III.Physikalisches Institut A der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Prof. T.Hebbeker, Dr. A.Meyer, Dr. M.Merschmeyer Elementarteilchenphysik II Übung Nr. 2, WS 2007/2008 Abgabe: 2.11.2007 Übungen zur Elementarteilchenphysik II — Blatt 2 Aufgabe 1: Elektroschwache Vereinheitlichung I In der Tabelle sind die linkshändigen Fermionen zu Multipletts der vereinheitlichten elektroschwachen Wechselwirkung zusammengefasst. Die Multipletts sind gekennzeichnet durch eine neue Quantenzahl, den schwachen Isospin (I; I3 ). Innerhalb eines Multipletts gilt zf − I3 = const, wobei zf die elektrische Ladung in Einheiten von e ist. I3 Die Mitglieder eines Dubletts können durch Austausch eines W -Bosons ineinander umgewandelt werden, wobei die Kopplungsstärke im Vertex die schwache Ladung g ist. Bei Reaktionen mit geladenen Strömen soll I3 eine Erhaltungsgröße sein. Man sieht, dass dann die W -Bosonen die Quantenzahlen (I = 1; I3 = ±1) haben müssen. Konsequenterweise sollte es noch ein W 0 -Boson geben (I = 1; I3 = 0), dass das Isospin-Triplett der W -Bosonen vervollständigt. Es liegt nahe anzunehmen, dass weiterhin ein Teilchen, nennen wir es B 0 , mit I = 0 existiert, das auch an die Fermionen koppelt ohne ihren schwachen Isospin zu ändern. Die Kopplungsstärke g 0 kann aber natürlich anders sein. Die rechtshändigen Teilchen koppeln nicht an W -Bosonen und bilden schwache Isospin-Singuletts. (a) Überlegen Sie sich die Quantenzahlen der entsprechenden Antifermionen. (b) Warum entspricht dem W 0 nicht das Z 0 als physikalisches Teilchen? (c) In der Realität existieren zwei neutrale Vektorbosonen, das Z 0 und das Photon. Idee der elektroschwachen Vereinigung ist, dass sich beide als Linearkombination der Zustände B 0 und W 0 beschreiben lassen: |γi |Z 0 i = cos θW sin θW − sin θW cos θW |B 0 i |W 0 i ! mit dem elektroschwachen Mischungswinkel oder Weinberg-Winkel θW . Berechnen Sie den Mischungswinkel θW aus den Massen der W - und des Z 0 -Bosons (MW = 80.403 ± 0.029 GeV und MZ 0 = 91.1876±0.0021 GeV). Hinweis: Berechnen Sie den Erwartungswert eines Operators, der das Quadrat der Masse als Erwartungswert hat. (d) Das Photon koppelt gleichstark an rechts- bzw. linkshändige geladene Leptonen, aber nicht an Neutrinos. Leiten Sie daraus den Zusammenhang zwischen schwacher Elementarladung g und elektrischer Elementarladung e her. 8 Punkte (2 + 1 + 4 + 1) 1 Aufgabe 2: Gebundene Systeme der schwachen Wechselwirkung Es gibt gebundene Systeme der starken Wechselwirkung (Hadronen, Kerne) und der elektromagnetischen Wechselwirkung (Atome, Festkörper) sowie der Gravitation (Sterne, Planetensysteme, Galaxien), nicht jedoch der schwachen Wechselwirkung. Schätzen sie in Analogie zum Positronium ab, wie schwer zwei Teilchen sein müssten, damit der Bohrsche Radius eines gebundenen Systems größenordnungsmäßig von der Reichweite der schwachen Wechselwirkung ist. 2 Punkte Aufgabe 3: Universalität der schwachen Ladung Eine Annahme der Theorie der schwachen Wechselwirkung ist, dass die schwache Ladung g für alle fundamentalen Fermionen, also Leptonen und Quarks, identisch ist. Um diese Annahme experimentell zu testen, kann man z.B. die Lebensdauer des τ -Leptons betrachten. Das τ -Lepton kann sowohl leptonisch als auch “semileptonisch” zerfallen. Ein typischer Zerfall ist τ − → ντ + ν̄e + e− mit einem Verzweigungsverhältnis von ungefähr 18%. Bestätigen Sie die Annahme einer universellen schwachen Ladung, indem Sie die experimentell gemessene Lebensdauer des τ -Leptons von ττ = 2.9 · 10−13 s unter Verwendung der Lebensdauer des Myons reproduzieren. Zur Erinnerung: mµ = 105.66 MeV, τµ = 2.197 µs, mτ = 1777 MeV. 2 Punkte 2