IV Behavioristische Emotionstheorie

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Skript zum Seminar Emotionspsychologie / Sommer 2003 Bernd Reuschenbach
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Vier theoretische Hauptrichtungen der Emotionspsychologie:
• Behavioristische Emotionstheorie (Kapitel IV)
o Betonung des Verhaltensaspektes und der auslösenden
Bedingungen
o Emotionen sind erlernbar und durch Belohnung modifizierbar
• Kognitiv-physiologische Theorien (James-Lange, Schachter-Singer,
Valins, Zillmann) (Kapitel V)
o Zusammenhang zwischen körperlichen Sensationen und
dem subjektiven Gefühlszustand
• Attributionstheorien (Kapitel VI)
o Ursachenzuschreibung als Grundlage für die
Emotionsentstehung
• Evolutionspsychologische Theorien (Kapitel VII)
o Betonung der evolutionär bedingten adaptiven Funktion von
Emotionen
o Entstehung und Nutzen von Emotionen
IV Behavioristische Emotionstheorie
Es gibt eine große Bandbreite behavioristischer Theorien zur Erklärung von
Emotionen. Am prominentesten sind hierbei
sicherlich die Befunde Watsons zur
konditionierten Angst beim kleinen Albert und
die damit im Zusammenhang stehende frühe
Theorie des Behaviorismus.
Die Erkenntnisse dieser Einzelfallstudie (kein
Experiment!) haben die Emotionsforschung
jahrelang geprägt. Behavioristische Theorien
der 60er Jahre thematisieren die Beliebigkeit
in der Konditionierung der Emotionen. Die
Theorie der gelernten Hilflosigkeit (Seligman)
ist eine weitere Theorie, die bevorzugt zur Erklärung negativer Emotionen
herangezogen wird und mit der Attributionstheorie in Verbindung steht.
1 Die Theorie von Watson
Watson Werk „Psychology as the behaviorist view it“ (1913) gilt als
einflussreiche Schrift innerhalb der Psychologie.
Watson postuliert hierin die Grundzüge des Behaviorismus als Abkehr von
der bis zu dieser Zeit dominierenden Bewusstseinspsychologie.
Methodischer Zugang:
o Nicht mehr Introspektion, sondern Verwendung von
intersubjektiv messbaren Variablen (Verhalten)
o Intrasubjektive Erlebnisaspekte der Emotionen spielt keine
Rolle
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1.1 Emotionen im behavioristischen Sinne
ß
ß
ß
ß
ß
Emotionen sind für Watson “chaotische Zustände” des Organismus ohne besonderen Anpassungswert
Intersubjektiv beobachtbare Reaktionsmuster, die durch bestimmte
Umweltbedingungen ausgelöst werden
Durch “Reizsubstitution” (= klassische Konditionierung) erwirbt ein
Organismus seine charakteristischen emotionalen Reaktionsweisen
in Bezug auf Reize seiner Umwelt (konditionierte emotionale
Reaktionen; CER). Beliebige CER können auf beliebige Reize
erworben werden (Austauschbarkeitsprinzip).
Emotionen sind wesentlich durch Belohnung und Bestrafung
formbar - Kopplungen von Reiz-Reaktion sind gelernt (Abgrenzung
vom Instinkt, der automatisiert Reiz und Reaktion verbindet)
Es gibt drei angeborene Emotionen (Furcht, Wut, Liebe), die in
Reinform nur in den ersten Lebenstage präsent sind und später
durch Lernerfahrungen modifiziert werden
“Eine Emotion ist ein erbliches Reaktionsmuster, das tief greifende
Veränderungen des körperlichen Mechanismus als Ganzem beinhaltet,
insbesondere aber der viszeralen und der Drüsensysteme. Mit
Reaktionsmuster meinen wir, daß die einzelnen Details der Reaktion
immer dann mit einiger Konstanz, mit einiger Regelmäßigkeit und in
ungefähr derselben Abfolge auftreten, wenn der auslösende Reiz
dargeboten wird.” (Watson, 1919)
Grundemotionen:
Nach Watson gibt es drei Reiz-Reaktions-Konstellationen. Watson
benennt diese drei Grundemotionen mit den Buchstaben X, Y, Z. Aufgrund
der Reaktion könnte man ihnen aber auch die Labels Wut, Furcht und
Liebe geben.
