Diagnostik ADHS bei Erwachsenen Prof. Dr. med. Dominique Eich-Höchli ADHS – Symposium Waldau Bern Bern, den 18.02.2010 Agenda • ADHS-Diagnose bei Erwachsenen ist „jung“ (Vergleich zur Depression) • Diagnostik von ADHS, Prävalenz • Symptomatik, Symptommigration und Langzeitverlauf • ADHS Subtypen und „Variationen“ Workshop 3: am Nachmittag • Differenzialdiagnostik • Fallbeispiele • Diskussion Kleiner Kanon der Depressionsdiagnostik Aristoteles 384-322 v. Chr.: Melancholie Galen 129-216 n. Chr.: Konstitutionspsychologie: Pykniker mit manischmanisch-depressiver Krankheit assoziiert Kraepelin 1889 : ICD-9: P. Kielholz, 1973: ICD-10, 1990 : J. Angst, 1996: L. Judd, 2002: Depression vs. manisch-depressives Irresein Reaktive vs. endogene vs. organische Depression Larvierte Depression Affektives Spektrum F3 Rekurrierende, kurze Depression Subthreshold depression ICDICD-10: Multiaxiales System Depressives Spektrum nach ICD – 10 F3 Affektive Störungen F31 Bipolare Störung - gegenwärtig depressive Episode - gegenwärtig gemischte Episode F32 Depressive Episode - gegenwärtig leichte / mittelgradige / schwere Episode - ohne / mit somatischen Symptomen * - ohne / mit psychotischen Symptomen - synthyme / parathyme Wahngedanken und Halluzinationen F33 Rezidivierende depressive Episoden F34 Anhaltende affektive Störungen - Zyklothymia - Dysthymia F38 Andere affektive Störungen - Rezidivierende kurze depressive Störung (F38.10 = RBD) Symptomatik depressiver Stö Störungen (F 32) Leitsymptome für den Hausarzt * • Früherwachen • Morgentief • Libidoverlust • Psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit • Appetit- und Gewichtsverlust • Interesselosigkeit • Mangelnde emotionale Reaktionsfähigkeit * Somatisches Syndrom nach ICD-10: mindestens 4 Symptome Behandlungsphasen der Depression Remission asymptomatisch vollständige Gesundung Rezidiv Rückfall Relapse X Ansprechen X Recurrence Response Symptom Residual X Syndrom Behandlungsphasen Akuttherapie Erhaltungsth. Erhaltungsth. Rezidivprophylaxe Behandlungsdauer bis zur Remission 2 ca 6 Monate 2 ggf. ggf. über Jahre 2 1 modifiziert nach Kupfer DJ. J Clin Psychiatry. 1991;52(suppl):281991;52(suppl):28-34. 2 AWMF Leitlinien http://www.unihttp://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/awmfleit.htm (Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften; Fachgesellschaften; Leitlinien der DGPPN). ADHS: Geschichte • • • • • • • • • • • 1846 1902 1947 1957 1960 1968 1972 1980 1987 1990 1994 Hoffmann: „Zappel-Philipp“ Still: „Defect in moral control“ Strauss+Lehtinen: Minimal Brain Dysfunction Laufer: „Hyperkinetic Impulse Disorder“ Chess: „Hyperactive Child Syndrome“ DSM-II: „Hyperkinetic Reaction of Childhood“ Douglas: “Deficits in sustained Attention“ DSM-III: „Attention-Deficit Disorder“ (ADD) DSM-III-R: „Attention-Deficit Hyperactivity D.“ Barkley/Wender: „ ADHD-Persistence in Adults“ DSM-IV: „Attention-Deficit/ Hyperactivity Disorder“ (bei uns: ADHS) ADHS - Nomenklatur Zappelphilipp Hyperkinetic Reaction of Childhood Hanns Guck-in-die-Luft Hyperkinetic Syndrome Frühkindliches POS Hyperactive Child Syndrome Aufmerksamkeits-DefizitStörung Minimal Brain Damage Minimal Brain Dysfunction Minimal Cerebral Dysfunction Abkürzungen § § Vielzahl unterschiedlicher, z.T. verwirrender Abkürzungen: ADD, ADHD, ADS, ADHS, HKS, POS u.a.m. Hintergrund – historisch bedingt – deutsche oder englische Abkürzungen – konzeptuelle Uneinigkeit bzw. unterschiedliche Schwerpunktsetzung „Die (neue) WHO-Studie hat errechnet, dass ADHS einen Menschen in seiner Leistungsfähigkeit derart einschränkt, dass er von der erbrachten Leistung pro Jahr einen Monat weniger arbeitet als Nichtbetroffene.