Chromosomen Lernziele – Kernpunkte zur Prüfung Lernziele/Kernpunkte: Die Chromosomentheorie kann erklärt werden. • Die Methoden zur Charakterisierung von Chromosomen (Zellkultur bis Ideogramm) können erläutert werden. • Komparative Ansätze (ZOO-FISH und Multicolor-FISH) für Chromosomen sind bekannt. • Strukturelle und numerische Chromosomenpolymorphismen können erläutert und anhand von Beispielen erklärt werden. • Die Karyogramme der wichtigsten Haustiere und des Menschen sind bekannt. • Die Besonderheiten des X-Chromosoms und des Y-Chromosoms können erläutert werden. • Die Bedeutung der X-Inaktivierung und ihre Konsequenzen können anhand von Beispielen erklärt werden. • Mendel‘sche Gesetze und Chromosomentheorie Mendel‘s Einheiten paarweise A a B b Meiose A B a b Gameten A B A b a b a B Chromosomen Chromosomentheorie Gene liegen auf den Chromosomen! Komplex von DNA und Proteinen (Histone) Chromosomen: Die aus Chromatin bestehenden, in der Kernteilung als fadenoder stäbchenartige Körper sichtbaren Träger der Gene. Waldeyer, 1888 Grundlagenwissen zur DNA: • Struktur der Chromosomen? • Arten und Strukturen der DNA? • Organisation des Säugetiergenoms? • Fluss der genetischen Information? • Weitergabe der genetischen Information? • DNA-Techniken Metaphase des Mähnenwolfs (Chrysocyon brachyurus) 2n = 76 Metaphase: alle Chromosomen die in einer Zelle zu finden sind Wann und wie sehen wir die Chromosomen einer Zelle in einem Lichtmikroskop? in vivo: Nur Knochenmarkgewebe weist ausreichende Zellen in Mitose für Analysen auf! in vitro: Metaphasen-Chromosomen Präparation nach: • Lymphozytenkultur (Kurzzeit-Kultur) • Fibroblastenkultur (Langzeit-Kultur) Klinische Diagnostik Pränataldiagnostik • Amnionzellkultur (Langzeit-Kultur) • Chorionzottenzellkultur (Langzeit-Kultur) Zellkulturschrank Blutprobe (Heparin) viele Lymphozyten in Zellteilung Blutprobe mit Nährmedium plus Stimulans zur Zellteilung 72 Std. bei 37-40°C 5% CO2 Kurzzeit-Lymphozytenkultur Kolchizin-Zugabe Mitose wird arretiert Aliquots von werden auf Objektträger aufgetropft fixierte MetaphasenChromosomen (bei -20°C bis -80°C Lagern) Methanol/ Eisessig Salzarme Lösung (hypothon) Zellkulturschrank Muskelbiopsie steril entnommen Muskelbiopsie in Kulturflasche mit Medium überführen Fibroblasten wachsen aus der Biopsie heraus ab jetzt bis Schritt 6 immer bei 37-40°C 5% CO2 Langzeit-Fibroblastenzellkultur Passagieren und kultivieren bis genügend Fibroblasten gewachsen sind (Synchronisation) Kolchizin-Zugabe Mitose wird arretiert Aliquots von werden auf Objektträger aufgetropft 11 fixierte MetaphasenChromosomen (bei -20°C bis -80°C Lagern) Methanol/ Eisessig Salzarme Lösung (hypothon) Fibroblasten mit Trypsin von Plastik ablösen und in Röhrchen überführen Chromosomen-Grobmorphologie Grösse Lage des Zentromers Telomeren Euchromatin Heterochromatin Anzahl Chromosomen klein gross akrozentrisch Grösse Lage des Zentromers Telomeren Euchromatin Heterochromatin Anzahl Chromosomen submetazentrisch Mensch metazentrisch Mensch submetazentrisch Mensch akrozentrisch Maus "telozentrisch" Zentromer-Region