Unkonditionierter Reiz
Emotion
Unkonditionierte Reaktion
(UCR)
X (Furcht)
Laute Geräusche
Anhalten des Atems,
„Auffahren“ des ganzen
Körpers, Schreien, oft
Defäkation und Urinieren
Y (Wut)
Behinderung von
Körperbewegungen
Steifwerden des ganzen
Körpers, zeitweiliges Aussetzen
der Atmung, Rötung des
Gesichts bis zur Blaufärbung
Z (Liebe)
Streicheln der Haut,
insbesondere der erogenen
Zonen, Schaukeln, auf den
Knien reiten u.a.
Schreien hört auf, Gurgeln,
Glucksen, Erektion des Penis,
viele andere unbestimmte
Reaktionen
Modifikationsmöglichkeiten von Emotionen ergeben sich durch Reizsubstitution. Watson nennt es klassische Konditionierung, eigentlich
handelt es sich bei dem im Folgenden dargestellten Fall um instrumentelle
Konditionierung.
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1.2 Die klassische Einzelfallstudie: Der kleine Albert
Grundfragen der Studie:
ß
ß
ß
ß
Kann man Furchtreaktionen auf einen ursprünglich neutralen Reiz
konditionieren?
Gibt es Reizgeneralisierung, d.h. einen Transfer auf andere Stimuli?
Wie länge hält die konditionierte emotionale Reaktion (CER) an?
Kann man die CER wieder beseitigen? (Konnte nicht geprüft werden,
da Albert nach vier Monaten aus der Kinderklinik nach hause entlassen
wurde – Watson und Kollegen waren über den Zeitpunkt der
Entlassung informiert)
Das genaue Vorgehen:
Versuchperson:
ß Albert, 9 Monate, der für 4 Monate in einem Kinderklinik
untergebracht war.
Methodisches Vorgehen:
1. Akquisitionsphase:
- Über 2 Monate Paarung eines lauten Geräusches (UCS) mit
einer weißen Ratte (NS). Albert sieht und fühlt die Ratte. Die
Reizkoppelungen fanden jeweils zweimal die Woche statt, dabei
gab es jeweils 7 Paarungen.
2. Extinktionsphase:
- Prüfung der Reaktion auf die Ratte allein) ‡ Hier zeigt sich eine
schwaches Wimmern und Schreien (jetzt ist aus dem NS ein CS
geworden). Die Reaktionen waren nur schwach, deshalb wurde
versucht, die Reaktion durch erneutes Konditionieren zu
verstärken. Bei ersten Generalisationsversuchen kam es auch
zu einem ungewollten Bellen des Hundes, auf das Albert eine
„Furchtreaktion“ zeigte.
3. Prüfung der Generalisation auf Holzblöcke, Hase, Kurzhaarhund,
Baumwolle, Watson und zwei seiner Assistenten und eine Santa
Claus-Maske.
4. Nach einer Woche erneute direkte Konditionierung auf Ratten,
Hasen und Hunde.
5. Nach 31 Tagen ohne Koppelung (Ratte, Hase oder Hund + lauter
Schlag) wurde die Extinktion geprüft. Während dieser Zeit
erforschte Watson auch die „wechselhafte Reaktion zwischen
Rückzug und Berührung“ (aus heutiger Sicht Desensibilisierung)
6. Danach wurde Albert aus der Kinderklinik entlassen.
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‡ Zum Ablauf siehe Grafik Seite 25
Fazit:
Der Versuch, das Schreien nicht nur durch das laute Geräusch, sondern
durch eine Ratte, einen Hunde oder einen Hasen auszulösen, ist geglückt.
