Molekularbiologische Untersuchungen Es erfolgt eine Untersuchung auf klinisch relevante Punktmutationen bzw. Insertionen oder Deletionen in den unten aufgeführten Genbereichen. Die Befundung nach Analyse eines entsprechenden Polymorphismus wird nach folgendem Schema durchgeführt: Die jeweilige Mutation ist nicht nachweisbar: NEGATIV Die jeweilige Mutation ist in heterozygoter Form nachweisbar: HETEROZ. Die jeweilige Mutation ist in homozygoter Form nachweisbar: HOMOZYG. ACE (Angiotensin converting enzyme): Untersuchung des Insertions (I)/Deletions (D)-Polymorphismus Die messbare Aktivität des Angiotensin-converting Enzyms (ACE) ist von einem Insertions(I)/Deletions(D)-Polymorphismus im Intron 19 des ACE-Gens beeinflusst. Bei Bestimmungen der ACE-Aktivität (z.B. bei V.a. Sarkoidose) werden Referenzbereiche in Abhängigkeit von diesem Polymorphismus angegeben. Assoziationen dieses ACE-I/D-Polymorphismus mit bestimmten Erkrankungen (z.B. KHK) sind zur Zeit nicht ausreichend gut belegt. Alpha-1-Antitrypsin: Untersuchung auf Vorliegen der Allele PiZ und PiS dient als Akute-Phase-Protein der Aktivitätshemmung von 1-Antitrypsin Serinproteasen (z.B. PMN-Elastase) und wird überwiegend in Hepatozyten gebildet. Mehr als 40 Allele und Subtypenallele sind bekannt. Das häufigste und gleichzeitig eine normale 1-Antitrypsin-Aktiviät kodierende Allel ist PiM. Die wichtigsten Allele mit verminderter 1-Antitrypsin-Aktiviät sind die beiden Allele PiZ, PiS sowie PiNull (verschiedene, sehr seltene Varianten ohne messbare 1-Antitrypsin-Aktiviät). Mangelallele finden sich bei bis zu 7% der Bevölkerung. Eine klinische Auffälligkeit ergibt sich bei 1-Antitrypsin-Konzentrationen im Serum von weniger als 0,85 g/l. Daraus ergeben sich folgende Risikovarianten: high risk: PiZZ, PiNullNull, increased risk: PiSZ. Ein 1-Antitrypsin-Mangel kann primär klinisch auffällig werden : Im Kindesalter: Vorrangig als Erkrankung der Leber durch eine Sekretionsstörung des veränderten 1-Antitrypsin-Moleküls in den Hepatozyten; typischerweise mit einem homozygoten PiZZ-Phänotyp assoziiert. Im Erwachsenenalter: Hier dominiert die klinische Symptomatik des Lungenemphysems als Folge einer nicht inhibierten PMN-Elastase-Aktivität. Apolipoprotein E (Apo E): Untersuchung auf Vorliegen der Allele 2 und 4 Apolipoproteine sind Proteine oder Polypeptide, deren Hauptaufgabe im Transport von Lipiden und in der Stabilisierung von Lipidemulsionen liegen. Darüber hinaus können sie auch zur Enzymaktivierung beitragen. Apolipoprotein E ist ein wichtiges Apolipoprotein der Lipoproteine. Es besteht aus 299 Aminosäuren und kommt in drei Hauptisoformen Apo E2, Apo E3 und Apo E4 vor. Diese entstehen durch einen genetischen Polymorphismus und durch posttranslationale Modifikation durch Neuraminsäure. Beruhend auf den Unterschieden im Genotyp ergeben sich Änderungen in der Aminosäurensequenz an der Position 112 und 158. Apo E2 enthält an beiden Positionen Cystein, Apo E3 weist an Position 112 Cystein und an Position 158 Arginin auf und Apo E4 trägt wiederum an beiden Positionen Arginin. Apo E vermittelt den Katabolismus von Chylomikronen, VLDL-Remnants und Apo Ereichen HDL. Dieses wird durch die Apo E-Fähigkeit zur Bindung an den Apo ERezeptor und den LDL-Rezeptor erreicht. Apo E3 und Apo E4 zeigen eine normale Affinität zum Rezeptor, wohingegen die Bindung von Apo E2 deutlich reduziert ist. Insgesamt können aus