alle Zentromeren sind rot angefärbt (Telomeren sind grün angefärbt) Zentromer-DNA: Verbindungsstelle der Schwesterchromatiden Spindelfaseransatzstelle (eigentlich Kinetochor) Grösse Lage des Zentromers Telomeren Euchromatin Heterochromatin Anzahl Chromosomen alle Telomeren sind grün angefärbt (Zentromeren sind rot angefärbt) Telomer-Region Repetitive DNA-Sequenz an Chromosomenende Bei Vertebraten 100-1000 Wiederholungen eines 6erBlocks Z.B. beim Menschen die Basen T T A G G G Die Telomerase ist ein Enzym des Zellkerns bestimmter Zellen. Es stellt die Endstücke der Chromosomen, die so genannten Telomere, wieder her. Bei jeder Zellteilung geht ein Stück (ca. 100 Nukleotide) der Telomere verloren. Die Telomerase verhindert durch die Wiederherstellung der Telomere, dass die Chromosomen mit jeder Zellteilung kürzer werden, was zum Zelltod führen würde. In den meisten normalen Zellen ist die Aktivität der Telomerase nicht nachweisbar. Aktiv ist die Telomerase nur bei einzelligen Organismen sowie in Zellen der Keimbahn und Embryonalzellen bei mehrzelligen Organismen. Die Telomerase ist ausserdem aktiv in Krebszellen, wodurch sich diese unendlich oft teilen können. Telomer kurzer Arm (p) Zentromer langer Arm (q) Telomer Heitz, 1928 ….bestimmte Abschnitte von Chromosomen sind auch in der Interphase kondensiert und anfärbbar! Grösse Lage des Zentromers Y Telomeren Euchromatin X Heterochromatin Anzahl Chromosomen Metaphase des Mähnenwolfs (Chrysocyon brachyurus) Euchromatin Lässt sich während der Zellteilung gut anfärben! Lässt sich während der Interphase schlecht anfärben! Genreiche Regionen! Heterochromatin Lässt sich während der Zellteilung gut anfärben! Lässt sich während der Interphase besser anfärben! Genarme Regionen!? Chromosomen-Feinmorphologie Klassische zytogenetische Färbe-Methoden 1. Giemsa staining 2. GTG-banding 3. QFQ-banding 4. CBG-banding 5. Ag-NOR-staining 6. ….. Giemsa staining X Y X Y X Otocyon megalotis ♂ 2n=72 Chrysocyon brachyurus ♂ 2n=76 Fennecus zerda ♂ 2n=64 Giemsa → Vor allem, um diploide Chromosomenzahl zu bestimmen! G-bands by Trypsin-Giemsa-staining (GTG) Y B X B X Y Chrysocyon brachyurus ♂ 2n=76 +2B Fennecus zerda ♀ 2n=64 GTG-Banding → vor allem für die Identifizierung von Chromosomen QFQ-banding X Y Y X X Y Otocyon megalotis ♂ 2n=72 Chrysocyon brachyurus ♂ 2n=76 Fennecus zerda ♂ 2n=64 QFQ-Banding → vor allem für die Identifizierung von Chromosomen C-bands by Ba(OH)2 - Giemsa-staining Y Y X X X Y Otocyon megalotis ♂ 2n=72 Chrysocyon brachyurus ♂ 2n=76 Fennecus zerda ♂ 2n=64 C-Banding → vor allem für die Identifizierung von Heterochromatin AgI-Banding (active NOR-staining by AgNO3) Otocyon megalotis ♂ 2n=72 6 pairs: p-arm, terminal AgI-Banding → vor allem für die Identifizierung von NORs Giemsa-Banden dunkel: weniger G-C Zentromer (primäre Einschnürung) G-Banden R-Banden (reverse) Q-Banden (Quinacrine) Nucleolus-Organisator (sekundäre Einschnürung) Nukleolus-Organisator-Region (NOR) Chromosomenabschnitte, in denen seriell angeordnete Gene für ribosomale RNAs liegen, von denen sehr viele Genprodukte (rRNAs) in der Zelle