Kapitel 1 Einleitung Law & Economics Universität des Saarlandes Saarbrücken, WS 2016/17 Dr. Marc Scheufen [email protected] Literaturhinweise Insbesondere: Schäfer/Ott (2013): Lehrbuch der Ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Auflage, Springer, S. 1-13. Daneben: Cooter/Ulen (2007): Introduction to Law and Economics, 5th Edition, Pearson, Kapitel 2. Pindyck/Rubinfeld (2013): Mikroökonomie, 8. Auflage, Kapitel 3 und 6. 1. Einleitung 1.1. Ökonomische Analyse des Rechts – Was ist das? 1.2. Aktuelle Forschungsfragen – Ein Beispiel 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie 1.3.2. Produktionstheorie 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion 1.3.4. Grenznutzen/-kosten und Soziale Wohlfahrt 1.1. Ökonomische Analyse des Rechts – Was ist das? Definitionen • Richard A. Posner: Recht als “Ensemble von Prinzipien […] um Kooperation zu ermöglichen” • Richard A. Posner: Verwendung ökonomischer Methoden zur Lösung rechtlicher oder rechtspolitischer Probleme • Robert D. Cooter: 2 Untersuchungsgegenstände: (1) Recht als Ursache: Untersuchung von Gesetzesfolgen (2) Inhalt des Rechts: Auslegung des Rechts 1.1. Ökonomische Analyse des Rechts – Was ist das? Entwicklung der ÖAR: • Vor 1960:: Keine systematische Rechtsanalyse unter Verwendung ökonomischer Methoden Anfänge: Smith, Hume, Bentham Marx: Ökonomische und soziale Gegebenheiten determinieren Eigentumsrechte • Seit 1960: Coase (1960): “The Problem of Social Cost” Coase Theorem: Bei Abwesenheit von Transaktionskosten lenkt der Markt die Marktteilnehmer hin zu einer effizienten Umverteilung der Eigentumsrechte • Moderne Ökonomische Analyse des Rechts: Ökonomische Methoden: Theorie, Empirie Rechtsgebiete: Zivil- und Strafrecht, öffentliches Recht 1.1. Ökonomische Analyse des Rechts – Was ist das? Ökonomische Analyse des Rechts • Was heißt Recht? Allgemein: Normen, Prinzipien Speziell: Gesetze, Urteile, Verträge • Was heißt ökonomisch? Allgemein: Ökonomische Theorie Speziell: Mikroökonomische Modelle • Was heißt Analyse? Positive Analyse: “Impact”-Analyse: Systematische Beschreibung und Prognose der Auswirkungen des Rechts Entstehungsanalyse: Systematische Beschreibung und Prognose des Zustandekommens von Recht Normative Analyse: Optimale Gesetzesausgestaltung (hinsichtlich bestimmter Ziele) 1.1. Ökonomische Analyse des Rechts – Was ist das? Ökonomische Terminologie • Was ist eine Theorie? Definition: Allgemeiner “Satz” über einen (Lebens)Sachverhalt Beispiel: Individuen maximieren ihren Nutzen unter der Nebenbedingung eines knappen Budgets (Haushaltstheorie) • Was ist ein Modell? Definition: Konkretisierung einer Theorie durch Fallanwendung Beispiel: Wie wirkt sich die Einführung einer Mautgebühr auf den Tourismus in Deutschland aus? • Fazit: Abstraktion: Vereinfachung der Realität Abhängigkeit von Annahmen Falsifikation: Empirische Überprüfung einer Theorie 1.2. Aktuelle Forschungsfragen Typische Fragen im Bereich “Law and Economics” • Schadensrecht: Sollte Schadensersatzpflicht von Verschulden abhängen? • Vertragsrecht: Sollten Vertragsparteien grundsätzlich ihre Vertragspflichten erfüllen? • Eigentumsrecht: Sollte eine Enteignung auch ohne Zustimmung des Eigentümers durchsetzbar sein? • Verbraucherrecht: Müssen Verbraucher geschützt werden? • Strafrecht: Wieviel sollte eine Gesellschaft für Präfention von Straftaten aufwenden? Wie hoch sollte eine Strafe ausfallen? (Lebenslange Strafe und Sicherungsverwahrung) 1.2. Aktuelle