“ NZZ am Sonntag 7.9.2008 NZZ aS 07-09-08 HKS und ADHD ICD DSM ICD-8 (1974) Hyperkinetisches Syndrom der Kindheit (308.3) DSM-III (1980): ADD Attention-Deficit-Disorder (314) ICD-9 (1979) Hyperkinetisches Syndrom des Kindesalters (314) mit Entwicklungsrückstand / mit Störung des Sozialverhaltens ICD-10 (1991) : HKS Hyperkinetische Störung (F90) ADHS (F90.0) Unaufmerksamkeit (6/9); Überaktivität (3/5); Impulsivität (1/4) DSM-III-R (1987): ADHD Attention-deficit-HyperactivityDisorder (314.01); 8/14 Kriterien Schweregrad: leicht / mittel / schwer Ausschlusskriterien: Autismus DSM-IV (1994); ADHD Attention-Deficit / Hyperactivity Disorder (314); Kriterien: 6/9 + 6/9 combined / inattentive / hyperactiveimpulsive Type / ADHD NOS Entwicklungslinien von ADHS Unaufmerksamkeit Impulsivität Hyperaktivität Komorbidität < 7j. 7-14j. 14-18j. 18-25j. >25j. St. Stahl, 2008 Wenn Kinder erwachsen werden ... • Berufsausbildung / Studium • Einstieg ins Berufsleben / Anstellung • sozioökonomischer Status / soziale Anerkennung • Bürgerpflichten: Gesetze, Verkehrsregeln einhalten; Steuern zahlen • • • • Freizeitaktivitäten Verlassen der Herkunftsfamilie Partner-Beziehungen / Familiengründung Konsumgewohnheiten Prävalenz-Parameter • Administrative vs. epidemiolog. Prävalenz • Untersuchungsinstrumente: Rating-Skalen vs. Diagnostische Kriterien • Diagnosen-Konstrukte (Leitsymptome) • Selbst- vs. Fremdrating (Lehrer /Eltern) • Alter bzw. Dauer der Störung (HK↓) • Untergruppen: ADS+H vs. ADS-H • Gesundheitliche Probleme / IQ • Sozioökonomischer Status • Komorbiditäten Präv. Präv. I Prävalenz von ADHS: USA Epidemiologie des Kindesalters Kinder im Schulalter 2 - 18% Persistenz ins Erwachsenenalter Manuzza et al. 1990, 1993 Weiss et al. 1984, Weiss & Hechtmann, 1993 ~ 50% ADHS-Epidemiologie bei Erwachsenen Murphy und Barkley, 1996: DuPaul et al., 1997: Heiligenstein et al., 1997: Faraone et al., 2005 (subthreshold) NCS-R, Kessler et al., 2006 WHO, Fayynard et al., 2007 (konservativ) → Prävalenz bei Erwachsenen: 4.7% 4.5% 4.0% 2.9 – 16.4% 4.2% 3.4% ca. 4% (≈ 9.8 Mio.) Präv. Präv. II Ad: Prävalenz ADHS beim Erwachsenen 2.9% eng gefasste Kriterien (DSM-IV-Kriterien im Kindes- und Erwachsenenalter) 16.4% weit gefasste Kriterien (unterschwellige Störung) Untersuchung in derAllgemeinbevölkerung (n=996) Faraone & Biederman, 2005 4.2% geschlechts- und altersunabhängig National Comorbidity Survey Replication (n=2399) Kessler et al., 2006 3.4% (Range 1.2 – 7.3%), konservative Schätzung WHO-Studie in 10 Ländern Fayynard et al., 2007 Problematik der retrospektiven Diagnostik • fehlende oder unscharfe Kindheitserinnerungen: – milde Formen (subthreshold) – kein Krankheitswert • Berkson Effekt: – Zuweisung zur Abklärung hängt vom Schweregrad der Störung ab (administrative Prävalenz) D. Eich, 2010 Leitsymptome adulter ADHS nach P. Wender 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Aufmerksamkeitsstörung Motorische Hyperaktivität Affektlabilität (zykloid) Desorganisation in Verhalten und Aktivitäten Mangelhafte Affektkontrolle (Wutausbrüche) Impulsivität (Dazwischenreden) Emotionale Überreaktionen P. Wender, Oxford University Press, 1995 ADHS Erwachsene (Utah Kriterien n. Wender, 1995) • Obligatorische – Aufmerksamkeitsstörung – Hyperaktivität • Fakultative Kriterien (mindestens 2) – – – – – Affektive Labilität Temperament Emotionale Ueberreagibilität (Stressintoleranz) Desorganisation Impulsivität • Verschiedene Kombinationen möglich • Keine diagnostischen Subtypen DSM-IV-TR-Kriterien Symptome des Aufmerksamkeitsdefizits nach DSM IV Symptomwandel im Erwachsenenalter Beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei den Schularbeiten, bei der Arbeit oder bei anderen Tätigkeiten Mangelnde Konzentration beim Durchlesen schriftlich fixierter Aufgaben und Arbeitsanweisungen; bei mündlicher Auftragserteilung Unfähigkeit, so lange konzentriert zu bleiben, bis die Handlungsanweisungen verinnerlicht sind Hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten Subjektiv langweilige Aufgaben wie Routinearbeiten am Arbeitsplatz, regelmässige Arbeitsabläufe oder uninteressant erscheinende Aufträge lösen eine erhöhte Ablenkbarkeit aus und führen damit zum Wechsel der Tätigkeit, wichtige und unwichtige Dinge sind gleichrangig Scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn/sie ansprechen Erwachsene sind häufig mit eigenen Gedanken beschäftigt, oft noch von Vorkommnissen beeindruckt, bei denen scheinbar etwas schlecht gelungen ist, und haben deshalb kein Ohr für die Umgebung Krause und Krause, ADHS im Erwachsenenalter, 2. Auflage, 2005 DSM-IV-TR-Kriterien Symptome des Aufmerksamkeitsdefizits nach DSM IV Symptomwandel im Erwachsenenalter Führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende führen Erwachsene erfassen die Aufgabenstellung nur unvollständig und fühlen sich schnell von zu erledigender Arbeit überfordert; weil keine Gliederung der Arbeit vorgenommen werden kann, wechseln sie deshalb zu anderer „interessant“ erscheinenden Tätigkeit Hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren Mangelnder Überblick bei der Organisation von Arbeiten, Wichtig und Unwichtig werden bei der Planung von Arbeitsabläufen nicht beachtet Vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die länger andauernde geistige Anstrengungen erfordern Mangelnde Fähigkeit zur Gliederung von Arbeitsabläufen führt zu schnell eintretenden Überforderungsgefühlen, häufiger Stimmungswechsel verhindert konstante Arbeitsleistung, dies bedingt eine oft zu beobachtende Selbstwertentwertung Krause und Krause, ADHS im Erwachsenenalter, 2. Auflage, 2005 DSM-IV-TR-Kriterien Symptome des Aufmerksamkeitsdefizits nach DSM IV Symptomwandel im Erwachsenenalter Verliert häufig Gegenstände, die er/sie für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt Unfähigkeit, sich an Handlungen zurückzuerinnern (z.B.: Wo habe ich meinen Schlüssel abgelegt?), bei starker Reizoffenheit; Verlust der Fähigkeit, geplant vorzugehen; keine Erinnerung an Ausgangssituationen, damit verbunden der Eindruck, sich ständig in einer unvorhergesehener Situation zu befinden Lässt sich öfter durch äussere Reize leicht ablenken Hohe Ablenkbarkeit bei grosser Reizoffenheit durch schlecht steuerbare Konzentration und Fokussierung auf die Gesprächs- oder Arbeitssituation Ist bei Alltagsaktivitäten häufig vergesslich Häufig vorhandenes Gefühl, an vorzeitigem „Alzheimer“ zu leiden, weil der Tagesablauf als eine Aneinanderreihung von unvorhersehbaren Ereignissen wahrgenommen wird und damit die eigentlich geplanten Vorhaben in Vergessenheit geraten Krause und Krause, ADHS im Erwachsenenalter, 2. Auflage, 2005 Unaufmerksamkeit: Symptommigration Viele Erwachsene kompensieren ihre Aufmerksamkeitsprobleme DSM-IV Symptomenbereiche • Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten ist schwierig • hört nicht zu • kann nicht durchhalten • kann nicht organisieren • verliert wichtige Gegenstände • leicht ablenkbar, vergesslich ADHD - ErwachsenenSymptome • Schwierigkeiten – Aufgaben zu beginnen und abzuschliessen – Wechsel zu einer anderen Aufgabe, wenn erforderlich • Kompensationen: – selbst-gewählter Lebensstil – Unterstützungen aller Art DSM-IV-TR-Kriterien Symptome der Hyperaktivität und Impulsivität nach DSM IV Symptomwandel im Erwachsenenalter Zappelt häufig mit Händen und Füssen oder rutscht auf dem Stuhl herum Erwachsene wippen mit den Füssen, lassen häufig das ganze Bein zittern, trommeln mit den Fingern auf den Tischplatten oder Armlehnen von Stühlen, gelegentlich verknoten sie ihre Beine oder schlingern sie um Stuhlbeine, um die motorische Unruhe zu kontrollieren, sie schlagen beim Sitzen ein Bein unter und haben oft Probleme mit Nägelkauen Steht in der Klasse oder in anderen Situationen, in denen Sitzenbleiben erwartet wird, häufig auf Erwachsene vermeiden Langstreckenflüge, weil sie die erzwungene körperliche Ruhe nicht ertragen; Restaurant-, Theater- und Kinobesuche führen zu grosser innerer Anspannung, weil wenig Gelegenheiten zu Bewegung existiert Läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist (bei Jugendlichen oder Erwachsenen kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl beschränkt bleiben) Erwachsene lieben Berufe mit der Möglichkeit sich zu bewegen; sie sind häufig in Aussendienstpositionen mit wechselnden Gesprächspartnern oder Orten zu finden, sie verzichten ungern auf ihr Handy, sie brauchen viele Reizquellen , sie möchten sich durch die Aussenreize stimulieren DSM-IV-TR-Kriterien Symptome der Hyperaktivität und Impulsivität nach DSM IV Symptomwandel im Erwachsenenalter Hat häufig Schwierigkeiten ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten zu beschäftigen Erwachsene treiben gerne Sportarten, die mit Risiko verbunden sind, wie Drachenfliegen, Bungee-Jumping oder Motorradfahren; die extreme Reizsituation führ zu einer intensiven Konzentrationsleistung, was von den Betroffenen als angenehm erlebt wird Ist häufig „auf Achse“ oder handelt oftmals, als wäre er/sie „getrieben“ Hektisches Rennen vermittelt ein Gefühl von Lebendigkeit, deshalb auch der Versuch, ständig mehrere Arbeiten gleichzeitig zu bewältigen; das Hasten von Arbeit zu Arbeit entlastet von starker innerer Unruhe Redet häufig übermässig viel Die Sprechweise ist oft schnell und undeutlich, wird von der Umgebung häufiger als aggressiv erlebt, Gesprächspartner kommen kaum zu Wort, da der Betroffene schnell auf ein Thema hyperfokussiert ist, „Smalltalk“ wird als langweilig empfunden Krause und Krause, ADHS im Erwachsenenalter, 2. Auflage, 2005 DSM-IV-TR-Kriterien Symptome der Hyperaktivität und Impulsivität nach DSM IV Symptomwandel im Erwachsenenalter Platzt häufig mit den Antworten heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist Die überbordernde Ideen müssen schnell formuliert werden, bevor sie vergessen sind, es fehlt wie bei Kindern das „Stop – Listen – Go“ Kann nur schwer warten bis er/sie an der Reihe ist Die andauernde innere Spannung äussert sich in Ungeduld gegenüber der Langsamkeit anderer, betroffene Mütter leiden unter der langsamen Auffassungsgabe ihrer Kinder bei den Hausaufgaben; Schlangenstehen oder Stau beim Autofahren führen zu aggressiven Verhaltensweisen Unterbricht und stört andere häufig Mischt sich ungefragt in Gespräche ein. Wenn (platzt z.B. in Gespräche oder in Spiele ein Betroffener selbst nicht handeln soll, anderer herein) kommt in ihm schnell eine innere Unruhe