Interpretiert man das Schreien als Furcht, dann kann man Watson wohl
zustimmen, dass damit die Konditionierbarkeit der Furchtreaktion gezeigt
wurde: Auf einen ursprünglich neutralen Reiz folgt eine Furchtreaktion,
wenn der neutrale Reiz mit einem UCS mehrfach zusammen dargeboten
wird.
Dennoch gibt es auch viele methodische Mängel. Es wundert, dass trotz
dieser Fehler der Fall so bekannt wurde und so einflussreich war.
Grundsätzliche Probleme dieses Falles:
1. Es handelt sich nicht um eine Experiment, sondern nur um eine
Einzelfallstudie
2. Es gab keinen vorher festgelegten Versuchsplan (als die
Reaktion zu schwach war, wurde weiter konditioniert)
3. Die Umgebungsfaktoren wurden nicht kontrolliert, so wurde
mehrmals der Raum gewechselt (diskriminativer Hinweisreiz?) und
das Bellen des Hundes kann als UCS gewertet werden
4. Es handelt sich nicht um klassisches Konditionieren, sondern um
instrumentelles Konditionieren, denn erst nach dem Anfassen
des Tieres ertönte das Geräusch
5. Es bestehen ethische Bedenken gegen das Experiment, denn
über den Verbleib des kleinen Albert und mögliche Folgeschäden
erfährt man nichts. Trotz des bekannten Entlassungstermins haben
Watson und Kollegen keine Desensibilisierung versucht
6. Replikationsstudien (z.B. English, 1929) zeigten, dass die
Konditionierung auch scheitern kann (allerdings hatten auch
Nachfolgeuntersuchen methodische Mängel)
Ein Folgeexperiment von Mary Cover Jones (1924) versucht, auch das
Verlernen von Angstreaktion zu demonstrieren.
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1. Kontrollphase:
- Prüfung, ob Albert auf verschiedene neutrale Stimuli (z.B. Ratten) ängstlich
reagiert ‡ zeigt neutrales Verhalten
NS
Keine Reaktion
- UCS: Prüfung der Reaktion Alberts auf ein lautes Geräusch (Schlagen
mittels Hammer gegen eine Stahlstange = UCS) –> Albert reagiert mit
Schreien, Wimmern, Zittern (für Watson ist das Furcht!)
UCS
UCR
2. Akquisitionsphase:
- Paarung eines lauten Geräusches (UCS) mit einer weißen Ratte
(NS). Albert sieht und fühlt die Ratte. Die Reizkoppelungen fanden
jeweils zweimal die Woche über 2 Monate hinweg statt, dabei gab
es jeweils 7 Paarungen.
3. Extinktionsphase:
- Prüfung der Reaktion auf die Ratte allein ‡ Hier zeigt sich eine
schwaches Wimmern und Schreien (jetzt ist aus dem NS ein CS
geworden). Die Reaktionen waren nur schwach, deshalb wurde
versucht, die Reaktion durch erneute Koppelung zu
konditionieren
CS
CR
4. Prüfung auf Reizgeneralisation:
?
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1.3 Studie von Mary Cover Jones (1924)
Versuchsperson:
Peter, 3 Jahre alt, zeigt generalisierte Furchtreaktion gegenüber
„haarigen” Objekten (unbekannte Erwerbsbedingungen)
Methode: „direktes Konditionieren”, d.h. mit dem Furchtobjekt soll ein
Reiz assoziiert werden, der positive Reaktionen auslöst. Heutige
Bezeichnung dieser Prozedur: systematische Desensibilisierung
(Wolpe, 1958).
Peter erhält sein Lieblingsessen (UCS+), während ein Kaninchen (CS-) in
zunehmend geringerem Abstand in seine Nähe gebracht wird.
Ein- bis zweimal tägliche Behandlung über zwei Monate hinweg:
Ergebnis:
Nach zwei Monaten keine phobische Reaktion mehr.