benötigt werden. Definition: Der Karyotyp beschreibt den Chromosomensatz einer Zelle. Karyotyp Lymphozyt, Mähnenwolf Definition: Das Karyogramm beschreibt den Chromosomensatz einer Zelle, geordnet nach dem offiziellen Standard. Karyogramm Lymphozyt, Mähnenwolf Definition: Das Ideogramm beschreibt den Chromosomensatz einer Zelle in bildhafter Form, geordnet nach dem offiziellen Standard. Ideogramm Lymphozyt, Mähnenwolf Mensch ♀ Hund ♂ Der Chromosomensatz (der Karyotyp) ist oft artspezifisch Chromosomenzahl (2n) Vicia faba (Wicke) Zea mays (Mais) Oryza sativa (Reis) Ascaris megacephalus (Spulwurm) Stylonychia mytilus (Muscheltierchen) Musca domestica Drosophila melanogaster Bombyx mori (Seidenspinner) Lysandra atlantica (ein Schmetterling) 12 20 42 2 ca. 300 12 8 56 446 Chromosomenzahl(2n) Gallus domesticus Equus caballus Equus asinus Felis catus Bos taurus Capra hircus Ovis aries Sus scrofa Canis familiaris 78 64 62 38 60 60 54 38 78 Homo sapiens 46 Homo sapiens Chromosom 1 (HSA 1) Chromosomenzahl (2n) Gorilla gorilla Pan troglodytes Pongo pygmaeus Homo sapiens 48 48 48 46 Das menschliche (H) Chromosom 2 im Vergleich mit den entsprechenden Chromosomen von Menschenaffen: C=Schimpanse, G=Gorilla, O=Oran Utang Grosse Homologien der Chromosomen zwischen phylogenetisch eng verwandten Spezies. Hundeartige (Kaniden): grosse Variation in der diploiden Chromosomenzahl! Rotfuchs 2n = 34 Grauwolf 2n = 78 "Nombre fondamental“ (NF) Anzahl Chromosomenarme im weiblichen Karyotyp! (ohne B Chromosomen, ohne heterochromatische Arme) z.B. Rotfuchs (Vulpes vulpes) 2n = 34 alle Chromosomen sind metazentrisch (inkl. X-Chromosom) NF = Anzahl metazentrische Autosomen (MA) mal 2 + Anzahl akrozentrische Autosomen (AA) mal 1 + Anzahl Chromosomenarme der X Chromosomen (XX) im weiblichen Tier NF des Rotfuchses: 32 MA mal 2 = 64 0 AA mal 1 = 0 XX mal 2 = 4 NF = 68 Rotfuchs 2n = 34 alle Autosomen metazentrisch: 32 x 2 = 64 X-Chromosomen submetazentrisch 2 x 2 = 4 NF = 68 Grauwolf 2n = 78 alle Autosomen akrozentrisch: 76 x 1 = 76 X-Chromosomen submetazentrisch 2 x 2 = 4 NF = 80 Betrachten wir die Chromosomenarme (NF), so sind die Zahlenunterschiede nicht mehr so drastisch! Multicolor-FISH Chromosomen-Painting Proben = DNA-Sondengemisch für ein einzelnes, ganzes Chromosom. ZOO-FISH Chromosomen-Painting-Proben sind über die Spezies-Grenzen Einsetzbar. → Homologien nachweisbar! Natürliche strukturelle Varianten von Chromosomen Werden erkannt, wenn viele homologe Chromosomen in einer Population untersucht werden. • chromosomaler Heteromorphismus • fragile Stellen • Markerchromosomen chromosomaler Heteromorphismus NORs Satelliten-DNA HSA 13, 14, 15, 21, 22 Y-Chromosom: heterochromatischer Block auf Yq alle heterochromatischen Bereiche um die Zentromere fragile Stellen Erhöhtes Risiko für Chromosomen- oder Chromatidenbrüche (oft in entarteten Geweben). Xq28 Fragiles X Chromosome (Martin Bell Syndrome) expandierender Trinukleotid-Repeat stört Chromatinstruktur und Methylierungsmuster in dieser Region Geistige Retardierung http://www.cdc.gov/ncbddd/single_gene/fragilex_causes.htm