auf, die dazu verleitet, die Arbeit selbst zu übernehmen. Beispiel: die tüchtige Mutter, deren Tochter keine Chance erhält, eigene Fertigkeiten zu entwickeln Krause und Krause, ADHS im Erwachsenenalter, 2. Auflage, 2005 Hyperaktivität: Symptommigration Zielloser Antrieb und Unruhe / Hyperaktivität wandeln sich oft zu innerer Unruhe DSM-IV Symptombereiche • • • • Zappeln, Herumrutschen kann nicht sitzen bleiben Herumrennen, Klettern kann nicht ruhig spielen oder arbeiten • auf Achse / „getrieben von innerem Motor“ • redet übermässig viel ADHD - ErwachsenenSymptome • oft eher gefühlt als manifest • Aktivität kann Beziehungen belasten • Kompensationen: – selbstgewählte, sehr aktive Arbeitsstellen – viele / wechselnde Arbeitsplätze; viele Stunden Impulsivität: Symptommigration Impulsivität im Erwachsenenalter beinhaltet oft schwerwiegendere Konsequenzen DSM-IV Symptomenbereiche • mit Antworten herausplatzen • nicht warten können, aus der Reihe tanzen • Unterbrechen und Stören anderer ADHD - ErwachsenenSymptome • geringe Frustrationstoleranz – Anstellungen „schmeissen“ – impulsive Entscheidungen in Beziehungen – Affektdurchbrüche / Wutanfälle – rücksichtsloses Fahren/ Verkehrsunfälle – Nikotinkonsum ↑ bzw. Kaffeekonsum ↑ Persistenz ADHS ins Erwachsenenalter Persistenz von syndromaler ADHS ins Erwachsenenalter zwischen 35% und 50%. § Nur bei etwa 60 % der Kinder mit ADHS ist mit 20 Jahren eine syndromale Remission erreicht, d.h. dass nicht mehr alle DSMKriterien erfüllt sind. § Darüber hinaus leiden auch diejenigen Personen, bei denen die diagnostischen Kriterien nicht erfüllt sind, an erheblichen funktionellen Störungen. Nur 10% sind voll remittiert. Formen der Remission • syndromale Remission • Verlust des vollen diagnostischen Status • Subsyndromale (subthreshold) Remission (~ Residuum) • Verlust der meisten ADHD-Symptome • funktionelle Remission • Verlust des diagnostischen SubthresholdStatus mit funktioneller Genesung Keck et al, Am. J. Psychiatry, 1998 Subtypen von HKS und ADHS nach ICD-10 F90.0 F90.1 F90.8 F90.9 F98.8 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung = ADHS (ohne Störung des Sozialverhaltens) Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Andere hyperkinetische Störung Nicht näher bez. hyperkinetische Störung Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität Ausschluss: tiefgreifende Entwicklungsstörung manische Episode depressive Episode Angststörung F84 F30 F32 F41 Subtypen ADHD nach DSM-IV-TR 314.00 314.01 314.01 314.00 314.01 314.9 Ausschluss: Predominantly Inattentive Type Predominantly Hyperactive-Impulsive Type Combined Type „In Partial Remission“ ADHD NOS tiefgreifende Entwicklungsstörung Schizophrenie / andere psychot. Störung; nicht besser erklärt durch eine andere psychische Störung (z.B. affektive Störung) ADHD : DSM-IV-TR Diagnose Symptome (einige) müssen: A maladaptiv und dem Entwicklungsstand nicht angepasst + mindestens 6 Monate vorhanden sein B schon vor dem 7. Altersjahr vorhanden sein C in > 2 Settings (z.B. in sozialem, schulischem oder beruflichem Bereich) vorkommen D klinisch bedeutsame Behinderung haben E durch eine andere Störung nicht besser erklärt werden DSMDSM-IVIV-TR, 2000 Langzeitverlauf von ADHS/ I • ev. entwicklungsbedingte Varianz von ADHSSymptomen im Lebensverlauf • Viele Jugendliche werden ab der Adoleszenz genügend Symptome verlieren, so dass sie die diagnostischen Kriterien nicht mehr voll erfüllen. • Viele werden ihre Symptomatik bis ins Erwachsenenalter behalten (Persistenz der ADHSSymptome), was