Leitfaden für die zielgerichtete Auswahl von Galilei

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LO W V I S I O N
Andreas Schaufler
Leitfaden für die zielgerichtete
Auswahl von Galilei-Systemen, Teil 1:
Galilei-Systeme zur Grundversorgung
■ Zeitgemäße Low Vision-Anpassung
In den kommenden Jahren wird der Anteil sehbehinderter
Menschen stetig zunehmen. Neue Studien zeigen auf, dass
die Gesamtbevölkerungszahl in den kommenden Jahren hingegen stark schrumpfen wird. Das Statistische Bundesamt
rechnet 2030 mit rund 77,2 Millionen Menschen in Deutschland. Umso wichtiger ist es jetzt und auch
später, die selbstständige Lebensführung
der älteren Bürger zu erhalten. Denn
der Anteil der Sehbehinderten in der
Altersgruppe 50+ nimmt trotz großer
Fortschritte in der ophthalmologischen
Möglichkeiten, insbesondere aber wegen
der steigenden Lebenserwartung zu.
Daher bekommt die adäquate Versorgung dieses Personenkreises einen
hohen Stellenwert. Die Hauptforderung
der betroffenen älteren Menschen sind
Lesen von Zeitungen, Kontoauszügen,
Telefonbüchern, Beipackzetteln der
Medikamente und Fernsehen. Die Orientierung auf der Straße bleibt zum Glück
größtenteils erhalten (Ausnahmen:
Tunnelblick bei Retinitis Pigmentosa
oder Gesichtsfeldausfälle bei fortgeschrittener diabetischer Retinopathie).
■ Was es zu erhalten gilt
Wesentliches Ziel bei der Versorgung mit vergrößernden
Sehhilfen ist, besonders bei den älteren Sehbehinderten, die
Erhaltung bzw. (Wieder-)Herstellung der Lesefähigkeit. Das
Hilfsmittel muss auf die Anforderungen des Kunden, wie Alter,
Beruf, Hobby und Mobilität, genauso abgestimmt werden wie
auf den Vergrößerungsbedarf. Neben der erforderlichen
Sehschärfe ist besonders ein möglichst großes Sehfeld für die
spätere Benutzung der Sehhilfe wesentlich. Da mit jeder Vergrößerung stets eine Einschränkung dieses Sehfeldes einhergeht, kann eine Versorgung mit einer zu hohen Vergrößerung
Probleme für den Anwender ergeben. Es empfiehlt sich,
immer die geringst notwendige Vergrößerung zu wählen.
Wie eingangs schon erwähnt, ist Lesen und Fernsehen der
am häufigsten genannte Wunsch von Sehbehinderten. Diese
Herausforderung lässt sich oft mit einem Fernrohr-/ FernrohrLupen-System lösen. Ideal für die Erstversorgung mit solchen
Hilfsmitteln sind, wegen des relativ großen Sehfeldes, GalileiSysteme. Es werden dabei bei Schweizer z.B. fünf Gruppen
unterschieden, siehe Tabelle 1.
Tabelle 1
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■ Galilei-Systeme zur
Grundversorgung
Galilei-System 2,1x
Nach der Anamnese, Refraktion und Bestimmung des Vergrößerungsbedarfs erfolgt der erste Test mit Galilei 2,1x. Dieses
System hat ein erweitertes Sehfeld von 20° und eine überzeugende Lichtdurchlässigkeit von 99%. Um bei der Anpassung den Scheitelabstand besser variieren zu können, wurde
der Gewindegang des Aufschraubteiles verlängert. Mit den
Vorsatzlinsen für die Nähe wird eine Vergrößerung von 1,58x –
6,3x erreicht.
Schweizer 2,1x
Vergrößerung: 2,1x, Nahvergrößerung: 1,58 - 6,3x
Sehwinkel: 20°, Gewicht: 18 g
Optik: Computer optimierte Linsen in zwei Gruppen
Gehäuse: Aluminium, hell eloxiert
Vergütung: MLC Mehrfachbeschichtung
Der Anpasstipp
Reagiert der Kunde bei der Augenglasbestimmung nur auf
sehr große Stufungen der Messgläser, ist es ratsam, während
der Augenglasbestimmung ein Fernrohrsystem vorzusetzen,
um mit einem verbesserten Visus, die Fernrefraktion exakter
bestimmen zu können. Optimal geeignet ist das Galilei 2,1x als
kostengünstiges Einsteigersystem. Sehr leicht und dezent, mit
großem Sehfeld und geringe Bildverwacklung bei ungewollter
Kopfbewegung. Als Erstversorgung wird möglichst eine geringe Systemvergrößerung eingesetzt.
