an die deutsche Exportwirtschaft waren
hoch, als vor gut einem Jahr die Sanktionen gegen
den Iran in großen Teilen aufgehoben wurden. Der
Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages Volker Treier stellte mittelfristig eine Steigerung
des Handels-Volumens mit dem Iran auf 10 Milliarden Euro
in Aussicht. Tatsächlich war im Jahr 2016 jedoch gerade mal
ein Anstieg um 100 Millionen Euro zu verzeichnen. Andere
aktuelle Zahlen lassen wiederum durchaus die Hoffnung zu,
dass die Handelsbeziehungen noch in diesem Jahr deutlich
an Fahrt aufnehmen werden. Die Euler Hermes AG, die als
Mandatar mit der Geschäftsführung und dem Management
von staatlichen Exportkreditgarantien des Bundes betraut ist,
teilte mit, dass seit Juni 2016 insgesamt 40 Anträge auf Hermesdeckungen (siehe Infokasten) zu einem Auftragsvolumen
von 3 Milliarden Euro eingegangen seien.
Noch bremsen jedoch die fortbestehenden Unklarheiten über
das Risiko US-amerikanischer Sanktionen gegen nicht-amerikanische Firmen mit Iran-Geschäft (Secondary Sanctions) die
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Mobilisierung ausländischer Direktinvestitionen und Finanzierungen. „Geldverkehr mit dem Iran wurde von den USA
bisher drastisch geahndet, daran haben sich einige die Finger
verbrannt“, berichtet Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Euler
Hermes Aktiengesellschaft. Der Iran stehe weiterhin auf der
amerikanischen Liste der ‚State Sponsors of Terrorism‘. „Für
Länder auf dieser Liste gelten auch nach Ende der Sanktionen
zahlreiche Einschränkungen, beispielsweise ein Verbot von
Waffenlieferungen, Kontrollen bei Exporten von Dual-UseGütern und vor allem das Verbot der USA für Finanzinstitute,
Kredite an diese Länder zu vergeben“, erläutert Subran (siehe
Infokasten).
Deutsche Banken stehen nach wie vor unter politischem Druck.
Dies liegt vor allem an den US-Strafmaßnahmen gegen größere
Bankhäuser, wie etwa die Commerzbank. Die US-Behörden
warfen den Bankhäusern Sanktionsverstöße und Verstöße gegen Geldwäschevorschriften vor. Der Streit wurde letztendlich
durch die Zahlung hoher Vergleichssummen beigelegt. Des
Weiteren mussten Angestellte entlassen werden.
unternehmensjurist
Der psychologische Effekt auf die Bankhäuser sei nicht zu unterschätzen, sagt Rechtsanwalt Naim Heydarinami, Leiter des
middle east Desk der Wirtschaftskanzlei beck Rechtsanwälte
in Hamburg. Zahlreiche rechtliche Verbote seien nach wie vor
zwingend zu beachten: „Es bestehen weiterhin die sogenannten
Primary Sanctions der USA sowie einzelne Verordnungen und
eine Sanktionsliste mit Personen und Gesellschaften, mit denen
keine geschäftlichen Beziehungen erlaubt sind.“ Wer mit diesen
Unternehmen Geschäfte mache, verstoße unter Umständen
gegen das Bereitstellungsverbot, erklärt der Iraner. „Darüber
hinaus sind die Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche
und Terrorismusfinanzierung zwingend zu beachten.“ Dass
sich dies in absehbarer Zeit ändert, ist 14 Tage nach Amtseinführung von Präsident Trump so gut wie ausgeschlossen; die
Zeichen stehen eher auf neuerliche Verschärfung.
Im letzten Jahr konnte eine Reihe von Entwicklungen im
Finanzsektor beobachtet werden. Dennoch sind weitere
Maßnahmen notwendig, damit die Handelsbeziehungen
mit dem Iran wieder vollständig aufgenommen werden können. „Positiv hervorzuheben ist, dass SWIFT den Prozess der
Wiederanbindung iranischer Banken an das Zahlungsnachrichtensystem zügig vollzogen hat, sowie die Teilnahme am
Target2-Zahlungssystem“, sagt Heydarinami. Der Iran sei
jedoch von der Financial Action Task Force (FATF) weiterhin
als Land mit hohem Risiko gelistet. Diesen Risiken müssten
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die Banken mit besonderen Prüfungspflichten begegnen. „Die
zwingende Einhaltung von bestehenden Sanktionen sowie
Compliance-Vorschriften ist noch eine Herausforderung.