zu Behinderungen führt. • 50% der Erwachsenen berichtet über ein signifikantes Ausmass von Hyperaktivität/ Impulsivität; 90% über deutliche Unaufmerksamkeit. Wilens TE, Dodson W, 2004 DSM-IV-TR: Langzeitverlauf von ADHD / II • „In Partial Remission“ (314.00, 314.01) Erwachsene, welche als Kind die diagnostischen Kriterien erfüllt haben, jedoch das volle diagnostische Spektrum „auswachsen“, aber weiterhin Symptome und Behinderungen aufweisen. • ADHD NOS (314.9) – Erwachsene mit einer klinisch bedeutsamen Behinderung, v.a. Aufmerksamkeitsstörung, welche die vollen DiagnoseKriterien nicht erfüllen; jedoch mit einem Verhaltensmuster gekennzeichnet durch: „Nicht in die Gänge kommen“, Tagträumen und Hypoaktivität. – Erwachsene, welche v.a. eine Aufmerksamkeitsstörung haben, und die vollen Diagnose-Kriterien erfüllen, jedoch erst mit ≥ 7 Jahren. Biederman, Mick, Faraone, Am J Psychiatry, 2000 ADHD in Adults with Variations Full ADHD: full DSM-IV criteria for ADHD onset of some symptoms < 7y Late-Onset ADHD: full DSM-IV criteria for ADHD no age-at-onset criterion (7 – 12y) Subthreshold ADHD: never DSM-IV criteria for ADHD chronic history of ≥ 3 hyperactive-impulsive symptoms ≥ 3 inattentive symptoms Faraone SV et al., 2006, Am J Psychiatry; 163:1720163:1720-1729 Proportion of (adult) subjects at risk of comorbid psychiatric disorders in each proband /I Faraone SV et al., Am J Psychiatry 2006; 163:1720– 163:1720–1729 /II Faraone SV et al., Am J Psychiatry 2006; 163:1720– 163:1720–1729 /III /III Faraone SV et al., Am J Psychiatry 2006; 163:1720– 163:1720–1729 Krankheitskonzept von ADHS • • • • • • • Ursachen Pathogenese Pathologie und Dysfunktion Klinisches Syndrom Verlauf Ergebnis Therapieantwort +/+/+/++ ++ + + Falls die obigen, epistemiologischen Kriterien nicht erfüllt sind, wäre die Diagnose als Arbeitshypothese zu verstehen. N. Sartorius, CINP Paris, 2004 Nykänen springt wieder Der erfolgreichste Skispringer aller Zeiten, Matti Nykänen (44), der zuletzt durch Alkoholexzesse und eine Verurteilung wegen Totschlages auffiel, bereitet sich auf die Senioren-WM im Februar 2007 vor. Beim ersten Sprung seit 15 Jahren hüpfte der Finne 30 m. .ch 22.Oktober 2007 Vgl.: Simon Amman am 14.02.2010: 105 m/108 m auf der Normalschanze Agenda • ADHS-Diagnose bei Erwachsenen ist „jung“ (Vergleich zur Depression) • Diagnostik von ADHS, Prävalenz • Symptomatik, Symptommigration und Langzeitverlauf • ADHS Subtypen und „Variationen“ Workshop 3: am Nachmittag • Differenzialdiagnostik • Fallbeispiele • Diskussion Auftreten von Störungen → → Schizophrenien Schizophrenien → → Angststörungen Angststörungen → → AlkoholAlkohol- ++ Drogenmissbrauch Drogenmissbrauch // -abhängigkeit -abhängigkeit → → Tourette Tourette // Tics Tics → → Störungen Störungen des des Sozialverhaltens Sozialverhaltens → → → Lernstörungen Lernstörungen → Persönlichkeitsstörungen Persönlichkeitsstörungen → → → Entwicklungsstörungen Entwicklungsstörungen → Affektive Affektive Störungen Störungen Komorbidität Differentialdiagnose ADHS 0 10 20 30 → → Soziale Soziale Anpassungsstörungen Anpassungsstörungen // Delinquenz Delinquenz // Verhaftungen Verhaftungen → → SchulSchul- und und Ausbildungsschwierigkeiten Ausbildungsschwierigkeiten → → Probleme Probleme bei bei der der Organisation Organisation von von Alltagspflichten Alltagspflichten → → Probleme Probleme am am Arbeitsplatz Arbeitsplatz → → Instabile Instabile Beziehungen Beziehungen Soziale Auswirkungen → → Erziehungsprobleme Erziehungsprobleme 18 D. Eich, 2009