Kardiale Labordiagnostik Stand im Routinelabor … und ein kleiner Ausblick=Bedarf Robert Lange Risikofaktoren für Herzerkrankungen zu Weihnachten ganz erfrischend: • • • • • • • • • Übergewicht Bluthochdruck Rauchen, Alkohol Erhöhte Blutfette Diabetes Bewegungsmangel Stress Erhöhter Homocysteinspiegel Metabolisches Syndrom Was sagt die Presse: Um das Risiko für ein Herz-Kreislauf- oder Gefäßleiden zu bestimmen, testet man die Blutfettwerte (LDL, HDL und Triglyzeride) und den Blutzuckerspiegel. Sind einer oder beide Faktoren erhöht, besteht die Gefahr, einer Arteriosklerose, einer Verfettung, Verhärtung oder Verkalkung der Herzkranzgefäße. Die Folge sind Durchblutungsstörungen, die unter anderem zu einem Herzinfarkt führen können. Das kleine Blutbild, die Untersuchung der Blutzellen (Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten), des Blutfarbstoffs Hämoglobin sowie des Hämatokriten gehört ebenfalls zu den Standarduntersuchungen. Sind z. B. die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) vermehrt (Polyglobulie), kann das auf eine Herzerkrankung hinweisen. Besteht der Verdacht auf einen Herzinfarkt oder eine Herzmuskelentzündung, überprüft der Arzt die Herzenzyme. Ein Anstieg von Creatinkinase (CK-MB), Glutamat-Oxalazetat-Transaminase (GOT) oder Lactatdehydrogenase (LHD) deutet auf eine Schädigung der Herzmuskelzellen hin. Die Risiken: Eine Blutuntersuchung ist risikolos. Definition der Herzinsuffizienz Ist das Herz nicht mehr in der Lage, die Gewebe des Körpers mit ausreichend Blut und Sauerstoff zu versorgen, spricht man von einer Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz, Myokard-Insuffizienz). Arten der Herzinsuffizienz Linksherzinsuffizienz Bei linksseitiger Herzschwäche arbeitet die linke Herzhälfte nicht ausreichend und das Blut staut sich in der Lunge (Stauungslunge); dort sammelt sich Wasser an. Rechtsherzinsuffizienz Bei rechtsseitiger Herzschwäche staut sich das Blut in den Geweben des Körpers. Es kommt zu Wasseransammlungen im Körper, z.B. in den Beinen, der Bauchhöhle oder Leber. Globale Herzinsuffizienz Hier ist die Pumpfunktion beider Herzkammern eingeschränkt. I11.0- Hypertensive Herzkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz I13.0- Hypertensive Herz- und Nierenkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz I50.00 Primäre Rechtsherzinsuffizienz I50.01 Sekundäre Rechtsherzinsuffizienz I50.11 Linksherzinsuffizienz ohne Beschwerden (NYHA-Stadium I) I50.12 Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei stärkerer Belastung (NYHA-Stadium II) I50.13 Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichterer Belastung (NYHA-Stadium III) I50.14 Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden in Ruhe (NYHAStadium IV) I50.19 Nicht näher bezeichnete Linksherzinsuffizienz I50.9 Nicht näher bezeichnete Herzinsuffizienz R57.0 Kardiogener Schock Epidemiologie=(Markt) der Herzinsuffizienz 1.Die Herzinsuffizienz ist eine der häufigsten Erkrankungen weltweit. 2.In Europa sind mehr als 10 Millionen Menschen betroffen. 