DOZ 12-2009
Oft werden Kunden mit einem System nur für die TV-Entfernung versorgt. Somit hat er eine sogenannte TV-Brille, die auf
die TV-Ent-fernung eingestellt ist. Er braucht diese einfach nur,
wie früher seine Fernbrille, aufzusetzen und kann fernsehen.
Hier ist es für den Kunden leicht, sich an das doch ungewohnte Sehen durch ein Fernrohr zu gewöhnen. Zu einem späteren
Zeitpunkt wird das System dann mit Nahlinsen ergänzt. Hat er
sich beim TV-Sehen bereits daran gewöhnt, wird es ihm jetzt
auch leicht fallen, damit zu lesen.
Galilei-System 2,5x
Das Galilei-System 2,5x mit einem Sehfeld von 18° ist eine
ideale Ergänzung zum System 2,1x, aber mit einer höheren
Vergrößerung. Dieses System hat die gleichen Okulargewinde
und Objektivdurchmesser wie die Systeme 2,1x und 2,7x. Das
sehr helle Bild wird durch eine Ultra-Mehrschicht-Vergütung
auf jeder Systemlinse erzeugt.
Schweizer 2,5x
Vergrößerung: 2,5x, Nahvergrößerung: 1,88 - 7,5x
Sehwinkel: 18°, Gewicht: 18 g
Optik: Computer optimierte Linsen in zwei Gruppen
Gehäuse: Aluminium, hell eloxiert
Vergütung: MLC Mehrfachbeschichtung
Der Anpasstipp
Trägt der Kunde bereits einige Zeit das 2,1x-System und es
wird bei der Überprüfung festgestellt, dass er jetzt eine höhere
Vergrößerung für die Ferne benötigt, so ist es leicht für ihn,
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auf das 2,5x-System umzusteigen. Das 2,5x-System bietet sich
somit als Folgeversorgung bei erhöhtem Vergrößerungsbedarf
an oder wenn ein 2,1x als Erstversorgung nicht ausreicht.
Schweizer bietet ein modulares System. Die einmal angepasste Fernrohr-Lupen-Brille kann jederzeit veränderten Erfordernissen angepasst werden. Alle Systeme haben gleiche
Anschlussgewinde und Aufstecklinsen.
Galilei-System 2,7x
Das Galilei-System 2,7x macht die Galilei-Systeme in der
Grundversorgung komplett. Es hat den Vorteil der hohen Vergrößerung und einer leichteren Anpassung als ein KeplerSystem. Das Auflösungsvermögen mit hoher Brillanz lässt
keine Wünsche offen. Gerne wird die höhere Systemvergrößerung gewählt, um dann schwächere Aufsatzlinsen für die Nähe
zu nehmen, mit dem Vorteil des größeren Arbeitsabstandes.
Schweizer 2,7x
Vergrößerung: 2,7x, Nahvergrößerung: 2,03 - 8,10x
Sehwinkel: 13,2°, Gewicht: 30,5 g
Optik: Computer optimierte Linsenin zwei Gruppen
Gehäuse: Aluminium, hell eloxiert
Vergütung: MLC Mehrfachbeschichtung
Der Anpasstipp
Wenn das 2,5x-System nicht reicht, musste bisher immer
auf ein Kepler-System gewechselt werden, mit entsprechenden Nachteilen. Einzigartig ist das 2,7x-System. Hier kann der
Kunde weiterhin mit den Vorteilen eines Galileis versorgt
werden. Durch die bei allen Systemen gleich große Objektivöffnung wird das Licht regelrecht eingesaugt. Das System ist
somit sehr lichtstark. Meist liegt neben reduziertem Visus auch
ein reduziertes Kontrastsehen vor.