Peter spielt mit dem Kaninchen und streichelt es.
Jones (1924, p. 389): das ursprüngliche „Furchtobjekt [wurde] in eine
Quelle positiver Reaktion transformiert“
Ob auch Phobien gegenüber ähnlichen Objekten vorlagen und ob die
„Therapie“ auch erfolgreich war, erfährt man nicht.
2 Exkurs: Behandlung von Phobien
Was sind Phobien im medizinischen Sinne?
Phobie: „sich entgegen bessere Einsicht zwanghaft aufdrängende Angst,
wobei der/die Betroffene versucht, die gefürchtete Situation u. ähnliches
zu meiden“ (Roche Medizin Lexikon, 1993).
Ein Erklärungsansatz für die Entstehung der Angst und das nachfolgende
Meidungsverhalten ist die Zwei-Faktoren-Theorie von Mowrer (1947):
1. Faktor: Angst vor einem spezifischen Reiz wird
durch klassische Konditionierung erworben (CSUCS-Kopplung)
2. Faktor: Meidungsverhalten wird durch operante
Konditionierung erworben und aufrecht erhalten
(Verstärkung durch Angstreduktion)
Die effektive Löschung der CS-CR-Verbindung zeigt, dass die überzogene
Furchtreduktion vor einem Reiz mindestens aktiv verlernt werden kann.
Ob sie auch durch einen Lernprozess erworben wurde, ist damit nicht
erwiesen, aber plausibel.
Welche verhaltenstherapeutischen Methoden gibt es gegen Phobien?
Therapieformen, die dem Behaviorsmus nahe stehen, indem sie auf
Lernmechanismen zurückgreifen sind (nach Senf & Broda, 1997):
ß A) Konfrontations- und Bewältigungsverfahren (direkte Konfrontation
mit dem CS, z.B. Spinne, Schlange)
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ß
ß
ß
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o Systematische Desensibilisierung
ß Phobischer Reiz wird mit angenehmen Reizen in
Verbindung gebracht (meist in vivo)
ß Zunehmende Annäherung an phobischen Reiz
ß Kombiniert mit Angsthierarchien
ß Einübung angstantagonistischer Verfahren (z.B.
Muskelrelaxation)
o Flooding
ß Reizüberflutung: rasche Konfrontation des Patienten mit
der gefürchteten Situation
ß Erklärungsprinzip: Habituation
o Implosion
ß Konfrontation in sensu
ß Situation wird gedanklich übertrieben
ß Manchmal in Kombination mit psychodynamischer
Modellvorstellung (Themen wie Aggressivität, Oralität,
Sexualität werden aufgenommen)
o Löschung
ß keine Einführung angstantagonistischer Reaktionen zur
Hemmung der Angst
ß Abstufung von Angstsituationen, die in der Realität so
dargeboten werden, dass sie keine Vermeidungsreaktion
auslösen
ß Ausformung von angstfreiem Alternativverhalten
B) Kontrolle von Verhalten durch Veränderung von Konsequenzen
(operante Verfahren)
C) Modelllernen
D) Kognitive Therapieverfahren
3 Semantische Konditionierung
Verschieden Experimente zeigen, dass auch neutrale Wörter emotional
„aufgeladen“ werden können. Dabei muss nicht einmal die Kontingenz
zwischen Wort und affektivem Stimulus erkannt werden:
3.1 Experiment von Staats & Staats (1958)
Es wurde untersucht, ob neutrale Reize durch klassische Konditionierung
Bewertungen auf den drei Dimensionen (Valenz, Aktivierung, Potenz)
erwerben können. Wenn emotional geladene Wörter (Freund, glücklich,
schön, Feind, traurig, hässlich) wiederholt mit neutralen Wörtern
gemeinsam dargeboten werden sollte die emotionale Bedeutung auf die
neutralen Wörter konditioniert werden.
