Ratgeber für Patienten Funktion der Leber / Galle Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung e.V. Die Leber ist das größte Stoffwechselorgan des menschlichen Körpers und entspricht mit einem Gewicht zwischen 1,2 bis 1,5 kg ca. zwei Prozent des Körpergewichts eines Erwachsenen. Die Leber ist das entscheidende Organ für den Abbau stoffwechseleigener und -fremder Substanzen. Sie übernimmt wesentliche Aufgaben bei der Aufnahme und Verwertung von Nahrungsbestandteilen, produziert lebenswichtige Eiweißstoffe, dient als Speicherorgan und greift regulierend in das Hormon- und Immunsystem ein. Der aufwendige und komplexe Aufbau der Leber ist die Grundlage, diese vielfältigen Aufgaben umzusetzen. Lage und Aufbau der Leber Die klassische topographische Anatomie gliedert die Leber in einen rechten und einen linken Lappen. Dieser Lappeneinteilung liegt aber keine entsprechende funktionelle Gliederung des Organs zugrunde. Der linke Leberlappen wird weiter in die Segmente I-IV, der rechte in die Segmente V-VIII unterteilt (Abb. 1). Abb. 1: Die Segmente der Leber. Segment I des linken Leberlappens ist bei dieser Ansicht verdeckt 2 Die Unterfläche der Leber trägt im Leberstiel die Leitungsbahnen zu und aus der Leber (Pfortader, Leberarterie, Gallengang). Die Pfortader sammelt das Blut aus dem MagenDarm-Trakt, aus Bauchspeicheldrüse, Gallenblase und Milz. Die Leberarterie versorgt die Leber aus dem großen Kreislauf. Über eine relativ konstante Zahl von Lebervenen mündet das Blut aus der Leber in die untere Hohlvene und gelangt in den großen Kreislauf (Abb. 2). Abb. 2: Gefäßversorgung der Leber Funktionelle Anatomie der Leber Die funktionelle Anatomie der Leber beruht auf der Verzweigung der Pfortader. Jeder Ast der Pfortader hat sein eigenes Versorgungsgebiet. Das gleiche gilt für die Leberarterie, deren Äste die Verzweigung der Pfortader begleiten, ebenso wie die Aufzweigungen der Gallengänge. Diese drei portalen Strukturen orientieren sich genau an den oben beschriebenen Lebersegmenten, während die ableitenden Lebervenen in den Segmentgrenzen verlaufen, aber Äste aus mehreren Segmenten aufnehmen (Abb. 2). Durch moderne bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder auch Computertomographie können diese Segmentgrenzen präzise dargestellt werden, wodurch im Falle einer therapeu3 tischen Notwendigkeit einzelne oder mehrere Segmente chirurgisch entfernt werden können. Die kleinsten strukturellen Einheiten der Leber werden als Leberläppchen bezeichnet, die sich entlang der Endverzweigungen der Pfortader und der Leberarterie (sogenannte Sinusoide) ausbilden. Unter dem Mikroskop erscheint ein regelmäßiges Muster, bei dem 3-6 so genannte Portalfelder (sie enthalten Zweige der Pfortader, der Leberarterie und einen Gallengang) um eine Zentralvene angeordnet sind (Abb. 3a). Abb. 3a: Mikroskopisch schematische Darstellung eines Leberläppchens Aus dieser Anordnung der Leberzellen ergeben sich funktionell Areale, die mehr dem Portalfeld (periportale Zone) und Areale, die mehr der Zentralvene zugeordnet werden (perizentrale Zone). In diesen unterschiedlichen Zonen nehmen die Leberzellen auch unterschiedliche Stoffwechselfunktionen wahr (Abb. 3b). 4 Abb. 3b: Histologische Darstellung (Gewebeaufbau) eines Leberläppchens Funktionen der Leber und der Galle Die Bedeutung der Leber ergibt sich zum einen aus der topographischen Position zwischen den Verdauungsorganen und den peripheren Organen, wodurch die herausragende Rolle der Leber bei der Verwertung von Nahrungsbestandteilen hervortritt. Zum anderen liegt die Aufgabe der Leber in der Verstoffwechslung, der Regulation und Modifikation vieler Plasmabestandteile und damit in der Versorgung der übrigen Organe des Körpers mit Nährstoffen. Kohlenhydratstoffwechsel Kohlenhydrate dienen dem Körper zur raschen Energiegewinnung und -versorgung. Kohlenhydrate werden zu Zuckerbausteinen (z.B. Glukose) abgebaut, ins Blut aufgenommen und zur Leber transportiert. Eine der Hauptaufgabe der Leber liegt in der Aufrechterhaltung des Glukosegleichgewichtes. Nach Zufuhr einer kohlenhydratreichen Mahlzeit wird Glukose