Insbesondere weichen die Compliance-Anforderungen der
Bankhäuser voneinander ab oder es kann nicht gesagt werden, ob die Empfängerbank sich an die Vorschriften beziehungsweise die hier geltenden Standards hält“, erläutert der
Wirtschaftsanwalt.
Unsicherheit belastet die Geschäfte
Diese von den Banken geforderte besondere Sorgfaltspflicht
bei sämtlichen Transaktionen mit dem Iran ist sicherlich
ein weiterer Hemmschuh im derzeitigen Exportgeschäft. Dr.
Gerald Bumharter, Geschäftsleiter der Bank Sepah – Iran
Filiale Frankfurt am Main, erklärt hierzu: „Die Banken wissen
streng genommen nur, dass sie mehr machen müssen als bei
der Standard Due Diligence.“ Jeder habe aber ein bisschen
andere Ansichten, unter welchen Bedingungen der besonderen Sorgfaltspflicht Genüge getan sei. „Diese Unsicherheit
reduziert die Anzahl der möglichen Geschäfte auf die Zahl
der notwendigen“, so Bumharter.
Zur Erleichterung des normalen Zahlungsverkehrs sind iranische Banken zurzeit auf der Suche nach Korrespondenzbanken (KB-Bank). Das Bundeswirtschaftsministerium mel-
HERMESDECKUNGEN
• Seit Juni 2016 sind Hermesdeckungen wieder für
­ eschäfte in und mit dem Iran möglich.
G
• Für die Indeckungnahme von Geschäften zu Kredit­
bedingungen von mehr als 360 Tagen Kreditlaufzeit
sind grundsätzlich Sicherheiten des iranischen
­Finanzministeriums oder der Zentralbank
not­wendig.
• Bis dato sind rund 40 Anträge auf Hermesdeckun­gen
für Iran-Geschäfte im Volumen von rund 3 Mrd. Euro
gestellt worden. Davon hat der Bund bereits 18 positiv
entschieden (überwiegend akkreditivbesicherte Ge­
schäfte zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen).
• Antragsberechtigt sind die finanzierende Bank oder
der Exporteur.
• Zusammen mit dem Antrag sollte bereits vorhandenes
Auskunftsmaterial über den ausländischen Kunden eingereicht werden.
• Dual-Use-Güter bleiben vom Export ausgeschlossen. Bei Anträgen muss daher die Sanktionskonformi­
tät erklärt werden.
• Bei Auftragswerten ab 15 Mio. Euro gehört ein
­Memorandum mit Angaben zu Finanzierung,
­Infrastruktur, Umweltaspekten und volkswirtschaftlicher Bedeutung des Projekts zum
Antrag.
• Exporteure, die sich nicht sicher sind, ob ihr Geschäft
grundsätzlich deckungsfähig ist, können eine kostenlose Voranfrage stellen.
• Die Euler Hermes AG und die PricewaterhouseCoopers AG (Mandatare) sind seit 1949 mit Ge­
schäftsführung und Management der staatlichen Ex­
portkreditgarantien betraut. Sie nehmen die Anträge
namens und im Auftrag des Bundes entgegen und
bereiten die Entscheidungen vor.
• Die Entscheidung über die Indeckungnahme trifft der
Interministerielle Ausschuss für Exportkreditgarantien (IMA).
• Geschäfte mit einem Volumen über 1 Mrd. Euro
müssen dem Haushaltsausschuss vorgelegt
werden.
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mationen bereit, gleichwohl: „Diese
Umstellung zu mehr Transparenz
müssen die Unternehmen im Iran
meist erst lernen.“
Nicht zuletzt sind es auch rein
praktische Hemmnisse, die es
neben den rechtlichen Unsicherheiten nach zehn Jahren Embargo
zu überwinden gilt. Kontakte und
Verbindungen, die man früher hatte, müssen wiederaufgebaut werden.
Dr. Gerald Bumharter,
Ludovic Subran,
Naim Heydarinami,
Teilweise fehlen Sprachkenntnisse.