Markerchromosomen Markerchromosomen sind kleine Chromosomenbruchstücke, die neben den normalen Chromosomen bei einem Individuum auftreten können, und mit traditionellen Methoden nicht Identifiziert werden können. Markerchromosom (können negative Wirkung auf Phänotyp haben) Nicht in allen Metaphasen eines Individuums sichtbar! Können vererbt werden oder de novo entstehen! Orang Utan Zoo Zürich Natürliche Chromosomenzahlpolymorphismen • zwischen Unterarten • innerhalb einer Art • innerhalb eines Individuums Muntiacus muntjak vaginalis (Indien) 2n=6 Muntiacus muntjak reevesi (China) 2n=46 Chromosomenzahlen (2n) von Mus domesticus (Hausmaus) Sizilien, Filicudi, Salina 2n=40 Lipari, Vulcano 2n=26 Stromboli 2n=26/31 Alicudi 2n=33/34 Panarea 2n=35/36/37 Natürlicher Chromosomenzahlpolymorphismus Polarfuchs (Alopex lagopus) 2n = 48-50 2n = 50 ALA 24 ALA 23.... 2n = 49 ALA 24 ALA 23.... Heterozygoter Träger der Translokation 2n = 48 ALA 24 ALA 23.... Homozygoter Träger der Translokation Robertsonian Translocation? zwei akrozentrische Chromosomen Robertsonian Translocation: zentrische Fusion FISH-Analyse: Nachweis einer balancierten reziproken Translokation zwischen den Chromosomen 4 und 6 (grünes Signal: WCP4-Sonde) B Chromosomen Rotfuchs (Vulpes vulpes) 2n = 34 + Bs Chinesischer Marderhund (Nyctereutes nyctereutes procyonoides) 2n = 54 + Bs Entstehung, Ursprung, Bedeutung und Funktion von B Chromosomen ist bis heute nicht gelöst! Haushuhn (Gallus domesticus) 2n = 78 Makrochromosomen Mikrochromosomen Interspezies Hybridisierung Kreuzungen zwischen Arten (Spezies) • Haustiere • Wildtiere • Bos taurus Haustiere europäisches Hausrind 2n = 60 submetazentrisches Y • Bos indicus indisches Zebu 2n = 60 telozentrisches Y http://www.ansi.okstate.edu/breeds/cattle/ fertile Nachkommen! • Bos taurus Haustiere europäisches Hausrind 2n = 60 • Bison bison Amerikanischer Bison 2n = 60 Keine fertilen männlichen Nachkommen! Selten weibliche Nachkommen! Beefaloo • Equus caballus Haustiere Hauspferd 2n = 64,XY • Equus asinus Esel 2n = 62,XX Maulesel (2n = 63) • Equus caballus Haustiere Hauspferd 2n = 64,XX • Equus asinus Esel 2n = 62,XY Maultier (2n = 63) ♀ Maultier Karyotype 2n = 63 From Nicholas, 1987 Eldridge and Blazak, 1976 Wildtiere - Beispiel Afrikanischer Wildhund (Lycaon pictus; 2n = 78) verwilderter Haushund 2n = 78 Hybridisierung gefährdet das Ueberleben der Wildkaniden! Die Geschlechtschromosomen ♀ Spiegel Kupfer und Venus ♂ Schild und Speer Eisen und Mars Geschlechtsbestimmung durch X und Y beim Säuger XX → weiblich XY → männlich Ursprünglich waren das X und das Y Chromosom ein Autosomenpaar! X-Chromosom (Mensch) In Säugetieren ist das X Chromosom stark konserviert! Bsp: Hämophilien (Bluterkrankheit) B A Vererbungsschema (stark vereinfacht) Frau: heterozygot Mann: normal P: H//h H/Y-Chromosom H h gesund H Y H//H H/Y gesund h//H Konduktorin h/Y Bluter Männer sind für alle X-chromosomalen Allele hemizygot Farbfehlsichtigkeit Netzhaut Zapfen Farbe Stäbchen hell/dunkel RhodopsinPhotopigmentrezeptoren autosomal 1 Gen X-chromosomal 2 Gene Evolution der Gene