Forschungsfragen – Ein Beispiel 1.3. Mikroökonomische Grundlagen Einführung: • Marktteilnehmer und Aktivitäten: Haushalt Unternehmen Nachfrage Konsumgüter Arbeitskraft Angebot Arbeitskraft Produktionsgüter • Das Marktmodell: Markt = Jedes Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage Arten von Märkten: (1) Gütermarkt: Güter werden in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage zu einem bestimmten Preis gehandelt (2) Arbeitsmarkt: Arbeit(skraft) wird je nach Arbeitsangebot und –nachfrage zu einem bestimmten Lohn gehandelt 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Grundlagen der Haushaltstheorie: • Budgetbeschränkung: Güterkonsum abhängig von (1) Budget (Einkommen) und (2) Güterpreise Budgetgerade: Abbildung aller “erreichbaren” Güterbündel • Präferenzen: Haushalt hat bestimmte Präferenzen (Präferenzordnung) Indifferenzkurve: Abbildung aller “indifferenten” Güterbündel • Annahmen: (1) (2) (3) (4) Vollständigkeit Transitivität Monotonie Abnehmende GRS 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Annahmen der Haushaltstheorie (1): (1) Vollständigkeit: Haushalt hat zu jedem Güterbündelpaar (X und Y) eine Präferenz Möglichkeiten: X wird präferiert (Y ≺ X) Y wird präferiert (Y ≻ X) Haushalt ist indifferent zwischen X und Y (X = Y) (2) Transitivität: Präferenzordnungen unterschiedlicher Güterbündelpaare müssen übergreifend konsistent sein Konkret: Wenn X ≻ Y und Y ≻ Z, dann gilt auch X ≻ Z Wenn X ≺ Y und Y ≺ Z, dann gilt auch X ≺ Z 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Annahmen der Haushaltstheorie (2): (3)Monotonie: Es gilt grundsätzlich: Mehr ist immer besser als weniger Konsequenz: Indifferenzkurven können sich nicht schneiden 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Annahmen der Haushaltstheorie (3): (4)Abnehmende Grenzrate: Haushalt hat bestimmte Präferenzen (Präferenzordnung) Indifferenzkurve: Abbildung aller “indifferenten” Güterbünde 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Budgetbeschränkung (1): • Überlegungen: Annahme: Haushalt konsumiert sein gesammtes Einkommen Zwei-Güter Fall: Güterbündel aus Kombination der Güter X und Y • Budgetgerade: Abbildung aller “erreichbaren” Güterbündel Funktion: Erläuterungen: I = Budget PX = Preis für Gut A PY = Preis für Gut B x = Menge Gut A y = Menge Gut B 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Budgetbeschränkung (2): • Abbildung – Budgetgerade 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Budgetbeschränkung (3): • Abbildung – Veränderungen der Budgetgeraden 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Die Indifferenzkurve (1): • Überlegungen: Annahme: Haushalt maximiert seinen Nutzen 2-Güter Fall: Güterbündel aus Güter X und Y • Indifferenzkurve: Abbildung aller Güterbündel des gleichen Nutzenniveaus Nutzenfunktion: Erläuterungen: Es gibt undendlich viele Indifferenzkurven Je “höher” die Indifferenzkurve, desto höher das Nutzenniveau Indifferenzkurven können sich nicht schneiden (Annahme der Monotonie) 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Die Indifferenzkurve (2): • Abbildung – Indifferenzkurvenschar 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Die Indifferenzkurve (3): • Beispiele für den Verlauf von Indifferenzkurven 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Nutzenmaximierung mit Restriktionen: • Abbildung – Die Suche nach dem “besten” Güterbündel 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Nutzenmaximierung mit