Design:
Sinnlose Silben (YOF und XEH) wurden in einem angeblichen
Gedächtnisexperiment mit je 18 Wörtern gepaart dargeboten, die hohe vs.
geringe Ausprägungen auf je einer Dimension des semantischen Raumes
aufweisen (Prätest).
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AV:
Ratings der Silben auf den jeweils relevanten Dimensionen.
Ergebnis:
ß Gemessen mit einem Rating auf einer 7-Punkte-Skala lassen
sich ursprünglich neutrale Wörter tatsächlich positiv bzw.
negativ tönen
Nach Meinung der Autoren ein automatischer Prozeß!
Interpretation: “emotionale Konditionierung ”
Problem:
Das Vorgehen ist extrem anfällig für Demand Characteristics!!!
3.2 Experiment von Baeyens, Eelen & van den Bergh (1990)
ß
Design:
o Bilder von Gesichtern werden nach neutral, angenehm bzw.
unangenehm beurteilt
o Neutrale Bilder werden dann gekoppelt mit angenehmen
bzw. unangenehmen Bildern
o anschließend erneute Beurteilung der neutralen Bilder
ß
Ergebnis:
o ursprünglich neutrale Bilder werden - je nach
vorangegangener Koppelung - positiver oder negativer
bewertet
o Vpn wurden sorgfältig danach getrennt, ob sie die
Kontingenzen bemerkt hatten oder nicht
o Die Kontingenzerkennung wirkt sich nicht auf die Ergebnisse
aus.
Zur Konditionierung von Ekel ‡ siehe Kapitel 12.
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Mittlere Differenz der Bilder-Ratings (prä/post)
20
bemerkt
unbemerkt
15
10
5
0
-5
neutral-angenehm
neutral-unangenehm
-10
-15
-20
-25
4 Preparedness
Watson ging von der Austauschbarkeit von Stimuli bei der Konditionierung
aus. Demzufolge kann Furcht beliebig auf Schlangen, Spinnen, Blumen,
andere Symbole konditioniert werden.
Viele im Folgenden aufgeführte Befunde zeigen aber, dass bestimmte
Reiz-Reaktions-Folgen schneller und/oder besser gelernt werden. Diese
biologisch determinierte Bevorzugung von Lernmöglichkeiten wird
Preparedness genannt. Der Begriff geht auf Seligman (1970) zurück.
Hierzu einige Befunde:
4.1 Garcia-Effekt (Garcia & Kölling, 1966)
Konditionierung einer Geschmacksaversion.
Grundfrage hierbei:
Wird jeder NS in Kombination mit einem UCS zu einem CS?
Phase 1: Kontrollphase
Ratten erhalten beim Wassertrinken
CS1: lauten Ton,
CS2: helles Licht sowie
CS3: Geschmacksreiz
alle drei CS sind damit gleichermaßen familiär
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Phase 2:
G1: CS1 Ton & CS2 Licht, UCS elektrischer Schock fl Vermeidung!
G2: CS1 Ton & CS2 Licht, UCS Übelkeit
G3: CS3 Geschmacksreiz, UCS elektrischer Schock
G4: CS3 Geschmacksreiz, UCS Übelkeit fl Vermeidung!
AV:
Menge des getrunkenen Wassers als Indikator des Vermeidungsverhaltens
Ergebnis:
ß Gruppe 1 meidet das Licht
ß Gruppe 4 meidet die Speise.
ß Hier zeigt sich, dass eher eine Kopplung von Licht und Schock,
bzw. Übelkeit und Geschmackreiz stattfindet, als eine Kopplung
von Licht und Geschmack, bzw. Übelkeit und Licht.
ß Eine Verknüpfung zwischen CS und UCS ist offensichtlich nicht
beliebig möglich, CS und UCS müssen zueinander „passen”
4.2 Erklärung von Seligman (1970)
„Preparedness” ist für Seligman eine artspezifische Bereitschaft zur
spezifischen CS-UCS-Kombination, aufgrund natürlicher Selektion
(Schutz vor Vergiftung, Schutz vor äußeren Bedrohungen).