3.In Deutschland leiden etwa 3 Prozent der Bevölkerung an einer Herzinsuffizienz 4.Bei den über 80-Jährigen sind es zehn Prozent. Basislabor Blutbild, Hb Harnstoff, Creatinin, Harnsäure Ausschluss einer Anämie, da niedrige HbWerte die Insuffizienz befördern Prärenales Nierenversagen bei Verschlechterung der Ventrikelfunktion Basislabor Proteinurie Hyponatriämie Hyperkaliämie Hypokaliämie Hypomagnesiämie Schwere Herzinsuffizienz Schwere Herzinsuffizienz, Diuretikatherapie Kaliumsparende Diuretika, ACE-Hemmer, Niereninsuffizienz Diuretikatherapie Basislabor ASAT, (ALAT, γ-GT, AP, Bilirubin) Nur ein Wert als Basis! PT, Albumin Leberschädigung durch Einflussstauung bei Rechtsherzversagen Synthesestörung des Albumins und der Gerinnungsfaktoren bei stauungsbedingter Leberinsuffizienz pO2 pCO2 Gestörter Gasaustausch bei schwerer Linksherzinsuffizienz mit Lungenödem Basislabor Lactat pH Troponin, CK, CKMB Linksherzinsuffizienz mit Durchblutungsstörung Akuter Myokardinfarkt Diagnostik des akuten Herzinfarkts •TnT/I, CK-MB, (Myoglobin) Gleichzeitig eines der folgenden Kriterien: •Ischämie-Symptome •EKG-Veränderungen •Koronarintervention notwendig Nichtkardiale Ursachen hoher CK-Werte • Intramuskuläre Injektionen •Reanimation •Trauma •Chirurgische Eingriffe •Dermatomyositis, Polymyositis •Muskeldystrophie, Duchenne •Starke sportliche Aktivität Myoglobin • Eigenschaften: Intrazellulärer Transport von O2 •Vorteil: Sehr frühe Freisetzung aus geschädigten Myozyten, hohe Sensitivität •Nachteil: Relativ niedrige Spezifität, Preis •Fazit: Keine (wirklich) sinnvolle Laboranforderung, weil meistens zu spät! Troponin – auch erhöht bei: • Kardiotoxischer Chemotherapie •Poly- und Dermatomyositis •Niereninsuffizienz (Korrelation zu chronischer Myositis) TroponinT, I oder C? Herzspezifische Isoform Frei im Zytoplasma Diagnostisches Fenster Troponin T Troponin I Ja Ja 6-8% 3-4% 14-21 Tage 9-12 Tage Troponin C: keine herzspezifische Isoform Markerverlauf ohne Thrombolyse Marker Anstieg Gipfel Abfall Myoglobin 1-6h 6-12h 24h CK-MB 3-12h 12-24h 2-3 Tage Troponin I/T 3-12h 12-24/96h 5-10/14 Tage CK und Troponinverlauf Pathophysiologie der Herzinsuffizienz und daraus resultierende „bescheidene“ labordiagnostische Ansätze Homocystein Pro Contra Über 100 Studien belegen einen Zusammenhang zwischen hohen Homocysteinwerten und kardio- und zerebrovaskulären sowie thromboembolischem Risiko Es existiert keine Studie, die den Nutzen der Therapie belegt Vasokonstringierende Komponenten 1. Renin-Angiotensin-System Ansatzpunkt für ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorblocker 2. Endothelinsystem Endothelin I Blockade der Synthese noch nicht wirklich erfolgreich erforscht Vasodilatierende Komponenten 1. ANP wird im Bereich der Vorhöfe produziert 2. BNP vorrangig im Ventrikel 3. Beide Hormone werden wahrscheinlich durch einen erhöhten Wandspannungsdruck aus der größeren Speicherform in eine biologisch aktive c-terminale Form und eine inaktive n-terminale Form überführt Die Wirkung natriuretischer Peptide Peptid Freisetzung Stimulus Wirkung ANP Vorhof Vorhofdehnung Natriurese, Diurese, Hemmung der vasokonstringierenden Komponenten BNP Ventrikel Ventrikeldehnung Wie ANP BNP Das Brain Natriuretic Peptide (BNP) ist ein Hormon, das bei Herzinsuffizienz in der linken oder rechten Herzkammer gebildet und sezerniert wird. Es hat seinen Namen durch die Entdeckung im Schweinehirn erhalten und wird in geringer Menge auch im menschlichen Gehirn gefunden. BNP senkt sowohl die Vorlast als auch die Nachlast. Zusätzlich wirkt es in den Nieren, wo es die Natrium- (natriuretisch) und die Harnausscheidung (diuretisch) fördert. Die BNP-Konzentration im Blut korreliert gut mit dem Schweregrad einer Herzleistungsschwäche: Je höher der Wert, desto schwächer das Herz. BNP als einziger Labortest? 1. Die Framingham Studie ergab, dass in 40% der untersuchten Fälle falsche Diagnosen gestellt werden. 2. Durch den Einsatz des BNP konnte die Diagnose Herzinsuffizienz auf fast 80% gesteigert werden. (sehr verlockend, wozu noch eine Untersuchung oder ein radiologisches Verfahren?) 