in Abhängigkeit von der Blutzuckerkonzentration in die Leber aufgenommen und dort in Form von Glykogen gespeichert. Wird vom Körper wieder Glukose benötigt, wird diese aus der Leber wieder freigesetzt. Dies geschieht 5 durch den Abbau von Glykogen oder durch die so genannte Glukoneogenese. Dabei wird aus Aminosäuren Glukose neu gebildet. Glukose wird in der Leber auch abgebaut (Glykolyse), was zur Energiebereitstellung genutzt wird. Fettstoffwechsel Fette sind weitere Energieträger für den Körper. Sie sind aber auch Bausteine für z.B. Zellwände und werden für die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen aus dem Darm benötigt. Fette und verwandte Substanzen, wie z.B. das Cholesterin, werden nach der Zufuhr über die Nahrung im Dünndarm aufgenommen, über die Lymphbahnen ins Blut und dann zur Leber transportiert. In der Leber werden die Fette und deren Bestandteile (Fettsäuren und Glyzerin) umgebaut. Die Endprodukte stehen nach mehreren Stoffwechselschritten als Energielieferanten und Energiespeicher zur Verfügung. Grundsätzlich sind zwar alle Körperzellen in der Lage, Cholesterin zu synthetisieren, die Hauptlast der Neusynthese von Cholesterin trägt aber die Leber. Das zentrale Enzym bei der Bildung von Cholesterin in der Leber ist die so genannte HMG-CoA-Reduktase . Dieses Schlüsselenzym ist auch das pharmakologische Ziel bei der medikamentösen Behandlung von Patienten mit zu hohem Cholesterinspiegel. Der Hauptabbauweg von Cholesterin ist die Synthese von Gallensäuren in der Leber. Eiweißstoffwechsel Eiweiße (Proteine) werden als Baubestandteil für Zellen und verschiedene Gewebe benötigt. Das mit der Nahrung aufgenommene Eiweiß wird im Dünndarm zu den kleinsten Bestandteilen, den Aminosäuren, abgebaut und zur Leber transportiert. In der Leber werden aus diesen Aminosäuren wiederum körpereigene Eiweißsubstanzen produziert. Die Leber synthetisiert eine ganze Reihe verschiedener Proteine, ohne die der Organismus nicht lebensfähig ist. Beispiele hierfür sind das Albumin oder auch die Gerinnungsfaktoren. 6 Abbau und Ausscheidung von Stoffen Zu den Aufgaben der Leber gehört die Reinigung des Blutes von toxischen (giftigen) körpereigenen und körperfremden Substanzen. Um diese Funktion zu erfüllen, werden die Substanzen aus dem Blutplasma in die Leberzelle aufgenommen und anschließend in verschiedenen Stoffwechselschritten chemisch umgewandelt. Die Endprodukte werden entweder von der Leber direkt in die Galle abgegeben oder nach Freisetzung aus der Leber über die Nieren eliminiert. Zu den körperfremden Stoffen, die über die Leber entgiftet werden, zählen Genuss- (z.B. Alkohol) und Arzneimittel oder auch Umweltschadstoffe. Ein Beispiel für den Abbau von körpereigenen Substanzen ist die Bildung und Eliminierung von Bilirubin. Aus den roten Blutkörperchen wird der rote Blutfarbstoff, das Hämoglobin, in mehreren Schritten in Bilirubin umgewandelt. In der Leberzelle wird das Bilirubin weiter modifiziert und letztendlich über das Gallengangssystem in den Darm geleitet und nachfolgend mit dem Stuhl ausgeschieden. Falls diese Ausscheidungsfunktion der Leber beeinträchtigt ist, kommt es zu einem Rückstau des Bilirubins in den Körper, was dann zu dem klinischen Bild der Gelbsucht (Ikterus) führt. Gallebildung Die Produktion der Galle in der Leber und deren Sekretion dient zwei wesentlichen Aufgaben. Zum einen ermöglichen die in der Leber aus Cholesterin synthetisierten Gallensäuren, nachdem sie über das Gallengangssystem in den Darm gelangt sind, die Aufnahme von Nahrungsfetten, fettlöslichen Vitaminen und von Cholesterin. Zum anderen können, wie oben bereits erwähnt, Substanzen und Endprodukte des Stoffwechsels über die Galle in den Darm abgegeben und somit eliminiert werden. Hierfür sind verschiedene Transportsysteme verantwortlich, die an der Oberfläche der Leberzelle lokalisiert sind (Abb. 4). 