Dass Phobien, z.B. vor Höhen, offenen Plätzen, Dunkelheit, Schlangen,
Spinnen, nicht aber gegenüber (gefährlichen) Autos, elektrischen Geräten,
Steckdosen, Blumen, Pilzen etc. erworben werden, spricht für
preparedness.
Damit von „preparedness“ gesprochen werden kann, müssen folgende
Bedingungen vorliegen:
CS1-UCS1 > CS2-UCS1, wobei gelten muss
ß CS2 muss ein Reiz sein, auf den überhaupt eine Konditionierung
erfolgen kann, deshalb CS2-UCS2 >0
ß Es sollte kein Vorteil für CS1 gegenüber CS2 geben, wenn eine
Kombination mit einem anderen UCS (UCS2) erfolgt, deshalb
CS1-UCS2 £ CS2-UCS2
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Relevante Maße der „preparedness“ sind:
ß Stärke der CR
ß Schnelligkeit im Erwerb der Konditionierung
ß Dauer der Extinktion
Öhman & Mineka (2001) sprechen von „selective assocations“, die auf
angeborenen Mechanismen beruhen, für die auch entsprechende
neurophysiologische Grundlagen gefunden wurden. In enger Anlehnung
an evolutionspsychologische Termini, gehen sie von einem sog. „fear
module“ gegenüber bestimmten Reizen aus. Kennzeichen dieses
Moduls:
Selektivität des Inputs und Outputs
Automatisierung: Angstentstehung oft automatisch
„Encapsulation“: Das Modul läuft weitgehend ohne Einfluss anderer
Systeme ab (z.B. ohne Einflussnahme der Kognition)
ß Es gibt spezielle neuronale Kreisläufe für die Angstaktivation und
Angstentstehung
ß Im Rahmen dieser neuronalen Kreisläufe bestehen bestimmte
Vorteile für CS-UCS-Kombinationen.
Als weitere Belege für preparedness werden von den Autoren die
folgenden Experimente genannt:
ß
ß
ß
4.3 Öhman, Fredrikson & Hugdahl (1978): „differentialconditioning -paradigma“
NS bzw. CS: Vpn sahen Dias mit
ß phobischen Reizen (= Schlangen, Spinnen) oder
ß nicht-phobischen Reizen (= Blumen, Pilze)
UCS war entweder
ß ein leichter elektrischer Schock oder
ß ein aversives Startsignal für eine Reaktionszeitaufgabe.
Nur wenn zwei UCS in der Wirkung verglichen werden, kann
„preparedness“ nachgewiesen werden (siehe Anforderungen oben).
AV: Hautleitfähigkeit
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Ergebnis:
ß Es zeigen sich nur bei phobischen Reizen starke Effekte (höhere
Hautleitfähigkeit, schnellerer Anstieg), die darüber hinaus auch in der
Löschungsphase anhalten.
ß Die Extinktion findet verzögert statt.
ß „Kein-Schock-Mitteilung“ in der Löschungsphase wirkt bei nichtphobischen CS (Neutral) eher und schneller.
Interpretation:
F u r c h t r e a k tbi e
o ns t i m mb te ei n
konditionierbar sowie auch beständiger.
Reizen
offensichtlich
4.4 Cook & Mineka (1990): Preparedness bei stellvertretender Konditionierung
Methode:
Zwei Gruppen von Affen werden
ß auf einen natürlich phobischen Reiz (Schlange) konditioniert
oder
ß auf einen neutralen Reiz (Blumen). Die Konditionierung dauert
in der letzten Gruppe länger (schon ein Hinweis auf
„preparedness“).
Es entstehen so zwei Gruppen, die gleiches Angstniveau zeigen (mal auf
Schlangen, mal auf Blumen).