für Photorezeptoren Zeit ancestrales Gen 700 Mio Jahre 500 Mio Jahre 30 Mio Jahre Rhodopsin blau grün rot Normale Anordnung der Rot- und Grün-Gene auf dem X Chromosom ungleiches CO b a a intergen b intragen Mütterliche Chromosomen Grün-Blindheit normal Rot-Blindheit Rot-Grün-Blindheit Rot-Grün-Blindheit Rot-Blindheit X-chromosomal dominante Mutationen sind beim Menschen selten. z.B. Vitamin D resistente Rachitis können von autosomalen Erbgängen nur unterschieden werden, wenn Kinder von männlichen Trägern vorhanden sind. ➜ alle Töchter betroffen alle Söhne nicht betroffen Y-Chromosom Spezifische Chromosomen-PaintingProbe für das kanine Y Chromosom auf Metaphase des Hundes (Rückhybridisierung). Dr. A. Pieńkowska-Schelling • Mensch: ca. 23‘000‘000 bp, sequenziert! Fruchtbarkeit Y Chromosom in Säugern nicht so stark konserviert wie X Chromosom! ← 3 verschiedene DNA-Sonden Hund CFA, Löffelhund OME, Marderhund NPP, Mähnenwolf CBR, Fennek FZE, Rotfuchs VVU, Blaufuchs ALA Ausserhalb der PAR keine Rekombination! Variationen sind nur auf Mutationen zurückzuführen. Y-Chromosom wird nur von Vater auf Sohn vererbt (paternale Vererbung). Forensik: Y-Marker im Zusammenhang mit Nachweis männlich/weiblich und Vergewaltigungen sehr wichtig! Sry Gene in der pseudoautosomalen Region verhalten sich wie autosomale Gene und sind vom Erbgang her von solchen nicht zu unterscheiden! PAR X Y • Synaptonemaler Komplex (Ausschnitt EM-Bild) Dr. A. Pieńkowska-Schelling SRY kann als Folge eines illegitimen CO auf das X-Chromosom gelangen! Männliche Infertilität • Azoospermiefaktoren (AZF) • Androgen-Rezeptor-Gen (AR) • congenitale Aplasie des Vas deferens (CAVD) • CAG-Repeat mitochondriale DNA-Polymerase (POLG) • Kryptorchismus (einseitig oder beidseitig) • viele chromosomale Aberrationen Abklärungen möglich Azoospermiefaktoren (AZF) Azoospermiefaktor a (AZFa) Azoospermiefaktor b (AZFb) Azoospermiefaktor c (AZFc) • AZF-Gene liegen auf langem Arm des Y Chromosoms (Yq11.22-23) • AZF-Genprodukte sind für die normale Spermatogenese mitverantwortlich • ~ 5-10 % der infertilen Männer tragen Deletionen in der AZF-Region • normalerweise handelt es sich um de novo Mutationen mehr Infos z.B. unter www.genetica-ag.ch Globale Verteilung von Y-Haplogruppen ‘hairy pinnae’ - Y Chromosome Gene? → wahrscheinlich nicht Lee et al.: Molecular evidence for absence of Y-linkage of the Hairy Ears trait. Eur. J. Hum. Genet. 2004 (12):1077-9 Mary Lyon (1961): Bei weiblichen Säugern wird in der frühen Embryogenese zufälligerweise eines der beiden X-Chromosomen irreversibel inaktiviert. Die Inaktivierung wird an alle Tochterzellen weitergegeben. Cytologischer Befund (M.L. Barr, 1949): Interphasekerne weiblicher Säuger weisen eine stark anfärbbare Struktur auf, welche in Kernen männlicher Säuger fehlt. ➜ Geschlechtschromatin, ‘sex chromatin’, Barr-Körper Barr-Körperchen XY normal männl. XX normal weibl. XXY Klinefelter X0 Turner XXX Triple-X Anzahl Barrkörperchen = X-Chromosomen minus 1 Anfärbbare Hautbereiche mit fehlenden Schweissdrüsen beim Christ-Siemens-Touraine Syndrom (Hypohidrotische