Restriktionen: • Abbildung – Budgetänderungen und das Nutzenniveau 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Einkommens-Konsum-Kurve: 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.1. Haushaltstheorie Preis-Konsum-Kurve: 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.2. Produktionstheorie Grundlagen der Produktionstheorie: • Produktionstheorie: Zusammenhang zwischen Faktoreinsatz und Güterausstoß (Input und Output) 2 Inputfaktoren: Arbeit und Kapital • Isokostengerade: Kombination aus den Faktoren Arbeit und Kapital, die zu gleich hohen Kosten führen (analog zur Budgetgeraden in der Haushaltstheorie) Ziel: Suche kosteneffiziente Produktion (Kostenminimierung) • Isoquante: Kombination aus den Faktoren Arbeit und Kapital, mit denen das gleiche Outputniveau realisiert werden kann Kovexität: Substitution der Inputfaktoren Konsequenz: Reaktion auf Veränderungen auf den Faktormärtken (Lohn, Zinssatz) 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.2. Produktionstheorie Isokostengerade (1): • Abbildung 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.2. Produktionstheorie Isokostengerade (2): • Abbildung 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.2. Produktionstheorie Die Isoquante (1): • Abbildung 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.2. Produktionstheorie Die Isoquante (2): • Beispiel 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.2. Produktionstheorie Die Isoquante (3): • Beispiele für den Verlauf von Isoquanten 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.2. Produktionstheorie Kosteneffziente Produktion: 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Grundlagen der Angebots- und Nachfragefunktion (1): • Nachfragefunktion: Herkunft: Ableitung aus der Aggregation der individuellen Nachfragefunktionen Verlauf: Je niedriger der Preis, desto höher die Nachfrage (und umgekehrt) • Angebotsfunktion: Herkunft: Grenzkostenfunktion Verlauf: Je höher der Preis, desto höher das Angebot (aber: Kostenstruktur, Wettbewerb) • Marktmodell: Transaktion, wenn N(P) A(P) Gleichgewicht: Schnittpunkt von Nachfrage- und Angebotsfunktion 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Nachfragefunktion (1) • Individuelle Nachfrage: Kurve, die die von einem einzelnen Konsumenten gekaufte Menge eines Gutes in Relation zu dessen Preis setzt Verlauf: fallend Frage: Wie reagiert der Konsument auf Preisänderungen? Preis-Konsumkurve: Veränderungen des Warenkorbs infolge einer Preisänderung Wichtig: Preisänderung führt zu einer Verdrehung der Budgetgeraden Ableitung der individuellen Nachfragefunktion aus der Preis-Konsumkurve • Beispiel (Pindyck/Rubinfeld (2003), Kapitel 4.1): Hermann wählt zwischen Bekleidung und Lebensmittel Ausgangssituation: Einkommen = 20; PB = 2; PL = 1 Frage: Wie verändert Hermann seine Nachfrage nach Lebensmittel bei PL = 0,5 bzw. PL = 2? 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Nachfragefunktion (2): • Preis-Konsumkurve und die individuelle Nachfrage: 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Nachfragefunktion (3): • Aggregierte Nachfragefunktion: Horizontale Aggregation der individuellen Nachfragefunktion 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Angebotsfunktion • Individuelle Angebotsfunktion: Funktion, die die angebotene Menge eines bestimmten Gutes in Abhängigkeit zu dessen Marktpreis setzt Verlauf: steigend Hintergrund: Grenzkostenfunktion (Unternehmensminimum) • Aggregierte Angebotsfunktion: Aggregation der individuellen Angebotsfunktionen zu einem Marktangebot wichtig: Preissetzungsverhalten abhängig von “Marktmacht” Preissetzungsregeln: Polypol: „Grenzkosten gleich Preis”-Regel Monopol: “Grenzerlös gleich Grenzkosten”-Regel 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Grundlagen der Angebots- und Nachfragefunktion (2): • Abbildung 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Grundlagen der Angebots- und Nachfragefunktion (3): • Abbildung – Konsumenten- und Produzentenrente 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Konsumenten- und Produzentenrente: • Konsumentenrente: Differenz zwischen Reservationspreis und Gleichgewichtspreis Reservationspreis = Zahlungsbereitschaft des Konsumenten Gleichgewichtspreis = tatsächlich bezahlter Marktpreis • Produzentenrente: Differenz zwischen Gleichgewichtspreis und Grenzkosten Gleichgewichtspreis = erzielter Preis auf dem Markt Grenzkosten = Kosten der produktion einer zusätzlichen Mengeneinheit wichtig: Produzentenrente ≠ Gewinn (Gewinn berücksichtigt auch Fixkosten) • Soziale Wohlfahrt bzw. Gesamtwohlfahrt: Summe aus Konsumenten- und Produzentenrente i.d.R. kommt es bei PR > 0 zu einem Wohlfahrtsverlust (Ausnahme: perfekte Preisdiskriminierung) 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Das Modell der vollständigen Konkurrenz (1): • Argumentation: Annahme: Viele kleine Unternnehmen Unternehmen ist Preisnehmer/ Mengenanpasser • Preissetzungsregel: Polypolist wählt Preis entsprechend der “Grenzkosten gleich Preis”-Regel Hintergrund: Bertrand Preiswettbewerb/ Preisspirale • Ergebnis: Angebot zu Grenzkostenpreise Produzentenrente: keine (da Grenzkostenpreise) Konsumentenrente: maximal Soziale Wohlfahrt: PR + KR; kein Wohlfahrtsverlust 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Das Modell der vollständigen Konkurrenz (2): • Abbildung 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Das Monopolmodell (1): • Argumentation: Annahme: ein Unternehmen ist Monopolist (Innovation (Patent)) Unternehmen kann Preis diktieren • Preissetzungsregel: Monopolist wählt Preis entsprechend der “Grenzerlös gleich Preis”-Regel Hintergrund: Preiserhöhung sinnvoll, solange GN ≥ GK • Ergebnis: Angebot zum Monopolpreis (Preis = Grenzerlöse) Produzentenrente: Monopolgewinn ((PM – GK)*XM ) Konsumentenrente: geringer ((Pmax – PM)*XM) Soziale Wohlfahrt: PR + KR; aber Wohlfahrtsverlust (“dead-weight-loss”) 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.3. Angebots- und Nachfragefunktion Das Monopolmodell (2): • Abbildung 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.4. Grenznutzen/-kosten und Soziale Wohlfahrt Grenznutzen und -kosten (1): • Argumentation: Grenzkosten: (Zusatz)Kosten einer zusätzlichen Einheit des Guts A Grenznutzen: (Zusatz)Nutzen einer zusätzlichen Einheit des Guts A • Ergebnis: Überlegung: „Transaktion” solange sinnvoll, bis Grenznutzen Grenzkosten Gleichgewicht: Grenznutzen = Grenzkosten Soziale Wohlfahrt: Umgekehrte U-Funktion Grenznutzen > Grenzkosten: Jede zusätzliche Einheit erhöht die soziale Wohlfahrt Grenznutzen < Grenzkosten: Jede zusätzliche Einheit reduziert die soziale Wohlfahrt Beispiel im Bereich Recht: Fair Use/Ausnahmekatalog (Urheberrecht) 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.4. Grenznutzen/-kosten und Soziale Wohlfahrt Grenznutzen und -kosten (2): • Abbildung 1.3. Mikroökonomische Grundlagen 1.3.4. Grenznutzen/-kosten und Soziale Wohlfahrt Soziale Wohlfahrt • Abbildung