Da Fernrohrbrillen überwiegend zur TV-Betrachtung eingesetzt werden und das Fernsehbild über einen geringeren
Kontrast als das Umfeld verfügt, ist hier die Kontrastschärfe ein
entscheidender Faktor für die Gebrauchsfähigkeit.
Keeler LVA 51
Das Multi-Cap ist ein Galilei für verschiedene Arbeitsabstände. Das Grund-System hat eine 1,75-fache Vergrößerung und ist auf unendlich eingestellt. Mittels vorklappbarer
Aufstecklinsen kann das System sehr einfach und schnell auf
verschiedene Entfernungen justiert werden. Jeder Aufstecker
hat zwei Anwendungsentfernungen. Die erste Linse bringt das
System in der Regel auf eine mittlere Gebrauchsentfernung
von 2 m, das entspricht der üblichen Fernsehdistanz. Über
einen einfachen Klappmechanismus kann eine zweite Linse
vor das System geschaltet werden. Nun ist das System für die
Nähe eingestellt. Die maximale Vergrößerung in der Nähe liegt
bei 4x. Das System LVA 51 ist für Klienten geeignet, die noch
eine Sehschärfe zwischen 0,3 und 0,1 aufweisen.
Keeler LVA51
Vergrößerung: 1,75x, Nahvergrößerung: 1,75 - 4,20x
Sehwinkel: 20°, Gewicht: 8 g
Gehäuse: Aluminium anthrazit
■ Wie wird aus der Fernrohrbrille
eine Fernrohrlupenbrille ?
Galilei-Systeme zur Grundversorgung überzeugen vor allem
durch Schärfe und Brillanz. Durch Aufsetzen einer Vorsatzlinse
(= Lupe) wird die Fernrohr-Brille zu einer Fernrohrlupenbrille,
die für Naharbeiten (Lesen) verwendet wird. Der Vorteil von
Fernrohrlupenbrillen gegenüber Lupenbrillen ist der deutlich
größere Arbeitsabstand (siehe Tabelle 2).
Tabelle 2
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Mit solchen Vorsatzlinsen ist eine
Vergrößerung bis 8,1-fach bei einem Arbeitsabstand von 85 mm
möglich. Somit können auch Sehbehinderte mit einem höheren
Vergrößerungsbedarf die Vorteile
eines Galilei-Systems nutzen:
Tabelle 3
• Großes Sehfeld
• Geringe Verwacklung
bei Kopfbewegungen
• Einfache Handhabung
Über den Autor
■ Hochklappbare Aufstecklinsen
für eine einfachere Verwendung
in der Nähe (monokular)
Häufig haben ältere sehbehinderte Menschen zu ihrer Sehbeeinträchtigung auch eine eingeschränkte Motorik. Um diesen
Kunden die Benutzung einer Fernrohr- / Fernrohrlupenbrille zu
erleichtern, gibt es vorklappbare Aufstecklinsen. Jeder dieser Aufstecker hat zwei Anwendungsentfernungen (siehe Tabelle 3).
Die erste Linse bringt das System auf eine mittlere Gebrauchsentfernung von 2 m, das entspricht der Fernsehdistanz (es entfällt hier also der Akkommodationsausgleich). Über einen einfachen Klappmechanismus kann eine zweite Linse vor das System
geschaltet werden. Nun ist das System für die Nähe eingestellt.
Teil 2 folgt in der nächsten DOZ.
Andreas Schaufler erlernte in Erlangen den Beruf des Augenoptikers. Seit 1997 ist er bei der Firma SCHWEIZER tätig
und war maßgeblich am Aufbau des LowVision-Programms
und der Vertriebsstruktur beteiligt.
Unter seiner Projektleitung erfolgten zahlreiche Neu- und
Weiterentwicklungen im Produktbereich vergrößernde Sehhilfen. 2001 absolvierte Schaufler einen berufsbegleitenden
Studiengang an der Bayerischen Akademie für Werbung und
Marketing. Andreas Schaufler leitet heute bei der Firma
SCHWEIZER den Bereich Marketing. Er ist Autor diverser LowVision-Fachberichte.
Kontakt:
Andreas Schaufler
Marketingleiter
[email protected]
Volkhard Schroth
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