ektodermale Dysplasie). X-chromosomal rezessiv Das Inaktivierungsmuster ist zufällig und wird nicht vererbt. Die Inaktivierung findet relativ früh in der Embryogenese statt (Fleckengrösse). In Keimbahnzellen wird die Inaktivierung rückgängig gemacht. Bei Marsupialiern wird immer das paternale X-Chromosom inaktiviert. X-Inaktivierung Genbalance? XY ➜ Dosiskompensation XX ➜ Dosiskompensation Katzen zeigen eine sehr grosse Variation bezüglich ihrer Fellfarben. Schildpattkatze (engl. tortoiseshell) Beobachtung: so genannte Schildpattkatzen oder Trikolor-Katzen sind immer weiblichen Geschlechts. Trikolor-Katze (engl. calico) 1 von 3‘000 Schildpattkatzen oder Trikolor-Katzen ist männlich! X-chromosomaler Genort "Orange" Allel O: Fellfarbe orange Allel o: Fellfarbe schwarz (eigentlich: nicht-orange) ein anderes Gen (autosomal) bewirkt weisse Flecken autosomaler Genort (spielt hier keine Rolle) autosomaler Genort X-chromosomaler Genort X-chromosomaler Genort mit zwei Allelen: O=Orange (EPISTATISCHE WIRKUNG) o=non-Orange autosomaler Genort mit mehreren Allelen: X-chromosomal Fellfarbe orange: Allel O Fellfarbe schwarz: Allel o -> Männchen entweder schwarz (o/Y) oder orange (O/Y) -> Weibchen: o/o = schwarz O/O = orange O/o = gescheckt Diagnostizierte Karyotypen von ♂ TC-Katzen 39,XXY 38,XX/38XY 38,XY/38XY somatischer Chimärismus 38,XY/39,XXY 38,XX/57,XXY 38,XY/57,XXY 38,XY/39,XXY/40,XXYY 38,XX/38,XY/39,XXY/40,XXYY Mutter Vater x x x x x x Söhne Töchter Zusammenfassung Die Chromosomen bestehen aus DNA und Proteinen. Nach Kultivierung von geeignetem Gewebe, können ChromosomenPräparationen für zytogenetische Analysen bereitgestellt werden. Die Chromosomen können durch ihre spezifischen morphologischen Charakteristika in Verbindung mit Bänderungsmustern identifiziert werden. Karyogramme beschreiben das art-typische Chromosomen-Komplement. Das X-Chromosom und das Y-Chromosom weisen unterschiedliche Besonderheiten auf. Die X-Inaktivierung führt zur Dosiskompensation von X-chromosomalen Genen. Ausblick nächste Lektionseinheit Jetzt wollen wir uns mehr mit den Mechanismen befassen, die an der Weitergabe der Erbinformation in der Zelle beteiligt sind! Nach den Chromosomen, als Träger der Gene interessiert uns zuerst, welches Molekül die genetische Information speichert. DNA! Anhang 4 Mikrosezierung des X Chromosoms des Pferdes Stute 64, XX Hengst-Wallach 64, XY 115 Heute können wir einzelne Chromosomen nach Wahl physisch isolieren und für Experimente und Diagnosestellung einsetzen! 116 Bilder: Dr. Benno Roethlisberger Kantonsspital Aarau 117 118 119 120 121 122 123 DOP-PCR Chromosomen-Painting Probe für X Normale Stute 64, XX 124 FISH-Hybridisierung mit einer X-Chromosom-spezifischen Painting-Probe Diagnose-Beispiel für eine Monosomie unfruchtbare Stute 63, X0 Bild: M. Bugno - Krakau A. Pieńkowska-Schelling - ETH Zürich Chromosomen-Painting Proben vereinfachen die Diagnostik 125 Diagnose-Beispiel für eine Trisomie unfruchtbare Stute 65, XXX Bild: M. Bugno - Krakau A. Pieńkowska-Schelling - ETH Zürich Chromosomen-Painting Proben vereinfachen die Diagnostik 126