3. (aber) es zeigte sich, dass BNP als Screeningtest nicht geeignet, da zu viele milde Fälle übersehen werden. 4. Die Breathing Not Properly (BNP) Studie zeigte bei der aktuen Insuffizienz eine gute Sensitivität und Spezifität von BNP. Die Ergebnisse ließen zu, dass die Leitlinien 2001 modifiziert wurden: Nicht mehr von „Ausschluss einer Herzinsuffizienz“ sondern vom Nachweis einer „akuten Herzinsuffizienz“ wird nunmehr gesprochen. Ein erhöhter BNP-Wert über 100 pg/ml hat einen negativen Vorhersagewert von 96% mit einer Sensitivität von 86%. Deutliche Steigerung der Mortalität ab 480 pg/ml. 1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 Anzahl pg/ml NYHA I NYHA II NYHA III NYHA IV Ausmaß der Herzinsuffizienz und Höhe des BNP-Spiegels Neurohormone als Marker für den Erfolg der Intervention? 1. Endothelinspiegel sinken beim Einsatz von Betablockern (Krum et al 1996) 2. Big-Endothelinspiegel ebenfalls (Johnson et al 2002) 3. Umso schneller die Endothelinspiegel und BNPSpiegel sinken, um so besser die Prognose (Cheng et al 2001) 4. Abfall des N-ANP nach Gabe von AT-II Antagonisten und Betablockern (Klinge et al 1997, Stanek et al 2001) BNP als Vorhersagewert In einer Studie, die Dr. Evgenij Potapov beim Europäischen Kardiologie-Kongreß 2007 vorgestellt hat, wurde geprüft, wie sich durch tägliche BNP-Messung der Verlauf einer Herzinsuffizienz vorhersagen läßt. An der Studie am Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) nahmen 84 Patienten teil, die wegen schwerer Herzschwäche i.v. Katecholamine benötigten. "Wir konnten zeigen, dass die Gefahr, am Tag nach einer BNP-Bestimmung einen kardiogenen Schock zu entwickeln, fünfmal höher ist, wenn der BNP-Wert stark erhöht ist", sagte Potapov. War zusätzlich der Wert für den Entzündungsmarker ESelektin erhöht, war das Risiko eines kardiogenen Schocks sogar zwölfmal höher. "Das ist bemerkenswert, weil hämodynamische Parameter wie der Herzindex in diesem Krankheitsstadium keinen prognostischen Wert haben", so Potapov. Am DHZB wird der BNP-Wert deswegen bei den Patienten, bei denen eine Herzoperation denkbar erscheint, mittlerweile routinemäßig bestimmt. "Ist der BNPWert stark erhöht, dann votieren wir schneller für ein Herzunterstützungssystem als bei Patienten, bei denen der Wert niedriger liegt", sagte Potapov. Welche Neuigkeiten gibt es? (oder was brauchen wir?) Beispiele multifaktorieller Erkrankungen mit genetischer Prädisposition Erkrankung relevantes Gen Koronare Herzrkrankungen Apolipoprotein B (Apo B); Apolipoprotein E (Apo E); Lipoproteinlipase (LPL) Angiotensin converting enzyme (ACE); Glykoprotein IIIa Atherosklerose Apolipoprotein B (Apo B); Apolipoprotein E (Apo E); Lipoproteinlipase (LPL) Angiotensin converting enzyme (ACE); Glykoprotein IIIa Bluthochdruck Angiotensinogen (AGT); Angiotensin converting enzyme (ACE); Alzheimer Apolipoprotein E (Apo E) Hyperhomocystei nanämie Methylentetrahydrofolat-Reduktase Bereits jetzt stehen routinemäßig Verfahren zur Diagnostik von vererblichen Herz-Kreislauferkrankungen zur Verfügung, welche mit NAT-Technologien durchgeführt werden. 