7 Abb.4: Gallebildung Rechts: Ausschnittvergrößerung mit zwei Leberzellen und einem zentralen Gallenkanälchen. Links: Aus mehreren Gallenkanälchen bilden sich nach Zusammenschluss kleinere, dann größere Gallengänge bis dann über den Hauptgallengang die Galleflüssigkeit in den Darm gelangt. Auf der einen Seite der Leberzelle gibt es Transportsysteme, die Substanzen aus dem Blut in die Zelle aufnehmen, auf der anderen, gegenüberliegenden Seite sind Transportsysteme vorhanden, die die Substanzen, nachdem sie in der Zelle umgebaut worden sind, in die Gallenkanälchen abgeben. Aus mehreren Gallenkanälchen bilden sich nach Zusammenschluss kleinere, dann größere Gallengänge, bis letztendlich die Galleflüssigkeit über den Hauptgallengang in den Darm gelangt oder in der Gallenblase zwischengespeichert wird. Weitere Aufgaben der Leber Die Leber speichert viele Vitamine und ist ebenso an der Aktivierung von Hormonen beteiligt. Lebenswichtige Spurenelemente wie Eisen, Zink, Kupfer und Mangan werden ebenfalls in der Leber gespeichert und bei Bedarf durch spezifische Transportproteine anderen Organsystemen zur Verfügung gestellt. 8 Neben diesen Speicherfunktionen verfügt die Leber über ein hohes Potenzial, in den Körper gelangte Bakterien und Viren abzuwehren bzw. Stoffe zu produzieren, die bei einer Infektion an einer anderen Stelle des Körpers helfen, die Erreger zu bekämpfen. Zusammenfassung Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan des Körpers. Um allen Aufgaben nachkommen zu können, wird die Leber von einem Drittel des gesamten Blutflusses durchströmt und benötigt 20% des gesamten Körpersauerstoffes. Die Leber verarbeitet die mit der Nahrung aufgenommenen Nährstoffe und bildet Cholesterin und Fette, Eiweißbaustoffe, Eiweiße und Gallenflüssigkeit. Weiter ist sie für die Regulierung des Kohlenhydrat- Fett- und Proteinstoffwechsels verantwortlich. Sie entgiftet den Körper von körpereigenen und körperfremden Substanzen und ist darüber hinaus ein wichtiges Speicherorgan. Aufgrund dieser für den gesamten Organismus wichtigen und vielfältigen Aufgaben ist ein Überleben ohne funktionsfähige Leber nur für wenige Stunden möglich. 9 Mitgliedschaft in der Gastro-Liga e.V. Ich möchte Mitglied in der Gastro-Liga e.V. werden. Nachfolgend mein Aufnahmeantrag: Name Vorname Beruf Straße PLZ/Wohnort Telefon Telefax E-Mail Datum Unterschrift Mit der Abbuchung des jährlichen Mitgliedsbeitrags in Höhe von (Mindestbeitrag P 30/Jahr) Betrag in Worten bei (Bank, Sparkasse, Postgiroamt) BLZ Konto-Nr. bin ich einverstanden Datum Unterschrift Diese Angaben unterliegen dem Datenschutz und werden nicht an Dritte weitergegeben. Ich bin damit einverstanden, dass meine Angaben elektronisch gespeichert werden. Den ausgefüllten und unterzeichneten Antrag senden Sie bitte an: Gastro-Liga e. V. • Friedrich-List-Straße 13 • 35398 Gießen Telefax 06 41-9 74 81 - 18 10 RATGEBER FÜR PATIENTEN In dieser Reihe sind bisher erschienen: MAGEN ● Der Magen Aufgaben und Erkrankungen – ein Überblick ● Entzündungen (Gastritis) und Geschwüre des Magens und Zwölffingerdarms ● Reizmagen (funktionelle Dyspepsie) – ein häufiges Krankheitsbild ● Kampf dem Magenkrebs Auch Sie können selbst dazu beitragen ● Schmerzmittel und Magen LEBER ● Fettleber ● Funktion der Leber / Galle ● Was Sie schon immer über Gelbsucht wissen wollten und sollten! DARM ● Obstipation (Verstopfung) ● Kampf dem Darmkrebs Auch Sie können selbst dazu beitragen ● Blähsucht – Meteorismus Was Sie selbst zur Behebung Ihrer Beschwerden beitragen können ● Pilze im Stuhl ● Chronisch entzündliche Darmerkrankungen – Morbus Crohn und Colitis ulcerosa BAUCHSPEICHELDRÜSE ● Die Bauchspeicheldrüse und ihre Erkrankungen DIAGNOSTISCHE VERFAHREN ● Die Computertomographie des Bauchraumes (Abdomen-CT) ● Magnetresonanztomographie in der Gastroenterologie ● Ultraschall (Sonographie) ● Färbeverfahren und Laserdiagnostik in der Gastroenterologie WEITERE THEMEN ● Schutzimpfungen im Erwachsenenalter ● Probiotika 11 Verfasser: PD Dr. Peter Sauer Prof. Dr. Wolfgang Stremmel Medizinische Universitätsklinik Innere Medizin IV Im Neuenheimer Feld 410 69120 Heidelberg Friedrich-List-Straße 13 . 35398 Giessen . Germany Tel. +49-6 41- 9 74 81 - 0 . Fax +49-6 41-9 74 81 - 18 Internet: www.gastro-liga.de E-Mail: [email protected] 36 -12/ 04 Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung e.V.