Im Käfig aufgewachsene Affen, die weder gegenüber Schlangen noch
Blumen phobisch reagieren (Prätest), sehen nun auf einem Video Affen
der beiden Gruppen.
AV: Angstverhalten
Ergebnis:
Affen übernehmen von einem Modell schneller die Angst gegenüber
Schlangen als die konditionierte Angst gegenüber Blumen.
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4.5 Öhman & Soares (1994): Preparedness im „backwardmasking-paradigma“
Methode:
Kurzfristige Darbietung eines Bildes (30msec) mit anschließender
Maskierung (Verdeckung).
Ergebnis:
Personen können nicht bewusst wiedergeben, was sie gesehen haben.
Dennoch zeigt sich bei der Messung mit physiologischen Maßen, eine
Angstreaktion (Erhöhung des physiologischen Hautwiderstandes)
Phobische Vpn (Schlangen-, Spinnen-Angst) zeigen je nach Art der
Phobie eine stärkere Ausprägung der Angstreaktion.
Dieser Effekt zeigt sich sowohl bei der Maskierungsbedingung als auch in
der Non-Masked Bedingung.
4.6 Tomarken, Mineka & Cook (1989): Preparedness im
„covariation-bias-paradigma“
Werden Versuchspersonen gebeten, nach entsprechenden Konditionierungen die Wahrscheinlichkeit des gemeinsamen Auftretens von UCS
und NS/CS anzugeben, dann wird die Wahrscheinlichkeit (trotz gleicher
Wahrscheinlichkeiten in der Lernphase) für natürlich-phobische Reize
höher eingeschätzt.
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Fazit:
ß Es gibt bestimmte CS-UCS-Kombinationen, die schneller zu einer
Konditionierung führen
ß Angst wird auch unbewusst gegenüber natürlich phobischen Reize
gezeigt
ß Auch stellvertretende Konditionierung führt zu phobischem
Verhalten
ß Neurophysisologische Befunde (LeDoux) belegen, dass es
spezielle Schaltkreise für die Angstentstehung gibt.
5 Theorie der Erlernten Hilflosigkeit
Die Theorie der Erlernten Hilflosigkeit geht auf Seligman (1970) zurück.
Sie hat im Rahmen der Emotionspsychologie ihre Bedeutung, da sie eine
Brücke zwischen der lerntheoretischen Sicht und der attributionstheoretischen Emotionspsychologie schlägt.
5.1 Die ursprüngliche Fassung (Seligman, 1970)
Grundannahmen:
ß Tritt eine Konsequenz gehäuft unabhängig von eigenen willentlichen
Reaktionen auf, spricht man von erlernter Hilflosigkeit
ß Das Phänomen der erlernten Hilflosigkeit ist also ein Zustand, der sich
ergibt, wenn der Organismus gelernt hat, dass „alles was ich tue, doch
keinen Zweck hat“.
ß Vorraussetzungen für das Auftreten von Hilflosigkeit sind:
o willentliche Reaktionen können ausgeführt werden, haben aber
keinen Effekt
o Reaktionen sind keine Handlungsfolgen, sondern zeitlich und
kausal vom eigenen Verhalten unabhängig
o Situationen sind nicht vorhersehbar, d.h. es fehlt an
verlässlichen Prädiktoren.
ß Solche Situationen sollen nach Seligman Hilflosigkeit erzeugen, die mit
typischen emotionalen, motivationalen Folgen und Beeinträchtigungen
des Lernens einher geht:
o Emotionalen Veränderungen: Furcht und Verstimmtheit treten
generalisiert auf.
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o Motivationale Veränderungen: Es kommt zur Beeinträchtigung
von Lebensbereichen, in denen eigentlich keine Hilflosigkeit
erlernt wurde ‡ nachlassende Nahrungsaufnahme, fehlender
Antrieb, depressives Verhalten.
o Lernfolgen: Die entstandene Hilflosigkeit ist sehr
löschungsresistent.