1. genetische Thrombophilie (Faktor V Leiden, Prothrombin, MTHFR) 2. Marfan-Syndrom / familiäres thorakales Aortenaneurysma (Fibrillin, TGFß-Rezeptor 2) 3. hypertrophe obstruktive / nicht obstruktive Kardiomyopathie (Myosin-bindendes Protein C, Troponin T, Troponin I) 4. dilatative Kardiomyopathie (Lamin A/C, Myosin-bindendes Protein C, Troponin T, Dystrophin) MTHFR (Methylen-Tetrahydrofolat-Reduktase) Bei der MTHFR-C677T-Mutation (entdeckt 1994) handelt es sich um eine ererbte Veränderung auf dem Methylen-Tetrahydrofolat-Reduktase-Gen in der Position 677, durch die ein Enzym (zuständig für die Umwandlung von Homocystein zu Methionin) mit um 50% verminderter Aktivität gebildet wird. Dadurch steigt der Pegel der toxischen Aminosäure Homocystein im Plasma, es kommt zur Hyperhomocysteinämie. Hyperhomocysteinämie gilt als Risiko-Faktor für HerzkranzgefäßErkrankungen sowie venöse Thrombosen. Bei homozygotem Gen-Defekt MTHFR-C677T und gleichzeitigem GenDefekt Faktor V Leiden-G1691A erhöht sich das Risiko venöser Thrombosen weiter. Beim Vorliegen eines heterozygoten Gen-Defekts konnte durch einen leicht erhöhten Homocystein-Wert kein gesteigertes Risiko festgestellt werden Faktor-V-Leiden Bei Faktor-V-Leiden-Mutation (auch FVG1691A, FVQ506, FVR506Q oder APC-Genotyp gennant, erforscht in Leiden/Holland) liegt eine ererbte Veränderung an Positition 1691 des Faktor-V-Gens vor. Diese führt zu einer Resistenz gegen aktiviertes Protein C (APC-Resistenz). Daraus resultiert eine erhöhte Gerinnungsaktivität des Blutes und letztendlich ein gesteigertes Thrombose-Risiko. APC-Resistenz ist nach heutigem Kenntnisstand der häufigste genetische Risikofaktor für eine venöse Thrombose. Etwa 5% der Bevölkerung weist eine APC-Resistenz auf, bei Patienten mit eigener und/oder familiärer Anamnese für Thrombosen steigt dieser Wert auf bis zu 20-60%. Bei heterozygotem Gen-Defekt steigt das Risiko einer venösen Thrombose um 500-1000%, bei homozygotem Defekt sogar um 5000-10000%. Bei Vorliegen der Faktor-V-Leiden-Mutation und gleichzeitiger weiterer Risiko-Faktoren kann es zu einer Steigerung des Thrombose-Risikos bis auf das 35fache kommen Prothrombin Prothrombin (Faktor II) ist die Vorstufe von Thrombin (Faktor IIa). Thrombin ist entscheident an der Blutgerinnung beteiligt. Eine Mutation an Position 20210 des Prothrombin-Gens (entdeckt 1996) führt zu einem erhöhten Prothrombin-Spiegel, welcher mit einem gesteigerten Risiko für venöse und arterielle Thrombose verbunden ist. Neben dem erhöhten Risiko einer Thrombose wurde auch ein um 400% erhöhtes Herzinfarkt-Risiko festgestellt. Das Auftreten dieser ererbten Mutation in der normalen, europäischen Bevölkerung beträgt 2%; sie lässt sich nur durch eine DNA-Analyse zuverlässig nachweisen. Bei Personen mit heterozygotem Gen-Defekt ist das Thrombose-Risiko gegenüber Personen ohne Mutation um 300% erhöht. Steigerung des Thrombose-Risikos bei zusätzlichen Faktoren wie z.B. Rauchen: 400-600% , für Hirnvenen-Thrombosen unter Einnahme der Antibaby-Pille: 1500%. Ungefähr ein Drittel der Thrombose-Patienten, die heterozygoter Träger der Faktor V-Leiden-Mutation sind, weisen zusätzlich die Prothrombin-Mutation in ihrer heterozygoten Form auf. Beim Auftreten beider Mutationen steigt das Thrombose-Risiko um das 10fache „Klinische und experimentelle Daten weisen auf eine komplexe humorale Regulation und wichtige Rolle von Autoimmunphänomenen bei der Herzinsuffizienz und besonders bei der dilatativen Kardiomyopathie (DCM) hin. Vor allem stimulierende Autoantikörper gegen den für die Kontraktion und Relaxation des Herzens wichtigen Beta1adrenergen Rezeptor (Anti-ß1-Ak) scheinen bei vielen Patienten die Entstehung und den Verlauf der Herzinsuffizienz entscheidend zu beeinflussen.“ Teilprojekt: Prävalenz, Genese und prognostische Relevanz von Beta1-Rezeptor Autoantikörpern bei humanen MyocardErkrankungen Atheroskleroseempfindlichkeit Beteiligung von Arginase I? Welche Methoden? Quantitative trait locus mapping(QTL) Proteomprofiling Versorgungsforschung genetische Alterung des Herzens?