den untersuchten Allelen 2 und 4 sechs Apo E-Phänotypen abgeleitet werden. Drei Homozygote (Apo E 2/2 (1%), 3/3 (häufigste Form mit 55%), 4/4) und drei Heterozygote (Apo E 2/3, 2/4, 3/4 (26%)). Das Apo 2-Allel ist mit einem niedrigen Cholesterinspiegel vergesellschaftet. Allerdings kann ein homozygotes Apo 2-Allel kombiniert mit einer weiteren Fettstoffwechselstörung zu der Ausbildung einer Hyperlipoproteinämie Typ III führen. Träger des 4-Allels haben erhöhtes LDLCholesterin, ein erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheiten und für Morbus Alzheimer. HFE: Untersuchung auf Vorliegen der Polymorphismen C282Y, H63D und S65C Die Hämochromatose gehört zu den hereditären Stoffwechselerkrankungen der Leber. Die Prävalenz homozygoter Merkmalsträger beträgt in Mitteleuropa etwa 1:400. Sie ist damit die häufigste autosomal rezessive Erbkrankheit. Der Ausbruch der Erkrankung kommt bei Männern 10x häufiger vor als bei Frauen, die erst postmenopausal erkranken. Ca. 90% der Patienten haben einen homozygoten Aminosäureaustausch Cys Tyr an Position 282 des HFE-Genproduktes (C282Y, entspricht Nukleotidaustausch G A an Position 845). Heterozygote erkranken in der Regel nicht, es kann aber zu einer mäßigen Eisenakkumulation kommen. Darüber hinaus kann im Zusammenhang mit chronischen Lebererkrankungen anderer Genese bereits die Anwesenheit eines C282Y-Allels einen prognostisch ungünstigen Einfluss haben. Bei heterozygoten Trägern kann in Kombination mit weiteren Polymorphismen des HFE-Gens (Prävalenz ca 13% in der Normalbevökerung) - den Aminosäuresubstitutionen His Glu an Position 63 (H63D) und Serin Cystein an Position 65 (S65C) - eine sogenannte „Compound“-Heterozygotie entstehen, die ebenfalls zu der Ausprägung einer Hämochromatose führen kann. MTHFR (Methylentetrahydrofolsäurereduktase): Untersuchung auf Vorliegen der C677T und A1298C Polymorphismen Die Methylentetrahydrofolsäurereduktase (MTHFR) spielt eine zentrale Rolle im Folsäurezyklus. Sie katalysiert die Reduktion von 5,10-Methylentetrahydrofolat zu 5Methyltetrahydrofolat. Die Mutation C T an Position 677 im MTHFR-Gen führt zu einem thermolabilen Enzym mit verminderter Aktivität. Homozygote Mutationen resultieren insbesondere in Verbindung mit mangelnder Folsäureversorgung in einer Hyperhomocysteinämie, die ein erhöhtes atherogenes Risiko darstellt. Weltweit hat der 677 C T-Polymorphismus in homozygoter Form eine Frequenz von etwa 13%, allerdings unterschiedlich in verschiedenen ethnischen Gruppen. Die höchste Inzidenz für eine Homozygotie findet sich in der kaukasischen Bevölkerungsgruppe, während sie bei Schwarz-Afrikanern kaum nachweisbar ist. Eine „Compound“Heterozygotie mit der A1298C-Varianten scheint das Risiko für Neuralrohrdefekte zu erhöhen. UDP-Glukuronosyltransferase: Untersuchung auf Vorliegen des 6TA/7TAPromotor-Polymorphismus (siehe auch unter Pharmakogenetik) Eine Insertion der beiden Nukleotide TA in die Promotorregion (Zunahme von sechs TA-Repeats auf sieben TA-Repeats) des UDP-Glukuronosyltransferase-Gens (UGT1A1*28) kommt in heterozygoter Form bei ca. 16% der kaukasischen Bevölkerungsgruppe vor. Diese Insertion ist zwar mit der Ausprägung eines GilbertSyndroms (Morbus Meulengracht) eng assoziiert, jedoch allein nicht ausreichend. Die Bestimmung dieses Polymorphismus hilft bei der Differentialdiagnose einer unklaren Hyperbilirubinämie und fehlendem klinischen Korrelat.