Erlernte Hilflosigkeit wird als eine Erklärung für Depressionen angesehen
(Seligman (1992) spricht von „helplessness depression“, Abramson,
Metalsky & Lauren (1989) von „hopelessness-depression“)
Die experimentelle Induktion erfolgt mittels eines typischen triadischen
Versuchsplans („yoking design“).
Die Tiere der „yoked“-Gruppe zeigen Hilflosigkeit, weil ein aversiver Reiz
nicht vorhersehbar ist (kein Hinweisreiz) und nicht kontrollierbar ist.
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Experimente in den 70er Jahren zeigten, dass auch beim Menschen
erlernte Hilflosigkeit experimentell induzierbar ist.
5.2 Erweitere Fassung (Abramson, Seligman & Teasdale,
1975)
Experimentelle Befunde zeigten, dass es zwischen den Personen
unterschiedliche Ausmaße von Hilflosigkeit nach dem Erleben solcher
nichtkontingenter aversiver Reize gibt.
Nicht alle Vpn. waren gleich frustriert oder gar depressiv, bei einigen
zeigte sich eine verstärktes Bemühen dem aversiven Reiz zu entkommen,
andere wurden ängstlich und passiv.
In der erweiterten Theorie der erlernten Hilflosigkeit durch Abramson,
Seligman & Teasdale (1975) wurden deshalb Attributionsstile als Erklärung für interindividuelle Unterschiede herangezogen.
Ursachenzuschreibungen für Ereignisse (negative oder positive) können
demnach in drei Dimensionen klassifiziert werden.
Beispiel für Attributionen (nach Petermann, 1992, S. 216): Beispiel für die Attribution
einer Frau, die von einem Mann zurückgewiesen wurde.
Dimension
internal
stabil
global
Ich bin für
Männer
unattraktiv
spezifisch
Ich bin für
ihn
unattraktiv
variable
Meine
Konversation
ist manchmal
für Männer
langweilig
Meine
Konversation
langweilt ihn
external
stabil
Männer
müssen mit
intelligenten
Frauen sofort
konkurrieren
Er muss sofort
mit
intelligenten
Frauen
konkurrieren
variabel
Männer haben
manchmal
zurückweisende
Launen
Er war in
zurückweisender
Laune
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Bestimmte Attributionsstile sind förderlich, andere können zu depressiven
Mustern führen.
Solche Attributionsstile entstehen aufgrund von Lernerfahrungen, sind
teilweise auch genetisch verankert.
Sie bestimmen die Attribution und damit letztlich auch die Emotionen
beim Auftreten nichtkontingenter, unvorhersehbarer Situationen.
Attibutionsstile spielen im Rahmen der Weinerschen Emotionstheorie eine
besondere Rolle (‡ siehe Weiner).
6 Kritik der behavioristischen Theorien
ß
ß
ß
ß
ß
ß
Echte Konditionierungen von Emotionen wurden nur für aversive
Reize und die Emotion Ärger, Furcht, Ekel bewiesen
Es liegen kaum Experimente für komplexe Emotionen (Liebe,
Eifersucht etc.) vor.
Es gibt keine Informationen über begleitende Gefühle (Fehlen des
subjektiven Aspekts)
Einfluss des Beobachtungslernen bleibt weitgehend offen.
Vermittlung von kognitiven Faktoren bleiben unklar.
Die Annahme, dass jeder Reiz mit jeder Emotion konditionierbar ist
(Äquipotentialität), ist falsch.
Positiv:
ß Viele Studien zur emotionalen Konditionierung (z.B. Transfer von
positiven Stimuli auf benachbarte Stimuli ‡ Werbung)
ß Wichtige Vorarbeiten für die Entwicklung der Verhaltenstherapie
ß Befunde zur preparedness stützen heutige evolutions-psychologische Theorien und sind kompatibel mit Erklärungsmodellen für
Angststörungen.
ß Theorie der Erlernten Hilflosigkeit als Erklärungsmodelle für Depressionen
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