„Man ist überrascht, wie viele MenGeschäftsleiter
Chefvolkswirt,
Rechtsanwalt und
schen in Teheran Deutsch können,
Bank Sepah – Iran Filiale
Euler Hermes
­Teamleiter des middle east
Frankfurt am Main
Aktiengesellschaft
Desk, beck Rechtsanwälte
aber wie in Deutschland gibt es
Hamburg
auch viele, die die englische Sprache nicht ausreichend beherrschen“,
berichtet der Leiter der Sepah Bank
Filiale Frankfurt am Main. Durch
die Sanktionen habe es insgesamt
det, dass die Zahl der KB-Bank-Beziehungen mit iranischen einen Mangel an sprachlichem und kulturellem Austausch
Bankhäusern steige. Räumt eine Bank einer anderen den gegeben. „Das wird sich zwar sukzessive bessern, aber die
Korrespondenzbankenstatus ein, erklärt sie damit ihre Be- Jahre der Trennung lassen sich nicht innerhalb von drei bis
reitschaft, das Management und die Qualität dieser Bank als sechs Monaten aus der Welt schaffen“, so Bumharter. „Das ist
den eigenen Standards gleichwertig anzuerkennen, erläutert auch bei den deutschen Exporten in den Iran nicht geglückt,
der Leiter der deutschen Bank Sepah Filiale. Dies erfolge auf da haben wir uns alle getäuscht.“
Fee Rahel Schlaegel
Grundlage einer umfassenden gegenseitigen Risikoanalyse.
Die Zahlung einer KB-Bank werde nur dann zurückgewiesen,
wenn irgendein Filter die Zahlung als untersuchenswert, etwa
im Hinblick auf Steuerrecht oder Geldwäsche, melde. „In dem
Prozess, in dem wir momentan sind, ist es schon deutlich
leichter, einzelne Export- und Import-bedingte Zahlungen zu
leisten als vor sechs oder sieben Monaten, besonders dann, Ein Jahr nach Aufhebung der Sanktionen …
wenn sie durch Akkreditive unterlegt sind“, so Bumharter. • … haben US-Strafmaßnahmen gegen große BankAutomatisch gehe es aber noch nicht.
häuser einen negativen Effekt auf die Finanzierungs­
bereitschaft der Banken.
Bilanzen sind im Iran nur selten öffentlich
• … können sich Banken und Exporteure wieder durch
Hermesdeckungen gegen politisch und wirtschaftlich
bedingte Forderungsausfälle absichern.
Zudem bestehen noch große Unsicherheiten im allgemeinen
Geschäftsumfeld, insbesondere durch die Hürden der Bü- • … ist der Iran von der FATF weiterhin als Land mit
hohem Risiko gelistet.
rokratie, die es insgesamt nicht einfach machen, Geschäfte
abzuwickeln. Unternehmensdaten wie Bilanzen sind im Iran • … ist die Mehrheit der iranischen Banken wieder an
SWIFT und Target2 angeschlossen.
nur in geringem Umfang öffentlich zugänglich. „Lieferanten
kaufen also quasi die Katze im Sack und haben keine Mög- • … ist eine Standardisierung der besonderen Sorgfaltspflicht erforderlich.
lichkeit, die Bonität ihrer Abnehmer zu bewerten“, so Ludovic
Subran. Ohne entsprechende Informationen oder Absiche- • … steigt die Zahl der Korrespondenzbanken (Zertifi­
zierungsprozess setzt Gleichwertigkeit der Standards
rungsmöglichkeiten sei das Risiko hier deshalb enorm, warnt
voraus).
der Euler-Hermes-Chefvolkswirt.
Es lassen sich jedoch bereits Bemühungen zur Durchsetzung • … muss sich der Iran den internationalen Gepflogen­
heiten bei der Transparenz von Unternehmensdaten
von mehr Transparenz feststellen: Die gesetzlichen Grundanpassen.
lagen sind laut Rechtsanwalt Heydarinami teilweise bereits
vorhanden und die Behörden stellten auf ihren Seiten oder • ... müssen Kontakte wiederaufgebaut und Sprach­
barrieren überwunden werden.
auf hierfür aufgebauten Internetplattformen vermehrt Infor-
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